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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Zusammenfassung des Urteils PQ230066: Obergericht des Kantons Zürich

Die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Dübendorf hat in einem Fall von Kindesschutzmassnahmen entschieden, dass die Kindsmutter regelmässige Betreuungszeiten, Feiertage und Ferien mit dem Kind haben darf. Die alleinige elterliche Sorge wurde dem Kindsvater übertragen. Die Beschwerdeführerin hat gegen diesen Entscheid Beschwerde eingelegt, die jedoch vom Obergericht des Kantons Zürich abgewiesen wurde. Die Gerichtskosten wurden auf Fr. 800.- festgesetzt und der Beschwerdeführerin auferlegt. Es wurde keine Parteientschädigung zugesprochen. Die Beschwerdeführerin hatte erfolglos um unentgeltliche Rechtspflege und Rechtsverbeiständung gebeten.

Urteilsdetails des Kantongerichts PQ230066

Kanton:ZH
Fallnummer:PQ230066
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid PQ230066 vom 17.11.2023 (ZH)
Datum:17.11.2023
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Kindesschutzmassnahmen nach Art. 273 i.V.m. Art. 313 ZGB, Art. 307 Abs. 1 ZGB, Art. 298d Abs. 1 und 2 ZGB, Art. 313 Abs. 1 ZGB
Schlagwörter : Entscheid; Recht; Verfahren; Vorinstanz; Kindsmutter; Dübendorf; Besuch; Bezirksrat; Beistand; Rechtsmittel; Ziffer; Kindes; Rechtspflege; Dispositiv-; Parteien; Uster; Kindsvater; Ferien; Dispositiv-Ziff; Verfahrens; Antrag; Beschwerdeinstanz; Beschwerdegegner; Eltern; Bezirksrats; Übergaben
Rechtsnorm:Art. 106 ZPO ;Art. 273 ZGB ;Art. 296 ZPO ;Art. 298d ZGB ;Art. 307 ZGB ;Art. 308 ZGB ;Art. 313 ZGB ;Art. 450 ZGB ;Art. 450a ZGB ;Art. 450f ZGB ;Art. 90 BGG ;
Referenz BGE:137 III 617; 138 III 374;
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts PQ230066

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer

Geschäfts-Nr.: PQ230066-O/U

Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. E. Lichti Aschwanden, Vorsitzende, Oberrichterin lic. iur. R. Bantli Keller und Oberrichter Dr. E. Pahud sowie Gerichtsschreiber Dr. M. Tanner

Beschluss vom 17. November 2023

in Sachen

  1. ,

    Beschwerdeführerin

    vertreten durch Rechtsanwältin MLaw X. ,

    gegen

  2. ,

    Beschwerdegegner

    vertreten durch Rechtsanwältin MLaw Y. ,

    sowie

  3. ,

Verfahrensbeteiligte

vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. Z. ,

betreffend Kindesschutzmassnahmen nach Art. 273 i.V.m. Art. 313 ZGB, Art. 307 Abs. 1 ZGB, Art. 298d Abs. 1 und 2 ZGB, Art. 313 Abs. 1 ZGB

Beschwerde gegen ein Urteil des Bezirksrates Uster vom 30. August 2023; VO.2023.6 (Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Dübendorf)

Erwägungen:

I.
  1. A. (Beschwerdeführerin) und B. (Beschwerdegegner) sind die nicht verheirateten Eltern von C. , geb. tt.mm.2012.

  2. Die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Dübendorf (KESB) ist seit 2013 mit der Situation von C. befasst und es ergingen verschiedene Entscheide betreffend elterliche Sorge, Obhut, Aufenthaltsbestimmungsrecht, persönlicher Verkehr und Beistandschaft (vgl. KESB act. 1 ff.). Am 5. Januar 2023 entschied die KESB was folgt (BR act. 2):

    1. In Anwendung von Art. 273 Abs. 1 ZGB wird der persönliche Verkehr zwischen der Kindsmutter, A. , geb. tt.03.1985, von

    1. BE, und C. , geb. tt.mm.2012, von D. BE, der gemeinsamen elterlichen Sorge von A. und B. unterstellt, wohnhaft in E. [Ort], F. -Weg ..., in Ab?n- derung des Urteils des Bezirksrats Uster vom 29.04.2020 und sämtlichen bisherigen Entscheiden der KESB Dübendorf wie folgt festgelegt:

      A.) Regelmässige Betreuung

      Die Kindsmutter wird berechtigt erklärt, C. am jeweils dritten Wochenende im Monat mit sich zu sich auf Besuch zu nehmen, wobei die Kindsmutter das Kind am Freitag nach Schulende in der Schule abholen und am Sonntag, 17.00 Uhr, am Hauptbahnhof Zürich dem KindsVater übergeben soll. Die übergaben des Kindes finden, sofern sie nicht in der Schule stattfin- den bzw. sofern die Kindseltern bei den übergaben aufeinandertreffen, begleitet statt (vgl. nachfolgend Dispositiv-Ziff. 2).

      B.) Regelung der Feiertage

      Die Kindsmutter ist berechtigt, C. in den geraden Jahren vom 24. Dezember, 14.00 Uhr, bis 26. Dezember, 17.00 Uhr, und in den ungeraden Jahren vom 31. Dezember, 14.00 Uhr, bis 2. Januar, 17.00 Uhr, auf eigene Kosten mit sich zu sich auf Besuch zu nehmen. Die übergaben des Kindes finden, sofern die Kindseltern bei den übergaben aufeinandertreffen, begleitet statt (vgl. nachfolgend Dispositiv-Ziff. 2).

      C.) Regelung der Ferien

      Die Kindsmutter ist berechtigt, C. für die Dauer von zwei Wochen pro Jahr auf eigene Kosten zu sich mit sich in die Ferien zu nehmen, wobei jeweils nur eine Woche am Stück stattfinden soll. Die Ferienwoche soll jeweils von Samstag, 10.00 Uhr,

      bis Samstag, 10.00 Uhr, dauern, sofern sich die Kindseltern mit Hilfe des Beistands nicht einvernehmlich einigen können. Die Ferien sind Anfang Jahr für das laufende Jahr festzulegen. können sie sich nicht einigen, so kommt dem KindsVater in Jahren mit gerader Jahreszahl das Entscheidungsrecht bezüglich der Aus- übung der Ferien zu; in Jahren mit ungerader Jahreszahl der Kindsmutter. Die Kindsmutter ist berechtigt zu erklären, mit

      C. in das In- und europäische Ausland zu verreisen, solange für die entsprechende Feriendestination keine Reisewarnung des EDA des BAG besteht. Gleichzeitig wird die Kindsmutter verpflichtet, den KindsVater wie auch den Beistand mindestens 10 Tage vor Abreise über die Reisedestination (Bekanntgabe des Landes und der Unterkunft) zu informieren. Zudem soll die ID grundsätzlich dem besuchsberechtigten Elternteil und der Pass grundsätzlich dem obhutsberechtigten Elternteil überlassen wer- den. Die Dokumente sind dem jeweils anderen Elternteil bei Be- darf auszuhündigen, in Absprache mit dem Beistand.

      D.) Ergänzende Anordnungen

      Folgende mit Entscheid Nr. DU-20221465 vom 16.05.2022 der KESB Dübendorf einstweilen für die Dauer des Verfahrens getroffenen Anordnungen werden definitiv bestätigt (Bestätigung vorsorgliche Massnahmen):

      • Kollisionsregeln:

        1. Die Feiertagsregelung geht den Regeln der regelmässigen Besuche wie auch der Ferienregelung vor.

        2. Die Ferienregelung geht den Regeln der regelmässigen Besuche vor.

      • Kompensationsregeln:

        Fallen Besuchstermine aus, so sind sie nachzuholen, wenn die obhutsberechtigte Person den Ausfall zu vertreten hat. Kann der besuchsberechtigte Elternteil (die Kindsmutter) das Besuchswochenende nicht wahrnehmen, so wird dieses nicht kompensiert. Ist C. krank, so steht dies nicht grundsätzlich einem Besuch bei der Kindsmutter entgegen, wobei auf die konkrete Situation und die bedürfnisse von C. Rücksicht zu nehmen ist.

      • Kompensation ausgefallener Besuchswochenenden:

Die Kindseltern sprechen sich über die Kompensation des ausgefallenen Besuchswochenendes ab. können sie sich nicht einigen, so kommt dem KindsVater das Entscheidungsrecht bezüglich der Kompensation des ausgefallenen Besuchswochenendes zu.

