Zusammenfassung des Urteils PQ170052: Obergericht des Kantons Zürich
Es handelt sich um einen Gerichtsfall vor dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, bei dem es um die Entschädigung einer Beiständin in einer Erbschaftsangelegenheit geht. Die Beiständin hat gegen einen Entscheid des Bezirksrats Dietikon Beschwerde eingelegt, da sie eine höhere Entschädigung fordert. Der Bezirksrat hat teilweise zugunsten der Beiständin entschieden, aber auch eine Rückzahlung von zu viel erhaltenen Beträgen angeordnet. Das Obergericht hat die Beschwerde teilweise gutgeheissen und die Entschädigung auf CHF 121'803.65 festgesetzt, wobei die Rückzahlung auf CHF 8'484.90 reduziert wurde. Die Gerichtskosten wurden der Beiständin und dem Beschwerdegegner zu drei Vierteln bzw. einem Viertel auferlegt. Der Beschwerdegegner muss der Beiständin zusätzlich eine reduzierte Parteientschädigung von CHF 1'620.- bezahlen. Der Richter des Obergerichts ist lic. iur. A. Götschi.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | PQ170052 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Zivilkammer |
Datum: | 06.11.2017 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Entschädigung Beiständin |
Schlagwörter : | Beiständin; Entschädigung; Bezirksrat; Erben; Entscheid; Rechnung; Honorar; Erfassungsjournal; BR-act; Akten; Willensvollstrecker; Verfahren; Recht; Dietikon; Vormundschaftsbehörde; Höhe; KESB-act; Beschwerdeverfahren; Entschädigungsanspruch; Obergericht; Beschwerdegegner; Aufwand; Vorinstanz; Barauslagen; Zahlungseingänge; Rückerstattung; Mehrbezug; Rückerstattungspflicht; Gehör |
Rechtsnorm: | Art. 106 ZPO ;Art. 229 ZPO ;Art. 314 ZGB ;Art. 317 ZPO ;Art. 446 ZGB ;Art. 450 ZGB ;Art. 450f ZGB ;Art. 56 ZGB ;Art. 90 BGG ; |
Referenz BGE: | 138 III 625; |
Kommentar: | - |
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: PQ170052-O/U
Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. P. Diggelmann, Vorsitzender, Oberrichter Dr. P. Higi und Ersatzrichter lic. iur. A. Huizinga sowie Gerichtsschreiberin lic. iur. A. Götschi
Urteil vom 6. November 2017
in Sachen
, Dr. iur.,
Beschwerdeführerin
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. X1. vertreten durch Rechtsanwalt MLaw X2.
gegen
,
Beschwerdegegner
betreffend Entschädigung Beiständin
Erwägungen:
Ausgangslage
Am tt.mm.2002 starb in ... die am tt. August 1911 geborene C. , geborene D. . Gemäss dem öffentlichen Inventar des Amtes für öffentliche Inventarisationen des Kantons Nidwalden vom 12. Februar 2003 belief sich ihr Nachlass auf Fr. 133'293'102.90. Mit öffentlicher letztwilliger Verfügung vom
4. Juli 1997 bestimmte die Erblasserin, dass 1/12 des Nachlasses dem am tt. Feb-
ruar 1994 geborenen B. (fortan Erbe genannt) zukommen sollte. Weitere Erben sind der Vater und die Tante des Erben sowie die in Stans domizilierte Stiftung E. . Als Willensvollstrecker setzte die Erblasserin den Stiftungsratspräsidenten der E. , Prof. Dr. F. , ein.
Der Erbe stand bis im Februar 2012 unter der gemeinsamen elterlichen Sorge seiner Eltern. Am 16. April 2002 gelangte der Willensvollstrecker an die Vormundschaftsbehörde G. und ersuchte die Behörde darum, darüber zu entscheiden, ob für den Erben ein Teilungsbeistand zu bestellen sei. Mit Beschluss vom 27. Juni 2002 verzichtete die damalige Vormundschaftsbehörde in der Folge auf die Bestellung eines Beistandes. Der Willensvollstrecker zog den Entscheid an den Bezirksrat Dietikon weiter, der die Beschwerde am 4. Dezember 2002 guthiess und die Vormundschaftsbehörde G. anwies, für den Erben wegen einer Interessenkollision zwischen Vater und Sohn gestützt auf Art. 392 Ziff. 2 ZGB zur Regelung der Erbteilung in der Hinterlassenschaft von CD. eine Vertretungsbeistandschaft zu errichten und eine Person als Beistand Beiständin zu bestellen mit dem Auftrag, die Interessen von B. umfassend zu vertreten.
