Zusammenfassung des Urteils PQ220017: Obergericht des Kantons Zürich
Die kantonale Staatsanwaltschaft hat A.________ des gewerbsmässigen Betrugs für schuldig befunden. A.________ hat gemeinsam mit seinem Vater D.________ durch falsche Angaben im Revisionsfragebogen zur Hilflosenentschädigung die Sozialversicherung arglistig getäuscht. Dabei hat A.________ aktiv an der Täuschung mitgewirkt, indem er die falsche Krankengeschichte seines Vaters erläuterte und auch den ärztlichen Teil des Formulars ausfüllte. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass A.________ vorsätzlich gehandelt hat und die Gewerbsmässigkeit seiner Handlungen bejaht. Die Hilfeleistung von A.________ hat massgeblich zur unrechtmässigen Bereicherung seines Vaters beigetragen. Das Gericht hat A.________ des gewerbsmässigen Betrugs für schuldig befunden und zu einer Geldstrafe verurteilt. Das Urteil wurde am 6. Februar 2018 gefällt und die Kosten des Verfahrens wurden A.________ auferlegt.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | PQ220017 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Zivilkammer |
Datum: | 20.05.2022 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Teilweiser Entzug der Befugnisse der Vorsorgebeauftragten gemäss Art. 368 Abs. 2 ZGB, Errichtung einer Vertretungsbeistandschaft nach Art. 394 Abs. 1 ZGB i.V.m. Art. 395 Abs. 1 ZGB / Kosten |
Schlagwörter : | Entscheid; Bezirk; Vorinstanz; BR-act; Bezirksrat; Verfahren; Beschwerde; Akten; Urteil; Pfäffikon; Recht; Kindes; Vorsorgebeauftragte; Eingabe; Verfahrens; Präsidialverfügung; Frist; Antrag; Grossmutter; Beschwerdeverfahren; Rückzug; Bundesgericht; Obergericht; Oberrichter; Erwachsenenschutzbehörde; Kostenauferlegung; Kanton |
Rechtsnorm: | Art. 130 ZPO ;Art. 241 ZPO ;Art. 314 ZGB ;Art. 320 ZPO ;Art. 368 ZGB ;Art. 394 ZGB ;Art. 395 ZGB ;Art. 450a ZGB ;Art. 450f ZGB ;Art. 90 BGG ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: PQ220017-O/U
Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. E. Lichti Aschwanden, Vorsitzende, Oberrichter lic. iur. et phil. D. Glur und Oberrichter Dr. M. Sarbach sowie Gerichtsschreiberin MLaw N. Gautschi
Urteil vom 20. Mai 2022
in Sachen
Beschwerdeführerin
betreffend Teilweiser Entzug der Befugnisse der Vorsorgebeauftragten gemäss Art. 368 Abs. 2 ZGB, Errichtung einer Vertretungsbeistandschaft nach Art. 394 Abs. 1 ZGB i.V.m. Art. 395 Abs. 1 ZGB / Kosten
Erwägungen:
1. Mit Entscheid vom 14. März 2018 hatte die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Bezirk Pfäffikon (nachfolgend KESB) den Vorsorgeauftrag der (inzwischen am tt.mm.2022 verstorbenen) B. validiert und als Vorsorgebeauftragte deren Stieftochter C. eingesetzt (KESB-act. 26). Nachdem von der Gemeinde Pfäffikon, Amt für Zusatzleistungen AHV/IV, eine Gefährdungsmeldung betreffend B. eingereicht worden war, entzog die KESB mit Entscheid vom
16. März 2021 unter anderem C. im Bereich der Vermögensverwaltung die Befugnisse als Vorsorgebeauftragte und ordnete eine Vertretungsbeistandschaft mit Einkommens- und Vermögensverwaltung an. Der Entscheid wurde der Vorsorgebeauftragten in vollständiger Ausfertigung und im Dispositiv unter anderen den Ersatzvorsorgebeauftragten A. , D. und E. zugestellt (BRact. 2).
