Zusammenfassung des Urteils PS220141: Obergericht des Kantons Zürich
In dem vorliegenden Fall ging es um eine tätliche Auseinandersetzung in einem Einkaufszentrum zwischen A.________ und C.________, bei der beide verletzt wurden. Das Strafverfahren gegen C.________ wurde eingestellt, da die Staatsanwaltschaft das Handeln in rechtfertigender Notwehr annahm. A.________ erhob Beschwerde dagegen und forderte die Fortführung des Verfahrens. Es gab widersprüchliche Aussagen und keine eindeutigen Beweise für eine Notwehrsituation. Die Beschwerde wurde schliesslich gutgeheissen, die Einstellungsverfügung aufgehoben und die Kosten des Verfahrens gingen zu Lasten des Staates.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | PS220141 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Zivilkammer |
Datum: | 04.10.2022 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Konkurseröffnung ohne vorgängige Betreibung |
Schlagwörter : | Konkurs; Vorinstanz; Beschwerdegegner; Urteil; SchKG; Zustellung; Aufenthalt; E-Mail; Akten; Verfahren; Recht; Beschwerdeführers; Entscheid; Ausland; Parteien; Wohnsitz; Konkursverhandlung; Verfahrens; Kanton; Kantons; Betreibung; Einzelunternehmen; Konkursamt; Amtsblatt; Aufenthalts |
Rechtsnorm: | Art. 105 ZPO ;Art. 106 ZPO ;Art. 111 ZPO ;Art. 138 ZPO ;Art. 139 ZPO ;Art. 140 ZPO ;Art. 141 ZPO ;Art. 142 ZPO ;Art. 168 KG ;Art. 174 KG ;Art. 190 ZPO ;Art. 31 KG ;Art. 321 ZPO ;Art. 34 KG ;Art. 90 BGG ; |
Referenz BGE: | 129 I 361; 136 III 571; 139 III 334; |
Kommentar: | Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: PS220141-O/U
Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. E. Lichti Aschwanden, Vorsitzende, Oberrichterin lic. iur. R. Bantli Keller und Oberrichter Dr. M. Sarbach sowie Gerichtsschreiber MLaw S. Widmer
Urteil vom 4. Oktober 2022
in Sachen
,
Schuldner und Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. X. ,
gegen
,
Gläubiger und Beschwerdegegner,
vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Y. ,
betreffend Konkurseröffnung ohne vorgängige Betreibung
Erwägungen:
Mit Eingabe vom 17. Mai 2022 (act. 9/1) gelangte B. (Gläubiger und Beschwerdegegner, nachfolgend: Beschwerdegegner) an die Konkursrichterin des Bezirksgerichts Hinwil (nachfolgend: Vorinstanz). Er machte geltend, sein Bruder und Darlehensschuldner, A. (Schuldner und Beschwerdeführer, nachfolgend: Beschwerdeführer), sei am 21. Februar 2022 ohne Absicht der Begründung eines neuen Wohnsitzes Aufenthaltes ins Ausland verzogen und fahre seither mit einem auf dessen Einzelunternehmen gelösten, zu Wohnzwecken umgebauten Fahrzeug durch Europa (act. 9/1 S. 5-17). Gestützt auf Art. 190 Abs. 1 Ziff. 1 SchKG (unbekannter Aufenthalt und/oder Flucht) sei über den Beschwerdeführer für eine Darlehensforderung von EUR 21'500.zuzüglich Zinsen, Anwaltshonorare und Auslagen ohne vorgängige Betreibung der Konkurs zu er- öffnen (act. 9/1 S. 3). Zugleich ersuchte der Beschwerdegegner um (superprovisorischen) Erlass bestimmter vorsorglicher Anordnungen (act. 9/1 S. 3).
