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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Zusammenfassung des Urteils PS190158: Obergericht des Kantons Zürich

Der Schuldner A. hat Beschwerde gegen die Konkurseröffnung eingereicht und die aufschiebende Wirkung beantragt. Nachdem er diverse Unterlagen und Zahlungsnachweise vorgelegt hat, wurde die aufschiebende Wirkung gewährt. Es wurde festgestellt, dass der Schuldner seine Zahlungsfähigkeit glaubhaft gemacht hat und somit das Konkursbegehren abgewiesen wurde. Die Kosten des Verfahrens trägt der Schuldner.

Urteilsdetails des Kantongerichts PS190158

Kanton:ZH
Fallnummer:PS190158
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid PS190158 vom 16.10.2019 (ZH)
Datum:16.10.2019
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Konkurseröffnung
Schlagwörter : Konkurs; Schuldner; Betreibung; Zahlung; Gläubiger; Betreibungen; Gläubigerin; Konkursgericht; Zahlungen; Urteil; Verbindlichkeiten; Zukunft; Konto; Obergericht; Gericht; Zahlungsfähigkeit; Konkursandrohung; Geschäft; Einzelfirma; Kantons; Konkurseröffnung; Hinwil; Konti; Beschwerdeverfahren; Entscheid; Auszug; Darstellung; Summe; Forderung
Rechtsnorm:Art. 174 KG ;Art. 209 KG ;Art. 90 BGG ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
Frank, Sträuli, Messmer, Kommentar zur zürcherischen Zivilprozessordnung, 1997

Entscheid des Kantongerichts PS190158

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer

Geschäfts-Nr.: PS190158-O/U

Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. P. Diggelmann, Vorsitzender, Oberrichterin lic. iur. M. Stammbach und Ersatzrichter lic. iur. T. Engler sowie Gerichtsschreiberin lic. iur. S. Bohli Roth

Urteil vom 16. Oktober 2019

in Sachen

A. ,

Schuldner und Beschwerdeführer, vertreten durch B. ,

gegen

  1. Krankenversicherung AG, Gläubigerin und Beschwerdegegnerin,

    betreffend Konkurseröffnung

    Beschwerde gegen ein Urteil des Konkursgerichtes des Bezirksgerichtes Hinwil vom 2. September 2019 (EK190166)

    Erwägungen:

    1. Am 2. September 2019 wurde über den Schuldner der Konkurs eröffnet (act. 4). Mit rechtzeitig eingereichter Beschwerde beantragte er die Aufhebung des Konkurses und stellte ein Gesuch um Erteilung der aufschiebenden Wirkung (act. 82).

Mit Verfügung vom 17. September 2019 wurde die aufschiebende Wirkung einstweilen verweigert (act. 10). In der Folge ersuchte der Schuldner um TeilFreigabe seiner Konti zum Hinterlegen der Konkursforderung und Sicherstellen der Kosten von Konkursgericht und -amt. Das wurde bewilligt, und die Zahlungen erfolgten. Da die korrekte Zustellung des angefochtenen Urteils erst am 25. September 2019 erfolgt war, lief die Frist für die Beschwerde bis und mit Montag

  1. Oktober 2019. Innert dieser Frist brachte der Schuldner diverse Unterlagen dem Gericht direkt vorbei (act. 33, 34/1-10, act. 35) und reichte dann noch verschiedene Zahlungsnachweise nach (act. 38 ff.). Mit Verfügung vom 1. Oktober 2019 wurde die aufschiebende Wirkung der Beschwerde angeordnet (act. 36).

    Den Kostenvorschuss für das Beschwerdeverfahren zahlte der Schuldner fristgerecht (act. 58).

