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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Zusammenfassung des Urteils PQ220039: Obergericht des Kantons Zürich

Das Gerichtsverfahren dreht sich um die Untersuchungshaft eines Beschuldigten wegen Verdachts auf versuchte schwere Körperverletzung und Angriff. Der Beschuldigte hat Beschwerde gegen die Haftentlassung eingereicht, die später jedoch gegenstandslos wurde, da er bereits aus der Haft entlassen wurde. Das Gericht entscheidet, dass die Beschwerde als gegenstandslos abgeschrieben wird, keine Kosten erhoben werden und die Entschädigung des Verteidigers bei der Hauptsache verbleibt. Die Entscheidung kann innerhalb von 30 Tagen beim Bundesgericht angefochten werden.

Urteilsdetails des Kantongerichts PQ220039

Kanton:ZH
Fallnummer:PQ220039
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid PQ220039 vom 21.06.2022 (ZH)
Datum:21.06.2022
Rechtskraft:Weiterzug ans Bundesgericht, 5A_574/2022
Leitsatz/Stichwort:Kindesschutzmassnahmen / Entzug Aufenthaltsbestimmungsrecht / vorsorgliche Massnahmen / unentgeltliche Rechtspflege
Schlagwörter : Dielsdorf; Verfahren; Kindes; Recht; Bezirk; Entscheid; Gericht; Zuständigkeit; Eltern; Eingabe; Bezirksgericht; Obhut; Kindesschutzbehörde; Familienbegleitung; Verfahrens; Bezirksrat; Kammer; Kindesschutzmassnahme; Aufenthaltsbestimmungsrecht; Rechtspflege; Mutter; Vorinstanz; Akten; Abänderung; Beschwerdegegner; Kindesschutzmassnahmen; BR-act; Begehren
Rechtsnorm:Art. 106 ZPO ;Art. 123 ZPO ;Art. 134 ZGB ;Art. 315 ZGB ;Art. 315a ZGB ;Art. 317 ZGB ;Art. 450 ZGB ;Art. 450f ZGB ;Art. 93 BGG ;Art. 95 ZPO ;
Referenz BGE:125 III 401; 142 III 481;
Kommentar:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017

Entscheid des Kantongerichts PQ220039

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer

Geschäfts-Nr.: PQ220039-O/U

Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. E. Lichti Aschwanden, Vorsitzende, Oberrichter Dr. M. Sarbach und Oberrichterin lic. iur. A. Strähl sowie Gerichtsschreiberin MLaw S. Ursprung

Beschluss vom 21. Juni 2022

in Sachen

  1. ,

    Beschwerdeführerin

    unentgeltlich vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. X.

    gegen

  2. ,

    Beschwerdegegner

    vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. Y.

    sowie

  3. ,

Verfahrensbeteiligte

vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Z.

betreffend Kindesschutzmassnahmen / Entzug Aufenthaltsbestimmungsrecht / vorsorgliche Massnahmen / unentgeltliche Rechtspflege

Beschwerde gegen ein Urteil des Bezirksrates Dielsdorf vom 27. Mai 2022; VO.2022.8 (Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Bezirk Dielsdorf)

Erwägungen:

I.

1. A. (nachfolgend Beschwerdeführerin Mutter) und B. (nachfolgend Beschwerdegegner Vater) sind die geschiedenen Eltern von

C. , geb. tt.mm 2011. Mit superprovisorischem Entscheid vom 19. Januar 2022 entzog die KESB Bezirk Dielsdorf (nachfolgend KESB) der Mutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht und platzierte C. bei ihrem Vater, unter Verzicht auf eine superprovisorische Regelung des persönlichen Verkehrs (KESB-act. 67/1

= act. 4/3). Mit vorsorglichem Entscheid vom 8. März 2022 bestätigte die KESB den superprovisorischen Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrechts der Mutter und die Platzierung von C. beim Vater. Die Regelung des persönlichen Verkehrs zwischen Mutter und C. wurde der Beiständin übertragen, deren Aufgabenbereich teilweise angepasst und weitergeführt wurde; einzig die Aufgabe, eine sozialpädagogische Besuchsbegleitung für die Mutter zu organisieren, wurde nicht bestätigt (KESB-act. 153/1 = act. 4/4, 2. Teil [folgend auf den Entscheid vom 27. April 2022]).

