Zusammenfassung des Urteils PQ220026: Obergericht des Kantons Zürich
Der Gesuchsteller A.________ hat gegen die B.________ AG Berufung eingelegt, nachdem das Bezirksgericht Küssnacht sein Gesuch um Bewilligung des Rechtsvorschlages abgelehnt hatte. Der Kantonsgerichtsvizepräsident Dr. Reto Heizmann entschied, dass auf die Berufung nicht eingetreten wird, da der Gesuchsteller den Kostenvorschuss nicht geleistet hatte und sich nicht mit den relevanten Erwägungen der Vorinstanz auseinandersetzte. Es wurde auf eine Kostenerhebung verzichtet, da die obiter dicta des Vorderrichters missverständlich waren. Es wurde keine Berufungsantwort eingeholt, daher muss der Gesuchsteller keine Entschädigung an die Gesuchsgegnerin zahlen. Die Gerichtskosten von Fr. 200.00 werden dem Gesuchsteller nicht auferlegt.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | PQ220026 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Zivilkammer |
Datum: | 30.05.2022 |
Rechtskraft: | Weiterzug ans Bundesgericht, 5A_512/2022 |
Leitsatz/Stichwort: | Genehmigung Schlussbericht mit Abrechnung in der aufgehobenen Vertretungsbeistandschaft mit Vermögensverwaltung nach Art. 394 i. V. m. Art. 395 ZGB |
Schlagwörter : | Bezirksrat; Akten; Verfügung; Recht; Akteneinsicht; Rechtsmittel; BR-act; Frist; KESB-act; Verfahren; Schlussbericht; Bezirksrates; Rechtsmittelfrist; Gericht; Anspruch; Entscheid; Zustellung; Bundesgericht; Bezirksratspräsident; Kammer; Interesse; Person; Obergericht; Kantons; Zivilkammer; Oberrichter; Urteil; Vertretungsbeistandschaft; Vermögensverwaltung |
Rechtsnorm: | Art. 106 ZPO ;Art. 142 ZPO ;Art. 144 ZPO ;Art. 395 ZGB ;Art. 425 ZGB ;Art. 449b ZGB ;Art. 90 BGG ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: PQ220026-O/U
Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. E. Lichti Aschwanden, Vorsitzende, Oberrichterin lic. iur. M. Stammbach und Oberrichter Dr. M. Sarbach sowie Gerichtsschreiberin MLaw M. Schnarwiler
Beschluss und Urteil vom 30. Mai 2022
in Sachen
Beschwerdeführer
betreffend Genehmigung Schlussbericht mit Abrechnung in der aufgehobe- nen Vertretungsbeistandschaft mit Vermögensverwaltung nach Art. 394 i. V.
Erwägungen:
Die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde der Stadt Zürich (KESB) errichtete mit Beschluss vom 29. August 2019 für B. eine Vertretungsbeistandschaft mit Vermögensverwaltung nach Art. 394 in Verbindung mit Art. 395 ZGB (KESB-act. 38). Eine dagegen erhobene Beschwerde hiess der Bezirksrat Zürich (Bezirksrat) mit Entscheid vom 17. Dezember 2020 teilweise gut, hob die Beistandschaft auf und sah anstatt einer Beistandschaft Vorkehrungen nach
Art. 392 Ziff. 3 ZGB vor (KESB-act. 92). Die von B. und A. (dem heutigen Beschwerdeführer) gegen den Entscheid des Bezirksrates erhobene Beschwerde wies das Obergericht des Kantons Zürich (II. Zivilkammer) mit Urteil vom 12. Februar 2021 ab, soweit es auf die Beschwerde eintrat (KESB-act. 105). Das Bundesgericht trat auf die dagegen erhobene Beschwerde nicht ein (KESBact. 110).
B. verstarb am tt.mm.2021 (KEB-act. 100). Am 6. April 2021 reichte die Beiständin den Schlussbericht für die Zeit vom 29. August 2019 bis 17. Dezember 2020 für die Vertretungsbeistandschaft mit Vermögensverwaltung ein (KESB-act. 109). Ebenso reichte sie am 28. Mai 2021 den Schlussbericht für die Zeit vom 17. Dezember 2020 bis tt.mm.2021 für die gestützt auf Art. 392 Ziff. 3 ZGB verrichteten Aufgaben ein (KESB-act. 114).
B. hinterliess als Erben ihre beiden Söhne, A. (Beschwerdeführer), geboren tt. Oktober 1960, und C. , geboren tt. Januar 1962 (KESB-act. 99).
Am 16. Dezember 2021 genehmigte die KESB die Schlussberichte, setzte die Entschädigung und die Spesen der Beiständin auf insgesamt Fr. 3'740.80 und die Gebühren auf insgesamt Fr. 2'300.-fest und auferlegte die Kosten dem Nachlass von B. , wobei der Beschwerdeführer beauftragt wurde, für die Bezahlung der Rechnungen besorgt zu sein (KESB-act. 117).