  1. Für C. , geb. tt.mm.2012 wird gestützt auf Art. 307 Abs. 1 ZGB eine sozialpädagogische Familienbegleitung (SPF) zur Begleitung der übergaben angeordnet.

  2. In Abänderung der Vereinbarung der Kindseltern vom 18.02.2014 und des Entscheids Nr. DU-20141298 vom 22.04.2014 der KESB Dübendorf wird die gemeinsame elterliche Sorge für C. , geb. tt.mm.2012, gestützt auf Art. 298d Abs. 1 ZGB aufgehoben und die alleinige elterliche Sorge an den KindsVater, B. , übertragen.

  3. C. wird gestützt auf Art. 298d Abs. 2 ZGB unter der alleinigen Obhut des KindsVaters belassen. Der Antrag der Kindsmutter vom 29.10.2021 auf Zuteilung der alleinigen Obhut über C. wird abgewiesen.

  4. Die Anträge der Kindsmutter vom 29.10.2021 auf Einräumung ei- nes angemessenen Besuchsrechts an den KindsVater und die Wiedererteilung des Aufenthaltsbestimmungsrechts über C. werden abgewiesen.

  5. Die Anträge der Kindsmutter vom 12.12.2022 auf Einholung von diversen Stellungnahmen sowie auf Einholung eines weiteren Erziehungsfühigkeitsgutachtens werden abgewiesen.

  6. G. , kjz Dübendorf, Wallisellenstrasse 5, 8600 Dübendorf, wird Rückwirkend ab 01.12.2022 zum neuen Beistand in der Beistandschaft nach Art. 308 Abs. 1 und 2 ZGB für C. ernannt.

  7. H. , kjz Dübendorf, wird unter bester Verdankung der geleisteten Dienste als MandatstRüger per 30.11.2022 entlassen

  8. Es wird vorgemerkt, dass die Aufgaben der Beistandsperson wie folgt umschrieben sind:

    1. die Eltern in ihrer Erziehung und Betreuung von C. mit Rat und Tat zu begleiten und zu beraten;

    2. die hinreichende Betreuung von C. sicherzustellen, zu überwachen und zu begleiten;

    3. C. bei der Ausübung der persönlichen Kontakte zur Kindsmutter zu Unterstützen sowie für die überwachung des festgelegten persönlichen Verkehrs und für die Vermittlung im Konfliktfall besorgt zu sein;

    4. die persönliche sowie schulische Entwicklung von C. zu überwachen und zu fürdern und ihre diesbezüglichen Interessen zu vertreten.

  9. Der neue Beistand, G. , wird neu zusätzlich beauftragt,

  1. die übergabebegleitung zu organisieren, zu überwachen und für die Finanzierung der begleiteten übergaben besorgt zu sein;

  2. den KindsVater und C. unter BeRücksichtigung der Be- dürfnisse von C. bei der zuverlässigen Wahrnehmung einer kindertherapeutischen Begleitung zu Unterstützen und mit der zustündigen Fachperson im Austausch zu stehen.

11.-17 (Bericht Beistand, unentgeltliche Rechtspflege, Kosten, Rechtsmittel, Mitteilung)

  1. Gegen den Entscheid der KESB vom 5. Januar 2023 erhob die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom 6. Februar 2023 Beschwerde beim Bezirksrat Uster (Vorinstanz) mit folgendem Antrag (BR act. 1 S. 2):

    Der Entscheid Nr. DU-2023/1 der KESB Dübendorf vom 5. Januar 2023 sei vollumfänglich aufzuheben und die Sache zur weiteren Abklärung und neuen Entscheidung an die KESB Dübendorf zurückzuweisen.

    Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen (zzgl. 7.7% MwSt.) zu Lasten der Staatskasse.

    Im Weiteren ersuchte sie um Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege samt Rechtsverbeiständung (BR act.1 S. 2).

