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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Zusammenfassung des Urteils PS160187: Obergericht des Kantons Zürich

Das Obergericht des Kantons Zürich hat in einem Fall betreffend Pfändung eine Entscheidung getroffen. Die Schuldnerin wurde wegen Betrugs und Veruntreuung verurteilt, und es ging um die Pfändung einer Barschaft von Fr. 300'160.-. Der Kanton Zürich und die Stadt Zürich betrieben die Schuldnerin für verschiedene Forderungen. Die Vorinstanz wies die Beschwerde des Kantons gegen die Pfändung ab. Die Schuldnerin legte daraufhin Beschwerde ein, die jedoch ebenfalls abgewiesen wurde. Der Richter war lic. iur. P. Diggelmann. Die Gerichtskosten betrugen CHF 0. Die verlierende Partei war die Schuldnerin (weiblich), vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X.

Urteilsdetails des Kantongerichts PS160187

Kanton:ZH
Fallnummer:PS160187
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid PS160187 vom 21.12.2016 (ZH)
Datum:21.12.2016
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Pfändung (Beschwerde über ein Betreibungsamt)
Schlagwörter : Schuldner; Schuldnerin; SchKG; Gericht; Vorinstanz; Kanton; Pfändung; Betreibung; Ersatz; Recht; Gericht; Ersatzforderung; Barschaft; Verfahren; Staat; Entscheid; Vermögenswerte; Betreibungsamt; Richter; Obergericht; Parteien; Bundesgericht; Verfahren; Kantons; Gläubiger; Beschluss; Abteilung; Dispositivziffer; Bezirksgericht
Rechtsnorm:Art. 20a KG ;Art. 281 KG ;Art. 30 BV ;Art. 320 ZPO ;Art. 324 ZPO ;Art. 326 ZPO ;Art. 44 KG ;Art. 53 ZPO ;Art. 70 StGB ;Art. 71 StGB ;Art. 90 BGG ;Art. 99 KG ;
Referenz BGE:105 Ia 172; 109 III 11; 115 III 1; 120 III 42; 126 I 97; 134 III 174; 137 I 340; 140 I 326; 142 I 93; 142 III 174; 96 I 321;
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts PS160187

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer als obere kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs

Geschäfts-Nr.: PS160187-O/U

Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. P. Diggelmann, Vorsitzender, Oberrichter Dr. P. Higi und Ersatzrichter lic. iur. A. Huizinga sowie Gerichtsschreiber MLaw P. Klaus

Urteil vom 21. Dezember 2016

in Sachen

A. ,

Schuldnerin, Beschwerdegegnerin 2 und Beschwerdeführerin (vor Obergericht), vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X. ,

gegen

  1. Staat und Stadt Zürich,

    Gläubiger und Beschwerdegegner 1 (vor Obergericht),

  2. Kanton Zürich,

Dritter, Beschwerdeführer und Beschwerdegegner 2 (vor Obergericht),

  1. vertreten durch Steueramt der Stadt Zürich,

  2. vertreten durch Zentrale Inkassostelle der Gerichte,

betreffend Pfändung Nr. 1

(Beschwerde über das Betreibungsamt Zürich ...)

Beschwerde gegen einen Beschluss der 1. Abteilung des Bezirksgerichtes Zürich vom 26. September 2016 (CB160081)

Erwägungen:

I.
  1. Mit Verfügung vom 17. Oktober 2008 beschlagnahmte die Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl eine Barschaft von Fr. 300'160.- der Schuldnerin, Beschwerdegegnerin 2 und vor Obergericht - Beschwerdeführerin (fortan Schuldnerin). Mit Urteil vom 16. Mai 2014 verurteilte das Obergerichts des Kantons Zürich die Schuldnerin wegen gewerbsmässigen Betrugs, qualifizierter Veruntreuung sowie mehrfacher Urkundenfälschung und hielt die Beschlagnahme der Barschaft aufrecht (act. 2/1 S. 2; act. 14/2 S. 111 sowie act. 14/3 S. 2). Nach Darstellung der Schuldnerin bildet der beschlagnahmte Betrag den ihr gehörenden Erlös aus dem Verkauf einer Eigentumswohnung in [Ort] (act. 28 S. 3; act. 35 S. 3). Der Kanton Zürich (Dritter, Beschwerdeführer und vor Obergericht - Beschwerdegegner 2; fortan der Kanton) betrieb die Schuldnerin mit Zahlungsbefehl vom 18. Mai 2015 (act. 2/2) für eine Forderung von insgesamt Fr. 751'950.50. Forderungsgrund ist die Ersatzforderung aus dem obergerichtlichen Strafurteil (act. 2/1;

    act. 14/2 sowie act. 37/3, insbes. Dispositivziffer 7, S. 111) sowie eine Forderung aus dem diesem Urteil vorangegangenen Entscheid des Bezirksgerichts Zürich vom 1. November 2012 (act. 2/2; act. 37/4).