Mit Eingabe vom 14. April 2021 erhob A. (nachfolgend Beschwerdeführerin), die Tochter von C. bzw. Enkelin von B. , beim Bezirksrat Pfäffikon (nachfolgend Vorinstanz) Beschwerde gegen diesen Entscheid der KESB (BR-act. 1). Daraufhin wurde ihr mit Präsidialverfügung vom 16. April 2021 der vollständige Entscheid der KESB zugestellt und Frist gesetzt, um einen Antrag zu stellen und die Beschwerde zu ergänzen (BR-act. 3). Dies tat die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom 4. Mai 2021, wobei sie die Beschwerde ergänzte und den Antrag stellte, sie sei als Vorsorgebeauftragte für ihre Grossmutter B. einzusetzen und es seien alle ihre in der Eingabe vom 4. Mai 2021 gestellten Fragen zu beantworten (BR-act. 5). Nachdem die KESB mit Vernehmlassung vom 3. Juni 2021 die Abweisung der Beschwerde beantragt hatte, wurde der Beschwerdeführerin mit Präsidialverfügung vom 18. Juni 2021 Frist zur Stellungnahme gesetzt (BR-act. 12 und 14). Nachdem sich die Beschwerdeführerin daraufhin nicht hatte vernehmen lassen, wies die Vorinstanz die Beschwerde mit Urteil vom 28. März 2022 ab (BR-act. 16 = act. 7).
Gegen dieses Urteil erhob die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom 19. April 2022 rechtzeitig Beschwerde bei der Kammer. Sie beantragt, dass die vorinstanzliche Kostenauferlegung von Fr. 800.– an sie aufgehoben werde, da sie
die Weiterführung des Verfahrens gestoppt habe, vor allem aber, weil der Entscheid der Vorinstanz nicht in einem angemessenen Zeitrahmen und insbesondere erst nach dem Tod ihrer Grossmutter erfolgt sei (act. 2 S. 1 letzter Absatz). Die Akten der Vorinstanzen (act. 8/1-21, zitiert als BR-act., act. 8/13/1-80, zitiert als KESB-act.) wurden beigezogen. Auf weitere Verfahrensschritte kann verzichtet werden, weil sich das Verfahren sogleich als spruchreif erweist.
Das Beschwerdeverfahren in Kindes- und Erwachsenenschutzsachen ist im Einführungsgesetz zum Kindes- und Erwachsenenschutzrecht (EG KESR, LS 232.3) geregelt, welches als kantonales Verfahrensrecht die Vorgaben der
Art. 450 ff. ZGB zu befolgen hat (vgl. auch Art. 314 ZGB). Es sind die Vorschriften des EG KESR (insbes. die §§ 63, 65 ff. EG KESR) anzuwenden und – soweit das EG KESR etwas nicht regelt – ergänzend die Vorschriften des GOG sowie der ZPO als kantonales Recht zu beachten (vgl. § 40 EG KESR und dazu ebenfalls Art. 450f ZGB). Der Kanton Zürich kennt seit dem Inkrafttreten des revidierten Kindes- und Erwachsenenschutzrechtes im ZGB zwei gerichtliche Beschwerdeinstanzen, als erste Beschwerdeinstanz den Bezirksrat und als zweite das Obergericht. Gegenstand des zweitinstanzlichen Beschwerdeverfahrens können daher stets nur Entscheide des Bezirksrates als Vorinstanz sein, nicht hingegen solche der KESB.
Zur Beschwerde ist legitimiert, wer durch den angefochtenen Entscheid beschwert ist. Dies trifft auf die Beschwerdeführerin zu. Die Beschwerde enthält ei- nen Antrag und eine Begründung. Dem Eintreten auf die Beschwerde steht nichts entgegen.