In der Folge errichtete die Vormundschaftsbehörde G. mit Beschluss vom 20. März 2003 im Sinne der Anordnungen des Bezirksrates für den Erben eine Beistandschaft nach Art. 392 Ziff. 2 ZGB. Als Beiständin wurde die heute Beschwerde führende Rechtsanwältin Dr. A. (damals unter dem Namen
H. ; fortan Beiständin genannt) ernannt, und zwar mit dem Auftrag, die Inte-
ressen von B. bei der Erbteilung in der Hinterlassenschaft von Frau CD. umfassend zu vertreten.
Streitgegenstand und Prozessgeschichte
Angesichts der eingetretenen Volljährigkeit des Erben reichte die Beistän- din am 5. Juli 2012 der Vormundschaftsbehörde ihren Schlussbericht ein (KESBact. 127). Die Behörde nahm den Bericht mit Beschluss vom 12. Juli 2012 ab, hob die Vertretungsbeistandschaft infolge Erreichens der Volljährigkeit auf und verzichtete im Übrigen auf einen Entscheid über die Höhe der Entschädigung, da der Aufwand jeweils mit dem Willensvollstrecker abgerechnet worden sei (KESBact. 128).
Auf Beschwerde des Erben hin hob der Bezirksrat am 10. April 2013 diesen Beschluss hinsichtlich der Entschädigung auf und ersuchte die KESB Dietikon als Nachfolgerin der Vormundschaftsbehörde, die Entschädigung der Beiständin festzusetzen; allfällig bereits bezogene Entschädigungen aus dem Nachlassvermögen seien zu verrechnen (KESB-act. 144 S. 8 f.). Mit Verfügung vom
12. März 2014 sprach die KESB der Beiständin eine Entschädigung von
Fr. 103'245.95 zu und hielt fest, dass der Betrag mit den bereits aus dem Nachlassvermögen bezogenen Entschädigungen zu verrechnen sei und allfällige Mehrbezüge zurückzuerstatten seien (KESB-act. 150).
Sowohl der Erbe als auch die Beiständin wandten sich im April 2014 gegen diesen Entscheid an den Bezirksrat Dietikon (BR-act. 1 und 3). Mit Verfügung vom 8. Juni 2017 wies der Vizepräsident des Bezirksrats die wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs erhobene Beschwerde des Erben ab. Zugleich hiess er die Beschwerde der Beiständin teilweise gut und sprach ihr ein Honorar in der Höhe von Fr. 107'365.97 zu. Ferner verpflichtete er sie in Abänderung des vorinstanzlichen Entscheids jedoch, dem Erben einen Mehrbezug von Fr. 63'621.78 zurückzuerstatten (BR-act. 24).
Gegen diesen Entscheid wendet sich die Beiständin mit Beschwerde vom
10. Juli 2017 und beantragt im Hauptantrag eine Entschädigung in Höhe von
Fr. 126'353.40 unter Streichung der Rückerstattungspflicht (act. 2). Der Erbe hat den bezirksrätlichen Entscheid nicht angefochten. Die von ihm beanstandete Verletzung des rechtlichen Gehörs ist damit nicht Gegenstand des obergerichtlichen Verfahrens.
Die vorinstanzlichen Akten wurden beigezogen (BR-act. = act. 7/1-30; KESB-act. = act. 8/76-158). Die offenbar in Verstoss geratenen 75 Aktenstücke der Vormundschaftsbehörde G. konnten nicht beigebracht werden (vgl. act. 10 S. 5 und act. 12). Von der in Aussicht gestellten Durchführung einer Instruktionsverhandlung noch vor Einholung der Beschwerdeantwort (vgl. act. 10
S. 4 f.) wurde abgesehen und dem Erben mit Verfügung vom 23. August 2017 Frist zur Beschwerdeantwort angesetzt (act. 14). Die fristgerecht eingegangene Beschwerdeantwort des Erben datiert vom 1. Oktober 2017 (Datum Poststempel, act. 21, vgl. act. 15/2). Der Bezirksrat hat auf die Erstattung einer Vernehmlassung verzichtet (act. 20). Das rechtliche Gehör der Beiständin wurde gewahrt (vgl. act. 23 f.). Sie liess sich mit Eingabe vom 3. November 2017 erneut vernehmen (act. 27). Das Verfahren ist spruchreif.
