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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Zusammenfassung des Urteils PS220054: Obergericht des Kantons Zürich

Die Beschwerdeführerin hat gegen einen Zahlungsbefehl und eine Pfändungsankündigung Beschwerde eingelegt, die Vorinstanz trat jedoch nicht darauf ein. Die Beschwerdeführerin legte daraufhin Beschwerde bei der Kammer als obere kantonale Aufsichtsbehörde ein, die den vorinstanzlichen Beschluss aufhob und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückwies. Es ging um die Frage der mangelhaften Zustellung des Zahlungsbefehls. Letztendlich wurde entschieden, dass auf die Beschwerde nicht eingetreten wird.

Urteilsdetails des Kantongerichts PS220054

Kanton:ZH
Fallnummer:PS220054
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid PS220054 vom 04.04.2022 (ZH)
Datum:04.04.2022
Rechtskraft:Weiterzug ans Bundesgericht, 5A_296/2022
Leitsatz/Stichwort:Wiederherstellung der Rechtsvorschlagsfrist in der Betreibung
Schlagwörter : Zahlungsbefehl; Vorinstanz; SchKG; Betreibung; Pfändungsankündigung; Recht; Betreibungsamt; Kammer; Zustellung; Zahlungsbefehls; Entscheid; Sinne; Beschluss; Person; Aufsichtsbehörde; Schuldbetreibung; Konkurs; Schlieren/Urdorf; Verfahren; Betreibungsamts; Frist; Bestimmungen; Kanton; Parteien; Eventualbegründung; Bundesgericht; Obergericht; Oberrichter
Rechtsnorm:Art. 17 KG ;Art. 320 ZPO ;Art. 321 ZPO ;Art. 322 ZPO ;Art. 64 KG ;Art. 90 BGG ;
Referenz BGE:120 III 38; 128 III 101; 139 II 233;
Kommentar:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017

Entscheid des Kantongerichts PS220054

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer als obere kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs

Geschäfts-Nr.: PS220054-O/U

Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. E. Lichti Aschwanden, Vorsitzende, Oberrichterin lic. iur. R. Bantli Keller und Oberrichter Dr. M. Sarbach sowie Gerichtsschreiber lic. iur. D. Siegwart

Beschluss vom 4. April 2022

in Sachen

  1. ,

    Gesuchstellerin und Beschwerdeführerin,

    gegen

  2. GmbH,

Gesuchs- und Beschwerdegegnerin,

betreffend

Beschwerde gegen den Zahlungsbefehl Nr. 1 (Betreibungsamt Geroldswil- Oetwil-Weiningen) sowie die Pfändungsankündigung

Nr. 2 (Betreibungsamt Schlieren/Urdorf)

Beschwerde gegen einen Beschluss des Bezirksgerichts Dietikon vom 1. März 2022 (CB220001)

Erwägungen:

1.

