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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:PS220139
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid PS220139 vom 29.08.2022 (ZH)
Datum:29.08.2022
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Konkurseröffnung
Schlagwörter : Beschwerde; Konkurs; Beschwerdeführer; Beschwerdeführerin; Beschwerdegegnerin; SchKG; Betreibung; Entscheid; Konkursgericht; Nichtig; Verfahren; Konkurseröffnung; Konkursandrohung; Recht; Zahlungsbefehl; Schaden; Interesse; Urteil; Winterthur; Konkurses; Forderung; Erhob; Rechtsvorschlag; Gläubiger; Verfügung; Kantons; Oberrichter; Vorinstanz; Widerruf; Handelsregister
Rechtsnorm: Art. 166 KG ; Art. 17 KG ; Art. 171 KG ; Art. 174 KG ; Art. 195 KG ; Art. 22 KG ; Art. 238 ZPO ; Art. 41 OR ; Art. 90 BGG ;
Referenz BGE:109 III 53; 130 III 657;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

  1. Zivilkammer

    Geschäfts-Nr.: PS220139-O/U

    Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. E. Lichti Aschwanden, Vorsitzende, Oberrichter lic. iur. et phil. D. Glur und Oberrichterin lic. iur. R. Bantli Keller sowie Gerichtsschreiberin lic. iur. K. Houweling-Wili

    Urteil vom 29. August 2022

    in Sachen

    1. AG,

      Schuldnerin und Beschwerdeführerin

      gegen

    2. GmbH,

    Gläubigerin und Beschwerdegegnerin

    betreffend Konkurseröffnung

    Beschwerde gegen ein Urteil des Einzelgerichtes in Konkurssachen des Bezirks- gerichtes Winterthur vom 8. August 2022 (EK220375)

    Erwägungen:

    1. Die Beschwerdegegnerin stellte am 7. Juni 2022 beim Konkursgericht Win- terthur ein Gesuch um Eröffnung des Konkurses über die Beschwerdeführerin für eine Forderung von Fr. 14'270.30 nebst Fr. 206.60 Betreibungskosten (act. 6/2/1- 2). Nachdem sich die Beschwerdeführerin bei der Vorinstanz nicht hatte verneh- men lassen und bis zur Hauptverhandlung am 8. August 2022 weder einen Rück- zug des Begehrens der Beschwerdegegnerin noch einen Ausweis über die Til- gung der Forderung beigebracht hatte, hiess das Konkursgericht das Begehren der Beschwerdegegnerin mit Urteil vom 8. August 2022 gut und eröffnete über die Beschwerdeführerin den Konkurs (act. 6/5 = act. 5).

    2. Dagegen erhob die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom 22. August 2022 rechtzeitig Beschwerde bei der Kammer mit den folgenden Anträgen (act. 2):

      1. Es sei das Urteil des Bezirksgericht Winterthur vom 8. August 2022 vollum- fänglich aufzuheben, resp. für nichtig zu erklären. Eventualiter sei der Kon- kurs zu widerrufen.

      1. Es sei der Widerruf im Handelsregister zu publizieren.

      2. Es sei der Beschwerde aufschiebende Wirkung zu erteilen.

      3. Es sei die Beschwerdegegnerin zu verpflichten, der Beschwerdeführerin für Unbill und Geschäftsschädigung für Schadenersatz etc. den Betrag von CHF 25'000.-- zu bezahlen.

      4. Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten der Beschwerdegeg- nerin.

        Die vorinstanzlichen Akten wurden beigezogen (act. 6/1-6). Auf weitere prozess- leitende Anordnungen wurde verzichtet. Die Sache erweist sich als spruchreif

    3. Gemäss Art. 174 Abs. 1 und 2 SchKG kann die Konkurseröffnung innert zehn Tagen mit Beschwerde nach der ZPO angefochten werden. Dabei können unter anderem neue Tatsachen, die vor dem erstinstanzlichen Entscheid eingetre- ten sind, unbeschränkt geltend gemacht werden. Zudem können im Rahmen der Konkursaufhebungsgründe von Art. 174 Abs. 2 SchKG (Tilgung oder Hinterlegung der Schuld oder Verzicht des Gläubigers auf die Durchführung des Konkurses)

    auch Noven geltend gemacht werden, die erst nach dem erstinstanzlichen Ent- scheid eingetreten sind.

