Kanton: | ZH |
Fallnummer: | PP120042 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | I. Zivilkammer |
Datum: | 18.06.2013 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Forderung |
Zusammenfassung : | Es handelt sich um einen Gerichtsfall vor dem Obergericht des Kantons Zürich, bei dem es um die Rückzahlung von irrtümlich bezahlter Mehrwertsteuer geht. Die Klage wurde abgewiesen, und die Kosten wurden dem Kläger auferlegt. Der Kläger hat daraufhin Beschwerde eingelegt, jedoch wurde diese abgewiesen. Die Gerichtskosten belaufen sich auf CHF 410.-, und der Kläger muss auch die Kosten des Verfahrens tragen. Der Richter ist Dr. R. Klopfer, und die Gerichtsschreiberin ist lic. iur. B. Demuth. |
Schlagwörter : | Mehrwertsteuer; Vorinstanz; MWSTG; Urteil; Leistung; Auslegung; Beklagten; Klage; Klägers; Inserate; Steuer; Zweck; Ausführungen; Endabnehmer; Beschwerdeverfahren; Hinweis; Bezirksgericht; Gehör; Organisation; Rechnung; Bezahlung; Wortlaut; Versteuerung; Interesse; Vorsteuer; Bekanntmachungsdienstleistung; Entscheid; Bundesgericht |
Rechtsnorm: | Art. 10 MWSTG ; Art. 106 ZPO ; Art. 21 MWSTG ; Art. 22 MWSTG ; Art. 322 ZPO ; Art. 326 ZPO ; Art. 42 BGG ; Art. 90 BGG ; |
Referenz BGE: | 138 III 374; 138 III 558; |
Kommentar: | - |
Obergericht des Kantons Zürich
I. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: PP120042-O/U
Mitwirkend: Oberrichter Dr. R. Klopfer, Vorsitzender, Oberrichterin Dr. M. Schaffitz und Ersatzoberrichter Dr. S. Mazan sowie Gerichtsschreiberin lic. iur.
B. Demuth.
in Sachen
,
vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X.
gegen
Beklagte und Beschwerdegegnerin
betreffend Forderung
Beschwerde gegen ein Urteil des Einzelgerichts am Bezirksgericht Zürich,
Abteilung, vom 12. September 2012 (FV120062)
(Urk. 2 S. 1)
Die B.
AG sei zu verpflichten, dem A.
die irrtümlich bezahlte
Mehrwertsteuer im Betrag von Fr. 1'795.50 zurückzuzahlen, samt Zins zu 5 % seit dem1. Februar 2012,
unter voller Kostenund Entschädigungsfolge zulasten der B. AG.
(Urk. 26)
Der Nichteintretensantrag der Beklagten wird abgewiesen.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Entscheidgebühr wird auf Fr. 400.festgesetzt. Allfällige weitere Auslagen bleiben vorbehalten.
Die Gerichtskosten werden dem Kläger auferlegt und mit dem von ihm geleisteten Vorschuss verrechnet.
Der Kläger wird verpflichtet, der Beklagten eine Umtriebsentschädigung von Fr. 100.zu bezahlen.
[Schriftliche Mitteilung]
[Rechtsmittel]
1. Es sei festzustellen, dass die Vorinstanz den Anspruch auf rechtliches Gehör des Klägers in einem urteilsentscheidenden Punkt verletzt hat;
Das Verfahren sei zur Gewährung des rechtlichen Gehörs an die Vorinstanz zurückzuweisen;
Eventualiter sei in Aufhebung von Dispositiv-Ziffern 2-5 des angefochtenen Urteils das Rechtsbegehren gemäss Klageschrift vom 6. April 2012 gutzuheissen;
Alles unter Kostenund Entschädigungsfolgen zulasten der Beklagten.