Mit Verfügung vom 20. Mai 2022 wies die Vorinstanz das Begehren des Beschwerdegegners um Erlass superprovisorischer Anordnungen ab und setzte ihm Frist zur Leistung eines Kostenvorschusses von Fr. 1'800.an (act. 9/5). Nach rechtzeitigem Eingang des Kostenvorschusses (vgl. act. 9/8) lud die Vorinstanz die Parteien zur Verhandlung auf den 15. August 2022 vor, den Beschwerdeführer mittels Publikation im Schweizerischen Handelsamtsblatt (SHAB; act. 9/9-11). Zur Verhandlung erschien einzig Rechtsanwalt lic. iur. Y. namens und in Vertretung des Beschwerdegegners (Prot. Vi S. 5).
Mit Urteil vom 15. August 2022 (act. 3 = act. 8 [Aktenexemplar] = act. 9/12) eröffnete die Vorinstanz über den Beschwerdeführer den Konkurs (Dispo-Ziff. 1) und beauftragte das Konkursamt Grüningen ZH mit dem Vollzug. Die Vorinstanz kam unter Hinweis auf die vom Beschwerdegegner eingereichten Belege zum Schluss, der Beschwerdeführer befinde sich auf Auslandsreise ohne dort einen Wohnsitz zu begründen bzw. sich längere Zeit an einem bestimmten Ort aufzuhalten. Eine Internetrecherche des Gerichts im Sinne von Art. 255 lit. a ZPO habe ebenfalls keinen Wohnsitz bestimmten Aufenthaltsort des Beschwerdeführers zutage gefördert. Der Aufenthaltsort des Beschwerdeführers sei dementsprechend i.S.v. Art. 190 Ziff. 1 SchKG als unbekannt zu qualifizieren (act. 8 S. 4). Das Begehren um Erlass vorsorglicher Massnahmen schrieb die Vorinstanz als gegenstandslos ab (Dispo-Ziff. 2). Das Urteil eröffnete sie dem Beschwerdeführer mittels Publikation im kantonalen Amtsblatt (act. 8 S. 6 Dispo.-Ziff. 7 und
act. 9/13).
Mit E-Mail vom 19. August 2022 informierte das Konkursamt Grüningen den Beschwerdeführer über die Eröffnung des Konkurses und stellte diesem unter Hinweis auf die Beschwerdefrist eine Kopie des Urteils der Vorinstanz vom
15. August 2022 zu (act. 5/2). Daraufhin erhob der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 29. August 2022 Beschwerde gegen das betreffende Urteil der Vorinstanz (act. 2, nachfolgend: Beschwerde). Er beantragt die Aufhebung des angefochte- nen Entscheids und des Konkurses sowie die aufschiebende Wirkung der Beschwerde (act. 2 S. 2). Die erstinstanzlichen Akten wurden von Amtes wegen beigezogen (act. 9/1-18). Mit Verfügung vom 2. September 2022 wurde der Beschwerde einstweilen die aufschiebende Wirkung zuerkannt und dem Beschwer- degegner Frist angesetzt, um eine Beschwerdeantwort und eine Stellungnahme zur aufschiebenden Wirkung einzureichen (act. 10). Mit Eingabe vom gleichen Tag reichte der Beschwerdeführer eine Ergänzung zur Beschwerde ein (act. 12, nachfolgend: Ergänzung). Mit Verfügung vom 5. September 2022 wurde dem Beschwerdegegner die Beschwerdeergänzung zugestellt und die Frist zur Stellung- nahme zur aufschiebenden Wirkung und zur Beantwortung der Beschwerde neu angesetzt (act. 14). Mit Stellungnahme vom 15. September 2022 beantragt der Beschwerdegegner, es sei die Beschwerde abzuweisen, eventualiter die Vorinstanz anzuweisen, die Konkursverhandlung neu anzusetzen, dem Beschwerdeführer Gelegenheit zur Stellungnahme zum Konkursbegehren einzuräumen sowie die Konkursverhandlung durchzuführen (act. 17 S. 4). Das Verfahren erweist sich als spruchreif.
