Zusammenfassung des Urteils PP170050: Obergericht des Kantons Zürich
Die Gesuchstellerin und Beschwerdeführerin hat einen Werkvertrag über eine Gartenanlage mit der Gesuchsgegnerin abgeschlossen. Nach einem Streit über die Vertragserfüllung reichten beide Parteien Klagen ein. Es kam zu einem Vergleich, bei dem die Gesuchsgegnerin ihre Forderung reduzierte und die Gesuchstellerin die Widerklage zurückzog. Später stellte die Gesuchstellerin ein Revisionsbegehren aufgrund eines Grundlagenirrtums und eines neuen Mangels. Das Obergericht des Kantons Zürich wies die Beschwerde ab, da der Irrtum das `caput controversum` betraf und somit die Anfechtung des Vergleichs ausschloss. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens wurden der Gesuchstellerin auferlegt.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | PP170050 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | I. Zivilkammer |
Datum: | 04.01.2018 |
Rechtskraft: | Weiterzug ans Bundesgericht, 4A_92/2018 |
Leitsatz/Stichwort: | Forderung (Revision) |
Schlagwörter : | Vergleich; Recht; Revision; Vergleichs; Parteien; Irrtum; Vorinstanz; Gesuchsgegnerin; Beschwerde; Grundlage; Revisionsbegehren; Verfahren; Entscheid; Tatsache; Anfechtung; Grundlagenirrtum; Einschätzung; Beschwerdeverfahren; Noven; Novum; Verdacht; Tatsachen; Irrtums; Akten; Ausgangslage; Gericht |
Rechtsnorm: | Art. 106 ZPO ;Art. 111 ZPO ;Art. 185 ZPO ;Art. 230 ZPO ;Art. 28 OR ;Art. 320 ZPO ;Art. 321 ZPO ;Art. 322 ZPO ;Art. 326 ZPO ;Art. 327 ZPO ;Art. 328 ZPO ;Art. 331 ZPO ;Art. 332 ZPO ;Art. 57 ZPO ;Art. 90 BGG ;Art. 95 ZPO ; |
Referenz BGE: | 105 Ia 115; 130 III 49; 138 III 374; 139 III 133; 139 III 334; 139 III 466; 140 III 16; |
Kommentar: | Adrian Staehelin, Schmid, Basler Kommentar Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs I, Art. 52 SchKG, 2011 |
Obergericht des Kantons Zürich
I. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: PP170050-O/U
Mitwirkend: Oberrichterin Dr. L. Hunziker Schnider, Vorsitzende, Oberrichterin Dr. D. Scherrer und Oberrichter Dr. M. Kriech sowie Gerichtsschreiber Dr. M. Nietlispach
in Sachen
,
Gesuchstellerin und Beschwerdeführerin vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. X.
gegen
Gesuchsgegnerin und Beschwerdegegnerin
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Y1. und / Rechtsanwalt lic. iur. Y2.
betreffend Forderung (Revision)
Beschwerde gegen ein Urteil des Einzelgerichts im vereinfachten Verfahren am Bezirksgericht Bülach vom 10. Oktober 2017 (BR170002-C)
Am 13. Februar 2013 schlossen die Gesuchsgegnerin und Beschwerdegegnerin (nachfolgend Gesuchsgegnerin), eine im Gartenbau tätige Aktiengesellschaft, und die Gesuchstellerin und Beschwerdeführerin (fortan Gesuchstellerin) einen Werkvertrag über die Erstellung einer Gartenanlage (Urk. 3/4/2). Nach Beendigung der Arbeiten kam es zwischen den Parteien zum Streit über die pflichtgemässe Erfüllung dieses Vertrags.
Mit Eingabe vom 14. November 2016 machte die Gesuchsgegnerin beim Einzelgericht im vereinfachten Verfahren am Bezirksgericht Bülach (Vorinstanz) gegen die Gesuchstellerin eine Forderungsklage über Fr. 16'939.40 zuzüglich Zins anhängig (Urk. 3/2). Die Gesuchstellerin bestritt die eingeklagte Forderung vollumfänglich und machte widerklageweise eine zunächst auf
Fr. 16'969.- und später auf Fr. 21'951.bezifferte Forderung wegen Werkmängeln geltend (Urk. 3/11 S. 2 und Urk. 3/23 S. 1). Die Gesuchsgegnerin beantragte Abweisung der Widerklage (Urk. 3/25 S. 1). Anlässlich der Hauptverhandlung vom
9. Mai 2017 schlossen die Parteien einen Vergleich (Urk. 3/28). Darin reduzierte
die Gesuchsgegnerin ihre Forderung auf den Betrag von Fr. 13'000.-. Die Gesuchstellerin anerkannte sie in diesem Umfang, zog die Widerklage vorbehaltlos zurück und verpflichtete sich zur Übernahme der Gerichtskosten. In der Folge schrieb die Vorinstanz das Verfahren mit Verfügung vom 11. Mai 2017 ohne Anspruchsprüfung ab (Urk. 3/29 = Urk. 2).
Mit Eingabe vom 18. Mai 2017 stellte die Gesuchstellerin bei der Vorinstanz ein Revisionsbegehren bezüglich der Vereinbarung vom 9. Mai 2017 mit folgenden, mit Noveneingabe vom 23. Juni 2017 erweiterten Anträgen (Urk. 1 S. 2
und Urk. 8):
Die Vergleichsvereinbarung vom 9. Mai 2017 sei zufolge Grundlagenirrtums der Beklagten und Widerklägerin (= Gesuchstellerin) als unverbindlich aufzuheben.