      1. Die Vorinstanz hiess das Konkursbegehren der Beschwerdegegnerin ge- stützt auf den Zahlungsbefehl vom 15. Oktober 2021 und die Konkursandrohung vom 28. April 2022 des Betreibungsamtes Seuzach in der Betreibung Nr. … ge- gen die Beschwerdeführerin gut (act. 5 und act. 6/2/1-2).

      2. Der Beschwerdeführer wendet dagegen im Wesentlichen ein, die Beschwerdegegnerin habe die Betreibung am 15. Oktober 2021 durch eine nicht be- vollmächtigte Person eingeleitet. Das Betreibungsbegehren der Beschwerdegeg- nerin sei von C. eingereicht worden. C. sei für die Beschwerdegegne- rin aber nicht unterschriftsberechtigt gewesen und habe über keine Vollmacht ver- fügt. Deshalb sei der Zahlungsbefehl als ungültig aufzuheben. Sodann habe die Beschwerdeführerin fristgerecht, rechtsgültig und vollumfänglich Rechtsvorschlag erhoben. Deshalb sei die Konkursandrohung vom 28. April 2022 nichtig. Es werde auch ausdrücklich der Bestand der Forderung bestritten. Indem die Beschwerde- gegnerin trotz Rechtsvorschlag ein Fortsetzungsbegehren gestellt habe, habe sie widerrechtlich und schuldhaft gehandelt und damit der Beschwerdeführerin durch den Eintrag in Liquidation im Handelsregister grobfahrlässig einen enormen Schaden verursacht, für welchen sie nach Art. 41 OR hafte. Der Schaden könne zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht beziffert werden. Sie fordere Schadenersatz in unbestimmter Höhe für entgangenen Gewinn und Ersatz für die entstandenen Kosten für die Interessenwahrung. Zudem müsse das Konkursdekret einen Min- destinhalt aufweisen (Art. 238 ZPO), u.a. ob die Parteien an der Verhandlung vom

        8. August 2022 erschienen seien. Diese Angabe fehle im Dekret.

      3. Ein Gläubiger kann unter Vorlage der Konkursandrohung und des Zah- lungsbefehls beim Konkursgericht das Konkursbegehren stellen

        (Art. 166 SchKG). Das Konkursgericht eröffnet daraufhin den Konkurs, wenn nicht ein Konkurshinderungsgrund gemäss Art. 172-173a SchKG vorliegt

        (Art. 171 SchKG). Unter anderem setzt das Konkursgericht den Entscheid aus und überweist den Fall der Aufsichtsbehörde, wenn es von sich aus findet, im vo- rangegangenen Verfahren sei eine nichtige Verfügung erlassen worden (Art. 173

        Abs. 2 SchKG). Eine Verfügung ist nichtig, wenn sie gegen Vorschriften verstösst, die im öffentlichen Interesse oder im Interesse von am Verfahren nicht beteiligten Personen erlassen worden sind (Art. 22 Abs. 1 SchKG). Demgegenüber bewirkt die blosse Fehlerhaftigkeit einer Verfügung in der Regel nur deren Anfechtbarkeit (BSK SchKG I-COMETTA/MÖCKLI, 3. Aufl. 2021, Art. 22 N 4).

      4. Daraus folgt, dass ein Zahlungsbefehl bei einer vollmachtlos eingeleiteten Betreibung, wie es die Beschwerdeführerin geltend macht, nicht nichtig wäre, weil sie nicht gegen Vorschriften verstösst, die im öffentlichen Interesse oder im Inte- resse von am Verfahren nicht beteiligten Personen erlassen worden sind. Dem- gegenüber weist die Beschwerdeführerin dem Sinn nach zu Recht darauf hin, dass die Konkursandrohung wie grundsätzlich alle nachfolgenden Betreibungs- handlungen (vgl. LORANDI FRANCO, Betreibungsrechtliche Beschwerde und Nich- tigkeit: Kommentar zu den Artikeln 13-30 SchKG, Basel/Genf/Münschen 2000, Art. 22 N 28) bei erhobenem bzw. nicht beseitigtem Rechtsvorschlag nichtig sind (BGE 130 III 657 E. 2.2.2; BGE 109 III 53). Nach dem Gesagten setzt das Kon- kursgericht den Konkursentscheid allerdings nur aus, wenn es von sich aus findet, im vorangegangenen Verfahren sei eine nichtige Verfügung erlassen worden. Da sich in den Akten keine Anhaltspunkte für eine allfällige Nichtigkeit der Konkur- sandrohung vom 28. April 2022 befinden und sich die Beschwerdeführerin im vo- rinstanzlichen Verfahren nicht (mit entsprechenden substantiierten Hinweisen) hat vernehmen lassen, hat das Konkursgericht zu Recht das Vorliegen eines Kon- kurshinderungsgrundes verneint. Das ist auch im Beschwerdeverfahren nicht an- ders zu beurteilen, da der Beschwerdeführer bloss sinngemäss und pauschal be- hauptet, der von ihm erhobene Rechtsvorschlag sei nicht beseitigt worden. Das genügt nicht.

