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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:PQ160090
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid PQ160090 vom 09.12.2016 (ZH)
Datum:09.12.2016
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Beistandschaft
Schlagwörter : Beschwerde; Beschwerdeführer; Beistand; KESB-act; Beistände; Entscheid; Beistandschaft; Bezirksrat; Betreibung; Eltern; Rungen; Beschluss; Finanzielle; Eignung; Dispositiv; Verfahren; Essen; Aufgabe; Betreibungen; Stadt; Massnahme; Vermögensverwaltung; Angelegenheiten; Finanziellen; Verhältnis; Bezirksrates; Sinne; Beschwerdeführern; Einzusetzen; Aufgaben
Rechtsnorm: Art. 369 ZGB ; Art. 389 ZGB ; Art. 394 ZGB ; Art. 395 ZGB ; Art. 400 ZGB ; Art. 402 ZGB ; Art. 405 ZGB ; Art. 408 ZGB ; Art. 410 ZGB ; Art. 411 ZGB ; Art. 423 ZGB ; Art. 446 ZGB ; Art. 450 ZGB ; Art. 450a ZGB ; Art. 450f ZGB ; Art. 90 BGG ;
Referenz BGE:137 III 617; 138 III 374;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer

Geschäfts-Nr.: PQ160090-O/U

Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. P. Diggelmann, Vorsitzender, Oberrichterin lic. iur. E. Lichti Aschwanden und Ersatzrichter lic. iur. H. Meister sowie Gerichtsschreiberin lic. iur. S. Kröger.

Urteil vom 9. Dezember 2016

in Sachen

  1. A. ,
  2. B. ,

Beschwerdeführer

1, 2 vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X. ,

sowie

C. ,

Verfahrensbeteiligter

betreffend Beistandschaft

Beschwerde gegen ein Urteil der Kammer II des Bezirksrates Zürich vom
6. Oktober 2016; VO.2015.114 (Kindesund Erwachsenenschutzbehörde der Stadt Zürich)

Erwägungen:

I.
  1. Die Beschwerdeführer sind die Eltern von C. , geboren tt. Mai 1982. C. ist das drittälteste von 13 Kindern der Beschwerdeführer (KESB-act. 24 und 31). Im September 2000 beantragten die Beschwerdeführer für ihren behinderten, mündig gewordenen Sohn die Anordnung vormundschaftlicher Massnahmen, worauf die Beteiligten angehört und die notwendigen ärztlichen Berichte eingeholt wurden. Auf Antrag der damaligen Vormundschaftsbehörde D. ,

    Kammer II (KESB-act. 13), beschloss der Bezirksrat Zürich am 7. Dezember 2000

    die Entmündigung nach Art. 369 aZGB wegen Geistesschwäche und stellte

    C. unter die erstreckte elterliche Sorge im Sinne von Art. 385 Abs. 3 aZGB (KESB-act. 14 und 16).

    Mit Schreiben vom 20. Dezember 2012 wurden die Eltern über die anstehende Gesetzesrevision und über die automatische Umwandlung der erstreckten elterlichen Sorge in eine umfassende Beistandschaft informiert, bei welcher sie von Gesetzes wegen Beistände würden, sowie darüber, dass die Umwandlung in eine allenfalls geeignetere Massnahme geprüft werde (KESB-act. 20). Am 13. Januar 2015 wurde C. zusammen mit seinen Eltern und allein angehört (KESB-act. 31). Am 17. Juni 2015 folgte ein weiteres Gespräch mit den Eltern (KESB-act. 42), nachdem sich bei der KESB Bedenken hinsichtlich deren Eignung als Beistände ergeben hatten. Alsdann wurden weitere Auskünfte eingeholt.

    Mit Beschluss (Nr. 6621) vom 10. November 2015 hob die KESB die umfassende Beistandschaft für C. auf und entliess die Eltern als Beistände (KESB-act. 61 Dispositiv Ziff. 1). Sie nahm vom Verzicht der Eltern auf Entschädigung Vormerk (Dispositiv Ziff. 2) und ordnete für C. eine Vertretungsbeistandschaft

    mit Vermögensverwaltung nach Art. 394 in Verbindung mit Art. 395 ZGB an mit den Aufgaben,

    a) ihn beim Erledigen der administrativen Angelegenheiten zu vertreten, insbesondere auch im Verkehr mit Behörden, Ämtern, Banken, Post, (Sozial-)Versicherungen, sonstigen Institutionen und Privatpersonen,

    b) ihn beim Erledigen der finanziellen Angelegenheiten zu vertreten, insbesondere sein Einkommen und allfälliges Vermögen sorgfältig zu verwalten, wobei Herrn

    C. die Handlungsfähigkeit zur Eingehung von Verpflichtungsgeschäften über

    einen Betrag von Fr. 200.00 entzogen und der Beistandsperson entsprechende ausschliessliche Vertretungsbefugnis erteilt wird.

