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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Zusammenfassung des Urteils PP210038: Obergericht des Kantons Zürich

In dem Gerichtsverfahren vor dem Obergericht des Kantons Zürich ging es um die Kollokation von Forderungen im Konkurs der C. AG. Die Klägerin beantragte die Streichung der Forderungen des Beklagten, was vom Einzelgericht für SchKG-Klagen gutgeheissen wurde. Der Beklagte legte Beschwerde ein und argumentierte unter anderem, dass ihm nicht klar war, dass die eingereichten Unterlagen keine ausreichenden Beweismittel darstellten. Das Obergericht hob das Urteil auf und wies die Sache zur Wiederholung der Hauptverhandlung an die Vorinstanz zurück. Es wurden keine Parteientschädigungen zugesprochen.

Urteilsdetails des Kantongerichts PP210038

Kanton:ZH
Fallnummer:PP210038
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid PP210038 vom 19.04.2022 (ZH)
Datum:19.04.2022
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Kollokation (ungesicherte Forderung im Konkurs)
Schlagwörter : Beklagten; Vorinstanz; Konkurs; Beweis; Verhandlung; Kollokation; Zeugin; Forderung; Entscheid; Recht; Verfahren; Gericht; Ord-Nr; Beweismittel; Parteien; Sachverhalt; Hauptverhandlung; Konkursitin; Forderungen; Kollokationsklage; Kollokationsplan; Beschwerdeverfahren; SchKG; Protokoll; Auskunft; Duplik
Rechtsnorm:Art. 150 ZPO ;Art. 17 KG ;Art. 171 ZPO ;Art. 243 ZPO ;Art. 247 ZPO ;Art. 308 ZPO ;Art. 321 ZPO ;Art. 326 ZPO ;Art. 33 KG ;Art. 8 ZGB ;Art. 90 BGG ;
Referenz BGE:138 III 374; 147 III 365;
Kommentar:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017

Entscheid des Kantongerichts PP210038

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer

Geschäfts-Nr.: PP210038-O/U

Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. E. Lichti Aschwanden, Vorsitzende, Oberrichterin lic. iur. R. Bantli Keller und Oberrichter Dr. M. Sarbach sowie Gerichtsschreiber lic. iur. M. Häfeli

Beschluss und Urteil vom 19. April 2022

in Sachen

  1. ,

    Beklagter und Beschwerdeführer

    gegen

  2. ,

Klägerin und Beschwerdegegnerin

vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. X1. , vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X2. ,

betreffend Kollokation (ungesicherte Forderung im Konkurs der C. AG in Liquidation)

Beschwerde gegen ein Urteil des Einzelgerichtes für SchKG-Klagen des Bezirksgerichtes Zürich vom 17. Juni 2021; Proz. FV200167

Erwägungen:

  1. Sachverhaltsübersicht und Prozessgeschichte

    1. Der Beklagte und Beschwerdeführer (nachfolgend: Beklagter) war bis zum Konkurs der C. AG (nachfolgend: Konkursitin) von dieser als Devisenhändler und Vermögensverwalter angestellt. Er war zudem unbestrittenermassen (zumindest) Geschäftsführer der Konkursitin.

    2. Im Streit liegt die Kollokation von vier Forderungen des Beklagten in der Höhe von Fr. 379'004.03, welche in der 3. Klasse kolloziert wurden. Hierbei han- delt es sich um Lohnforderungen aus den Jahren 2017 bis 2019 sowie um eine Forderung aus einem Kontokorrentverhältnis. Die Klägerin und Beschwerdegeg- nerin (nachfolgend: Klägerin) reichte gegen diese Forderungen eine negative Kollokationsklage vom 15. Oktober 2020 mit folgenden Rechtsbegehren ein (act. 1, um das Eventualbegehren erweitert in act. 32 i.V.m. Prot. Vi S. 23):

      Es seien die im Konkurs über die C. AG in Liquidation, D. [Strasse] …, … Zürich, (Konkurs Nr. 1) beim Konkursamt Enge-Zürich angemeldeten und in der 3. Klasse kollozierten Forderungen des Beklagten von CHF 30'555.90 (Ord.-Nr. 12), CHF 135'000.00 (Ord.Nr. 17), CHF 150'909.40 (Ord.-Nr. 22) und CHF 62'538.73 (Ord.Nr. 27) im Kollokationsplan als unbegründet zu streichen, unter Kosten- und Entschädigungsfolgen (zzgl. 7.7% MWST) zulasten des Beklagten.