Gegen Entscheide des Konkursgerichts ist die Beschwerde zulässig
(Art. 174 Abs. 1 SchKG). Die Beschwerde richtet sich nach den Art. 319 ff. ZPO. Sie ist bei der Rechtsmittelinstanz innert der Rechtsmittelfrist schriftlich, mit Anträgen versehen und begründet einzureichen (Art. 321 Abs. 1 ZPO). Die Parteien können dabei neue Tatsachen geltend machen, wenn diese vor dem erstinstanzlichen Entscheid eingetreten sind (Art. 174 Abs. 1 SchKG).
Das angefochtene Urteil wurde am 17. August 2022 im Amtsblatt des Kantons Zürich publiziert (act. 9/13). Die zehntägige Rechtsmittelfrist begann dem- nach grundsätzlich am darauffolgenden Tag zu laufen und endete am
29. August 2022 (Art. 141 Abs. 2 und Art. 142 Abs. 1 ZPO). Entsprechend ist die Beschwerde vom 29. August 2022 rechtzeitig, die Ergänzung vom
September 2022 hingegen verspätet erfolgt, weshalb auf die Beschwerde einzutreten ist, während auf die Ergänzung grundsätzlich nicht einzutreten wäre (vgl. aber sogleich E. 3). Mit der Beschwerde können neben den Konkursaufhebungsgründen von Art. 174 Abs. 2 SchKG auch Mängel des erstinstanzlichen Verfahrens geltend gemacht werden (Art. 174 Abs. 1 Satz 2 SchKG; BSK SchKG II- GIROUD/THEUS
SIMONI, 3. Aufl. 2021, Art. 174 N 13).
Vorliegend stellt sich die Frage, ob der Beschwerdeführer von der Vorinstanz rechtsgültig in das vorinstanzliche Verfahren einbezogen wurde und damit Kenntnis von der Verfahrenseröffnung sowie die Möglichkeit hatte, am Verfahren teilzunehmen und sich vor Erlass des Urteils zu äussern. Wäre dies nicht der Fall, so würde dies einen schweren Verfahrensmangel darstellen und hätte grundsätzlich die jederzeit von Amtes wegen zu berücksichtigende - Nichtigkeit des Urteils zur Folge (vgl. BGer 4A_646/2020 vom 12. April 2021, E. 3.3. m.w.H.; vgl. auch BGE 129 I 361 E. 2; BGE 136 III 571 E. 4-6).
Der Beschwerdeführer beanstandet, er habe keine vorgängige Anzeige zur Konkursverhandlung erhalten, wie dies gemäss Gesetz vorgesehen sei (Art. 168 SchKG). Für ihn sei die Einleitung des Verfahrens weder ersichtlich noch voraussehbar gewesen. Die Vorinstanz habe ihn ohne vorgängigen Kontaktversuch direkt durch öffentliche Bekanntmachung zur Konkursverhandlung vorgeladen. Dabei habe er vor seiner lange geplanten Reise verschiedene Vorkehrungen getroffen, um trotz Auslandsabwesenheit die eingehende Post zu erhalten und einsehen zu können. So habe er dafür gesorgt, dass Schreiben, welche er bisher an seine private Wohnadresse in C. erhalten habe, über die Schweizerische Post an die Adresse seiner Tochter weitergeleitet würden, und Schreiben, welche an seine Einzelfirma adressiert seien, seinem Treuhänder zugestellt würden. Weiter habe er bei der Gemeinde C. als Korrespondenzadressen die Adresse seiner Tochter hinterlegt. Er betreibe sodann einen öffentlichen Instagram- Account, den man finde, wenn man seinen Namen bei einer beliebigen Suchmaschine im Internet eingebe. Über diesen Account könne ihm jeder Mitteilungen senden, ebenfalls habe er jederzeit per E-Mail über das Kontaktformular auf der Website seines Einzelunternehmens kontaktiert werden können. Es wäre daher weder unmöglich noch mit grossem Aufwand verbunden gewesen, ihn zu erreichen, wie das Konkursamt mit einer einfachen E-Mail bewiesen habe. Aus den Akten werde jedoch nicht ersichtlich, dass die Vorinstanz es überhaupt versucht hätte, ihn postalisch, via E-Mail, über Instagram anderweitig zu erreichen, obwohl im Gesuch des Beschwerdegegners die Instagram-Adresse und die Adresse des Einzelunternehmens aufgeführt werde. Gleich wie die grosse Mehrheit der Bevölkerung verfolge er, der Beschwerdeführer, die Mitteilungen des kantonalen Amtsblatts resp. des SHAB nicht, insbesondere dann nicht, wenn er auf Reisen sei (act. 2 S. 4-7 und 16 f.; act. 12 S. 4 f.).