Dementsprechend sei die Erledigungsverfügung vom 11. Mai 2017 aufzuheben und das Verfahren Nr. FV160085-C weiterzuführen:
durch Ausfertigung des Verhandlungsprotokolls vom 9. Mai 2017, insbesondere betreffend die Replik-/Duplik-Äusserungen der Parteien;
durch Beweisabnahme, insbesondere unter Gutachtens-Beauftragung nach Art. 185 ZPO, wie von beiden Parteien beantragt, sowie durch eine gutachterliche Prüfung der Unbelastetheit/Belastetheit des von der Gesuchsgegnerin angelieferten Oberboden-Materi als unter Kostenbevorschussung durch die Gesuchsgegnerin.
Es sei vorzumerken, dass sich die Gesuchstellerin je nach Ergebnis dieser gutachterlichen Belastetheits-Prüfung eine Widerklage-Änderung im fortzusetzenden Verfahren FV160085-C vorbehält.
Dem Revisionsbegehren sei gemäss Art. 331 Abs. 2 ZPO aufschiebende Wirkung zu gewähren.
Unter Kostenund Entschädigungsfolgen zulasten der Klägerin und Widerbeklagten (= Gesuchsgegnerin).
Am 30. Mai 2017 gab die Vorinstanz dem Begehren um aufschiebende Wirkung statt (Urk. 6). Nach Eingang der Stellungnahme der Gesuchsgegnerin vom
11. Juli 2017 (Urk. 11) sowie je einer Replikeingabe beider Parteien (Urk. 13 und
Urk. 20) erging am 10. Oktober 2017 das vorinstanzliche Urteil, mit dem das Revisionsbegehren unter Kostenund Entschädigungsfolgen zu Lasten der Gesuchstellerin abgewiesen wurde (Urk. 22 = Urk. 25).
Gegen diesen Entscheid erhob die Gesuchstellerin mit Eingabe vom
November 2017 Beschwerde mit dem Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Urteils und Gutheissung ihres Revisionsbegehrens (Urk. 24 S. 2). Die vorinstanzlichen Akten wurden beigezogen (Urk. 1-23). Mit Verfügung vom 17. November 2017 wurde der prozessuale Antrag um Gewährung der aufschiebenden Wirkung abgewiesen und der Gesuchstellerin für die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens ein Vorschuss von Fr. 2'300.auferlegt (Urk. 29). Der Vorschuss ging am 22. November 2017 ein (Urk. 30). Mit Eingabe vom 27. November 2017 beantragte die Gesuchstellerin die Freigabe ihres vor Vorinstanz geleisteten Vorschusses im über die Kosten des vorinstanzlichen Verfahrens von Fr. 2'300.hinausgehenden Betrag von Fr. 2'200.- (Urk. 31). Dieser Antrag wurde mit Verfügung vom 30. November 2017 abgewiesen (Urk. 32). Weitere prozessuale Anordnungen und Eingaben sind nicht erfolgt.
Die Rechtsmittelvoraussetzungen sind erfüllt: Die Beschwerdefähigkeit des angefochtenen Entscheids ist im Gesetz ausdrücklich statuiert (Art. 332 ZPO). Die Beschwerde wurde formund fristgerecht erhoben (Art. 321 Abs. 1 ZPO und Art. 142 f. ZPO; Urk. 23), und der einverlangte Kostenvorschuss ging rechtzeitig ein (Urk. 29 und 30). Unter Vorbehalt rechtsgenügender Begründung (Art. 321 Abs. 1 ZPO und dazu nachstehende E. 2.2) ist auf die Beschwerde einzutreten. Wie im Folgenden zu zeigen ist, ist diese aber offensichtlich unbegrün- det. Es erübrigt sich deshalb, der Gesuchsgegnerin Gelegenheit zur Beantwortung der Beschwerde zu geben (vgl. Art. 322 Abs. 1 ZPO). Der Beschwerdeentscheid kann aufgrund der Akten ergehen (Art. 327 Abs. 2 ZPO).
Mit der Beschwerde können unrichtige Rechtsanwendung und offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhalts geltend gemacht werden
(Art. 320 ZPO). Dabei muss sich die beschwerdeführende Partei in ihrer schriftlichen Beschwerdebegründung konkret mit den Erwägungen der Vorinstanz auseinandersetzen und unter Verweisung auf genau zu bezeichnende Stellen in den vorinstanzlichen Akten hinreichend präzis aufzeigen, inwiefern der angefochtene Entscheid als fehlerhaft zu betrachten ist, d.h. an einem der genannten Mängel leidet (Art. 321 Abs. 1 ZPO und dazu BGer 5A_247/2013 vom 15. Oktober 2013, E. 3; 5D_65/2014 vom 9. September 2014, E. 5.4.1; 5A_488/2015 vom
21. August 2015, E. 3.2, je m.Hinw. auf BGE 138 III 374 E. 4.3.1 S. 375). Was
nicht nicht in einer den gesetzlichen Begründungsanforderungen genügenden Weise beanstandet wird, braucht von der Rechtsmittelinstanz nicht überprüft zu werden. Das gilt zumindest insoweit, als ein Mangel nicht geradezu ins Auge springt. Abgesehen von dieser Relativierung gilt auch im Beschwerdeverfahren der Grundsatz der Rechtsanwendung von Amtes wegen (Art. 57 ZPO). Die Beschwerdeinstanz ist deshalb weder an die in den Parteieingaben vorgetragenen Argumente noch an die Erwägungen der Erstinstanz gebunden. Sie kann die Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen mit einer von der Argumentation der Erstinstanz abweichenden Begründung abweisen (sog. Motivsubstitution; vgl. BK ZPO I-Hurni, Art. 57 N 21, N 39 ff.; Glasl, DIKE-Komm-ZPO, Art. 57 N 22).
