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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Zusammenfassung des Urteils PS230028: Obergericht des Kantons Zürich

Die Beschwerdeführer A. und B. AG haben Beschwerde gegen das Betreibungsamt Andelfingen eingereicht, da sie mit den Pfändungen ihres Einkommens nicht einverstanden waren. Der Beschwerdeführer 1 ist Geschäftsführer der Beschwerdeführerin 2 und baut zusätzlich sein eigenes Unternehmen auf. Das Betreibungsamt pfändete Teile seines Einkommens, was zu Unstimmigkeiten führte. Die Vorinstanz wies die Beschwerden ab, da die Beschwerdeführer nicht nachweisen konnten, dass sie monatliche Abrechnungen eingereicht hatten. Die Beschwerdeführer legten daraufhin erneut Beschwerde ein, die jedoch ebenfalls abgewiesen wurde. Es wurden keine Kosten erhoben und keine Parteientschädigungen zugesprochen.

Urteilsdetails des Kantongerichts PS230028

Kanton:ZH
Fallnummer:PS230028
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid PS230028 vom 14.03.2023 (ZH)
Datum:14.03.2023
Rechtskraft:Weiterzug ans Bundesgericht, 5A_245/2023
Leitsatz/Stichwort:Aufforderung zur Ablieferung verfallener Lohnabzüge vom 10. August 2022
Schlagwörter : Betreibungsamt; SchKG; Verfügung; Pfändung; Beschwerdeführer; Existenzminimum; Beschwerdeführers; Vorinstanz; Betrag; Abrechnung; Quote; Betreibungsamtes; Abrechnungen; Schuldner; Pfändungsurkunde; Zahlung; Anträge; Aufsichtsbehörde; Andelfingen; Sachverhalt; Verfügungen; Einkommen; Antrag; Parteien
Rechtsnorm:Art. 131 KG ;Art. 17 KG ;Art. 18 KG ;Art. 20a KG ;Art. 321 ZPO ;Art. 324 ZPO ;Art. 326 ZPO ;Art. 52 ZPO ;Art. 9 BV ;Art. 90 BGG ;Art. 93 KG ;Art. 99 KG ;
Referenz BGE:137 I 69; 137 III 617; 142 III 433;
Kommentar:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017

Entscheid des Kantongerichts PS230028

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer als obere kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs

Geschäfts-Nr.: PS230028-O/U

Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. E. Lichti Aschwanden, Vorsitzende, Oberrichter lic. iur. et phil. D. Glur und Oberrichterin lic. iur. A. Strähl sowie Gerichtsschreiberin lic. iur. A. Götschi

Beschluss und Urteil vom 14. März 2023

in Sachen

  1. A. ,

  2. B. AG,

Beschwerdeführer,

1, 2 vertreten durch Rechtsanwalt MLaw X.

betreffend Aufforderung zur

Ablieferung verfallener Lohnabzüge vom 10. August 2022 (Beschwerde über das Betreibungsamt Andelfingen)

Beschwerde gegen einen Beschluss des Bezirksgerichtes Andelfingen vom 15. Dezember 2022 (CB220007)

Erwägungen:

  1. Sachverhalt / Prozessgeschichte

    1. Laut eigenen Angaben ist der Beschwerdeführer 1 (Schuldner) einerseits als Geschäftsführer der Beschwerdeführerin 2 (Drittschuldnerin) Teilzeit angestellt und baut daneben sein (noch nicht im Handelsregister eingetragenes) eigenes Unternehmen C. auf (vgl. act. 1 Rz. 6; act. 23 Rz. 6).

    2. Mit Verfügungen (Pfändungsurkunden) vom 19. Januar 2021 (act. 26/12),

      13. August 2021 (act. 26/13) und 21. Oktober 2021 (act. 26/14) pfändete das Betreibungsamt Andelfingen (nachfolgend: Betreibungsamt, von den Beschwerdeführern als Beschwerdegegner bezeichnet) unter anderem Einkommen des Beschwerdeführers 1 (Schuldner). In der ersten Pfändungsurkunde, gemäss welcher das Einkommen des Beschwerdeführers 1 bis zum 2. Dezember 2021 gepfändet wurde, wurde angeführt, das monatliche Einkommen betrage ca. Fr. 6'000.– und das monatliche Existenzminimum Fr. 3'080.35 (a.a.O.). In der zweiten Pfän- dungsurkunde, gemäss welcher dessen Einkommen bis zum 5. Juli 2022 gepfän- det wurde, wurde – wie auch in der dritten Pfändungsurkunde, gemäss welcher dessen Einkommen bis 3. September 2022 gepfändet wurde (a.a.O.) – von einem unbestimmten Einkommen und einem monatlichen Existenzminimum von

      Fr. 1'200.– pro Monat ausgegangen (a.a.O.). Es wurde jeweils insbesondere darauf hingewiesen, dass die Anrechnung des Mietzinses und der Krankenkassenprämien nur gegen (monatlich zu erbringenden) Zahlungsnachweis (an das Betreibungsamt) erfolge. Diese Verfügungen blieben unangefochten (vgl. act. 23 Rz. 16).