Dazu führt der Beschwerdegegner in seiner Stellungnahme vom 15. September 2022 im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei ständig unterwegs und (weiterhin) unbekannten Aufenthalts (act. 17 S. 5 f. und 8 f.). Die eingeholte schriftliche Adressauskunft der Gemeinde C. nenne als Wegzugsort Aus-
land und gebe vermutlich aus Datenschutzgründen keine Korrespondenzadresse des Beschwerdeführers bekannt (act. 17 S. 7). Entsprechend sei der Beschwer- deführer zu Recht im Amtsblatt des Kantons Zürich zur Verhandlung vorgeladen und über den angefochtenen Entscheid informiert worden (act. 17 S. 7). Aufgrund eines vorbestehenden rechtskräftigen Urteils gegen den Beschwerdeführer wäre es diesem zuzumuten gewesen, die offiziellen Publikationsorgane regelmässig zu kontrollieren (act. 17 S. 9). Es habe nicht ihm, dem Beschwerdegegner, oblegen, den Beschwerdeführer über das Konkursverfahren zu informieren, denn der Kontakt zwischen ihnen beiden sei komplett abgebrochen (act. 17 S. 7).
Die Zustellung von gerichtlichen Vorladungen erfolgt durch eingeschriebene Postsendung auf andere Weise gegen Empfangsbestätigung (Art. 138
Abs. 1 ZPO; zur Anwendbarkeit vgl. Art. 31 SchKG sowie Art. 34 Abs. 1 SchKG e contrario [Betreibungs- und Konkursämter sowie der Aufsichtsbehörde]). Im Kanton Zürich fallen nebst der eingeschriebenen Postsendung auch die Zustellung durch Angehörige des Gerichts, den Gemeindeamman die Polizei in Betracht (§ 121 Abs. 1 GOG/ZH). Die Zustellung ist erfolgt, wenn die Sendung von der Adressatin vom Adressaten von einer angestellten im gleichen Haushalt lebenden, mindestens 16 Jahre alten Person entgegenge- nommen wurde. Vorbehalten bleiben Anweisungen des Gerichts, eine Urkunde dem Adressaten der Adressatin persönlich zuzustellen (Art. 138 Abs. 2 ZPO). Mit Einverständnis der betroffenen Person können Vorladungen zudem elektronisch zugestellt werden (Art. 139 Abs. 1 ZPO).
