Kanton: | ZH |
Fallnummer: | PQ240004 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Zivilkammer |
Datum: | 25.04.2024 |
Rechtskraft: | Weiterzug ans Bundesgericht, 5A_321/2024 |
Leitsatz/Stichwort: | Rechtsverweigerung |
Zusammenfassung : | Die Chambre des curatelles des Kantonsgerichts tagt, um über die Beschwerde von G.________ gegen die Entscheidung der Friedensrichterin des Bezirks Lausanne vom 9. November 2020 zu entscheiden. G.________ hatte gegen die Entscheidung der Friedensrichterin Berufung eingelegt, die jedoch als unzulässig erklärt wurde. Die Gerichtskosten wurden dem Staat auferlegt. Der Gerichtshof entscheidet, dass die Beschwerde gegen die Entscheidung der Friedensrichterin zulässig ist, da sie rechtzeitig eingereicht wurde. Da der Zwangsmassnahmenbeschluss für G.________ am 17. November 2020 ausgelaufen ist, wird die Angelegenheit aus dem Register gestrichen, da die Beschwerde obsolet geworden ist. Das Urteil wird ohne Gerichtskosten verkündet. |
Schlagwörter : | Bezirksrat; Verfahren; Gefährdung; Rechtsverweigerung; Gefährdungsmeldung; Eingabe; Entscheid; Obergericht; Vernehmlassung; Winterthur; Urteil; Beschwerdeverfahren; Verfahrens; Bezirksrats; Rechtsverweigerungsbeschwerde; Behörde; Kindes; Kammer; Eingaben; Beschwerdeführers; Akten; Mitteilung; Bundesgericht; Oberrichter; Andelfingen |
Rechtsnorm: | Art. 132 ZPO ; Art. 450 ZGB ; Art. 450f ZGB ; Art. 90 BGG ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | - |
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: PQ240004-O/U
Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. E. Lichti Aschwanden, Vorsitzende, Oberrichter lic. iur. et phil. D. Glur und Oberrichter Dr. M. Sarbach sowie Gerichtsschreiberin MLaw C. Widmer
Beschluss vom 25. April 2024
in Sachen
Beschwerdeführer
betreffend Rechtsverweigerung
Erwägungen:
Der Beschwerdeführer ist der Kammer aus verschiedenen Verfahren bekannt, auf die anstelle einer Wiedergabe des Hintergrunds verwiesen wird (PQ210096, PQ220023, PQ220068, PQ220069, PQ230039).
Der Beschwerdeführer schreibt diese skurrile, abstruse Situation hat Ausmasse
& eine Eigendynamik erlangt, welche unmenschlich, verächtlich, für mich als Nicht-Juristen nicht mehr zur tragen sind (act. 15 S. 2). Das zeigt nicht nur einen Leidensdruck sondern auch ein Problembewusstsein, das an anderen Stellen sei- ner teilweise sehr polemischen Eingaben nicht zu erkennen ist.
Dieses Verfahren dreht sich im Wesentlichen um die Frage, ob die KESB vor ungefähr einem Jahr, als ihr der Bezirksrat eine Eingabe des Beschwerdeführers weiterleitete, aufgrund der die KESB keinen Handlungsbedarf sah, dies dem Beschwerdeführer hätte mitteilen müssen, gänzlich untätig bleiben durfte.
Mit Schreiben vom 11. Januar 2024 (act. 2) erhebt der Beschwerdeführer Beschwerde gegen ein Urteil des Bezirksrats Winterthur vom 18. Dezember 2023 (act. 10), mit dem der Bezirksrat eine von ihm gegen die KESB Bezirke Winterthur und Andelfingen erhobene Rechtsverweigerungsbeschwerde abwies.
Die vorinstanzlichen Akten wurden beigezogen (KESB act. 12/1-7 und BR act. 9/1-7). Da es sich um eine Rechtsverweigerungsbeschwerde handelt, wurde die Einholung einer Stellungnahme der KESB, worauf der Bezirksrat verzichtet hatte, im Obergerichtlichen Beschwerdeverfahren mit Verfügung vom 7. Februar 2024 (act. 13) nachgeholt. Der Beschwerdeführer reichte am 9. Februar 2024
(act. 15), 12. Februar 2024 (act. 17) und 4. April 2024 (act. 25) weitere Schreiben ein und nahm mit Eingabe vom 13. März 2024 (act. 23) Stellung zur Vernehmlassung der KESB vom 5. März 2024 (act. 19).