    3. Mit Verfügung vom 25. Juni 2021 wurde der Beschwerdeführerin 2 (Drittschuldnerin) Anzeige von der Pfändung einer Forderung (Art. 99 SchKG) gemacht und insbesondere mitgeteilt, dass sämtliche Guthaben des Beschwerdeführers 1 jeder Art bis zum Betrag von Fr. 250'000.– und bis zum Rückzug dieser Anzeige gepfändet worden seien und rechtsgültig nur noch an das Betreibungsamt bezahlt werden könne bzw. bei Bezahlung an den Schuldner nochmalige Zahlung ver-

      langt werden könne (vgl. act. 23 Rz. 10; act. 9 S. 3). Auch diese Verfügung blieb unangefochten (vgl. act. 23 Rz. 10 f.; act. 9 S. 3).

    4. Am 10. August 2022 sandte das Betreibungsamt dem Beschwerdeführer 1 (act. 10/1) und der Beschwerdeführerin 2 (act. 10/2) je ein Schreiben mit dem Titel Aufforderung zur Ablieferung der verfallenen Lohnabzüge.

    5. Mit Eingabe vom 29. August 2022 (act. 1-3) erhoben der Beschwerdeführer 1 (Schuldner) und die Beschwerdeführerin 2 (Drittschuldnerin) Beschwerde an das Bezirksgericht Andelfingen als untere kantonale Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen (nachfolgend: Vorinstanz). Sie stellten folgende Anträge:

      1. Die angefochtenen Verfügungen seien aufzuheben.

      2. Existenzminimum und pfändbare Quote des Beschwerdeführers 1 seien wie folgt festzusetzen:

      3. Es seien keine Kosten zu erheben.

      4. Der Beschwerde sei aufschiebende Wirkung beizugeben.

      In Bezug auf ihren ersten Antrag machten die Beschwerdeführer insbesondere geltend, die Schreiben des Betreibungsamtes vom 10. August 2022 stellten zwei Verfügungen dar, gegen welche Beschwerde gemäss Art. 17 SchKG geführt wer- den könne (vgl. act. 1 S. 3).

    6. Mit Beschluss vom 15. Dezember 2022 (act. 19 = act. 22 [Aktenexemplar] = act. 24) wies die Vorinstanz nach durchgeführtem Verfahren die Beschwerden der Beschwerdeführer ab, soweit es darauf eintrat (vgl. a.a.O., Dispositiv-Ziffer 1 und 2), erhob keine Kosten und sprach keine Parteientschädigungen zu (vgl. a.a.O., Dispositiv-Ziffer 3 und 4).

    7. Mit Eingabe vom 13. Februar 2023 (act. 23) erheben die Beschwerdeführer 1 und 2 dagegen eine Beschwerde an die Kammer. Dies mit folgenden Anträgen:

      1. Dispositiv-Ziff. 1 und 2 des Beschlusses des Bezirksgerichts An- delfingen als untere kantonale Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen vom 15. Dezember 2022 (Verfahren CB220007-B) seien aufzuheben.

      2. Existenzminimum und pfändbare Quote des Beschwerdeführers 1 seien wie folgt festzusetzen:

      3. Die Beschwerdeführerin 2 sei von der Pflicht zu entbinden, den Betrag von Fr. 56'370.90 dem Beschwerdegegner zu überweisen.

      4. Eventualiter, wenn auf Antrag 3 nicht eingetreten dieser abgewiesen wird, sei festzustellen, dass die Beschwerdeführerin 2 nicht verpflichtet ist, dem Beschwerdegegner den Betrag von

        Fr. 56'370.90 zu überweisen.