  2. Rund einen Monat später betrieben auch der Staat und die Stadt Zürich, Gläubiger und vor Obergericht - Beschwerdegegner 1 (fortan Gläubiger), die Schuldnerin mit Zahlungsbefehlen vom 17. Juni 2015 für die Staatsund Gemeindesteuern 2006 bzw. 2007 (act. 4/2 sowie act. 4/7 f.). Nach durchgeführtem Rechtsöffnungsverfahren stellten die Gläubiger am 9. Mai 2016 in beiden Betreibungen das Fortsetzungsbegehren (act. 4/4 sowie insbes. act. 4/7 f.). Am 17. Mai 2016 pfändete das zuständige Betreibungsamt (Stadtammannund Betreibungsamt Zürich ...) unter der Pfändungsnummer 1 u.a. die beschlagnahmte Barschaft von Fr. 300'160.- und machte der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl davon am

18. Mai 2016 Anzeige im Sinne von Art.99 SchKG (act. 2/3). Die Staatsanwaltschaft leitete die Anzeige dem Kanton, vertreten durch die Zentrale Inkassostelle der Gerichte, zu (act. 1 S. 2; act. 34 S. 2).

  1. Mit Eingabe vom 30. Mai 2016 erhob der Kanton eine betreibungsrechtliche Beschwerde an das Bezirksgericht Zürich als untere kantonale Aufsichtsbehörde in Betreibungssachen (fortan Vorinstanz) und beantragte, dass die Pfändung der beschlagnahmten Barschaft von Fr. 300'160.aufzuheben sei (act. 1 S. 2). Die Vorinstanz zog sodann von Amtes wegen die Betreibungsakten bei (act. 3 sowie act. 4/1-8) und setzte den Parteien sowie dem Betreibungsamt am 10. Juni 2016 anschliessend Frist zur Stellungnahme bzw. zur Vernehmlassung (act. 5). Nach deren Eingang (act. 7-14) stellte die Vorinstanz die verlangten Eingaben den Beteiligten zur Kenntnisnahme zu (act. 15). Sowohl die Gläubiger (act. 20) als auch der Kanton (act. 23) reichten darauf eine freiwillige Stellungnahme ein, welche den Beteiligten wiederum zur Kenntnis gebracht wurde (act. 21 sowie act. 24). Darauf reagierten die Gläubiger (act. 26) sowie die Schuldnerin (act. 28). Auch diese Eingaben wurden den übrigen Parteien zugestellt (act. 29). Hernach erachtete die Vorinstanz die Sache als spruchreif und wies die Beschwerde des Kantons mit Zirkulationsbeschluss vom 26. September 2016 ab (act. 31 = act. 34 = act. 36). Die Schuldnerin nahm den Entscheid am 28. September 2016 entgegen (act. 32/3).

  2. Gegen den Beschluss der Vorinstanz erhob die Schuldnerin mit Eingabe vom 6. Oktober 2016 rechtzeitig Beschwerde und stellt folgende Anträge (act. 35 S. 2):

    1. Es sei der angefochtene Beschluss vollumfänglich aufzuheben.

    1. Es sei auf die Betreibungsbeschwerde nicht einzutreten.

    2. Es sei die Sache an die von der Beschwerdeinstanz zu bezeichnende, für das ganze erstinstanzliche Verfahren zuständige Erstinstanz bzw. Abteilung des Bezirksgerichtes Zürich zurückzuweisen.

    3. Eventuell sei die Pfändung der Barschaft von CHF 300'160.gemäss Anzeige der Pfändung einer Forderung vom 18. Mai 2016 in der Betreibung Nr. , Pfändungs Nr. 1 des Betreibungsamtes Zürich ... aufzuheben und es sei diese Barschaft aus der Pfändung zu entlassen.