Beschwerdevoraussetzunge n
Die Präsidialverfügung des Bezirksrats vom 8. Juni 2017 ist der Beiständin am 13. Juni 2017 zugestellt worden (BR-act. 26). Die Beschwerde vom 10. Juli 2017 wurde somit fristgerecht erhoben. Sie enthält schriftlich begründete Anträge (Art. 450 Abs. 3 ZGB). Die Beiständin ist vom Entschädigungs-Entscheid der Vorinstanz unmittelbar betroffen und damit zur Beschwerde befugt (Art. 450 Abs. 2 Ziff. 1 ZGB). Die Prozessvoraussetzungen sind gegeben.
Das Beschwerdeverfahren in Kindesund Erwachsenenschutzsachen ist im EG KESR geregelt, welches als kantonales Verfahrensrecht die Vorgaben der Art. 450 ff. ZGB zu befolgen hat (vgl. auch Art. 314 ZGB). Es sind die Vorschriften des EG KESR (insbes. die §§ 63, 65 ff. EG KESR) anzuwenden und soweit das EG KESR etwas nicht regelt ergänzend die Vorschriften des GOG sowie der ZPO als kantonales Recht zu beachten (vgl. § 40 EG KESR und dazu ebenfalls Art. 450f ZGB). Der Kanton Zürich kennt seit dem Inkrafttreten des revidierten
Kindesund Erwachsenenschutzrechtes im ZGB zwei gerichtliche Beschwerdeinstanzen, als erste Beschwerdeinstanz den Bezirksrat und als zweite das Obergericht. Gegenstand des zweitinstanzlichen Beschwerdeverfahrens können daher stets nur Entscheide des Bezirksrates sein, nicht hingegen solche der KESB.
Entschädigung der Beiständin
Der Bezirksrat erwog zur Entschädigung der Beiständin, sie habe der KESB ihre Erfassungsjournale eingereicht, wobei gewisse Verbuchungen doppelt aufgelistet seien. Mit den detaillierten Journalen sei der Aufwand hinreichend ausgewiesen und der Stundenansatz von Fr. 400.erscheine den Umständen entsprechend als angemessen. Nach Bereinigung der Doppelerfassungen ergebe sich ein Entschädigungsanspruch von Fr. 99'753.90 für den erforderlichen Zeitaufwand und die Barauslagen, jedoch noch ohne die Mehrwertsteuer. Unter Berücksichtigung des jeweiligen Mehrwertsteuerzusatzes (7.6 bzw. 8 %) sei der Entschädigungsanspruch der Beiständin auf Fr. 107'365.97 festzusetzen (act. 9 S. 7 f.).
Mit der Beschwerde hält die Beiständin dafür, ihre Entschädigung sei auf Fr. 126'353.festzusetzen. Sie habe auf die Aufforderung der KESB hin nicht sofort sämtliche Rechnungen und Erfassungsjournale erhältlich machen können. Der Beginn ihres Mandats habe im Februar 2014 bereits mehr als zehn Jahre zurück gelegen. Da sie regelmässig mit Prof. Dr. F. über ihre Tätigkeit abgerechnet habe, habe sie nicht damit rechnen müssen, ihre Aufwendungen mehr als zehn Jahre zurück belegen zu müssen. Erst nach dem erstinstanzlichen Entscheid habe sie die fehlende Rechnung erhältlich machen und dem Bezirksrat mit der Beschwerdeerhebung einreichen können. Sie habe zu Beginn ihrer Tätigkeit Vorschüsse in der Gesamthöhe von Fr. 34'000.erhalten, welche mit den ersten Honorarrechnungen verrechnet worden seien. Mithin sei für die Entschädigung
auf ihre Honorarabrechnungen bzw. auf die Zahlungen des Willensvollstreckers
abzustellen. Eventualiter sei auf das beim Bezirksrat nachgereichte Gesamterfassungsjournal vom 4. März 2003 bis 11. Oktober 2012 abzustellen, aus dem ein
Gesamthonorar von Fr. 115'280.60 (exkl. MwSt.; Fr. 124'041.90, inkl. 7.6 % MwSt.) hervorgehe (act. 2 S. 5 ff.).
