Zusammenfassung des Urteils PQ230050: Obergericht des Kantons Zürich
Die Firma A______ SA aus Genf hat gegen eine Entscheidung des Gerichts des Kantons Genf vom 14. September 2018 Berufung eingelegt. In dem Rechtsstreit geht es um die Zahlung von Sicherheitsleistungen und Gerichtskosten. Das Gericht hat entschieden, dass die Firma B______ LDA aus Portugal die Gerichtskosten tragen muss. Die Firma A______ SA fordert Sicherheitsleistungen in Höhe von 20.000 CHF. Das Gericht hat die Berufung von A______ SA abgelehnt und entschieden, dass B______ LDA die Gerichtskosten tragen muss. Der Richter in diesem Fall ist Cédric-Laurent Michel. Die Gerichtskosten belaufen sich auf 600 CHF, die von B______ LDA zu tragen sind. Die unterlegene Partei ist weiblich (d) und die verlierende Partei ist die Firma B______ LDA.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | PQ230050 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Zivilkammer |
Datum: | 15.09.2023 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Mitwirkungsbeistandschaft gemäss Art. 396 ZGB |
Schlagwörter : | Entscheid; Gutachten; Person; Bezirk; Betrug; Urteil; Vorinstanz; Mitwirkung; Betrag; Kontakt; Mitwirkungsbeistandschaft; Konto; Dielsdorf; Bezirksrat; Urteils; Vermögens; Beistand; Beiständin; Verfügung; Beistands; Gewinn; Entscheide; Verfahren; Recht; Schutz; Gutachterin |
Rechtsnorm: | Art. 106 ZPO ;Art. 157 ZPO ;Art. 388 ZGB ;Art. 390 ZGB ;Art. 395 ZGB ;Art. 396 ZGB ;Art. 445 ZGB ;Art. 446 ZGB ;Art. 450 ZGB ;Art. 450a ZGB ;Art. 450b ZGB ;Art. 450f ZGB ;Art. 90 BGG ; |
Referenz BGE: | 138 III 374; 141 III 569; |
Kommentar: | - |
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: PQ230050-O/U
Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. E. Lichti Aschwanden, Vorsitzende, Oberrichterin lic. iur. A. Strähl und Oberrichter Dr. E. Pahud sowie Gerichtsschreiberin lic. iur. K. Würsch
Urteil vom 15. September 2023
in Sachen
Beschwerdeführerin
vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. X.
betreffend Mitwirkungsbeistandschaft gemäss Art. 396 ZGB
Erwägungen:
Ausgangslage und Verfahrensverlauf
Dr. A. (nachfolgend Beschwerdeführerin) investierte im März 2020 Fr. 200'000 in Kryptowährung. Dabei entstand der Verdacht, dass sie Opfer ei- nes Betruges geworden war. Auf eine entsprechende gefährdungsmeldung hin ordnete die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Bezirk Dielsdorf (nachfolgend KESB) mit Entscheid vom 26. März 2020 eine superprovisorische Sperre der Konten der Beschwerdeführerin an. Aufgrund der ürztlichen Einschätzung des behandelnden Arztes PD Dr. med. B. , wonach keine Anhaltspunkte best?n- den, dass die Beschwerdeführerin die Konsequenzen ihres eigenen Handelns nicht abSchätzen könne und keine Einschränkung der Urteilsfähigkeit gegeben sei, hob die KESB die Kontensperren mit Entscheid vom 30. Juli 2020 wieder auf (KESB act. 51, 81 und 161 S. 3). Am 13. November 2020 erstattete die Tochter der Beschwerdeführerin eine gefährdungsmeldung und teilte mit, die Beschwer- deführerin sei erneut Opfer eines Love-Scams geworden und habe Anfang Oktober 2022 das gesamte Vermögen in der Höhe von Fr. 700'000 ihrem Freund einem Broker eines angeblichen Online-Business' überwiesen. Trotz der War- nung ihrer Kinder sehe die Beschwerdeführerin nicht ein, dass es sich um Betrug handle (KESB act. 1/1). Mit Entscheid vom 17. November 2020 errichtete die KESB superprovisorisch eine Vertretungsbeistandschaft mit Vermögensverwaltung gemäss Art. 394 Abs. 1 und Art. 395 Abs. 1 ZGB für die Beschwerdeführerin und beauftragte die Beistündin, die Beschwerdeführerin beim Erledigen der finanziellen Angelegenheiten zu vertreten, insbesondere ihr Vermögen Sorgfältig zu verwalten. Weiter wurde der Beschwerdeführerin die Handlungsfühigkeit in Bezug auf den Abschluss von VertRügen über Kredite, Darlehen sowie Verwendung von Kreditkarten entzogen (KESB act. 15/1). Diese superprovisorische Anordnung bestätigte die KESB vorsorglich mit Entscheid vom 14. Dezember 2020 weitgehend, wobei der Beschwerdeführerin der Zugriff auf ihr Konto bei der C. wieder erteilt wurde (KESB act. 57/1). Eine von der Beschwerdeführerin gegen diesen Entscheid beim Bezirksrat Dielsdorf erhobene Beschwerde (KESB act. 59/1-2) wurde mit Urteil vom 16. April 2021 vollumfänglich abgewiesen (KESB act. 82). Auf entsprechenden Antrag der Beschwerdeführerin (KESB act. 116) holte die
KESB am 29. Oktober 2021 ein psychiatrisches Gutachten bei Dr. med. D. ein (KESB act. 130). Das Gutachten wurde am 15. Mai 2022 fertig gestellt (KESB act. 161). Nachdem die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom 30. August 2022 dazu Stellung genommen hatte (KESB act. 181), hob die KESB die mit Entscheid vom 6. Oktober 2022 vorsorglich errichtete Vertretungsbeistandschaft mit Vermögensverwaltung gemäss Art. 394 Abs. 1 i.V.m. Art. 395 Abs. 1 i.V.m. Art. 445 Abs. 1 ZGB per 31. Oktober 2022 auf und erteilte der Beschwerdeführerin das Zugriffsrecht auf im einzelnen aufgefährte Konti per 1. November 2022 wieder. Gleichzeitig errichtete die KESB eine Mitwirkungsbeistandschaft gemäss Art. 396 Abs. 1 ZGB betreffend die Verwaltung sämtlicher Vermögenswerte der im einzelnen ge- nannten Konti der Beschwerdeführerin. Ausgenommen von der Mitwirkung durch die Beistandsperson wurde das Konto bei der C. . Die Beschwerdeführerin und die Beistandsperson hätten ein Budget zu erstellen, um den Lebensunterhalt und einen angemessenen Betrag zur freien Verfügung auf das selbstverwaltete Konto zu überweisen. Weiter ordnete die KESB an, dass die Zustimmung der Beistandsperson bei Vertragsabschlüssen jeglicher Art über den Betrag von Fr. 5'000 notwendig ist. Die Handlungsfühigkeit der Beschwerdeführerin wurde für Bezüge und Transaktionen betreffend die aufgefährten Konti im Sinne von Art. 396 Abs. 2 ZGB eingeschränkt. Einer Allfälligen Beschwerde gegen diesen Entscheid entzog die KESB die aufschiebende Wirkung (KESB act. 188/1).