Gegen diesen Entscheid erhob die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom

28. März 2022 Beschwerde beim Bezirksrat Dielsdorf (nachfolgend Vorinstanz) und beantragte im Wesentlichen die Aufhebung des angefochtenen Entscheids, wobei sie superprovisorisch beantragte, ihr Aufenthaltsbestimmungsrecht sei wie- derherzustellen sowie die superprovisorisch angeordnete (und vorsorglich für sie nicht bestätigte) sozialpädagogische Familienbegleitung sei für beide Eltern zu bestätigen (BR-act. 1 S. 2-4 = act. 7 S. 3-5). Mit Präsidialverfügung vom 4. April 2022 wies die Vorinstanz die superprovisorisch gestellten Begehren ab und bewilligte der Beschwerdeführerin die unentgeltliche Rechtspflege (BR-act. 5). Mit Eingabe vom 13. April 2022 stellte der Verfahrensvertreter von C. , Rechtsanwalt Z. , den Antrag, auf die Beschwerde gegen den vorsorglichen Entscheid der KESB sei nicht einzutreten, eventualiter sei dieser abzuweisen (BRact. 7). Mit Eingaben vom 13. April resp. vom 19. April 2022 reichten die KESB sowie der Beschwerdegegner Stellungnahmen ein. Mit Entscheid vom 27. April 2022 schloss die KESB das Verfahren betreffend Prüfung von Kindesschutzmassnahmen für C. ab, da die Zuständigkeit dafür ans Bezirksgericht Dielsdorf übergegangen sei (BR-act. 18 = act. 4/6). Die Beschwerdeführerin replizierte am 29. April 2022, und der Verfahrensvertreter von C. verzichtete mit Eingabe vom 25. Mai 2022 auf eine Stellungnahme und wies auf die zwingende und dringliche Notwendigkeit hin, dass sich (nur) eine Behörde mit sämtlichen sich vorliegend stellenden Fragen beschäftige, um der Gefahr widersprechender Entscheide zu entgegnen (BR-act. 25). Mit Urteil vom 27. Mai 2022 wies die Vorinstanz die Beschwerde vollumfänglich ab (BR-act. 27 = act. 4/2 = act. 7 [Aktenexemplar], nachfolgend zitiert als act. 7).

2. Gegen diesen Entscheid erhob die Beschwerdeführerin rechtzeitig mit Eingabe vom 10. Juni 2022 die vorliegend zu beurteilende Beschwerde. Sie beantragt (act. 2 S. 2 f.):

1. Es seien die Dispositiv-Ziffer I., II., III., VI. und VII. des Urteils vom 27. Mai 2022 des Bezirksrates Dielsdorf (V0.2022.8/3.02.00) aufzuheben, eventualiter sei das Verfahren an den Bezirksrat Dielsdorf zur Neubeurteilung zurückzuweisen.

  1. Das Kind C. sei in die Obhut der Beschwerdeführerin zu geben.

  2. Es sei vorsorglich davon Vormerk zu nehmen, dass die Mutter ihr Einverständ- nis dazu gibt, dass C. eine für sie geeignete Psychotherapie unter Berücksichtigung des von der Schule Eschenmosen gemeldeten sexualisierten Verhaltens von C. besuchen kann;

  3. Es sei für beide Eltern vorsorglich eine sozialpädagogische Familienbegleitung zu installieren mit dem Auftrag, die Eltern in ihrer Erziehung und Betreuung von