Der Erbe hält in Beantragung der Abweisung der Beschwerde dagegen, die finanziellen Verhältnisse der Beiständin seien intransparent, was Zweifel an deren Vorbringen wecke. Sie stütze sich auf zwei Sätze von Urkunden, die Honorarrechnungen und die Erfassungsjournale, mitunter reine Parteibehauptungen, die sich nicht einmal entsprächen und teilweise auch unzulässige Noven beinhalteten. Die Neubeurteilung habe auf dem Aktenstand vom 12. März 2014 zu erfolgen. Der Bezirksrat habe den Entschädigungsanspruch richtig festgelegt. Er habe mit den ihm vorgelegten Zahlen arbeiten müssen. Für die Beiständin habe kein vertretbarer Grund bestanden, nachträglich noch weitere Unterlagen einzureichen. Massgebend seien alleine die der KESB vorgelegten Honorarrechnungen; die Rechnung 6236 sei verspätet nachgereicht worden. Im Übrigen argumentiere die Beiständin fälschlicherweise damit, ihr sei so viel geschuldet, wie sie erhalten habe. Stellte man auf die Erfassungsjournale ab, so sei völlig unklar, wie man von 984.34 Stunden auf das angebliche Honorar komme. Es sei ohnehin festzustellen, dass die Beiständin viel Zeit mit Aktenstudium und dem Kontakt zum Willensvollstrecker zugebracht, indes nur wenig Output erbracht habe. Die Vorinstanz sei berechtigt gewesen, auf die Honorarabrechnungen abzustellen und sich nicht mit den internen Aufzeichnungen der Beiständin zu befassen (act. 21
S. 2 ff.).
Die Auffassung des Erben, dass die Beurteilung des Entschädigungsanpruchs grundsätzlich auf dem Aktenstand vor dem Entscheid der KESB zu erfolgen hat, trifft zu: Am 6. Februar 2014 hatte die KESB die Beiständin aufgefordert, eine detaillierte Aufstellung über ihre Aufwendungen im Mandat für den Erben bis
28. Februar 2014 einzureichen (KESB-act. 146). Mit Schreiben vom 21. Februar
2014 liess die Beiständin der KESB die Kopien ihrer Honorarrechnungen samt Leistungsübersichten zukommen (act. 147 und 148). Die Beiständin reichte der KESB am 26. Februar 2014 sodann eine weitere Aufstellung zu den Akten, in welcher sie sämtliche Zahlungseingänge und Honorarrechnungen unter Einschluss geleisteter Kostenvorschüsse in der Gesamthöhe von Fr. 130'238.55 auflistete (act. 149). Die Kammer hat den Honorarabrechnungen und Leistungsabrechnungen Ordnungsnummern zugeordnet (act. 147/1-61), damit in der Begrün- dung darauf Bezug genommen werden kann. Die Vorinstanzen werden in diesem Zusammenhang ersucht, zukünftig eine klare Aktenordnung einzuhalten bzw. von den Parteien bei deren Eingaben einzufordern. Einhergehend mit der Auffassung der Beiständin (act. 2 S. 7) ist nämlich nicht ohne weiteres nachvollziehbar, wie die Vorinstanz den Honoraranspruch errechnete (vgl. act. 9 S. 7), womit der Anspruch auf rechtliches Gehör tangiert ist. Nachfolgend sei zunächst aufgezeigt, anhand welcher Unterlagen die Beiständin innert der von der KESB angesetzten Frist um Ausrichtung einer Entschädigung ersuchte:
Die vom Bezirksrat in Frage gestellten Positionen sind grau hinterlegt. Dazu ist Folgendes zu erwägen:
Der Bezirksrat hat die Rechnungen vom 20. April 2005 und 6. Oktober 2012 ganz und jene vom 12. Dezember 2011 mit Blick auf fünf Positionen unberücksichtigt gelassen. Dieses Vorgehen ist nicht zu beanstanden, wurden diesbezüglich doch Leistungen doppelt in Rechnung gestellt. Zieht man von den ursprünglich ins Feld geführten Fr. 130'238.55 den Betrag von Fr. 3'885.15 für die unberechtigte Rechnung vom 6. Oktober 2012 ab, so gelangt man zu Fr. 126'353.40, welche die Beiständin im Beschwerdeverfahren neuerdings als Entschädigung beantragt (act. 2 S. 3). Abzuziehen ist aber auch die Rechnung über Fr. 2'604.15 vom 20. April 2005 und das doppelt verrechnete Honorar für 4.1 Stunden
Aufwand und Fr. 105.- Barauslagen vom 12. Oktober 2011, entsprechend
Fr. 1'884.60 (vgl. KESB-act. 147/52 und 54, Honorar April 2011, Barauslagen, zzgl. Mwst.). Der Entschädigungsanspruch der Beiständin reduziert sich demnach ohne weiteres auf Fr. 121'864.65. Einhergehend mit der Auffassung des Erben können erhaltene Zahlungen nicht Grundlage für die Festsetzung der Entschädigung sein.