      5. Es seien keine Kosten zu erheben.

      6. Der Beschwerde sei aufschiebende Wirkung beizugeben.

    8. Die vorinstanzlichen Akten wurden beigezogen (act. 1-20). Prozessuale Weiterungen erübrigen sich (vgl. § 18 EG SchKG/ZH i.V.m. § 84 GOG/ZH i.V.m. Art. 322 und Art. 324 ZPO). Das Verfahren ist spruchreif.

    9. Im Rahmen der Entscheidbegründung ist zwar auf die durch die Parteien erhobenen Einwände einzugehen. Doch verpflichtet die Begründungspflicht das Gericht nicht dazu, sich mit jedem einzelnen Einwand der Parteien eingehend ausei- nanderzusetzen. Vielmehr darf sich das Gericht in der Begründung auf die wesentlichen Überlegungen konzentrieren, von welchen es sich hat leiten lassen und auf die sich sein Entscheid stützt (vgl. BGE 142 III 433 ff., E. 4.3.2 m.w.H.). Nachfolgend sind daher nur die wesentlichen Überlegungen darzulegen.

  2. Prozessuales

    1. Für das Beschwerdeverfahren nach Art. 18 SchKG sind die Regelungen von Art. 319 ff. ZPO anwendbar (vgl. Art. 20a Abs. 3 SchKG i.V.m. § 18 EG SchKG

      i.V.m. § 84 GOG). Die Beschwerde ist bei der Rechtsmittelinstanz innert der Rechtsmittelfrist schriftlich, mit Anträgen versehen und begründet einzureichen (vgl. Art. 321 Abs. 1 ZPO). Anträge sind im Lichte der Begründung auszulegen (vgl. BGE 137 III 617 ff., E. 6.2; 135 I 119 ff., E. 4 = Pra 98 [2009] Nr. 107 je

      m.w.H.). Neue Anträge, neue Tatsachen und neue Beweismittel sind im Beschwerdeverfahren grundsätzlich ausgeschlossen (vgl. Art. 326 ZPO). Das gilt auch im zweitinstanzlichen betreibungsrechtlichen Beschwerdeverfahren (vgl. OGer ZH PS110019 vom 21. Februar 2011, E. 3.4; BGer 5A_605/2011 vom

      8. November 2011, E. 3.2 je m.w.H.).

    2. Die anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer beantragen in ihrer Beschwer- de (act. 23) die Aufhebung der Dispositiv-Ziffern 1 und 2 des angefochtenen Beschlusses (Antrag 1), wiederholen ihren vorinstanzlichen Antrag auf Festsetzung des Existenzminimums und der pfändbaren Quote des Beschwerdeführers 1 (Antrag 2) und beantragen neu die Entbindung der Beschwerdeführerin 2 von der Pflicht, den Betrag von Fr. 56'370.90 dem Betreibungsamt zu überweisen, eventualiter deren Nichtverpflichtung (Anträge 3 und 4). Die Anträge 3 und 4 sind neu und daher grundsätzlich unzulässig. Im Lichte der Beschwerdebegründung ausgelegt, sind diese neuen Anträge jedoch so zu verstehen, dass die Beschwerdeführer damit das Schreiben des Betreibungsamtes vom 10. August 2022 an die Beschwerdeführerin 2 aufgehoben haben wollen, worin diese gebeten wird, den Betrag von Fr. 56'370.90 bis spätestens 30. August 2022 dem Betreibungsamt zu überweisen bzw. insoweit die Gutheissung ihres vorinstanzlichen Beschwerdeantrages Nr. 1 beantragen. Es liegen somit zulässige Anträge vor.

  3. Materielles

    1. Schreiben vom 10. August 2022 an den Beschwerdeführer 1 (act. 3/4 = act. 10/1)

      1. Im Schreiben vom 10. August 2022 an den Beschwerdeführer 1 setzte das Betreibungsamt diesem Frist an, um den Betrag von Fr. 48'341.85 bis 30. August 2022 an das Amt zu überweisen. Dieser Betrag entspreche den sein betreibungsrechtliches Existenzminimum übersteigenden Einkünften, welche er laut der Aufstellung der Beschwerdeführerin 2 in der Zeit vom 1. März 2021 bis

        30. Juni 2022 erzielt habe, und welche mit rechtskräftigen Verfügungen (Pfän- dungsurkunden) vom 19. Januar 2021, 13. August 2021, 21. Oktober 2021 und

        29. Juni 2022 gepfändet worden seien. Für den Fall, dass diese Frist ungenutzt verstreichen sollte, kündigte das Amt an, die Unterlagen den Strafverfolgungsbehörden zur weiteren Bearbeitung zukommen zu lassen (a.a.O.).

