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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Zusammenfassung des Urteils PQ160059: Obergericht des Kantons Zürich

Es handelt sich um einen Fall von Erwachsenenschutzmassnahmen, bei dem der Beschwerdeführer an paranoider Schizophrenie leidet. Nach verschiedenen Behördenentscheiden wurde eine Vertretungsbeistandschaft angeordnet, um seine finanziellen, administrativen und medizinischen Angelegenheiten zu regeln. Der Beschwerdeführer wehrte sich gegen die Beistandschaft, da er seine IV-Rente selbst verwalten und seine Transgender-Therapie eigenständig durchführen wollte. Trotzdem entschied das Gericht, dass die Beistandschaft angemessen sei, um die Bedürfnisse des Beschwerdeführers zu decken. Die Beschwerde wurde abgewiesen, die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer auferlegt, jedoch wurde ihm die unentgeltliche Rechtspflege gewährt. Der Beschluss wurde vom Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, unter Mitwirkung von Oberrichter lic. iur. P. Diggelmann gefällt.

Urteilsdetails des Kantongerichts PQ160059

Kanton:ZH
Fallnummer:PQ160059
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid PQ160059 vom 12.09.2016 (ZH)
Datum:12.09.2016
Rechtskraft:Weiterzug ans Bundesgericht, 5A_761/2016
Leitsatz/Stichwort:Erwachsenenschutzmassnahmen
Schlagwörter : Beistand; Recht; Beschwerde; Bezirksrat; Entscheid; Beistands; Person; Beistandschaft; Urteil; Winterthur; Massnahme; Verfahren; Beschwerdeführer; Beschwerdeführers; Erwachsenenschutz; Belange; Bezirksrates; Rechtsmittel; Akten; Vertretung; Behörde; Behandlung; Angelegenheiten; Urteils; Handlungsfähigkeit; Errichtung; Massnahmen
Rechtsnorm:Art. 117 ZPO ;Art. 123 ZPO ;Art. 369 ZGB ;Art. 388 ZGB ;Art. 389 ZGB ;Art. 395 ZGB ;Art. 397 ZGB ;Art. 442 ZGB ;Art. 446 ZGB ;Art. 450 ZGB ;Art. 450a ZGB ;Art. 450b ZGB ;Art. 450f ZGB ;Art. 90 BGG ;
Referenz BGE:137 III 617; 138 III 374;
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts PQ160059

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer

Geschäfts-Nr.: PQ160059-O/U

Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. P. Diggelmann, Vorsitzender, Oberrichterin lic. iur. E. Lichti Aschwanden und Oberrichter Dr. P. Higi sowie Gerichtsschreiber lic. iur. R. Barblan.

Beschluss und Urteil vom 12. September 2016

in Sachen

A. /A.' ,

Beschwerdeführer

betreffend Erwachsenenschutzmassnahmen

Beschwerde gegen ein Urteil des Bezirksrates Winterthur vom 26. Juli 2016; VO.2016.10 (Kindesund Erwachsenenschutzbehörde WinterthurAndelfingen)

Erwägungen:

I.
  1. Am 21. September 2011 beantragte die damals zuständige Sozialbehörde Rickenbach dem Bezirksrat Winterthur die Entmündigung des Beschwerdeführers gemäss Art. 369 aZGB (act. 9/V75). Am 26. April 2012 beschloss die Behörde ihm die Handlungsfähigkeit gemäss Art. 386 Abs. 2 aZGB vorläufig zu entziehen, welchen Entscheid der Bezirksrat Winterthur am 28. September 2012 bestätigte (act. 9/V157 und act. 9/V208).

