Zusammenfassung des Urteils PS150126: Obergericht des Kantons Zürich
Das Obergericht des Kantons Zürich hat in einem Fall betreffend Konkurseröffnung entschieden, dass ein Verein nicht ohne Beschluss der Mitgliederversammlung zahlungsunfähig erklärt werden kann. Der Beschwerdeführer hatte versucht, den Verein eigenständig aufzulösen und Insolvenz zu erklären, was jedoch den Statuten widersprach. Das Gericht wies die Beschwerde des Vereins ab und legte die Kosten dem Beschwerdeführer auf. Die Richterinnen A. Katzenstein, E. Lichti Aschwanden und M. Stammbach sowie die Gerichtsschreiberin S. Kröger waren an der Entscheidung beteiligt.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | PS150126 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Zivilkammer |
Datum: | 27.07.2015 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Konkurseröffnung (Art. 191 SchKG / Insolvenz) |
Schlagwörter : | Verein; Vereins; Konkurs; SchKG; Auflösung; Vorstand; Entscheid; Mitglied; Insolvenz; Vorinstanz; Vereinsversammlung; Beschluss; Mitglieder; Gericht; Statuten; Zahlungsunfähigkeit; Konkurseröffnung; Verfahren; Beschwerdeführers; Auflösungsbeschluss; Bundesgericht; Oberrichterin; Verfügung; Recht; Insolvenzerklärung; BK-Riemer; Heini/Scherrer |
Rechtsnorm: | Art. 106 ZPO ;Art. 174 KG ;Art. 191 KG ;Art. 194 KG ;Art. 72 ZGB ;Art. 76 ZGB ;Art. 77 ZGB ;Art. 90 BGG ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | - |
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: PS150126-O/U
Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. A. Katzenstein, Vorsitzende, Oberrichterin lic. iur. E. Lichti Aschwanden und Oberrichterin lic. iur. M. Stammbach sowie Gerichtsschreiberin lic. iur. S. Kröger
in Sachen
Verein A. ,
Gesuchsteller und Beschwerdeführer,
betreffend Konkurseröffnung
(Art. 191 SchKG / Insolvenz)
Beschwerde gegen eine Verfügung des Einzelgerichtes im summarischen Verfahren des Bezirksgerichtes Dietikon vom 3. Juli 2015 (EK150243)
Mit Schreiben vom 6. Mai 2015 erklärte der Vorstand des Beschwerdeführers beim Einzelgericht im summarischen Verfahren des Bezirksgerichtes Dietikon (Vorinstanz) die Insolvenz des Beschwerdeführers (act. 7/1).
Mit Verfügung vom 3. Juli 2015 erwog die Vorinstanz, der Beschwerdeführer sei mit demselben Begehren bereits im Verfahren EK150155 an das Gericht gelangt. Nach Ansetzung einer Nachfrist zur Einreichung des fehlenden Auflösungsbeschlusses der Vereinsversammlung sei mangels Vollständigkeit der Unterlagen nicht darauf eingetreten worden. Nun habe der Beschwerdeführer mit seinem Begehren zwar ein Protokoll der Vorstandssitzung eingereicht, mit welchem der Beschluss, den Verein aufzulösen und beim Konkursamt die Insolvenz zu erklären, einstimmig angenommen worden sei. Gemäss den Statuten des Beschwerdeführers könne eine Auflösung jedoch nur durch Beschluss der Mitgliederversammlung erfolgen. Die Unterlagen würden den Voraussetzungen von Art. 191 SchKG daher erneut nicht genügen, weshalb auf das Konkursbegehren nicht einzutreten sei (act. 3 = act. 6 = act. 7/4).
Mit Eingabe vom 13. Juli 2015 erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig Beschwerde gegen die Verfügung vom 3. Juli 2015 mit dem Antrag, seinem Konkursbegehren sei stattzugeben (act. 2). Die vorinstanzlichen Akten wurden beigezogen (act. 7/1-5). Das Verfahren ist spruchreif.
Für die Konkurseröffnung ohne vorgängige Betreibung nach Art. 190 ff. SchKG, insb. Art. 191 SchKG, gilt Art. 174 SchKG (vgl. Art. 194 Abs. 1 SchKG). Erstinstanzliche Entscheide des Konkursgerichts in diesen Angelegenheiten sind demgemäss mit Beschwerde nach der ZPO anfechtbar. Dabei können die Parteien neue Tatsachen geltend machen, wenn diese vor dem erstinstanzlichen Entscheid eingetreten sind (Art. 174 Abs. 1 SchKG).
