Zusammenfassung des Urteils PS220197: Obergericht des Kantons Zürich
Der Privatkläger A.________ hat Beschwerde gegen die Nichtanhandnahme einer Strafuntersuchung durch die kantonale Staatsanwaltschaft erhoben, nachdem er bei einer polizeilichen Anhaltung nackt ausgezogen und mit fürsorgerischer Unterbringung gedroht wurde. Das Kantonsgericht hat festgestellt, dass die Staatsanwaltschaft durch das Einholen eines Amtsberichts selbst eine Untersuchungshandlung vorgenommen hat, weshalb eine Einstellung des Verfahrens anstelle einer Nichtanhandnahme erforderlich ist. Die Beschwerde wurde teilweise gutgeheissen, die angefochtene Verfügung aufgehoben und die Kosten des Beschwerdeverfahrens von Fr. 1‘200.00 gehen zu Lasten des Staates.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | PS220197 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Zivilkammer |
Datum: | 01.12.2022 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Konkurseröffnung |
Schlagwörter : | Konkurs; Betreibung; Schuldner; Schuldnerin; Verfahren; Betreibungsamt; Konkursandrohung; Gläubigerin; SchKG; Konkurseröffnung; Bezirksgerichtes; Dietikon; Entscheid; Urteil; Handelsregister; Nichtigkeit; Einzelgericht; Kantons; Oberrichter; Einzelgerichtes; Datum; Verfügung; Verfahrens; Konkursbegehren; Konkursgericht; Aufsichtsbehörde; Konkursamt; Parteien; Bundesgericht; Obergericht |
Rechtsnorm: | Art. 166 KG ;Art. 173 KG ;Art. 46 KG ;Art. 53 KG ;Art. 90 BGG ; |
Referenz BGE: | 118 III 4; 135 III 14; 96 III 31; |
Kommentar: | Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Obergericht des Kantons Zürich
Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: PS220197-O/U
Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. E. Lichti Aschwanden, Vorsitzende, Oberrichterin lic. iur. R. Bantli Keller und Oberrichter Dr. M. Sarbach sowie Gerichtsschreiberin MLaw C. Funck
in Sachen
Schuldnerin und Beschwerdeführerin,
gegen
Gläubigerin und Beschwerdegegnerin,
betreffend Konkurseröffnung
Beschwerde gegen ein Urteil des Einzelgerichtes im summarischen Verfahren des Bezirksgerichtes Dietikon vom 9. November 2022 (EK220410)
Mit Urteil des Einzelgerichtes im summarischen Verfahren des Bezirksgerichtes Dietikon (nachfolgend: Vorinstanz) vom 9. November 2022 wurde über die Schuldnerin und Beschwerdeführerin (nachfolgend: Schuldnerin) für eine Forderung der Gläubigerin und Beschwerdegegnerin (nachfolgend: Gläubigerin) von Fr. 4'031.60 nebst 5 % Zins seit dem 26. Oktober 2021, Fr. 185.73 aufgelaufener
Zins von 5 % bis am 25. Oktober 2021, Fr. 40.– Mahnkosten, Fr. 895.– Verzugsschaden, Fr. 18.30 bisherige Betreibungskosten sowie Fr. 316.– Betreibungskosten der Konkurs eröffnet (act. 3 = act. 5 = act. 6/6). Dagegen erhob die Schuldnerin mit Eingabe vom 16. November 2022 (Datum Poststempel) Beschwerde, wobei sie die Aufhebung des Konkurses sowie die Erteilung der aufschiebenden Wirkung beantragte (act. 2).
Mit Verfügung vom 18. November 2022 wurde der Beschwerde einstweilen aufschiebende Wirkung erteilt und der Gläubigerin Frist angesetzt, um die Beschwerde zu beantworten (act. 7). Die Beschwerdeantwort datiert vom
24. November 2022 (Datum Poststempel) und erfolgte fristgerecht (vgl. act. 8/2); die Gläubigerin stellte keine expliziten Anträge (act. 9).
Die Akten des erstinstanzlichen Verfahrens wurden beigezogen (act. 6/1-7). Das Verfahren ist spruchreif. Der Schuldnerin ist eine Kopie von act. 9 zuzustellen.
Die Schuldnerin rügt, es läge ein Verfahrensmangel vor, weil alle Postsen- dungen an ihr altes Firmendomizil geschickt worden seien, obwohl ihr neuer Sitz im Handelsregister publiziert worden sei (act. 2). Tatsächlich ergibt sich aus dem Handelsregister, dass die Beschwerdeführerin ihren Sitz am tt. März 2022 (Datum Tagesregister, Publikation im SHAB am tt. März 2022) von C. nach Zürich verlegte (act. 4). Die beim Betreibungsamt C. /D. vor der Sitzverlegung eingeleitete Betreibung (vgl. act. 2/1; Zahlungsbefehl vom 1. März 2022) wurde auch nach der Sitzverlegung bei diesem fortgeführt. Insbesondere erliess das Betreibungsamt C. /D. die Konkursandrohung vom 1. Juni 2022, welche dem Geschäftsführer der Schuldnerin, E. , zugestellt wurde
(act. 2/2). Das Konkursbegehren wurde von der Gläubigerin anschliessend gestützt auf die Konkursandrohung bei der Vorinstanz gestellt (act. 1), welche die Vorladung zur Verhandlung auf den 9. November 2022 sowie den angefochtenen Entscheid ebenfalls dem Geschäftsführer der Schuldnerin direkt zustellte (vgl. act. 6/5 und act. 6/7). Die Gläubigerin bestreitet dies nicht, macht jedoch sinngemäss geltend, das Betreibungsamt C. /D. hätte nach Eingang des Fortsetzungsbegehrens vom 31. Mai 2022 merken müssen, dass sich der Sitz der Schuldnerin geändert habe und das Fortsetzungsbegehren zufolge Unzuständigkeit zurückweisen müssen (act. 9).
