Kanton: | ZH |
Fallnummer: | PS220152 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Zivilkammer |
Datum: | 18.10.2022 |
Rechtskraft: | Weiterzug ans Bundesgericht, 5D_174/2022 |
Leitsatz/Stichwort: | Aufhebung einer Betreibung |
Schlagwörter : | Beschwerde; Betreibung; Recht; SchKG; Beschwerdeführer; Beschwerdegegnerin; Verfahren; Betreibungs; Vollmacht; Trete; Winterthur; Zahlung; Zahlungsbefehl; Rechtsanwalt; Aufhebung; Vorinstanz; Entscheid; Betreibungsamt; Gericht; Obergericht; Summarischen; Bezirksgericht; Gesuch; Genden; Verfügung; Angefochten; Einstellung; Betreibungsregister; Rechtsmittel; Vertretung |
Rechtsnorm: | Art. 106 ZPO ; Art. 12 KG ; Art. 126 ZPO ; Art. 132 ZPO ; Art. 22 KG ; Art. 31 KG ; Art. 320 ZPO ; Art. 321 ZPO ; Art. 322 ZPO ; Art. 326 ZPO ; Art. 69 ZPO ; Art. 85 KG ; Art. 85a KG ; Art. 88 KG ; Art. 8a KG ; Art. 90 BGG ; |
Referenz BGE: | 130 III 231; 84 III 72; |
Kommentar zugewiesen: | Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
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Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: PS220152-O/U
Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. A. Strähl, Vorsitzende, Oberrichter Dr. E. Pahud und Ersatzrichter lic. iur. T. Engler sowie Gerichtsschreiber
Dr. M. Tanner
in Sachen
Gesuchsteller und Beschwerdeführer,
gegen
Gesuchs- und Beschwerdegegnerin, vertreten durch Rechtsanwalt MLaw X. , betreffend Aufhebung einer Betreibung
Der Gesuchsteller und Beschwerdeführer (fortan Beschwerdeführer) wandte sich am 9. August 2022 mit folgendem sinngemässen Rechtsbegehren an das Bezirksgericht Winterthur (fortan Vorinstanz; act. 1 S. 5):
Es sei die Betreibung Nr. ... des Betreibungsamtes Winterthur- Wülflingen (Zahlungsbefehl vom 29. Januar 2021) aufzuheben, die defi- nitive Löschung derselben anzuordnen und der Eintrag aus dem Regis- ter zu entfernen;
unter Kosten- und Entschädigungsfolge (zzgl. 5 % Zins und 7,7 % MwSt. nebst Teuerungsausgleich) zulasten der Gesuchsgegnerin.
Mit Schreiben vom 4. Juli 2022 forderte das Bezirksgericht Winterthur den Beschwerdeführer im Parallelverfahren Geschäfts Nr. EB220302 über eine andere Betreibung derselben Gläubigerin (vor Obergericht angefochten unter der Ge- schäftsnummer PS220153) auf, klarzustellen, ob er ein Verfahren nach Art. 85 SchKG (richterliche Aufhebung oder Einstellung der Betreibung im summarischen Verfahren), ein solches nach Art. 85a SchKG (richterliche Aufhebung oder Ein- stellung der Betreibung im ordentlichen Verfahren) oder eine Nichtigkeitsbe- schwerde nach Art. 22 SchKG erheben wolle (EB220302-act. 3). Der Beschwer- deführer berief sich am 12. Juli 2022 auf Art. 85 SchKG (EB220302-act. 4 S. 2 f.). Mit Verfügung vom 25. August 2022 trat die Vorinstanz auf das Gesuch nicht ein (act. 3 = act. 6 = act. 8).
Dagegen erhob der Beschwerdeführer am 15. September 2022 (Übergabe- datum) Beschwerde beim Obergericht des Kantons Zürich, wobei er sinngemäss folgende Anträge stellte (act. 7 S. 26):
Es seien die Verfügung EB220334 vom 25. August 2022 sowie die Be- treibung Nr. ... des Betreibungsamtes Winterthur-Wülflingen (Zah- lungsbefehl vom 29. Januar 2021) aufzuheben, die definitive Löschung derselben anzuordnen und der Eintrag aus dem Betreibungsregister zu entfernen;
unter Kosten- und Entschädigungsfolge (zuzüglich 5 % Zins seit dem
29. April 2021 und 7,7 % MwSt. nebst Teuerungsausgleich) zu Lasten des Nichthandlungsbevollmächtigten X. .
Im Sinne eines prozessualen Antrages ersuchte der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde um Sistierung des Beschwerdeverfahrens, da er vollständig arbeits- unfähig sei (act. 7 S. 15 f.). Diesen Antrag bekräftigte er mit Eingabe vom
27. September 2022 (act. 11). Auf das Einholen einer Beschwerdeantwort bzw. einer Vernehmlassung kann verzichtet werden (Art. 322 Abs. 1 ZPO). Die Beschwerdeschrift ist der Beschwerdegegnerin mit dem vorliegenden Endentscheid zuzustellen.