Neue Anträge, neue Tatsachenbehauptungen und neue Beweismittel (zum Nachweis des gerügten Mangels) sind im Beschwerdeverfahren ausgeschlossen (Art. 326 Abs. 1 ZPO). Was im erstinstanzlichen Verfahren nicht behauptet eingereicht wurde, kann im Beschwerdeverfahren nicht mehr nachgeholt werden. Es herrscht grundsätzlich ein umfassendes Novenverbot sowohl für echte als auch unechte Noven (BGer 5A_872/2012 vom 22. Februar 2013, E. 3; 5A_405/2011 vom 27. September 2011, E. 4.5.3 m.w.Hinw.; ZK ZPO-
Freiburghaus/Afheldt, Art. 326 N 4; vgl. aber immerhin auch BGE 139 III 466
E. 3.4 S. 471 und BGer 4A_51/2015 vom 20. April 2015, E. 4.5.1).
Gegenstand der Beschwerde
Gegenstand der Beschwerde bildet die Frage, ob der Vergleich zivilrechtlich unverbindlich sei. Fraglich ist insbesondere, ob die Gesuchstellerin bei dessen Abschluss einem rechtserheblichen Grundlagenirrtum (Art. 24 Abs. 1 Ziff. 4 OR) unterlegen war, was den Revisionsgrund von Art. 328 Abs. 1 lit. c ZPO begründen würde. Die Gesuchstellerin wirft der Vorinstanz vor, diesbezüglich das Recht unrichtig angewendet zu haben (Art. 320 lit. a ZPO; Urk. 24 S. 2 Ziff. F.3 und S. 3 Ziff. 2.3).
Parteistandpunkte
Die Gesuchstellerin hatte in ihrem Revisionsbegehren geltend gemacht, der Irrtum betreffe nicht ungewiss gebliebene Fragen, welche durch den Vergleich erledigt werden sollten, sondern den Grund ihrer Zustimmung zum Vergleich. Dieser habe darin gelegen, dass der Sachrichter bei der vorläufigen Einschätzung der Prozesschancen und -risiken bei verschiedenen Rechtsfragen der klägerischen Ansicht gefolgt sei und den von ihr vertretenen (beklagtischen) Standpunkt zu Unrecht als unzutreffend erachtet habe. Sie sei davon ausgegangen, die rechtliche Einschätzung des Einzelgerichts entspreche der herrschenden Lehre und aktuellen Rechtsprechung. Durch diese wie sie aufgrund einer späteren Prüfung bemerkt habe - unzutreffende gerichtliche Einschätzung sei sie zur Überzeugung gelangt, ihre Rechtsauffassung sei ohne Chance. Entsprechend sei sie bei ihrer Willensäusserung einem Irrtum über die notwendige Grundlage des Vergleichs erlegen, da sie im Wissen um die falsche rechtliche Würdigung den Vergleich in der vorliegenden Form nie abgeschlossen hätte (Urk. 1 S. 3 ff.). Daran hält die Gesuchstellerin in der Beschwerde fest (vgl. Urk. 24 S. 3 ff.). Mit Noveneingabe vom 23. Juni 2017 hatte sie zudem den Verdacht geäussert, die Gesuchsgegnerin habe bei den Gartenarbeiten belastetes Bodenmaterial verwendet, was einen weiteren Werkmangel darstellen würde (Urk. 8).
Die Gesuchsgegnerin hatte vor Vorinstanz in Abrede gestellt, dass die Voraussetzungen für eine Anfechtbarkeit des Vergleichs vorlägen, da sich der geltend gemachte Irrtum auf das sog. caput controversum beziehe (Urk. 11).
Erwägungen der Vorinstanz
Die Vorinstanz erwog, dass ein Prozess auch durch die Entscheidsurrogate der Klageanerkennung, des Klagerückzugs und des gerichtlichen Vergleichs beendet werden könne. Gemäss Art. 328 Abs. 2 [recte: 1] lit. c ZPO könnten deshalb auch diese Prozesshandlungen Anfechtungsobjekt eines Revisionsbegehrens sein, insbesondere dann, wenn sie unwirksam, d.h. aus privatrechtlichen prozessualen Gründen, z.B. wegen Willensmängeln, unverbindlich seien. Vorliegend sei zu prüfen, ob der das Anfechtungsobjekt bildende Vergleich vom
9. Mai 2017 mit den Revisionsgründen der Unwirksamkeit eines gerichtlichen
Vergleichs infolge Willensmängel im Sinne von Art. 328 Abs. 1 lit. c ZPO i.V.m. Art. 24 Abs. 1 Ziff. 4 OR sowie der nachträglich erfahrenen Tatsachen und Beweismittel im Sinne von Art. 328 Abs. 1 lit. a ZPO behaftet sei (Urk. 25 S. 5 f. E. 3).
Bei der Anfechtung eines Vergleichs wegen (Grundlagen-)Irrtums gelte es die Besonderheit zu beachten, dass mit einer Parteivereinbarung ein Streit eine Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis mit gegenseitigen Zugeständnissen
beigelegt werde. Mit anderen Worten gehe es bei Vergleichsverträgen immer darum, eine Lösung für umstrittene, ungewisse und zweifelhafte Punkte zu finden. Betreffe der Irrtum somit einen zweifelhaften Punkt, der gerade verglichen und nach dem Willen der Parteien dadurch endgültig geregelt sein sollte (sog. caput controversum), sei die Irrtumsanfechtung ausgeschlossen; andernfalls würden eben diese Fragen wieder aufgerollt, derentwegen die Beteiligten den Vergleich geschlossen hätten. Entsprechend kämen für eine Irrtumsanfechtung einzig Umstände in Frage, die von beiden Parteien dem Vergleich als feststehende Tatsachen zugrunde gelegt worden seien. Eine Irrtumsanfechtung sei somit nur möglich, wenn sich die von beiden Seiten anerkannte Ausgangslage (caput non controversum) nachträglich als unrichtig herausgestellt habe. Vorliegend seien mittels gerichtlichem Vergleich vom 9. Mai 2017 die umstrittenen Punkte, ob die Gesuchsgegnerin Ansprüche aus erfülltem Werkvertrag habe geltend machen können und ob der Gesuchstellerin Ansprüche aus Werkmängeln gegen die Gesuchsgegnerin zugestanden hätten, einvernehmlich geklärt worden. Fraglich sei, ob die Parteien die rechtliche Einschätzung des Einzelgerichts, namentlich, dass die Gesuchstellerin ein erhebliches Prozessrisiko trage, als feststehende Tatsache angesehen hätten, die sich nachträglich als unrichtig herausgestellt habe (Position der Gesuchstellerin), ob sie die rechtliche Qualifikation der von der Gesuchsgegnerin ausgeführten Gartenarbeiten geregelt hätten, sodass die Prozesschancen in ihrer Gesamtheit das sog. caput controversum gebildet hätten und deshalb die Irrtumsanfechtung ausgeschlossen sei (Position der Gesuchsgegnerin).