Gestützt auf Art. 141 Abs. 1 ZPO kann die Zustellung sodann durch Publikation im kantonalen Amtsblatt im Schweizerischen Handelsamtsblatt (sog. Ediktalzustellung) erfolgen, wenn (a) der Aufenthaltsort der Adressatin des Adressaten unbekannt ist und trotz zumutbarer Nachforschung nicht ermittelt werden kann, (b) eine Zustellung unmöglich mit ausserordentlichen Umtrieben verbunden wäre (c) eine Partei mit Wohnsitz Sitz im Ausland entgegen der Anweisung des Gerichts kein Zustelldomizil in der Schweiz bezeichnet hat. Die Zustellung gilt diesfalls am Tag der Publikation als erfolgt (Art. 141 Abs. 2 ZPO). Die Ediktalzustellung ist subsidiärer Natur und als ultima ratio nur zulässig, wenn eine förmliche Zustellung nach Art. 137 ff. ZPO gescheitert von vornherein zum Scheitern verurteilt ist; bei unbekanntem Aufenthalt des Empfängers müssen sämtliche zumutbaren und sachdienlichen Nachforschungen vorgenommen wor- den, jedoch erfolglos geblieben sein (BGer 4A_646/2020 vom 12. April 2021,
E. 3.2; BGer 4A_578/2014 vom 23. Februar 2015, E. 3.2.1). Die zumutbaren Nachforschungen umfassen namentlich auch das Ausnützen der Mittel des Inter- nets (OGer ZH, PS120041 vom 12. April 2012, E. 2) die Nachfrage bei der Gegenpartei nach Kontaktmöglichkeiten via E-Mail Telefon (OGer ZH, PF200090 vom 23. Dezember 2020, E. 3.9). Die klagende bzw. gesuchstellende Partei trifft bei der Aufenthaltsnachforschung eine Mitwirkungspflicht (HUBER, DIKE-Komm-ZPO, 2. Aufl. 2016, Art. 141 N 12; BSK ZPO-GESCHWEND, 3. Aufl.
2017, Art. 141 N2; BK ZPO-FREI, Art. 141 N 8; BGer 5A_456/2012 E. 3.2.2.2 f.).
Was im Einzelfall konkret erforderlich ist, um dem Rechercheauftrag hinreichend nachzukommen, bestimmt sich nach der jeweiligen Sachlage (BGer 4A_646/2020 vom 12. April 2021, E. 3.2 m.w.H.).
Zur Begründung seines Gesuchs um Konkurseröffnung ohne vorgängige Betreibung teilte der Beschwerdegegner der Vorinstanz mit, sein Bruder, der Beschwerdeführer, habe sich in seiner früheren Wohnsitzgemeinde abgemeldet, als Wegzugsort Ausland angegeben und bewege sich nun ohne Absicht der Begründung eines neuen Wohnsitzes bzw. ohne längeren Aufenthalt an einem bestimmten Ort fahrend durch Europa (act. 9/1 S. 5-17). Als Belege hierfür reichte er der Vorinstanz eine Adressauskunft bei der Gemeinde C. (act. 9/3/4) sowie Screenshots des Instagram-Accounts des Beschwerdeführers, auf welchem dieser seine bisherige Reise dokumentiert hatte (vgl. act. 9/3/5/1-11), ins Recht. Daraufhin liess die Vorinstanz die Vorladung zur Konkursverhandlung im SHAB
(act. 9/11) und das anschliessende Urteil vom 15. August 2022, mit welchem sie den Konkurs über den Beschwerdeführer eröffnete, im Amtsblatt des Kantons Zürich publizieren (act. 9/13). Dass die Vorinstanz vor der öffentlichen Bekanntmachung weitere Zustellungen an den Beschwerdeführer versucht hätte, ergibt sich aus den Erwägungen zur Prozessgeschichte im angefochtenen Entscheid nicht (vgl. act. 8 S. 2 f.; vgl. ferner act. 9/5/9 f., worin die Tochter und der Treuhänder des Beschwerdeführers bestätigten, nie eine Vorladung erhalten zu haben). Auch in den späteren Erwägungen ist lediglich die Rede von einer Internetrecherche des Gerichts im Sinne von Art. 255 lit. a ZPO, welche ebenfalls keinen Wohnsitz bestimmten