15. September 2022 und damit rechtzeitig beim Obergericht ein (act. 7 S. 1).
(Art. 320 ZPO). Die Beschwerde ist begründet und mit Anträgen versehen bei der Rechtsmittelinstanz einzureichen. Die Beschwerde soll sich sachbezogen mit der Begründung des angefochtenen Entscheids auseinandersetzen und darlegen, in- wieweit der angefochtene Entscheid unrichtig sei (CHK-Sutter-Somm/Seiler,
Art. 321 ZPO N 13 f.). Bei Laien genügt eine sinngemässe Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Entscheid, aus der ersichtlich ist, was ihrer Auffassung
nach genau am vorinstanzlichen Urteil unrichtig sein soll und korrigiert werden soll. Neue Anträge, neue Tatsachenbehauptungen und neue Beweismittel sind ausgeschlossen (Art. 326 ZPO). Die Beschwerde enthält ein Rechtsbegehren und wurde begründet (act. 19). Damit entspricht sie den formellen Voraussetzungen von Art. 321 Abs. 1 ZPO.
(act. 12). Das Gericht kann das Verfahren sistieren, wenn die Zweckmässigkeit dies verlangt (Art. 126 Abs. 1 ZPO). Der Beschwerdeführer ist bereits seit mehre- ren Monaten unfallbedingt zu 100 % arbeitsunfähig (act. 12). Gleichwohl war er im Stande, zusammen mit C. eine detaillierte Beschwerdeschrift auszuarbei- ten. Wer ein Verfahren mit Hilfe einer Drittperson zu führen vermag, ist nicht auf eine Sistierung angewiesen. Aufgrund der eingereichten Rechtsmitteleingabe be- stehen auch keine Anhaltspunkte, dass der Beschwerdeführer nicht in der Lage wäre, zusammen mit C. seinen Rechtsstandpunkt zu vertreten (vgl. Art. 69 ZPO). Es besteht somit kein Anlass, ihm eine Vertretung nach Art. 69 ZPO beizu- geben. Der Sistierungsantrag ist abzuweisen.
solche Betreibung, trete das Gericht auf die Klage mangels Rechtsschutzinteres- ses nicht ein. Dies sei unter anderem dann der Fall, wenn der Gläubiger das Fort- setzungsbegehren (Art. 88 Abs. 2 SchKG) nicht innert Jahresfrist ab Zustellung des Zahlungsbefehls einreiche. Vorliegend habe das Betreibungsamt Winterthur- Wülflingen dem Beschwerdeführer den Zahlungsbefehl am 8. Februar 2021 zuge- stellt. Die Jahresfrist für das Fortsetzungsbegehren habe daher am 8. Februar 2022 geendet. Die Beschwerdegegnerin behaupte nicht, vor Ablauf dieses Da- tums und damit rechtzeitig um Rechtsöffnung ersucht zu haben. Unter diesen Umständen verfüge der Beschwerdeführer über kein schützenswertes Interesse mehr an einem Verfahren nach Art. 85 SchKG. Folglich sei auf sein Gesuch um Aufhebung der Betreibung nicht einzutreten (act. 6 E. 4.3).
Der Beschwerdeführer hält dem zusammengefasst zunächst entgegen, die Beschwerdegegnerin werde im vorliegenden Verfahren durch eine vollmachtlose Person vertreten. Entsprechend seien all ihre Rechtshandlungen nichtig. Rechts- anwalt MLaw X. habe sich zu Unrecht in zahlreiche Betreibungs- und Ge- richtsurkunden eintragen lassen, obwohl er die elementarsten Grundsätze einer vertretungsrechtlichen Tätigkeit offensichtlich nicht begriffen habe. Über das Ver- halten von Rechtsanwalt X. habe sich denn auch bereits das Bezirksgericht Winterthur mehrfach geäussert. So habe dieses Gericht namentlich ausgeführt, für die Firma B'. existiere kein Handelsregistereintrag. Aus der eingereich- ten Vollmacht gehe nicht genügend klar hervor, welches Rechtssubjekt Voll- machtgeber sei. Im Ergebnis fehle es daher an einer rechtsgültigen Vollmacht für den Vertreter der Beschwerdegegnerin, weshalb die Betreibung von Rechts we- gen gar nicht hätte eingeleitet werden dürfen. Zudem seien sämtliche gerichtli- chen Eingaben der Beschwerdegegnerin unbeachtlich (act. 7 S. 8–11).