    (KESB-act. 61 Dispositiv Ziff. 3). Als Beistand wurde E. ernannt (Dispositiv Ziff. 4). Der Entscheid wurde den Beschwerdeführern am 18. November 2015 zugestellt (KESB-act. 65).

  2. Am 18. Dezember 2015 erhoben die Beschwerdeführer Beschwerde (BRact. 1) mit den sinngemässen Anträgen, sie als Beistände zu belassen und eventualiter die Tochter F. als Beiständin einzusetzen oder ihnen, den Eltern, eine Testphase von einem Jahr zuzugestehen, in welchem sie beweisen könnten, dass sie sehr wohl die Fähigkeiten haben, wie bisher alles für C. erledigen zu können (BR-act. 1). In ihrer Vernehmlassung beantragte die KESB, die Beschwerde abzuweisen (BR-act. 5). Der alsdann von den Beschwerdeführern beigezogene Rechtsvertreter nahm dazu mit Eingabe vom 22. März 2016 Stellung. Dabei hielt er im Wesentlichen an den gestellten Anträgen fest und verlangte zusätzlich die Anhörung der Beschwerdeführer durch die Beschwerdeinstanz (BRact. 12). Am 6. Oktober 2016 erging der Entscheid des Bezirksrates Zürich, mit welchem der Antrag auf Anhörung der Beschwerdeführer sowie die Anträge, die Beschwerdeführer als Beistände, eventualiter vorab für zwei Jahre, einzusetzen, abgewiesen wurden (BR-act. 18 = act. 7 Dispositiv Ziff. I und II). Im Übrigen hiess der Bezirksrat die Beschwerde teilweise gut, hob den Ingress von Dispositiv-Ziff. 4 des Beschlusses der KESB vom 10. November 2015 (Ernennung eines Beistandes) auf und wies die Sache zum neuen Entscheid im Sinne der Erwägungen an

    die Vorinstanz zurück (Dispositiv Ziff. III). Der Entscheid wurde den Beschwerdeführern am 10. Oktober 2016 zugestellt (BR-act. 19).

  3. Mit Eingabe vom 9. November 2016 erhoben die Beschwerdeführer hierorts Beschwerde. Sie stellen die folgenden Anträge (act. 2 S. 2):

    1. Die Ziffern II. und III. des rubrizierten Entscheids des Bezirksrats Zürich seien aufzuheben und

    • es sei für C. eine Vertretungsbeistandschaft mit Vermögensverwaltung im Sinne von Art. 394 ZGB i.V.m. Art. 395 ZGB anzuordnen mit den Aufgaben gemäss Beschluss Nr. 6621 der KESB der Stadt Zürich vom 10. November 2015, Ziffer 3.

    • und es seien die Beschwerdeführer 1 und 2 als Beistände zu bestätigen bzw. zu ernennen.

2. Die Ziffern IV. und V. des rubrizierten Entscheids des Bezirksrats Zürich seien aufzuheben, die gesamten Verfahrenskosten seien auf die Staatskasse zu nehmen und die Beschwerdeführer 1 und 2 seien für das gesamte Verfahren angemessen zu entschädigen.

Es wurden die Akten des Bezirksrates und der KESB beigezogen (act. 5, 8(1-21) und 9/1-61 und 65). Das Verfahren ist spruchreif.