  2. Nach Inkrafttreten des neuen Erwachsenenschutzrechtes per 1. Januar 2013 hatte die nunmehr zuständige Kindesund Erwachsenenschutzbehörde Bezirke Winterthur und Andelfingen (nachfolgend KESB) die altrechtlich angeordne-

te Massnahme zu überprüfen. Mit Entscheid vom 11. Februar 2014 verzichtete sie auf die Errichtung einer Beistandschaft, ordnete aber ambulante Massnahmen nach §§ 37 ff. Einführungsgesetz zum Kindesund Erwachsenenschutzrecht (EG KESR) an (act. 10/46). Der Beschwerdeführer war am 16. Dezember 2012 per fürsorgerischer Freiheitsentzug nach Art. 397 aZGB in die Klinik Schlosstal, Integrierte Psychiatrie (ipw) Winterthur, eingewiesen worden; das gegen die Einweisung erhobene Rechtsmittel blieb erfolglos (act. 10/3). Am 14. Juni 2013 hatte die ipw Klinik Schlosstal der KESB die Entlassung des Beschwerdeführers aus der fürsorgerischen Unterbringung und dessen Übertritt in ein betreutes Wohnen mitgeteilt (act. 10/7). Gemäss psychiatrischem Gutachten der ipw Winterthur vom

27. Juni 2011 leidet der Beschwerdeführer unter einer paranoiden Schizophrenie; erste Symptome waren im Frühjahr 2010 aufgetreten (act. 9/48). Seit Mai 2013 befand sich der Beschwerdeführer in ambulanter Behandlung bei Dr. med.

C. . Unter der Voraussetzung, dass er der Anordnung von ambulanten

Massnahmen Folge leiste und die für ihn erforderlichen Medikamente einnehme, erachtete es die KESB in ihrem Entscheid vom 11. Februar 2014 als vertretbar, auf die Errichtung einer Beistandschaft zu verzichten (act. 10/46). Auf Beschwerde hin hob der Bezirksrat mit seinem Urteil vom 28. September 2014 diese Massnahme auf, im Wesentlichen mit der Begründung, dass sich der Beschwerdeführer weigere, regelmässig ein passendes Neuroleptikum einzunehmen und die angeordnete Massnahme, welche Kooperationswille voraussetze, sich deshalb als ungeeignet erweise (act. 10/58).

  1. Am 9. Januar 2015 erging auf dringenden Wunsch der um Unterstützung nachsuchenden Mutter des Beschwerdeführers eine Gefährdungsmeldung der Gemeinderatskanzlei Rickenbach (act. 10/68). Nach ihrer Abklärung kam die KESB zum Schluss, auf die Errichtung einer Beistandschaft erneut zu verzichten, was sie am 19. Mai 2015 so beschloss (act. 10/115). Sie hatte erwogen, dass der Beschwerdeführer zwar an einer paranoiden Schizophrenie leide, die Vergangenheit aber gezeigt habe, dass er mit einer geeigneten Medikation im Alltag funktionieren könne. Gemäss bestätigten Angaben von Dr. med. C. sei er bereit, sich erneut medikamentös und therapeutisch behandeln zu lassen. Es fehle derzeit an einer genügenden Grundlage für die Errichtung einer Beistandschaft, zumal sich der Beschwerdeführer vehement dagegen wehre (act. 10/110).

  2. Mit der Gefährdungsmeldung vom 24. November 2015 beantragte die Sozialund Gesundheitsbehörde Rickenbach die Errichtung einer Beistandschaft. Sie machte geltend, der Beschwerdeführer sei aufgrund seiner psychischen Krankheit dringend auf einen Beistand angewiesen, der Zusatzleistungen beantrage und sich um eine Wohnlösung kümmere (act. 10/124). Der Beschwerdeführer war

    - nachdem er nicht mehr bei seiner Mutter wohnen konnte vorübergehend im Verein D. untergebracht, wo es wegen untragbaren Verhaltens zu einer Verwarnung gekommen war. Am 6. Januar 2016 trat der Beschwerdeführer freiwillig in die ipw Klinik Schlosstal, Winterthur, ein (act. 10/131). Anlässlich der Anhörung vom 11. Januar 2016 widersetzte er sich der ihm von der KESB eröffneten geplanten Beistandschaft. Er erklärte mit der Sozialund Gesundheitsbehörde zusammenzuarbeiten und eine zweijährige Zyprexa-Therapie machen zu wollen; er werde diese nicht mehr abbrechen (act. 10/135). Mit Entscheid vom 19. Januar 2016 ordnete die KESB eine Vertretungsbeistandschaft mit Einkommensund Vermögensverwaltung nach Art. 394 i.V.m. Art. 395 und 393 ZGB an. Dem Beistand wurden die folgenden Aufgaben übertragen (act. 8/3 = 10/149):

