Kanton: | ZH |
Fallnummer: | PF230060 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Zivilkammer |
Datum: | 14.12.2023 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Ausweisung (Rechtsschutz in klaren Fällen) |
Zusammenfassung : | In dem vorliegenden Fall ging es um eine Ausweisungsklage der Gemeinde B. gegen A., die in einer Wohnung der Gemeinde zur Untermiete wohnte. Nachdem A. gegen die Kündigung des Untermietverhältnisses erfolglos geklagt hatte, wurde sie zur Räumung der Wohnung bis zum 15. Oktober 2023 verpflichtet. A. erhob Beschwerde gegen das Urteil der Vorinstanz und argumentierte unter anderem, dass die Sozialbehörde der Gemeinde nicht legitimiert sei, das Ausweisungsbegehren zu stellen. Die Beschwerdegegnerin verteidigte die Legitimität der Sozialbehörde und betonte, dass es sich um eine zivilrechtliche Angelegenheit handle. Letztendlich wurde die Beschwerde von A. abgewiesen, und sie wurde zur Zahlung von Gerichtskosten und einer Parteientschädigung verpflichtet. Der Richter war männlich, und die Gerichtskosten betrugen CHF 1'000.00. |
Schlagwörter : | Gemeinde; Recht; Ausweisung; Verfahren; Sozialbehörde; Vorinstanz; Beschwerde; Stellung; Verfahren; Ausweisungsbegehren; Gemeinderat; Stellungnahme; Vollmacht; Urteil; Entscheid; Rechtsmittel; Säumnis; Meilen; Frist; Bezirksgericht; Verfahrens; Prozessführung; Frist; Gesuch; Beschluss; Rechtsanwalt; Rechtsschutz |
Rechtsnorm: | Art. 106 ZPO ; Art. 132 ZPO ; Art. 147 ZPO ; Art. 219 ZPO ; Art. 223 ZPO ; Art. 257 ZPO ; Art. 320 ZPO ; Art. 321 ZPO ; Art. 326 ZPO ; Art. 59 ZPO ; Art. 60 ZPO ; Art. 68 ZPO ; Art. 90 BGG ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | - |
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: PF230060-O/U
Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. E. Lichti Aschwanden, Vorsitzende, Oberrichterin lic. iur. A. Strähl und Oberrichter Dr. E. Pahud sowie Gerichtsschreiberin lic. iur. K. Würsch
in Sachen
A. ,
Gesuchsgegnerin und Beschwerdeführerin
gegen
Gemeinde B. ,
Gesuchstellerin und Beschwerdegegnerin vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. X.
betreffend Ausweisung (Rechtsschutz in klaren Fällen)
Beschwerde gegen ein Urteil des Einzelgerichtes im summarischen Verfahren des Bezirksgerichtes Meilen vom 21. September 2023 (ER230026)
1.
Die Gemeinde B. (Gesuchstellerin und Beschwerdegegnerin, fortan Beschwerdegegnerin) ist Eigentümerin der liegenschaft C. -strasse 1 in
B. (act. 3/2). Zwischen ihr und der SozialBehörde B. besteht seit dem
11. Februar resp. 9. März 2020 ein Mietvertrag über eine 3-Zimmerwohnung in genannter liegenschaft (act. 3/3). A. (Gesuchsgegnerin und Beschwerdeführerin, fortan Beschwerdeführerin) mietete mit Untermietvertrag vom 22. Januar 2018 von der SozialBehörde der Gemeinde B. zwei Zimmer in der 3- Zimmerwohnung, zu einem monatlichen BruttoMietzins von Fr. 1'500.00 (act. 3/4). Mit amtlich genehmigtem Formular vom 19. Mai 2022 wurde der Beschwerdeführerin das Untermietverhältnis per 30. September 2022 gekündigt (act. 3/5). Die Beschwerdeführerin focht die Kündigung ohne Erfolg bis zum Bundesgericht an (vgl. act. 3/6-9; OGer ZH NG230009, Urteil vom 5. Juni 2023, BGer 4A_374/2023 vom 2. August 2023, auch OGer ZH RY230001, Beschluss vom 8. August 2023).
Am 22. August 2023 liess die Beschwerdegegnerin beim Einzelgericht im summarischen Verfahren des Bezirksgerichtes Meilen (fortan Vorinstanz) die Ausweisung der Beschwerdeführerin unter Androhung der Zwangsvollstreckung verlangen (act. 1). Mit Verfügung vom 24. August 2023 setzte die Vorinstanz der Beschwerdegegnerin eine Frist zur Leistung eines Kostenvorschusses und der Beschwerdeführerin eine solche zur Stellungnahme zum Ausweisungsgesuch an (act. 4). Die Beschwerdegegnerin leistete den Kostenvorschuss fristgerecht
(act. 6). Die Verfügung mit Fristansetzung ging der Beschwerdeführerin am
September 2023 zu. Sie reichte innert Frist keine Stellungnahme ein (act. 5/2).
Mit Urteil vom 21. September 2023 hiess die Vorinstanz das Ausweisungsbegehren gut und verpflichtete die Beschwerdeführerin, die 3-Zimmerwohnung im Erdgeschoss an der C. -strasse 1 in B. bis spätestens 15. Oktober 2023,
12.00 Uhr mittags, zu räumen und der Beschwerdegegnerin ordnungsgemäss gereinigt zu übergeben, unter der Androhung der Zwangsvollstreckung im Unterlassungsfall. Das Urteil erging zunächst unbegründet (act. 7) und wurde auf rechtzeitiges Verlangen der Beschwerdeführerin am 18. Oktober 2023 in begründeter Fassung zugestellt (act. 9, act. 11 = act. 14; act. 12/1).