Das Obergericht ist im Kanton Zürich zuständig für Beschwerden nach
Art. 450 Abs. 1 ZGB gegen Entscheide des Bezirksrats im Kindes- und Erwachse- nenschutzrecht ( 64 EG KESR). Gegenstand des Obergerichtlichen Beschwerdeverfahrens kann nur sein, was bereits Gegenstand des bezirksrätlichen Verfahrens war. Auf alle Anträge, die auf etwas anderes gerichtet sind, ist daher nicht einzutreten.
Der Beschwerdeführer schreibt, ihm sei zugetragen worden, das Obergericht sei eine Firma, und fragt, ob das Obergericht als Firma immer noch richten könne (act. 2 S. 1; act. 15 S. 2). Indem er selber das Obergericht als Beschwerdeinstanz anruft, gibt er zu erkennen, dass er daran interessiert ist, einen Obergerichtlichen Beschwerdeentscheid zu erhalten, was zeigt, dass er die zuständigkeit des Obergerichts anerkennt. Weiterungen dazu erübrigen sich deshalb.
Der mit Schreiben vom 9. Februar 2024 gestellte Antrag, dass das Urteil der Kammer vom 9. Februar 2022 möglichst rasch umgesetzt wird & zwar wie urspränglich gefordert von der Kesb (act. 15), bezieht sich nicht auf den angefochtenen Entscheid, wird aber trotzdem im Rahmen dieses Beschwerdeverfahrens behan- delt, da von vornherein feststeht, dass darauf nicht einzutreten ist, weil die Kammer nicht für die Vollstreckung ihrer eigenen Entscheide zuständig ist.
Im übrigen war die damit verlangte Neuregelung des Kontakts zu den Kindern durch die KESB bereits Gegenstand des Verfahrens PQ220023, das abgeschlossen wurde mit der Abweisung der Beschwerde im Urteil vom 10. Juni 2022, bestätigt mit Urteil des Bundesgerichts vom 4. Juli 2022, so dass auch nicht darauf einzutreten ist, weil bereits darüber entschieden wurde.
Ebenfalls keine zuständigkeit der Kammer besteht für den am Ende des Schreibens vom 9. Februar 2024 gestellten Antrag auf eine Entschädigung von
CHF 200'000 und auf Erlass der Schulden bei verschiedenen Behörden (act. 15
S. 2), so dass auch darauf ohne Weiterungen nicht einzutreten ist.
Der Bezirksrat erwog im angefochtenen Urteil vom 18. Dezember 2023, sinngemäss werfe der Beschwerdeführer der KESB eine Rechtsverweigerung vor, da sie eine mit Beschluss des Bezirksrats vom 26. (recte 20.) Juni 2023 übermittelte gefährdungsmeldung nicht behandelt habe, ohne eine Verfügung mit einer Rechtsmittelbelehrung zu erlassen (act. 10 S. 3). Der Bezirksrat hielt fest, er habe die KESB mit der Übermittlung seiner Eingabe nicht angewiesen, einen Entscheid
zu erlassen, sondern er habe es der KESB überlassen, wie damit umzugehen sei (act. 10 S. 3). Der Bezirksrat stellte weiter fest, die KESB habe bis dato auf die Eingabe nicht reagiert. Die Nichtbeachtung einer Eingabe widerspreche dem JustizGewährungsanspruch und sei deshalb nur bei offensichtlich querulatorischen rechtsmissbräuchlichen Eingaben zulässig (act. 10 S. 4).
Der Bezirksrat verwies auf die zahlreichen Vorverfahren, aus denen ihm bekannt sei, dass der Beschwerdeführer der Ansicht sei, dass ihm die Kinder durch das Verhalten der involvierten Behörden und der Kindsmutter entfremdet worden seien, und in diesem Kontext sei auch seine von ihm als gefährdungsmeldung bezeichnete Eingabe zu sehen. Die von ihm behauptete Kindswohlgefährdung habe er schon unzählige Male vorgetragen und es sei jeweils darauf eingegangen worden. Aus den Vorbringen darin könne im übrigen nicht auf eine mögliche Kindswohlgefährdung geschlossen werden. Der Bezirksrat sei daher der Ansicht, dass die vom Beschwerdeführer sogenannte gefährdungsmeldung rechtsmissbräuchlich sei. Daraus folge, dass die KESB diese nicht beachten durfte und auch kein formelles Verfahren eröffnen musste. Dass die KESB keinen formellen Entscheid erlassen habe, stelle daher keine Rechtsverweigerung daher. Der Bezirksrat wies die Beschwerde deswegen ab (act. 10 S. 5).