    C. in Berücksichtigung ihrer Bedürfnisse zu unterstützen auch insbeson-

    ders bezüglich des Konsums von C. von sozialen Medien bzw. des Gamens etc.;

  4. Der Aufgabenkatalog der Beiständin sei vorsorglich wie folgt anzupassen:

    1. die Eltern in ihrer elterlichen Sorge um C. mit Rat und Tat zu unterstützen;

    2. die Kontakte zwischen C. und dem Vater zu unterstützen;

    3. die schulische, soziale und gesundheitliche Entwicklung von C. zu begleiten und zu überwachen;

    4. die Mutter in der Organisation einer psychotherapeutischen Begleitung für C. zu unterstützen und deren Finanzierung zu beantragen;

    5. eine sozialpädagogische Familienbegleitung für jeden Elternteil zu organisieren, diese zu begleiten und deren Finanzierung zu beantragen;

    6. mit allen involvierten Fachstellen und Fachpersonen zusammenzuarbeiten und diese zu koordinieren;

Superprovisorisch sei anzuordnen:

  1. Das Kind C. , geb. tt.mm 2011, sei in die Obhut der Beschwerdeführerin zu übergeben.

  2. Die durch die KESB Dielsdorf für die Beschwerdeführerin superprovisorisch angeordnete Sozialpädagogische Familienbegleitung und vorsorglich durch die

KESB Dielsdorf nichtbestätigte Sozialpädagogische Familienbegleitung sei für die Beschwerdeführerin wieder zu errichten.

[…]

prozessuale Anträge:

  1. Es seien die Akten des Bezirksrates Dielsdorf (VO.2022.8/3.02.00), die Akten der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Bezirk Dielsdorf (DD-2021/10848) sowie die Akten des Bezirksgerichts Dielsdorf (Geschäfts-Nr.: FP220006) beizuziehen.

  2. Es sei der Beschwerdeführerin die unentgeltliche Prozessführung zu gewähren und die Unterzeichnende als unentgeltliche Rechtsbeiständin zu bestellen.

Unter Kosten- und Entschädigungsfolge (zzgl. 7, 7 % Mehrwertsteuer) zu Lasten des Beschwerdegegners.

Die Akten des Bezirksrats (act. 8/1-36, zitiert als BR-act.) sowie der KESB (act. 9/1-178, zitiert als KESB-act.) wurden von Amtes wegen beigezogen. Das Verfahren erweist sich als spruchreif.

  1. Das Verfahren in Kindes- und Erwachsenenschutzsachen richtet sich nach den Bestimmungen des ZGB und den ergänzenden kantonalen Bestimmungen (EG KESR und Gerichtsorganisationsgesetz [GOG]). Im Übrigen sind die Bestimmungen der Schweizerischen Zivilprozessordnung (ZPO) sinngemäss anwendbar (Art. 450f ZGB und § 40 EG KESR).

    Das angerufene Obergericht ist für Beschwerden gegen Entscheide des Bezirksrates zuständig (Art. 450 Abs. 1 ZGB i.V.m. § 64 EG KESR). Die Beschwer- deführerin ist von der Anordnung betroffen und zur Beschwerdeführung legitimiert. Die Beschwerde wurde schriftlich innert Frist erhoben (Art. 450 Abs. 3 ZGB). Sie enthält Anträge und eine Begründung (act. 2). Insoweit steht dem Eintreten nichts entgegen.

  2. Zu prüfen ist vorliegend die sachliche Zuständigkeit der KESB resp. der Rechtsmittelinstanzen und damit der Kammer zur (Weiter-)Behandlung der vorliegenden Streitsache, da seit dem 7. März 2022 am Bezirksgericht Dielsdorf eine Klage auf Abänderung des Scheidungsurteils zwischen den Parteien hängig ist und in diesem Abänderungsverfahren schon mit dem einleitenden Schriftsatz vorsorgliche (und teils superprovisorische) Begehren bezüglich der Obhut (resp. des Aufenthaltsbestimmungsrechts als rechtlicher Obhut) sowie der Unterhaltszahlungen gestellt wurden (act. 4/5 S. 2).