Nach vorinstanzlicher Ansicht war letzteres der Fall. Die Parteien hätten, ausgehend von der Prozesschanceneinschätzung des Einzelgerichts, Vergleichsgespräche geführt und sich gestützt darauf auf einen Betrag geeinigt. Eine Prozesschanceneinschätzung basiere stets auf dem aktuellen Aktenund Wissensstand, aufgrund dessen die Beweislast vorläufig bestimmt und das entsprechende Beweisrisiko aus Sicht des Gerichts eingeschätzt werde. Es liege somit in der Natur der Einschätzung, dass diese weder endgültig noch exakt sei. Sie erfolge überdies stets unpräjudiziell. Auch wenn die Parteien eine vom Gericht vorgebrachte Chanceneinschätzung ohne Modifikationen auf eine ursprüngliche Forderung anwenden sollten, bilde diese mit Blick auf den Vergleich das caput controversum. Die Parteien beendeten auch mit einer solchen Vereinbarung die Streitigkeit, ohne den Sachverhalt in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht in einem strittigen Verfahren eingehend zu klären. Damit werde auch in Kauf genommen, dass ein Entscheid in einem strittigen Verfahren (d.h. ein autoritativer Gerichtsentscheid) allenfalls anders ausfallen würde. Es liege daher in der Natur der Sache (und sei gemeinhin bekannt), dass die Parteien mit dem Abschluss des Vergleichs eine Lösung wählten, welche allenfalls nicht der geltenden Rechtslage entspreche. Das Revisionsbegehren sei deshalb abzuweisen, soweit es mit einem Grundlagenirrtum der Gesuchstellerin begründet werde (Urk. 25 S. 6 ff. E. 4).
Hinsichtlich des geltend gemachten Novums (Verdacht auf Verwendung von belastetem Bodenmaterial) hielt die Vorinstanz fest, dass eine Partei gemäss
Art. 328 Abs. 1 lit. a ZPO die Revision eines formell rechtskräftigen Entscheids bzw. eines gerichtlichen Vergleichs auch aufgrund neu entdeckter Tatsachen und Beweismittel beantragen könne. Da das Rechtsmittel der Revision der materiellen Wahrheit diene, mithin die Korrektur eines rechtskräftigen Fehlentscheids bezwecke, sei eine Revision indessen nur aufgrund unechter Noven möglich, d.h. nur aufgrund von Tatsachen und Beweismitteln, die zur Zeit des damaligen Prozesses bereits vorhanden gewesen seien, aber aus entschuldbaren Gründen nicht hätten vorgebracht werden können. Die Gesuchstellerin beantrage die Revision aufgrund einer neu entstandenen Urkunde, die einen Verdacht eines weiteren Mangels begründe. Neue Urkunden könnten aber per se nicht zur Revision berechtigten, da sie echte Noven darstellten. Vorliegend gelte es jedoch zu beachten, dass im Grunde nicht die neu eingereichte Urkunde, sondern das Indiz eines weiteren Mangels an dem von der Gesuchsgegnerin abgelieferten Werk das geltend gemachte Novum bilde. Entsprechend bringe die Gesuchstellerin ein unechtes Novum vor, nämlich den Verdacht eines neu entdeckten, allerdings bereits im Vergleichszeitpunkt bestehenden Mangels. Der Revisionsgrund gemäss Art. 328 Abs. 1 lit. a ZPO komme allerdings nur zum Tragen, wenn einem Gesuchsteller keine Vernachlässigung seiner Behauptungsund Beweislast im ursprünglichen Verfahren vorzuwerfen sei. Da es die Gesuchstellerin vorliegend gänzlich unterlasse, darzulegen, warum die Beibringung des nun geltend gemachten Novums
im Erstverfahren unmöglich gewesen sei, sei das Revisionsbegehren auch insoweit abzuweisen, als es sich auf neu entdeckte Tatsachen und Beweismittel stütze (Urk. 25 S. 8 f. E. 5).
