Zusammenfassung des Urteils PQ150072: Obergericht des Kantons Zürich
In einem Verfahren vor der gerichtlichen Beschwerdeinstanz Bezirksrat wurde einer Beschwerdeführerin eine Anwältin bestellt, die sie bezahlen sollte. Die Anwältin beschwert sich dagegen und fordert, dass sie vom Bezirksrat honoriert wird. Das Obergericht entscheidet, dass die Anwältin als Beiständin und nicht als Anwältin bestellt wurde, da die Klientin nicht in der Lage war, angemessen mit dem Gericht zu kommunizieren. Die Bestellung einer Vertretung nach Art. 69 ZPO unterscheidet sich von einer unentgeltlichen Vertreterin nach Art. 118 ZPO. Die Honorierung der Vertretung erfolgt aus der Gerichtskasse. Der Bezirksrat argumentiert, dass eine Kostentragung durch das Gemeinwesen ausgeschlossen sei. Das Obergericht entscheidet, dass die Vertretung im Sinne von Art. 69 ZPO von der Instanz zu honorieren ist, die die Bestellung ausgesprochen hat.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | PQ150072 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Zivilkammer |
Datum: | 07.01.2016 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Honorierung der von einem Gericht bestellten Vertretung. |
Schlagwörter : | Vertretung; Verfahren; Bezirksrat; Recht; Gericht; Anwältin; Beschwerdeinstanz; Person; Sinne; Honorierung; Honorar; Bezirksrates; Beschwerdeinstanzen; Bereich; Kanton; Bestellung; Kasse; Amtes; Rechtsanwältin; Entscheid; Claudia; Beistand; Beiständin; Fragen; Kantone; Instruktionen; Klientin; ähig |
Rechtsnorm: | Art. 119 ZPO ;Art. 123 ZPO ;Art. 41 BGG ;Art. 449a ZGB ;Art. 450 ZGB ;Art. 57 ZPO ;Art. 67 ZPO ;Art. 69 ZPO ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | - |
In einem Verfahren vor der gerichtlichen Beschwerdeinstanz Bezirksrat (Art. 450 ZGB, § 63 EG KESR) wurde der Beschwerdeführerin von Amtes wegen eine Anwältin bestellt. Die Beschwerdeführerin wurde verpflichtet, der Anwältin das Honorar zu bezahlen. Dagegen richtet sich die Beschwerde
der Anwältin.
(aus den Erwägungen des Obergerichts:)
2.2 Rechtsanwältin A. war zwar in der Vorinstanz nicht selber Partei, ist aber vom angefochtenen Entscheid beschwert und daher zur Beschwerde legitimiert (Art. 450 Abs. 2 Ziff. 3 ZGB). Sie verlangt mit ihrer Beschwerde, dass sie vom Bezirksrat honoriert und nicht aufs Inkasso gegenüber Claudia F. verwiesen werde. Zur Begründung führt sie an, dass der Bezirksrat sie mandatierte. Entgegen der Auffassung in der Vernehmlassung des Bezirksrates reicht das aus, da das Recht von Amtes wegen anzuwenden ist (Art. 57 ZPO in Verbindung mit § 40 Abs. 3 EG KESR).
Nach Art. 449a ZGB bestellt die KESB der betroffenen Person wenn nötig eine Vertretung für das Verfahren und bezeichnet als Beistand Beiständin eine in fürsorgerischen und rechtlichen Fragen erfahrene Person. In der Literatur wird vertreten, das auch auf das Verfahren der gerichtlichen Beschwerdeinstanzen anzuwenden (FamKomm KESR-Steck, Art. 449a N. 6, vgl. auch Botschaft BBl 2006, 7082). Das ist nicht ohne Weiteres selbstverständlich, da die Bestimmung systematisch im Verfahren (nur) der KESB steht und für das Rechtsmittelverfahren im Bereich der Fürsorgerischen Unterbringen eine eigene Vorschrift aufgestellt ist (Art. 450e Abs. 4 zweiter Satz ZGB). Zudem kollidiert die Anweisung zur Bestimmung einer in fürsorgerischen und rechtlichen Fragen erfahrene Person (ohne weitere Voraussetzungen) mit dem Recht der Kantone, die berufsmässige Vertretung vor ihren Gerichten (und damit auch vor den gerichtlichen Beschwerdeinstanzen des Kindesund Erwachsenenschutzrechtes/KESR) zu regeln. Jedenfalls gilt subsidiär die allgemeine Bestimmung, dass sich das Verfahren im Bereich des KESR nach den Bestimmungen der ZPO richtet, so weit
die Kantone nichts anderes anordnen - und der Kanton Zürich hat in diesem Bereich keine eigenen Normen erlassen. Art. 449a ZGB sagt in der Sache nichts Anderes als die etwas differenziertere Norm von Art. 69 ZPO.
