Zusammenfassung des Urteils PS220147: Obergericht des Kantons Zürich
In dem Rechtsstreit zwischen den Klägern A.________, B.________ und C.________ und der Beklagten E.________ AG vor dem Kantonsgericht geht es um eine Forderung auf Schadensersatz in Höhe von Fr. 760‘000.00, die auf einen Verkehrsunfall im Jahr 1999 zurückgeht. Nach verschiedenen Verfahrensschritten und Gutachten entschied das Gericht, dass die Beklagte den Klägern Fr. 94‘000.00 Haushaltsschaden, Fr. 101‘890.00 Pflegeschaden und Fr. 31‘400.00 Genugtuung zahlen muss. Die Kosten des Verfahrens wurden den Parteien entsprechend aufgeteilt. Die Beklagte erhob Berufung, um die Haushaltsschadensforderung auf Fr. 94‘000.00 zu begrenzen, während die Kläger eine höhere Entschädigung verlangten. Das Gericht entschied schliesslich, dass die Beklagte nur den Haushaltsschaden in Höhe von Fr. 94‘000.00 zahlen muss. Die Gerichtskosten und die Parteientschädigung wurden entsprechend festgelegt. Die Kläger und die Beklagte können innerhalb von 30 Tagen Beschwerde einlegen. Der Streitwert beträgt Fr. 127'290.00.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | PS220147 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Zivilkammer |
Datum: | 23.09.2022 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Wiedereröffnung des Konkurses |
Schlagwörter : | Konkurs; SchKG; Liquidation; Wiedereröffnung; Konkurses; Konkursverfahren; Entscheid; Aktiven; Konto; Konkursgericht; Vorinstanz; Recht; Verfahren; Beschwerdefrist; Behauptung; Urteil; Bezirksgericht; Einstellung; Treuhandkonto; Akten; SCHENKER; Oberrichter; Bezirksgerichtes; Handelsregister; HRegV; Konkurs; Konkursverfahrens; Anwaltskanzlei |
Rechtsnorm: | Art. 144 ZPO ;Art. 174 KG ;Art. 195 KG ;Art. 230 KG ;Art. 269 KG ;Art. 321 ZPO ;Art. 90 BGG ; |
Referenz BGE: | 110 II 396; 141 III 43; 146 III 441; 87 III 72; 90 II 247; |
Kommentar: | Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: PS220147-O/U
Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. E. Lichti Aschwanden, Vorsitzende, Oberrichterin lic. iur. A. Strähl und Oberrichter Dr. E. Pahud sowie Gerichtsschreiberin lic. iur. A. Götschi
Urteil vom 23. September 2022
in Sachen
Gesuchstellerin und Beschwerdeführerin, vertreten durch B. AG, C. ,
betreffend
Erwägungen:
Sachverhalt / Prozessgeschichte
Mit Urteil vom 1. Juli 2021 hat das Bezirksgericht Zürich die D. AG aufgelöst und ihre Liquidation nach den Vorschriften über den Konkurs gemäss Art. 731b Abs.1bis Ziff. 3 OR angeordnet. Mit Urteil vom 18. August 2021 wurde das Konkursverfahren mangels Aktiven eingestellt (vgl. act. 7). Diese Einstellungsverfügung blieb unangefochten. Die Einstellung wurde am tt.mm 2021 im Schweizerischen Handelsamtsblatt publiziert. Die D. AG in Liquidation ist im Handelsregister noch eingetragen bzw. noch nicht gelöscht (vgl. act. 7; Art.