    1. stets für eine geeignete Wohnsituation bzw. Unterkunft besorgt zu sein und ihn bei allen in diesem Zusammenhang erforderlichen Handlungen zu vertreten;

    2. für sein gesundheitliches Wohl sowie für hinreichende medizinische Betreuung zu sorgen und ihn im Falle der Urteilsfähigkeit bei allen dafür erforderlichen Vorkehrungen zu vertreten, wobei der Beistandsperson bei Urteilsunfähigkeit ein Auskunftsrecht eingeräumt wird;

    3. sein soziales Wohl zu fördern und ihn bei allen dafür erforderlichen Vorkehrungen zu begleiten;

    4. ihn beim Erledigen der administrativen Angelegenheiten zu vertreten, insbesondere auch im Verkehr mit Behörden, Ämtern, Banken, Post, Sozialund anderen Versicherungen, sonstigen Institutionen und Privatpersonen;

    5. ihn beim Erledigen der finanziellen Angelegenheiten zu vertreten, insbesondere sein Einkommen und Vermögen sorgfältig zu verwalten, wobei A. unter Vorbehalt eines Kontos in eigener Verwaltung der Zugriff auf sämtliche Vermögenswerte nach Art. 395 Abs. 3 ZGB entzogen wird, soweit die Beistandsperson im Einzelfall nicht etwas anderes anordnet;

    6. ihn in allen sozialversicherungsrec htlichen Belangen zu vertreten und diesbezügliche Ansprüche zu klären sowie allfällige Zahlungen (insbesondere von IV-Rente und ZL) direkt in Empfang zu nehmen.

    Zum Beistand wurde E. , Fachstelle F. , ernannt. Einer allfälligen Beschwerde wurde die aufschiebende Wirkung entzogen.

  3. Mit Eingabe vom 20. Januar 2016 erhob der Beschwerdeführer bei der KESB sinngemäss Beschwerde; mit Präsidialverfügung des Bezirksrates Winterthur vom 4. April 2016 wurde ihm in der Person von Rechtsanwältin lic. iur. G. eine Verfahrensbeiständin bestellt (act. 8/16). Der Beschwerdeführer hatte zuvor mehrere unaufgeforderte Eingaben gemacht (act. 8/4, 8/6 und 8/8). Am 20. Juni und 15. Juli 2016 folgten weitere (act. 8/31 und 8/33). Am 26. Juli 2016 erging das Urteil des Bezirksrates, mit welchem die Beschwerde in Bezug

    auf die angeordnete Begleitung (act. 8/3 Dispositiv Ziff. 1 c ) gutgeheissen und im

    Übrigen abgewiesen wurde (act. 7 = act. 8/37). Der Entscheid ging der Rechtsvertreterin am 29. Juli 2016 zu (act. 8/38).

  4. Mit Eingabe vom 17. August 2016 wandte sich der Beschwerdeführer persönlich an das Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer. Er verlangt u.a. die Aufhebung des Urteils des Bezirksrates vom 26. Juli 2016 und der KESB Winterthur und Andelfingen (act. 2). Auf telefonische Anfrage teilte Rechtsanwältin

lic. iur. G. mit, dass sie für eine Beschwerde kein Mandat habe (act. 5). Die Beschwerdefrist lief am 29. August 2016 ab. Die Akten des Bezirksrates und der

KESB wurden beigezogen (act. 8/1-38, act. 9/V1 - V220, act. 10/1- 183). Das Verfahren ist spruchreif.

II.

1. Aus den Beschwerdebeilagen (act. 3/4, Anhänge) ergibt sich, dass einem Namensänderungsgesuch des Beschweredeführers vom 20. Januar 2016 teilweise stattgegeben und sein Vorname von A. auf A.' geändert wurde. Die beantragte Änderung des Nachnamens von A. auf H. wurde nicht bewilligt. Aus den weiteren Beilagen ergibt sich, dass der Beschwerdeführer sich in einer geschlechtsangleichenden Therapie befindet und dass im Rahmen der psychiatrischen Behandlung die Mann-zu-Frau Transsexualität in den Vordergrund gerückt ist. Der Beschwerdeführer selbst bezeichnet seinen Vornamen mit A. /A.' und spricht in der Beschwerde von sich als weibliche Person (act. 2). Da wie aus dem Namensänderungsentscheid des Gemeindeamtes vom

29. 2016 ersichtlich ist in den Registern noch immer die männliche Form eingetragen ist, ist nachfolgend weiterhin vom Beschwerdeführer zu sprechen. Der Vorname ist im Rubrum so erfasst, wie der Beschwerdeführer selbst ihn in der Beschwerde bezeichnet.