5. Die Akten der Vorinstanz sind beigezogen (act. 1-32). Es kann davon abgesehen werden, Vernehmlassungen und Stellungnahmen zur Sache einzuholen

(Art. 20a Abs. 3 SchKG i.V.m. § 18 EG SchKG i.V.m. § 84 GOG i.V.m. Art. 322 sowie Art. 324 ZPO). Die Sache ist spruchreif.

II.
  1. Zur Begründung ihres Entscheids führte die Vorinstanz im Wesentlichen aus, dass es sich bei der beschlagnahmten Barschaft um eine Beschlagnahme im Sinne von Art. 71 Abs. 3 StGB zur Deckung der im Strafurteil vom 16. Mai 2014 festgelegten Ersatzforderung des Staates (Art. 71 Abs. 1 StGB) handle. Für diese Ersatzforderung gelte das Vollstreckungsprivileg nach Art. 44 SchKG nicht. Vielmehr habe das Bundesgericht im Entscheid BGE 142 III 174 unlängst entschieden, dass bereits i.S.v. Art. 71 Abs. 3 StGB beschlagnahmte Vermögenswerte in einem (von der Ersatzforderung unabhängigen) Betreibungsverfahren gepfändet werden können. Der Staat nehme an dieser Pfändung in Analogie zu Art. 281 SchKG von Gesetzes wegen provisorisch teil. Das Betreibungsamt habe daher rechtmässig gehandelt, als es die beschlagnahmte Barschaft von Fr. 300'160.auf betreibungsrechtlichem Wege pfändete (act. 34 S. 7-10).

  2. Auf den Weiterzug einer betreibungsrechtlichen Aufsichtsbeschwerde an eine obere kantonale Aufsichtsinstanz sind nebst Art. 20a Abs. 2 SchKG gestützt auf Art. 20a Abs. 3 SchKG i.V.m. § 18 EG SchKG und §§ 83 f. GOG sinngemäss die Art. 319 ff. ZPO als kantonales Recht anwendbar (vgl. dazu JentSørensen, Das kantonale Verfahren nach Art. 20a Abs. 3 SchKG: ein Relikt und die Möglichkeit einer Vereinheitlichung, BlSchKG 2013 89 ff., S. 103, sowie ZR 110/2011 Nr. 78, S. 244). Mit der Beschwerde können (a) die unrichtige Rechtsanwendung und/oder (b) die offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhalts geltend gemacht werden (Art. 320 ZPO).

    3.

      1. Die Schuldnerin macht zunächst eine Verletzung der Garantie des verfassungsmässigen Richters geltend. Bis zum angefochtenen Beschluss sei stets die

  3. Abteilung des Bezirksgerichts zuständig gewesen. Entschieden habe indes die

1. Abteilung. Es könne nicht sein, dass eine Gerichtsabteilung ein ganzes Verfahren führe und das Dossier für den Entscheid ohne ersichtlichen Grund einer anderen Abteilung zuteilen würde (act. 35 S. 4 f.). Die Kritik der Schuldnerin ist unbegründet. Art. 30 Abs. 1 BV, auf den die Schuldnerin anspielt, garantiert den Anspruch auf einen unbefangenen, unvoreingenommenen und unparteiischen Richter (vgl. statt vieler BGE 140 I 326, E. 5.1; 139 III 433, E. 2.1.2 137 I 340,

E. 2.2.1, jeweils mit zahlreichen Hinweisen). Die Schuldnerin macht zu Recht nicht geltend, dass der entscheidende Spruchkörper der Vorinstanz diesen Anforderungen nicht genüge. Sie macht auch keinen Ablehnungsgrund gegen die urteilenden Richter geltend.

    1. Es gibt weiter keinen Parteianspruch auf bestimmte Zusammensetzung des Gerichts darauf, dass der einmal besetzte Spruchkörper nicht mehr ge-

      wechselt wird (BGE 137 I 340, E. 2.2.1 m.w.H; BGer, 5A_429/2011 vom 9. August

      2011, E. 3.2; 6P.102/2005 vom 26. Juni 2006, E. 2.2 a.E. sowie zuletzt BGer, 4A_474/2015 vom 19. April 2016, E. 2.2.1 m.w.H.). Ein gewisses Ermessen bei der Besetzung ist der Behörde zuzugestehen (BGE 105 Ia 172, E. 5b; 137 I 340,