      Eventualiter seien die im Konkurs über die C. AG in Liquidation, D. …, … Zürich, (Konkurs Nr. 1) beim Konkursamt Enge-Zürich angemeldeten und in der 3. Klasse kollozierten Forderungen des Beklagten von CHF 30'555.90 (Ord.-Nr. 12), CHF 135'000.00 (Ord.-Nr.

      17), CHF 150'909.40 (Ord.-Nr. 22) und CHF 62'538.73 (Ord.-Nr. 27) im

      Kollokationsplan lediglich als Forderungen im Rangrücktritt zuzulassen, unter Kosten- und Entschädigungsfolgen (zzgl. 7.7% MWST) zulasten des Beklagten.

    3. Für die Einzelheiten der vorinstanzlichen Prozessgeschichte kann auf den angefochtenen Entscheid verwiesen werden (vgl. act. 43 E. I./1–4).

    4. Mit Urteil vom 17. Juni 2021 (act. 34 = act. 43 [Aktenexemplar], nachfolgend zit. als act. 43) hiess das Einzelgericht für SchKG-Klagen des Bezirksgerichts Zürich (nachfolgend: Vorinstanz) die Klage vollumfänglich gut, indem es wie folgt erkannte:

      1. Die Klage wird gutgeheissen.

        Demzufolge werden die vom Beklagten im Konkurs der C. AG in Liquidation beim Konkursamt Enge-Zürich angemeldeten und im Kollokationsplan in der 3. Klasse unter der Ord.-Nr. 12 kollozierte Forderung in der Höhe von CHF 30'555.90, unter der Ord.-Nr. 17 kollozierte Forderung in der Höhe von CHF 135'000.–, unter der Ord.-Nr. 22 kollozierte Forderung in der Höhe von CHF 150'909.40 sowie unter der Ord.-Nr. 27 kollozierte Forderung in der Höhe von CHF 62'538.73 gestrichen.

      2. Die Entscheidgebühr wird festgesetzt auf CHF 2'400.– und dem Beklagten auferlegt. Sie wird aus dem von der Klägerin geleisteten Vorschuss bezogen, ist ihr jedoch vom Beklagten zu ersetzen. Im Restbetrag wird der Klägerin der geleistete Vorschuss aus der Gerichtskasse zurückbezahlt.

      3. Der Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin eine Parteientschädigung von CHF 3'100.– (inkl. MWST) zu bezahlen.

      4./5. (Mitteilung/Rechtsmittel)

    5. Hiergegen erhob der Beklagte mit Beschwerdeschrift vom 7. Juli 2021 (act. 40) fristgerecht (vgl. act. 36) Beschwerde und stellte zusätzlich mit Eingabe vom 8. Juli 2021 ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Rechtsverbeiständung für das Beschwerdeverfahren (act. 41). Er beantragt der Kammer sinngemäss die vollständige Aufhebung des Urteils der Vorinstanz und Belassung seiner Forderungen im Kollokationsplan. Mit Verfügung vom 15. Februar 2022 (act. 45) wurde der Klägerin Frist angesetzt, um die Berufung zu beantworten; dieser Aufforderung kam sie mit Eingabe vom 17. März 2022 (act. 47) innert Frist nach.

    6. Die vorinstanzlichen Akten wurden beigezogen (act. 1–38). Das Verfahren erweist sich als spruchreif. Dem Beklagten ist mit dem vorliegenden Entscheid ein Doppel der Beschwerdeantwort (act. 47) zuzustellen.

  2. Prozessuales

    1. Erstinstanzliche Endentscheide sind mit Beschwerde anfechtbar, sofern – in vermögensrechtlichen Belangen – der Mindeststreitwert von Fr. 10'000.– für die Berufung nicht erreicht ist (vgl. Art. 319 lit. a i.V.m. Art. 308 Abs. 2 ZPO). Die Vorinstanz veranschlagte den (minimalen) Streitwert auf Fr. 9'000.– (act. 43 E. IV./1). Dies wird im Beschwerdeverfahren nicht beanstandet, und ein Grund für eine abweichende Einschätzung ist nicht ersichtlich. Gegen den angefochtenen Entscheid ist damit die Beschwerde nach Art. 319 ff. ZPO zulässig.