  1. Das Verfahren vor der KESB und den gerichtlichen Beschwerdeinstanzen richtet sich primär nach den Bestimmungen des ZGB und den ergänzenden kantonalen Bestimmungen (EG KESR und Gerichtsorganisationsgesetz [GOG]), subsidiär gelten die Bestimmungen der ZPO (Art. 450f ZGB; § 40 KESR).

  2. Nach Eingang der Beschwerde prüft die Rechtsmittelinstanz von Amtes wegen das Vorliegen der Rechtsmittelvoraussetzungen. Das angerufene Obergericht ist für Beschwerden gegen Urteile des Bezirksrates zuständig (Art. 450 Abs. 1 ZGB i.V.m. § 64 EG KESR). Der Beschwerdeführer ist zur Beschwerdeführung ohne weiteres legitimiert (Art. 450 Abs. 2 Ziff. 1 ZGB). Das Rechtsmittel wurde rechtzeitig erhoben (Art. 450b ZGB). Dem Eintreten auf die Beschwerde steht nichts entgegen.

  3. Mit der Beschwerde können Rechtsverletzung, die unrichtige unvollständige Feststellung des erheblichen Sachverhaltes sowie Unangemessenheit gerügt werden (Art. 450a ZGB). Für das Verfahren gilt der Untersuchungsgrundsatz mit der Einschränkung der Rügeund Begründungsobliegenheit, was bedeutet, dass von der Beschwerde führenden Person jeweils darzulegen ist, weshalb der angefochtene Entscheid unrichtig sein soll (Art. 446 ZGB; EG KESR § 65 und 67; BGE 138 III 374. E. 4.3.1.; vgl. auch BGE 137 III 617).

  4. Im angefochtenen Urteil vom 26. Juli 2016 erwog der Bezirksrat, es ergebe sich aus den Akten der KESB und des Bezirksrates, dass der Beschwerdeführer an einer seit mehreren Jahren bekannten paranoiden Schizophrenie leide, dass er nicht anhaltend krankheitsund damit behandlungseinsichtig sei, die für ihn erforderlichen Medikamente immer wieder absetze und dann seine finanziellen und administrativen Angelegenheiten nicht mehr regeln könne. Wenn er vorbringe, er gehe nunmehr seit März 2016 wieder regelmässig zu Dr. med. C. und nehme seine Medikamente regelmässig ein, so sei dies erfreulich, der Bezirksrat gehe indes noch nicht von einer stabilen Situation und deshalb von einer Hilfsbedürftigkeit des Beschwerdeführers aus. Die im Entscheid der KESB aufgelisteten Aufgaben erwiesen sich als der Hilfsbedürftigkeit angemessene Regelungen sowohl im administrativen und finanziellen (act. 8/3 Dispositiv-Ziff. 1 a), d) e), wie auch im medizinischen (act. 8/3 Dispositiv-Ziff. 1 b) Bereich. Die Vertretung in administrativen und finanziellen Angelegenheiten sowie auch bei der Suche nach einer geeigneten Wohnsituation sei erforderlich, da die in den Akten abgelegten Eingaben anschaulich zeigten, dass der Beschwerdeführer zeitweise nicht in der Lage sei, den Behörden gegenüber klar zu kommunizieren und der Bezirksrat aktuell nicht von einer stabilen Situation ausgehe. Ein Entzug der Handlungsfähigkeit sei indes richtigerweise nicht ergangen. Das Vertretungsrecht in medizinischen Belangen sei auf den Fall der Urteilsunfähigkeit des Beschwerdeführers beschränkt; solange der Beschwerdeführer urteilsfähig sei, bestehe lediglich ein Auskunftsrecht.