Gegen diesen Entscheid der KESB erhob die Beschwerdeführerin am
10. November 2022 Beschwerde beim Bezirksrat Dielsdorf (BR act. 1). Zusammen mit ihrer Vernehmlassung reichte die KESB dem Bezirksrat einen Entscheid vom 14. Dezember 2022 ein, mit dem die KESB ihren Entscheid vom 6. Oktober 2022 wie folgt in Wiedererwägung zog (BR act. 8):
1. In Wiedererwägung von Ziff. 5 des Entscheids der KESB Bezirk Dielsdorf vom
6. Oktober 2022 wird für A. , geb. tt. Mai 1956, eine Mitwirkungsbeistandschaft gemäss Art. 396 Abs. 1 ZGB betreffend die Verwaltung sämtlicher Vermögenswerte, insbesondere bei folgenden Konti errichtet:
E. IBAN 1;
F. Depotkonto 2, Euro-Konto;
E. Hypothekendarlehen 3;
G. 4;
G. 5;
G. 6;
Depotnummer bei der H. 7.
Die Beistandsperson wird beauftragt, bei der Verwaltung sämtlicher auf Konti liegender Vermögenswerte von A. , insbesondere bei den unter Ziffer 1. a) bis g) genannten, mitzuwirken. Bei allen Handlungen betreffend die Verwaltung sämtlicher Vermögenswerte von A. haben sowohl A. als auch die Beistündin zuzustimmen.
Von der Mitwirkungsbeistandschaft nicht betroffen und somit unter der alleinigen Verfügung von A. ist das Konto bei der I._ , 8, Privatkonto, lautend auf A. , geb. tt. Mai 1956. A. und die Beistandsperson haben ein Budget zu erstellen, um den Lebensunterhalt und einen angemessenen Betrag zur freien Ver- Fügung auf das selbstverwaltete Konto zu überweisen. Gleichzeitig ist die Zustimmung der Beistandsperson bei Vertragsabschlüssen jeglicher Art über den Betrag von Fr. 5'000.00 notwendig.
In Wiedererwägung von Ziff. 6 des Entscheids der KESB Bezirk Dielsdorf vom
6. Oktober 2022 wird festgehalten, dass die Handlungsfühigkeit von A. betreffend sämtliche Vermögenswerte gemäss Dispositiv-Ziffer 1 (ausgenommen Transaktionen und Bezüge von weniger als Fr. 5'000.00 vom selbstverwalteten Konto) im Sinne von Art. 396 Abs. 2 ZGB von Gesetzes wegen eingeschränkt ist.
[Feststellung der erfolgten Ernennung Beistündin]
[keine gebühren]
[Mitteilungen]
[Rechtsmittel]
[Entzug der aufschiebenden Wirkung]
Mit Eingabe vom 19. Dezember 2022 liess die Beschwerdeführerin dem Bezirksrat mitteilen, die bereits hängige Beschwerde umfasse auch den Entscheid der KESB vom 14. Dezember 2022, und sie liess ihre Anträge entsprechend ergänzen (BR act. 14). Mit Urteil vom 17. Juli 2023 wies der Bezirksrat (nachfolgend Vorinstanz) die Beschwerden gegen die beiden Entscheide der KESB vom 6. Oktober 2022 und 14. Dezember 2022 vollumfänglich ab und auferlegte der Beschwerdeführerin die Entscheidgebühr von Fr. 1'500 (BR act. 22 = act. 3 [Aktenexemplar]).
Gegen den Entscheid der Vorinstanz reichte die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom 15. August 2023 Beschwerde bei der Kammer ein. Sie stellt folgen- de Anträge (act. 2 S. 2):
Disp. Ziff. 1 des Urteils des Bezirksrates vom 17. Juli 2023 sei aufzuheben und es sei die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Entscheid der KESB Bezirk Dielsdorf vom 6. Oktober 2022 / 14. Dezember 2022 vollumfänglich gutzuheissen. Namentlich sei
Disp. Ziff. 5. - 7. des Entscheides vom 6. Oktober 2022 der KESB Bezirk Dielsdorf ersatzlos aufzuheben.
Disp. Ziff. 8. des Entscheides vom 6. Oktober 2022 der KESB Bezirk Dielsdorf wie folgt abzuändern:
Die Entscheidgebühren werden auf CHF 2'400 festgesetzt und auf die KESB Kasse genommen
Satz unverändert zu belassen .
c. Disp. Ziff. 1. - 2. des Entscheides vom 14. Dezember 2022 der KESB Bezirk Dielsdorf ersatzlos aufzuheben.
Eventualantrag:
Sollte die Beschwerde abgewiesen und die Mitwirkungsbeistandschaft bestätigt werden, so sei der Beschwerdeführerin ein Höherer monatlicher Betrag zur Verfügung zu stellen, als lediglich ihre Altersrenten von rund CHF 3'500 und der Unterhaltsbeitrag des Ehemannes von
CHF 2'500. Im Sinne eines Eventualantrags sei demzufolge die Beistündin anzuweisen, der Beschwerdeführerin zusätzlich zu den Altersrenten und den Unterhaltsbeiträgen des Ehemannes von ihrem Vermögen monatlich mindestens einen Betrag von CHF 2'000 zur Verfügung zu stellen.
Disp. Ziff. II. des Urteils vom 17. Juli 2023 des Bezirksrates Dielsdorf sei aufzuheben und die Kosten des Bezirksrates seien der KESB Bezirk Dielsdorf aufzuerlegen bzw. auf die Staatskasse zu nehmen.
Disp. Ziff. III. des Urteils vom 17. Juli 2023 des Bezirksrates Dielsdorf sei aufzuheben und der Beschwerdeführerin sei für die vorinstanzlichen Verfahren eine angemessene Parteientschädigung (zuzügl. MwSt) zuzusprechen;
Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen (zuzügl. MwSt) zulasten der Vorinstanz bzw. der Staatskasse.
Die Akten des Bezirksrates (act. 6/1-24, zitiert als BR act.) und der KESB (act. 6/7/1-161, zitiert als KESB act.) wurden beigezogen. Weiterungen sind nicht notwendig; das Verfahren ist spruchreif.
Prozessuales
Gegen Entscheide der Erwachsenenschutzbehörde bzw. der gerichtlichen Beschwerdeinstanz kann gemäss Art. 450 Abs. 1 ZGB Beschwerde erhoben wer- den. Der Kanton Zürich kennt zwei gerichtliche Beschwerdeinstanzen, als erste Beschwerdeinstanz den Bezirksrat und als zweite das Obergericht ( 62 ff. EG KESR). Gegenstand des zweitinstanzlichen Beschwerdeverfahrens können nur Entscheide des Bezirksrates sein, nicht hingegen solche der KESB.