Anfechtung des Vergleichs wegen Grundlagenirrtums
Die Gesuchstellerin erblickt in der Verwerfung eines zur Anfechtung berechtigenden Grundlagenirrtums durch die Vorinstanz eine unrichtige Rechtsanwendung (Art. 320 lit. a ZPO). Sie wendet im Wesentlichen ein, der geltend gemachte Irrtum habe entgegen der vorinstanzlichen Auffassung nicht das der Irrtumsanfechtung nicht zugängliche caput controversum, sondern das caput non controversum betroffen, d.h. einen Umstand, der in der Ausgangslage des Vergleichsabschlusses als gewiss verstanden worden sei und zumindest für eine der Parteien unabdingbare Grundlage dafür gebildet habe, die Vergleichserledigung über die ungewiss gelassenen Punkte [caput controversum] überhaupt einzugehen. Ein diesbezüglicher Irrtum berechtige nach einhelliger Lehre und Rechtsprechung jedoch zur Anfechtung resp. zur Revision nach Art. 328 Abs. 1 lit. c ZPO, und zwar unabhängig davon, ob er tatsächliche rechtliche Elemente beschlage. Wenn die Vorinstanz im angefochtenen Entscheid (Urk. 25 S. 6/7
E. 4.2) ausführe, für eine Irrtumsanfechtung kämen einzig Umstände in Frage, die
von beiden Parteien dem Vergleich als feststehende Tatsachen zugrunde gelegt worden seien, bzw. es müsse eine von beiden Seiten anerkannte Ausgangslage sich nachträglich als unrichtig herausgestellt haben, liege darin eine rechtsfehlerhafte Anwendung des Begriffs des caput non controversum. Auch eine nur von der anfechtenden Partei als gewiss verstandene Ausgangslage des Vergleichsabschlusses bilde ein caput non controversum und berechtige demnach zur Anfechtung des Vergleichs, wenn dieses Ausgangslage-Verständnis für die Gegenpartei erkennbar gewesen sei, was vorliegend zutreffe. Entscheidend für die Abgrenzung resp. die Qualifikation als caput non controversum sei nicht ein übereinstimmendes Verständnis beider Parteien, sondern die Frage, ob sich der geltend gemachte Irrtum auf die als gewiss verstandene tatsächliche rechtliche Ausgangslage beziehe, ohne deren Vorhandensein die anfechtende Partei gar nicht willens gewesen wäre, eine Vergleichseinigung über die als ungewiss verstandenen Aspekte zu treffen. Beziehe sich der geltend gemachte Irrtum hingegen auf die als ungewiss verstandenen Aspekte, zu deren Erledigung ohne endgültige gerichtliche Klärung der Ungewissheit eben gerade die vergleichsweise Einigung getroffen worden sei, sei das caput controversum betroffen und eine Irrtumsanfechtung ausgeschlossen (Urk. 24 S. 3 f. Ziff. 3-4.1.3).
Weiter habe die Vorinstanz die Begründung des Revisionsbegehrens falsch ausgelegt und eine unrichtige Zusammenfassung der Verhandlung vor dem Sachgericht unterstellt. Wie im Revisionsbegehren deutlich festgehalten, habe der Sachrichter eben nicht die rechtliche Einschätzung eines erheblichen Prozessrisikos der Gesuchstellerin geäussert, sondern der Gesuchstellerin Chancenlosigkeit attestiert mit der Begründung, Literatur und Rechtsprechung sprächen gegen deren Rechtsauffassung und stützten weitestgehend die Rechtsauffassung der Gegenpartei. Die Situation sei im Kontext des Verfahrensablaufs zu werten, der aus dem Gerichtsprotokoll hervorgehe. Daraus ergebe sich, dass keine Zeit bestanden habe, die Einzelrichter-Attestierung auch nur ansatzweise zu prüfen, wonach der beklagtische Rechtsstandpunkt chancenlos sein solle. Es habe keine Möglichkeit zu reiflicher Überlegung bestanden. So sei die Gesuchstellerin aufgrund der sachrichterlichen Ausführungen zur Überzeugung gelangt, ihre Rechtsstandpunkte seien chancenlos. Aus dieser nicht als blosses Prozessrisiko, sondern als feststehende Tatsache geäusserten Ansicht des Sachrichters habe sie die irrtümliche Gewissheit gezogen, dass sie den Prozess verlieren würde und somit zur Schadensbegrenzung keine andere Wahl habe, als den Vergleich abzuschliessen, der einem beinahe vollständigen Unterliegen gleichgekommen sei. Diese irrtümliche Gewissheit sei unabdingbare Grundlage dafür gewesen, dass sie überhaupt bereit gewesen sei, auf den ihrem Gerechtigkeitsempfinden völlig widersprechenden Vergleich einzutreten, was die Gesuchsgegnerin erkannt habe. Die Gesuchstellerin sei nicht davon ausgegangen, dass man unter bewusstem Offenlassen einer Ungewissheit über Chancen und Risiken eine Lösung ohne endgültige prozessuale Klärung treffe, sondern dass ihr Unterliegen bei einer Weiterführung des Prozesses gewiss sei. Diese irrtümliche Gewissheit bilde das caput non controversum, während das caput controversum in der Vergleichssumme,
im Rückzug der Widerklage und in der Kostenregelung liege (Urk. 24 S. 5 f. Ziff. 4.2 m.Hinw. auf Urk. 1 S. 3 Ziff. 2.1 und 2.2).
Soweit die erstmals im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Behauptungen der Gesuchstellerin zum erheblichen Vergleichsdruck, zur fehlenden Überlegungszeit und zu den Äusserungen des Sachrichters anlässlich der Verhandlung vom 9. Mai 2017 die Sachdarstellung im Revisionsgesuch erweitern und sich nicht aus den vorinstanzlichen Akten, insbesondere aus dem Protokoll, ergeben, müssen sie wegen des im Beschwerdeverfahren geltenden Novenverbots bei der Entscheidfindung von vornherein unberücksichtigt bleiben (Art. 326 Abs. 1 ZPO und vorne, E. 2.3).