  5. In der Beschwerde macht der Beschwerdeführer geltend, er sei mit einer teilweisen umfassenden Vertretungsbeistandschaft mit Vermögensverwaltung nicht einverstanden. Er sei mündig, fühle sich in der Lage, die IV-Rente der AKSO / SVA Zürich selbständig zu verwalten. Ersparnisse besitze er nur wenige. Für sein gesundheitliches Wohl als Transsexuelle Mann zur Frau, sein soziales Wohl sowie die administrativen Angelegenheiten könne er selber besorgen. Er führt aus, dass er sich intensiv mit einer Geschlechtsanpassung zur Transsexuellen Frau auseinandersetze; er nehme in diesem Rahmen sämtliche Schritte verantwortungsbewusst wahr. Er sei sodann nicht gewillt, mit dem Beistand zusammen zu arbeiten. Dies liege einerseits darin begründet, dass er per 1. April 2016 von I. nach J. / TG weggezogen sei, und andererseits, weil er die Transgender Therapie in Zusammenarbeit mit den Ärzten selber regeln wolle. Nicht seine Mutter, sondern das Fachpersonal im Zusammenhang mit der Behandlung seien seine wichtigsten Bezugspersonen. Eine Beistandschaft gegen seinen Willen sei kontraproduktiv für den Gesundheitszustand und das Gelingen der Geschlechtsangleichung zur Frau. Auch für die Vermögensverwaltung bestehe keine Veranlassung für eine Beistandschaft. Er beziehe eine geringe IV-Rente; als Transsexuelle Frau (Transgender) wolle A. ihren Lebensweg und ihren Körper mit Hilfe der Medizin eigenständig und eigenverantwortlich leben (act. 2 Blatt 3). Sodann beantragt er unter Hinweis auf die Verfügung des Bezirksratspräsidenten vom 4. April 2016, es sei ihm Frist anzusetzen zur Bezeichnung einer Rechtsvertretung. Aus den Eingaben des Beschwerdeführers und dem angefochtenen Entscheid gehe hervor, dass er mit dem Entscheid der KESB und FES nicht einverstanden sei und was er genau anfechten wolle. Er verlangt entsprechend dem bezirksrätlichen Verfahren - die Bestellung einer Verfahrensvertreteri n sowie die Ansetzung einer neuen Frist an diese (a.a.O.).

  6. Der Beschwerdeführer war im bezirksrätlichen Verfahren durch Rechtsanwältin lic. iur. G. vertreten. Ihr wurde das Urteil vom 26. Juli 2016 zugestellt (act. 8/38). Damit lag es in ihrem Verantwortungsbereich, die Rechtsmittelerhebung zu prüfen. Der Beschwerdeführer hat über seine Rechtsvertreterin vom Entscheid des Bezirksrates Kenntnis erhalten und persönlich Beschwerde gegen den Entscheid erhoben, worüber die Rechtsvertreterin seitens des Gerichts unverzüglich orientiert wurde (act. 5). Wenn sie innert der Rechtsmittelfrist sich nicht mehr äusserte, muss es dabei sein Bewenden haben; die Bestellung einer Verfahrensvertretung erweist sich als nicht nötig. Angemerkt sei, dass eine neue Fristansetzung sodann ausser Betracht fiele, da es sich bei der Rechtsmittelfrist um eine gesetzliche Frist handelt, die nicht erstreckt werde kann.

  7. Das Gesetz sieht in Art. 442 Abs. 1 2. Satz ZGB explizit vor, dass die mit dem Verfahren befasste Behörde bis zum Abschluss eines rechtshängigen Verfahrens zuständig bleibt. Auch wenn der Beschwerdeführer, wie er geltend macht, seinen Wohnsitz nach J. / TG verlegt hat, wo er seit dem 1. April 2016 auch angemeldet ist (act. 10/181/1), bleibt die angerufene Behörde und damit auch die angerufene Rechtsmittelinstanz zuständig (VOGEL, BSK Erwachsenenschutz,

    Art. 442 N 17). Gegebenenfalls wäre im Sinne von Art. 442 Abs 5 ZGB eine angeordnete Massnahme auf eine neu zuständige Behörde zu übertragen. Ob dies vorliegend der Fall sein wird, kann heute offen bleiben. Anzumerken bleibt immerhin, dass der Beschwerdeführer selbst zwar von Wegzug spricht, seine Adresse indes an der strasse in K. angibt (act. 2).