Gestützt auf Art. 191 SchKG kann ein Schuldner die Konkurseröffnung beantragen, indem er sich beim Gericht zahlungsunfähig erklärt. Dieses Recht steht
auch einem Verein zu. Die Erklärung der Zahlungsunfähigkeit hat die Auflösung und konkursamtliche Liquidation des Vereins zur Folge. Der Entscheid über die freiwillige Auflösung des Vereins fällt nach Art. 76 ZGB in die Kompetenz der Vereinsversammlung. Sie ist daher auch zuständig für den Beschluss über die Abgabe einer Insolvenzerklärung (vgl. BSK SchKG II-Brunner/Boller, 2. Aufl 2010,
Art. 191 N 13f; BSK ZGB I-Heini/Scherrer, 5. Auf. 2014 Art. 77 N 8; BK-Riemer,
Art. 76-79 N 18 und 20). In der Praxis wird es zwar als zulässig erachtet, dem Vorstand in den Statuten eine selbständige Kompetenz zur Erklärung der Zahlungsunfähigkeit einzuräumen (AJP 2002 S. 1060, 1076; vgl. auch BK-Riemer, Art. 76-79 N 18 sowie vor Art. 64-69 N 15). Eine solche Statutenbestimmung besteht vorliegend jedoch nicht. Wie die Vorinstanz zutreffend festhielt, wird in
Art. 17 der Statuten vielmehr ausdrücklich festgehalten, die Auflösung des Vereins könne durch Beschluss der Mitgliederversammlung erfolgen (vgl. act. 4/6).
Der Beschwerdeführer verweist in seiner Beschwerde auf Art. 77 ZGB (vgl. act. 2). Gemäss dieser Bestimmung erfolgt die Auflösung des Vereins von Gesetzes wegen, wenn der Verein zahlungsunfähig ist. Dies setzt jedoch voraus, dass die Zahlungsunfähigkeit dauerhaft ist und zweifelsfrei feststeht. Bei einem im Handelsregister eingetragenen Verein ist dies der Fall, wenn über ihn der Konkurs eröffnet wird (BGer 5A.589/2008 vom 22. Januar 2010 E. 3.1.). Soll die Konkurseröffnung gestützt auf Art. 191 SchKG erreicht werden, so ist auch hier ein Auflösungsbeschluss der Vereinsversammlung notwendig (BSK ZGB I- Heini/Scherrer, 5. Aufl. 2014 Art. 77 N 8). Der Beschwerdeführer macht ferner geltend, der Vorstand habe die Mitglieder aus dem Verein entlassen. Ausserdem werde der Vereinszweck nicht mehr erfüllt, seit die Krippe am 1. März 2015 an eine andere Organisation weiter gegeben worden sei (act. 2). Auch diese Vorbringen vermögen an den vorstehenden Ausführungen nichts zu ändern. Eine automatische Auflösung des Vereins käme höchstens dann in Betracht, wenn der Zweck des Vereins erreicht (definitiv) unmöglich geworden ist (vgl. BSK ZGB I-Heini/Scherrer, 5. Aufl. 2014, Art. 76 N 2; a.M. BK-Riemer, Art. 76-79 N 61).
Dies ist vorliegend jedenfalls nicht der Fall, wurde die Krippe gemäss Angaben des Beschwerdeführers doch lediglich an eine andere Organisation übertragen (act. 2). Das Vorbringen des Beschwerdeführers, der Vorstand habe sämtliche
Mitglieder aus dem Verein entlassen, ist schliesslich nicht weiter belegt. Ein Ausschluss der Mitglieder hätte (mangels anderweitiger Statutenbestimmung) zudem ebenfalls durch die Vereinsversammlung erfolgen müssen (Art. 72 Abs. 3 ZGB). Von einem Wegfall der Mitglieder, die eine Beschlussfassung verunmöglichen würde, kann daher nicht ausgegangen werden.
Die Einwände des Beschwerdeführers gegen den angefochtenen Entscheid erweisen sich damit als unbegründet. Die Vorinstanz hielt zu Recht fest, die Erklärung der Zahlungsunfähigkeit setze einen Auflösungsbeschluss der Vereinsversammlung voraus, in welchem diese die Zahlungsunfähigkeit festzustellen und die Abgabe der Insolvenzerklärung zu beschliessen hat. Für die Ausführung des Beschlusses ist der Vorstand zuständig, das heisst, ein vertretungsberechtigtes Mitglied des Vorstandes hat die Insolvenzerklärung beim Gericht abzugeben. Dass die Vereinsversammlung einen Auflösungsbeschluss gefällt hätte, macht der Beschwerdeführer auch im Beschwerdeverfahren nicht geltend. Die Beschwerde ist daher abzuweisen.
3. Ausgangsgemäss sind die Kosten des Beschwerdeverfahrens dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 106 Abs. 1 ZPO).
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 300.festgesetzt und dem Beschwerdeführer auferlegt.
Schriftliche Mitteilung an den Beschwerdeführer sowie an die Vorinstanz gegen Empfangsschein.
Die erstinstanzlichen Akten gehen nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist an die Vorinstanz zurück.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.
Es handelt sich um einen Entscheid des Konkursoder Nachlassrichters der Konkursoder Nachlassrichterin im Sinne von Art. 74 Abs. 2 lit. d BGG.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Die Gerichtsschreiberin:
lic. iur. S. Kröger versandt am:
28. Juli 2015
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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