handlungen vornehmen zu können (Meier-Hayoz/Forstmoser, Schweizerisches Gesellschaftsrecht, 12. Aufl., Bern 2018, § 9 Rz. 8). Vorliegend stellten D. und E. namens der Beschwerdegegnerin am 27. Mai 2021 Rechtsanwalt X. eine Vollmacht in Sachen A. aus (act. 2/1 S. 12). Sowohl
als auch E. sind gemäss Handelsregisterauszug des Kantons Wal- lis für die Beschwerdegegnerin zu zweit kollektivzeichnungsberechtigt (act. 13/1). Sie konnten somit gemeinsam im Namen der Beschwerdegegnerin Rechtsanwalt X. gültig mit der Interessenwahrung betrauen. Gemäss der ausgestellten Vollmacht durfte Rechtsanwalt X. sämtliche Rechtshandlungen vornehmen, die für die richtige Durchführung des übertragenen Geschäftes erforderlich sind (act. 2/1 S. 12). Dazu gehört neben dem Einleiten einer Betreibung auch die Teil- nahme an gerichtlichen Verfahren. Die Vollmacht datiert vom 27. Mai 2021
(act. 2/1 S. 12). Der Zahlungsbefehl datiert in der vorliegenden Betreibung vom 29. Januar 2021 (act. 2/1 S. 2).
Ab dem 27. Mai 2021 handelte Rechtsanwalt X. sodann gestützt auf die erwähnte schriftliche Vollmacht. Die vom Beschwerdeführer angeführte Kritik des Bezirksgerichts Winterthur (bzw. des dortigen Einzelgerichts) an einer von Rechtsanwalt X. vorgelegten Vollmacht der Beschwerdegegnerin (vgl.
act. 21/ 10) trifft im Grundsatz auch auf die Vollmacht vom 27. Mai 2021 zu
(act. 11): Auch diese Vollmacht lautet auf die B'. und nicht auf die genaue Firmenbezeichnung der Beschwerdegegnerin Stiftung B. . Nach Treu und Glauben ist die Vollmacht indes ungeachtet dieser geringfügigen Abweichung als auf die Beschwerdegegnerin lautend zu verstehen. Dass an der in der Vollmacht angeführten Anschrift neben der Beschwerdegegnerin auch der Verein F. , domiziliert ist, ändert daran nichts. Ein allfälliger Mangel stellte im Übrigen auch in diesem Zusammenhang keinen Nichtigkeitsgrund nach Art. 22 SchKG dar.
tet hat (Art. 12 Abs. 2 SchKG), oder sei es, dass der Gläubiger nicht fristgerecht das Fortsetzungsbegehren (Art. 88 Abs. 2 SchKG) stellt (BGer, 5A_216/2018 vom
11. September 2018, E. 3.2; BSK SchKG I-Bangert, 3. Aufl., Art. 85 N 11). Das Fortsetzungsbegehren kann nur während eines Jahres nach Zustellung des Zah- lungsbefehls gestellt werden (Art. 88 Abs. 2 SchKG).
act. 2/1 p. 3). Damit begann die Einjahresfrist von Art. 88 Abs. 2 SchKG am
9. Februar 2021 zu laufen und endete am 9. Februar 2022 (Art. 31 SchKG in Ver- bindung mit Art. 142 Abs. 1 f. ZPO analog; eingehend ZR 2015 Nr. 13; BSK SchKG I-Nordmann/Oneyser, 3. Aufl., Art. 31 f. N 21; SK-Maisano/Milani/Schmid,
4. Aufl., Art. 31 SchKG N 35). Entgegen der Vorinstanz lief die Einjahresfrist somit nicht bereits am 8., sondern erst am 9. Februar 2022 ab. Dies ändert indessen nichts an der Tatsache, dass die Beschwerdegegnerin in der Betreibung Nr. ... kein Rechtsöffnungsbegehren stellte (die Rechtsöffnungsentscheide act. 2/1 p. 8– 11 und p. 13–16 betreffen die Betreibung Nr. ..., Zahlungsbefehl vom 26. Januar 2021). Da kein rechtzeitiges Fortsetzungsbegehren in der Betreibung Nr. ... vor- liegt, ist diese Betreibung erloschen. Damit fehlt dem Beschwerdeführer das Rechtsschutzinteresse an einer Klage nach Art. 85 SchKG.
3.2: L'opinion contraire de la cour cantonale, qui ignore cette condition de re- cevabilité au motif que l'action en annulation de l'art. 85 LP peut servir à obtenir un jugement ordonnant à l'Office des poursuites de ne pas communiquer les poursuites annulées, est contraire au droit fédéral.). Es besteht kein Anlass, die- se Rechtsprechung in Frage zu stellen.
Die erstinstanzlichen Akten gehen nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmit- telfrist an die Vorinstanz zurück.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesge-
richt, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.
Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 3'500.–.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer Der Gerichtsschreiber:
versandt am:
20. Oktober 2022
Dr. M. Tanner
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