Mit Poststempel vom 23. Januar 2022 reichte A. beim Bezirksrat ein Schreiben vom 22. Januar 2022 ein, in welchem er ausführt, dass er am
20. Januar 2022 eine Beschwerde gegen allfällige KESB Genehmigungen der Beistandsberichte etc. eingereicht habe, und er wolle mit der Eingabe Präzisierung/Korrektur auf Seite 1 der Beschwerdeschrift anbringen (BR-act. 1). Nach- dem der Bezirksrat A. erfolglos anhielt, die von ihm erwähnte Beschwerdeschrift vom 20. Januar 2022 nachzureichen (BR-act. 3 act. 7), trat der Bezirksratspräsident mit Verfügung vom 7. April 2022 auf die Beschwerde zufolge Fristversäumnis nicht ein (BR-act. 9 = act. 6). Die Verfügung konnte A. nicht förmlich zugestellt werden (BR-act. 11).
4. Mit Schreiben vom 14. Mai 2022, der Post am 15. Mai 2022 übergeben, erhob A. aber jedenfalls rechtzeitig Beschwerde gegen die Verfügung des Bezirksratspräsidenten (vgl. Art. 138 Abs. 3 lit. a ZPO; act. 2, BR-act. 11). Die Akten des Bezirksrates (act. 7/1-14) und der KESB (act. 8/1-130) wurden beigezogen. Der Prozess ist spruchreif.
1. A. macht vor der Kammer geltend, er habe die Verfügung vom
16. Dezember 2021 der KESB entgegen der Darstellung des Bezirksrates nie erhalten. Insbesondere sei ihm die Verfügung auch nicht am 22. Dezember 2021 am Postschalter zugestellt worden. Der Beschwerdeführer macht somit geltend, die Verfügung der KESB vom 16. Dezember 2021 sei ihm nicht eröffnet worden, weshalb keine säumniswirksamen Rechtsmittelfristen zu laufen begonnen hätten.
Die Verfügung der KESB vom 16. Dezember 2021 wurde dem Beschwerdeführer am 22. Dezember 2021 zugestellt, mit dem Hinweis, dass kein Fristenstillstand gilt (act. BR-act. 2/1-2; Art. 145 Abs. 2 und Abs. 3 ZPO). Die Rechtsmittelfrist wurde damit dem Beschwerdeführer formell am 22. Dezember 2021 eröffnet. A. übergab das mit 22. Januar 2022 datierte (Beschwerde-)Schreiben der Post am 23. Januar 2022 (BR-zu act. 1). Damit eine Handlung rechtzeitig erfolgt, muss sie vor Ablauf der Frist erfolgen. Eingaben müssen spätestens am letzten Tag der Frist beim Gericht eingereicht zu dessen Handen der Schweizerischen Post übergeben werden, ausser der letzte Tag der Frist sei ein Samstag, Sonntag anerkannter Feiertag (Art. 143 Abs. 1 und Art. 142 Abs. 3 ZPO). Der letzte Tag der am 22. Dezember 2022 eröffneten 30-tägigen Rechtsmittelfrist war vorliegend demnach Freitag, 21. Januar 2022. Die am 23. Januar 2022 zur Post gegebene Beschwerde (BR-act. 1) erfolgte damit nicht fristgerecht, hätte doch die Postaufgabe spätestens am letzten Tag der Frist erfolgen müssen.
A. macht sodann geltend, er habe die Verfügung vom 3. Februar 2022 des Präsidenten des Bezirksrates nicht erhalten; mit der Verfügung wurde
aufgefordert, innert Frist die von ihm erwähnte Beschwerdeschrift vom
20. Januar 2022 nachzureichen sowie den Nachweis, dass er dieses Schreiben (rechtzeitig) bei der Post aufgegeben hat (BR-act. 3). Aus den vom Bezirksrat beigezogenen Akten folgt, dass dem Beschwerdeführer die Verfügung vom 3. Februar 2022 trotz zweimaligen Versuchen nicht zugestellt werden konnte (BRact. 5, act. 6).
Eine eingeschriebene Postsendung, die nicht abgeholt wird, gilt gemäss Art. 138 Abs. 3 lit. a ZPO am siebten Tag nach dem erfolglosen Zustellungsversuch als zugestellt, sofern der Adressat mit einer Zustellung rechnen musste. A. hatte Kenntnis vom pendenten Rechtsmittelverfahren beim Bezirksrat, nachdem er dieses ja selbst anhängig gemacht hatte. Damit traf ihn eine Obliegenheit, dafür zu sorgen, dass ihm gerichtliche Sendungen zugestellt werden konnten. Er musste jederzeit mit einer gerichtlichen Zustellung rechnen. Der Bezirksrat durfte daher nach zweimaligen Zustellversuchen gemäss Art. 138 Abs. 3 lit. a ZPO verfahren und seinem Entscheid zugrunde legen, dass die Verfügung dem Beschwerdeführer zugestellt worden war. Es greift für die eingeschrieben versandte Verfügung vom 3. Februar 2022 die Zustellfiktion nach Art. 138 Abs. 3 lit. a ZPO. Als Folge davon konnte der Bezirksrat gestützt auf die sich bei den Akten befindenden Unterlagen entscheiden. Die beim Bezirksrat eingegangene Beschwerde (BR-act. 1) erwies sich, wie dargelegt (E.II./1.-2.), aber als verspätet.