    1. Gemäss Art. 174 Abs. 2 SchKG kann die Konkurseröffnung im Beschwerdeverfahren aufgehoben werden, wenn der Schuldner mit der Einlegung des Rechtsmittels seine Zahlungsfähigkeit glaubhaft macht und durch Urkunden einen der drei gesetzlich vorgesehenen Konkurshinderungsgründe (Tilgung, Hinterlegung Gläubigerverzicht) nachweist. Neue Behauptungen und Urkundenbeweise über konkurshindernde Tatsachen sind im Beschwerdeverfahren unbeschränkt zugelassen, unabhängig davon, ob sie vor nach dem erstinstanzlichen Entscheid ergangen sind.

      Der Schuldner hat die Konkursforderung samt Kosten und Zins bis zur Konkurseröffnung (Art. 209 Abs. 1 SchKG) bei der Obergerichtskasse hinterlegt

      (act. 34/10 zweites Blatt, ferner die bereits am 25. September 2019 erfolgte Verbuchung des Einganges durch die Gerichtskasse). Er hat ferner die Kosten des

      Konkursgerichts und die mutmasslichen Kosten des Konkursamtes bei diesem sichergestellt (act. 34/10). Diese erste Voraussetzung für das Aufheben des Konkurses ist erfüllt.

      Die vom Gesetz vorausgesetzte Zahlungsfähigkeit umfasst zwei Elemente: der Schuldner muss (erstens) glaubhafterweise in der Lage sein, seine aktuellen Verbindlichkeiten zu bedienen, und (zweitens) die Altlasten innert längstens zweier Jahre abzutragen.

      Zum ersten: offen war nach dem Auszug aus dem Betreibungsregister eine grosse Zahl von Betreibungen von über Fr. 150'000.--, von denen nicht wenige bereits im Stadium der Konkursandrohungen standen. Der Schuldner erklärte zunächst (nur), er habe bei etlichen Betreibungen direkt an die Gläubiger bezahlt, namentlich wenn er eine Konkursandrohung erhalten habe (act. 35). Angesichts der sehr vielen Konkursandrohungen, die dann doch nicht zum Konkurs führten, hat diese Darstellung etwas für sich. Ohne konkrete Belege könnte sie allerdings die Summe der offenen Betreibungen nicht reduzieren. Nachträglich, aber noch innert der Beschwerdefrist, gingen jedoch zahlreiche Unterlagen ein, welche das Bild erheblich verbessern:

      Am 2. Oktober 2019 bestätigte der Gläubiger der Betreibung Nr. 1, er habe Fr. 10'985.-erhalten, und die Sache sei damit erledigt (act. 38). Das Strassenverkehrsamt bestätigte die Zahlung der Forderungen von zusammen rund

      Fr. 700.-in den Betreibungen 168'377 und 168'378 (act. 41). In weiteren zehn Betreibungen legt der Schuldner Belege des Betreibungsamtes vor, dass jene Betreibungen durch Zahlungen von insgesamt rund Fr. 8'500.-erledigt sind

      (act. 43). In der Betreibung Nr. 2, die im Auszug mit rund Fr. 27'700.--

      figuriert, hat der Schuldner schon Ende Mai 2019 Fr. 17'000.-bezahlt (act. 47). In der Betreibung Nr. 3 reduzierten sich die im Auszug genannten rund