Der Rechnung für die Monate März bis Mai 2006 über Fr. 3'879.- (KESBact. 147/24) liegt in den KESB-Akten ein Erfassungsjournal für die Monate März bis Mai 2009 bei (KESB-act. 147/25). Letztere Monate sind von einer späteren Rechnung über Fr. 2'550.10 erfasst. Der Bezirksrat liess die Periode März bis Mai 2006 dementsprechend unberücksichtigt (act. 9 S. 7). Unbegründet liess der Bezirksrat, weshalb er nicht das von der Beiständin im erstinstanzlichen Beschwerdeverfahren eingereichte, umfassende Erfassungsjournal beizog (BR-act. 5/2), welches auch die fraglichen Monate abdeckt; dies erstaunt insofern, als mit Blick
auf die Rückerstattungspflicht ohne weiteres auf Urkunden abgestellt wurde, die ebenso erst im Beschwerdeverfahren eingereicht wurden (BR-act. 5/1, act. 9 S. 8).
Die KESB hat den Sachverhalt von Amtes wegen zu erforschen (Art. 446 Abs. 1 ZGB). In analoger Anwendung der richterlichen Fragepflicht (Art. 56 ZGB;
§ 40 Abs. 3 EG KESR) ist sie sodann gehalten, bei unklaren, widersprüchlichen, unbestimmten offensichtlich unvollständigen Vorbringen, Gelegenheit zur Klarstellung und Ergänzung zu geben. Angesichts der vorliegenden Umstände wäre die KESB gehalten gewesen, die Beiständin auf das Fehlen des zugehörigen Journals zur Rechnung für die Monate März bis Mai 2006 aufmerksam zu machen und ihr Gelegenheit zur Ergänzung zu geben. Eine solche Aufforderung ist nicht erfolgt; es erging direkt der Entscheid zur Entschädigung der Beiständin (KESB-act. 150). Erfolgt eine Ergänzung, wie vorliegend die Einreichung des Erfassungsjournals, umgehend mit dem Rechtsmittel, so erscheint deren Berücksichtigung zur Heilung der Verletzung des rechtlichen Gehörs ohne weiteres als zulässig, ohne dass es der vom Erben ins Feld geführten Auseinandersetzung mit der Novenproblematik im Rechtsmittelverfahren bedürfte. Der Bezirksrat hätte demnach auf das bei ihm eingereichte Erfassungsjournal abstellen sollen, wie von der Beiständin beanstandet.
Dem nachgereichten Erfassungsjournal (BR-act. 5/2 S. 8 f.) sind für die Monate März bis Mai 2006 8.8 Std Aufwand, zuzüglich Fr. 44.- Barauslagen zu entnehmen. Einhergehend mit der unbestrittenen Erwägung der Vorinstanz ist mit dem Journal der Aufwand hinreichend nachgewiesen und zudem der in Rechnung gestellte Stundenansatz angemessen. Einzig bei den Barauslagen entspricht der in Rechnung gestellte Betrag über Fr. 105.- nicht dem Journal, weshalb es sich rechtfertigt, den Entschädigungsanspruch der Beiständin um weitere Fr. 61.auf Fr. 121'803.65 zu kürzen.
