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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:PS110119
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid PS110119 vom 28.07.2011 (ZH)
Datum:28.07.2011
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Festsetzung des Zugehörs
Schlagwörter : Beschwerde; Betreibung; Zugehör; Verfügung; SchKG; Betreibungsamt; Entscheid; Nichtig; Zugehörs; Nichtigkeit; Aufsichtsbehörde; Beschwerdeführerin; Liegenschaft; Festsetzung; Betreibungsamtliche; Sinne; Nichtig; Schuldbetreibung; Konkurs; Schuldbetreibungs; Bezirksgericht; Zuständigkeit; Verfahren; Kantonale; Urteil; Hinwil; Konkurssachen; Beschwerdegegner; Gepfändet; Interesse
Rechtsnorm: Art. 17 KG ; Art. 22 KG ; Art. 250 KG ; Art. 644 ZGB ; Art. 805 ZGB ; Art. 8a KG ; Art. 90 BGG ;
Referenz BGE:113 III 45; 122 I 99; 127 III 115;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
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Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer als obere kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs

Geschäfts-Nr.: PS110119-O/U

Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. A. Katzenstein, Vorsitzende, Oberrichter lic. iur.

P. Diggelmann und Oberrichter lic. iur. P. Hodel sowie Gerichtsschreiberin MLaw A. Schmoker.

Urteil vom 28. Juli 2011

in Sachen

A. AG,

Beschwerdeführerin,

gegen

  1. C. ,
  2. D. ,
  3. E. ,
  4. F. ,

Beschwerdegegner,

Nr. 1 bis 4 vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Y. ,

betreffend Festsetzung des Zugehörs

(Beschwerde über das Betreibungsamt N. )

Beschwerde gegen ein Urteil des Bezirksgerichtes Hinwil vom 6. Juni 2011 (CB110008)

Erwägungen:

  1. Beschwerdeführerin vor der Kammer als obere kantonale Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungsund Konkurssachen ist die A. AG. Sie ist Eigentümerin der Liegenschaft, Kat. Nr. , L. , GB K-Bl. , Lb. (Wohn-/Gasthaus) [vgl. act. 10/2].

  2. Die Beschwerdeführerin ist Schuldnerin einer gekündigten und fälligen Forderung aus einem Namensund drei Inhaberschuldbriefen, welche auf der oben erwähnten Liegenschaft L. lasten, und qua Universalsukzession auf die heutigen Beschwerdegegner übergingen. Am 2008 stellte das Betreibungsamt M. den Zahlungsbefehl für die Betreibung auf Verwertung eines Grundpfandes in der Betreibung Nr. (infolge Zusammenlegung der Betreibungsämter entspricht dies heute Betreibung Nr. ) aus (act. 2/5). Am 26. Februar 2010 stellten die Gläubiger und heutigen Beschwerdegegner das Verwertungsbegehren (act. 2/6).

    Die Liegenschaft L. , auf welcher die Grundpfänder lasten, ist an die B. AG vermietet, gegen welche ihrerseits ein Betreibungsverfahren hängig ist. Im Rahmen dieses Betreibungsverfahrens wurden diverse Gegenstände aus der Liegenschaft (Buffet, Regenerierhaube, Kühltische, Parkplatzbewirtschaftung, UmluftTiefkühlschrank, Teller-Hordengestellwagen, Steamer, Geschirrwaschmaschine, Gas-Heissluftdämpfer, Konsole, Herdanlage, Tiefkühlzellen, vgl. act. 2/4, act. 2/11, act. 10/5, act. 10/18, act. 10/9, act. 10/12) im Gesamtwert von Fr. 220'800.- gepfändet.