      Fr. 46'300.-- durch vier Zahlungen um Fr. 23'000.-- (act. 49). Für eine weitere Zahlung für die Betreibung Nr. 4 in der Höhe von Fr. 6'500.-reichte der Schuldner innert der Beschwerdefrist nur eine Auftragsund nicht eine Ausführungsbestätigung der Bank ein (act. 51 ff.); und in der Folge wies er auch noch nach, dass er die ganze Forderung bezahlt und die Gläubigerin ihre Betreibung zurückgezogen hat (act. 55). Das steht nun zwar fest, darf aber bei der Würdigung der Zahlungsfähigkeit aus prozessualen Gründen nicht berücksichtigt werden. Zusammengefasst reduzieren sich die in naher Zukunft zu bedienenden (in Betreibung gesetzten) Verbindlichkeiten aber auch ohne Berücksichtigung dieser weiteren rund Fr. 10'500.-von rund Fr. 150'000.-- um gut Fr. 60'000.-auf eine Summe von noch rund Fr. 90'000.--. Mehrheitlich betreffen die erwähnten Zahlungen solche Betreibungen, welche bereits im Stadium der Konkursandrohung standen und stehen. Mit den entsprechenden Zahlungen hat sich der Schuldner für den Moment erfolgreich Luft verschafft. Nach einer separaten Aufstellung hat er fällige Guthaben bei Kunden von Fr. 87'500.--, denen nicht in Betreibung gesetzte Verbindlichkeiten von ungefähr Fr. 19'400.-gegenüber stehen (act. 34/7). Bei einer Kategorisierung nach Dringlichkeit der Verbindlichkeiten wird er vorweg die in Betreibung gesetzten Positionen zu befriedigen suchen. Die fälligen Guthaben, auf deren Eingang zu Gunsten des Schuldners gehofft werden darf, entsprechen in der Summe recht genau den noch offenen Betreibungen. Damit ist glaubhaft, dass er die unmittelbar anstehenden Verpflichtungen in naher Zukunft erfüllen kann.

      Es bleibt die zweite Frage, ob der Schuldner die weiteren Schulden, darunter namentlich die in der erwähnten Aufstellung enthaltenen, noch nicht betriebenen Forderungen, innert längstens zweier Jahre wird abtragen können. Nach Darstellung des Schuldners ist sein Geschäft nicht das der Einzelfirma, die im Wesentlichen inaktiv sei, sondern das seiner D. GmbH, welche mit acht Mitarbeitern Dienstleistungen im IT-Bereich anbietet aufgrund mangelnder Abgrenzung liefen etliche Zahlungen allerdings noch über die Einzelfirma. Das wird bestätigt durch die Kontoauszüge (act. 34/3 und 34/4), wo bei der Einzelfirma Zahlungseingänge verbucht sind, welche dann aber als Übertrag auf dem Konto der GmbH erscheinen. Nach diesen Auszügen ist der Umfang des Geschäftes relativ bedeutend, und es wurden im laufenden Jahr auf beiden Konti zwischen

      Fr. 400'000.-- und Fr. 500'000.-- umgesetzt. Die Kontoauszüge enthalten keine Saldi, aber auch keine Zinsbelastungen, woraus geschlossen werden darf, dass sich die Konti im Plus bewegten und bewegen. Im Ergebnis resultierte ein (konsolidiertes) Minus von etwas über Fr. 10'000.--. Das allein wäre ein Indiz gegen eine

      gute Prognose. Zu berücksichtigen ist allerdings auch, dass der Schuldner von seiner Familie getrennt lebt und zur Zeit in Scheidung ist. Mindestens ein ansehnlicher Teil der Belastungen auf dem privaten Konto sind demnach glaubhafterweise familiären Verpflichtungen zuzuordnen (nach seiner Angabe zahlt er für Frau und Kinder Unterhaltsbeiträge von monatlich Fr. 2'780.--, das sind jährlich Fr. 33'600.--). Es ist glaubhaft, dass ihn die familiäre Belastung, die sich in gesundheitlichen Schwierigkeiten niederschlug, von notwendigen administrativen Arbeiten abhielt. Darum hat er nach eigener Darstellung jetzt einen besonders guten Mitarbeiter zum Geschäftsführer der GmbH ernannt. Zudem lässt er sich privat coachen, was ihm zu besserer Effizienz in seinen Funktionen verhelfen kann. Endlich lebt er persönlich äusserst bescheiden. Von seinem Netto-Lohn, den ihm die GmbH auszahlt (Fr. 5'433.--, act. 34/5, dazu auch der Lohnausweis für 2017 act. 34/6), beansprucht er für sich selber nur gerade Fr. 1'110.--. Die Fr. 500.-- Kosten für das Auto sind vermutlich grösstenteils berufsbedingt, und er lebt sogar aktuell im Büro, damit er monatlich Fr. 1'000.-zur Schuldentilgung einsetzen kann (act. 34/8). Das zeigt, dass er grösste Anstrengungen und persönliche Opfer auf sich nimmt, um die finanzielle Situation zu bereinigen.