    2. Die Beschwerde ist gemäss Art. 321 Abs. 1 ZPO zu begründen. Die Beschwerde führende Partei muss sich im Rahmen der sog. Begründungspflicht mit den Erwägungen des angefochtenen Entscheids auseinandersetzen und wenigstens rudimentär darlegen, an welchen konkreten Mängeln dieser ihrer Ansicht nach leidet und in welchem Sinne er abgeändert werden soll. Bei Laien wird in dieser Hinsicht sehr wenig verlangt. Als Antrag genügt eine Formulierung, aus welcher sich mit gutem Willen herauslesen lässt, wie das Obergericht entscheiden soll. Als Begründung reicht es sodann aus, wenn auch nur ganz rudimentär zum Ausdruck kommt, weshalb der angefochtene Entscheid nach Auffassung der Partei unrichtig sein soll. Namentlich muss irgendeine Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Entscheid erfolgen in dem Sinn, dass dessen Entscheidgründe konkret kritisiert werden. Es genügt allerdings nicht, bloss auf die vor erster Instanz vorgetragenen Ausführungen zu verweisen, diese in der Beschwerdeschrift (praktisch) wortgleich wiederzugeben den angefochtenen Entscheid bloss in allgemeiner Weise zu kritisieren. Was nicht in genügender Weise beanstandet wird, hat Bestand (vgl. BGE 138 III 374 E. 4.3.1; BGer, 5A_209/2014 vom 2. September 2014, E. 4.2.1; 5A_387/2016 vom 7. September 2016, E. 3.1).

    3. Neue Anträge, neue Tatsachen und neue Beweismittel sind im Beschwer- deverfahren ausgeschlossen (Art. 326 ZPO). Was im erstinstanzlichen Verfahren nicht behauptet eingereicht wurde, kann im Beschwerdeverfahren nicht mehr nachgeholt werden.

      Infolgedessen können weder die in der Beschwerdeschrift erstmals gemachten, ergänzenden Ausführungen des Beklagten noch die neu bei der Kammer eingereichten Beweismittel (act. 42/1, Revisionsberichte ausser jener des Jahres 2018 [bereits bei den Akten als act. 18/4]; act. 42/2, Bilanzen der Jahre 2014 und 2015; act. 42/3; 42/5–6) bei der Entscheidfindung berücksichtigt werden.

    4. Das vorliegende Verfahren untersteht der Verhandlungsmaxime. Dies be- deutet, dass die Parteien dem Gericht die Tatsachen, auf die sie ihre Begehren stützen, darzulegen und die Beweismittel anzugeben haben (Art. 55 Abs. 1 i.V.m. Art. 247 Abs. 1 ZPO). Welche der Parteien welche Tatsachen zu behaupten und gegebenenfalls – im Bestreitungsfalle (vgl. Art. 150 Abs. 1 ZPO) – zu beweisen hat, bestimmt sich nach Art. 8 ZGB. Dieser Norm zufolge hat derjenige – wo das Gesetz es nicht anders bestimmt – das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, der aus ihr Rechte ableitet. Bei einer fehlenden ungenügenden Behauptung bzw. bei einem gescheiterten Beweis trägt diese Partei die prozessualen Nachteile. Regelmässig bedeutet dies ein vollständiges teilweises Unterliegen im Verfahren.

    5. Mit der Kollokationsklage wird beurteilt, wie ein geltend gemachter Anspruch materiell richtig zu kollozieren und damit der Berechtigte im Verfahren einzustufen sei (A MONN/WALTHER, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 9. Aufl., Bern 2013, S. 431). Im Rahmen der negativen Kollokationsklage stellt die eine Gläubigerin die Kollokation einer anderen Gläubigerin in Frage. Da die beklagte Gläubigerin mit ihrer angefochtenen Kollokation Teilhabe am Verwertungserlös der Konkursmasse bezweckt, trägt sie die Beweislast dafür, dass die von ihr angemeldete Forderung in Bestand, Umfang, Rang bzw. Klasse und Besicherung vorhanden ist, wie sie die Konkursverwaltung im Kollokationsplan zugelassen hat (BSK SchKG-HIERHOLZER/SOGO, 3. Aufl., Basel 2021, Art. 250 N 61b m.w.H.).