Der Umgang mit querulatorischen rechtsmissbräuchlichen Eingaben ist in Art. 132 Abs. 3 ZPO geregelt. In kindesschutzrechtlichen Verfahren kommt diese Bestimmung gestützt auf Art. 450f ZGB i.V.m. 40 Abs. 3 EG KESR zur Anwendung.
Darunter fallen namentlich haltlose gefährdungsmeldungen, die offensichtlich keine ernstgemeinten schutzwürdigen Anliegen verfolgen auf blosser Rechthaberei Zwängerei beruhen ausschliesslich der Schikane einer Gegenpartei der Behörden dienen. Solche Eingaben lösen keine Handlungspflicht aus und können nach vorgehender Ankündigung kommentarlos abgelegt werden (vgl. auch OGer ZH PQ210096 vom 9. Februar 2022, E. 5 m.H. auf KUKO ZPO-Roger Weber Art. 130-132 N 19 m.H. auf KUKO ZPO-Oberhammer / Philipp Weber Art. 52 N 3 f.).
Der Beschwerdeführer geht daher von falschen Voraussetzungen aus, wenn er meint, auch wenn seine gefährdungsmeldung querulatorischen Charakter aufgewiesen hätte, stehe ihm von Rechts wegen eine begründete Absage zu mit Nen- nung der nächsten Instanz (act. 23 S. 4).
Der Bezirksrat verzichtete ohne Begründung auf die Einholung einer Ver- nehmlassung der KESB, was im Falle einer Rechtsverweigerungsbeschwerde grundsätzlich nicht in Frage kommt, da die Vernehmlassung die Begründung des angefochtenen Entscheides ersetzt, die in solchen Fällen naturgemäss fehlt (BSK ZGB I-Reusser, Art. 450d N 16). Das wurde deshalb im Obergerichtlichen Verfahren nachgeholt.
In ihrer Vernehmlassung stellt die KESB nicht in Abrede, dass sie die in der Beschwerde vom 27. Mai 2023 an den Bezirksrat enthaltene sogenannte gefähr- dungsmeldung nicht behandelte, die ihr der Bezirksrat mit seinem Entscheid vom
20. Juni 2023 übermittelte.
Die KESB macht geltend, für die Beurteilung der Mitteilung des Beschwerdefährers sei wegen des damals noch dort hängigen Verfahrens betreffend Abänderung des Scheidungsurteils das Bezirksgericht Winterthur zuständig gewesen, was dem Beschwerdeführer hinlänglich bekannt gewesen sei. Die KESB hatte dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 6. September 2022 mitgeteilt, dass für die Neuregelung des persönlichen Verkehrs das Gericht zuständig sei, und angekündigt, dass sie nicht auf seine Nachrichten reagieren werde, die er wissentlich an eine unzuständige Behörde richte (act. 19 S. 3 m.H. auf act. 20/8). Sie folgert in ihrer Vernehmlassung, mithin habe er die gefährdungsmeldung wissentlich bei einer unzuständigen Behörde eingereicht, was schikanös erscheine (act. 19 S. 4).
Ferner begründet die KESB ihre untätigkeit damit, es erschliesse sich aus den entsprechenden Ausführungen des Beschwerdeführers in seiner sogenannten gefährdungsmeldung nicht, weshalb die von ihm erwähnten Begebenheiten im Januar 2020 sowie 14 Monate später zeigen sollten, dass aktuell eine gefähr- dung seiner Tochter Odile bestehen könnte. Konkrete Anhaltspunkte für seine Schlussfolgerung, wonach die Möglichkeit bestehe, dass Odile aus ihrem Umfeld
körperlichen Übergriffe erlebe, habe er nicht genannt, sondern er habe sich dabei in wilder Spekulation ergangen. Derartig haltlose gefährdungsmeldungen vermöchten keine Handlungspflicht der KESB zu begründen (act. 19 S. 4).
Der Beschwerdeführer bringt nichts vor, was gegen die Einschätzung der KESB spricht, dass keine konkreten Anhaltspunkte für eine gefährdung bestan- den. Der Auffassung, dass diese gefährdungsmeldung keine Handlungspflicht auslöste, ist grundsätzlich zuzustimmen. hätte der Beschwerdeführer selbst diese Mitteilung direkt bei der KESB eingereicht, hätte sie demnach nicht darauf reagieren müssen und sich gegenüber einer Rechtsverweigerungsbeschwerde darauf berufen können, dass sie dieses Vorgehen mit Schreiben vom 6. September 2022 angekündigt hatte.