      2. Die Vorinstanz hielt dazu zusammengefasst fest, dieses Schreiben stelle keine Verfügung im Sinne von Art. 17 SchKG dar. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, der Beschwerdeführer 1 behaupte zwar, es sei ihm gestattet wor- den, monatliche Abrechnungen einzureichen, er reiche zum Nachweis dafür je- doch keine Beweismittel ein und führe auch nicht näher aus, in welcher Form und von wem ihm dies gestattet worden sein solle. Er reiche zwar als Beweismittel Abrechnungen von März 2021 bis 2022 ein, welche er dem Betreibungsamt zugestellt haben wolle, jedoch fehlten Zustellnachweise. Auch behaupte er nicht, dass das Betreibungsamt ihm auf seine monatlich eingereichten Abrechnungen hin ei- ne neue Berechnung des Existenzminimums in Aussicht gestellt sonst in irgendeiner Weise reagiert habe. Somit stelle dieses Schreiben an den Beschwerdeführer 1 einzig eine Bestätigung der früheren Verfügungen (der Einkommenspfändung im Rahmen der Pfändungsurkunden vom 19. Januar 2021, 13. August 2021 und 21. Oktober 2021) dar und gebe zudem die (blosse) Absichtserklärung des Betreibungsamtes wieder, bei ausbleibender Bezahlung des ausstehenden Betrags die Unterlagen der Strafverfolgungsbehörden zur weiteren Bearbeitung zukommen zu lassen. Damit liege keine Verfügung im Sinne von Art. 17 SchKG vor, weshalb auf die Beschwerde des Beschwerdeführers 1 nicht einzutreten sei (vgl. act. 22 E. 4.3). Dieselben Ausführungen würden auch in Bezug auf das Rechtsbegehren 2 der Beschwerde der Beschwerdeführerin 2 gelten, wobei anzufügen sei, dass die Beschwerdeführerin 2 hinsichtlich der Festsetzung des Existenzminimums sowie der pfändbaren Quote des Beschwerdeführers 1 ohnehin nicht beschwerdelegitimiert wäre, zumal sie als Drittschuldnerin diesbezüglich kein schutzwürdiges Interesse habe. Insoweit sei (auch) auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin 2 nicht einzutreten (vgl. a.a.O., E. 5.3).

      3. Die Beschwerdeführer bringen demgegenüber zur vorinstanzlichen Erwägung 4.3 im Wesentlichen vor, entgegen der Ansicht der Vorinstanz handle es sich um eine Verfügung, weil der Beschwerdeführer 1 erst damit darüber in Kenntnis gesetzt worden sei, dass seine Abrechnungen nicht akzeptiert würden. Er sei bis zu diesem Zeitpunkt im guten Glauben gewesen, keine pfändbare Quote zu haben (vgl. insb. act. 23 Rz. 21). Der Beschwerdeführer 1 habe am 5. Juli 2021 beim Betreibungsamt vorgesprochen und die Erfolgsrechnung für den Mo- nat Juni 2021 überbracht. D. habe ihm daraufhin mitgeteilt, die monatlichen Auslagen von Fr. 2'872.– seien für sie in Ordnung und könnten zum Existenzmi- nimum hinzugerechnet werden. Im Wissen darum, dass der Beschwerdeführer 1 aufgrund seiner selbstständigen Erwerbstätigkeit unregelmässig anfallende, geschäftsmässig begründete Aufwendungen zu bezahlen habe, sei ihm gestattet worden, jeweils monatlich eine Abrechnung einzureichen. Vor diesem Hintergrund habe sich der Beschwerdeführer 1 darauf verlassen dürfen, dass seine Abrech- nungen auch in Zukunft akzeptiert würden. Für ihn habe daher kein Anlass bestanden, gegen die Pfändungsurkunden vom 19. Januar 2021, 13. August 2021 und 21. Oktober 2021 vorzugehen (vgl. act. 23 Rz. 7 mit Verweis auf Beilagen

        5/1-13 [recte: act. 3/8/1-13] und Rz. 16 mit Verweis auf BB8: Protokoll persönlicher Besuch vom 05. Juli 2021 [recte: act. 26/8]).