    1. Für die Anordnung von Kindesschutzmassnahmen sind grundsätzlich die Kindesschutzbehörden am Wohnsitz des Kindes zuständig (Art. 315 Abs. 1 ZGB). Hat ein Gericht im Rahmen der Scheidung eines Eheschutzverfahrens die Beziehungen der Eltern zu den Kindern zu gestalten, dann trifft dieses Gericht auch die nötigen Kindesschutzmassnahmen und betraut die Kindesschutzbehör- de mit dem Vollzug (Art. 315a Abs. 1 ZGB). Die Kindesschutzbehörde bleibt aber befugt, ein vor dem gerichtlichen Verfahren eingeleitetes Kindesschutzverfahren weiterzuführen und auch sofort notwendige Massnahmen anzuordnen, wenn sie das Gericht voraussichtlich nicht rechtzeitig treffen kann (Art. 315a Abs. 3 Ziff. 1 und 2 ZGB).

      Für die Abänderung von Anordnungen über die elterliche Sorge, die Obhut den Unterhaltsbeitrag und den persönlichen Verkehr (sowie die Betreuungsanteile) enthalten Art. 134 Abs. 3 und 4 ZGB besondere Bestimmungen. Sind sich die Eltern einig, so ist die Kindesschutzbehörde für die Neuregelung der elterlichen Sorge, der Obhut und die Genehmigung eines Unterhaltsvertrages zuständig (Art. 134 Abs. 3 Satz 1 ZGB). In den übrigen Fällen entscheidet das für die Abän- derung des Scheidungsurteils zuständige Gericht (Art. 134 Abs. 3 Satz 2 ZGB), wobei das Gericht dann erforderlichenfalls auch den persönlichen Verkehr sowie

      die Betreuungsanteile neu regelt (Art. 134 Abs. 4 ZGB). Ist zwischen den Parteien die Änderung von Kinderbelangen strittig, so überweist die Kindesschutzbehörde die Streitsache an das Gericht zur weiteren Behandlung (OGer ZH, LC180036 vom 18. Oktober 2019, E. 1.2; BÜCHLER/CLAUSEN, FamKomm Scheidung, Band I,

      4. Aufl. 2022, Art. 134 mit Art. 315a/b N 20). Die Zuständigkeit für den Entscheid

      über den Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrechts über ein Kind geschiedener Eltern sollte grundsätzlich beim Gericht und nicht bei der Kindesschutzbehörde liegen (KGer Freiburg, 106 2016 28 vom 30. September 2016, E. 4). Gleichzeitig kann der Entscheid über den Wechsel des Aufenthaltsortes nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung nicht losgelöst von der zu prüfenden Anpassung der übrigen Kinderbelange (insb. persönlicher Verkehr / Unterhalt) getroffen werden (BGE 142 III 481 E. 2.6; weitere Hinweise bei BÜCHLER/CLAUSEN, a.a.O., Art. 134 mit Art. 315a/b N 20 i.f.).

    2. Nach den zitierten Gesetzesbestimmungen ging die Zuständigkeit für die Anordnung allfälliger Kindesschutzmassnahmen mit der Anhängigmachung des Verfahrens auf Abänderung der Scheidung am 7. März 2022 grundsätzlich auf das Bezirksgericht Dielsdorf (nachfolgend auch BG Dielsdorf) über. Im Rahmen von sofort notwendigen Massnahmen bzw. zur Weiterführung des bereits eingeleiteten Kindesschutzverfahrens blieb die KESB vorliegend indes weiterhin zuständig (Art. 315a Abs. 3 Ziff. 1 ZGB), weshalb nicht zu beanstanden ist, dass die KESB am 8. März 2022 den bei der Vorinstanz angefochtenen Entscheid getroffen hat. Am vorliegenden Fall zeigt sich fast schon lehrbuchartig der Sinn und Zweck von Art. 315a Abs. 3 Ziff. 1 ZGB: Es wäre offensichtlich nicht sinnvoll, wenn die KESB, welche das ganze bisherige Verfahren geführt hat und die Verhältnisse kennt, am Tag vor ihrem Entscheid die Zuständigkeit verlieren würde, ihr Verfahren weiterzuführen und stattdessen (infolge der Kompetenzattraktion) ausschliesslich das Bezirksgericht zuständig wäre, welches sich zuerst einmal grundlegend in die Verhältnisse einzuarbeiten hätte.