II.
    1. Das Verfahren vor den gerichtlichen Beschwerdeinstanzen richtet sich primär nach den Bestimmungen des ZGB und den ergänzenden kantonalen Bestimmungen (Einführungsgesetz zum Kindesund Erwachsenenschutzrecht [EG KESR] und Gerichtsorganisationsgesetz [GOG]), subsidiär gelten die Bestimmungen der ZPO sinngemäss (Art. 450f ZGB; § 40 EG KESR). Das angerufene Obergericht ist als zweite gerichtliche Beschwerdeinstanz für Beschwerden gegen Entscheide des Bezirksrates zuständig (Art. 450 Abs. 1 ZGB i.V.m. § 64 EG KESR). Die Beschwerde wurde rechtzeitig erhoben, ist begründet und enthält konkrete Anträge. Die Beschwerdeführer sind von der Anordnung unmittelbar betroffen und zur Beschwerde legitimiert. Dem Eintreten auf die Beschwerde steht nichts entgegen.

    2. Mit der Beschwerde kann (neben Rechtsverweigerung und Rechtsverzögerung) eine Rechtsverletzung, die unrichtige oder unvollständige Feststellung des

rechtserheblichen Sachverhalts oder Unangemessenheit des Entscheides gerügt werden (Art. 450a Abs. 1 ZGB). Der Rechtsmittelbehörde kommt sowohl in rechtlicher wie auch in tatsächlicher Hinsicht umfassende Überprüfungsbefugnis zu; dazu gehört auch die volle Ermessensüberprüfung (STECK, FamKomm Erwachsenenschutz, Art 450a ZGB N 3 und 10). Für das Verfahren gilt der Untersuchungsgrundsatz mit der Einschränkung der Rügeund Begründungsobliegenheit, was bedeutet, dass von der Beschwerde führenden Partei jeweils darzulegen ist, weshalb der angefochtene Entscheid unrichtig sein soll (Art. 446 ZGB;

EG KESR §§ 65 und 67; BGE 138 III 374 E.4.3.1; vgl. auch BGE 137 III 617).

2. Im erstinstanzlichen Beschwerdeverfahren hatten die Beschwerdeführer die Aufhebung der errichteten Beistandschaft in der Person von Herrn E. verlangt (BR-act. 12 Rechtsbegehren Ziff. 1). Sowohl aus den vorinstanzlichen Eingaben der Beschwerdeführer wie auch nunmehr ausdrücklich in der Beschwerde vor zweiter Beschwerdeinstanz wird deutlich, dass es den Beschwerdeführern einzig darum geht, wer die Beistandschaft führt. Die angeordnete Massnahme als solche wird von den Beschwerdeführern nicht beanstandet (act. 2 S. 6). Vor Obergericht beantragen sie ausdrücklich die Anordnung einer Vertretungsbeistandschaft mit Vermögensverwaltung nach Art. 394 i.V.m. Art. 395 ZGB, so wie dies die KESB im zitierten Beschluss Nr. 6621 vom 10. November 2015 beschlossen hatte (KESB-act. 61 Dispositiv-Ziff. 3; act. 2 S. 2). Damit hat die Umwandlung der per 1. Januar 2013 von Gesetzes wegen eingetretenen umfassenden Beistandschaft in die Vertretungsbeistandschaft mit Vermögensverwaltung mit den Aufgaben, welche die KESB in ihrem Beschluss festgelegt hat, Bestand.

    1. Behördliche Massnahmen unterstehen den Grundsätzen der Subsidiarität und der Verhältnismässigkeit. Sie sind anzuordnen, wenn die Unterstützung der hilfsbedürftigen Person durch die Familie, andere nahestehende Personen oder private oder öffentliche Dienste nicht ausreicht oder von vornherein als ungenü- gend erscheint. Vorausgesetzt ist ausserdem, dass die Massnahmen erforderlich und geeignet sind (Art. 389 Abs. 1 und 2 ZGB).

    2. Wie sich aus den Akten ergibt, bewohnt C. eine Wohnung im selben Haus wie seine Eltern. Das Essen nimmt er regelmässig bei den Eltern oder

      manchmal auswärts ein. Die Eltern besorgen ihm die Wäsche und auch das Sauberhalten der Wohnung. Er arbeitet seit über 16 Jahren mit Freude beim G. , in seiner Freizeit besucht er gerne den Flughafen oder beobachtet die Züge im Hauptbahnhof. Sodann geht er gerne in den Supermarkt H. oder besucht das Koscher-Restaurant I. , mit welchen beiden Betrieben vereinbart ist, dass er dort essen oder bis zu einem gewissen Betrag einkaufen kann. Der Alltag der Familie ist durch den jüdischen Glauben geprägt, es werde regelmässig und gemeinsam die Synagoge besucht und religiöse Feste und Feiertage würden konsequent eingehalten und gefeiert. Der Umgang mit Geld, von dem C. keinen Begriff habe, biete - wenn auch nicht häufig, so doch zuweilen - Schwierigkeiten, so dass in der Vergangenheit auch schon habe interveniert werden müssen (Handyoder Velokauf, häufiges Telefonieren mit den Geschwistern, die in verschiedenen Ländern verteilt leben) (vgl. act. 2 S. 4f., KESB-act. 31).