    1. Am 8. November 2021 überbrachte die Gesuchstellerin und Beschwerdeführerin (nachfolgend: Beschwerdeführerin) dem Bezirksgericht Dietikon als untere Aufsichtsbehörde über die Betreibungsämter (nachfolgend: Vorinstanz) eine Beschwerde gegen einen Zahlungsbefehl des Betreibungsamts Geroldswil-Oetwil- Weiningen vom 23. Februar 2021 (Nr. 1) und die dazugehörende Pfändungsankündigung des Betreibungsamts Schlieren/Urdorf vom 19. Oktober 2021 (Nr. 2; act. 1/1; act. 1/2/1–4). Sie machte darin (zumindest sinngemäss) geltend, eine nicht berechtigte bzw. nicht unter Art. 64 Abs. 1 SchKG fallende Person habe den Zahlungsbefehl an ihrer Stelle entgegen genommen, was ihr verunmöglicht habe, Rechtsvorschlag gegen die nicht bestehende Forderung zu erheben (act. 1/1). Die Vorinstanz qualifizierte die Beschwerde (zunächst) als Gesuch um Wiederherstellung der Rechtsvorschlagsfrist und als Beschwerde gegen die Pfändungsankündigung (act. 3 E. I.). In beiden Punkten erachtete sie die gesetzlichen Fristen jedoch als verpasst, weshalb sie auf das Gesuch und die Beschwerde mit Beschluss vom 10. November 2021 nicht eintrat (act. 3 E. II. und S. 4). Dagegen erhob die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom 22. November 2021 Beschwerde bei der Kammer als obere kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs (act. 2 E. 1.1.). Die Kammer hob mit Urteil vom 3. Februar 2022 den vorinstanzlichen Beschluss auf und wies die Sache zu neuer Entscheidung der gegen den Zahlungsbefehl und die Pfändungsankündigung erhobenen Beschwerde(n) an die Vorinstanz zurück (act. 2 S. 6). Sie trug der Vor-instanz dabei auf, in einem ersten Schritt zu prüfen, ob der Einwand der mangelhaften Zustellung des Zahlungsbefehls rechtzeitig bzw. innerhalb von zehn Tagen ab dessen Erhalt vorgebracht wurde; und in einem zweiten Schritt (sollte Ersteres bejaht werden), ob der Vorwurf der mangelhaften Zustellung des Zahlungsbefehls tatsächlich zutrifft (act. 2 E. 2.5.).

    2. Die Vorinstanz setzte der Beschwerdeführerin daraufhin mit Verfügung vom

11. Februar 2022 Frist zur Beantwortung verschiedener Fragen an. Unter anderem wollte sie von der Beschwerdeführerin wissen, wann bzw. an welchem Tag

sie persönlich Kenntnis vom Zahlungsbefehl erhalten habe, und von wem sie den Zahlungsbefehl ausgehändigt bzw. durch wen sie von diesem Kenntnis erhalten habe (act. 5). Mit Eingabe vom 23. Februar 2022 reichte die Beschwerdeführerin ihre Antworten ein, wobei sie die vorerwähnten Fragen dahingehend beantwortete, dass dies am 20. Oktober 2021 durch den Brief mit der Pfändungsankündigung des Betreibungsamts Schlieren/Urdorf gewesen sei (act. 7). Die Vorinstanz ging in der Folge davon aus, dass die zehntägige Beschwerdefrist betreffend die mangelhafte Zustellung des Zahlungsbefehls mit dessen inhaltlicher Kenntnis- nahme vom 20. Oktober 2021 zu laufen begonnen habe und die von der Beschwerdeführerin gegen den Zahlungsbefehl am 8. November 2021 erhobene Beschwerde deshalb verspätet erfolgt sei. Ebenfalls als verspätet qualifizierte sie die zugleich erhobene Beschwerde gegen die Pfändungsankündigung. Entsprechend trat sie mit Beschluss vom 1. März 2022 auf die Beschwerde(n) nicht ein (act. 9 E. II./3. f. und S. 4 = act. 12 [Aktenexemplar] = act. 14; nachfolgend zitiert als act. 12). Mit Eingabe vom 16. März 2022 (Datum Poststempel) erhob die Beschwerdeführerin gegen diesen Entscheid Beschwerde bei der Kammer (act. 13). Die vorinstanzlichen Akten (act. 1–10) wurden beigezogen. Auf die Einholung ei- ner Beschwerdeantwort kann verzichtet werden (Art. 322 Abs. 1 ZPO). Das Verfahren erweist sich als spruchreif.

2.

