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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Zusammenfassung des Urteils PN070046: Obergericht des Kantons Zürich

In dem vorliegenden Fall ging es um eine Nichtigkeitsbeschwerde gegen eine Verfügung des Einzelrichters im summarischen Verfahren am Bezirksgericht Horgen bezüglich einer Rechtsöffnung. Der Beklagte erhob sowohl Nichtigkeitsbeschwerde als auch Beschwerde in Zivilsachen und argumentierte, dass die Nichtigkeitsbeschwerde nicht zulässig sei. Das Obergericht des Kantons Zürich musste klären, welches Rechtsmittel im Fall angemessen war. Es stellte sich heraus, dass das Obergericht nicht die gleiche Prüfungsbefugnis wie das Bundesgericht hatte, was zu einer ungewöhnlichen Situation führte, in der erstinstanzliche Rechtsöffnungsentscheide theoretisch direkt beim Bundesgericht angefochten werden konnten. Letztendlich wurde entschieden, dass die Nichtigkeitsbeschwerde zulässig war.

Urteilsdetails des Kantongerichts PN070046

Kanton:ZH
Fallnummer:PN070046
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:III. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid PN070046 vom 05.07.2007 (ZH)
Datum:05.07.2007
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Rechtsmittel gegen Rechtsöffnungsentscheide
Schlagwörter : Bundesgericht; Rechtsöffnung; Rechtsmittel; Vorinstanz; Entscheid; Zivilsache; Bundesgerichts; Obergericht; Nichtigkeitsbeschwerde; Zivilsachen; Rechtsöffnungsentscheid; Verfahren; Verfügung; Vorinstanzen; Kanton; Einzelrichter; Streitwert; Rechtsöffnungsentscheide; Bundesgerichtsgesetz; Bezirksgericht; Gericht; Ansicht; Sinne; Entscheide; Streitwerten
Rechtsnorm:Art. 111 BGG ;Art. 130 BGG ;Art. 496 OR ;Art. 72 BGG ;Art. 75 BGG ;Art. 82 KG ;Art. 95 BGG ;Art. 97 BGG ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
-, Hand, Bern, Art. 75 BGG, 2007
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017

Entscheid des Kantongerichts PN070046

Obergericht des Kantons Zürich

Geschäfts-Nr. PN070046/U/Wi

III. Zivilkammer

Mitwirkend: (...)

Zirkular-Erledigungsbeschluss vom 5. Juli 2007

in Sachen

Sch.,

Beklagter und Beschwerdeführer vertreten durch Dr. iur. Z.

gegen

Bank X.,

vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Y.

betreffend Rechtsöffnung Nichtigkeitsbeschwerde gegen eine Verfügung des Einzelrichters

im summarischen Verfahren am Bezirksgericht Horgen (VP lic. iur. M. Meili) vom 16. Januar 2007

Das Gericht zieht in Erwägung:

  1. Mit Verfügung vom 16. Januar 2007 erteilte der Einzelrichter im summarischen Verfahren am Bezirksgericht Horgen in der Betreibung Nr. (...) des Betreibungsamtes Richterswil provisorische Rechtsöffnung für Fr. 1'200'000.-- nebst Zinsen und Kosten; als zulässiges Rechtsmittel gab er die (kantonale) Nichtigkeitsbeschwerde an (act. 2). Gegen diesen Entscheid erhob der Beklagte mit Eingaben vom 20. Februar 2007 rechtzeitig sowohl Nichtigkeitsbeschwerde (act. 1) als auch Beschwerde in Zivilsachen gemäss Art. 72 BGG, je mit dem Hauptantrag, es sei die angefochtene Verfügung aufzuheben und das Rechtsöffnungsbegehren der Klägerin abzuweisen. In beiden Beschwerdeschriften vertrat er die Auffassung, dass im vorliegenden Fall die Nichtigkeitsbeschwerde nicht zulässig sei und der Rechtsöffnungsentscheid mittels Beschwerde in Zivilsachen direkt beim Bundesgericht angefochten werden könne.

    Mit Verfügung vom 22. Februar 2007 wurde das bundesgerichtliche Verfahren bis zum Vorliegen des Entscheids des Obergerichts sistiert.

    Mit Verfügung vom 26. Februar 2007 wies der Präsident der III. Zivilkammer des Obergerichts das Begehren um aufschiebende Wirkung ab; gleichzeitig wies er darauf hin, dass über die Gesuche um unentgeltliche Prozessführung und Vertretung später entschieden würde.