Gemäss Art. 46 Abs. 2 SchKG ist eine im Handelsregister eingetragene juristische Person an ihrem Sitz zu betreiben. Verändert der Schuldner seinen (Wohn-)Sitz, nachdem ihm die Pfändung angekündigt nachdem ihm die Konkursandrohung der Zahlungsbefehl zur Wechselbetreibung zugestellt worden ist, so wird die Betreibung am bisherigen Orte fortgesetzt (Art. 53 SchKG). Vorliegend wurde die Betreibung beim damals zuständigen Betreibungsamt
C. /D. am damaligen Sitz der Schuldnerin in C. (vgl. act. 4) korrekt eingeleitet. Im Zeitpunkt des Erlasses der Konkursandrohung lag der Sitz der Schuldnerin aber seit etwas mehr als zwei Monaten in Zürich (vgl. act. 4). Zustän- dig gewesen für die Konkursandrohung wäre daher das Betreibungsamt Zürich … und nicht das Betreibungsamt C. /D. , zumal der Betreibungsort noch nicht fixiert war.
Eine von einem unzuständigen Betreibungsamt erlassene Konkursandrohung ist nichtig, und zwar auch dann, wenn der Schuldner seine Adressänderung dem Betreibungsamt nicht mitteilt (BGE 118 III 4 E. 2a; BGE 96 III 31 E. 2; BSK SchKG-Schmid, 3. Aufl. 2021, Art. 53 N 5; SK SchKG-Krüsi, 4. Aufl. 2017, Art. 53 N 8). Findet das Konkursgericht von sich aus, dass im vorangegangenen Verfahren eine nichtige Verfügung (Art. 22 Abs. 1) erlassen wurde, so setzt es seinen Entscheid aus und überweist den Fall der Aufsichtsbehörde (Art. 173 Abs. 2 SchKG). Die Bestimmung gilt auch vor der Beschwerdeinstanz (vgl. OGer ZH PS160063 vom 9. Mai 2016 E. II.5). Ungeachtet der Möglichkeit der Überweisung an die Aufsichtsbehörde besteht jedoch auch der allgemeine Grundsatz, dass
sämtliche Behörden und Gerichte die Nichtigkeit von Verfügungen von Amtes wegen zu berücksichtigen und gebotenenfalls vorfrageweise zu prüfen haben. In klaren Fällen von Nichtigkeit kann daher auch das Konkursgericht (und damit auch die Kammer als Rechtsmittelinstanz) die Nichtigkeit selber vorfrageweise feststellen und das Konkursbegehren abweisen bzw. die Konkurseröffnung aufheben (vgl. BGE 96 III 31 E. 2; BGE 135 III 14 E. 5.4; OGer ZH PS160063 vom 9. Mai
2016 E. II.5; BSK SchKG II-Giroud/Theus Simoni, 3. Aufl. 2021, Art. 172 N 26).
Die vom Betreibungsamt C. /D. am 1. Juni 2022 erlassene Konkursandrohung ist nach dem Gesagten offensichtlich nichtig. In dieser klaren Situation kann davon abgesehen werden, den Entscheid über die Beschwerde auszusetzen und die Sache an die Aufsichtsbehörde zu überweisen. Zufolge der Nichtigkeit der Konkursandrohung fehlt es an einer gültigen Konkursandrohung, die Voraussetzung der Konkurseröffnung wäre (Art. 166 Abs. 1 SchKG). Das führt zur Aufhebung der Konkurseröffnung (vgl. OGer ZH PS160063 vom 9. Mai 2016
E. II.4).
3. Ist die Konkursandrohung nichtig, ist von der Erhebung von Kosten für das Konkurseröffnungsverfahren abzusehen (vgl. OGer ZH PS160063 vom 9. Mai 2016 E. III.1; OGer ZH PS130157 vom 23. September 2013 E. 3). Die beim Konkursamt C. gegebenenfalls entstandenen Verfahrenskosten sind auf die Staatskasse zu nehmen. Parteientschädigung sind im Übrigen mangels Anträgen keine zuzusprechen.
In Gutheissung der Beschwerde wird das angefochtene Urteil des Einzelgerichtes im summarischen Verfahren des Bezirksgerichtes Dietikon vom
9. November 2022 aufgehoben. Das Konkursbegehren wird abgewiesen.
Für das erst- und zweitinstanzliche Verfahren werden keine Kosten erhoben.
Die Kasse des Bezirksgerichtes Dietikon wird angewiesen, der Gläubigerin den von ihr geleisteten Kostenvorschuss im Umfang von Fr. 400.– zurückzuerstatten.
Das Konkursamt C. wird angewiesen, die konkursamtlichen Kosten auf die Staatskasse zu nehmen und den ihm vom Konkursgericht überwiesenen Teil des von der Gläubigerin geleisteten Barvorschusses an die Gläubigerin zurückzuerstatten.
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an die Schuldnerin unter Beilage einer Kopie von act. 9, sowie an das Einzelgericht im summarischen Verfahren des Bezirksgerichtes Dietikon (unter Rücksendung der erstinstanzlichen Akten) und das Konkursamt C. , ferner mit besonderer Anzeige an das Handelsregisteramt des Kantons Zürich und an das Betreibungsamt
C. /D. , je gegen Empfangsschein.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesge-
richt, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.
Es handelt sich um einen Entscheid des Konkursoder Nachlassrichters der Konkursoder Nachlassrichterin im Sinne von Art. 74 Abs. 2 lit. d BGG.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
i.V. Der Gerichtsschreiber:
versandt am:
Dezember 2022
MLaw B. Lakic
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