      Wenn die Massnahmen zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit der GmbH nur einigermassen greifen, ist es damit glaubhaft, dass der Schuldner die offenen Verbindlichkeiten in absehbarer Zukunft bedienen kann.

      Offen sind - drittens - Verlustscheine von rund Fr. 56'000.-- (act. 34/1 letzte Seite). Auch wenn diese wohl kaum alle erneut und in naher Zukunft in Betreibung gesetzt werden dürften, müssen sie mittelfristig abgebaut werden, und dafür ist jedenfalls zur Zeit die nötige Liquidität offenbar nicht vorhanden. Gleichwohl erscheint es nicht ausgeschlossen und alles in allem gerade noch glaubhaft, dass der Schuldner auch diese Altlasten innert der von der Praxis verlangten zweier Jahre abtragen kann.

      Damit erweist sich die Beschwerde als begründet. Sie ist gutzuheissen, und das angefochtene Urteil ist aufzuheben. Das Konkursbegehren ist abzuweisen.

      Immerhin handelt es sich klarerweise um einen Grenzfall. Bei einem Konkurs in näherer Zukunft (wenn die oben beschriebenen Massnahmen gegriffen haben müssten) würde an das Glaubhaftmachen der Zahlungsfähigkeit ein strengerer Massstab angelegt werden.

      Zudem wird der Schuldner wohl gut daran tun, seine Einzelfirma im Handelsregister löschen zu lassen. Damit kann er seine geschäftliche Tätigkeit ganz über die GmbH abwickeln und die privaten/familiären Dinge über ein gesondertes Konto laufen lassen.

    2. Die Kosten beider Instanzen hat der Schuldner zu tragen, da er durch die verspätete Zahlung das Verfahren veranlasst hat.

Es wird erkannt:

  1. In Gutheissung der Beschwerde wird das angefochtene Urteil des Konkursgerichtes des Bezirksgerichtes Hinwil vom 2. September 2019 aufgehoben. Das Konkursbegehren wird abgewiesen.

  2. Die Kasse des Obergerichts wird angewiesen, der Gläubigerin die vom Schuldner hinterlegten Fr. 11'241.65 zu überweisen.

  3. Die zweitinstanzliche Spruchgebühr wird auf Fr. 750.-festgesetzt, dem Schuldner auferlegt und mit dem geleisteten Vorschuss verrechnet. Die erstinstanzliche Spruchgebühr von Fr. 250.-wird bestätigt und dem Schuldner auferlegt (zum Bezug von ihm Ziff. 4 sogleich).

  4. Das Konkursamt Wald wird angewiesen, von dem bei ihm einbezahlten Totalbetrag von Fr. 2'800.-- (Fr. 1'250.-- Zahlung des Schuldners sowie

    Fr. 1'550.-- Rest des von der Gläubigerin dem Konkursgericht geleisteten Barvorschusses) der Gläubigerin Fr. 1'800.-- und dem Schuldner einen nach Abzug seiner Kosten allfällig verbleibenden Restbetrag auszuzahlen.

  5. Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an die Gläubigerin unter Beilage von Doppeln der act. 32 und 33, sowie an das Konkursgericht des Bezirksgerich-

    tes Hinwil (unter Rücksendung der erstinstanzlichen Akten) und das Konkursamt Wald, ferner mit besonderer Anzeige an das Handelsregisteramt des Kantons Zürich und an das Betreibungsamt Rüti, alles gegen Empfangsschein.

  6. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesge-

richt, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.

Es handelt sich um einen Entscheid des Konkursoder Nachlassrichters der Konkursoder Nachlassrichterin im Sinne von Art. 74 Abs. 2 lit. d BGG.

Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer

Die Gerichtsschreiberin:

versandt am:

lic. iur. S. Bohli Roth

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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