Zusammenfassung des Urteils PS220139: Obergericht des Kantons Zürich
Die Beschwerdegegnerin beantragte die Konkurseröffnung über die Beschwerdeführerin aufgrund einer Forderung von Fr. 14'270.30 nebst Betreibungskosten. Nachdem die Beschwerdeführerin nicht reagierte, wurde der Konkurs eröffnet. Die Beschwerdeführerin legte Beschwerde ein und forderte die Aufhebung des Urteils sowie Schadenersatz. Das Gericht wies die Beschwerde ab und legte die Verfahrenskosten von Fr. 750.-- der Beschwerdeführerin auf.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | PS220139 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Zivilkammer |
Datum: | 29.08.2022 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Konkurseröffnung |
Schlagwörter : | Konkurs; SchKG; Betreibung; Entscheid; Konkursgericht; Verfahren; Konkurseröffnung; Konkursandrohung; Recht; Zahlungsbefehl; Schaden; Interesse; Urteil; Winterthur; Konkurses; Forderung; Rechtsvorschlag; Gläubiger; Verfügung; Kantons; Oberrichter; Vorinstanz; Widerruf; Handelsregister; Schadenersatz; Akten; Person; Parteien; Beschwerdeverfahren |
Rechtsnorm: | Art. 166 KG ;Art. 17 KG ;Art. 171 KG ;Art. 174 KG ;Art. 195 KG ;Art. 22 KG ;Art. 238 ZPO ;Art. 41 OR ;Art. 90 BGG ; |
Referenz BGE: | 109 III 53; 130 III 657; |
Kommentar: | Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Obergericht des Kantons Zürich
Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: PS220139-O/U
Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. E. Lichti Aschwanden, Vorsitzende, Oberrichter lic. iur. et phil. D. Glur und Oberrichterin lic. iur. R. Bantli Keller sowie Gerichtsschreiberin lic. iur. K. Houweling-Wili
in Sachen
Schuldnerin und Beschwerdeführerin
gegen
Gläubigerin und Beschwerdegegnerin
betreffend Konkurseröffnung
Beschwerde gegen ein Urteil des Einzelgerichtes in Konkurssachen des Bezirksgerichtes Winterthur vom 8. August 2022 (EK220375)
Die Beschwerdegegnerin stellte am 7. Juni 2022 beim Konkursgericht Winterthur ein Gesuch um Eröffnung des Konkurses über die Beschwerdeführerin für eine Forderung von Fr. 14'270.30 nebst Fr. 206.60 Betreibungskosten (act. 6/2/1- 2). Nachdem sich die Beschwerdeführerin bei der Vorinstanz nicht hatte vernehmen lassen und bis zur Hauptverhandlung am 8. August 2022 weder einen Rückzug des Begehrens der Beschwerdegegnerin noch einen Ausweis über die Tilgung der Forderung beigebracht hatte, hiess das Konkursgericht das Begehren der Beschwerdegegnerin mit Urteil vom 8. August 2022 gut und eröffnete über die Beschwerdeführerin den Konkurs (act. 6/5 = act. 5).
Dagegen erhob die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom 22. August 2022 rechtzeitig Beschwerde bei der Kammer mit den folgenden Anträgen (act. 2):
1. Es sei das Urteil des Bezirksgericht Winterthur vom 8. August 2022 vollumfänglich aufzuheben, resp. für nichtig zu erklären. Eventualiter sei der Konkurs zu widerrufen.
Es sei der Widerruf im Handelsregister zu publizieren.
Es sei der Beschwerde aufschiebende Wirkung zu erteilen.
Es sei die Beschwerdegegnerin zu verpflichten, der Beschwerdeführerin für Unbill und Geschäftsschädigung für Schadenersatz etc. den Betrag von CHF 25'000.-zu bezahlen.
Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten der Beschwerdegeg- nerin.
Die vorinstanzlichen Akten wurden beigezogen (act. 6/1-6). Auf weitere prozessleitende Anordnungen wurde verzichtet. Die Sache erweist sich als spruchreif
Gemäss Art. 174 Abs. 1 und 2 SchKG kann die Konkurseröffnung innert zehn Tagen mit Beschwerde nach der ZPO angefochten werden. Dabei können unter anderem neue Tatsachen, die vor dem erstinstanzlichen Entscheid eingetreten sind, unbeschränkt geltend gemacht werden. Zudem können im Rahmen der Konkursaufhebungsgründe von Art. 174 Abs. 2 SchKG (Tilgung Hinterlegung der Schuld Verzicht des Gläubigers auf die Durchführung des Konkurses)
auch Noven geltend gemacht werden, die erst nach dem erstinstanzlichen Entscheid eingetreten sind.