Das Verfahren vor den gerichtlichen Beschwerdeinstanzen richtet sich grundsätzlich nach den Bestimmungen des ZGB sowie des EG KESR, welches als kantonales Verfahrensrecht die Vorgaben von Art. 450 ff. ZGB zu befolgen hat. Enthalten diese Gesetze keine Bestimmungen, gelten im gerichtlichen Beschwerdeverfahren die Regeln des Gerichtsorganisationsgesetzes (GOG) und subsidiür die Bestimmungen der Zivilprozessordnung (ZPO) sinngemäss ( 40 EG KESR, Art. 450f ZGB).
Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen das Urteil der Vorinstanz vom 17. Juli 2023, mit dem sowohl die Beschwerde gegen den Entscheid der KESB vom 6. Oktober 2022 als auch die Beschwerde gegen den Entscheid der KESB vom 14. Dezember 2022 abgewiesen wurde. Die angerufene Kammer ist gestützt auf 64 EG KESR für die Beurteilung der Beschwerde zuständig.
Die Beschwerdeführerin ist als am Verfahren beteiligte Person im Sinne von Art. 450 Abs. 2 Ziff. 1 ZGB zur Beschwerde legitimiert und durch den Entscheid der Vorinstanz beschwert. Die Beschwerde wurde innert der Frist von
30 Tagen ab Zustellung des vorinstanzlichen Urteils bei der Kammer eingereicht (BR act. 23/2, Art. 450b Abs. 1 ZGB). Die Beschwerde enthält Anträge und eine Begründung. Dem Eintreten steht unter dem Vorbehalt der nachfolgenden Erwägungen nichts entgegen.
Mit der Beschwerde kann (neben Rechtsverweigerung und Rechtsverzügerung) eine Rechtsverletzung, die unrichtige unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes Unangemessenheit des Entscheides gerägt werden (Art. 450a Abs. 1 ZGB). Der RechtsmittelBehörde kommt sowohl in rechtlicher wie auch in tatsächlicher Hinsicht umfassende überPrüfungsbefugnis zu; dazu Gehört auch die volle ErmessensüberPrüfung (BSK ZGB II-D ROESE,
7. Aufl., 2022, Art. 450a N 3 und 10). Im Verfahren vor der KESB und in den gerichtlichen Beschwerdeinstanzen ist der Sachverhalt von Amtes wegen zu erforschen, und das Gericht ist an die Anträge der Parteien nicht gebunden (Art. 446 ZGB). Von der Beschwerde führenden Partei ist indes darzulegen und aufzuzeigen, inwiefern der angefochtene Entscheid als fehlerhaft erachtet wird. Sie muss sich sachbezogen mit den EntscheidGründen des angefochtenen Entscheides auseinandersetzen und darlegen, inwiefern die Vorinstanz das Recht falsch angewendet bzw. den Sachverhalt unrichtig festgestellt haben soll. Dies gilt auch im Bereich der Untersuchungsmaxime (Art. 446 ZGB, ?? 65 und 67 EG KESR;
BGE 141 III 569 E. 2.3.3 mit Hinweis auf BGE 138 III 374 E. 4.3.1). Im Anwen-
dungsbereich von Art. 446 ZGB gilt grundsätzlich keine Novenbeschränkung (OGer ZH PQ190050 vom 26. August 2019 E. 2.3).
Errichtung einer Mitwirkungsbeistandschaft
Behürdliche Massnahmen des Erwachsenenschutzrechtes sollen das Wohl und den Schutz hilfsbedürftiger Personen sicherstellen, wobei die Selbstbestimmung der betroffenen Person so weit wie möglich erhalten bleiben soll (Art. 388 ZGB). Eine Beistandschaft wird u.a. dann errichtet, wenn eine Person wegen einer psychischen STürung eines ähnlichen in der Person liegenden Schwächezustands ihre Angelegenheiten nur teilweise gar nicht besorgen kann (Art. 390 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB). Zu beachten sind das Subsidiaritäts- und das Verhältnismässigkeitsprinzip. Massnahmen dürfen nur angeordnet werden, wenn die erforderliche Unterstätzung der hilfsbedürftigen Person durch die Familie, andere nahestehende Personen private öffentliche Dienste nicht ausreicht von vornherein als ungenügend erscheint (Art. 389 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB). Sodann muss die Massnahme erforderlich, geeignet und zumutbar sein (Art. 389 Abs. 2
ZGB). Das geltende System der massgeschneiderten Massnahmen erlaubt unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismässigkeit individuell abgestimmte Eingriffe in die Handlungsfreiheit und Handlungsfühigkeit der zu betreuenden Person (vgl. auch HöfELI, FamKomm Erwachsenenschutzrecht, 2013, Art. 389 N 7 ff.).
Eine Mitwirkungsbeistandschaft wird errichtet, wenn bestimmte Handlungen der hilfsbedürftigen Person zu deren Schutz die Zustimmung des Beistands der Beistündin bedürfen. Die Handlungsfühigkeit der betroffenen Person wird von Gesetzes wegen entsprechend eingeschränkt (Art. 396 Abs. 1 und 2 ZGB). Im Rahmen der Mitwirkungsbeistandschaft handelt die verbeiständete Person selbst. Sie muss somit hinsichtlich der fraglichen Angelegenheiten urteilsfühig sein. Die Mitwirkungsbeistandschaft räumt dem Beistand keinerlei Vertretungsbefugnisse ein, sondern lediglich die Kompetenz, den Handlungen der verbeiständeten Person zuzustimmen die Zustimmung zu verweigern (BSK ZGB II-B IDERBOST, 7. Aufl. 2022, Art. 396 N 2).