    3. Es ist unbestritten, dass C. aufgrund eines Geburtsgebrechens mit kognitiven Einschränkungen in sämtlichen Lebensbereichen auf Unterstützung und Betreuung angewiesen ist (vgl. Arztbericht KESB-act. 44). Für die Belange, welche von der Beistandschaft nicht umfasst sind, sind die Beschwerdeführer besorgt. Sie kümmern sich seit der Geburt von C. um dessen Wohl und För- derung, und es steht ausser Frage, dass sie für diese Aufgabe bestens geeignet sind (vgl. entsprechend die Erwägungen im Beschluss der KESB vom 10. November 2015, KESB-act. 61 S. 3; Feststellung des Gruppenleiters des G. s: KESB-act. 59, Aktennotiz KESB-act. 48). Behördliche Massnahmen in diesen Belangen sind nicht notwendig, weil die Unterstützung durch die Familie hinreichend gewährleistet ist. Für die administrativen und finanziellen Angelegenheiten von

C. kamen die Vorinstanzen zum Schluss, dass die Unterstützung der Familie nicht genügt, wogegen sich die Beschwerdeführer wie gesehen an sich nicht wehren. Die angeordnete Vertretungsbeistandschaft mit Vermögensverwaltung sieht eine Einschränkung der Handlungsfähigkeit von C. für Verpflichtungsgeschäfte vor, welche den Betrag von CHF 200.-- pro Monat überschreiten. Sie bietet Schutz in einem Bereich, in welchem in der Vergangenheit nach Darstellung der Beschwerdeführer Probleme entstanden waren.

    1. Durch die Umwandlung der damaligen Vormundschaft in eine umfassende Beistandschaft des neuen Rechts wurden die Beschwerdeführer per 1. Januar 2013 von Gesetzes wegen Beistände von C. - für sämtliche ihn betreffenden Belange. Bis zu jenem Zeitpunkt waren sie seine gesetzlichen Vertreter, mit der Entmündigung des Sohnes auch über die Mündigkeit hinaus. Sie üben dessen Rechte soweit notwendig (und nicht höchstpersönlich) während nunmehr 34 Jahren aus. Anhaltspunkte dafür, dass es hierbei je zu Schwierigkeiten kam, welche ein behördliches Einschreiten als erforderlich erscheinen liess, gibt es nicht.

    2. Im Rahmen der behördlichen Abklärungen im Zusammenhang mit der neurechtlichen Massnahme trat zu Tage, dass für C. für die Steuerjahre 2011 und 2012 keine Steuererklärungen eingereicht wurden, so dass er eingeschätzt werden musste (KESB-act. 27). Für den Zeitraum von September 2010 bis Januar 2014 sind im Weiteren Betreibungen belegt für Forderungen der Krankenkasse, der Sozialversicherungsanstalt SVA und von Stadt und Kanton Zürich. Alle in Betreibung gesetzten Forderung waren allerdings per Auszugsdatum 21. August 2015 (an das Betreibungsamt) bezahlt (KESB-act. 51). Der Beschwerdeführer 1 wies per 27. Februar 2015 für den Zeitraum September 2010 bis ca. November 2013 und nochmals im Juni und September 2014 eine grössere Anzahl von Betreibungen sowie offene Verlustscheine aus Pfändungen aus mit teilweise erheblichen Forderungsbeträgen, die Beschwerdeführerin 2 per gleichem Zeitpunkt insbesondere zwei offene Verlustscheine über erhebliche Beträge aus dem Jahr 2008 und 2009 und mehrere Betreibungen und offene Verlustscheine aus Pfän- dungen über geringfügige Beträge (KESB-act. 33). Per 21. August 2015 war der Stand der Betreibungen gegen die Beschwerdeführer im Wesentlichen unverän- dert (KESB-act. 52 und 53).