    6. Streitwertbedingt ist die vorliegende negative Kollokationsklage im vereinfachten Verfahren zu führen (vgl. Art. 243 Abs. 1 ZPO; vgl. oben E. 2.1.). Im vereinfachten Verfahren besteht nach Art. 247 Abs. 1 ZPO eine erweiterte gerichtliche Aufklärungs- und Fragepflicht. Insbesondere wenn eine Partei nicht anwaltlich

      vertreten ist, hat das Gericht bei klaren Mängeln der Parteivorbringen zu einem gewissen Grad helfend einzugreifen, um zu verhindern, dass eine Partei nur wegen ihrer Unbeholfenheit ihres Rechts verlustig gehen soll. Das Gericht hat dem- nach durch Befragung darauf hinzuwirken, dass ungenügende Angaben zum Sachverhalt ungenügende Beweisanträge ergänzt bzw. geeignete Beweismittel genannt werden (BSK ZPO-MAZAN, 3. Aufl., Basel 2017, Art. 247 N 12 und N 15). Dessen ungeachtet gilt, dass es nicht Aufgabe des Gerichts ist, prozessuale Nachlässigkeiten der Parteien auszugleichen (BGer, 4D_57/2013 vom 2. Dezember 2013, E 3.2; BGer, 5A_3/2019 vom 18. Februar 2019, E. 4.1; BGer,

      4A_375/2015 vom 26. Januar 2016, E. 7.1; OGer ZH, PP200002 vom 4. Mai

      2020, E. 3.7). Wie weit das Gericht eingreifen soll, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, namentlich von der Unbeholfenheit der betroffenen Partei (BGer, 4A_78/2014 vom 23. September 2014, E. 3.3.3)

  3. Materielles

    1. In seiner Beschwerdeschrift macht der Beklagte zunächst geltend, die For- derung der Klägerin sei im Rahmen der Erwahrung der Konkursforderungen von der Konkursitin bestritten worden. Es sei nicht nachvollziehbar, warum sie Auf- nahme in den Kollokationsplan gefunden habe. Es handle sich offensichtlich um einen Fehler des Konkursamts, denn die Klägerin habe keinen Nachweis ihrer Forderung erbracht. Es könne nicht sein, dass er – der Beklagte – diesbezüglich hätte aktiv werden müssen. Ohnehin sei er krankheitshalber im Zeitpunkt der Auflage des Kollokationsplanes nicht fähig gewesen, sich um die Sache zu kümmern (act. 40 S. 3 f.).

      Damit setzt sich der Beklagte über die zutreffende Rechtsauffassung der Vorinstanz hinweg, wonach eine formelle Gläubigerstellung für die Erhebung einer Kollokationsklage genügt (act. 43 E I./3 und I./5, vgl. jüngst BGE 147 III 365 E. 4.3.1), worauf auch die Klägerin hinweist (act. 47 Rz. 17). Hierauf ist nicht einzutreten. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass dem Beklagten eine Wiederherstellung der Frist (Art. 33 Abs. 4 SchKG) offen gestanden hätte, sofern er wegen einer Erkrankung unverschuldet an der Erhebung einer Kollokationsklage gegen die Klägerin einer Beschwerde nach Art. 17 SchKG verhindert gewesen sein sollte.

    2. Ferner macht der Beklagte zusammengefasst geltend, er sei seit April 2019 zu 100 % krankgeschrieben und habe am 31. Dezember 2020 einen schweren Skiunfall erlitten. Kein Mensch sei in der Lage, sich in dieser Situation zu verteidigen bzw. sich vorzubereiten. Die Vorinstanz habe seine Eingaben, wonach er prozessunfähig und massiv überfordert bzw. ausser Stande sei, sich zu verteidigen, abgeschmettert bzw. sei auf diese nicht eingegangen. Die Vorinstanz hätte die Verhandlung bei Erkennen dieser Sachlage unterbrechen sollen (act. 40 S. 7).