Aufenthaltsort des Beschwerdeführers im Inoder Ausland zutage gefördert habe (act. 8 S. 4). Der Umfang dieser Internetrecherche lässt sich nicht rekonstruieren, weil die Vorinstanz die Recherche weder in Form einer Aktennotiz noch auf andere Weise dokumentierte. Allein damit nahm die Vorinstanz jedenfalls nicht sämtliche zumutbaren und sachdienlichen Nachforschungen vor. Wie sich aus den erstinstanzlichen Akten ergibt und der Beschwerdeführer mit den neu eingereichten Belegen überzeugend darzutun vermag (act. 5/2-24), hätten zahlreiche Möglichkeiten bestanden, ihn (erfolgreich) zu kontaktieren:
So befindet sich in den vorinstanzlichen Akten ein E-Mail-Verkehr zwischen den Parteien (vgl. act. 9/3/7). Diesem hätte die Vorinstanz ohne Weiteres die private E-Mail-Adresse des Beschwerdeführers entnehmen können. Dem Konkursamt Grüningen gelang es später jedenfalls, den Beschwerdeführer über eben diese
E-Mail-Adresse zu erreichen (vgl. act. 5/2). Zudem hätte die Vorinstanz auch versuchen können, den Beschwerdeführer über die ihr aus den Akten bekannte Adresse seines Einzelunternehmens (act. 9/3/2) das Kontaktformular auf der ihr ebenfalls aus den Akten bekannten Homepage des Einzelunternehmens zu kontaktieren (act. 9/3/5/3). Der Beschwerdeführer hatte durch Abschluss einer Domizil-/Mietvereinbarung mit einer D. AG vorgesorgt, dass die an sein Einzel- unternehmen adressierte Post umgehend von seinem Treuhänder (act. 2 S. 5) eingescannt und an seine geschäftliche E-Mail-Adresse weitergeleitet wird
(act. 5/8 S. 1). Anders als der Beschwerdegegner als Privatperson (vgl. act. 9/3/4) hätte die Vorinstanz bei der Gemeinde C. wohl auch in Erfahrung bringen können, dass der Beschwerdeführer bei seiner Abmeldung als Korrespondenzbzw. Vertreteradresse die Adresse seiner Tochter angegeben hatte (act. 5/11 f.). Überdies hätte auch eine Nachfrage bei der Post weiterhelfen können, denn der Beschwerdeführer hatte der Post in seinem Adressänderungs- und Nachsen- dungsauftrag erlaubt (vgl. act. 5/7: Adressaktualisierung: Ja, […]), Auskunft dar- über zu gegeben, dass er neu als bei (c/o) seiner Tochter ansässig geführt wird und die an ihn adressierten Briefe und Pakete noch bis 17. August 2023 an diese Adresse nachgesendet werden (act. 5/7). Schliessich hätte die Vorinstanz in Anbetracht der Bedeutung und (unvorhersehbaren) Natur des eingeleiteten Verfahrens (Konkurs ohne vorgängige Betreibung) auch den Beschwerdegegner im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht zu weiteren Nachforschungen anhalten kön- nen. Angesichts der zwischen den Parteien bestehenden engen familiären Beziehung (Zwillingsbrüder) wäre es dem Beschwerdegegner ohne Weiteres zumutbar gewesen, sich z.B. bei gemeinsamen Familienangehörigen, Bekannten und/oder Freunden nach der Telefonnummer des Beschwerdeführers zu erkundigen, soweit ihm diese nicht ohnehin bereits bekannt war (vgl. act. 2 S. 14 f.). So an- ders wäre es mit zumutbarem Aufwand möglich gewesen, den Beschwerdeführer zu kontaktieren und ihn zur Bezeichnung einer aktuellen Zustelladresse im Ausland, eines Zustellungsdomizils in der Schweiz (vgl. Art. 140 ZPO)
und/oder zur Abgabe einer Erklärung, ob er mit einer elektronischen Zustellung einverstanden wäre, aufzufordern.