230 SchKG; Art. 159 lit. d i.V.m. Art. 159a Abs. 1 HRegV).
Mit Eingabe vom 26. Juli 2022 (act. 6/1) beantragte die Gesuchstellerin und Beschwerdeführerin (nachfolgend: Beschwerdeführerin) beim Konkursgericht des Bezirksgerichtes Zürich (nachfolgend: Vorinstanz) unter dem Betreff Wiederer- öffnung Nachkonkurs / Art. 269 SchKG die Wiedereröffnung des Konkursverfahrens der D. AG in Liquidation und reichte Beilagen ins Recht (vgl. act. 6/2/1- 2). Sie machte im Wesentlichen geltend, die D. AG in Liquidation verfüge über Aktiven von EUR 100'000.– auf einem Treuhandkonto bei der Anwaltskanzlei E. , lautend auf die D. AG. Dabei handle es sich um ein Darlehen der F. Ltd., welches am 3. Juli 2019 dem G. Konto [Bank] der
D. AG (IBAN CH …) gutgeschrieben, anschliessend auf ein Deposit Konto der Firma H. überwiesen und am 29. September 2020 von H. auf ein Treuhandkonto bei der Anwaltskanzlei E. , lautend auf die D. AG, überwiesen worden sei. Diese Gelder hätten im Konkursverfahren berücksichtigt werden müssen. Die D. AG habe dieses Darlehen über EUR 100'000.– nicht wie vertraglich vereinbart an sie, die Beschwerdeführerin, zurückbezahlt. Sie (die Beschwerdeführerin) sei als Gläubigerin in den Kollokationsplan aufzunehmen (a.a.O.).
Mit Verfügung vom 3. August 2022 (act. 6/3) setzte die Vorinstanz der Beschwerdeführerin Frist an, um diese behaupteten Aktiven und deren aktuelles
Vorhandensein nachzuweisen. Die Beschwerdeführerin reichte einzig eine Vollmacht zu den Akten (vgl. act. 6/6-7).
Mit Verfügung vom 24. August 2022 (act. 6/8) wies die Vorinstanz das Gesuch um Wiedereröffnung des Konkurses über die D. AG in Liquidation ab (a.a.O., Dispositiv-Ziffer 1), setzte die Entscheidgebühr auf Fr. 200.– fest und auferlegte diese der Beschwerdeführerin (a.a.O., Dispositiv-Ziffer 2).
Dagegen erhebt die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom 5. September 2022 (act. 2) Beschwerde.
Die vorinstanzlichen Akten wurden von Amtes wegen beigezogen (vgl.
act. 6/1-10). Prozessuale Weiterungen erübrigen sich. Das Verfahren ist spruchreif.
Prozessuales
Die vorliegend beantragte Wiedereröffnung bezieht sich auf ein Konkursverfahren, welches durch einen Auflösungsentscheid des (Zivil-)Gerichts gemäss Art. 731b Abs. 1bis Ziff. 3 OR ausgelöst wurde. Gestützt auf diesen Entscheid wird indes ein normales Konkursverfahren durchgeführt (vgl. BGer 5A_306/2014 vom
17. Oktober 2014, E. 3.2 m.w.H. [zur entsprechenden Bestimmung aArt. 731b Abs. 1 Ziff. 3 OR]). Für den Entscheid, den Konkurs mangels Aktiven gemäss Art. 230 SchKG einzustellen, bleibt daher das Konkursgericht zuständig. Es entscheidet als Einzelgericht im summarischen Verfahren auf Antrag des Konkursamtes (vgl. Art. 230 SchKG i.V.m. Art. 1 lit. c ZPO i.V.m. Art. 251 lit. a ZPO;
§ 24 lit. c GOG/ZH). Das Gleiche muss für die Wiedereröffnung des Konkurses,
d.h. die Wiederaufnahme der konkursrechtlichen Liquidation der Gesellschaft, gelten: Das eingestellte Verfahren wird vom Konkursgericht, welches die Einstellung des Konkurses mangels Aktiven verfügt hat, auf Antrag wiedereröffnet
(vgl. BGE 87 III 72 ff., E. 3; 102 III 78 ff., E. 2b; 110 II 396 ff., E. 2; BGer
5A_306/2014 vom 17. Oktober 2014, E. 3.2; BGer 5A_788/2021 vom 29. Juni
2022, E. 2.1.2; BSK SchKG-LUSTENBERGER/SCHENKER, 3. Aufl. 2021, Art. 230 N 13a).