Die Vorinstanz gab in ihrem Urteil vom 6. Oktober 2022 zunächst den früheren Verlauf des erwachsenenschutzrechtlichen Verfahrens ausführlich wieder. Sie bejahte gestützt auf die Akten und das Gutachten einen Schwächezustand der Beschwerdeführerin und deren Schutzbedarf. Bei einer Mitwirkungsbeistandschaft müsse die betroffene Person in der Lage sein, selbst zu handeln, und grundsätzlich urteilsfühig sein. Die Urteilsfähigkeit der Beschwerdeführerin sei gemäss ihren eigenen Angaben und gemäss dem Gutachten grundsätzlich gegeben. Die Erkenntnisfühigkeit, die Fähigkeit zur Willensbildung und die Fähigkeit, gemäss eigenem Willen zu handeln, lägen bei der Beschwerdeführerin klar vor. Indessen sei die Wertungsfühigkeit gemäss Gutachten nicht eindeutig beurteilbar. Dies spreche vorliegend jedoch nicht gegen die Errichtung einer Mitwirkungsbeistandschaft, da die Wertungsfühigkeit durch die erforderliche Zustimmung der Beistündin abgefedert werde. Gemäss den Entscheiden der KESB vom 6. Oktober 2022 und 14. Dezember 2022 könne die Beschwerdeführerin über ihr selbstverwaltetes Konto bei der I. bis zu einer Höhe von Fr. 5'000 selber verfügen. darüber hinaus und bei den übrigen Vermögenswerten auf den anderen Konten sei jedoch die Mitwirkung der Beistündin erforderlich. Damit habe die
KESB die mildeste mögliche Massnahme gewöhlt, um dem Schutzbedarf der Beschwerdeführerin gerecht zu werden. Obwohl die Beschwerdeführerin mehrfach beteuert habe, nicht mehr auf solche BetRügereien hereinzufallen, falle sie immer wieder auf neue und teilweise sogar auf dieselben BetRüger herein. Insbesondere die neuste Anzeige der Beschwerdeführerin vom November 2022 und ihre Kontakte mit den BetRügern zeigten deutlich auf, wie leicht sie sich durch die BetRüger einwickeln lasse. Weder Versprechungen grosser Gewinne noch von ihr zu tätigende Vorauszahlungen für solche grossen Gewinne würden sie stutzig machen. Obwohl sie durch einen Betrug bereits sehr viel Geld verloren habe, glaube sie eher fremden Leuten, die ihr Versprechungen machten, als dass sie auf die War- nungen der Familie der Polizei hüre. Dies zeige deutlich auf, dass sie nicht in der Lage sei, sich selbst genügend zu Schätzen. Durch ihre Investitionen im Oktober und November 2020 sei ein Vermögensschaden in der Höhe von
Fr. 598'905.87 entstanden, wodurch sie ihre wirtschaftliche Situation aufs Spiel gesetzt habe. Die KESB habe das Gutachten nicht falsch verstanden und es sei auch nicht zu beanstanden, dass die KESB angesichts des diagnostizierten Störungsbildes und der Aktenlage einen Schwächezustand im Sinne von Art. 390 ZGB bejaht und zum Schutz der Beschwerdeführerin definitiv eine Beistandschaft errichtet habe. Die Ausführungen im Gutachten bezüglich der Urteilsfähigkeit, das Handeln der Beschwerdeführerin seit dem ersten Entscheid der KESB im März 2020 sowie die aktuellen Vorfälle im Zeitraum vom 15. September 2022 bis 3. November 2022 zeigten klar, dass die Beschwerdeführerin nicht in der Lage sei, sich selbst genügend vor BetRügereien zu Schätzen und ihr Vermögen Selbständig zu verwalten. Entgegen der Darstellung der Beschwerdeführerin handle es sich nicht nur um einen Betrugskomplex und es sei gerade nicht so, dass sie daraus gelernt habe und den Mechanismus der BetRüger durchschaue (act. 5 S. 23-37).
Die Beschwerdeführerin kritisiert, die Vorinstanz sei nicht auf den von ihr erhobenen Vorwurf eingegangen, die erwachsenenschutzrechtliche Massnahme sei nicht rechtens, wenn ein psychiatrisches Gutachten zum Schluss komme, dass sie urteilsfühig sei und ein Teilaspekt der Urteilsfähigkeit nicht beurteilt wer- den könne (act. 2 Rz. 4). Im Gutachten werde bejaht, dass sie in der Lage sei, die getätigten Investitionen sowie den erlittenen Betrug zu erfassen und die Risiken
und Folgen solcher Investitionen zu erkennen und daraus entsprechende Schlussfolgerungen abzuleiten. Auch sei sie fühig, entsprechend diesen Schlussfolgerungen zu handeln. Es sei nicht rechtens, dass die Vorinstanz ohne Not und ohne weitere Begründung von diesen klaren äusserungen im Gutachten abgewichen sei und einen nicht näher beschriebenen Schwächezustand bejaht habe. Dadurch sei die Begründungspflicht verletzt worden (act. 2 Rz. 4, 12, 22, 26, 27).
Die Gutachterin Dr. J. hielt im Gutachten vom 15. Mai 2022 Folgen- des fest (KESB act. 161): Die Beschwerdeführerin leide an einer kombinierten persönlichkeitssTürung und einer Dysthymie (chronische, leichtere depressive STürung). Bei ihr fänden sich deutliche Abweichungen in der Beziehungsgestaltung und zwar innerhalb der Herkunftsfamilie und der eigenen Familie wie auch ausserhalb. Sie habe wenige soziale Kontakte und bei den meisten liege eine Ungleichheit vor, die mit einer abhängigkeit von ihr einhergehe. Die entstehenden Konflikte vermeide sie und flüchtet in dramatischen Ausdruck auf der körperlichen Ebene durch Androhung von Suizid. Ihr Wahrnehmen, Denken und Fühlen seien von einer Ungerechtigkeitserwartung, die sich immer wieder bestätige, und von einem mit nicht zu erFällenden Ansprüchen einhergehenden Perfektionismus Geprägt (a.a.O. S. 38 ff., 42). Die Urteilsfähigkeit bestehend aus den vier Elementen Erkenntnisfühigkeit, Wertungsfühigkeit, Fähigkeit zu Willensbildung und Fähigkeit gemäss eigenem Willen zu handeln sei nicht gegeben, wenn eines dieser Elemente fehle. Die Erkenntnisfühigkeit sei bei der Beschwerdeführerin voll gegeben. Auch die Fähigkeiten, einen Willen zu bilden und Entscheidungen zu treffen, seien nicht eingeschränkt. Die Wertungsfühigkeit stelle sich dagegen als schwer und nicht abschliessend beurteilbar dar. Die Beschwerdeführerin scheine im Frühjahr 2020 durch die interpersonellen Konflikte innerhalb ihrer Familie und psychische bedürftigkeit deutlich beeinflusst gewesen zu sein, so dass sie nicht in der Lage gewesen sei, auf deren Bedenken einzugehen. Die Beschwerdeführerin werde leicht durch äusseres angesprochen, was sich in der Vergangenheit insbesondere in ihrer Beziehung zu betRügerischen Brokern gezeigt habe. Die von ihr zur Verfügung gestellten Unterlagen über ihren neuen Tradingpartner bei allfälligen zuKünftigen Investitionen zeigten erneut, dass sie sich von hohen Gewinnversprechen wie auch von sich persönlich ins Szene setzenden Personen schnell
angesprochen fühle. Aktuell liessen die von der Beschwerdeführerin zur Verfügung gestellten Informationen zu ihrem neuen potentiellen Partner Zweifel aufkommen, ob sie in der Lage sei, angesichts von negativen Erfahrungen ihr Verhalten tatsächlich und nachhaltig zu modifizieren. Es obliege nicht der Gutachterin über die Seriosität einer Anlage zu urteilen, doch erstaune es angesichts des erlittenen Betrugs, dass die Beschwerdeführerin solche kritischen Stimmen nicht wahrzunehmen scheine und als Reaktion auf den Betrug bei weiteren Investitio- nen nicht besonders vorsichtig vorgehe. Sie zeige sich nicht nur leicht empfänglich für Gewinnversprechen, sondern sie interessiere sich für und vertraue Perso- nen aus dem Finanzbereich, die ihr eine persönliche Beziehung anbieten und sich dafür auch selbst in Szene setzten. Vor dem Hintergrund ihrer Persönlichkeitsstörung scheine dies dazu zu führen, dass sie finanzielle Risiken für die angebotene Beziehung in Kauf nehme. Es könne nicht abschliessend beurteilt werden, ob diesem Verhalten im Widerspruch zu ihren zwanghaften, aber im Einklang mit ihren histrionischen persönlichkeitszügen bewusste Entscheidungen für Spass am Risiko und Freude an menschlicher Aufmerksamkeit zugrunde lägen ob die Beschwerdeführerin in der anhaltenden vulnerablen Lebensphase angesichts histrion übersteigerter Existenzängste und persönlichkeits- und krankheitsbedingter Einsamkeit in ihrer Kritikfühigkeit eingeschränkt sei. Fraglich bleibe, ob die persönlichkeitssTürung in der aktuellen belastenden Lebensphase die Vulnerabilität derart erhöhe und rigide Verhaltensmuster derart versTürke, dass die Wertungsfühigkeit als krankheitsbedingt eingeschränkt angesehen werden müsse
(a.a.O. S. 39 ff.). Diese überlegungen führten die Gutachterin zur Schlussfolgerung, dass die Urteilsfähigkeit der Beschwerdeführerin bezüglich Vermögensangelegenheiten nicht abschliessend beurteilt werden könne, da das Ausmass der Wertungsfühigkeit durch die persönlichkeitsbedingte Suggestibilität und rigide Verhaltensweisen nicht abschliessend eingeschätzt werden könne (a.a.O. S. 43).