  2. Die Vorinstanz holte eine Vernehmlassung der KESB vom 10. März 2023 (BR act. 7), eine Beschwerdeantwort des Beschwerdegegners vom 14. März 2023 (BR act. 9) und eine Stellungnahme der Kindesvertreterin vom 17. März 2023 (act. 10) ein. Es folgten weitere Eingaben der Beschwerdeführerin vom

20. April 2023 (BR act. 15) und des Beschwerdegegners vom 30. Mai 2023 (BR act. 19). Die Vorinstanz wies mit Entscheid vom 30. August 2023 die Beschwerde ab und bestätigte den Entscheid der KESB vom 5. Januar 2023 (Dispositiv-

Ziffer I), setzte die Entscheidgebühr auf Fr. 1'500 fest und auferlegte sie den Parteien je zur Hälfte, wobei der Anteil der Beschwerdeführerin zufolge Gewährter unentgeltlicher Rechtspflege einstweilen auf die Amtskasse genommen wurde (Dispositiv-Ziffer II), und sprach keine Parteientschädigungen zu (Dispositiv- Ziffer III; act. 8).

5. Mit Eingabe vom 9. Oktober 2023 erhob die Beschwerdeführerin bei der Kammer Beschwerde mit folgenden Anträgen (act. 2 S. 2):

1. Es sei Dispositiv-Ziffer 1 des Entscheids des Bezirksrats Uster vom 30. August 2023 vollumfänglich aufzuheben und die Sache zur weiteren Abklärung und neuen Entscheidung an die KESB Dübendorf zurückzuweisen.

2. Es seien Dispositiv-Ziffern 2 und 3 des Entscheids des Bezirksrats Uster vom 30. August 2023 vollumfänglich aufzuheben und

die Kosten des vorinstanzlichen Verfahrens seien vollumfänglich auf die Staatskasse zu nehmen und der Beschwerdeführerin sei eine angemessene Parteientschädigung für das vorinstanzliche Verfahren zuzusprechen.

Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen (zzgl. 7.7% MwSt.) zu Lasten der Staatskasse.

Im Weiteren beantragte die Beschwerdeführerin die Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege, einschliesslich der unentgeltlichen Rechtsverbeiständung (act. 2 S. 3). Die vorinstanzlichen Akten des Bezirksrats (act. 9/1-22, zitiert als BR act.) und der KESB (act. 9/8/1-616, zitiert als KESB act.) wurden beigezogen (vgl. act. 6). Mit Eingabe vom 3. November 2023 reichte die Beschwerdeführerin weitere Unterlagen zum Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ein (act. 12) Das Verfahren ist spruchreif.

II.

1.

    1. Das Beschwerdeverfahren in Kindes- und Erwachsenenschutzsachen richtet sich nach den Bestimmungen des Schweizerischen Zivilgesetzbuchs (ZGB) und des Einführungsgesetzes zum Kindes- und Erwachsenenschutzrecht (EG KESR, LS 232.3). Enthalten diese Gesetze keine Regelung, gelten für die Verfahren vor den gerichtlichen Beschwerdeinstanzen die Bestimmungen des Gerichtsorganisationsgesetzes (GOG, LS 211.1) sowie subsidiür und sinngemäss die Bestimmungen der Schweizerischen Zivilprozessordnung (ZPO; Art. 450f ZGB und 40 EG KESR). Beschwerden gegen Entscheide der KESB werden in erster Instanz vom Bezirksrat und in zweiter Instanz vom Obergericht beurteilt (Art. 450f ZGB i.V.m.

      ?? 40 und 63 f. EG KESR und 50 GOG).

    2. Der Entscheid der Vorinstanz vom 30. August 2023 ist mit Beschwerde im Sinne von Art. 450 ZGB anfechtbar. Die Beschwerde wurde rechtzeitig erhoben (vgl. BR act. 22). Als betroffene Person und Partei im vorinstanzlichen Verfahren ist die Beschwerdeführerin zur Beschwerde an die Kammer legitimiert (Art. 450 Abs. 2 ZGB).

2.

    1. Die Beschwerde ist bei der Rechtsmittelinstanz schriftlich und begründet einzureichen (Art. 450 Abs. 3 ZGB). In der Beschwerdeeingabe sind Anträge zu stellen und es ist darzulegen und aufzuzeigen, inwiefern der angefochtene Entscheid als fehlerhaft erachtet wird. Die beschwerdeführende Partei muss sich sachbezogen mit den EntscheidGründen des angefochtenen Entscheides ausei- nandersetzen und darlegen, inwiefern die Vorinstanz das Recht falsch angewen- det bzw. den Sachverhalt unrichtig festgestellt haben soll. Dieses Antrags- und Begründungserfordernis gilt auch im Bereich der Offizial- und Untersuchungsmaxime (BGE 138 III 374 E. 4.3.1; BGE 137 III 617 E. 4.5.3 f. u. 5.2). Die Beschwer-

      deinstanz darf sich primür auf die geltend gemachten Anträge und Rügen konzentrieren (BSK ZGB I-DROESE, Art. 450a N 5).