    1. Das Verfahren der Aufsichtsbeschwerde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen richtet sich nach den Bestimmungen von Art. 20 a Abs. 2 SchKG. Soweit Art. 20a Abs. 2 SchKG keine Bestimmungen enthält, regeln die Kantone das Verfahren (Art. 20a Abs. 3 SchKG). Im Kanton Zürich richtet sich das Beschwerdeverfahren gemäss § 18 EG SchKG nach § 83 f. GOG. Dabei ist der Sachverhalt von Amtes wegen zu untersuchen und es sind die Bestimmungen der ZPO sinngemäss anwendbar (§ 83 Abs. 3 GOG). Für den Weiterzug an das Obergericht gelten insbesondere die Bestimmungen über die Beschwerde gemäss

      Art. 319 ff. ZPO (§ 84 GOG). Mit der Beschwerde kann folglich die unrichtige Rechtsanwendung und die offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhalts geltend gemacht werden (Art. 320 ZPO). Die Beschwerde ist bei der Rechtsmittelinstanz innert der zehntägigen Rechtsmittelfrist einzureichen (Art. 18 Abs. 1

      SchKG). Es sind konkrete Beschwerdeanträge zu stellen, die zu begründen sind (Art. 321 Abs. 1 ZPO). Begründen im Sinne der genannten Vorschrift bedeutet aufzeigen, inwiefern der angefochtene Entscheid als fehlerhaft erachtet wird. Die Beschwerdeführerin hat sich mit anderen Worten mit dem vorinstanzlichen Entscheid auseinanderzusetzen und im Einzelnen aufzuzeigen, aus welchen Grün- den er falsch ist. Tut sie dies nicht, so tritt die Rechtsmittelinstanz auf die Beschwerde nicht ein. Bei Parteien ohne anwaltliche Vertretung wird an die Begrün- dungslast zwar ein weniger strenger Massstab angelegt. Bei gänzlich fehlender (nicht einmal sinngemässer) Auseinandersetzung mit dem vorinstanzlichen Entscheid ist jedoch auch hier ohne weiteres auf die Beschwerde nicht einzutreten (OGer ZH PS200206 vom 10. November 2020, E. II./1.; OGer ZH PS190112 vom

      25. Juli 2019, E. 3.2). Hat die Vorinstanz einen Nichteintretensentscheid gefällt und daneben im Sinne einer materiellen Eventualbegründung auch noch erwogen, dass im Falle eines Eintritts die Beschwerde abzuweisen gewesen wäre, so muss sich die Beschwerdeführerin sowohl mit der Hauptals auch der Eventualbegründung auseinandersetzen. Auch in einem solchen Fall ist ansonsten auf die Beschwerde nicht einzutreten (vgl. für das Verfahren vor Bundesgericht

      BGE 139 II 233 E. 3.2).

    2. Die Vorinstanz trat wie erwähnt auf die gegen den Zahlungsbefehl und die Pfändungsankündigung erhobene Beschwerde wegen verspäteter Einreichung nicht ein. Daneben führte sie im Sinne einer materiellen Eventualbegründung aus, dass es sich bei der Person, welche den Zahlungsbefehl entgegen genommen habe, um eine dem Haushalt der Beschwerdeführerin im Sinne von Art. 64 SchKG zuzurechnende Person gehandelt habe, weshalb die Beschwerde hätte abgewiesen werden müssen, wenn darauf eingetreten worden wäre (act. 12

E. II./5.). Die in der Beschwerde an die Kammer von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Rügen betreffen entweder die Frage der mangelhaften Zustellung des Zahlungsbefehls durch Übergabe desselben an eine angeblich nicht berechtigte bzw. nicht unter Art. 64 Abs. 1 SchKG fallende Person beziehen sich auf die bestrittene materielle Begründetheit der in Betreibung gesetzten Forderung. Auf die Frage der verspäteten Einreichung der Beschwerde bei der Vorinstanz geht die Beschwerdeführerin hingegen nicht ein. Sie rügt die diesbezüglichen vorinstanzlichen Feststellungen mit keinem Wort als unzutreffend (act. 13). Damit ist die Beschwerdeführerin zwar auf die Eventualbegründung der Vorinstanz eingegangen, nicht aber auf die Begründung, welche zum Nichteintreten auf ihre Beschwerde geführt hat. Auf die vorliegende, bei der Kammer erhobene Beschwer- de ist deshalb mangels (ausreichender) Begründung nicht einzutreten.