      E. 2.2.1; vgl. dazu eingehend Kiener, Richterliche Unabhängigkeit, Bern 2001,

      S. 376 ff.). Nach der älteren Rechtsprechung des Bundesgerichts haben die Parteien indes ein Anrecht darauf, dass stets ein Gerichtsmitglied urteilt, das von den Parteivorbringen und vom Beweisverfahren Kenntnis hat. Entscheidend ist dabei, dass neu mitwirkenden Gerichtsmitgliedern der gesamte Prozessstoff durch Aktenstudium zugänglich gemacht wird (BGE 96 I 321, E. 2a; 117 Ia 133, E. 1e; vgl. auch BGer, 5A_429/2011 vom 9. August 2011, E. 3.2 m.w.H.). Die Vorinstanz führte ein rein schriftliches Verfahren (act. 1-32). Der Umfang der vorinstanzlichen Akten ist gering und überschaubar. Der gesamte Prozessstoff war den entscheidenden Gerichtsmitgliedern damit zugänglich, womit der nach wie vor geltende Grundsatz der informierten Richterschaft gewahrt ist.

    2. Nach neueren Urteilen eingeleitet durch den Bundesgerichtsentscheid 1P.645/1998 vom 8. Juni 1999 (zit. in: ZBl 101/2000, S. 605 ff.) kann Art. 30 Abs. 1 BV dann auch verletzt sein, wenn sich die Zusammensetzung des Spruch-

      körpers im Verlauf des Verfahrens ohne hinreichenden sachlichen Grund ändert (BGE 142 I 93, E. 8.2 m.w.H.; 137 I 340, E. 2.2.1; BGer, 4A_474/2015 vom

      19. April 2016, E. 2.2.1 mit zahlreichen Hinweisen; vgl. auch BGer, 5A_429/2011 vom 9. August 2011, E. 3.2 4A_271/2015 vom 29. September 2015, E. 6.2 6P.102/2005 vom 26. Juni 2006, E. 2.2). Das Gericht hat dabei jeweils von sich aus auf beabsichtigte Auswechslungen in der Gerichtsbesetzung und auf die Gründe dafür hinzuweisen, ansonsten es das rechtliche Gehör verletzt. Damit soll den Parteien ermöglicht werden, die Sachlichkeit der Auswechslungsgründe substantiiert zu bestreiten (vgl. insbes. BGE 142 I 93, E. 8.2 sowie BGer, 4A_474/2015 vom 19. April 2016, E. 2.2.1). Die Vorinstanz kündigte die Änderung des Spruchkörpers weder an noch legte sie die Gründe für den Wechsel dar

      (act. 34 S. 2 ff.). Dies beanstandet die anwaltlich vertretene Schuldnerin aber nicht, sondern begnügt sich mit dem pauschalen Hinweis, dass eine willkürliche Zuteilung an einen zufällig vorbeilaufenden anderen Richter nicht angehen kön- ne (act. 35 S. 4 f.). Einen ihr daraus entstehenden Nachteil legt sie mit keinem Wort dar. Ablehnungsgründe gegen die entscheidende Richterschaft macht sie

      • wie bereits erwähnt (vgl. Ziff. II./3.1) auch keine geltend. Mangels ausreichender Rüge ist das Argument deshalb nicht weiter zu beachten. Ergänzend sei indes angefügt, dass der Schuldnerin auch bei hinreichender Begründung kein Erfolg beschieden wäre:

    3. Es bestehen keine Anzeichen für einen unsachlichen Wechsel in der Gerichtsbesetzung. Der Beschluss (act. 5) und die Verfügungen (act. 15; act. 21; act. 24) der 3. Abteilung der Vorinstanz beschränkten sich (i) auf die Einholung von Stellungnahmen und Vernehmlassungen und (ii) auf die Zustellung der eingegangenen Dokumente an die Verfahrensbeteiligten. Es handelt sich dabei um standardisierte Akte der Prozessleitung, mithin um blosse Verfahrensverwaltung. Bis zum angefochtenen Beschluss vom 26. September 2016 (act. 34) setzte sich die Vorinstanz mit der Sache nicht ansatzweise auseinander. Sie hatte auch keinen Grund dazu. Es ginge zu weit, die bundesgerichtliche Rechtsprechung über die Informationsobliegenheit der entscheidenden Behörden (vgl. Ziff. II./3.3; BGE 142 I 93, E. 8.2 sowie BGer, 4A_474/2015 vom 19. April 2016, E. 2.2.1 m.w.H.)