      Die Weiterführung des Verfahrens durch eine Kindesschutzbehörde würde sich überdies gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung als Ausnahme zur gesetzlich als Grundregel vorgesehenen Kompetenzattraktion dort rechtfertigen, wo der gerichtliche Streitgegenstand nichts mit einer von der Kindesschutzbehörde erlassenen Kindesschutzmassnahme zu tun hat (BGer 5A_995/2017 vom 13. Juli 2018, E. 3.). Es ist also bei der Abgrenzung der Zuständigkeit insofern auch der konkrete Streitgegenstand zu beachten (BÜCHLER/CLAUSEN, a.a.O., Art. 134 mit Art. 315a/b N 19). Hintergrund der Bestimmungen über die Zuständigkeit von Kindesschutzbehörden und Gerichten ist es, Doppelspurigkeiten zu vermeiden (BGE 125 III 401 E. 2c.cc; OGer ZH PQ170081 vom 2. März 2018, E. 2.2.).

    3. Die Aufteilung der sachlichen Zuständigkeit für Kindesschutzmassnahmen zwischen Gerichten und Kindesschutzbehörden ist nicht in jedem Fall leicht zu überblicken, und zudem besteht nicht selten ein Koordinationsbedarf, um drohen- de Doppelspurigkeiten gar sich widersprechende Entscheide zu vermeiden. Der Meinungs- und Informationsaustausch (Art. 317 ZGB) ist daher zentral (BSK ZGB I-BREITSCHMID, 6. Aufl. 2018, Art. 315-315b N 6, N 8). Da vorliegend superprovisorische Begehren zu beurteilen sind, welche ihrem Wesen nach zeitnah zu entscheiden sind, hat die Kammer nicht die Akten des Bezirksgerichtes beigezogen, vielmehr erfolgte der Informationsaustausch mit dem BG Dielsdorf telefo- nisch (act. 6), wobei zusätzlich aus dem Verfahren am BG Dielsdorf die Eingabe der Beschwerdeführerin vom 14. April 2022 auf elektronischem Weg beigezogen wurde (act. 10 = act. 16 im Verfahren FP220006 des BG Dielsdorf).

      Folgendes hat sich ergeben (act. 6): Das BG Dielsdorf erachtet sich aufgrund des bei ihm hängigen Abänderungsverfahrens und dessen Streitgegenstand (dazu sogleich) infolge Kompetenzattraktion als umfassend zuständig. Dabei hat sich in Bezug auf das dortige Verfahren (Verfahrens-Nr. FP220006) ergeben, dass die Beschwerdeführerin in ihrer Antwort auf das Massnahmenbegehren des Beschwerdegegners mit Eingabe vom 14. April 2022, beim Gericht eingegangen am 19. April 2022, eigene VSM-Begehren gestellt hat (beigezogenes act. 10). In dieser Eingabe focht die Beschwerdeführerin im Verfahren vor BG Dielsdorf den Massnahmenentscheid der KESB vom 8. März 2022 an resp. beantragte dessen Abänderung. Von den bei der Kammer gestellten fünf VSM-Begehren sind deren drei wortwörtlich gleich (die Anträge betreffend Vormerknahme Einverständnis Psychotherapie, vorsorgliche Installierung einer sozialpädagogischen Familienbegleitung für beide Eltern sowie Anpassung des Aufgabenkatalogs der Beiständin [Anträge Ziff. 3.-5., vgl. oben, E. 2.]) und der Antrag betreffend Rück- übertragung der Obhut ist anders formuliert, indes inhaltlich hier wie dort gestellt worden. Einzig der erste Antrag (die Aufhebung verschiedener Dispositiv-Ziffern