  8. Die behördlichen Massnahmen des Erwachsenenschutzrechtes sollen das Wohl und den Schutz hilfsbedürftiger Personen sicherstellen, wobei die Selbstbestimmung der betroffenen Person so weit wie möglich erhalten bleiben soll (Art. 388 ZGB). Eine Beistandschaft wird u.a. dann errichtet, wenn eine Person wegen einer psychischen Störung eines ähnlichen in der Person liegenden Schwächezustands ihre Angelegenheiten nur teilweise gar nicht besorgen kann (Art. 390 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB). Zu beachten sind das Subsidiaritätsund das Verhältnismässigkeitsprinzip. Massnahmen dürfen nur angeordnet werden, wenn die Unterstützung der hilfsbedürftigen Person durch die Familie, andere nahestehende Personen private öffentliche Dienste nicht ausreicht von vornherein als ungenügend erscheint (Art. 389 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB). Sodann muss die Massnahme erforderlich, geeignet und zumutbar sein (Art. 389 Abs. 2 ZGB).

    Das unter neuem Recht geltende System der massgeschneiderten Massnahmen erlaubt unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismässigkeit individuell abgestimmte Eingriffe in die Handlungsfreiheit und Handlungsfähigkeit der zu betreuenden Person (vgl. auch HÄFELI, FamKomm Erwachsenenschutzrecht, 2013, Art. 389

    N 7ff.).

    Der Beschwerdeführer wehrt sich wie schon im erstinstanzlichen Beschwerdeverfahren gegen die Beistandschaft. Er macht geltend, er könne seine administrativen und finanziellen Belange selber regeln und er will die Transgender Therapie in Zusammenarbeit mit den Ärzten eigenständig angehen. Bei einer Beistandschaft gegen seinen Willen sieht er seine Gesundheit und das Gelingen der Geschlechtsangleichung zur Frau als gefährdet. Mit der Argumentation der KESB wie auch des Bezirksrates setzt er sich kaum auseinander. Aus den umfangreichen Akten der KESB, welche die eingangs zusammengefasst wiedergegebene Entwicklung des Beschwerdeführers schildern, ergibt sich, dass der Beschwerdeführer an einer paranoiden Schizophrenie leidet, welche ihn bisher immer wieder in Situationen brachte, in denen er nicht in der Lage war, seine persönlichen, administrativen und finanziellen Belange selber zu regeln. Nachdem noch im Jahre 2012 unter der Geltung des alten Rechts die Behörden die Entmündigung des Beschwerdeführers in die Wege leiten wollten und ihm vorsorglich die Handlungsfähigkeit entzogen worden war, verzichtete die neu zuständige KESB unter Hinweis auf die vorgenannten Prinzipien sowie auch aufgrund des Umstandes, dass der Beschwerdeführer sich in den Phasen, in welchen er den ärztlichen Weisungen folgte, fähig zeigte, für seine Belange zu schauen, auf die Ergreifung von Schutzmassnahmen, und zwar auch noch im Mai 2015. Dass es in der Folge wiederum zu Gefährdungsmeldungen kam und der Beschwerdeführer selbst sich wieder in stationäre Behandlung begab, zeigt seine Hilfsbedürftigkeit deutlich auf.

    Der Beschwerdeführer stellt nicht in Abrede, dass er die zur Behandlung seiner Krankheit erforderliche Medikation immer wieder absetzte, was über kurz lang wieder zu akuten Störungen führte. Dies hat die KESB im angefochtenen Entscheid vom 19. Januar 2016 festgehalten und ergibt sich auch aus den Akten. Wenn auch mit dem Bezirksrat zwar positiv hervorzuheben ist, dass der Beschwerdeführer seit März 2016 wieder regelmässig in ärztlicher Betreuung steht, hinterlässt die aufgrund der Akten dokumentierte Entwicklung indes erhebliche Zweifel an der Beständigkeit der Krankheitsund Behandlungseinsicht. Nachdem sowohl der Verzicht auf Schutzmassnahmen wie auch die angeordnete ambulante Massnahme keine dauerhaften Erfolge brachten, erweist sich die Anordnung einer Beistandschaft als angezeigt. Nicht ersichtlich und vom Beschwerdeführer

    auch nicht geltend gemacht ist, dass die erforderliche Unterstützung durch Familie andere nahestehende Personen gewährleistet werden könnte.