auch bei absolut austauschbaren Prozessleitungshandlungen im Vorfeld des Sachentscheids anzuwenden. Es ist schlicht irrelevant, ob Richter X Richter Y den Parteien Frist zur Stellungnahme ansetzt und die erfolgten Eingaben anschliessend den übrigen Verfahrensbeteiligten zur Kenntnisnahme zustellt. Hintergrund der neueren Rechtsprechung zum nachträglichen Spruchkörperwechsel bildet die Leitidee, dass Art. 30 Abs. 1 BV die gehörige Besetzung des Gerichts gewährleisten soll und deshalb verbietet, dass durch gezielte Auswahl der mitwirkenden Richter im Einzelfall auf die Rechtsprechung Einfluss genommen wird (BGE 137 I 340, E. 2.2.1 m.w.H.; 105 Ia 172, E. 5b a.E.; BGer, 6P.102/2005 vom

26. Juni 2006, E. 2.1; siehe ferner Kiener, a.a.O., S. 310 f. sowie S. 376 ff. und

Bandli, Zur Spruchkörperbildung an Gerichten: Vorausbestimmung als Fairnessgarantin, in: Bundesamt für Justiz [Hrsg.], Aus der Werkstatt des Rechts, FS Heinrich Koller, S. 210). Davon kann indes vorliegend keine Rede sein, da es keine Rolle spielen kann, wer beim Erlass von Standardverfügungen entscheidet. Genauso wie die Gerichte nicht gehalten sind, den Parteien die personelle Spruchkörperbesetzung bei einer Direkterledigung zu erläutern, verhält es sich mangels einer relevanten Änderung in der Zusammensetzung im vorliegenden Fall.

4. Weiter macht die Schuldnerin sinngemäss eine Verletzung ihres rechtlichen Gehörs geltend (Art. 53 Abs. 1 ZPO), indem sie argumentiert, dass über ihren Verfahrensantrag (act. 12 S. 2) formell nicht entschieden worden sei (act. 35

S. 5). Der Antrag der Schuldnerin deckt sich inhaltlich mit dem Rechtsbegehren des Kantons. Beide ersuchten darum, die Pfändung der bereits beschlagnahmten Barschaft von Fr. 300'160.aufzuheben (act. 1 S. 2; act. 12 S. 2). Genau darüber hat die Vorinstanz in der ersten Dispositivziffer des angefochtenen Beschlusses entschieden (act. 34 S. 10). Es ist nicht einzusehen, inwiefern damit nicht auch über den Antrag der Schuldnerin materiell mitentschieden worden sein soll soweit ein entsprechender Entscheid überhaupt nötig gewesen wäre: Es war nämlich der Kanton, der vor der Vorinstanz als Beschwerdeführer auftrat und nicht die Schuldnerin (vgl. act. 1 ff.). Die Schuldnerin wurde von der Vorinstanz zur Wahrung des rechtlichen Gehörs und in Anwendung von Art. 20a Abs. 3 SchKG i.V.m.

§ 18 EG SchKG i.V.m. § 83 Abs. 2 GOG als weitere Verfahrensbeteiligte zur Vernehmlassung eingeladen. Das macht sie nicht zu einer beschwerdeführenden

Partei, über deren Antrag separat zu entscheiden gewesen wäre (statt vieler: BSK SchKG I-Cometta/Möckli, 2. Aufl. 2010, Art. 17 N 48 KuKo SchKG, 2. Aufl. 2014, Art. 20a N 21a; siehe ferner Hauser/Schweri/Lieber, Kommentar zum zürcherischen Gerichtsorganisationsgesetz, Zürich 2012, § 83 N 17 f.). Das Argument der Schuldnerin ist nicht stichhaltig.

5.

    1. Die Schuldnerin stellt sodann in Abrede, dass es sich bei der Pfändungsanzeige vom 18. Mai 2016 um eine anfechtbare Verfügung handle und verlangt, dass auf die Beschwerde deshalb nicht einzutreten sei. Selbst die Vorinstanz habe darauf hingewiesen, dass Anzeigen im Sinne von Art. 99 SchKG nicht anfechtbare Sicherungsmassnahmen seien (act. 35 S. 5 f.). Tatsächlich erwähnt dies die Vorinstanz in ihrem Entscheid, erklärt aber gleichzeitig, dass sich die Beschwerde nicht gegen die Anzeige, sondern gegen die Pfändung an sich richte (act. 34 S. 4).