In der Stellungnahme vom 24. April 2015 sowie in der Anhörung vom 17. Juni 2015 (KESB-act. 40 und 42) wie auch in den Beschwerdeverfahren erklärten die Beschwerdeführer ihre finanzielle Situation im besagten Zeitraum mit einem schwierigen wirtschaftlichen und beruflichen Umfeld, das nunmehr aber überwunden sei. Soweit die ausstehenden Forderungen nicht bezahlt seien, bestünden Abzahlungsvereinbarungen. Sodann sei für die Steuerbelange ein neues Treuhandbüro beauftragt (act. 2 S. 8ff.). Ein neuer Betreibungsregisterauszug für die Beschwerdeführerin 2 vom 4. November 2016 weist noch zwei Betreibungen aus, die beide bezahlt sind, sowie einen offenen Verlustschein über CHF 130.85

(act. 4/5). Die Krankenkasse für C. bestätigte bereits mit Schreiben vom 29.

Januar 2014, dass sämtliche Ausstände vollständig beglichen seien (act. 4/7). Ein neuer Betreibungsregisterauszug für den Beschwerdeführer 1 liegt nicht vor.

      1. Gestützt auf die im Abklärungsverfahren gewonnenen Erkenntnisse (eigene Betreibungen und solche gegen den Sohn, Nichteinreichen von Steuererklä- rungen für den Sohn) sowie wegen der ihnen vorgeworfenen mangelnden Kooperation entliess die KESB die Beschwerdeführer als Beistände ihres Sohnes und ernannte eine Drittperson als Beistand, wogegen sich die Beschwerdeführer mit Vehemenz von Anfang an und bis heute wehren (act. 2).

      2. Gemäss Art. 423 Abs. 1 ZGB entlässt die Behörde einen Beistand, wenn die Eignung für die Aufgabe nicht mehr besteht oder wenn andere wichtige Grün- de für die Entlassung vorliegen. Mittels behördlichem Entlassungsentscheid kann ein Beistand gegen seinen Willen jederzeit aus dem Amt entlassen werden. Die KESB verfügt dabei über ein grosses Ermessen; der Entscheid hat sich an den wohlverstandenen Interessen und den Bedürfnissen der verbeiständeten Person auszurichten. Die Eignung im Sinne von Art. 400 bzw. Art. 423 ZGB als solche ist ein relativer Begriff und bezieht sich auf die dem Beistand übertragene Aufgabe. Es kann sich ergeben, dass bei einer allgemeinen Eignung für ganz bestimmte Aufgaben die Eignung gänzlich oder auch nur zeitweise fehlt. Es bedarf einer Bilanzierung der vorhandenen und der fehlenden Fähigkeiten und es ist abzuwägen zwischen den Interessen an der Weiterführung der Beistandschaft und derjenigen an der Beendigung (VOGEL, BSK ZGB I, 5.A. Art. 421 - 424 N 22; ROSCH, FamKomm Erwachsenenschutz, Art. 423 ZGB N 5 - 7).

      3. Die Beschwerdeführer haben im Zeitraum der vorinstanzlichen Abklärungen die Voraussetzungen gemäss Anforderungsprofil für private Beiständinnen und Beistände der Sozialen Dienste der Stadt Zürich (vgl. https://www.stadtzuerich.ch/beistand) insoweit nicht erfüllt, als sie damals (und auch heute noch in reduziertem Umfang) offene eigene Betreibungen hatten und daher in dieser Hinsicht nicht über einen einwandfreien Leumund verfügen. Sodann haben sie jedenfalls für die Jahre 2011 und 2012 für ihren Sohn keine Steuererklärung eingereicht, so dass es zu einer behördlichen Ermessenseinschätzung kam. Seit 2014 kümmert sich ein Treuhandbüro um die Steuersachen von C. (act. 4/8). Die Betreibungen gegen ihn stammen von September 2010, Januar, April und Juli 2011, März und Juni 2012, Januar und September 2013 sowie Januar 2014 und waren spätestens per 21. August 2015 bezahlt (KESB-act. 51). Es steht damit fest, dass die ordentliche Abwicklung der finanziellen Angelegenheiten von