Mit Bezug auf die von der Beschwerdeführerin gerägte Verletzung der Begründungspflicht (act. 2 Rz. 4, 12, 22, 26, 27) ist festzuhalten, dass sich die Vorinstanz durchaus mit den Schlussfolgerungen im Gutachten auseinandersetzte und begründete, weshalb sie einen Schwächezustand und einen Schutzbedarf der Beschwerdeführerin bejahte. Dabei gewichtete die Vorinstanz die Ausführungen
im Gutachten zur Wertungsfühigkeit der Beschwerdeführerin vor dem Hintergrund des Handelns der Beschwerdeführerin seit März 2020 sowie der aktuellen Vorfälle im Zeitraum vom 15. September 2022 und 3. November 2022 und hielt fest, die Beschwerdeführerin falle immer wieder aufs Neue auf Betrugsmaschen herein, die Betrugsmaschen seien offensichtlich und die Beschwerdeführerin lasse trotz des hohen Verlustes keine Vorsicht walten. Daraus zog die Vorinstanz den Schluss, dass die Beschwerdeführerin nicht in der Lage sei, sich und ihr Vermögen selbst genügend zu Schätzen (act. 5 S. 31 ff.). In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass ein Gutachten gemäss Art. 157 ZPO der freien richterlichen BeweisWürdigung unterliegt, was auch der Beschwerdeführerin bewusst ist (act. 2 Rz. 8). Das Gericht hat über die rechtlichen Schlüsse aus den Feststellungen und Schlussfolgerungen im Gutachten zu entscheiden. Es war deshalb nicht Aufgabe der Gutachterin, sondern der Vorinstanz zu beurteilen, ob aufgrund der Feststellungen und Einschätzungen im Gutachten bei der Beschwerdeführerin ein Schwächezustand vorliegt, der eine erwachsenenschutzrechtliche Massnahme erforderlich macht (act. 2 Rz .9). Nachfolgend ist zu prüfen, ob die Vorinstanz die Voraussetzungen für die Errichtung einer Mitwirkungsbeistandschaft zu Recht bejahte.
Wie die Vorinstanz zutreffend festhielt, setzt eine Mitwirkungsbeistandschaft gerade keine Urteilsunfähigkeit der betroffenen Person voraus (act. 5
S. 31). Entsprechend kann die Beschwerdeführerin aus ihrem Hinweis, im Gutachten seien keinerlei Bedenken betreffend die vollständige Urteilsfähigkeit ge- äussert worden, nichts zu ihren Gunsten ableiten. Da die Urteilsfähigkeit für die Anordnung einer Mitwirkungsbeistandschaft nicht relevant ist, sprechen die Einschätzungen im Gutachten, die Wertungsfühigkeit sei schwer und nicht abschliessend beurteilbar bzw. die Urteilsfähigkeit der Beschwerdeführerin bezüglich Vermögensangelegenheiten könne nicht abschliessend beurteilt werden, gerade nicht gegen die Errichtung einer Mitwirkungsbeistandschaft.
Nicht nachvollziehbar ist die Kritik der Beschwerdeführerin, das Gutachten erschöpfe sich bezüglich der Wertungsfühigkeit in Fragestellungen (act. 2 Rz. 19). Im Gutachten wird ausführlich dargelegt, dass bzw. inwiefern sich in der Bezie-
hungsgestaltung der Beschwerdeführerin deutliche Abweichungen zeigten und dass sie leicht durch äusseres angesprochen werde. Sie sei leicht empfänglich für Gewinnversprechen und zeige Interesse für Personen aus dem Finanzbereich, die ihr eine persönliche Beziehung anbieten. Sie scheine finanzielle Risiken für die angebotene Beziehung in Kauf zu nehmen (KESB act. 161 S. 39 ff.). Dieses im Gutachten beschriebene Verhaltensmuster in der Beziehungsgestaltung lässt sich aufgrund der Akten nachvollziehen und setzte sich auch in der Zeit von September bis November 2022 fort, wie sich aus den nachfolgenden Erwägungen ergibt. Die Vorfälle, die sich seit dem Erlass der Entscheide der KESB vom 6. Oktober 2022 bzw. 14. Dezember 2022 ereignet haben, sind im Anwendungsbereich der Untersuchungsmaxime (Art. 446 ZGB) vorliegend zu berücksichtigen.