    2. Der Nichteintretensantrag der Beschwerdeführerin ist neu und als solcher im zweitinstanzlichen Beschwerdeverfahren ausgeschlossen (§ 84 GOG i.V.m. Art. 326 ZPO; vgl. auch Jent-Sørensen, a.a.O., S. 103 f.). Es erübrigen sich weitere Ausführungen dazu. Ergänzend sei dennoch erwähnt, dass das zuständige Betreibungsamt dem Kanton mit dem fraglichen Dokument anzeigte, dass die Barschaft von Fr. 300'160.gepfändet worden sei (act. 2/3). Es ist nicht einzusehen, inwiefern es sich dabei um keine anfechtbare Verfügung handeln soll. Auch das Bundesgericht geht davon aus, dass eine solche Pfändung bzw. Pfändungsanzeige vom Adressaten bei gegebenem Interesse angefochten werden kann (BGer, 5A_204/2015 vom 15. Januar 2016, E. 1.2; 5A_868/2011 vom 21. Mai

2012, E. 1 m.w.H.; 7B.41/2004 vom 17. Mai 2004, E. 2; vgl. auch BGE 109 III 11,

E. 2 [= Pra 72/1983 Nr. 215] und BGE 120 III 42, E. 3). Dieses ist beim Kanton, der sich die bereits strafrechtlich beschlagnahmten Vermögenswerte nicht von einem Drittgläubiger wegpfänden lassen möchte, zweifellos gegeben. Dass die Schuldnerin nach gehöriger Zustellung der Pfändungsurkunde (act. 37/2) wie sie selber ausführt (act. 35 S. 6) - nunmehr gehalten bzw. versucht sein könnte,

dieselbe Frage in einem eigenen Beschwerdeverfahren erneut zur Debatte zu stellen, ist hinzunehmen. Es ändert jedoch nichts an der Anfechtbarkeit der Anzeige aus der Stellung des Kantons.

6.

    1. In der Sache hält die Schuldnerin weiterhin daran fest, dass es sich bei der beschlagnahmten Barschaft um einen Fall von Art. 44 SchKG handle. Einer Pfän- dung des Betrags zu Gunsten eines Drittgläubigers sei damit der Boden entzogen. Das Strafgericht habe am 16. Mai 2014 abschliessend über die Verteilung der beschlagnahmten Vermögenswerte entschieden. Der Hinweis auf BGE 142 III 174 sei nicht zielführend. Die vorinstanzliche Argumentation setze Art. 44 SchKG letztlich ausser Kraft und sei milde ausgedrückt fragwürdig (act. 35 S. 7-11).

    2. Die Ausführungen der Schuldnerin vermögen nichts am zutreffenden Entscheid der Vorinstanz zu ändern. So ist zunächst festzustellen, dass sämtliche Ausführungen (act. 35 S. 8-9) zu den neu eingereichten Erwägungen aus dem Strafverfahren gegen die Schuldnerin (act. 37/3 f.) als neue Tatsachen und Beweismittel im Verfahren vor der oberen kantonalen Aufsichtsbehörde ausgeschlossen sind und nicht berücksichtigt werden dürfen (vgl. § 84 GOG i.V.m. Art. 326 ZPO; Jent-Sørensen, a.a.O., S. 103 f.; vgl. auch BGer, 5A_605/2011 vom 8. November 2011, E. 3.2).

    3. Zutreffend erkannte die Vorinstanz, dass das Bundesgericht mit BGE 142 III 174 entschied, i.S.v. Art. 71 Abs. 3 StGB beschlagnahmte Vermögenswerte könnten im Rahmen einer Drittbetreibung gepfändet werden (act. 34 S. 8-10). Der Staat, der die Vermögenswerte bereits zuvor strafrechtlich beschlagnahmt hatte, nimmt in Analogie zu Art. 281 Abs. 1 SchKG von Rechts wegen provisorisch an der Pfändung teil. Der provisorische Pfändungsanschluss aus dem Schuldbetreibungsrecht (Art. 281 Abs. 1 SchKG analog) löst den strafrechtlichen Beschlag (Art. 71 Abs. 3 StGB) automatisch ab (BGE 134 III 174, E. 3.4 [= SJ 2016 157 ff.,

      S. 160]: Tale misura di diritto dell'esecuzione e del fallimento subentra al se-

      questro dell'art. 71 cpv. 3 CP.).