Der Entscheid über die Wiedereröffnung des Konkurses (bzw. wie hier über die Wiederaufnahme der konkursrechtlichen Liquidation) ist – wie die Konkurser- öffnung selbst – innert zehn Tagen mit Beschwerde nach der ZPO (Art. 174
Abs. 1 SchKG i.V.m. Art. 319 ff. ZPO) anfechtbar (vgl. BGer 5A_306/2014 vom
17. Oktober 2014, E. 3.3.3 m.w.H.; BSK SchKG-LUSTENBERGER/SCHENKER,
a.a.O., Art. 230 N 13a m.w.H.; LORANDI, Wiedereröffnung des Konkurses, in: AJP 2018, S. 56 ff., S. 62; FRITSCHI, Verfahrensfragen bei der Konkurseröffnung, ZStV
- Zürcher Studien zum Verfahrensrecht, Band/Nr. 163, Zürich 2010, S. 104). Die Beschwerde ist innert der Beschwerdefrist einzureichen und abschliessend zu begründen (vgl. Art. 321 Abs. 1 und 2 ZPO). Bei der Beschwerdefrist handelt es sich um eine gesetzliche Frist, welche nicht erstreckt werden kann (vgl. Art. 144 Abs. 1 ZPO).
Die Beschwerde wurde innert der Beschwerdefrist (vgl. act. 6/8 i.V.m.
act. 6/9 i.V.m. act. 2) schriftlich, mit Anträgen versehen und mit Begründung bei der Kammer als zuständiger Rechtsmittelinstanz eingereicht. Dem Eintreten auf die Beschwerde steht insoweit nichts entgegen.
Materielles
Die Wiedereröffnung eines mangels Aktiven eingestellten Konkurses ist im Gesetz zwar nicht vorgesehen, aber in Literatur und Rechtsprechung anerkannt. Wird nach rechtskräftiger Einstellung des Konkursverfahrens mangels Aktiven noch zur Masse gehörendes Vermögen der konkursiten Gesellschaft entdeckt, welches mindestens die Kosten des summarischen Konkursverfahrens decken kann, kommt eine Wiedereröffnung des Konkurses in Frage (vgl. BGE 146 III 441 ff., E. 2.1 mit Verweis auf BGE 110 II 396 ff., E. 2 und BGer 5A_306/2014
vom 17. Oktober 2014, E. 3.1; BGer 5A_857/2020 vom 31. Mai 2021, E. 2.1.1 u.a. mit Verweis auf SHK HRegV-RÜETSCHI, Bern 2013, Art. 164 N 20 f.; LORANDI, a.a.O., S. 56, 59, 61; WINKLER, Wiedereröffnung des Konkurses, Nachkonkurs Einzelzwangsvollstreckung? Rechtliche Möglichkeiten bei nachträglich ent- decktem Vermögen, in: BREITSCHMID/JENT-SØRENSEN/SOGO/SCHMID (Hrsg.), Tatsachen – Verfahren – Vollstreckung, Festschrift für Isaak Meier, Zürich/Basel/Genf 2015, S. 825 ff., S. 837 f. je m.w.H.; s.a. BSK SchKGLUSTENBERGER/ SCHENKER, a.a.O., Art. 230 N 12a). Auch Gläubiger sind antragsberechtigt, haben aber ihre Gläubigerstellung glaubhaft zu machen (vgl. BGer 4A_467/2018 vom 9. Mai 2019, E. 5.2 und LORANDI, a.a.O., S. 59). Wurde die Rechtseinheit bereits im Handelsregister gelöscht – was hier nicht der Fall ist –, muss sie zuerst wieder in das Handelsregister eingetragen werden (Art. 935 Abs. 2 Ziff. 4 OR i.V.m. Art. 164 HRegV).
Anzumerken bleibt insbesondere, dass ein Nachkonkurs im Sinne
von Art. 269 SchKG (der keiner Wiedereintragung bedarf) im Anschluss an ein gemäss Art. 230 SchKG beendigtes Konkursverfahren – wie hier – nicht zulässig ist, weil dieser ein abgeschlossenes (ordentliches summarisches) Konkursverfahren voraussetzt (vgl. BGer 4A_467/2018 vom 9. Mai 2019, E. 5.2; BGE 90 II 247 ff., E. 2; BSK SchKG-LUSTENBERGER/SCHENKER, a.a.O., Art. 230 N 12; BSK
OR-SIFFERT, Bern 2021, Art. 935 N 20; WINKLER, a.a.O., S. 825 ff., S. 837). Auch
fällt ein Widerruf gestützt auf Art. 195 SchKG ausser Betracht, wenn – wie hier – die Liquidation der Rechtseinheit gestützt auf Art. 731b Abs. 1bis Ziff. 3 OR angeordnet wurde (vgl. BGE 141 III 43 ff., E. 2; OGer ZH LF200049 vom
11. Dezember 2020, E. II./2.3).
Die Vorinstanz entschied über die Wiedereröffnung des Konkurses nach Säumnis der Beschwerdeführerin (vgl. oben E. 1.3) androhungsgemäss (vgl.