Sachverhalt
Der Kläger und Beschwerdeführer (fortan: der Kläger) ist eine gemeinnützige Organisation, welche sich dem Tierschutz widmet. Die Beklagte und Beschwerde-
gegnerin (fortan: Beschwerdegegnerin) ist im Medienbereich und der Informationsvermittlung tätig und ist insbesondere Herausgeberin verschiedener Printmedien. Der Kläger gab bei der Beklagten Inserate in Auftrag, welche insbesondere in C. sowie in der Programmzeitschrift D. erschienen. Für Inserate in C. wurden Fr. 16'679.50 (davon Fr. 1'235.50 für Mehrwertsteuer) in Rechnung gestellt; für Inserate D. lautete die Rechnung auf Fr. 7'560.- (davon Fr. 560.für Mehrwertsteuer). Der Kläger bezahlte zunächst beide Rechnungen vorbehaltlos. Später forderte er aber die Beträge für Mehrwertsteuer von Fr. 1'235.50 (für Inserate in C. ) und Fr. 560.- (für Inserate in D. ) zurück, weil ihm seine Befreiung von der Bezahlung der Mehrwertsteuer erst nachträglich bekannt geworden sei. Die Beklagte lehnte eine Rückerstattung der Mehrwertsteuer ab.
Prozessgeschichte
Mit Eingabe vom 6. April 2012 reichte der Kläger unter Beilage der Klagebewilligung vom 4. April 2012 die Forderungsklage mit dem eingangs wiedergegebenen Rechtsbegehren bei der Vorinstanz ein (Urk. 1 und Urk. 2). Mit Urteil vom 12. September 2012 wies die Vorinstanz die Klage unter Kostenauflage an den Kläger ab (Urk. 26).
Gegen dieses Urteil erhob der Kläger am 19. Oktober 2012 rechtzeitig Beschwerde mit den vorstehend wiedergegebenen Anträgen (Urk. 25). Der mit Verfügung vom 31. Oktober 2012 verlangte Kostenvorschuss wurde vom Kläger rechtzeitig geleistet (vgl. Urk. 29 und Urk. 30). Die Beklagte wurde mit Schreiben vom 19. Dezember 2012 über das vorliegenden Verfahren in Kenntnis gesetzt (Urk. 31).
Da sich die Beschwerde wie zu zeigen sein wird als offensichtlich unbegründet erweist, konnte auf die Einholung einer Beschwerdeantwort verzichtet werden (Art. 322 Abs. 1 ZPO).
Materielles
Die Vorinstanz hatte die Frage zu beantworten, ob sich die Beklagte für die Erbringung von Bekanntmachungsdienstleistungen zugunsten einer nicht mehrwertsteuerpflichtigen gemeinnützigen Organisation freiwillig der Mehrwertsteuerpflicht unterstellen kann und die freiwillig bezahlte Mehrwertsteuer alsdann der nicht mehrwertsteuerpflichtigen gemeinnützigen Organisation überbinden kann.
Wie erläutert ist der Kläger eine gemeinnützige Organisation, die nicht mehrwertsteuerpflichtig ist (Art. 10 Abs. 2 lit. c MWSTG [SR 641.20]). Hingegen untersteht die Beklagte der Mehrwertsteuerpflicht (Art. 10 Abs. 2 MWSTG). Die von der mehrwertsteuerpflichtigen Beklagten zugunsten des nicht mehrwertsteuerpflichtigen Klägers erbrachten Bekanntmachungsdienstleistungen sind grundsätzlich von der Mehrwertsteuerpflicht ausgeschlossen (Art. 21 Abs. 2 Ziff. 27 MWSTG). Die mehrwertsteuerpflichtige Beklagte kann jedoch freiwillig durch offenen Ausweis der Steuer die von der Steuer ausgenommene Leistung im vorliegenden Fall die Bekanntmachungsdienstleistungen zugunsten des Klägers freiwillig versteuern (Art. 22 Abs. 1 MWSTG).
Die Parteien sind sich nicht einig über die Auslegung von Art. 22 Abs. 1 MWSTG. In Anwendung der massgebenden Regeln der Gesetzesauslegung (vgl. BGE 138 III 558 E. 4.1 S. 562 mit Hinweisen) hielt die Vorinstanz aufgrund des klaren Wortlaut (grammatikalische Auslegung) von Art. 22 Abs. 1 MWSTG fest, dass die mehrwertsteuerpflichtige Beklagte die Option der freiwilligen Versteuerung für eine steuerbefreite Leistung ausüben konnte, und zwar auch dann, wenn der Kläger als Empfänger der Leistung nicht mehrwertsteuerpflichtig war (Urk 26
S. 6 f. E. 2.2 f.). Alsdann führte die Vorinstanz aus, dass dieser Wortlaut auch dem Sinn und Zweck der Bestimmung (teleologische Auslegung) sowie dem Willen des Gesetzgebers (historische Auslegung) entspreche (Urk. 26 S. 8 E. 2.4.3). Im Einzelnen kann auf die überzeugenden Erwägungen der Vorinstanz verwiesen werden (Urk. 26 S. 6-9).