  9. Der Beistand kann als gesetzlicher Vertreter der betroffenen Person für diese rechtsgültig Verpflichtungen eingehen. Die betroffene Person wird durch die Handlungen des Beistands in den diesem übertragenen Aufgabenbereichen rechtsgültig verpflichtet, behält aber eine konkurrierende Handlungsbefugnis, soweit ihr die Handlungsfähigkeit nicht entzogen ist (vgl. auch MEIER, FamKomm Erwachsenenschutzrecht, Art. 394 N 15 und 24). Errichtet die KESB eine Vertretungsbeistandschaft für die Vermögensverwaltung, hat sie gestützt auf Art. 395 ZGB die Vermögenswerte, die vom Beistand von der Beiständin verwaltet werden, zu bestimmen. Sie kann sodann der betroffenen Person den Zugriff auf einzelne Vermögenswerte entziehen, ohne deren Handlungsfähigkeit einzuschränken (Art. 395 Abs. 1 und 3 ZGB). Für die Errichtung der Vermögensverwaltung bildet der Umfang von Einkommen Vermögen nicht das entscheidende Kriterium. Vielmehr ist einzig die Unfähigkeit der betroffenen Person, diese Güter allein zu verwalten, ohne ihre Interessen zu gefährden, das massgebende Kriterium (vgl. z.B. MEIER, a.a.O., Art. 395 N 5 f.)

Wie sich aus der Beschwerdeschrift ergibt, erscheint es dem Beschwerdeführer als zentrales Anliegen, die begonnene Transgender Therapie unter ärztlicher Begleitung erfolgreich weiter führen zu können. Diese, wie auch weitere medizinische Belange sind vom Vertretungsrecht des Beistandes, wie sie im Entscheid der KESB festgelegt wurden, ausdrücklich ausgenommen. Der Beschwerdeführer ist insoweit durch die Beistandschaft nicht eingeschränkt. Ein Vertretungsrecht wurde für die medizinischen Belange nur für den Fall einer Urteilsunfähigkeit des Beschwerdeführers festgeschrieben. Der Bezirksrat hat hierauf zu Recht hingewiesen (act. 7 S. 9 Ziff. 4.4); ebenso hat er bemerkt, dass es dem Beschwerdeführer frei steht, im Rahmen einer Patientenverfügung eine andere Person zu bestimmen, welche ihn im Falle der Urteilsunfähigkeit vertreten könnte. Dass dem Beistand bei Urteilsfähigkeit des Beschwerdeführer ein Auskunftsrecht zukommen soll, erweist sich mit Blick auf die Erfüllung der ihm übertragenen Vertretungspflichten als sachgerecht und ist nicht zu beanstanden.

Was die Vertretungsrechte des Beistandes für die finanziellen und administrativen Belange sowie auch die Wohnsituation betrifft, hält der Beschwerdeführer in der Beschwerde nur pauschal fest, er sei in der Lage, diese selber zu regeln. Mit den Erwägungen der angefochtenen Entscheide setzt er sich nicht auseinander. Nicht entscheidend ist für die Anordnung wie gesehen, ob und in welchem Umfang Einkommen und Vermögen vorhanden sind. Mit dem Hinweis des Beschwerdeführer, er sei überzeugt, dass AHV/IV, Ergänzungsleistungen und Zusatzleistungen geleistet werden müssten zur Begleichung des anfallenden Mietzinses in J. (act. 2 Blatt 3), macht er deutlich, dass er davon ausgeht, über Ansprüche gegen- über den genannten Behörden zu verfügen. Die Geltendmachung solcher Ansprüche bedingt, dass entsprechende Kontakte aufgenommen und beibehalten werden. Diese vermag der Beschwerdeführer jedenfalls zeitweise nicht hinreichend zu pflegen, wie sich aus den Akten und den Eingaben des Beschwerdeführers (insbesondere auch im bezirksrätlichen Beschwerdeverfahren) zwanglos ergibt.