      des angefochtenen Entscheides der Vorinstanz vom 27. Mai 2022) wurde nicht schon vor Bezirksgericht gestellt, wobei diese Divergenz selbsterklärend ist. Auch den vor der Kammer gestellten Antrag, es sei C. superprovisorisch in ihre Obhut zu übergeben, hat die Beschwerdeführerin vor Bezirksgericht in der ge- nannten Eingabe bereits gestellt. Dies wurde mit Verfügung vom 22. April 2022 abgelehnt (act. 18 im Verfahren FP220006 des BG Dielsdorf). Einzig den zweiten bei der Kammer superprovisorisch gestellten Antrag (es sei ihr gegenüber die sozialpädagogische Familienbegleitung superprovisorisch wieder zu errichten) hat die Beschwerdeführerin im hängigen Verfahren vor BG Dielsdorf nicht als Superprovisorium gestellt, sondern als VSM-Begehren, wie sie dies auch im vorliegen- den Verfahren (zusätzlich zum Superprovisorium) tat. Weshalb die Beschwerdeführerin vor der Kammer die sozialpädagogische Familienbegleitung superprovisorisch beantragt und beim BG Dielsdorf nicht, ist nicht ersichtlich, insbesondere macht sie keine Gründe geltend, weshalb die sozialpädagogische Familienbegleitung für sie unterdessen dringender sein sollte. Selbst wenn dem so wäre, so stünde es der Beschwerdeführerin frei, einen entsprechenden Antrag im Verfahren vor BG Dielsdorf jederzeit zu stellen.

    4. Gemäss den obigen Ausführungen ist festzuhalten, dass mit Einleitung des Abänderungsverfahrens vor BG Dielsdorf die sachliche Zuständigkeit grundsätzlich an das Gericht übergegangen ist. Das Bezirksgericht hat sich denn auch als umfassend zuständig erklärt (vgl. act. 4/6). Die Kompetenzattraktion des Gerichts darf indes nicht dazu führen, dass Fragen des Kindesschutzverfahrens vor der KESB (resp. eines von der KESB in Nachachtung von Art. 315a Abs. 3 Ziff. 1 ZGB noch gefällten Entscheides) unbeurteilt bleiben würden, weil der gerichtliche Streitgegenstand nichts mit einer von der Kindesschutzbehörde erlassenen Kin- desschutzmassnahme zu tun hätte und es sich mithin um einen anderen Streitgegenstand handeln würde (vgl. oben, E. 4.2.). Dies ist vorliegend wie gesehen nicht der Fall, hat doch das BG Dielsdorf nicht nur ebenfalls die Frage der Obhut (und damit des Aufenthaltsbestimmungsrechts als rechtliche Obhut) zu beurteilen, sondern hat die Beschwerdeführerin darüber hinaus vielmehr hier wie dort weitestgehend die wortwörtlich identischen Rechtsbegehren gestellt. Das BG Dielsdorf hat seine umfassende Zuständigkeit zu Recht bejaht. Auf die bei der Kammer erhobene Beschwerde ist demnach nicht einzutreten.

      Bei dieser Sachlage hätte bereits die Vorinstanz am 27. Mai 2022 keinen Sachentscheid mehr fällen dürfen, vielmehr hätte ein Nichteintretensentscheid infolge fehlender sachlicher Zuständigkeit ergehen sollen. In Bezug auf die Kosten- und Entschädigungsfolgen ändert dies nichts (Art. 106 Abs. 1 ZPO i.V.m. Art. 95 Abs. 1 ZPO), und die Höhe der Kosten des vorinstanzlichen Entscheids wird von der Beschwerdeführerin nicht bemängelt.