4.5.3. Nämliches gilt für die vom Bezirksrat unberücksichtigten Aufwendungen vom 1. Juni 2003 bis 13. August 2003 über Fr. 11'027.70. Die Rechnung Nr. 6236 (BR-act. 5/3) und das zugrunde liegende Erfassungsjournal (act. 5/2 S. 2 f.) sind für den Entschädigungsentscheid zu berücksichtigen. Dem Erfassungsjournal
sind für die fragliche Zeitspanne 25.41 Stunden Aufwand und Fr. 84.80 Barauslagen zu entnehmen. Das deckt sich mit den von der Beiständin in Rechnung gestellten Tätigkeiten. Eine weitere Kürzung der Entschädigung der Beiständin ist daher nicht angezeigt.
4.6. Aufgrund des Erwogenen ist die Beiständin mit Fr. 121'803.65 zu entschä- digen. Der Vollständigkeit halber ist auf Folgendes hinzuweisen: Zieht man von den vorliegend zuzusprechenden Fr. 121'803.65 die Fr. 3'818.- und Fr. 11'027.70 ab, welche der Bezirksrat unberücksichtigt liess, so resultiert der Betrag von
Fr. 106'957.95. Die Differenz zum Entscheid des Bezirksrates (Fr. 107'365.97; vgl. act. 9 S. 9) liegt darin begründet, dass der Bezirksrat für sämtliche Leistungen Mehrwertsteuerzusätze veranschlagte, solche aber ab Juli 2011 entfielen, da die Beiständin damals ihre Anwaltskanzlei altershalber verliess, das vorliegende Mandat - um einen unnötigen Einarbeitungsaufwand eines neuen Beistands
zu vermeiden indes ohne Mehrwertsteuerpflicht weiterführte (vgl. dazu KESBact. 118 und 147/53 ff.).
Rückerstattung Mehrbezug
Der Bezirksrat erwog, die Beiständin habe nach ihrer eigenen Darstellung Fr. 170'987.75 erhalten, mithin Fr. 63'621.78 mehr als die ihr zuzusprechende Entschädigung. In diesem Umfang sei sie zu verpflichten, den Mehrbezug an den Erben zurückzuerstatten (act. 9 S. 8).
Die Beiständin führt mit ihrer Beschwerde aus, der Bezirksrat habe aus dem Studium von BR-act. 5/1 den fehlerhaften Schluss gezogen, sie habe
Fr. 40'749.20, Fr. 115'061.95 und Fr. 15'176.60 erhalten. Mit einer Addition der Einzelbeträge hätte die Vorinstanz den Rechnungsfehler leicht erkennen können. Im Total der Zahlungseingänge bei I. Rechtsanwälte (Fr. 115'061.95) seien sämtliche Beträge zwischen dem 22. April 2003 und dem 12. Mai 2011 erfasst, also auch jene, die im Zwischentotal über Fr. 40'749.20 zusammengefasst gewesen seien. Ihrer Darstellung seien somit Zahlungseingänge über den Totalbetrag von Fr. 130'238.55 zu entnehmen. In der Zwischenzeit habe der Willensvollstrecker der Beschwerdeführerin aber mitgeteilt, dass er ihr den Totalbetrag von
Fr. 126'353.40 ausbezahlt habe. Angesichts dessen sei die Rückerstattungspflicht
vollumfänglich aufzuheben bzw. eventualiter nach Massgabe der obergerichtlichen Erwägungen neu festzusetzen (act. 2 S. 7 f.).
Der Erbe bestreitet die Ausführungen der Beiständin. Er vermöge deren Berechnungen nicht zu folgen. Offen sei auch, wann sie die für sie massgeblichen Zahlen überhaupt vorgelegt habe. Der Bezirksrat habe mit den Zahlen arbeiten müssen, die er vorgelegt bekommen habe. Es sei nicht einzusehen, weshalb die Mehrbezüge noch einmal zu berechnen seien. Die Behauptung der Beiständin unter Beilage einer Bestätigung des Willensvollstreckers, sie habe Fr. 126'353.40 erhalten, sei im Übrigen offensichtlich verspätet und somit unbeachtlich (act. 21 passim).