4. Zusammengefasst ist festzuhalten, dass die Beanstandungen von Verfahrensmängeln in den vorinstanzlichen Verfahren unbegründet sind. Der Bezirksratspräsident trat demzufolge zu Recht auf das Rechtsmittel nicht ein.
A. verlangt umfassende Akteneinsicht (act. 2). Ein solches Akteneinsichtsgesuch hat sich auf Art. 449b ZGB zu stützen. Art. 449b ZGB besagt, dass die am Verfahren beteiligten Personen Anspruch auf Akteneinsicht haben, soweit nicht überwiegende Interesse entgegenstehen. Unter verfahrensbeteiligte Perso- nen fällt in der vorliegenden Konstellation der Beschwerdeführer als Sohn der von den erwachsenenschutzrechtlichen Massnahmen betroffen gewesenen
.
Der Anspruch auf Einsicht in die gesamten Akten der KESB ist aber nicht per se uneingeschränkt. Es besteht lediglich ein uneingeschränkter Anspruch auf Zustellung des Schlussberichtes und der Schlussrechnung (Art. 425 Abs. 3 ZGB). Dem Anspruch auf Akteneinsicht stehen private öffentliche Geheimhaltungsinteressen gegenüber, dies auch gegenüber privaten Interessen nahestehender Personen und Verwandten, und die Geheimhaltungsinteressen dauern nach dem Tod der betroffenen Person fort. Verwandten steht deshalb ein Anspruch auf Akteneinsicht nur aufgrund eines schützenwerten Interesses im Einzelfall zu. Die Erarbeitung einer Rechtsmitteleingabe kann ein Akteneinsichtsrecht begründen. Der Beschwerdeführer begründet denn auch die Akteneinsicht mit dem Vervollständigen seiner Beschwerde an die Kammer (act. 2).
Die Gewährung einer Akteneinsicht würde dem Beschwerdeführer aber nichts mehr nützen, weil das vorinstanzliche Verfahren mit dem Nichteintretensentscheid vom 7. April 2022 bereits abgeschlossen und darüber hinaus die Rechtsmittelfrist für das Verfahren vor der Kammer abgelaufen ist; dem Anliegen des Beschwerdeführers, es sei ihm die Rechtsmittelfrist zu erstrecken (act. 2), kann nicht entsprochen werden; gesetzliche Fristen wie Rechtsmittelfristen kön- nen nicht erstreckt werden (Art. 144 Abs. 2 ZPO).
Wie gesehen, schützt die Kammer den Nichteintretensentscheid des Bezirksrates. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der Schlussrechnung und dem Schlussbericht kann daher nicht (mehr) stattfinden. Ein schützenswertes Interesse auf Akteneinsicht des Beschwerdeführers ist deshalb unter den gegebenen Umständen
nicht ersichtlich. Das Gesuch um Akteneinsicht ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Der Vollständigkeit halber ist in grundsätzlicher Weise festzuhalten, dass Einsicht in (Verfahrens-)Akten Privatpersonen auf Voranmeldung beim Gericht gewährt wird und anders als Anwälten - die Akten nicht per Post zugestellt werden.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sind ausgangsgemäss dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 106 Abs. 1 ZPO). Massgebend ist das tatsächliche Streitinteresse, der Zeitaufwand des Gerichts und die Schwierigkeit des Falles. Die Gebühr beträgt zwischen Fr. 300.-- und Fr. 13'000.-- (§ 5 in Verbindung mit
§ 12 der Gerichtsgebührenverordnung vom 8. September 2010), wobei bei Verfahrenserledigung ohne Anspruchsprüfung eine Reduktion bis auf die Hälfte möglich ist (§ 10 Abs. 1 Gerichtsgebührenverordnung). Vorliegend rechtfertigt sich mit Rücksicht auf den bescheidenen Aufwand für die Bearbeitung eine Gebühr von Fr. 300.--. Eine Entschädigung ist ausgangsgemäss keine zuzusprechen.
Es wird beschlossen:
Das Gesuch des Beschwerdeführers um Akteneinsicht wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.
Schriftliche Mitteilung und Rechtsmittelbelehrung mit nachfolgendem Urteil.
Es wird erkannt:
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.
Die Entscheidgebühr wird auf Fr. 300.-festgesetzt und dem Beschwerdeführer auferlegt.
Eine Parteientschädigung wird nicht zugesprochen.
Schriftliche Mitteilung an den Beschwerdeführer, die Kindes- und Erwachse- nenschutzbehörde Zürich sowie – unter Rücksendung der eingereichten Akten – an den Bezirksrat Zürich, je gegen Empfangsschein.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesge-
richt, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.
Es handelt sich um eine nicht vermögensrechtliche Angelegenheit.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Die Gerichtsschreiberin:
MLaw M. Schnarwiler
versandt am:
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