Unbegründet ist sodann der Einwand, die Vorinstanz habe die Begründung des Revisionsbegehrens falsch ausgelegt und die Verhandlung vor dem Sachgericht unrichtig zusammengefasst. Die Frage, was die Parteien im Prozess vorgetragen haben und wie ihre Ausführungen zu verstehen sind, betrifft den Prozesssachverhalt und stellt keine Rechts-, sondern eine Tatfrage dar (BGE 140 III 16 E. 1.3.1 S. 17 f. m.w.Hinw.). Unzutreffende Sachverhaltsfeststellungen bilden jedoch nur dann einen Beschwerdegrund und können nur dann zur Aufhebung des angefochtenen Entscheids führen, wenn sie offensichtlich unrichtig sind
(Art. 320 lit. b ZPO und vorne, E. 2.2). Davon kann vorliegend keine Rede sein: Die Gesuchstellerin führte an der in der Beschwerdeschrift angegebenen Stelle ihres Revisionsbegehrens aus, dass die Gesuchsgegnerin in der Gerichtsverhandlung vom 9. Mai 2017 ihrem Standpunkt mehrere rechtliche Argumente entgegengehalten habe, welche sie, die Gesuchstellerin, als unrichtig zurückgewiesen habe. In der anschliessenden informellen Vergleichsverhandlung habe sich das Einzelgericht bei der vorläufigen Chancenund Risiken-Einschätzung ... grossmehrheitlich für die klägerische Rechtsauffassung aus[gesprochen]. Das habe bei der Gesuchstellerin die Überzeugung [bewirkt], ihre abweichende Rechtsauffassung sei ohne Chance (Urk. 1 S. 3 Ziff. 2.1-2.3). Damit brachte die Gesuchstellerin selber vor, der Sachrichter habe ihr aufgrund einer vorläufigen rechtlichen Einschätzung ein erhebliches Prozessrisiko attestiert. Hingegen behauptete sie nicht, es sei ihr bescheinigt worden, dass ihre Rechtsauffassung
ohne Chance sei; dabei handelte es sich vielmehr um einen von der Gesuchstellerin selbst gezogenen subjektiven Schluss (s.a. Urk. 13 S. 2 Ziff. 1.1 und S. 3 Ziff. 2-2.2). Inwiefern die Vorinstanz die Vorbringen im Revisionsbegehren offensichtlich unrichtig verstanden, den Verhandlungsablauf offensichtlich unrichtig dargestellt und damit den Prozesssachverhalt offensichtlich unrichtig festgestellt haben sollte, ist aufgrund dieser Aktenstellen nicht ersichtlich. Gleiches gilt für die in der Beschwerdeschrift bestrittene vorinstanzliche Feststellung, der Abschluss des Vergleichs sei nach reiflicher Überlegung erfolgt (Urk. 25 S. 8 Mitte). Aus dem Verhandlungsprotokoll ergibt sich deren offensichtliche Unrichtigkeit jedenfalls nicht (vgl. Urk. 24 S. 5 Ziff. 4.2.2 a.E.; Urk. 3/Prot. S. 5 ff., insbes. S. 31).
Mit dem Vergleichsvertrag legen die beteiligten Parteien einen Streit eine Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis mit gegenseitigen Zugeständnissen bei. Zwar sind auf diesen Vertrag grundsätzlich auch die Regeln über die Willensmängel anwendbar. Wie die Gesuchstellerin selber einräumt, ist die Anfechtung eines Vergleichs wegen Grundlagenirrtums (Art. 328 Abs. 1 lit. c ZPO
i.V.m. Art. 24 Abs. 1 Ziff. 4 OR) aber ausgeschlossen, wenn der Irrtum das sog.
caput controversum betrifft, d.h. einen zweifelhaften Punkt, der gerade verglichen und nach dem Willen der Parteien dadurch endgültig und unter Verzicht auf eine autoritative gerichtliche Beurteilung geregelt sein sollte; andernfalls würden eben diese Fragen wieder aufgerollt, derentwegen die Beteiligten den Vergleich je unter Abwägung des Prozessund Vergleichsrisikos (vgl. dazu Maurer, Der Vergleichsvertrag, 2013, Rz 496 ff.) geschlossen haben (BGE 130 III 49 E. 1.2
S. 51 f.; BGer 4A_441/2015 vom 24. November 2015, E. 4.1; 4A_539/2016 vom
6. März 2017, E. 8.3.3; BK OR-Schmidlin, Art. 24 N 285; KUKO ZPO-Naegeli/Richers, Art. 241 N 29; Platz, Der Vergleich im schweizerischen Recht, 2014,
S. 93 ff. und S. 176 f. m.w.Hinw.). Zur Anfechtung berechtigt mit anderen Worten
nur ein Irrtum, der sich auf eine nicht streitige Ausgangslage bezieht (Huguenin, Obligationenrecht, Allgemeiner und Besonderer Teil, 2. Aufl., 2014, Rz 4050). Bezweckt der Vergleich hingegen gerade, die aus einem unsicheren (rechtlichen tatsächlichen) Befund entstehende Ungewissheit zu beseitigen, ist diesbezüglich ein Grundlagenirrtum ausgeschlossen (Gauch/Schluep/Schmid/Emmenegger, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, 10. Aufl., 2014,
Rz 939). Eine Fehleinschätzung der Prozesschancen stellt deshalb keinen Grundlagenirrtum dar (BGE 105 Ia 115 E. 2 S. 119; Maurer, a.a.O., Rz 507). Diese Einschränkung entfällt lediglich, wenn der Irrtum auf einer absichtlichen Täuschung (Art. 28 OR) beruht (Gauch/Schluep/Schmid/Emmenegger, a.a.O., Rz 939; Huguenin, a.a.O., Rz 4051). Das wurde von der Gesuchstellerin aber nicht behauptet.
Es mag zutreffen, dass ein bloss einseitiger Irrtum eine Anfechtung durch die irrende Partei nicht ausschliesst. Wie die Vorinstanz zu Recht festhielt, bezieht sich der von der Gesuchstellerin konkret geltend gemachte Irrtum aber nicht auf eine nicht streitige Ausgangslage, sondern auf den eigentlichen Kern des Rechtsstreits. Die vom Sachrichter geäusserten Rechtsstandpunkte und dessen darauf basierende negative Einschätzung der beklagtischen Prozessaussichten, welche die Gesuchstellerin zum irrtumsbehafteten Entschluss geführt haben sollen, den Vergleich abzuschliessen, betreffen direkt die zwischen den Parteien strittigen, mit der Klage und der Widerklage zur gerichtlichen Beurteilung gebrachten Streitpunkte bzw. Ansprüche aus dem Werkvertrag. Der Irrtum bezieht sich auf die rechtliche Beurteilung der zwischen den Parteien bestehenden Ungewissheit über die ihnen zustehenden, Gegenstand von Klage und Widerklage bildenden Ansprüche (auf Vertragserfüllung aus Werkmängeln), die durch den Vergleich unter Verzicht auf eine autoritative gerichtliche Klärung in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht gerade beseitigt und endgültig geregelt werden sollten. Die Erfolgschancen dieser im Prozess umstrittenen, ungewissen, zweifelhaften Punkte bezogen die Parteien aber in die Risikobewertung, d.h. in die Abwägung von Vergleichsund Prozessrisiko mit ein. Es besteht jedenfalls kein Zweifel, dass der
Gegenstand des Irrtums in den Vorstellungskreis der Gesuchstellerin getreten war (vgl. Maurer, a.a.O., Rz 516 und Rz 522). Der Irrtum beschlägt somit entgegen den Ausführungen in der Beschwerdeschrift und unabhängig vom Ausmass des gegenseitigen Entgegenkommens in der vergleichsweise getroffenen Regelung - den eigentlichen Gegenstand des Vergleichs und damit das caput controversum (vgl. Maurer, a.a.O., Rz 509 f.). Eine Anfechtung des Vergleichs wegen des geltend gemachten Grundlagenirrtums ist folglich ausgeschlossen.