    Der Einzelrichter verzichtete auf Vernehmlassung. In ihrer rechtzeitigen Beschwerdeantwort vom 17. April 2007 beantragte die Klägerin, es sei auf die Beschwerde nicht einzutreten, eventualiter sei diese abzuweisen.

  2. Die Klägerin stützte ihr Rechtsöffnungsbegehren auf eine Erklärung des Beklagten vom 29. November 2000, worin dieser sich ihr gegenüber verpflichtete, solidarisch für die Ausstände der Gesellschaft F. Inc. (an welcher der Beklagte wirtschaftlich Berechtigter ist) bis zu einem Höchstbetrag von USD 1 Mio. zu haften. Dass diese Erklärung grundsätzlich als provisorischer

    Rechtsöffnungstitel taugt, wurde von den Parteien nie in Frage gestellt. Strittig war indes die Frage nach der Gültigkeit der erwähnten Schuldanerkennung. Die Klägerin vertrat die Auffassung, diese beruhe auf einer kumulativen Schuldübernahme gemäss Art. 143 ff. OR, zu deren Zustandekommen keine besonderen Formvorschriften erforderlich seien. Demgegenüber war der Beklagte der Ansicht, der Schuldanerkennung liege eine Solidarbürgschaft im Sinne von Art. 496 OR zugrunde, welche nicht gemäss den entsprechenden gesetzlichen Formvorschriften begründet worden und damit nichtig sei.

    Die Vorinstanz kam im angefochtenen Entscheid zum Schluss, dass die Erklärung des Beklagten vom 29. November 2000 als kumulative Schuldübernahme zu verstehen sei und damit einen gültigen Rechtsöffnungstitel im Sinne von Art. 82 SchKG darstelle.

  3. Vorerst gilt es, die grundsätzliche Frage zu klären, welches Rechtsmittel im vorliegenden Fall gegeben ist: Wie erwähnt, ist der Beklagte der Ansicht, dass die Rechtsmittelbelehrung der Vorinstanz unzutreffend sei: Gemäss Art. 72 Abs. 1 des am 1. Januar 2007 in Kraft getretenen BGG beurteile das Bundesgericht Beschwerden gegen Entscheide in Zivilsachen, sofern der Streitwert Fr. 30'000.-- übersteige (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG), was hier zutreffe.

    1. Für die Erhebung der eidgenössischen Berufung (Art. 43 ff. OG) bedurfte es bislang noch explizit einer Zivilstreitigkeit. Ein Begriff, der nirgends einheitlich definiert war und welcher oft synonym mit Zivilrechtsstreitigkeit verwendet wurde. Mit der (Einheits-) Beschwerde gemäss Art. 72 BGG fällt diese Unterscheidung weg. Der Ausdruck Zivilsache wurde neu definiert bzw. sehr weit gefasst. Neu beinhaltet er nämlich auch ausdrücklich sämtliche Entscheide von Vorinstanzen in Schuldbetreibungsund Konkurssachen (Art. 72 Abs. 2 lit. a BGG). Insbesondere letztinstanzliche kantonale Rechtsöffnungsentscheide galten bis anhin aufgrund ihrer rein vollstreckungsrechtlichen Natur gar nicht als Zivilsache. Aus diesem Grunde waren sie nicht berufungsfähig, sondern unterlagen lediglich der staatsrechtlichen Beschwerde mit ihren eingeschränkten Rügemöglichkeiten.

      Gemäss Art. 75 Abs. 1 BGG ist die Beschwerde in Zivilsachen ans Bundesgericht nur gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen zulässig, das heisst, der kantonale Rechtsmittelzug muss ausgeschöpft sein und die als Rechtsmittelinstanzen entscheidenden Vorinstanzen des Bundesgerichts sollen grundsätzlich obere kantonale Gerichte sein. Mit anderen Worten muss der Rechtsmittelweg zum Bundesgericht über ein oberes kantonales Gericht führen (vgl. auch SEILER/VON WERDT/GÜNGERICH, Bundesgerichtsgesetz, Handkommentar, Bern 2007, N 5 zu Art. 75). Nun existieren jedoch keine Grundsätze ohne Ausnahmen: Zwar schreibt das BGG den Kantonen keinen Instanzenzug mit voller Überprüfung im Rechtsmittelverfahren vor. Es verlangt jedoch, dass die kantonale Rechtsmittelund damit unmittelbare Vorinstanz des Bundesgerichts mindestens dieselben Rügen prüfen kann wie das Bundesgericht selbst (Art. 111 Abs. 3 BGG). Ist dies nicht der Fall, so bedarf es der Anpassung seitens der entsprechenden Kantone. Dafür gewährt ihnen das BGG in Art. 130 Abs. 2 eine Übergangsfrist, so dass sie erst auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens einer Schweizerischen Zivilprozessordnung gehalten sind, Ausführungsbestimmungen über das Verfahren der Vorinstanzen zu erlassen.