        Damit machen die Beschwerdeführer zusammengefasst geltend, der Beschwerdeführer 1 habe aufgrund der Auskunft von D. am 5. Juli 2021 davon ausgehen dürfen, dass das Betreibungsamt seine monatlichen Auslagen zusätzlich zu seinem (in den Pfändungsurkunden vom 19. Januar 2021, 13. August 2021 und 21. Oktober 2021 angegebenen) Existenzminimum berücksichtige und seine pfändbare Quote jeweils gestützt darauf ermittelt werde. Der Beschwerdeführer 1 sei deshalb bis zu diesem Schreiben im guten Glauben daran gewesen, dass er keine pfändbare Quote habe. Die Beschwerdeführer beanstanden bzw. beanstandeten damit weder den dem Beschwerdeführer 1 angerechneten Ver- dienst noch die Berechnung der pfändbaren Quote an sich.

      4. Ob und inwieweit das Schreiben vom 10. August 2022 an den Beschwer- deführer 1 eine anfechtbare Verfügung im Sinne von Art. 17 SchKG darstellt, kann offen bleiben. Denn selbst wenn es sich um eine anfechtbare Verfügung handelte und auf die Beschwerde einzutreten gewesen wäre, wäre sie aus nachfolgend darzulegenden Gründen abzuweisen gewesen:

        1. Nach Art. 52 ZPO haben alle am Verfahren beteiligten Personen nach Treu und Glauben zu handeln. In seiner grundrechtlichen Ausprägung (vgl. Art. 9 BV) verleiht der Grundsatz von Treu und Glauben einer Person unter anderem Anspruch auf Schutz des berechtigten Vertrauens selbst in eine unrichti-

          ge Auskunft Zusicherung der Behörde. Vorausgesetzt ist, dass die Person, die sich auf Vertrauensschutz beruft, berechtigterweise auf diese Grundla ge vertrauen durfte und gestützt darauf nachteilige Dispositionen getroffen hat, die sie nicht mehr rückgängig machen kann (vgl. Art. 9 BV; BGE 137 I 69 ff., E. 2.5.1; 131 II 627 ff., E. 6.1; ZK ZP O-SUTTER-SOMM/CHEVALIER, 3. Aufl. 2016, Art.

          52 N 15 und 19 je m.w.H.).

          Aus der Pfändungsurkunde vom 13. August 2021 (act. 26/13) geht insbesondere hervor, dass die Pfändung am 5. Juli 2021 um 11:20 Uhr von der Vollzugsperson D. im Amtslokal, im Beisein des Beschwerdeführers 1, vorgenommen wurde. Dabei wurde ihm – wie auch in der Pfändungsurkunde vom 21. Oktober 2021 (act. 26/14) – im Rahmen der Berechnung seines Existenzminimums einzig der Grundbetrag von Fr. 1'200.– angerechnet (a.a.O.). Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers 1 hätte er somit – selbst nach seiner eigenen Sachdarstellung – Anlass gehabt, diese Pfändungsurkunden anzufechten: Denn diesen konnte er entnehmen, dass in seinem Existenzminimum – entgegen der ihm angeblich am 5. Juli 2021, 11:00-11:20 Uhr, erteilten Auskunft von D. , Mitarbeiterin des Betreibungsamtes Andelfingen (vgl. act. 26/8 = act. 3/10) – we- der unregelmässig anfallende, geschäftsmässig begründete Aufwendungen berücksichtigt noch (wie bei anderen Auslagen) deren Anrechnung gegen monatlichen Zahlungsnachweis in Aussicht gestellt wurden. Somit hätte er die entsprechenden Verfügungen anfechten können und müssen, wenn er mit den darin enthaltenen Berechnungen seines Existenzminimums nicht einverstanden gewesen wäre er hätte zumindest beim Betreibungsamt nachfragen und die Situation klären müssen. Vor diesem Hintergrund ist von vornherein nicht ersichtlich, inwiefern der Beschwerdeführer 1 auf eine (angebliche) frühere Auskunft des Betreibungsamtes in Bezug auf die Berechnung seines Existenzminimums berechtigterweise hätte vertrauen dürfen, zumal im Schreiben vom 10. August 2022 die pfändbare Quote einzig basierend auf den vom Schuldner im Rahmen seiner unselbständigen Erwerbstätigkeit bei der Beschwerdeführerin 2 gemäss deren Aufstellung in der Zeit vom 1. März 2021 bis 30. Juni 2022 erzielten Einkünften berechnet wurde (vgl. act. 3/4). Auf die Berücksichtigung allfälliger Auslagen hätte sich der Schuldner – wenn auf seine Sachdarstellung abzustellen wäre – ohnehin nur im Zusammenhang mit der Anrechnung von Verdienst aus seiner selbständigen Erwerbstätigkeit berufen können. Einkünfte aus seiner Tätigkeit für sein Einzelunternehmen C. wurden bei der Berechnung der pfändbaren Quote im Schreiben vom 10. August 2022 indessen nicht berücksichtigt.