Dem Polizeirapport vom 7. Dezember 2022 ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführerin in einer E-Mail eine Donation von Fr. 1.2 Mio. versprochen worden war, sofern sie eine Vorauszahlung von Fr. 8'000 leiste. Da sie diesen Betrag nicht habe zahlen können, sei ihr vorgeschlagen worden, dass ihr dieser Betrag auf ihr Konto überwiesen werde und sie das erhaltene Geld abhebe und an einem ATM-Schalter in Bitcoin auf ein Konto einzahle. Die Beschwerdeführerin habe in der Folge sieben überweisungen auf ihr Konto erhalten, das entsprechen- de Geld abgehoben und Bitcoin-Einzahlungen getätigt. Die letzte überweisung habe die Beschwerdeführerin nicht in Bitcoin umgewandelt, sondern an eine weitere unbekannte Person überwiesen, die sie mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit in eine andere Betrugsmasche habe verwickeln wollen (KESB act. 207/1). Dem Polizeirapport lässt sich weiter entnehmen, dass ein Mann namens K. offenbar ein Vertrauensverhältnis zur Beschwerdeführerin aufbaute. Aufgrund der äusserungen der Beschwerdeführerin entstand beim rapportierenden Polizeibeamten der Eindruck, es könnte sich um eine mögliche romantische Bekanntschaft handeln (KESB act. 207/1 S. 6). Auf den Rat des Rapportierenden, sie solle ihre alte Rufnummer sowie E-Mail-Adressen nicht mehr benutzen, da es immer wieder zu Kontaktaufnahmen, möglicherweise unter anderem Vorwand, kommen könnte, vertrat die Beschwerdeführerin die Ansicht, dass es sich zumindest bei K. um eine vertrauenswürdige Person handle, da sich dieser sehr christlich und gläubig gebe und sie ihm deshalb traue (a.a.O. S. 7). Dass die Beschwerdeführerin an einem persönlichen Austausch interessiert ist und dabei allein aufgrund des Austauschs von Kurznachrichten schnell Vertrauen fasst, ergibt sich auch aus der WhatsApp-Chronologie zwischen der Beschwerdeführerin und einer angeblichen L. (KESB act. 207/5). So legte die Beschwerdeführerin ihre anfängliche Vorsicht, die sie gegenüber L. mit dem Betrug über rund Fr. 500'000 begründete, innert kurzer Zeit ab, nachdem sich L. regelmässig nach dem persönlichen Wohlbefinden der Beschwerdeführerin erkundigt und ihr angeboten hatte, sie bei der Auslösung der vermeintlichen Spende der M. zu Unterstützen. ([...] L. : Ich mache das nur, um zu helfen, als Frau für Frau. Ich hoffe, ich bereue es nicht, Ihnen zu vertrauen und Ihnen zu helfen.; A. : Ich bin überwältigt von Ihrer Hilfsbereitschaft. Das ist unglaublich schön und Selbstverständlich werde ich Sie nicht enttäuschen. Es ist einfach nur wunderbar. Vielen herzlichen Dank. Ich werde genauso vorgehen, wie Sie es geschrieben haben. [...] Ich Möchte mich gerne mit einer eigenen Handarbeit bei Ihnen bedanken und würde Sie gerne persönlich kennen lernen. Vielleicht klappt das ja. [...]; KESB act. 207/5 S. 3). Dem WhatsApp-Verlauf ist weiter zu entnehmen, wie der Austausch mit L. innert sieben Tagen zu einem wichtigen sozialen Kontakt für die Beschwerdeführerin wurde. Sie schilderte L. regelmässig ihren Tagesablauf und gab ihr Details zu ihrem Privatleben preis (z.B. zu ihrer Erkrankung, zum KESB-Verfahren, zur Erstellung des psychiatrisches Gutachtens und zum Bruch mit ihren Kindern [a.a.O. S. 7, 13]) und sie freute sich über einen so tollen Kontakt mit L. (A. : Es gibt wirklich noch Engel und ich habe einen kennengelernt. Das ist einfach wunderschön. [a.a.O. S. 8]; A. : Ich bin dankbar, dass es mir viel viel besser geht und ich den Kontakt zu Ihnen gefunden habe. [a.a.O. S. 25]). Damit bestätigte sich im Zusammenhang mit dem im Herbst 2022 erfolgten Betrugsversuch die Einschätzung der Gutachterin, dass die sozialen Kontakte, die sich im Zusammenhang mit FinanzGeschäften ergeben, für die Beschwerdeführerin von grosser Bedeutung sind. Die Beschwerdeführerin leidet seit 20 Jahren an einer Depression; sie lebt aufgrund ihrer Krankheit sehr zurückgezogen und pflegt nur wenige soziale Kontakte (act. 161 S. 17, 21). So geht aus den äusserungen des behandelnden Psychiaters hervor, dass der Kontakt mit den Brokern nahezu der einzige Kontakt der Beschwerdeführerin
gewesen sei, den sie ausserhalb von Therapien gehabt habe. Er habe gesehen, dass ihr der Kontakt zu den Brokern gutgetan habe. Selbst als sie gewusst habe, dass sie die investierte Summe verloren habe, habe sie weiterhin betont, dass die Investition ihr Recht gewesen sei (KESB act. 161 S. 30). Die im Gutachten ge- äusserten Bedenken, ob die Beschwerdeführerin in der Lage sei, ihr Verhalten angesichts von negativen Erfahrungen tatsächlich und nachhaltig zu modifizieren, haben sich aufgrund der neuen Vorkommnisse versTürkt.
Trotz des Betruges im Jahr 2020 verfolgt die Beschwerdeführerin ganz offensichtlich weiterhin ihr Bestreben, in kurzer Zeit zu viel Geld zu kommen. So teilte der getrennt lebende Ehemann der Beschwerdeführerin der KESB mit Schreiben vom 23. Februar 2022 mit, anlässlich eines Gespräches habe die Beschwerdeführerin ihm erklärt, den finanziellen Verlust durch ein neues, geschicktes Trading wettmachen zu wollen. Sie habe mit einem mehreren Tradern Kontakt aufgenommen, mit denen sie vor dem Cyberbetrug in Kontakt gewesen sei und mit denen sie kleinere Gewinne erzielt habe. Die Beschwerdeführerin sei der überzeugung, schon mit einem Betrag von ca. Fr. 50'000 kurzfristig einen Gewinn von mindestens 1 Million erzielen zu können. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass sie eine Kreditaufnahme zur Erhöhung des Einsatzes erwäge. Auf seinen Einwand, solche Gewinnversprechungen könnten nicht seriös sein und die Auszahlung von angeblichen kleinen Gewinnen sei ein bekannter Trick, um Vertrauen aufzubauen und das Opfer zur Investition des Gesamtvermögens zu veranlassen, habe sie mit UnVerständnis reagiert (KESB act. 145). Die Tochter der Beschwerdeführerin teilte der KESB am 15. November 2022 mit, sie habe gesehen, dass ihre Mutter im Besitze eines besorgniserregenden Formulars sei, in dem es scheinbar darum gehe, Geld an die N. [Bank] zu überwiesen. Auf ihre telefonische Anfrage bei der Betrugsabteilung der N. sei ihr zur Vorsicht mit dem Formular geraten worden (KESB act. 196). Wenig später konnte die Tochter der Beschwerdeführerin über eine in den USA lebende Bekannte in Erfahrung bringen, dass es sich um ein unübliches Formular handle und ein Betrugsverdacht bestehe (KESB act. 204/3). Diese Umstände verdeutlichen, dass sich die Vorstellungen der Beschwerdeführerin von Finanzbzw. Tradinggewinnen im Bereich höchst spekulativer und risikoreicher Geschäfte bewegen.