      5. Darüber hinaus gilt festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin eine blosse Fehlerhaftigkeit des Zahlungsbefehls und/oder der Konkursandrohung im Beschwerdeverfahren nach Art. 17 SchKG innert der zehntägigen Frist bei der Auf- sichtsbehörde hätte geltend machen müssen. Mit den entsprechenden Rügen ist die Beschwerdeführerin im Verfahren der Konkurseröffnung von Vornherein aus- geschlossen. Ebenso bildet die Frage des Bestandes einer Betreibungsforderung

        nicht mehr Gegenstand der Konkurseröffnung und allfällige Schadenersatzforde- rungen nach Art. 41 OR wären auf dem zivilrechtlichen Weg geltend zu machen. Aus diesen Gründen ist auf die entsprechenden Vorbringen der Beschwerdefüh- rerin nicht weiter einzugehen und auf ihren Antrag Ziffer 4 nicht einzutreten. Auch der Widerruf des Konkurses ist nicht im Rahmen des Konkurseröffnungsverfah- rens geltend zu machen, so dass auf die entsprechenden Anträge (Eventualan- trag Ziffer 1 und Ziffer 2) ebenfalls nicht einzutreten ist. Gemäss Art. 195 SchKG besteht nach Konkurseröffnung die Möglichkeit eines nachträglichen Widerrufs des Konkurses durch den Konkursrichter, wenn nachgewiesen wird, dass sämtli- che Forderungen beglichen sind oder von jedem Gläubiger eine schriftliche Erklä- rung über den Rückzug seiner Konkurseingabe vorliegt oder ein Nachlassvertrag zustande gekommen ist (dazu insbesondere KUKO SchKG-DIGGELMANN,

        2. Aufl. 2014, Art. 195 N. 3 und 5). Schliesslich bleibt anzumerken, dass das an- gefochtene Konkursdekret die inhaltlichen Anforderungen gemäss Art. 238 ZPO ohne Weiteres erfüllt. Wie sich aus dem klaren Wortlaut von Art. 238 ZPO ergibt, bilden entgegen den Ausführungen der Beschwerdeführerin Angaben zur Kon- kursverhandlung keinen notwendigen Inhalt eines gerichtlichen Entscheides.

      6. Die Beschwerde erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Mit dem vorliegenden Entscheid in der Sache wird der An- trag auf Erteilung der aufschiebenden Wirkung hinfällig.

    4. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von Fr. 750.-- sind aus- gangsgemäss der Beschwerdeführerin aufzuerlegen. Es ist der Beschwerdeführe- rin wegen ihres Unterliegens und der Beschwerdegegnerin mangels entstandener Umtriebe keine Prozessentschädigung zuzusprechen.

    Es wird erkannt:

    1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.

    2. Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 750.-- festgesetzt und der Beschwerdeführerin auferlegt. Die vorliegenden Verfahrenskosten wer- den vorsorglich zur Kollokation angemeldet.

    3. Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.

    4. Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an die Beschwerdegegnerin unter Beilage des Doppels von act. 2, sowie an die Vorinstanz (unter Rücksen- dung der erstinstanzlichen Akten) und das Konkursamt Wülflingen- Winterthur, ferner mit besonderer Anzeige an das Handelsregisteramt des Kantons Zürich und an das Betreibungsamt Seuzach, je gegen Empfangs- schein.

    5. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesge-

    richt, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

    Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.

    Es handelt sich um einen Entscheid des Konkurs- oder Nachlassrichters oder der Konkurs- oder Nachlassrichterin im Sinne von Art. 74 Abs. 2 lit. d BGG.

    Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.

    Obergericht des Kantons Zürich

    II. Zivilkammer

    Die Gerichtsschreiberin:

    versandt am:

    1. September 2022

lic. iur. K. Houweling-Wili

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