        2. Im Rahmen seiner übrigen Beanstandungen setzt sich der Beschwerdeführer 1 mit der vorinstanzlichen Begründung nicht auseinander. Diese stehen vielmehr unter der Prämisse, dass seine Behauptungen bezüglich der angeblichen Auskunft vom 5. Juli 2021 zutreffen und er monatliche Abrechnungen, welche er eingereicht haben will, auch tatsächlich eingereicht hat. Für deren Einreichung hat er jedoch – wie die Vorinstanz bereits ausführte – keine entsprechen- den Zustellnachweise vorzuweisen. Darauf kann somit nicht weiter eingegangen werden.

        3. Einzig auf den rechtlichen Standpunkt der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit den dem Betreibungsamt angeblich eingereichten monatlichen Abrechnungen ist noch einzugehen. Sie machen geltend, die Vorinstanz habe ihre Pflicht zur Feststellung des Sachverhaltes von Amtes wegen verletzt, wenn sie es als nicht erstellt erachte, dass der Beschwerdeführer 1 die monatlichen Abrech- nungen wie behauptet eingereicht habe. Sie hätte den Beschwerdeführer 1 zur Mitwirkung in dieser Frage auffordern müssen und es sei ihre Aufgabe gewesen, ein Beweisverfahren zu dieser Frage durchzuführen (vgl. act. 23 Rz. 29).

          In betreibungsrechtlichen Beschwerdeverfahren gilt der (eingeschränkte) Untersuchungsgrundsatz. Danach stellt die Aufsichtsbehörde den Sachverhalt von Amtes wegen fest. Sie kann die Parteien zur Mitwirkung anhalten und braucht auf deren Begehren nicht einzutreten, wenn sie die notwendige und zumutbare Mitwirkung verweigern (vgl. Art. 20a Abs. 2 Ziff. 2 SchKG). Dies bedeutet, dass die Aufsichtsbehörde im Rahmen des von den Beschwerdeanträgen umschriebe- nen Beschwerdethemas – Nichtigkeitsfälle nach Art. 22 Abs. 1 Satz 2 SchKG vorbehalten – den rechtsrelevanten Sachverhalt von sich aus festzustellen hat. Keine falsche Beweisanträge schaden einer Beschwerde führenden Partei daher nicht. Der Untersuchungsgrundsatz entbindet die Parteien jedoch nicht von der Mitwirkung bei der Sachverhaltsermittlung. Die Mitwirkung bezieht sich nicht nur auf die Darstellung des Sachverhaltes, sondern auch auf die Nennung und Beibringung der entsprechenden Beweismittel (vgl. KUKO SchKG-DIETH/WOHL,

          2. Aufl. 2014, Art. 20a N 3 f. m.w.H.). Bei Verletzung der Mitwirkungspflicht ist die Aufsichtsbehörde nicht verpflichtet, Umstände abzuklären, die sich nicht aus den Akten ergeben (vgl. BSK SchKG I-COMETTA/MÖCKLI, 3. Aufl. 2021, Art. 20a N 10 mit Verweis auf BGer 5A_253/2015 vom 9. Juni 2015, E. 4.1).

          Die Beschwerdeführer verkennen, dass der (eingeschränkte) Untersuchungsgrundsatz sie nicht von der Mitwirkung bei der Sachverhaltsermittlung entbindet. Es wäre an ihnen gewesen, insbesondere entsprechende Beweismittel

          wie entsprechende Zustellnachweise für eingereichte Abrechnungen beizubringen. Im Übrigen reichen die Beschwerdeführer keine Zustellnachweise ein und behaupten auch nicht, dass solche existieren. Auf welchem anderen Weg sich deren Einreichung noch hätte nachweisen lassen, ist nicht erkennbar. Eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes durch die Vorinstanz liegt diesbezüglich somit nicht vor. Ohnehin ist nicht zu sehen, was der Beschwerdeführer 1 aus den monatlichen Abrechnungen zu seinen Gunsten ableiten will. Wie vorstehend ausgeführt (vgl. E. 3.1.4.1.) wären notwendige Auslagen zur Erzielung des Verdiensteinkommens im Rahmen seiner selbständigen Erwerbstätigkeit lediglich zu berücksichtigen bzw. davon in Abzug zu bringen, wenn Verdienst aus dieser selbstständigen Erwerbstätigkeit angerechnet worden wäre. Jedenfalls dürfte der Schuldner nicht ernsthaft annehmen, das Betreibungsamt habe ihm in Aussicht gestellt, er könne die Einkünfte aus unselbständiger Erwerbstätigkeit zu Lasten seiner Gläubiger für Auslagen im Zusammenhang mit seiner (defizitären) Tätigkeit für sein Einzelunternehmen verwenden.