    4. Hintergrund der neuesten bundesgerichtlichen Rechtsprechung bilden folgende Überlegungen, auf die auch schon die Vorinstanz zutreffend hinwies

      (act. 34 S. 7 ff.): Grundsätzlich sind öffentlich-rechtliche Forderungen nach dem SchKG zu vollstrecken und sind gegenüber privatrechtlichen Forderungen nicht privilegiert (statt vieler: BGE 115 III 1, E. 3; 120 III 20, E. 2 m.w.H. BGer,

      7B.29/2005 vom 20. April 2005, E. 1.1). Art. 44 SchKG schränkt diesen Grundsatz

      durch einen Vorbehalt ein: Mit strafrechtlichem Beschlag belegte Vermögenswerte sind nach den entsprechenden Gesetzesbestimmungen (und nicht nach dem SchKG) zu verwerten. Das Vollstreckungsprivileg bezieht sich insbesondere auf die Einziehung von Vermögenswerten nach Art. 70 Abs. 1 StGB, d.h. auf die Einziehung von direkt aus der Straftat stammenden Originalwerten oder deren Surrogaten, sofern sie noch vorhanden sind (BGE 126 I 97, E. 3d/dd; BGer, 5A_893/2010 vom 5. Mai 2011, E. 2.2. m.w.H.; BSK SchKG I-Acocella, 2. Aufl. 2010, Art. 44 N 3 m.w.H.). Sind diese Vermögenswerte nicht mehr vorhanden, so erkennt das Gericht auf eine Ersatzforderung in der gleichen Höhe (Art. 71 Abs. 1 StGB). Aufgrund der besonderen gesetzlichen Anordnung in Art. 71 Abs. 3 Satz 2 StGB fallen die Ersatzforderungen nicht unter den Vorbehalt nach Art. 44 SchKG und sind deshalb auf dem ordentlichen Betreibungsweg durchzusetzen. Es gibt keinen Anspruch zu Gunsten des Staates, bei der Zwangsvollstreckung einer Ersatzforderung vorweg befriedigt zu werden (BGE 142 III 174, E. 3.1.1. mit zahlreichen Rechtsprechungsund Literaturhinweisen; 141 IV 360, E. 3.2 [= Pra 105/2016 Nr. 19]; vgl. ferner BGer, 1B_114/2015 vom 1. Juli 2015, E. 4.4.1

      m.w.H. 6B_694/2009 vom 22. April 2010, E. 1.4.2 [für das alte Recht]; BSK

      SchKG I-Acocella, a.a.O., Art. 44 N 3).

    5. Die Beschlagnahme nach Art. 71 Abs. 3 StGB ist eine vorläufige Sicherungsmassnahme, die zu verhindern bezweckt, dass der Schuldner der Ersatzforderung gläubigerschädigend über seine Vermögenswerte verfügt. Damit gewährleistet sie, dass die Ersatzforderung wirksam durchgesetzt werden kann (BBl 1993 III 277 ff., S. 305). Der Beschlag nach Art. 71 Abs. 3 StGB ist so lange aufrecht zu erhalten, bis er durch eine Massnahme des Schuldbetreibungsrechts

      • hier durch den provisorischen Pfändungsanschluss von Rechts wegen im Be-

      treibungsverfahren eines Drittgläubigers (vgl. Ziff. II./6.3) abgelöst wird (BGE

      142 III 174, E. 3.1.2 sowie E. 3.4; 141 IV 360, E. 3.2 m.w.H.; 140 IV 57, E. 4.1.2;

      siehe ferner BGer, 6B_326/2011 vom 14. Februar 2011, E. 2.1). Auf diese Weise ist die Durchsetzung der Ersatzforderung ohne ein verpöntes Vollstreckungsprivileg des Staates sichergestellt (vgl. Ziff. II./6.4; BGE 142 III 174, E. 3.4 f.; siehe ferner treffend act. 10 S. 6-8).