        C. über einen längeren Zeitraum jedenfalls zeitweise nicht gewährleistet

        war und auch die Beschwerdeführer in den eigenen finanziellen Angelegenheiten in Schwierigkeiten gerieten. Wenn die KESB im Zeitpunkt ihres Entscheides (10. November 2015) allein gestützt darauf die Eignung der Beschwerdeführer zur weiteren Besorgung der administrativen und finanziellen Angelegenheiten ihres Sohne verneinte, so steht dies im Einklang mit ihren internen Richtlinien; der Entscheid erscheint insoweit nachvollziehbar. Gleiches gilt für den bestätigenden Entscheid des Bezirksrates, dem nur unwesentlich veränderte Tatsachen zugrunde lagen.

        Über den von den Vorinstanzen betrachteten Zeitraum hinaus ist indes auch zu beachten, dass bis ins Jahr 2010 keinerlei Anhaltspunkte für die vom Bezirksrat erwähnte Überforderung der Eltern bestand. Seit 2014 laufen sodann keine Betreibungen mehr gegen C. , die betriebenen Forderungen sind bezahlt, und für die Steuern ist eine Fachkraft beigezogen worden. Die Bereinigung der Situation erfolgte durch die Beschwerdeführer selbst. Für die jüngste Zeit bestehen keine Hinweise auf neuerliche finanzielle Schwierigkeiten. Ihre eigenen Betreibungen und offenen Verlustscheine konnten die Beschwerdeführer teilweise zurück zahlen, für die Beschwerdeführerin 2 ist alles bezahlt. Dies zeigt, dass die Beschwerdeführer in der Lage scheinen, sich selbständig wieder aus den finanziellen Schwierigkeiten heraus zu bringen. Unter Beachtung auch dieser Umstände wird der vorinstanzliche Entscheid, der den Beschwerdeführern generell die Eignung abspricht, für ihren Sohn die administrativen und finanziellen Angelegenheiten zu besorgen, den tatsächlichen Verhältnissen nicht gerecht. Im Sinne der erwähnten Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismässigkeit sind sie vielmehr entsprechend ihrem wiederholt deponierten Wunsch als Beistände ihres Sohnes zu belassen bzw. einzusetzen, wenn die Schutzinteressen von C. dadurch hinreichend gewahrt erscheinen.

      4. Bei der Prüfung dieser Frage ist vorab festzuhalten, dass die KESB selbst gestützt auf übereinstimmende Auskünfte des Arbeitgebers von C. und des Hausarztes sowie nach Anhörung von C. davon ausgeht, dass das Verhältnis zwischen den Eltern und C. von Vertrauen geprägt ist. Bei der Anhörung zeigte sich, dass C. zu seinen Eltern offensichtlich ein gutes Verhältnis hat. Er scheint die von ihnen gesetzten Schranken im Wesentlichen zu akzeptieren und ist einverstanden, dass seine Eltern weiterhin seine Beistände sind (KESBact. 31). Die Tatsache, dass die Beschwerdeführer mit einem Restaurationsbetrieb und einem Laden, in welchem sich C. offenbar gerne aufhält, eine Vereinbarung treffen konnten, welche es C. erlaubt innerhalb klarer Grenzen zu konsumieren bzw. zu kaufen, was er möchte, zeigt sodann, dass sie bemüht erscheinen, ihm einen möglichst weiten Handlungsspielraum zu belassen. Ebenso kann davon ausgegangen werden, dass er zu seinen Geschwistern einen guten Kontakt hat. Insgesamt kann aufgrund der Akten davon ausgegangen werden, dass C. familiär, sozial und beruflich sehr gut integriert und aufgehoben ist. Obwohl es hierauf nicht ankommen kann, ist bei diesen Verhältnissen nachvollziehbar, dass die Beschwerdeführer ihre Entlassung und die Einsetzung einer Drittperson als Beistand als schwer wiegenden Eingriff empfinden. Es ergibt sich dies zwanglos aus ihren Vorbringen bereits bei der KESB (vgl. z.B. Eingabe vom 24. April 2015, KESB-act. 40). Die Einsetzung einer Drittperson als Beistand tangierte jedenfalls das gut funktionierende Familiengefüge, was in die Interessenabwägung einzubeziehen ist.