  1. Selbst wenn auf die an die Kammer gerichtete Beschwerde eingetreten wür- de, wäre ihr kein Erfolg beschieden. Gegen die mangelhafte Zustellung eines Zahlungsbefehls kann Beschwerde erhoben werden. Die zehntägige Beschwer- defrist gemäss Art. 17 SchKG beginnt zu laufen, wenn der Zahlungsbefehl (im Original zumindest in Kopie) in die Hände der Schuldnerin gelangt und diese dadurch Kenntnis von deren Inhalt erhält. Dasselbe gilt für die zehntägige Frist zur Erhebung des Rechtsvorschlags (BGE 128 III 101 E. 2; BGE 120 III 38 E. 3b

    = Pra 84 (1995) Nr. 107; BGer vom 17. Februar 1998, BlSchK 2003 S. 116). Die Beschwerdeführerin reichte bei der Vorinstanz als Beilage zu ihrer Beschwerde vom 8. November 2021 eine Kopie des Zahlungsbefehls des Betreibungsamts Geroldswil-Oetwil-Weiningen vom 23. Februar 2021 (Nr. 1) ein (act. 1/2/1). Aus den oben unter E. 1.2. erwähnten, bei der Vorinstanz von der Beschwerdeführerin eingereichten Antworten (act. 7) geht hervor, dass ihr diese Kopie vom Betreibungsamt Schlieren/Urdorf am 20. Oktober 2021 zusammen mit der Pfändungsankündigung vom 19. Oktober 2021 (Nr. 2; act. 1/2/2) zugestellt wurde. Demnach lief die zehntägige Frist für die Beschwerde gegen die mangelhafte Zustellung des Zahlungsbefehls vom 21. Oktober bis zum 1. November 2021 (einem Montag), womit die erst am 8. November 2021 erhobene Beschwerde verspätet erfolgte. Dasselbe gilt für die zugleich gegen die Pfändungsankündigung erhobene Beschwerde, da auch diese Beschwerdefrist am 1. November auslief. Die Vorinstanz trat daher in ihrem Beschluss vom 1. März 2022 zu Recht auf die bei ihr angehobene(n) Beschwerde(n) nicht ein (act. 12 S. 4). Damit hätte die vorliegende, bei der Kammer eingereichte Beschwerde im Falle eines Eintritts abgewiesen werden müssen. Die Frage, ob es sich bei der Person, welche den Zahlungsbefehl entgegennahm, wirklich um eine dem Haushalt der Beschwerdeführerin im Sinne von Art. 64 SchKG zuzurechnende Person gehandelt hat, hätte deshalb selbst im Falle eines Eintritts auf die vorliegende Beschwerde offengelassen werden können.

  2. Das Verfahren vor den kantonalen Aufsichtsbehörden in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen ist kostenlos (Art. 20a Abs. 2 Ziff. 5 SchKG); Parteientschä- digungen sind keine auszurichten (Art. 62 Abs. 2 GebV SchKG).

Es wird beschlossen:

  1. Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

  2. Es werden keine Kosten erhoben.

  3. Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.

  4. Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an die Beschwerdegegnerin unter Beilage des Doppels der Beschwerdeschrift (act. 13), sowie an die Vorinstanz und die Betreibungsämter Geroldswil-Oetwil-Weiningen und Schlieren/Urdorf, je gegen Empfangsschein.

    Die erstinstanzlichen Akten gehen nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist an die Vorinstanz zurück.

  5. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 10 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesge-

richt, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.

Es handelt sich um einen Entscheid der kantonalen Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen im Sinne von Art. 74 Abs. 2 lit. c BGG.

Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer Der Gerichtsschreiber:

lic. iur. D. Siegwart versandt am:

5. April 2022

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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