      5. Nach dem Gesagten ist die Beschwerde des Beschwerdeführers 1 insoweit abzuweisen.

    1. Schreiben vom 10. August 2022 an die Beschwerdeführerin 2 (act. 3/5 = act. 10/2)

      1. Im Schreiben vom 10. August 2022 an die Beschwerdeführerin 2 setzte das Betreibungsamt dieser bis 30. August 2022 Frist an, um den Betrag von

        Fr. 56'370.90 an das Amt zu überweisen. Dabei nahm es Bezug auf die der Beschwerdeführerin 2 zugestellte Pfändungsanzeige vom 25. Juni 2021. Gleichzeitig sandte das Amt in der Beilage eine neue Anzeige betreffend Lohnpfändung vom 10.08.2022, welche ab sofort gültig sei und welcher in jedem Fall Folge zu leisten sei (a.a.O.). Für den Fall, dass es innert Frist weder die fälligen Lohnquoten noch einen Bericht der Beschwerdeführerin 2 erhalte, drohte das Amt dieser an, die Forderung den Gläubigern gemäss Art. 131 SchKG zur Abtretung zu offerieren. Weiter belehrte es das Rechtsmittel der SchK-Beschwerde nach Art. 17 SchKG (a.a.O.).

      2. Zum Schreiben des Betreibungsamtes vom 10. August 2022 an die Beschwerdeführerin 2 (act. 3/5) hielt die Vorinstanz zusammengefasst fest, dieses wiederhole nicht einzig die Pfändungsanzeige vom 25. Juni 2021, mit dem Hinweis, dass eine von der Schuldpflicht befreiende Zahlung nur noch an das Betreibungsamt erfolgen und dass bei Zahlung an den Schuldner eine nochmalige Zahlung verlangt werden könne. Vielmehr enthalte es eine Frist zur Überweisung des ausstehenden Betrages aufgrund nicht vorgenommener Ablieferungen von Guthaben des Beschwerdeführers 1, nach deren Ablauf den Gläubigern die Abtretung der Forderung gemäss Art. 131 SchKG offeriert werde. Das Schreiben des Betreibungsamtes vom 10. August 2022 an die Beschwerdeführerin 2 treibe das Verfahren somit voran und zeitige Aussenwirkungen, daher sei es diesbezüglich als Verfügung zu betrachten (vgl. act. 22 E. 5.2). Dazu erwog die Vorinstanz im Wesentlichen, die Beschwerdeführerin 2 mache nicht geltend, dass diese Pfän- dungsanzeige vom 25. Juni 2021 nachträglich durch eine neue Verfügung aufgehoben bzw. abgeändert worden sei. Sie mache einzig geltend, sich auf ein vom Beschwerdeführer 1 erstelltes Protokoll seines persönlichen Besuchs beim Betreibungsamt vom 5. Juli 2021 verlassen zu haben, welches nur als Aufhebung der Verpflichtung zur Lohnüberweisung an das Betreibungsamt habe verstanden werden können. Die Beschwerdeführerin 2 habe sich nicht einfach auf eine Auskunft des Beschwerdeführers 1 verlassen dürfen, ohne sich beim Betreibungsamt zu erkundigen, ob die Angaben im vom Beschwerdeführer 1 selbst geschriebe- nem Protokoll tatsächlich zutreffen. Weiter hätte ihr zudem klar sein müssen, dass das Betreibungsamt ihr eine Aufhebung der Verpflichtung zur Lohnüberweisung persönlich mitgeteilt hätte, zumal sie auch nicht bestreite, die Anzeige von der Pfändung einer Forderung am 25. Juni 2021, mit dem Hinwies, dass eine von der Schuldpflicht befreiende Zahlung nur noch an den Beschwerdegegner erfolgen könne und dass bei Zahlung an den Schuldner eine nochmalige Zahlung verlangt werden könne, erhalten zu haben. Somit habe keine Aufhebung der Verpflichtung zur Lohnüberweisung an das Betreibungsamt stattgefunden und die Pfändungsanzeige vom 25. Juni 2021 wäre weiterhin zu beachten gewesen. Die Beschwer- de sei (insoweit) abzuweisen (act. 22 E. 5.3).