Die konkrete Ausgestaltung der angeordneten Massnahmen durch die KESB erweist sich mit Bezug auf die Wohnsituation (Dispositiv Ziff. 1 lit. a), die administrativen Belange (Dispositiv Ziff. 1 lit. d) und die finanziellen Belange (Dispositiv

Ziff. 1 lit. e) als angemessen: Bei den finanziellen Angelegenheiten obliegt es dem Beistand festzulegen, in welchem Umfang dem Beschwerdeführer der Zugriff auf das Vermögen entzogen sein soll. Dabei wird die Schuldensituation (act. 10/173) zu beachten und dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit Rechnung zu tragen sein. Mit Bezug auf die Wohnsituation lassen die sich aus den Akten ergebenden, jeweils notwendig gewordenen Wechsel in der Vergangenheit, die wiederholt wegen untragbaren Verhaltens erfolgen mussten, eine Unterstützung ebenfalls als notwendig erscheinen. Insgesamt erweist sich die Ausgestaltung der angeordneten Beistandschaft als den Bedürfnissen des Beschwerdeführers entsprechend. Die Beschwerde ist daher abzuweisen.

III.

Entsprechend dem Ausgang des Verfahrens sind die Kosten grundsätzlich dem Beschwerdeführer aufzuerlegen.

Der Beschwerdeführer beantragt in seiner Beschwerde die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und (sinngemäss) auch die Bestellung von Rechtsanwältin lic. iur. G. als unentgeltliche Rechtsvertreterin (act. 2 Blatt 2). Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege hat, wer nicht über die erforderlichen Mittel verfügt und dessen Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint (Art. 117 ZPO).

Der Beschwerdeführer verfügt gemäss Inventar des Beistandes per 19. Januar 2016 neben der IV-Rente in der Höhe von monatlich CHF 2'124.-- über keine weiteren Einkünfte. Seine Schulden betrugen zu jenem Zeitpunkt zusammengefasst rund CHF 49'000.-- (act. 10/173); seine Mittellosigkeit ist damit ausgewiesen. Im Zeitpunkt des vorinstanzlichen Entscheides erschien seine Situation hinsichtlich Wohnen und medizinische Behandlung, wenn auch nicht stabil, so doch mindestens wieder verbessert. Sein im Beschwerdeverfahren erneut gestelltes Begehren, von einer Beistandschaft abzusehen, kann daher auch unter Berücksichtigung der bisher ergangenen Entscheide - noch nicht als aussichtslos im Sinne des Gesetzes bezeichnet werden. Es ist ihm deshalb die unentgeltliche Rechtspflege für das Beschwerdeverfahren zu bewilligen. Der Beschwerdeführer ist allerdings darauf hinzuweisen, dass er zur Nachzahlung verpflichtet ist, sobald er hiezu in der Lage ist (Art. 123 ZPO). Das (sinngemässe) Gesuch um unentgeltliche Rechtsverbeiständung ist gegenstandslos.

Es wird beschlossen:

  1. Dem Beschwerdeführer wird für die Gerichtskosten die unentgeltliche Rechtspflege bewilligt.

  2. Schriftliche Mitteilung mit dem nachstehenden Erkenntnis.

und erkannt:

  1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden kann.

  2. Die Entscheidgebühr wird auf Fr. 600.00 festgesetzt.

  3. Die Gerichtskosten des Rechtsmittelverfahrens werden dem Beschwerdeführer auferlegt, zufolge der ihm gewährten unentgeltlichen Rechtspflege indes einstweilen auf die Gerichtskasse genommen.

    Die Nachzahlungspflicht gemäss Art. 123 ZPO bleibt vorbehalten.

  4. Schriftliche Mitteilung an den Beschwerdeführer, die Kindesund Erwachsenenschutzbehörde Bezirke Winterthur und Andelfingen, die Direktion der Justiz und des Innern (Gemeindeamt des Kantons Zürich) sowie - unter Rücksendung der eingereichten Akten an den Bezirksrat Winterthur, je gegen Empfangsschein.

  5. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.

Es handelt sich um eine nicht vermögensrechtliche Angelegenheit.

Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer Der Gerichtsschreiber:

lic. iur. R. Barblan versandt am:

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