      Hierzu ist zu bemerken, dass der Beklagte am 1. März 2021 (act. 15) ein Verschiebungsgesuch betreffend die auf den 19. März 2021 anberaumte Hauptverhandlung gestellt hatte. Diesem Gesuch wurde Folge gegeben und die Hauptverhandlung auf den 5. April 2021 neu angesetzt (vgl. act. 20 und act. 21/1–3). Dies hält auch die Klägerin zutreffend fest (vgl. act. 47 Rz. 19). Weitere Verschiebungsgesuche des Beklagten sind nicht aktenkundig. Es ist nicht klar, worauf sich der Beklagte mit seiner Rüge, seine Gesuche seien abgeschmettert worden, bezieht. Schwer verständlich ist sodann die Rüge zur Erforderlichkeit eines Verhandlungsunterbruchs, denn ein solcher fand im vorliegenden Verfahren zwischen den beiden unbeschränkten Äusserungsmöglichkeiten der Parteien statt (vgl. Prot. Vi. S. 19).

    3. Der Beklagte wirft der Vorinstanz ferner vor, sie habe Einreden und Einwendungen der Klägerin berücksichtigt, welche der Konkursitin nicht zugestanden seien (act. 40 S. 1). Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Konkursitin eine von ihr bilanzierte und revidierte Lohn- und Kontokorrentschuld dem Beklagten gegenüber im Nachhinein hätte aberkennen können (act. 40 S. 3).

Der Gläubiger, welcher im Rahmen einer negativen Kollokationsklage den Anspruch des Beklagten gegen den Gemeinschuldner anficht, streitet anstelle der Masse. Er kann daher nur Einreden und Einwendungen gegen die Kollokation des Beklagten vorbringen, die dem Gemeinschuldner bzw. der Masse gegen den Beklagten zustehen (BSK SchKG-H IERHOLZER/SOGO, a.a.O., Art. 250 N 62 a).

Der Beklagte verkennt die Tragweite dieses Grundsatzes. Der Konkursitin wäre es ohne Weiteres offen gestanden, die Ansprüche auf Lohnzahlung und Auszah-

lung des Kontokorrentsaldos im Klagefall zu bestreiten. Eine andere Frage ist, ob sie mit ihrer Bestreitung durchgedrungen wäre. Mit der materiellen Begründetheit von zulässigen Prozesshandlungen befasst sich die Einredenbzw. Einwen- dungsbeschränkung im Kollokationsprozess jedoch nicht.

3.4.

      1. Der Beklagte bringt sodann vor, es habe ihm als Laie nicht klar sein kön- nen, dass die eingereichten Unterlagen keine Beweismittel darstellten bzw. durch diese seine Forderungen nicht hinreichend substantiiert würden (act. 40 S. 7). Er sei davon ausgegangen, dass Frau E. als Gutachterin den Sachverhalt kompetent hätte erklären können (act. 40 S. 5). Er sei in diesem Zusammenhang nicht richtig aufgeklärt worden. Die Frage der Vorderrichterin, in welcher Funktion Frau E. im Verfahren auftreten solle, sei verfänglich und unklar gewesen. Er habe Frau E. als Gutachterin beiziehen wollen und nicht als Vertreterin Zeugin. Sie habe zusätzliche Beweismittel in Form von Buchhaltungsausdrucken und Weiterem dabei gehabt. Die Vorinstanz habe ihn auflaufen lassen, indem sie Frau E. aus dem Saal verbannt habe (act. 40 S. 3).

        Die Klägerin hält das Vorgehen der Vorinstanz für prozessrechtskonform. Letztere habe den Beklagten auf seine Behauptungs-, Substantiierungs- und Beweislast hingewiesen und pflichtgemäss ihre richterliche Fragepflicht ausgeübt (act. 47

        Rz. 19). Angesichts der Hinweise in den Vorladungen auf den Aktenschluss habe der Beklagte nicht davon ausgehen dürfen, Frau E. würde den Sachverhalt klären. Hinzu komme, dass jener diese als Zeugin offeriert habe, weswegen zu Recht ein Ausschluss von der Vorhandlung nach Art. 171 Abs. 4 ZPO erfolgt sei. Selbst wenn der Beklagte ein Gutachten als Beweis offeriert hätte, wäre damit ei- ne ungenügende Substantiierung nicht nachzuholen gewesen (act. 47 Rz. 21).