Die Vorinstanz hiess das Konkursbegehren der Beschwerdegegnerin gestützt auf den Zahlungsbefehl vom 15. Oktober 2021 und die Konkursandrohung vom 28. April 2022 des Betreibungsamtes Seuzach in der Betreibung Nr. … gegen die Beschwerdeführerin gut (act. 5 und act. 6/2/1-2).
Der Beschwerdeführer wendet dagegen im Wesentlichen ein, die Beschwerdegegnerin habe die Betreibung am 15. Oktober 2021 durch eine nicht bevollmächtigte Person eingeleitet. Das Betreibungsbegehren der Beschwerdegeg- nerin sei von C. eingereicht worden. C. sei für die Beschwerdegegnerin aber nicht unterschriftsberechtigt gewesen und habe über keine Vollmacht verfügt. Deshalb sei der Zahlungsbefehl als ungültig aufzuheben. Sodann habe die Beschwerdeführerin fristgerecht, rechtsgültig und vollumfänglich Rechtsvorschlag erhoben. Deshalb sei die Konkursandrohung vom 28. April 2022 nichtig. Es werde auch ausdrücklich der Bestand der Forderung bestritten. Indem die Beschwerdegegnerin trotz Rechtsvorschlag ein Fortsetzungsbegehren gestellt habe, habe sie widerrechtlich und schuldhaft gehandelt und damit der Beschwerdeführerin durch den Eintrag in Liquidation im Handelsregister grobfahrlässig einen enormen Schaden verursacht, für welchen sie nach Art. 41 OR hafte. Der Schaden könne zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht beziffert werden. Sie fordere Schadenersatz in unbestimmter Höhe für entgangenen Gewinn und Ersatz für die entstandenen Kosten für die Interessenwahrung. Zudem müsse das Konkursdekret einen Min- destinhalt aufweisen (Art. 238 ZPO), u.a. ob die Parteien an der Verhandlung vom
8. August 2022 erschienen seien. Diese Angabe fehle im Dekret.
Ein Gläubiger kann unter Vorlage der Konkursandrohung und des Zahlungsbefehls beim Konkursgericht das Konkursbegehren stellen
(Art. 166 SchKG). Das Konkursgericht eröffnet daraufhin den Konkurs, wenn nicht ein Konkurshinderungsgrund gemäss Art. 172-173a SchKG vorliegt
(Art. 171 SchKG). Unter anderem setzt das Konkursgericht den Entscheid aus und überweist den Fall der Aufsichtsbehörde, wenn es von sich aus findet, im vorangegangenen Verfahren sei eine nichtige Verfügung erlassen worden (Art. 173
Abs. 2 SchKG). Eine Verfügung ist nichtig, wenn sie gegen Vorschriften verstösst, die im öffentlichen Interesse im Interesse von am Verfahren nicht beteiligten Personen erlassen worden sind (Art. 22 Abs. 1 SchKG). Demgegenüber bewirkt die blosse Fehlerhaftigkeit einer Verfügung in der Regel nur deren Anfechtbarkeit (BSK SchKG I-COMETTA/MÖCKLI, 3. Aufl. 2021, Art. 22 N 4).
Daraus folgt, dass ein Zahlungsbefehl bei einer vollmachtlos eingeleiteten Betreibung, wie es die Beschwerdeführerin geltend macht, nicht nichtig wäre, weil sie nicht gegen Vorschriften verstösst, die im öffentlichen Interesse im Interesse von am Verfahren nicht beteiligten Personen erlassen worden sind. Demgegenüber weist die Beschwerdeführerin dem Sinn nach zu Recht darauf hin, dass die Konkursandrohung wie grundsätzlich alle nachfolgenden Betreibungshandlungen (vgl. LORANDI FRANCO, Betreibungsrechtliche Beschwerde und Nichtigkeit: Kommentar zu den Artikeln 13-30 SchKG, Basel/Genf/Münschen 2000, Art. 22 N 28) bei erhobenem bzw. nicht beseitigtem Rechtsvorschlag nichtig sind (BGE 130 III 657 E. 2.2.2; BGE 109 III 53). Nach dem Gesagten setzt das Konkursgericht den Konkursentscheid allerdings nur aus, wenn es von sich aus findet, im vorangegangenen Verfahren sei eine nichtige Verfügung erlassen worden. Da sich in den Akten keine Anhaltspunkte für eine allfällige Nichtigkeit der Konkursandrohung vom 28. April 2022 befinden und sich die Beschwerdeführerin im vorinstanzlichen Verfahren nicht (mit entsprechenden substantiierten Hinweisen) hat vernehmen lassen, hat das Konkursgericht zu Recht das Vorliegen eines Konkurshinderungsgrundes verneint. Das ist auch im Beschwerdeverfahren nicht an- ders zu beurteilen, da der Beschwerdeführer bloss sinngemäss und pauschal behauptet, der von ihm erhobene Rechtsvorschlag sei nicht beseitigt worden. Das genügt nicht.