      5. Für die Entscheidfindung wesentlich erscheint indes, dass die Beschwerdeführer im Falle ihrer Einsetzung als Beistände wie ein Berufsbeistand der Aufsicht der KESB unterstehen und sie grundsätzlich auch die gleichen Pflichten haben wie ein Berufsbeistand. Dies bedeutet, dass sie zur Inventaraufnahme verpflichtet sind, wenn wie vorliegend die Beistandschaft mit der Vermögensverwaltung verbunden ist (Art. 405 ZGB). Für die Vermögensverwaltung gelten sodann

        die Vorschriften gemäss Art. 408 ZGB in Verbindung mit der Verordnung des Bundesrates über die Vermögensverwaltung im Rahmen der Beistandschaft (VBVV). Des weiteren besteht die Pflicht zur Rechnungsablage gemäss Art. 410 ZGB sowie die Berichterstattungspflicht gemäss Art. 411 ZGB.

        Die mit der Beistandschaft verbundenen Pflichten sowie die zwingende Kontrolle durch die KESB sind geeignet, den gestützt auf die Vorkommnisse in der Vergangenheit verbleibenden Bedenken entgegen zu wirken. Die mit der Einführung des geltenden Erwachsenenschutzrechts neuen Pflichten, welche auch Angehörige, die als Beistände eingesetzt sind, treffen, erlauben die regelmässige Kontrolle der Mandatsführung gerade auch im vorliegenden Fall. Nachdem die Beschwerdefüh- rer seit 2014 selbst bereits wesentliche Massnahmen zur Behebung der eingetretenen Missstände getroffen haben (Beauftragung eines Treuhandbüros mit der Besorgung der Steuern für C. , Bezahlung aller Betreibungsforderungen), erscheint es aus heutiger Sicht als gerechtfertigt, ihnen die Beistandschaft mit den von der KESB festgelegten Aufgaben zu belassen bzw. sie für die angeordnete Beistandschaft als Beistände einzusetzen. Dies zumal auch die finanziellen Verhältnisse von C. nicht komplex, sondern einfach überblickbar zu sein scheinen und die Beschwerdeführer auch bereit und in der Lage sind, die für die Mandatsführung notwendige Zeit aufzuwenden.

      6. Die Beschwerdeführer beantragen, dass sie beide als Beistände eingesetzt werden (act. 2 S. 2). Das Gesetz sieht diese Möglichkeit in Art. 402 Abs. 1 und 2 ZGB ausdrücklich vor. Es entspricht dies der bisher gelebten Regelung und erscheint sinnvoll. Die Beschwerdeführer sind daher gemeinsam als Beistände einzusetzen. Das von den Beschwerdeführern zu erstellende Inventar hat sich auf den Zeitpunkt der Anordnung der Beistandschaft zu beziehen und der erste Rechenschaftsbericht ist - wie im Entscheid der KESB vom 10. November 2015 vorgesehen, per Ende Oktober 2017 zu erstatten.

4.4 KESB und Bezirksrat begründeten die fehlende Eignung der Beschwerdeführer als Beistände auch mit deren mangelhafter Kooperation mit den Abklärenden des Büros zur Begleitung privater Betreuer (KESB-act. 61 S. 3 und act. 7

S. 10). Im Wesentlichen gründet der Vorwurf darauf, dass der Beschwerdeführer

für die Einreichung der von ihm verlangten zusätzlichen Unterlagen auf einer schriftlichen Aufforderung beharrte (vgl. KESB-act. 39). Hieraus und aus dem grundsätzlichen Widerstand der Beschwerdeführer gegen eine Amtsbeistandschaft (vgl. KESB-act. 37) auf fehlende Eignung zu schliessen, erweist sich jedenfalls als zu weitgehend und ist nicht zulässig. Immerhin ist festzuhalten, dass die kooperative Zusammenarbeit der Beschwerdeführer mit den von der KESB im Sinne von Art. 400 Abs. 3 ZGB für die Instruktion, Beratung und Unterstützung

der Beistände beauftragten Personen nicht nur hilfreich, sondern auch notwendig erscheint.

  1. Umstritten war im vorinstanzlichen Verfahren, ob die Beschwerdeführer im Verfahren vor der KESB von ihrem Vorschlagsrecht für eine andere Beistandsperson Gebrauch machten oder nicht; sie machten dies jedenfalls im erstinstanzlichen Beschwerdeverfahren und schlugen ihre Tochter F. als Beiständin vor für den Fall, dass sie selbst nicht als Beistände eingesetzt werden. Der Bezirksrat kam wie gesehen zum Schluss, dass eine Eignungsprüfung der Schwester von C. als Beiständin von der KESB noch vorgenommen werden müsse.