act. 6/3) aufgrund der Akten. Denn für ihre Behauptung, die D. AG in Liqui- dation verfüge über Aktiven von EUR 100'000.– auf einem Treuhandkonto bei der Anwaltskanzlei E. , lautend auf die D. AG, welche im Konkursverfahren hätten berücksichtigt werden müssen, hatte die Beschwerdeführerin vor Vorinstanz auf entsprechende Aufforderung hin keine Beweismittel offeriert und/oder eingereicht.
Dies holt die Beschwerdeführerin mit ihrer Beschwerde bzw. innert der Beschwerdefrist auch nicht nach: Vielmehr bringt sie einzig neu vor, eine Bestätigung über die eingegangene Gutschrift über EUR 100'000 werde von der Bank nur herausgegeben, wenn das Gericht diese einfordere. Der Betrag von
EUR 100'000.– sei laut H. auf das gleiche Konto zurücküberwiesen worden, woher er ursprünglich gekommen sei (vgl. act. 2).
Die Behauptungen der Beschwerdeführerin sind nicht ganz schlüssig. Es bleibt zum einen unklar, auf welchem Konto sich der Betrag von EUR 100'000.– befinden soll bzw. ob es sich bei dem erwähnten Konto bei der G.
– von welchem das Guthaben auf ein Deposit Konto der Firma H. überwiesen worden sein soll (vgl. oben E. 1.2) – um das erwähnte Treuhandkonto han- deln soll, auf welchem sich das Guthaben gemäss der Behauptung der Beschwerdeführerin aktuell befinden soll, zumal die H. dieses nach eigenen Angaben auf das gleiche Konto zurücküberwiesen haben soll, von wo es ursprünglich gekommen sei. Zum anderen bleibt es bei diesen blossen Behauptungen der Beschwerdeführerin, da sie auch innert der Beschwerdefrist keine Beweismittel für ihre Behauptungen eingereicht hat. Es liegen somit keine rechtzeitig eingereichten Beweismittel vor, welche berücksichtigt werden könnten (vgl. Art. 174 SchKG). Folglich erübrigt sich eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob das Vorliegen von unbekannten Vermögenswerten strikte zu beweisen bloss glaubhaft zu machen ist. Vorliegend fehlt es an konkreten Anhaltspunkten dafür, dass das behauptete Guthaben vorhanden ist und ein neues, nachträglich entdecktes Aktivum der D. AG in Liquidation darstellt.
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen. Es bleibt beim vorinstanzlichen Entscheid, den Konkurs über die D. AG in Liquidation nicht wiederzueröffnen bzw. deren konkursrechtliche Liquidation nicht wieder aufzu- nehmen.
Kosten- und Entschädigungsfolgen
Ausgangsgemäss sind die Kosten der Beschwerdeführerin aufzuerlegen. Ausgehend von einem Streitwert von rund Fr. 95'000.– (entsprechend EUR 100'000.–) ist die Entscheidgebühr in Anwendung von Art. 61 Abs. 1 i.V.m. Art. 52 lit. b GebV SchKG für das Beschwerdeverfahren auf Fr. 300.– festzusetzen. Parteientschädigungen sind keine zuzusprechen.
Es wird erkannt:
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 300.– festgesetzt und der Beschwerdeführerin auferlegt.
Parteientschädigungen werden keine zugesprochen.
Schriftliche Mitteilung an die Beschwerdeführerin sowie an das Konkursgericht des Bezirksgerichtes Zürich, je gegen Empfangsschein.
Die erstinstanzlichen Akten gehen nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist an die Vorinstanz zurück.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesge-
richt, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.
Es handelt sich um einen Entscheid des Konkursgerichts im Sinne von Art. 74 Abs. 2 lit. d BGG.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
i.V. Der Gerichtsschreiber:
MLaw B. Lakic versandt am:
23. September 2022
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