Daran ändert auch die beschwerdeweise erhobene Kritik und insbesondere der Umstand nichts, dass die sachrichterliche Einschätzung der Rechtslage bei der Gesuchstellerin zur irrtümlichen Gewissheit geführt haben soll, ihr Rechtsstandpunkt sei chancenlos, und nur diese Gewissheit sie überhaupt zum Abschluss des Vergleichs bewogen habe. Wie die Vorinstanz zutreffend erwog, basiert eine im Kontext von Vergleichsverhandlungen vorgenommene vorläufige gerichtliche Einschätzung der Rechtslage sowie der Prozesschancen und -risiken stets auf dem aktuellen Aktenund Wissensstand des Gerichts. Es liegt in der Natur einer derartigen Einschätzung und ist insbesondere anwaltlich vertretenen Parteien bekannt, dass sie unpräjudiziell, keineswegs endgültig, nicht exakt und allenfalls sogar unzutreffend ist und dass mit einem darauf gestützten Vergleich möglicherweise eine Lösung getroffen wird, die nicht der materiellen Rechtslage entspricht. Sie kann deshalb keine Grundlage für einen rechtserheblichen Irrtum bilden, der zur Anfechtung des gestützt auf sie abgeschlossenen Vergleichs berechtigt. Die anwaltlich vertretene Gesuchstellerin hätte vor dem Abschluss des Vergleichs die notwendigen Abklärungen treffen (lassen) können, um sich eine richtige und sachgerechte Grundlage für die Risikoeinschätzung zu schaffen. Wenn sie dem Vergleich dennoch freiwillig zustimmte, ohne die betreffenden Rechtsfragen weiter abzuklären, ging sie bewusst das Risiko einer allfälligen Divergenz zwischen vergleichsweiser und urteilsmässiger Erledigung ein. Das schliesst einen Irrtum aus (Maurer, a.a.O., Rz 510), und zwar selbst dann, wenn keine Zeit zu reiflicher Überlegung bestanden haben sollte (vgl. Urk. 24 S. 5
Ziff. 4.2.2 a.E.; aber auch vorne, E. 3.4.3). Auch insoweit liegt keine unrichtige
Rechtsanwendung vor und erweist sich die Beschwerde als unbegründet.
Anfechtung des Vergleichs aufgrund des geltend gemachten Novums
Die Gesuchstellerin wirft der Vorinstanz auch mit Bezug auf die verweigerte Revision aufgrund des geltend gemachten Novums eine unrichtige Rechtsanwendung vor (Art. 320 lit. a ZPO). Konkret macht sie im Wesentlichen geltend, in ihrer Noveneingabe vom 23. Juni 2017 (Urk. 8 S. 2 Ziff. 1) deutlich festgehalten zu haben, dass sie erst durch den Zugang des Mailverkehrs zwischen der von ihr beauftragten C. AG und der Gesuchsgegnerin von der
neuen Tatsache, nämlich vom Verdacht, die Gesuchsgegnerin habe bei der werkvertraglichen Auffüllarbeit belastetes Bodenmaterial verwendet, Kenntnis erhalten habe. Entgegen dem vorinstanzlichen Vorhalt habe sie damit rechtsgenügend dargelegt, dass sie das Novum im Erstverfahren nicht habe vorbringen können (Urk. 24 S. 6 f. Ziff. 4.3).
Wie es sich damit verhält, kann offenbleiben, da sowohl die vorinstanzlichen Erwägungen als auch die darauf Bezug nehmende Kritik in der Beschwerdeschrift an der Sache vorbeigehen. Entgegen den Ausführungen der Vorinstanz (Urk. 25 S. 4 E. 2.1 a.E.) machte die Gesuchstellerin in ihrer Eingabe vom
Juni 2017 nirgends geltend, sie hätte den Vergleich in der vorliegenden Form nie abgeschlossen, hätte sie damals schon den Verdacht eines weiteren Mangels gehabt. Bei richtiger Betrachtung berief sie sich darin bzw. mit der dort vorgetragenen neuen Tatsache (Verdacht auf Verwendung belasteten Bodenmaterials) nicht auf einen zusätzlichen, über den im Revisionsbegehren dargelegten Grundlagenirrtum hinausgehenden Revisionsgrund, sondern äusserte sie lediglich den Verdacht eines weiteren Werkmangels. Jedenfalls stellte sie das fragliche Novum in keinen erkennbaren Zusammenhang mit allfälligen Revisionsgründen (Art. 328 ZPO). Aus der Noveneingabe vom 23. Juni 2017 und dem darin gestellten Rechtsbegehren (auf Abänderung von Ziffer 2.2 ihrer ursprünglichen Revisionsanträge betreffend Weiterführung des Erstverfahrens; Urk. 8 S. 2) geht vielmehr klar hervor, dass die neue Tatsache (nur) im Hinblick auf die im (Revisions-)Hauptantrag verlangte Aufhebung von Vergleich und Abschreibungsverfügung (Urk. 1 S. 2 Ziff. 1 und 2) aus den im Revisionsbegehren genannten Gründen (mehrfacher Grundlagenirrtum) und die nachfolgende Fortsetzung des Verfahrens eingebracht wurde. Sie bezweckt keine Ergänzung der Revisionsgründe, sondern dient einzig dazu, eine Änderung der prozessualen Anträge und eine allfällige Widerklageän- derung im fortzusetzenden Erstverfahren zu begründen (Art. 229 Abs. 1 lit. a und Art. 230 ZPO). Die Frage, ob das Novum rechtzeitig vorgetragen wurde, stellt sich deshalb nicht im Zusammenhang mit dem Entscheid über die Revision und musste von der Vorinstanz folglich auch nicht beurteilt werden. Sie würde sich erst im Falle einer Gutheissung des Revisionsbegehrens im Hinblick auf das fortzusetzende Erstverfahren stellen. Dazu kommt es aus den vorstehend (E. 3.4) dargelegten Gründen jedoch nicht.