Ihre Erwartungen sind umso riskanter, als aus ihren Aussagen, die sie gegenüber der Gutachterin im Zusammenhang mit dem im Jahre 2020 erfolgten Betrug machte, zu schliessen ist, dass sie über nahezu keine Erfahrungen mit VermögensGeschäften verfügt und nicht einmal den Stand ihres Vermögens kannte. So sagte sie, sie habe nur einen groben überblick über ihr Vermögen gehabt. Aufgrund der Aussage ihres Ehemannes, ihr Vermögen reiche aus, um seine Hälfte des Hauses mit einem Wert von Fr. 1 Mio. abzukaufen, habe sie angenommen, dass sie ein Vermögen von ungefähr Fr. 500'000 habe (KESB act. 161 S. 22 f.). Trotz dieser Annahme investierte die Beschwerdeführerhin einen Betrag von rund Fr. 900'000, und damit deutlich mehr als das von ihr vermutete Vermögen, wobei eine überweisung im Betrag von rund Fr. 200'000 gestoppt werden konnte. Wie die Beschwerdeführerin gegenüber der Gutachterin weiter erklärte, habe sich ihr Ehemann während der Ehe um die Vermögensverwaltung Gekümmert, nach- dem sie in den ersten Ehejahren Investitionen getätigt habe, aus denen ein größerer Verlust resultiert sei (KESB act. 161 S. 24 f., 29). Bezüglich zukönftiger Investitionen erklärte die Beschwerdeführerin gegenüber der Gutachterin, sie wolle etwa Fr. 50'000 anlegen und damit produktiv arbeiten. Sie habe einen Kurs gemacht, um selber traden zu können, würde aber nur mit Hilfe eines Finanzberaters anlegen (a.a.O. S. 24 f., 29). Wie die Vorkommnisse im Herbst 2022 zeigen, nahm die Beschwerdeführerin entgegen ihrer AbsichtsErklärung gegenüber der Gutachterin nicht die Unterstätzung eines Finanzberaters in Anspruch, son- dern trat erneut online mit dubiosen Personen in Kontakt.
Bemerkenswert im Zusammenhang mit dem neusten Betrugsversuch ist insbesondere, dass die Beschwerdeführerin ihre Zweifel an der Seriosität des Angebots der M. durch Beteuerungen von L. , alle anderen Angebote seien Betrug, ihre Spende sei zu 100 % legal und legitim, umgehend ablegte. Dabei wies die Beschwerdeführerin explizit auf die Warnungen eines Freundes hin, denen sie jedoch keinen Glauben schenkte (A. : Ein Kollege von mir (freund) warnt mich immer, das wären alles nur scsm nachrichten. Ich sehe da aber anfers. [a.a.O. S. 16]; A. : Ich habe wirklich gelernt. Ich habe nicht im Sinn, nochmal betrogen zu werden. Und ich habe ja auch schon gefragt, als ich unsicher war [a.a.O. S. 21]). Hinzu kommt, dass sich ein wesentlicher Teil der
WhatsApp-Kommunikation darum drehte, dass die Beschwerdeführerin immer wieder entgegen den Anweisungen von L. mit weiteren Personen in Kontakt trat und von ihnen Anweisungen entgegennahm (Ich habe inzwischen so vielen Kontakte, dass ich mich manchmal vertue. [KESB act. 207/5 S. 20]). Auf die teilweise sehr groben und deutlichen Zurechtweisungen von L. versicherte ihr die Beschwerdeführerin immer wieder, sie habe es jetzt endlich verstanden und werde es nicht mehr tun (KESB act. 207/5 S. 10, 11, 21, 22, 24, 31, 36). Es trifft zwar zu, dass in den Medien häufig von Online-Anlagebetrug und Love Scams berichtet wird. Der Beschwerdeführerin ist auch zuzustimmen, dass nicht alle Opfer solcher Betrugshandlungen mit erwachsenenschutzrechtlichen Mass- nahmen belegt werden (act. 2 Rz. 27). Aber die aktenkundigen Vorkommnisse lassen sich nicht einfach als einmaliger Betrug abtun. Die Beschwerdeführerin tritt trotz des grossen finanziellen Verlustes durch den Betrug im Jahr 2020 weiterhin mit OnlinebetRügern in Kontakt und offenbart gegenüber Personen, die sich mit Gewinnversprechen Spendenofferten bei ihr melden, weiterhin eine angesichts ihrer beruflichen Qualifikationen erstaunliche Gutgläubigkeit, wenn nicht gar Naivität. Dabei ist ihr der Verlust, den sie gegenüber L. auf Fr. 600'000 bezifferte (a.a.O. S. 14), sehr präsent. Gerade weil die Beschwerdeführerin unter dem Betrug, der Erwachsenenschutzmassnahme und dem Kontaktabbruch mit ihren Kindern sehr leidet, wie sie gegenüber L. zum Ausdruck brachte
(a.a.O. S. 14), wäre zu erwarten, dass sie ihr Verhalten verändern und sich von dubiosen Online-Versprechungen fernhalten würde. Dies gelingt ihr offenbar nicht, wobei der soziale Austausch ein wesentlicher Grund dafür zu sein scheint. Die Sozialkontakte sind sodann wesentlich von der Gutgläubigkeit der Beschwer- deführerin Geprägt, was sich auch im Zusammenhang mit der von ihr als nigeria- nischer Freund bezeichneten Person offenbart. So schrieb die Beschwerdeführerin an L. : [...] Der Vater meines nigerianischen Freundes (Kein Scammer) musd dringend ins kranken haus. Ich weids noch immer nicht, wie ich ihm das geld schicken kann. können Sie mir evtl. Einen Rat geben Mit Bitcoins geht es nicht. (a.a.O. S. 37; 01.11.22, 14:48). Es trifft zwar zu, dass der Beschwerdeführerin aus den im November 2022 zur Anzeige gebrachten VorFällen kein unmittelbarer finanzieller Schaden entstanden ist (act. 2 Rz. 23, 25). Dies spricht aber
nicht gegen das Vorliegen eines Schwächezustands, weil die Beschwerdeführerin zu jenem Zeitpunkt gar keinen Zugriff auf ihr Vermögen hatte. Der Umstand, dass der Beschwerdeführerin kein finanzieller Schaden entstanden ist, ist auf die Schutzmassnahmen zurückzuführen, wobei immerhin zu erwähnen ist, dass sich die Beschwerdeführerin durch ihr Verhalten zumindest dem Verdacht der Geldwäscherei aussetzte.
gegenüber der Gutachterin brachte die Beschwerdeführerin zum Aus- druck, dass sie im Jahr 2020 aufgrund der Verstossung durch ihren Ehemann vulnerabel gewesen sei und die Broker es geschafft hätten, dass sich eine Freundschaft entwickelt habe (KESB act. 161 S. 24 f.). In der Beschwerde macht sie demgegenüber geltend, sie befinde sich aktuell weder in einer belasteten in einer anhaltend vulnerablen Lebensphase, es gehe ihr heute gut (act. 2 Rz. 18 ff.). Die Beteuerungen der Beschwerdeführerin, dass es ihr heute psychisch besser gehe als im Jahr 2020, steht indessen im Widerspruch zu ihren äusserungen gegenüber L. , der sie mehrfach erzählte, dass sie aufgrund ihrer Depression sehr geschwächt sei und es ihr auch Körperlich nicht gut gehe (KESB act. 207/5 S. 12, 14, 15, 17, 25, 33, 35).