      Beim vorliegend angefochtenen Entscheid handelt es sich um einen erstinstanzlichen Rechtsöffnungsentscheid, gegen welchen im Kanton Zürich nur das ausserordentliche Rechtsmittel der Nichtigkeitsbeschwerde ans Obergericht gemäss § 281 ZPO zulässig ist. Im Folgenden wird untersucht, inwiefern im konkreten Fall das Obergericht Zürich

      als Rechtsmittelund Vorinstanz des Bundesgerichts - den Anforderungen an Art. 111 Abs. 3 BGG gerecht wird:

    2. Die Kassationsgründe nach § 281 ZPO sind sehr eingeschränkt: Verletzung eines wesentlichen Verfahrensgrundsatzes (Ziff. 1), aktenwidrige willkürliche tatsächliche Annahme (Ziff. 2) Verletzung klaren materiellen Rechts (Ziff. 3). Das Bundesgericht hat aber eine weitergehende Kognition: So können z.B. mit der Beschwerde in Zivilsachen Rechtsverletzungen (mit Ausnahme kantonalen Gesetzesrechts) umfassend gerügt werden und nicht nur wie im Falle von § 281 Ziff. 3 ZPO grobe Verstösse und Irrtümer bei der Anwendung materiellen Rechts (vgl. Art. 95 BGG). Ebenso überprüft das Bundesgericht offensichtlich unrichtige Sachverhaltsfeststellungen (Art. 97 BGG).

      Aus dem Gesagten folgt, dass im vorliegenden Fall das Obergericht als unmittelbare Vorinstanz des Bundesgerichts eben nicht mindestens die gleiche Prüfungsbefugnis besitzt wie das Bundesgericht. Der Kanton Zürich hat noch keine Ausführungsbestimmungen über die Zuständigkeit, die Organisation und das Verfahren der Vorinstanzen in Zivilsachen erlassen. Im Ergebnis würde dies zu einer als Rechtsöffnungskuriosum bezeichneten Folge führen, nämlich der Durchbrechung des Grundsatzes der double instance: Erstinstanzliche Rechtsöffnungsentscheide mit Streitwerten über Fr. 30'000.-könnten rein theoretisch zumindest während der Übergangsfrist von Art. 130 Abs. 2 BGG - direkt beim Bundesgericht angefochten werden (vgl. auch PETER REETZ, Das neue Bundesgerichtsgesetz unter besonderer Berücksichtigung der Beschwerde in Zivilsachen, Teil 2, SJZ 103 (2007), S. 36).

      Ein derartiges Ergebnis ist hingegen in mancherlei Hinsicht unbefriedigend: Einerseits hat das Obergericht keine volle Kognition und andererseits stellt ein erstinstanzlicher Rechtsöffnungsentscheid keinen kantonalen Endentscheid im Sinne von Art. 75 Abs. 1 BGG dar bzw. sind die Einzelrichter an den Bezirksgerichten keine Vorinstanzen des Bundesgerichts. Einen erstinstanzlichen Entscheid damit der Beschwerde gemäss Art. 72 BGG zu unterstellen, würde zudem auch der Grundidee des Bundesgerichtsgesetzes zuwiderlaufen, welches primär dazu geschaffen wurde, das Bundesgericht zu entlasten. Schliesslich wäre es auch stossend, wenn erstinstanzliche Rechtsöffnungsentscheide mit Streitwerten unter Fr. 30'000.-- nur über die kantonale Nichtigkeitsbeschwerde ans Bundesgericht führen könnten, solche mit höheren Streitwerten jedoch nicht.

    3. Zum selben Resultat führt im Übrigen auch § 285 ZPO. Dies entgegen der Ansicht der Klägerin, welche aufgrund dieser kantonalen Bestimmung den direkten Weiterzug des erstinstanzlichen Entscheids an das Bundesgericht als gegeben betrachtet: § 285 ZPO ist noch nicht auf das Bundesgerichtsgesetz abgestimmt, welches wie bereits erwähnt klar festlegt, dass erstinstanzliche Rechtsöffnungsentscheide nicht ans Bundesgericht weiterziehbar sind (Art. 75 Abs. 1 BGG). Damit liegt auch kein Anwendungsfall von § 285 Abs. 2 ZPO vor.

    4. Aus all den vorgenannten Gründen ist deshalb auf die Nichtigkeitsbeschwerde einzutreten.

(...)

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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