    Sind die Beschwerdeführer selbst als Beistände einzusetzen, erübrigen sich diese Abklärungen und es ist auf den (vorinstanzlichen) Eventualstandpunkt der Beschwerdeführer nicht mehr näher einzugehen.

  2. Zusammenfassend erweist sich die Beschwerde als begründet. Ziff. II - V des Urteils des Bezirksrates vom 6. Oktober 2016 sowie Dispositiv-Ziff. 4 des Beschlusses Nr. 6621 der KESB Stadt Zürich vom 10. November 2015 (Ernennung des Beistandes mit den ihm auferlegten Pflichten) sind daher aufzuheben und es sind die Beschwerdeführer 1 und 2 als Beistände für C. einzusetzen mit den in Ziff. 3 des angefochtenen KESB-Beschlusses festgelegten Aufgaben. Alsdann sind sie entsprechend Ziff. 4 des Beschlusses zur Inventarisierung sowie zum ordentlichen Rechenschaftsbericht mit Rechnung und Belegen einzuladen.

III.

Bei diesem Ausgang des Verfahrens fällt die Entscheidgebühr für das Beschwerdeverfahren ausser Ansatz. Für die Zusprechung einer Parteientschädigung für das Beschwerdeverfahren mangelt es an einer Rechtsgrundlage.

Es wird erkannt:

  1. Ziff. II - V des Urteils des Bezirksrates vom 6. Oktober 2016 sowie Dispositiv-Ziff. 4 des Beschlusses Nr. 6621 der Kindesund Erwachsenenschutzbehörde Stadt Zürich vom 10. November 2015 werden aufgehoben.

  2. In der für C. mit Beschluss Nr. 6621 der Kindesund Erwachsenenschutzbehörde Stadt Zürich vom 10. November 2015 angeordneten Vertretungsbeistandschaft mit Vermögensverwaltung nach Art. 394 ZGB in Verbindung mit Art. 395 ZGB mit den Aufgaben,

    1. ihn beim Erledigen der administrativen Angelegenheiten zu vertreten, insbesondere auch im Verkehr mit Behörden, Ämtern, Banken, Post, (Sozial-)Versicherungen, sonstigen Institutionen und Privatpersonen,

    2. ihn beim Erledigen der finanziellen Angelegenheiten zu vertreten, insbesondere sein Einkommen und allfälliges Vermögen sorgfältig zu verwalten, wobei Herrn C. die Handlungsfähigkeit zur Eingehung von Verpflichtungsgeschäften über einen Betrag von Fr. 200.00 entzogen und der Beistandsperson entsprechende ausschliessliche Vertretungsbefugnis erteilt wird

      werden die Beschwerdeführer 1 und 2 gemeinsam als Beistände ernannt.

  3. Die Beschwerdeführer 1 und 2 werden eingeladen,

    1. in Zusammenarbeit mit der Kindesund Erwachsenenschutzbehörde Stadt Zürich per 10. November 2015 ein Inventar über die zu verwaltenden Vermögenswerte aufzunehmen,

    2. nötigenfalls Antrag auf Anpassung der behördlichen Massnahmen an verän- derte Verhältnisse zu stellen,

    3. per 31. Oktober 2017 ordentlicherweise einen Rechenschaftsbericht mit Rechnung und Belegen einzureichen.

  4. Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr fällt ausser Ansatz.

  5. Für die Beschwerdeverfahren werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.

  6. Schriftliche Mitteilung an die Beschwerdeführer, mit der Auflage den Entscheid in geeigneter Weise dem Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis zu bringen, die Kindesund Erwachsenenschutzbehörde Stadt Zürich, die Direktion der Justiz und des Innern (Gemeindeamt des Kantons Zürich) sowie - unter Rücksendung der eingereichten Akten - an den Bezirksrat Zürich, je gegen Empfangsschein.

  7. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.

Es handelt sich um eine nicht vermögensrechtliche Angelegenheit.

Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer

Die Gerichtsschreiberin:

lic. iur. S. Kröger versandt am:

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