Mit der Beschwerde kann (neben Rechtsverweigerung und Rechtsverzögerung) eine Rechtsverletzung, die unrichtige unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes Unangemessenheit des Entscheides gerügt werden (Art. 450a Abs. 1 ZGB). Der Rechtsmittelbehörde kommt sowohl in rechtlicher wie auch in tatsächlicher Hinsicht grundsätzlich umfassende Überprüfungsbefugnis zu; dazu gehört auch die volle Ermessensüberprüfung (BSK ZGB I- DROESE/STECK, 6. Aufl. 2018, Art. 450a N 3 und 10). Die Beschwerdeführerin wendet sich mit ihrer Beschwerde indes inhaltlich nicht gegen eine Erwachsenenschutzmassnahme, sondern ficht ausschliesslich die Auferlegung der Kosten durch die Vorinstanz an. Eine solche Kostenbeschwerde richtet sich nach den Beschwerdevoraussetzungen der ZPO (OGerZH PQ180073 E. 4.2 mit Hinweisen, bestätigt in PQ200021 vom 19. Mai 2020 E. 2.2 S. 5 und PQ210066 vom 16. November 2021). Geltend gemacht werden kann damit nur unrichtige Rechtsanwen- dung offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhaltes (Art. 320 ZPO).
4.1. Die Beschwerdeführerin ficht die vorinstanzliche Kostenauferlegung vor allem deshalb an, weil der Entscheid nicht in einem angemessenen Zeitrahmen erfolgt sei und überdies nach dem Tod ihrer Grossmutter (act. 2 S. 1 unten, vgl. schon oben, E. 2). Zu Letzterem ist anzumerken, dass B. gemäss bei den Akten liegender Todesbescheinigung am tt.mm.2022 (BR-act. 21) und damit drei Tage vor Erlass und Versenden des angefochtenen Entscheides gestorben ist (act. 7, S. 1, S. 8). Die Beschwerdeführerin vermutet, dass das vorinstanzliche Urteil nach Kenntnisnahme des Versterbens ihrer Grossmutter noch schnell beim Bezirksrat eingefordert worden sei (act. 2). Soweit sie damit sagen möchte, der Bezirksrat habe noch schnell das Urteil erlassen, nachdem ihm das Versterben von B. bekannt geworden sei, ist ihr nicht zu folgen. Vielmehr ergibt sich aus den vorinstanzlichen Akten, dass die Vorinstanz erst nach dem Versand des Urteils hiervon Kenntnis erhielt, indem der zuhanden der Beiständin versandte Empfangsschein mit der Anmerkung (sowie der Todesbescheinigung als Beilage) zurückkam, die ehedem Verbeiständete sei am tt.mm.2022 verstorben, womit die Beistandschaft weggefallen sei (BR act. 20 f.). Zutreffend ist hingegen, dass seit der Spruchreife einige Zeit verging, bis der Entscheid gefällt wurde: Der Beschwerdeführerin lief ab dem 26. Juni 2021 eine 30-tätige Frist, sich auf die Präsidialverfügung vom 18. Juni 2021 vernehmen zu lassen (BR-act. 14 f.), nach Ablauf dieser Frist war die Sache spruchreif. Auch wenn die Zeit zwischen Spruchreife und dem Entscheid vom 28. März 2022 in Anbetracht der einfachen Verhält- nisse als eher lange erscheinen mag, so kann noch nicht von einer unangemessen langen Dauer gesprochen werden, welche die Auferlegung der Kosten an die unterliegende Partei als unbillig gar rechtsfehlerhaft erscheinen lassen wür- de.
Weder der Zeitpunkt des vorinstanzlichen Entscheids noch die Verfahrens- dauer boten damit Anlass, von einer Kostenauferlegung an die unterliegende Beschwerdeführerin abzusehen.
Die Beschwerdeführerin begründet ihre Kostenbeschwerde sodann damit, dass sie die Weiterführung des vorinstanzlichen Verfahrens gestoppt habe. Ihrer Darstellung nach verhält es sich so, dass sie sich lediglich bei der KESB beschwert hatte, weil sie nicht als Vorsorgebeauftragte angefragt worden sei, obwohl sie im Vorsorgeauftrag genannt werde, worauf die KESB ihr nicht geantwortet, sondern die Beschwerde direkt an den Bezirksrat geschickt habe. Von dort hätte sie am 16. April 2021 eine Präsidialverfügung erhalten, dass sie ihren Antrag genauer formulieren müsse, obwohl sie einfach Auskunft gewollt habe, warum sie nicht angehört worden sei. Aus der nächsten Präsidialverfügung habe sie erfahren, dass aus ihrer Beschwerde Kosten entstehen könnten. Sie habe daraufhin beim Bezirksrat angerufen, und dort sei ihr gesagt worden, sie könne das Verfahren stoppen, wenn die KESB sich habe vernehmen lassen. Nach erfolgter Stellungnahme der KESB sei am 18. Juni 2021 die nächste Präsidialverfügung an sie ergangen. Sie habe wiederum Frau F. von der Vorinstanz angerufen und mitgeteilt, dass sie das Verfahren nicht weiterziehen wolle und man das stoppen solle. Das sei so notiert worden (act. 2).