    2. Die Beschwerde gemäss Art. 450 ZGB ist ein devolutives, vollkommenes und reformatorisches Rechtsmittel: Mit der Anfechtung geht das Verfahren mit den vollständigen Akten auf die Rechtsmittelinstanz über (BSK ZGB I-DROESE, Art. 450 N 11). Gerägt werden kann (neben Rechtsverweigerung und Rechtsverzögerung) eine Rechtsverletzung, die unrichtige unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes Unangemessenheit des Entscheides (Art. 450a Abs. 1 ZGB). Der Beschwerdeinstanz kommt sowohl in rechtlicher wie auch in tatsächlicher Hinsicht eine umfassende überPrüfungsbefugnis zu (BSK ZGB I-DROESE, Art. 450a N 3 ff.); sie kann insbesondere auch die erforderlichen Erkundigungen einholen und die notwendigen Beweise erheben. Die Beschwer- deinstanz erlässt grundsätzlich einen reformatorischen und nur ausnahmsweise einen kassatorischen Entscheid (BSK ZGB I-DROESE, Art. 450 N 12 m.H.).

    3. Aus dem Antragserfordernis sowie der reformatorischen Natur der Beschwerde folgt, dass die beschwerdeführende Partei ein reformatorisches Begehren in der Sache stellen muss (vgl. BGer 4A_510/2022 vom 22. Dezember 2022

  1. 3.1). Vorbehalten bleibt die Situation, in der die Rechtsmittelinstanz nicht reformatorisch entscheiden könnte, wenn es die Rechtsauffassung der beschwerdeführenden Partei teilen würde. Davon ist regelmässig dann auszugehen, wenn die Vorinstanz zu Unrecht wegen einer fehlenden Prozessvoraussetzung nicht auf die

Klage eingetreten ist und die Klage materiell überhaupt nicht beurteilt hat (BGer 4A_510/2022 vom 22. Dezember 2022 E. 3.2 m.H.; 4D_71/2020 vom 23. Februar

2021 E. 4.3; 4A_207/2019 vom 17. August 2020 E. 3.2) wenn eine nicht heilbare Gehörsverletzung vorliegt (BGer 5A_342/2022 vom 26. Oktober 2022

E. 2.1.2; 5A_485/2016 vom 19. Dezember 2016 E. 2.3). Von solchen Ausnahmen abgesehen steht es im Ermessen der Beschwerdeinstanz, ob es bei begründetheit der Beschwerde neu entscheidet ob es die Sache ausnahmsweise an die Vorinstanz zurückweist. Die Parteien haben keinen Anspruch auf einen Rückweisungsentscheid. Entscheidet sich die Beschwerdeinstanz für ein neues Urteil in der Sache, kann es den Sachverhalt mit uneingeschränkter Kognition erstellen und namentlich selber Beweise abnehmen. Entsprechend hat die beschwerdeführende Partei einen Antrag in der Sache zu stellen, und es ist nicht statthaft, einen Rückweisungsentscheid gleichsam zu erzwingen, indem einzig ein kassatorisches Begehren formuliert wird (vgl. BGer 4A_510/2022 vom 22. Dezember 2022 E. 3.2 [zur Berufung nach Art. 308 ff. ZPO]). Stellt die beschwerdeführende Partei anstelle eines reformatorischen Begehrens ein kassatorisches Begehren, hat sie aufzuzeigen, aus welchen Gründen die Rechtsmittelinstanz nicht selber in der Sache entscheiden könnte. Tut sie dies nicht bzw. ergibt sich, dass das rein kassatorische Begehren unzulässig ist, ist auf das Rechtsmittel nicht einzutreten (BGer 5A_342/2022 vom 26. Oktober 2022 E. 2.1.1 f.).

Am Erfordernis eines reformatorischen Antrags ändert nichts, dass in Kin- derbelangen in familienrechtlichen Angelegenheiten das Gericht ohne Bindung an die ParteiAnträge entscheidet (vgl. Art. 296 Abs. 3 ZPO). Die Einleitung des Rechtsmittelverfahrens setzt auch unter der Offizialmaxime voraus, dass eine Partei ein form- und fristgerechtes Rechtsschutzersuchen an die Rechtsmittelinstanz richtet (vgl. BGE 137 III 617 ff. E. 4.5).