Darüber hinaus gilt festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin eine blosse Fehlerhaftigkeit des Zahlungsbefehls und/oder der Konkursandrohung im Beschwerdeverfahren nach Art. 17 SchKG innert der zehntägigen Frist bei der Aufsichtsbehörde hätte geltend machen müssen. Mit den entsprechenden Rügen ist die Beschwerdeführerin im Verfahren der Konkurseröffnung von Vornherein ausgeschlossen. Ebenso bildet die Frage des Bestandes einer Betreibungsforderung
nicht mehr Gegenstand der Konkurseröffnung und allfällige Schadenersatzforderungen nach Art. 41 OR wären auf dem zivilrechtlichen Weg geltend zu machen. Aus diesen Gründen ist auf die entsprechenden Vorbringen der Beschwerdeführerin nicht weiter einzugehen und auf ihren Antrag Ziffer 4 nicht einzutreten. Auch der Widerruf des Konkurses ist nicht im Rahmen des Konkurseröffnungsverfahrens geltend zu machen, so dass auf die entsprechenden Anträge (Eventualantrag Ziffer 1 und Ziffer 2) ebenfalls nicht einzutreten ist. Gemäss Art. 195 SchKG besteht nach Konkurseröffnung die Möglichkeit eines nachträglichen Widerrufs des Konkurses durch den Konkursrichter, wenn nachgewiesen wird, dass sämtliche Forderungen beglichen sind von jedem Gläubiger eine schriftliche Erklärung über den Rückzug seiner Konkurseingabe vorliegt ein Nachlassvertrag zustande gekommen ist (dazu insbesondere KUKO SchKG-DIGGELMANN,
2. Aufl. 2014, Art. 195 N. 3 und 5). Schliesslich bleibt anzumerken, dass das angefochtene Konkursdekret die inhaltlichen Anforderungen gemäss Art. 238 ZPO ohne Weiteres erfüllt. Wie sich aus dem klaren Wortlaut von Art. 238 ZPO ergibt, bilden entgegen den Ausführungen der Beschwerdeführerin Angaben zur Konkursverhandlung keinen notwendigen Inhalt eines gerichtlichen Entscheides.
Die Beschwerde erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Mit dem vorliegenden Entscheid in der Sache wird der Antrag auf Erteilung der aufschiebenden Wirkung hinfällig.
4. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von Fr. 750.-sind ausgangsgemäss der Beschwerdeführerin aufzuerlegen. Es ist der Beschwerdeführerin wegen ihres Unterliegens und der Beschwerdegegnerin mangels entstandener Umtriebe keine Prozessentschädigung zuzusprechen.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.
Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 750.-festgesetzt und der Beschwerdeführerin auferlegt. Die vorliegenden Verfahrenskosten wer- den vorsorglich zur Kollokation angemeldet.
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an die Beschwerdegegnerin unter Beilage des Doppels von act. 2, sowie an die Vorinstanz (unter Rücksen- dung der erstinstanzlichen Akten) und das Konkursamt Wülflingen- Winterthur, ferner mit besonderer Anzeige an das Handelsregisteramt des Kantons Zürich und an das Betreibungsamt Seuzach, je gegen Empfangsschein.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesge-
richt, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.
Es handelt sich um einen Entscheid des Konkursoder Nachlassrichters der Konkursoder Nachlassrichterin im Sinne von Art. 74 Abs. 2 lit. d BGG.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Die Gerichtsschreiberin:
versandt am:
September 2022
lic. iur. K. Houweling-Wili
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