Zusammenfassend sind hier die Voraussetzungen der öffentlichen Bekanntmachung nach Art. 141 Abs. 1 ZPO, zu welcher nur als letztes Mittel gegriffen werden darf, offensichtlich nicht erfüllt. Die Akten enthalten keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer auf andere Weise vom Konkursverfahren bzw. von der Vorladung zur Konkursverhandlung erfahren haben könnte. Der Beschwerdeführer selbst beruft sich darauf, erstmals aufgrund der E-Mail des Konkursamts vom 19. August 2022 vom Konkursverfahren und von der Eröffnung des Konkurses mit Urteil vom 15. August 2022 erfahren zu haben, was seitens des Beschwerdegegners unwidersprochen geblieben ist (vgl. act. 17 S. 9). Der Beschwerdeführer wurde folglich daran gehindert, im Konkursverfahren, von dem er gar keine Kenntnis hatte, seine Rechte wahrzunehmen. Zudem wurde ihm das angefochtene Urteil der Vorinstanz nicht rechtsgültig zugestellt. Das Urteil leidet daher an einem schweren formellen Mangel und ist nichtig. Die Vorinstanz wird den anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer neu zur Konkursverhandlung vorzuladen (Art. 190 Abs. 2 ZPO) und nach Durchführung der Verhandlung neu über das Gesuch des Beschwerdegegners zu entscheiden haben. Die Beschwerde ist demnach gutzuheissen.
Ausgangsgemäss wird der Beschwerdegegner für das Beschwerdeverfahren kostenpflichtig, denn er trug auf Abweisung der Beschwerde an (act. 17 S. 4; vgl. Art. 106 Abs. 1 ZPO). Die Kosten für das Beschwerdeverfahren sind auf
Fr. 500.festzusetzen (Art. 52 lit. b und Art. 61 Abs. 1 GebV SchKG). Für diese Kosten ist der vom Beschwerdeführer geleistete Vorschuss von Fr. 741.56 (act. 6) heranzuziehen (Art. 111 Abs. 1 ZPO); der Überschuss von Fr. 241.56 wird dem Beschwerdeführer aus der Gerichtskasse unter Vorbehalt eines allfälligen Verrechnungsrechts zurückerstattet. Der Beschwerdegegner wird verpflichtet, dem Beschwerdeführer die mit den Gerichtskosten verrechneten Fr. 500.zu ersetzen (Art. 111 Abs. 2 ZPO).
Mangels eines entsprechenden Antrags (vgl. act. 2 S. 2 und act. 12 S. 2) ist dem Beschwerdeführer keine Parteientschädigung zuzusprechen (Art. 105 ZPO e contrario; BGE 139 III 334 E. 4.3).
Es wird erkannt:
In Gutheissung der Beschwerde wird das Urteil der Konkursrichterin des Bezirksgerichts Hinwil vom 15. August 2022 (EK220130-E) aufgehoben und die Sache zur Wiederholung des Verfahrens im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen.
Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 500.festgesetzt.
Für die Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens wird der vom Beschwer- deführer geleistete Vorschuss von Fr. 741.56 herangezogen; der Überschuss wird dem Beschwerdeführer vorbehältlich eines allfälligen Verrech- nungsrechts zurückerstattet. Der Beschwerdegegner wird verpflichtet, dem Beschwerdeführer Fr. 500.zu ersetzen.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an den Beschwerdeführer unter Beilage eines Doppels von act. 17, sowie an das Konkursgericht des Bezirksgerichts Hinwil (unter Rücksendung der erstinstanzlichen Akten) und das Konkursamt Grüningen ZH, ferner an das Handelsregisteramt des Kantons Obwalden und an das Betreibungsamt Rüti, je gegen Empfangsschein.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesge-
richt, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.
Es handelt sich um einen Entscheid des Konkursoder Nachlassrichters der Konkursoder Nachlassrichterin im Sinne von Art. 74 Abs. 2 lit. d BGG.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer Der Gerichtsschreiber:
MLaw S. Widmer versandt am:
4. Oktober 2022
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