    Mit Verfügung vom 19. Januar 2011 in der Betreibung Nr. hielt das Betreibungsamt N. fest, die obgenannten Gegenstände seien nicht als Zugehör zur Liegenschaft L. Kat. Nr. zu betrachten, weshalb sie zugunsten der Pfändungsgläubiger der B. AG gepfändet blieben (act. 10/1). Gegen diese Verfügung betreffend betreibungsamtliche Festsetzung des Zugehörs reichten die heutigen Beschwerdegegner beim Bezirksgericht Hinwil als untere kantonale Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungsund Konkurssachen Beschwerde ein (act. 1). Diese begründeten sie damit, dass den gepfändeten Vermögenswerten

    Zugehörcharakter zu der ihnen verpfändeten Liegenschaft zukomme. Beim Entscheid, ob bestimmte Gegenstände Zugehör im Sinne von Art. 805 Abs. 1 und Art. 644 Abs. 2 ZGB bilden, handle es sich um eine rein materiellrechtliche Frage, welche nur der Richter entscheiden könne. Mit Erlass der Verfügung betreffend betreibungsamtliche Festsetzung des Zugehörs habe das Betreibungsamt seine sachliche Zuständigkeit überschritten, weshalb die Verfügung nichtig sei. Eventualiter sei die Verfügung aufzuheben, da die in der Betreibung der B. AG gepfändeten Gegenstände Zugehör der Liegenschaft bilden würden (act. 1).

    Im Urteil vom 6. Juni 2011 stellte das Bezirksgericht Hinwil als untere kantonale Aufsichtsbehörde fest, wenn die Zugehörseigenschaft bestritten sei, sei dar- über in einem Widerspruchsverfahren nach Art. 106 ff. SchKG zu befinden. Der vom Betreibungsamt vorliegend eingeschlagene Weg, die Zugehör hoheitlich festzulegen, lasse sich nicht mit den vorgesehenen Bestimmungen des Grundpfandverwertungsverfahrens in Einklang bringen, da dem Amt diesbezüglich keine materielle Prüfungsbefugnis zustehe. Die Verfügung betreffend betreibungsamtliche Festsetzung des Zugehörs erweise sich somit als nicht gesetzeskonform im Sinne von Art. 17 Abs. 1 SchKG, weshalb sie aufzuheben sei (act. 14).

    Gegen diesen Entscheid erhob die A. AG als Beschwerdeführerin die heute zu beurteilende Aufsichtsbeschwerde.

  3. Vorab ist von Amtes wegen zu prüfen, ob die Verfügung betreffend betreibungsamtliche Festsetzung des Zugehörs vom 19. Januar 2011 nichtig im Sinne von Art. 22 SchKG ist.

    1. Gemäss Art. 22 SchKG sind Verfügungen nichtig, wenn sie gegen Vorschriften verstossen, die im öffentlichen Interesse oder im Interesse von am Verfahren nicht beteiligten Personen erlassen worden sind. Unabhängig davon, ob Beschwerde geführt worden ist, stellen die Aufsichtsbehörden von Amtes wegen die Nichtigkeit der Verfügung fest. Verfügungen, die nicht gegen Vorschriften verstossen, die im öffentlichen Interesse oder in demjenigen eines unbestimmten Kreises unbeteiligter Dritter aufgestellt wurden, sind demgegenüber allenfalls anfechtbar (BSK SchKG I-Cometta/Möckli, 2. Aufl., 2010, Art. 22 N 7).

      Nichtigkeit, d.h. die absolute Unwirksamkeit einer Verfügung, ist somit grundsätzlich eine Ausnahme. Eine Verfügung wird jedoch immer dann als nichtig erklärt, wenn der ihr anhaftende Mangel besonders schwer und offensichtlich oder zumindest leicht erkennbar ist und zudem die Rechtssicherheit dadurch nicht ernsthaft gefährdet ist (BSK SchKG I-Cometta/Möckli, a.a.O., Art. 22 N 8). Materiellrechtliche Mängel führen nur in seltenen Fällen zur Nichtigkeit eines Entscheides; demgegenüber sind schwerwiegende Verfahrensfehler sowie die qualifizierte Unzuständigkeit der verfügenden Behörde typische Nichtigkeitsgründe (BSK SchKG I-Cometta/Möckli, a.a.O., Art. 22 N 9). Der Nichtigkeit kommt in Schuldbetreibungsund Konkursrecht im Vergleich mit anderen Rechtsgebieten eine grös- sere Bedeutung zu und die Nichtigkeitsfälle sind relativ häufig. Nichtig sind gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung beispielsweise Verfügungen, mit welchen ein Zwangsvollstreckungsorgan seine sachliche Zuständigkeit offensichtlich überschreitet (BGE 122 I 99 E. 3a, BGE 113 III 45 E. 2).