  3. Zusammenfassend bleibt damit festzuhalten, dass auf die Beschwerde mangels sachlicher Zuständigkeit nicht einzutreten ist.

II.

  1. Ausgangsgemäss wären die Kosten des vorliegenden Verfahrens der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (§ 60 Abs. 5 EG KESR i.V.m. Art. 106 Abs. 1 ZPO). Dass die Vorinstanz einen Sachentscheid fällte, hat die Beschwerdeführerin indes nicht zu vertreten. Sie hat die Parallelität der beiden Verfahren nicht ver- ursacht. Es rechtfertigt sich unter diesen Umständen, die Kosten auf die Staatskasse zu nehmen bzw. keine Kosten zu erheben.

  2. Die Beschwerdeführerin beantragt für das vorliegende Verfahren die unentgeltliche Rechtspflege (act. 2 S. 3). Ihre Mittellosigkeit ist ausgewiesen (act. 4/8). Die Beschwerde erwies sich zudem nicht von vornherein als aussichtslos im Sin- ne des Gesetzes. Daher ist ihrem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege zu entsprechen. In Bezug auf die Gerichtskosten ist das Gesuch nach dem Gesagten als gegenstandslos geworden abzuschreiben.

Die unentgeltliche Rechtspflege umfasst nötigenfalls auch die Bestellung ei- nes unentgeltlichen Rechtsbeistandes (Art. 118 Abs. 1 lit. c ZPO). Die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür sind vorliegend gegeben. Rechtsanwältin lic. iur. X. ist dementsprechend als unentgeltliche Rechtsbeiständin der Beschwerdeführerin im obergerichtlichen Verfahren zu bestellen. Sie wird der Kammer noch eine Aufstellung über ihre Auslagen und Bemühungen einzureichen haben. Eine Entschädigung kann daher noch nicht zugesprochen werden und ist einem separaten Beschluss vorzubehalten. Bereits an dieser Stelle ist dabei festzuhalten, dass bei der Bemessung der Entschädigung zu berücksichtigen sein wird, dass die unentgeltliche Rechtsbeiständin im Verfahren FP220006 eine thematisch weitgehend überschneidende Eingabe verfasst hat (act. 19) und es jedenfalls nicht zu einer doppelten vollen Entschädigung in den beiden Parallelverfahren kommen darf. Des weiteren ist die Beschwerdeführerin auf die Nachzahlungspflicht gemäss Art. 123 ZPO hinzuweisen.

Es wird beschlossen:

  1. Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

  2. Das Gesuch der Beschwerdeführerin um Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege für das obergerichtliche Verfahren wird in Bezug auf die Gerichtskosten abgeschrieben.

  3. Der Beschwerdeführerin wird für das obergerichtliche Verfahren die unentgeltliche Rechtspflege bewilligt und in der Person von Rechtsanwältin lic. iur. X. eine unentgeltliche Rechtsbeiständin bestellt.

  4. Die Entscheidgebühr fällt ausser Ansatz.

  5. Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.

  6. Die Entschädigung der unentgeltlichen Rechtsbeiständin der Beschwerdeführerin wird einem separaten Beschluss vorbehalten.

  7. Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an den Beschwerdegegner sowie die Verfahrensbeteiligte je unter Beilage eines Doppels von act. 2 sowie

    act. 4/2-9, die Beiständin, die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Dielsdorf, das Bezirksgericht Dielsdorf zuhanden Verfahrens-Nr. FP220006,

    sowie – unter Rücksendung der eingereichten Akten – an den Bezirksrat Dielsdorf, je gegen Empfangsschein.

  8. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesge-

richt, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 93 BGG.

Es handelt sich um eine nicht vermögensrechtliche Angelegenheit.

Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer

Die Gerichtsschreiberin:

MLaw S. Ursprung

versandt am:

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