      2. Die Vorinstanz hat den Standpunkt des Beklagten als in tatsächlicher Hinsicht nicht ausreichend substantiiert abgelehnt (act. 43 E. III./1.2.4 ff.). Wie sich aus dem Protokoll zu den Verhandlungen vom 5. April 2021 und vom 1. Juni 2021 ergibt, wurde der Beklagte zwar mehrfach auf seine Substantiierungs- und Beweislast aufmerksam gemacht (vgl. Prot. Vi S. 5, 19). Aktenkundig ist jedoch

        auch, dass sich der Beklagte anlässlich eines Telefonats mit der zuständigen Gerichtsschreiberin der Vorinstanz vom 6. Mai 2021 darüber erkundigte, ob er Frau E. als Vertretung, Begleitperson Zeugin an die Verhandlung mitbringen dürfe (act. 29). Nachdem die Vorinstanz darüber nichts entschieden hatte, ersuchte er am 18. Mai 2021 nochmals schriftlich, sie als Fachoder Auskunftsperson mitnehmen zu können. Frau E. habe die Finanz- und Lohnbuchhaltung der Konkursitin geführt und in diesem Rahmen die strittigen Lohnrückstellungen berechnet, gebucht und mit der Revisionsstelle abgesprochen. Sie könne die Entstehung der Rückstellungen fachlich erklären (act. 30). Daraufhin teilte ihm die Vorinstanz mit Schreiben vom 20. Mai 2021 mit, er könne Frau E. selbstverständlich zur Verhandlung vom 1. Juni 2021 mitnehmen. Es sei zu Beginn der Verhandlung indes zu klären, in welcher Weise sie in das Verfahren einzubeziehen sei (act. 31). Aus dem Protokoll der Verhandlung vom 1. Juni 2021 (Prot. Vi

        S. 21 ff.) ergibt sich, dass die Art der Teilnahme von Frau E. zu Beginn der Verhandlung diskutiert wurde. Gemäss einer Protokollnotiz wurde der Beklagte auf Art. 171 Abs. 4 ZPO hingewiesen. Nachdem der Beklagte ausgeführt habe, er wisse nicht, ob Frau E. Zeugin Auskunftsperson sei, sie aber in jedem Fall detailliert Auskunft geben könne, wies die Vorinstanz darauf hin, dass es im Zivilverfahren keine Auskunftspersonen gebe. Auf entsprechende Frage habe der Beklagte erklärt, er offeriere in diesem Fall Frau E. als Zeugin betreffend seine Lohn- und Kontokorrentforderungen, woraufhin sie von der Verhandlung ausschlossen wurde. Der Beklagte protestierte gegen den Ausschluss. Die Vorinstanz erklärte – laut einer weiteren Protokollnotiz – in der Folge, dass eine Zeugin vor deren Befragung nicht im Gerichtssaal anwesend sein dürfe. Die Zeugenbefragung finde anschliessend an die Replik und Duplik statt (Prot. Vi S. 22). Sodann wurde in einer Protokollnotiz eine Erklärung von Frau E. festgehalten, wonach sie für die Verhandlung diverse Unterlagen aus der Buchhaltung mitgenommen habe. Auf Rückfrage bejahte die Vorderrichterin, dass Frau E. diese Unterlagen anlässlich ihrer Aussage benutzen dürfe (Prot. Vi S. 23). Die Verhandlung wurde unter Ausschluss von Frau E. fortgesetzt. Im weiteren Verlauf der Verhandlung kam der Beklagte auf die Thematik zurück und warf explizit die Frage auf, was die Alternative zur Zeugenstellung gewesen wäre. Die

        Vorinstanz wies nochmals darauf hin, dass es keine Auskunftspersonen im Zivilverfahren gebe. Falls Frau E. als Vertreterin des Beklagten anwesend gewesen wäre, so die Vorinstanz weiter, hätte sie nicht gleichzeitig als Zeugin auftreten können. Der Beklagte erwiderte, Frau E. sei nicht zum Beweisen, sondern zur Klärung des Sachverhaltes erschienen (Prot. Vi S. 27).

        Eine Einvernahme von Frau E. erfolgte im weiteren Verlauf der Verhandlung nicht. Laut einer Protokollnotiz teilte die Vorinstanz den Parteien mit, dass sich nach der heutigen Replik und Duplik eine Zeugeneinvernahme erübrige (Prot. Vi S. 33).