Der Bezirksrat addierte zur Berechnung des Mehrbezugs aus der Aufstellung der Beiständin das Zwischentotal (Kostenvorschüsse) zum Total sämtlicher Zahlungseingänge (vgl. BR-act. 5/1; act. 9 S. 8). Weder wurde im vorinstanzlichen Verfahren von den Parteien Dahingehendes behauptet noch erschliesst sich das Vorgehen aus der angerufenen Urkunde. Wie die Beiständin richtigerweise dartut, führt die Addition der Einzelbeträge zur von ihr geltend gemachten Summe von Fr. 130'238.55. Die Vorgehensweise des Bezirksrats ist auch angesichts der den Beträgen zugeordneten Bemerkungen der Aufstellung (Zwischentotal / Total sämtlicher Zahllungseingänge) nicht nachvollziehbar und falsch.
Fraglich bleibt damit einzig, ob auf Zahlungseingänge in der Höhe von Fr. 130'238.55 auf den Wert von Fr. 126'353.40 abzustellen ist. Letzteres
behauptet die Beiständin im Verfahren vor Obergericht neu. Im zweitinstanzlichen Verfahren gelten aber Novenschranken, analog den Regeln des Art. 317 Abs. 1 ZPO (unter Ausschluss einer analogen Anwendung von Art. 229 Abs. 3 ZPO; vgl. Urteil des BGer 5A_528/2015 vom 21. Januar 2016, dort E. 2 unter Verweis auf BGE 138 III 625 E. 2.2 S. 627 f.). Die Beiständin lässt unbegründet, weshalb das Obergericht die neue Behauptung und das neue Beweismittel noch zu berücksichtigen hätte; deren Zulässigkeit ist auch nicht ersichtlich. Damit ist die Rückerstattungspflicht der Beiständin ausgehend von Zahlungseingängen in der Höhe von Fr. 130'238.55 bei einem Entschädigungsanspruch von Fr. 121'803.65 auf
Fr. 8'484.90 festzusetzen. Im Dispositiv ist der Vollständigkeit halber festzustellen, dass der Entschädigungsanspruch der Beiständin getilgt ist.
Kostenund Entschädigungsfolge
Entsprechend dem Ausgang des Verfahrens (mehrheitliches Obsiegen bei der Höhe der Entschädigung und der Rückerstattungspflicht) sind der Beiständin die Kosten beider Rechtsmittelverfahren zu einem Viertel und dem Erben zu drei Vierteln aufzuerlegen, wobei die Höhe der vorinstanzlichen Entscheidgebühr zu bestätigen ist (§ 40 Abs. 3 EG KESR i.V.m. Art. 106 ZPO). Der Erbe ist zudem zu verpflichten, der Beiständin eine reduzierte Parteientschädigung von Fr. 1'500.zzgl. MwSt. für das Verfahren vor Obergericht zu bezahlen.
Es wird erkannt:
In teilweiser Gutheissung der Beschwerde werden Dispositiv-Ziffern II. bis
IV. der Präsidialverfügung vom 8. Juni 2017 aufgehoben und durch die Regelung gemäss den folgenden Dispositiv-Ziffern ersetzt:
Der Beschwerdeführerin wird für ihre Tätigkeit als Beiständin des Beschwerdegegners eine Entschädigung von Fr. 121'803.65 aus dem Mündelvermögen zugesprochen.
Es wird festgestellt, dass dieser Anspruch getilgt ist.
Die Beschwerdeführerin wird verpflichtet, dem Beschwerdegegner einen Mehrbezug von Fr. 8'484.90 zurückzuerstatten.
Die Entscheidgebühr des zweitinstanzlichen Beschwerdeverfahrens wird auf Fr. 1'000.festgesetzt, und die vorinstanzliche Entscheidgebühr von Fr. 1'000.wird bestätigt.
Die Gerichtskosten beider Beschwerdeinstanzen werden zu einem Viertel der Beschwerdeführerin sowie zu drei Vierteln dem Beschwerdegegner auferlegt.
Der Beschwerdegegner wird verpflichtet, der Beschwerdeführerin für das zweitinstanzliche Beschwerdeverfahren eine reduzierte Parteientschädigung von Fr. 1'620.zu bezahlen.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an den Beschwerdegegner unter Beilage eines Doppels von act. 27, die Kindesund Erwachsenenschutzbehör- de Dietikon, die Direktion der Justiz und des Innern (Gemeindeamt des Kantons Zürich) sowie - unter Rücksendung der eingereichten Akten an den Bezirksrat Dietikon, je gegen Empfangsschein.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.
Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt mehr als Fr. 30'000.-.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Die Gerichtsschreiberin:
lic. iur. A. Götschi versandt am:
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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