    2. Die Vorinstanz hat in ihrem Urteil das Verwertungsverfahren gemäss

      Art. 151 ff. SchKG unter Hinweis auf die Bestimmungen der Verordnung über die Zwangsverwertung von Grundstücken (VZG) ausführlich dargestellt (act. 17

      S. 5 f.). Auf die richtigen und umfassenden Ausführungen kann verwiesen werden. Ergänzend ist zu bemerken, dass bei Grundpfändern die Pfandhaft alle Bestandteile und die Zugehör umfasst (Art. 805 Abs. 1 ZGB). Die Vollstreckungsbehörden haben sie im Lastenverzeichnis als von der Pfandhaft mitumfasst aufzuführen (BSK SchKG I-Känzig/Bernheim, 2. Aufl., 2010, Art. 151 N 55). Die Entscheidung, was als Zugehör zu qualifizieren und im Lastenverzeichnis aufzufüh- ren ist, wird allenfalls dadurch erleichtert, dass Zugehör teilweise im Grundbuch angemerkt ist (Art. 805 Abs. 2 ZGB). In der Pfändungsurkunde wird nur die Zugehör, die im Grundbuch eingetragen ist, oder deren Eigenschaft als Zugehör zu Zweifel Anlass geben könnte, einzeln aufgeführt und geschätzt (Art. 11 Abs. 1 und 2 VZG). Streitigkeiten über die Bestandteilsoder Zugehöreigenschaft werden im Lastenbereinigungsverfahren ausgetragen (Art. 11 Abs. 4 VZG i.V.m. Art. 102 und Art. 33 ff. VZG). Ist ein Gläubiger mit dem Entscheid der Vollstreckungsbehörden über die Benennung der Zugehör im Lastenverzeichnis nicht einverstanden und möchte er diesen anfechten, hat er innert der vom Betreibungsamt

      auf seine Beschwerde hin angesetzten Frist eine Kollokationsklage nach Art. 250 SchKG [resp. im Verfahren um Betreibung auf Pfandverwertung ein Widerspruchsverfahren gemäss Art. 106 ff. SchKG] anzuheben (vgl. Art. 38 VZG i.V.m. 102 VZG; BSK SchKG I-Känzig/Bernheim, 2. Aufl., 2010, Art. 151 N 34).

      Vorliegend hat das Betreibungsamt in seiner Verfügung vom 19. Januar 2011 hoheitlich entschieden, einzelne sich in der Liegenschaft L. befindliche Gegenstände nicht als Zugehör des Grundpfandes zu qualifizieren. Der Entscheid stellt die Eigentümerschaft der einzelnen Gegenstände fest und regelt damit eine offene materielle Frage, nämlich, ob ein Drittanspruch vorliegt. Das Betreibungsamt kann diese Frage jedoch nicht prüfen und abschliessend entscheiden. Das Betreibungsamt kann sich - wie dies bereits die Vorinstanz zutreffend ausführte - höchstens vor Erstellung des Lastenverzeichnisses vorab kundig machen, ob bezüglich der Zugehörseigenschaft einer Sache unterschiedliche Ansichten bestehen. Ist dies der Fall, ist das gesetzlich vorgesehene Widerspruchsverfahren durchzuführen. Die Feststellung der Eigentümereigenschaft fällt dann auch grundsätzlich nicht in die Zuständigkeit der Aufsichtsbehörden, sondern ist

      - wie oben ausgeführt - zum Gegenstand eines Widerspruchsprozesses zu machen (vgl. BSK SchKG I-Känzig/Bernheim, a.a.O., Art. 153 N 9a; Gasser, in ZBJV 2002 S. 271 zu BGE 127 III 115).