      3. Das Vorgehen der Vorinstanz kann im Lichte von Art. 56 und Art. 247

Abs. 1 ZPO nicht geschützt werden. Wie gesehen wies der Beklagte vor und während der Fortsetzung der Hauptverhandlung eindringlich darauf hin, dass er für die Begründung seiner Ansprüche auf die Unterstützung von Frau E. angewiesen sei. Augenscheinlich war dem rechtlich unbeholfenen Beklagten aber nicht klar, in welcher Form Frau E. prozessual in das Verfahren eingebunden werden konnte. Ebenso wenig war ihm – zumindest vor der Fortsetzung der Hauptverhandlung und offenbar auch nicht zu Beginn der Verhandlung – klar, dass die Anrufung von Frau E. als Zeugin zu ihrem Ausschluss von der Verhandlung (bei welcher er sie offenkundig dabei haben wollte zwecks Feststellung des Sachverhaltes) führen könnte. Wäre ihm dies vor der Verhandlung erläutert worden, so hätte er darauf reagieren können, indem er sich von Frau E. entsprechend hätte instruieren lassen können. In Ausübung ihrer verstärkten gerichtlichen Auskunfts- und Fragepflicht war die Vorinstanz sodann gehalten, anlässlich der Verhandlung dem Beklagten diesbezüglich die verschiedenen prozessualen Varianten und deren Konsequenzen aufzuzeigen. Aus dem Protokoll der Fortsetzung der Hauptverhandlung vom 1. Juni 2021 (Prot. Vi. S. 21 ff.) ergibt sich nicht, dass die Vorinstanz dieser Pflicht hinreichend nachgekommen wäre.

Die Vorinstanz wies den Beklagten namentlich nicht auf die Möglichkeit hin, Frau E. als Privatgutachterin im Rahmen seines Parteivortrages beizuziehen. Dies hätte dem Anliegen des Beklagten wohl am besten entsprochen, denn dergestalt hätte jene ihn bei seinem Vortrag als parteiinterne Assistenz unterstützen

und überdies die von ihr erwähnten Dokumente als Beweismittel einreichen kön- nen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass sie für den Beklagten genügend substantiierte Tatsachenbehauptungen aufgestellt und diese allenfalls mit weiteren Beweismitteln – namentlich den von ihr erwähnten zusätzlichen Dokumenten

– unterlegt hätte.

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass ein Einbezug als Parteigutachterin Frau E. nicht per se als Zeugin ausgeschlossen hätte. Art 175 ZPO sieht die gerichtliche Befragung einer sog. sachverständigen Zeugin (auch) zur Würdigung des Sachverhaltes vor. Die Kammer hat sich der im Schrifttum vorgeschlagenen Definition, nach welcher eine sachverständige Zeugin ist, wer vorprozessual Kenntnisse über einen bestimmten Sachverhalt erworben hat und dank seiner persönlichen Fachkunde in der Lage ist, daraus tatsächliche Schlussfolgerungen zu ziehen, angeschlossen (vgl. OGer ZH, LB180017 vom 6. April 2020, E. II./5.5 c; OGer ZH, LB130020 vom 19. August 2013, E. III./3.5 je m.H.a.

KUKO ZPO-Schmid, 1. Aufl., Basel 2010, 175 N 3 und DIKE-Komm-ZPO-Müller,

1. Aufl., Zürich 2011, Art. 175 N 12). Parteigutachterinnen sind als sachverständige Zeuginnen nicht ausgeschlossen (OGer ZH, LB130020 vom 19. August 2013,

E. III./3.5). Selbstredend unterliegen ihre Aussagen – wie alle Beweismittel – der freien Beweiswürdigung. Im Zuge derer wäre einem allfälligen Näheverhältnis zwischen der Parteigutachterin bzw. der sachverständigen Zeugin und einer Partei angemessen Rechnung zu tragen.