Soweit die Beschwerdeführerin damit geltend machen möchte, sie habe eigentlich gar nie bei der Vorinstanz Beschwerde erhoben resp. erheben wollen, kann ihr nicht gefolgt werden: Sie hat vielmehr mit Eingabe vom 14. April 2021 bei der Vorinstanz Beschwerde erhoben (BR-act. 1) und ihre Anträge auf entsprechende Aufforderung hin mit Eingabe vom 4. Mai 2021 verdeutlicht (BR-act. 5; vgl. schon oben, E. 1.). Aus den Akten der Vorinstanz ergibt sich sodann auch nicht, dass die Beschwerdeführerin die von ihr erhobene Beschwerde später zurückgezogen hätte. Es findet sich bei den Akten eine Telefonnotiz der stellvertretenden Bezirksratsschreiberin, Frau G. , vom 26. Mai 2021, gemäss welcher die Beschwerdeführerin, welche mit den Abläufen offensichtlich nicht vertraut ist (vgl. BR-act. 10), über die Grundzüge des vor dem Bezirksrat laufenden Verfahrens und das damit einhergehende Kostenrisiko aufgeklärt wurde. Die Beschwer-
deführerin hat darauf geantwortet, dass sie sich das Ganze noch überlegen müsse (BR-act. 11). Darin liegt offenkundig kein Rückzug der Beschwerde. Ein solcher könnte überdies ohnehin nicht telefonisch erklärt werden, sondern müsste, um gültig zu sein, in schriftlicher Form erfolgen (Art. 241 Abs. 1 ZPO i.V.m.
Art. 130 Abs. 1 ZPO; KUKO ZPO-RICHERS/NAEGELI, 3. Aufl. 2021, Art. 241 N 5).
Ein schriftlicher Beschwerderückzug liegt nicht bei den Akten. Zwar behauptet die Beschwerdeführerin, sie habe den Rückzug ihrer Beschwerde (was nach dem Ausgeführten nicht gültig wäre) telefonisch erklärt, doch auch dafür findet sich keinerlei Beleg bei den Akten. Selbst falls die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde an die Kammer rügen wollte, die Akten der Vorinstanz gäben nicht den tatsächlichen Ablauf der Geschehnisse wieder und seien unvollständig, so ist dies ohne konkrete Anhaltspunkte, die nicht ersichtlich sind, nicht zu vermuten und würde zudem am gesetzlichen Erfordernis eines schriftlichen Rückzugs nichts ändern.
Da es demnach im vorinstanzlichen Verfahren an einem (gültigen) Rückzug der Beschwerde fehlte, hat die Vorinstanz zu Recht ein Urteil erlassen und der unterliegenden Beschwerdeführerin die Kosten auferlegt.
Die Beschwerde ist damit abzuweisen.
Umständehalber ist für das zweitinstanzliche Beschwerdeverfahren auf die Erhebung von Gerichtskosten zu verzichten. Eine Parteientschädigung ist ausgangsgemäss nicht zuzusprechen und wurde auch nicht beantragt.
Es wird erkannt:
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.
Im obergerichtlichen Beschwerdeverfahren werden keine Kosten erhoben.
Es wird keine Prozessentschädigung zugesprochen.
Schriftliche Mitteilung an die Beschwerdeführerin, die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde des Bezirkes Pfäffikon sowie – unter Rücksendung der
eingereichten Akten – an den Bezirksrat Pfäffikon, je gegen Empfangsschein.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder
Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.
Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 800.–.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Die Gerichtsschreiberin:
MLaw N. Gautschi
versandt am:
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
Hier geht es zurück zur Suchmaschine.