3.

3.1 Die Beschwerdeführerin verlangt in Beschwerdebegehren Ziffer 1, es sei Dispositiv-Ziffer 1 des Entscheids des Bezirksrats Uster vom 30. August 2023 vollumfänglich aufzuheben und die Sache zur weiteren Abklärung und neuen Entscheidung an die KESB Dübendorf zurückzuweisen. Sie stellt damit ein rein kassatorisches Begehren, denn auch aus der Begründung lässt sich nicht erkennen, wie im Falle einer Gutheissung aus Sicht der Beschwerdeführerin entschieden werden sollte. Aus welchen Gründen ein reformatorischer Entscheid in der vorliegenden Sache nicht möglich sein soll, tut sie nicht dar und ist wie zu zeigen ist nicht zu sehen (s. sogleich E. 3.2).

      1. Die KESB führte das Verfahren vollständig durch und holte in dessen Rahmen unter anderem ein psychologisches Gutachten über die Erziehungsfühigkeit der Parteien ein (vgl. KESB act. 471 ff., act. 570). Am 5. Januar 2023 erging der vorne wiedergegebene und eingehend begründete Entscheid (BR act. 2). Die Beschwerdeführerin focht den Entscheid der KESB bei der Vorinstanz an und beantragte dessen Aufhebung sowie die Rückweisung der Sache zur weiteren Abklärung und neuen Entscheidung an die KESB. Die Vorinstanz erwog in ihrem Urteil vom 30. August 2023 nach Wiedergabe der Parteivorbringen sowie der gutachterlichen Ausführungen (act. 8 S. 10 ff.) in Auseinandersetzung mit den Rügen der Beschwerdeführerin zusammengefasst was folgt: Die Gutachterin verfüge (entgegen den Vorbringen der Beschwerdeführerin) über die fachliche Qualifikation, eine persönlichkeitssTürung zu diagnostizieren (act. 8 S. 27 f.), und habe ihre Diagnose auf verschiedene Grundlagen gestützt und selbststündig hergeleitet (act. 8 S. 29). Demgegenüber seien die Einschätzungen der von der Beschwerdeführerin angerufenen behandelnden ürzte nicht zweckdienlich und vermöchten die Einschätzung der Gutachterin nicht umzustossen (act. 8 S. 30 ff., 32). Die Gutachterin sei nicht als befangen zu betrachten (act. 8 S. 32 f.) und das Gutachten sei vollständig und schlüssig (act. 8 S. 34 ff., 36). Soweit die Beschwerdeführerin eine Verletzung des rechtlichen Gehörs geltend mache, sei eine solche ei- nerseits zu verneinen und könnte sie anderseits angesichts der freien überpräfungsbefugnis der gerichtlichen Beschwerdeinstanz geheilt werden (act. 8

        S. 37 ff.). Die Vorinstanz pröfte alsdann obwohl sich die Beschwerdeführerin hierzu nicht geäussert hatte die materiellen Anordnungen der KESB betreffend Obhut, Sorgerecht, persönlicher Verkehr und Beistandschaft (act. 2 S. 44 ff.) und kam zum Schluss, dass der Entscheid der KESB nicht zu beanstanden sei (act. 2

        S. 56). In der Beschwerde an die Kammer rägt die Beschwerdeführerin, die Vorinstanz habe den rechtserheblichen Sachverhalt unrichtig respektive unvollständig

        erhoben und infolgedessen einen unangemessenen Entscheid gefällt. Das von der KESB eingeholte Erziehungsfähigkeitsgutachten sei entgegen der Vorinstanz in wesentlichen Teilen mangelhaft und gar unverwertbar, weshalb nicht darauf abgestellt werden könne (act. 2 S. 6 ff.). Zudem sei ein in einem anderen Verfahren eingeholtes Gutachten (betreffend eine zweite Tochter der Beschwerdeführerin) zu anderen Schlüssen gekommen (act. 2 S. 6 f., 10 ff.). Der Entscheid der Vorinstanz sei aufzuheben und die Sache zwecks weiterer Abklärungen an die KESB zurückzuweisen. Es Müssten eine Stellungnahme der Gutachterin, eine ergänzende Begutachtung respektive eventualiter sogar ein gerichtliches Obergutachten sowie zusätzliche Stellungnahmen weiterer Personen (Psychotherapeutin der Tochter sowie Therapeuten bzw. ürzte der Beschwerdeführerin) eingeholt werden (act. 2 S. 15). Nicht mehr fest hält die Beschwerdeführerin an der vor Vorinstanz erhobenen Rüge der Gehörsverletzung.