Dem steht im Übrigen Art. 171 Abs. 4 ZPO, wonach das Gericht Zeuginnen von der übrigen Verhandlung ausschliesst, solange sie nicht aus dem Zeugenstand entlassen sind, nicht entgegen. Das Bundesgericht hat sich der Lehrmeinung von M ÜLLER angeschlossen, welcher die Norm als Kann-Vorschrift einordnet. In gewissen Konstellationen – insbesondere bei parteinahen Zeuginnen – erscheine es daher wenig sinnvoll, Zeuginnen von allen gerichtlichen Verhandlungen gänzlich auszuschliessen. Dass die Zeugin dergestalt Kenntnis vom Verfahrensgang erhalte, sei bei der Beweiswürdigung zu beachten (BGer, 4A_673/2016 vom 3. Juli 2017, E. 2.1.1 m. H. a. DIKE-Komm-ZPO-MÜLLER, 2. Aufl., Zürich 2016, Art. 171

N 21 f.). Dem stimmt das jüngere Schrifttum überwiegend zu (vgl. CHK-SUTTERSOMM/SEILER, Zürich 2021, Art. 171 N 5; HASENBÖHLER/YAÑEZ, Das Beweisrecht der ZPO, Bd. II, Zürich 2019, N 4.210a). Diese flexible Handhabung von Art. 171 Abs. 4 ZPO überzeugt auch in der vorliegenden Konstellation.

Die von der Vorinstanz unterlassene bzw. teils unzutreffende Aufklärung des Beklagten über seine prozessualen Möglichkeiten rechtfertigt eine Rückweisung der Sache zwecks Wiederholung der Hauptverhandlung ab der Duplik des Beklagten. Die Vorinstanz wird anlässlich der Wiederholung ihre Auskunfts- und Fragepflicht gegenüber dem Beklagten pflichtgemäss auszuüben haben. Wenn der Beklagte Frau E. an die Verhandlung als Parteigutachterin mitbringen möchte, wird die Vorinstanz auf eine ordnungsgemässe Erstattung der mündlichen Duplik unter Einbezug von Frau E. hinwirken müssen. Sofern und soweit nach der Wie- derholung der Duplik ein hinreichend substantiierter Tatsachenvortrag des Beklagten vorliegen sollte, wäre durch die Vorinstanz zu prüfen, welche Beweismittel abzunehmen sind. Von einem allfälligen Beweisverfahren wäre Frau E. als sachverständige Zeugin nicht von vornherein auszuschliessen.

3.5. Zusammengefasst ist die Beschwerde gutzuheissen und es ist die Sache in Anwendung von Art. 327 Abs. 3 lit. a ZPO zwecks Wiederholung der Fortsetzung der Hauptverhandlung ab der Duplik des Beklagten im Sinne der Erwägungen und zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen.

4. Kosten- und Entschädigungsfolgen

Umständehalber ist von der Erhebung von Gerichtsgebühren für das Beschwer- deverfahren abzusehen. Parteientschädigungen bzw. Umtriebsentschädigungen sind keine zuzusprechen. Der Klägerin nicht, weil sie unterliegt, dem Beklagten nicht, weil er keine ausserordentlichen Umtriebe dargetan hat solche anderweitig ersichtlich wären, welche zu entschädigen sind. Infolgedessen ist das Gesuch des Beklagten um Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege für das Beschwerdeverfahren als gegenstandslos abzuschreiben.

Es wird beschlossen:

  1. Das Gesuch des Beklagten und Beschwerdeführers um Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege für das Beschwerdeverfahren wird als gegenstandslos geworden abgeschrieben.

  2. Schriftliche Mitteilung und Rechtsmittel mit nachfolgendem Urteil.

und erkannt:

  1. In Gutheissung der Beschwerde wird das Urteil des Einzelgerichts für SchKG-Klagen des Bezirksgerichts Zürich vom 17. Juni 2021 aufgehoben und es wird die Sache zur Wiederholung der Hauptverhandlung ab der Duplik im Sinne der Erwägungen und zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen.

  2. Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr fällt ausser Ansatz.

  3. Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.

  4. Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an den Beklagten und Beschwerdeführer unter Beilage der Doppel der act. 47 und 49/1–5, sowie an die Vorinstanz und das Konkursamt Enge-Zürich, je gegen Empfangsschein.

    Die erstinstanzlichen Akten gehen nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist an die Vorinstanz zurück.

  5. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesge-

richt, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.

Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 9'000.–.

Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer

Die Vorsitzende:

lic. iur. E. Lichti Aschwanden

Der Gerichtsschreiber:

lic. iur. M. Häfeli

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