Die Besonderheit dieses Falles besteht jedoch darin, dass der Beschwerdeführer diese Mitteilung dem Bezirksrat einreichte, der sie trotz ihrer offensichtlichen Haltlosigkeit als gefährdungsmeldung der KESB weiterleitete, weil dem Bezirksrat offenbar nicht bewusst war, dass sich diese nicht als zuständig erachtete. Dafür kann die KESB nicht den Beschwerdeführer verantwortlich machen, sondern sie hätte das Versehen des Bezirksrats richtigstellen müssen und nicht untätig bleiben dürfen.
Mit der Vernehmlassung im Obergerichtlichen Rechtsmittelverfahren hat die KESB dies nachgeholt und mitgeteilt, dass und weshalb sie keinen Handlungsbedarf sieht. Die im zweitinstanzlichen Beschwerdeverfahren nachgeholte Vernehmlassung der KESB übernimmt somit bei dieser Rechtsverweigerungsbeschwerde die Funktion einer grundsätzlich im erstinstanzlichen Beschwerdeverfahren vorgesehenen Wiedererwägung und die Beschwerde ist mit Bezug darauf abzuschreiben.
Der Bezirksrat hatte im angefochtenen Entscheid weiter erwogen, der Beschwerdeführer stelle ein Gesuch um Informationszugang nach 20 IDG ZH in sämtliche ihn betreffende Verfahren beim Bezirksrat, das in einem separaten Verfahren behandelt werde, und stellte eine Information über die weiteren Verfahrensschritte im Januar 2024 in Aussicht (act. 10 S. 5). Mit Schreiben vom 12. Februar 2024 teilt der Beschwerdeführer mit, obwohl er die ihm zustehende Antwort
vom Bezirksrat zweimal deutlich eingefordert habe, habe er bis und mit dem heutigen Tag keine Antwort erhalten (act. 17), und mit Schreiben vom 4. April 2024 mit dem Betreff Rechtsverzögerung (...) Akteneinsicht Bezirksrat vom 8.12.2023 (...) erinnert er an dieses Anliegen (act. 25).
Damit wirft der Beschwerdeführer auch dem Bezirksrat eine Rechtsverweigerung Rechtsverzögerung vor. Da es sich bei einem Akteneinsichtsgesuch nach Abschluss des Verfahrens nicht um eine Angelegenheit des Kindes- und Erwachsenenschutzrechts handelt (BSK ZGB I-Maranta, Art. 449b N 31), ist für eine Beschwerde gegen einen Entscheid eine Rechtsverweigerung Rechtsverzögerung des Bezirksrats in diesem Bereich nicht das Obergericht zuständig, son- dern der Regierungsrat ( 19b Abs. 2 lit. a Ziff. 3 VRG). diesbezüglich ist daher auf die Beschwerde nicht einzutreten.
Zusammenfassend ist somit die Beschwerde mit Bezug auf die der KESB vorgeworfene Rechtsverweigerung abzuschreiben, während im übrigen nicht auf sie einzutreten ist.
Da die Vernehmlassung der KESB, welche die Erledigung des Verfahrens ermöglichte, im Obergerichtlichen Beschwerdeverfahren eingeholt werden musste, sind keine Kosten zu erheben. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege (vgl. act. 2 S. 2, act. 15 S. 2, act. 17 und act. 25 S. 2) ist daher abzuschreiben. Eine Parteientschädigung wurde vom nicht berufsmässig vertretenen Beschwerdeführer nicht verlangt und wäre auch nicht begründet (Art. 95 Abs. 3 lit. c ZPO).
Es wird beschlossen:
Die Beschwerde wird abgeschrieben, soweit darauf eingetreten wird.
Das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege wird abgeschrieben.
Kosten fallen ausser Ansatz.
Eine Parteientschädigung wird nicht zugesprochen.
Schriftliche Mitteilung an den Beschwerdeführer, die Kindes- und Erwachse- nenschutzBehörde Bezirke Winterthur und Andelfingen sowie an den Bezirksrat Winterthur, je gegen Empfangsschein.
Nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist gehen die beigezogenen Akten an den Bezirksrat zurück.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesge-
richt, 1000 Lausanne 14, einzureichen. zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.
Es handelt sich um eine nicht vermögensrechtliche Angelegenheit.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Die Gerichtsschreiberin:
MLaw C. Widmer versandt am:
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