Der Kläger wirft der Vorinstanz eine Verletzung des rechtlichen Gehörs vor, weil seine entscheidenden Ausführungen in der Klageschrift über Sinn und Zweck
von Art. 22 Abs. 1 MWSTG unberücksichtigt geblieben sei (Urk. 25 S. 2 f. insbes. Rz. 2). Wie ausgeführt, äusserte sich die Vorinstanz zu Sinn und Zweck von
Art. 22 MWSTG. Wörtlich führte die Vorinstanz aus: Motiv dieser Modifikation war [ ], die steuerpflichtige Person von den nachteiligen Folgen der Steuerausnahme zu entlasten; diesem Motiv wurde gegenüber dem Ziel, bei den Endkonsumenten eine Steuerentlastung zu gewähren, der Vorrang eingeräumt (Urk. 26 S. 8). Wenn die Vorinstanz eine umstrittene Bestimmung anders interpretiert als eine Prozesspartei und im Rahmen der Auslegung von einem anderen Sinn und Zweck der Norm ausgeht, liegt darin entgegen der Auffassung des Klägers keine Verletzung des rechtlichen Gehörs.
Es kann sich daher nur die Frage stellen, ob die Auslegung der Vorinstanz an sich zu beanstanden ist. Der Kläger bestreitet nicht, dass aufgrund des Wortlautes von Art. 22 MWSTG die steuerpflichtige Beklagte berechtigt ist, eine von der Steuerpflicht ausgenommeine Leistung freiwillig zu versteuern; der Wortlaut der fraglichen Bestimmung ist klar. Ebenso wenig kritisiert der Kläger die historische Auslegung, wonach der Gesetzgeber in Kauf genommen habe, dass eine Unternehmung für die freiwillige Versteuerung optieren und auch einem nicht mehrwertsteuerpflichtigen Endabnehmer die Mehrwertsteuer in Rechnung stellen könne. Der Kläger kritisiert nur die teleologische Auslegung, wonach Sinn und Zweck von Art. 22 MWSTG falsch dargestellt worden sei. So macht er geltend, die Beklagte könnte an der freiwilligen Versteuerung im Hinblick auf den Vorsteuerabzug nur ein Interesse haben, wenn die Vorsteuer im Vergleich zur Endverbraucher-MWST hoch sei (Urk. 25 S. 2 Rz. 2), was hier aber nicht der Fall sei, weil es gar keine Vorsteuer gegeben habe; die Beklagte habe daher nicht für eine freiwilligen Bezahlung der Mehrwertsteuer nach Art. 22 MWSTG optieren können (Urk. 25 S. 2 Rz. 3). Der Kläger übersieht, dass die Beklagte nicht nur bei der Möglichkeit eines Abzugs der Vorsteuer ein Interesse an einer freiwilligen Versteuerung haben kann. Vielmehr wies die Vorinstanz zutreffend darauf hin, dass die mehrwertsteuerpflichtige Beklagte aus Gründen der administrativen Erleichterung ein Interesse daran haben könne, freiwillig Mehrwertsteuer zu bezahlen, die sie alsdann dem nicht mehrwertsteuerpflichtigen Endabnehmer belasten könne (Urk. 26 S. 8). In einem Massengeschäft wie dem Inserategeschäft kann es im Interesse administrativer Vereinfachungen wünschenswert sein, wenn der Leistungserbringer nicht unterscheiden muss, ob ein Endabnehmer mehrwertsteuerpflichtig ist (was auf eine überwiegende Mehrzahl zutreffen dürfte) nicht (was nur bei einer kleinen Minderheit der Fall sein dürfte). Im Übrigen steht es dem mehrwertsteuerbefreiten Endabnehmer frei, die Leistungen nur in Anspruch zu nehmen, wenn der Leistungserbringer auf eine freiwillige Bezahlung der Mehrwertsteuer für die an sich nicht mehrwertsteuerpflichtige Bekanntmachungsdienstleistung (Art. 21 Abs. 2 Ziff. 27 MWSTG) verzichtet und die Mehrwertsteuer folglich auch nicht auf den steuerbefreiten Endabnehmer überwälzt.