Der Bezirksrat hat richtig entschieden, als er Rechtsanwältin A. als Beistän- din, und nicht als Anwältin bestellte. Eine vom Gericht bestellte Anwältin handelt nach Instruktionen der Klientin, auch wenn diese nicht ausreichend in der Lage ist, sich gegenüber dem Gericht zweckmässig auszudrücken (Art. 69 Abs. 1 ZPO). Muss angenommen werden, die Klientin könne die Tragweite ihrer Entscheidungen im Verfahren nicht genügend überblicken, ist sie im Sinne des Gesetzes in dieser Hinsicht urteilsunfähig (Art. 67 ZPO e contrario) und kann daher keine verbindlichen Instruktionen geben. In dieser Situation muss eine Beiständin bestellt werden, welche nach bestem Ermessen im wohl verstandenen Interesse der vertretenen Person handelt (Art. 69 Abs. 2 ZPO).
Die Bestellung einer Vertretung gestützt auf Art. 69 Abs. 1 und 2 ZPO ist zu unterscheiden von der Bestellung einer Anwältin als unentgeltliche Vertreterin im Sinne von Art. 118 Abs. 1 lit. c ZPO. Diese wird von der Partei mandatiert und auf Gesuch hin (Art. 119 Abs. 1 ZPO) vom Gericht als unentgeltliche Vertretung bestellt. Bei jener kommt das Mandat (im Sinne eines öffentlich-rechtlichen Verhältnisses) direkt zwischen dem Gericht und der Vertretung zustande. Eine ausdrückliche Bestimmung über ihre Honorierung fehlt. Im analogen Fall des Verfahrens vor Bundesgericht wird sie vom Bundesgericht honoriert, wenn nicht eine ausreichende Parteientschädigung zugesprochen wird die vertretene Partei zahlungsfähig ist (Art. 41 BGG). Nach der Praxis der Kammer zum kantonalen Recht (OGerZH LB150019/Z14 vom 31. Mai 2006) wurde das Honorar grundsätzlich aus der Gerichtskasse bezahlt und als Teil der Verfahrenskosten behandelt. Daran ist auch unter neuem Recht festzuhalten, in Analogie zu Art. 95 Abs. 2 lit. e ZPO (für den Strafprozess sieht es Art. 422 Abs. 2 lit. a StPO ausdrücklich vor).
Der Bezirksrat argumentiert in der angefochtenen Verfügung, eine Kostentragung durch das Gemeinwesen nach § 22 EG KESR sei in diesem Fall ausgeschlossen. Diese Bestimmung regelt allerdings allgemein die Kosten von Beistandschaften, und heute zu entscheiden ist der spezielle Fall einer Vertretung im
gerichtlichen Verfahren. Eine besondere Bestimmung dazu gibt es nicht, und der vom Bezirksrat erwähnte § 60 Abs. 5 EG KESR (welcher einer Honorierung der Vertretung aus der Kasse des Bezirksrates gar nicht entgegen stünde) ist nach
§ 73 EG KESR auf das Verfahren der gerichtlichen Beschwerdeinstanzen gerade
nicht anwendbar. Vielmehr ist nach der dargestellten Praxis und in Analogie zum Zivilund Strafprozess eine im Sinne von Art. 69 ZPO bestellte Vertretung von der Instanz zu honorieren, welche die Bestellung ausgesprochen hat. Ob Anlass bestanden hätte, für Claudia F. die unentgeltliche Rechtspflege zu beantragen, ist hier nicht zu entscheiden. Die Kasse des Bezirksrates wäre bei unentgeltlicher Rechtspflege schlechter gefahren, weil die Anwältin ebenfalls aus der Kasse zu honorieren gewesen wäre (Art. 122 Abs. 1 lit. a ZPO), die Vertretene aber nur und erst dann zur Rückerstattung angehalten werden könnte, wenn sie in bessere finanzielle Verhältnisse käme (Art. 123 ZPO).
Obergericht, II. Zivilkammer Urteil vom 7. Januar 2016 Geschäfts-Nr.: PQ150072-O/U
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