      3. Die Beschwerdeführer führen zur vorinstanzlichen Erwägung 5.2 bzw. zum Schreiben vom 10. August 2022 an die Beschwerdeführerin 2 im Wesentlichen aus, die Pfändungsanzeige vom 25. Juni 2021 sei nachträglich durch eine neue Verfügung aufgehoben bzw. abgeändert worden. Die Forderung vom

        25. Juni 2021 sei von D. zurückgenommen worden. Dies habe nur so verstanden werden können, dass das Betreibungsamt die Verpflichtung, den Lohn an das Amt zu überweisen, aufgehoben habe (vgl. act. 23 Rz. 24 mit Verweis auf act. 1 Rz. 9 S. 5 f.). Der Beschwerdeführer 1 sei der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin 2, weshalb sein Wissen ihr ohne weiteres anzurechnen sei. Die Beschwerdeführerin 2 habe keinerlei Veranlassung gehabt, an der Aussage von D. zu zweifeln (a.a.O., Rz. 25).

      4. Mit den vorinstanzlichen Erwägungen setzen sich die Beschwerdeführer genau besehen nicht auseinander. Auch aufgrund des oben Ausgeführten (vgl. soeben E. 3.1.4.1) durfte die Beschwerdeführerin 2 sich jedenfalls nicht auf die angebliche Auskunft des Betreibungsamtes gegenüber dem Beschwerdeführer 1 verlassen. Es ist mit der Vorinstanz davon auszugehen, dass keine Aufhebung der Verpflichtung zur Lohnüberweisung an das Betreibungsamt stattgefunden hat und die Pfändungsanzeige vom 25. Juni 2021 weiterhin zu beachten gewesen wäre.

      5. Soweit die Beschwerdeführer mit der Beanstandung, das Existenzminimum des Beschwerdeführers 1 sei falsch berechnet worden, auf dem Beschwer- deweg geltend machen wollen, die für die Bestimmung des pfändbaren Betrages massgebenden Verhältnisse hätten sich geändert, ist dies nicht zulässig; für eine Anpassung der Pfändung an neue Verhältnisse seitens des Betreibungsamtes steht die Revision (Art. 93 Abs. 3 SchKG) zur Verfügung. Diese wirkt jedoch nur für die Zukunft, weshalb eine auf einer rechtskräftigen Verfügung des Betreibungsamtes beruhende frühere Lohnpfändung nicht mehr rückgängig gemacht werden kann (vgl. KUKO SchKG-KREN KOSTKIEWICZ, 2. Aufl. 2014, Art. 93

        N 71 f.). Auch insoweit hat die Vorinstanz die Beschwerden des Beschwerdeführers 1 im Ergebnis zu Recht nicht gutgeheissen.

      6. Nach dem Gesagten ist die Beschwerde der Beschwerdeführerin 2 insoweit abzuweisen.

  1. Mit dem vorliegenden Entscheid wird der Antrag auf Erteilung der aufschiebenden Wirkung gegenstandslos. Er ist abzuschreiben.

  2. Das Verfahren vor den kantonalen Aufsichtsbehörden in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen ist grundsätzlich kostenlos (Art. 20a Abs. 2 Ziff. 5 SchKG und Art. 61 Abs. 2 GebV SchKG). Parteientschädigungen dürfen von vornherein keine zugesprochen werden (vgl. Art. 62 Abs. 2 GebV SchKG).

Es wird beschlossen:

  1. Der Antrag auf Erteilung der aufschiebenden Wirkung wird abgeschrieben.

  2. Mitteilung und Rechtsmittel mit nachfolgendem Urteil.

Es wird erkannt:

  1. Die Beschwerden werden abgewiesen.

  2. Es werden keine Kosten erhoben.

  3. Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.

  4. Schriftliche Mitteilung an die Beschwerdeführer und – unter Rücksendung der erstinstanzlichen Akten – an die Vorinstanz sowie an das Betreibungsamt Andelfingen, je gegen Empfangsschein.

  5. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 10 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesge-

richt, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.

Es handelt sich um einen Entscheid der kantonalen Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen im Sinne von Art. 74 Abs. 2 lit. c BGG.

Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer

Die Gerichtsschreiberin:

lic. iur. A. Götschi versandt am:

14. März 2023

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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