      2. Auch wenn die Auffassung der Beschwerdeführerin, wonach sich weitere Abklärungen aufgedrängt hätten, begründet sein sollte, wäre nicht zu erkennen, wieso zwingend ein kassatorischer Beschwerdeentscheid und eine Rückweisung an die KESB erfolgen Müsste. Zum einen haben die KESB und die Vorinstanz die Sache materiell beurteilt und eine unheilbare Gehörsverletzung steht nicht in Frage. Die gerichtlichen Beschwerdeinstanzen können zum andern den Sachverhalt mit uneingeschränkter Kognition erstellen und namentlich auch Abklärungen treffen bzw. Beweise abnehmen. Es ist nicht an der Beschwerdeführerin, mit einem blossen kassatorischen Beschwerdeantrag einen Obergerichtlichen Rückweisungsentscheid zu forcieren (vgl. BGer 4A_510/2022 vom 22. Dezember 2022

E. 4.2).

3.3 Nach dem Ausgefährten ist das Beschwerdebegehren Ziffer 1 unzulässig und ist darauf nicht einzutreten.

4. Die Beschwerdeführerin beantragt mit Beschwerdebegehren Ziffer 2 im Weiteren, es seien Dispositiv-Ziffern 2 und 3 des Entscheids des Bezirksrats Uster vom 30. August 2023 vollumfänglich aufzuheben, die Kosten des vorinstanzlichen Verfahrens seien vollumfänglich auf die Staatskasse zu nehmen und der Beschwerdeführerin sei eine angemessene Parteientschädigung für das vorinstanzliche Verfahren zuzusprechen. Mangels einer Begründung ist auch auf dieses Beschwerdebegehren nicht einzutreten. Falls darauf einzutreten gewesen wäre, hätte der Antrag nach dem Ausgefährten im übrigen abgewiesen werden müssen.

III.

1. Die Entscheidgebühr für das vorliegende Beschwerdeverfahren wird auf Fr. 800 festgesetzt (vgl. 12 Abs. 1 und 2 i.V.m. 5 Abs. 1 und 10 Abs. 1

GebV OG). Ausgangsgemäss sind die Kosten der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 106 Abs. 1 ZPO). Parteientschädigungen sind keine zuzusprechen, der Beschwerdeführerin nicht, da sie unterliegt, dem Beschwerdegegner und der Verfahrensbeteiligten nicht, da ihnen keine Aufwendungen entstanden sind, die zu entschädigen wären.

2.

    1. Die Beschwerdeführerin stellt für das Obergerichtliche Verfahren ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege, inklusive unentgeltliche Rechtsverbeiständung.

    2. Eine Person hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn sie nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, um den Prozess zu finanzieren, und ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint (Art. 117 lit. a und b ZPO). Nach dem Ausgefährten ist die Beschwerde als aussichtslos zu betrachten. Das Gesuch um Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege und Rechtsverbeiständung ist abzuweisen.

Es wird beschlossen:

  1. Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

  2. Das Gesuch der Beschwerdeführerin um Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege und Rechtsverbeiständung wird abgewiesen.

  3. Die Entscheidgebühr wird auf Fr. 800 festgesetzt und der Beschwerdeführerin auferlegt.

  4. Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

  5. Schriftliche Mitteilung an die Parteien und an die Verfahrensbeteiligte (an den Beschwerdegegner und die Verfahrensbeteiligte unter Beilage eines Doppels von act. 2), an die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Dübendorf sowie an den Bezirksrat Uster, je gegen Empfangsschein.

    Nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist gehen die beigezogenen Akten an den Bezirksrat zurück.

  6. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesge-

richt, 1000 Lausanne 14, einzureichen. zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.

Es handelt sich um eine nicht vermögensrechtliche Angelegenheit.

Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer Der Gerichtsschreiber:

Dr. M. Tanner

versandt am:

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