Ausserdem bezieht sich der von der Vorinstanz ebenfalls geprüfte Revisionsgrund von Art. 328 Abs. 1 lit. a ZPO nur auf rechtskräftige gerichtliche Entscheide, nicht aber auf Entscheidsurrogate (insofern unzutreffend Urk. 25 S. 8
E. 5.1). Letztere sind Regelungsgegenstand von Art. 328 Abs. 1 lit. c ZPO und nur
unter den dort statuierten Voraussetzungen revisibel (vgl. ZK ZPO-Freiburghaus/Afheldt, Art. 328 N 13 ff. [Überschrift V.2. und V.3.]; s.a. BGE 139 III 133
E. 1.3 S. 134; Gasser/Rickli, ZPO-Kurzkommentar, 2. Aufl., 2014, Art. 241 N 5;
BK ZPO II-Killias, Art. 241 N 49; Engler, OFK-ZPO, ZPO 241 N 10). Wegen der Entdeckung neuer erheblicher Tatsachen Beweismittel kann ein Vergleich somit nicht zu Fall gebracht und ein vergleichsweise erledigtes Verfahren nicht wiederaufgenommen werden. Neu entdeckte Tatsachen und Beweismittel wären lediglich dann relevant, wenn sich damit die Unwirksamkeit des Vergleichs (z.B. wegen Grundlagenirrtums absichtlicher Täuschung) begründen liesse (vgl. Platz, a.a.O., S. 177). Dahingehende Ausführungen finden sich in der Noveneingabe der Gesuchstellerin (und auch in der Beschwerdeschrift) aber nicht. Im Übrigen stellt der blosse Verdacht, es könnte ein zusätzlicher Werkmangel vorliegen, ohnehin keine erhebliche Tatsache im Sinne von Art. 328 Abs. 1 lit. a ZPO dar; vorausgesetzt wäre vielmehr Gewissheit.
Im Ergebnis hat die Vorinstanz folglich kein Recht verletzt, indem sie das mit Eingabe vom 23. Juni 2017 geltend gemachte Novum bei der Beurteilung des Revisionsgesuchs nicht mitberücksichtigte (vgl. Urk. 24 S. 7 Ziff. 4.3.4 a.E.). Auch in diesem Punkt ist die Beschwerde unbegründet.
3.6. Fazit
Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass die Gesuchstellerin keinen Mangel im Sinne von Art. 320 ZPO dartut. Die Beschwerde ist deshalb abzuweisen.
Ausgangsgemäss sind die Kosten des Beschwerdeverfahrens der mit ihrem Rechtsmittelantrag unterliegenden Gesuchstellerin aufzuerlegen (Art. 106 Abs. 1 ZPO). Die Bemessung der Entscheidgebühr richtet sich nach der Gebührenverordnung des Obergerichts vom 8. September 2010 (GebV OG). Sie ist, basierend auf einem Streitwert von rund Fr. 38'900.- (vgl. Urk. 25 S. 9 E. 6), in Anwendung von § 4 Abs. 1 und § 12 Abs. 1, 2 und 4 GebV OG auf Fr. 2'300.festzusetzen und mit dem von der Gesuchstellerin geleisteten Kostenvorschuss zu verrechnen (Art. 111 Abs. 1 ZPO).
Parteientschädigungen sind keine zuzusprechen: Zunächst fehlt es auf beiden Seiten schon an einem entsprechenden Antrag (vgl. BGE 139 III 334 E. 4.3
S. 344; 140 III 444 E. 3.2.2 S. 447). Der nicht kostenpflichtigen Gesuchsgegnerin sind im Beschwerdeverfahren überdies keine entschädigungspflichtigen Kosten entstanden (vgl. Art. 95 Abs. 3 ZPO). Die Gesuchstellerin ihrerseits hat als vollumfänglich unterliegende Partei ohnehin keinen Anspruch auf Parteientschädigung (Art. 106 Abs. 1 ZPO).
Im Beschwerdeverfahren nicht zu überprüfen ist die nicht selbstständig angefochtene Kostenregelung des erstinstanzlichen Verfahrens (vgl. Urk. 24
S. 2).
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 2'300.festgesetzt.
Die Kosten für das zweitinstanzliche Verfahren werden der Gesuchstellerin auferlegt und mit dem von ihr geleisteten Kostenvorschuss verrechnet.
Für das Beschwerdeverfahren werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an die Gesuchsgegnerin unter Beilage eines Doppels von Urk. 24, 27 und 28/B2-C, sowie an die Vorinstanz, je gegen Empfangsschein.
Die erstinstanzlichen Akten gehen nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist an die Vorinstanz zurück.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.
Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 38'890.40.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung. Hinsichtlich des Fristenlaufs gelten die Art. 44 ff. BGG.
Zürich, 4. Januar 2018
Obergericht des Kantons Zürich
Zivilkammer
Der Gerichtsschreiber:
Dr. M. Nietlispach versandt am:
mc
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