Für den Fall, dass die Beklagte berechtigt sein sollte, für die freiwillige Bezahlung der Mehrwertsteuer zu optieren, macht der Kläger sinngemäss geltend, aus den AGB ergebe sich nicht, dass die Mehrwertsteuer bezahlt werden müsse.
Zur Begründung verweist der Kläger lediglich auf seine Ausführungen in der Klageschrift vor erster Instanz (Urk. 25 S. 3 mit Verweis auf Urk. 2 S. 5). Ein solcher Verweis ist unzulässig. Vielmehr hätte sich der Beschwerdeführer mit den Ausführungen der Vorinstanz auseinander setzen müssen, und er kann sich im Beschwerdeverfahren nicht mit einem pauschalen Hinweis auf seine Ausführungen vor erster Instanz begnügen (BGE 138 III 374 E. 4.3.1 S. 375; Urteil 4A_659/2011 vom 7. Dezember 2011, E. 3 mit Hinweis auf die zu Art. 42 BGG ergangene Rechtsprechung).
Weiter reicht der Kläger im Beschwerdeverfahren diverse Beilagen ein, welche belegen sollen, dass mit Ausnahme eines Auftragnehmers alle anderen Medien, welche für den Kläger Leistungen im Sinn von Art. 21 Abs. 2 MWSTG erbracht hätten, nach entsprechender Aufforderung und Hinweis auf das revidierte Mehrwertsteuergesetz die fälschlicherweise dem Kläger auferlegte Mehrwertsteuer zurückerstattet hätten (Urk. 25 S. 3 mit Hinweis auf Urk. 28/1-29). Wie der Kläger selbst einräumt, handelt es sich dabei um neue Vorbringen. Entgegen der Auffassung des Klägers sind Noven im Beschwerdeverfahren generell unzulässig (Art. 326 Abs. 1 ZPO), sofern nicht gesetzliche Ausnahmen vorliegen (Art. 326 Abs. 2 ZPO), was hier jedoch nicht der Fall ist.
Da der Kläger sich nicht mit den Ausführungen der Vorinstanz auseinandersetzt und da seine neuen Vorbringen nicht zu hören sind, bleibt es bei der Auffassung der Vorinstanz, dass und weshalb die Vereinbarung über die Überwälzung der Mehrwertsteuer auf den Kläger gültig zustande gekommen ist (Urk. 26 S. 9 Ziff. 3.2.1. bis 3.2.4.).
Zusammengefasst ist deshalb festzuhalten, dass die Beschwerde des Klägers abzuweisen ist.
Kostenund Entschädigungsfolgen
Die Entscheidgebühr für das Beschwerdeverfahren ist gestützt auf die Gebührenverordnung des Obergerichts vom 8. September 2010 (GebV OG) auf
Fr. 410.festzusetzen.
Ausgangsgemäss sind die Kosten für das Beschwerdeverfahren dem Kläger aufzuerlegen (Art. 106 Abs. 1 ZPO). Der Beklagten ist mangels erheblicher Umtriebe keine Umtriebsentschädigung zuzusprechen (Art. 95 Abs. 3 lit. c ZPO).
Die Beschwerde wird abgewiesen und das Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom 12. September 2012 wird bestätigt.
Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 410.festgesetzt.
Die Kosten für das zweitinstanzliche Verfahren werden dem Kläger auferlegt und mit seinem Kostenvorschuss verrechnet.
Der Beklagten wird keine Umtriebsentschädigung zugesprochen.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an die Beklagte unter Beilage eines Doppels von Urk. 25, sowie an das Einzelgericht am Bezirksgericht Zürich,
8. Abteilung, je gegen Empfangsschein.
Die erstinstanzlichen Akten gehen nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist an die Vorinstanz zurück.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.
Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 1'795.50.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung. Hinsichtlich des Fristenlaufs gelten die Art. 44 ff. BGG.
Zürich, 18. Juni 2013
Obergericht des Kantons Zürich
Zivilkammer
Der Vorsitzende
Dr. R. Klopfer
Die Gerichtsschreiberin
lic. iur. B. Demuth
versandt am: mc
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
Hier geht es zurück zur Suchmaschine.