    3. Das Betreibungsamt hat mit dem Erlass der Verfügung vom 19. Januar 2011 betreffend betreibungsamtliche Festsetzung des Zugehörs seine sachliche Zuständigkeit offensichtlich überschritten, mithin ist die Verfügung im Sinne von Art. 22 SchKG nichtig.

    1. Der Entscheid über die Feststellung der Nichtigkeit hat nur deklaratorische Bedeutung. Auch ohne ausdrückliche Feststellung entfaltet eine nichtige Verfü- gung keine Wirkungen, was sowohl die Betreibungsorgane im späteren Verfahren als auch andere Behörden zu berücksichtigen haben (BSK SchKG I- Cometta/Möckli, 2. Aufl., 2010, Art. 22 N 16). Dass das Bezirksgericht die Verfü- gung aufgehoben und nicht ihre Nichtigkeit festgestellt hat, bleibt daher ohne Auswirkungen. Die übrigen Begehren der Beschwerdeführerin sind als gegenstandslos abzuschreiben. Die betreibungsamtliche Verfügung vom 19. Januar

      2011 ist auch betreffend der Festsetzung des übrigen Zugehörs gemäss Zugehör- liste vom 11. November 1959 nichtig, da auch die Frage, ob die übrigen Gegenstände resp. deren Ersatzanschaffungen zum Grundpfand gezogen werden, nicht hoheitlich vom Betreibungsamt entschieden werden kann.

    2. Die Beschwerdeführerin beantragt weiter eine Rückweisung an die Vorinstanz mit der Begründung, sie habe die Aushändigung von Akten beantragt und diese hätte ihr vor Fällung eines Entscheides zur Vernehmlassung zugestellt werden müssen. Da die Nichtigkeit der betreibungsamtlichen Verfügung als Anfechtungsobjekt des vorliegenden Aufsichtsverfahren von Amtes wegen festgestellt wird, besteht an einer Rückweisung kein Interesse. Betreffend der Aushändigung der Akten ist die Beschwerdeführerin darauf hinzuweisen, dass ihr nach Art. 8a Abs. 1 SchKG grundsätzlich ein jederzeitiges Einsichtsrecht in die Akten zusteht.

  1. Mit dem sofortigen Entscheid über die Beschwerde erübrigt sich die Prüfung des Gesuches um aufschiebende Wirkung.

  2. Das Verfahren vor den kantonalen Aufsichtsbehörden in Schuldbetreibungsund Konkurssachen ist grundsätzlich kostenlos (Art. 20a Abs. 2 Ziff. 5 SchKG) und es dürfen keine Parteientschädigungen zugesprochen werden.

Es wird erkannt:

  1. Die Beschwerde wird im Sinne der Erwägungen abgewiesen, soweit sie die Zuständigkeit des Betreibungsamtes zum Erlass der Verfügung vom 19. Januar 2011 betrifft.

  2. Auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin wird im Übrigen nicht eingetreten.

  3. Es werden keine Kosten erhoben.

  4. Schriftliche Mitteilung an die Parteien und - unter Beilage der erstinstanzlichen Akten - an das Bezirksgericht Hinwil sowie an das Betreibungsamt N. , je gegen Empfangsschein.

  5. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 10 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.

Es handelt sich um einen Entscheid der kantonalen Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungsund Konkurssachen im Sinne von Art. 74 Abs. 2 lit. c BGG.

Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer

Die Gerichtsschreiberin:

MLaw A. Schmoker versandt am:

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