Zusammenfassend ist Folgendes festzuhalten: Aufgrund der vorstehend wiedergegebenen Vorkommnisse steht fest, dass die Beschwerdeführerin sehr an Vermögensgewinnen interessiert ist. Dabei tritt sie immer wieder online in Kontakt mit dubiosen Personen, mit denen sie einen persönlichen Austausch sucht. Ihre Empfänglichkeit für Gewinnversprechen und ihr bedürfnis nach persönlichen Beziehungen gepaart mit ihrer Gutgläubigkeit und ihren unrealistischen Vorstellungen von möglichen Investitionsgewinnen begründen einen Schutzbedarf. Somit liegt bei der Beschwerdeführerin ein Schwächezustand im Sinne von Art. 390 Abs. 1 ZGB vor, der es ihr verunmöglicht, ihr Vermögen sinnvoll und vorausschauend anzulegen. Es ist nicht ersichtlich, mit welchen anderen Massnahmen dem Schutzbedarf der Beschwerdeführerin entsprochen werden könnte, zumal die Beschwerdeführerin nicht auf Warnungen aus ihrem privaten Umfeld hürt. Auch die Beschwerdeführerin selbst zeigt keine anderweitigen Unterstätzungs- Möglichkeiten auf. Es scheint deshalb auch mit Blick auf den Verhältnismässig-
keitsgrundsatz angemessen, dass die Beschwerdeführerin über das Guthaben auf dem I. -Konto 8 bis zu einem Betrag von Fr. 5'000 Selbständig verfügen kann und die Verfügung über die übrigen Vermögenswerte sowie im Fr. 5'000 übersteigenden Betrag nur mit Zustimmung der Beistündin möglich ist. Entsprechend ist die Handlungsfühigkeit der Beschwerdeführerin mit Ausnahme von Transaktionen und Bezügen von weniger als Fr. 5'000 vom selbstverwalteten Konto eingeschränkt. Im Interesse und zum Schutz der Beschwerdeführerin ist die gestützt auf Art. 396 ZGB angeordnete Mitwirkungsbeistandschaft deshalb zu bestätigen.
Die Beschwerdeführerin sTürt sich daran, dass die Vorinstanz aktenwidrig behauptet habe, bei ihr (der Beschwerdeführerin) habe eine iatrogene Benzodiazepinabhängigkeit vorgelegen (act. 2 Rz. 11). diesbezüglich ist die Beschwerdeführerin der vollständigkeit halber darauf hinzuweisen, dass die Vorinstanz explizit und korrekt festhielt, dass gemäss Gutachten der Verdacht bestehe, dass in der Vergangenheit unter anderem eine iatrogene Benzodiazepinabhängigkeit vorgelegen habe (act. 5 S. 27; Hervorhebung hinzugefügt).
überweisungen auf das selbstverwaltete Konto
Im Eventualpunkt beantragt die Beschwerdeführerin, dass die Beistündin anzuweisen sei, ihr zusätzlich zu den Altersrenten und den Unterhaltsbeiträgen ihres Ehemannes einen Betrag von mindestens Fr. 2'000 pro Monat zur Verfügung zu stellen (act. 2 S. 2 und Rz. 29).
Dispositiv-Ziffer 1 Abs. 3 des Wiedererwägungsentscheids der KESB vom
14. Dezember 2022 lautet wie folgt:
Von der Mitwirkungsbeistandschaft nicht betroffen und somit unter der allei- nigen Verfügung von A. ist das Konto bei der I. , 8, Privatkonto, lautend auf A. , geb. tt. Mai 1956. A. und die Beistandsperson haben ein Budget zu erstellen, um den Lebensunterhalt und einen angemessenen Betrag zur freien Verfügung auf das selbstverwaltete Konto zu
überweisen. Gleichzeitig ist die Zustimmung der Beistandsperson bei Vertragsabschlüssen jeglicher Art über den Betrag von Fr. 5'000.00 notwendig.
Gemäss der genannten Anordnung der KESB ist es Aufgabe der Beistündin, zusammen mit der Beschwerdeführerin ein Budget zu erstellen, das insbesondere auch einen Betrag zur freien Verfügung der Beschwerdeführerin enthalten soll. Der von der Beistündin zusammen mit der Beschwerdeführerin festzulegende Betrag soll monatlich auf das von der Beschwerdeführerin selbstverwaltete I. - Konto überwiesen werden. Das Budget bzw. der Betrag zur freien Verfügung wurde nicht von der KESB festgelegt und war entsprechend auch nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens vor Vorinstanz. Damit fehlt es mit Bezug auf den Eventualantrag an einem zulässigen Anfechtungsobjekt (vgl. vorstehende
E. 2. 1), weshalb auf die Beschwerde im Eventualpunkt nicht einzutreten ist.
Kosten- und Entschädigungsregelung der Vorinstanz
Da der Entscheid der Vorinstanz zu bestätigen ist, erübrigt sich eine Korrektur der Kosten- und Entschädigungsregelung.
Kosten- und Entschädigungsfolgen im Beschwerdeverfahren
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Beschwerdeführerin für das vorliegende Beschwerdeverfahren kostenpflichtig (Art. 106 Abs. 1 ZPO). Die Entscheidgebühr ist auf Fr. 800 festzusetzen.
Es wird erkannt:
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.
Die Entscheidgebühr wird auf Fr. 800 festgesetzt und der Beschwerdeführerin auferlegt.
Schriftliche Mitteilung an die Beschwerdeführerin, die Kindes- und ErwachsenenschutzBehörde Dielsdorf sowie an den Bezirksrat Dielsdorf, je gegen Empfangsschein.
Nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist gehen die beigezogenen Akten an den Bezriksrat zurück.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesge-
richt, 1000 Lausanne 14, einzureichen. zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.
Es handelt sich um eine nicht vermögensrechtliche Angelegenheit.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Die Gerichtsschreiberin:
lic. iur. K. Würsch
versandt am:
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
Hier geht es zurück zur Suchmaschine.