    6. Sowohl der Kanton (act. 1 S. 3; act. 23 S. 6), als auch die Gläubiger

      (act. 10 S. 5; act. 20 S. 8), das zuständige Betreibungsamt (act. 8 S. 2) und die Vorinstanz (act. 34 S. 8 ff.) gehen zutreffend davon aus, dass die Schuldnerin in Dispositivziffer 7 des obergerichtlichen Urteils vom 16. Mai 2014 zur Bezahlung einer Ersatzforderung von Fr. 700'000.i.S.v. Art. 71 Abs. 1 StGB verurteilt wurde (act. 14/2 S. 111: Die Beschuldigte wird verpflichtet, dem Staat nach Eintritt der Rechtskraft als Ersatz für nicht mehr vorhandenen, widerrechtlich erlangten Vermögensvorteil Fr. 700'000.zu bezahlen. Die Kasse des Bezirksgerichts Zürich wird angewiesen, die Ersatzforderung gegen die Beschuldigte [...].). Die Ersatzforderung wird in der nachfolgenden Dispositivziffer 8 mittels Beschlagnahme der Barschaft von Fr. 300'160.i.S.v. Art. 71 Abs. 3 StGB teilweise sichergestellt

      (act. 2/1 S. 2; act. 14/2 S. 111). Nichts anderes geht aus den vor der Kammer erstmals eingereichten - und grundsätzlich nicht zu berücksichtigenden (vgl. Ziff. II./6.1) - Urteilserwägungen hervor (act. 37/3 S. 105-107; act. 37/4 S. 159,

      S. 161 sowie insbes. S. 163-165). Angesichts der Rechtsprechung in BGE 142 III 174 erweist sich die Pfändung der beschlagnahmten Barschaft als rechtmässig, was auch die Vorinstanz zutreffend festhielt (act. 34 S. 10). Aufgrund der klaren Dispositivformulierung scheidet eine Privilegierung des Kantons nach Art. 44 SchKG, wie die Schuldnerin dafür hält (act.35 S. 7 ff.), aus. Das Vorgehen des Betreibungsamts war zulässig. Der Entscheid der Vorinstanz ist nicht zu beanstanden und die Beschwerde ist damit abzuweisen.

    7. Daran vermögen auch die Ausführungen der Schuldnerin, wonach die Strafgerichte bereits abschliessend über die Verteilung der beschlagnahmten Vermögenswerte entschieden hätten (act. 35 S. 7 ff.), nichts zu ändern. Die Vorinstanz hat dazu unter Bezugnahme auf Dispositivziffer 9 des Strafurteils

(act. 14/2 S. 112) bereits zutreffende Erwägungen gemacht (act. 34 S. 9). In der

fraglichen Ziffer hält das Gericht u.a. fest, dass über die Verwendung des auf die Ersatzforderung über Fr. 700'000.entfallenden Erlöses nach rechtskräftiger Erledigung des Zivilprozesses in Sachen B. AG gegen die Schuldnerin in einem separaten Verfahren zu entscheiden sein werde. Wie der Kanton diesen Erlös zu erzielen hat, regelt Dispositivziffer 9 nicht. Insbesondere verbietet die Dispositivziffer nicht, dass die beschlagnahmte Barschaft in einem unabhängigen Betreibungsverfahren gepfändet wird. An ebendieser Pfändung nimmt der Kanton, wie dargelegt, nun provisorisch teil und erzielt auf diese Weise den Erlös aus der Ersatzforderung. Es ist entgegen der Darstellung der Schuldnerin (act. 35 S. 7 ff.) nicht einzusehen, inwiefern die Strafbehörden mit der fraglichen Ziffer bereits abschliessend über die Verteilung der beschlagnahmten Vermögenswerte entschieden haben soll.

III.

Das Beschwerdeverfahren ist kostenlos (Art. 20a Abs. 2 Ziff. 5 SchKG sowie

Art. 61 Abs. 2 GebV SchKG). Parteientschädigungen dürfen in diesem Verfahren nicht zugesprochen werden (Art. 62 Abs. 2 GebV SchKG).

Es wird erkannt:

  1. Die Beschwerde wird abgewiesen.

  2. Es werden keine Kosten erhoben.

  3. Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.

  4. Schriftliche Mitteilung an die Parteien, unter Rücksendung der erstinstanzlichen Akten an das Bezirksgericht Zürich, 1. Abteilung, sowie an das Stadtammannund Betreibungsamt Zürich ..., je gegen Empfangsschein.

    Die erstinstanzlichen Akten gehen nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist an die Vorinstanz zurück.

  5. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 10 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.

Es handelt sich um einen Entscheid der kantonalen Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungsund Konkurssachen im Sinne von Art. 74 Abs. 2 lit. c BGG.

Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer Der Gerichtsschreiber:

MLaw P. Klaus versandt am:

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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