2.
Mit Eingabe vom 30. Oktober 2023 (Datum Poststempel) erhob die Beschwerdeführerin rechtzeitig (act. 12/1) Beschwerde gegen das Urteil der Vorinstanz vom 21. September 2023. Sie stellt folgende RechtsmittelAnträge (act. 15 S. 2):
1. Das Urteil des Bezirksgerichts Meilen vom 21. September 2023 sei aufzuheben, weil vorliegend die Voraussetzungen für Rechtsschutz in klaren Fällen (Art. 257 ZPO) nicht vorliegen, und es sei auf das Ausweisungsbegehren der Beschwerdegegnerin vom 22. August 2023 nicht einzutreten. Die Beschwerdeführerin sei demnach an der Wohnung an der C. -strasse 1, B. wohnen zu lassen.
Eventualiter sei das Urteil des Bezirksgerichts Meilen vom
21. September 2023 aufzuheben, weil vorliegend die Voraussetzungen für Rechtsschutz in klaren Fällen (Art. 257 ZPO) nicht vorliegen, die Sache an das Bezirksgericht Meilen zurückzuweisen und das Bezirksgericht Meilen anzuweisen, auf das Ausweisungsbegehren der Beschwer- degegnerin vom 22. August 2023 nicht einzutreten. Die Beschwerdeführerin sei demnach an der Wohnung an der C. -strasse 1, B. wohnen zu lassen.
Der Beschwerde sei die aufschiebende Wirkung zu Gewähren.
Der Beschwerdegegnerin seien die Kosten des erst- und zweitinstanzlichen Verfahrens aufzuerlegen. Zudem sei die Beschwerdegegnerin zu verpflichten, der Beschwerdeführerin für das zweitinstanzliche Verfahren eine angemessene Parteientschädigung von CHF 1'200 inkl. MWST für eigene Umtriebe und Beratungskosten zu zahlen.
Die vorinstanzlichen Akten wurden beigezogen (act. 1-12). Mit Verfügung vom 3. November 2023 wurde der Beschwerde einstweilen die aufschiebende Wirkung erteilt. Zudem wurde der Beschwerdegegnerin Frist angesetzt, um eine Beschwerdeantwort sowie eine Stellungnahme zum Gesuch auf Erteilung der aufschiebenden Wirkung einzureichen (act. 18). Die Beschwerdeantwort sowie die Stellungnahme der Beschwerdegegnerin zur aufschiebenden Wirkung gingen bei der Kammer fristgerecht ein (act. 20 und act. 21/1-3). Die Beschwerdegegnerin liess folgende Anträge stellen (act. 20 S. 2):
1. Es sei die Beschwerde abzuweisen;
es sei der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu entziehen;
unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten der Gesuchsgegnerin und Beschwerdeführerin.
Die Eingabe der Beschwerdegegnerin wurde der Beschwerdeführerin samt Beilagen zur Kenntnis gebracht (act. 22). Am 7. Dezember 2023 (Datum Poststempel) reichte die Beschwerdeführerin eine Stellungnahme zur Eingabe der Beschwer- degegnerin ein. Sie verlangt darin, es sei der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu belassen und der vorinstanzliche Entscheid sei aufzuheben; sie ersuche um Gutheissung der Beschwerde unter Kostensowie Entschädigungsfolgen zu Lasten der Beschwerdegegnerin (act. 23 S. 5 und act. 24/7). Das Verfahren erweist sich als spruchreif. Der Beschwerdegegnerin ist mit dem vorliegenden Entscheid die Stellungnahme der Beschwerdeführerin vom 7. Dezember 2023 zuzustellen. Mit dem vorliegenden Entscheid wird ein nochmaliger Entscheid über die aufschiebende Wirkung obsolet, weshalb der Antrag Ziffer 2 der Beschwerdegeg- nerin abzuschreiben ist. Auf die Parteivorbringen ist nachfolgend soweit entscheidrelevant einzugehen.
3.
Das Beschwerdeverfahren richtet sich nach den Art. 319 ff. ZPO. Mit der Beschwerde kann die unrichtige Rechtsanwendung und die offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhaltes geltend gemacht werden (Art. 320 ZPO). Die Beschwerde ist bei der Rechtsmittelinstanz innert der Rechtsmittelfrist schriftlich und begründet einzureichen (Art. 321 Abs. 1 ZPO). Neue Tatsachenbehauptungen und neue Beweismittel sind im Beschwerdeverfahren ausgeschlossen (Art. 326 Abs. 1 ZPO).
4.
4.1. Die Vorinstanz befand im Wesentlichen, dass die von der Beschwerdeführerin gegen die am 19. Mai 2022 auf den 30. September 2022 ausgesprochene Kündigung des Untermietverhältnisses gerichteten Rechtsmittel erfolglos geblieben seien; die Kündigung sei somit rechtsgültig. Seit (spätestens) dem 1. Oktober 2022 verfüge die Beschwerdeführerin über keinen Rechtstitel mehr, welcher ihr den Aufenthalt im Mietobjekt gestatten würde, weshalb ihre Ausweisung verlangt werden könne. Die Einwendungen und Beweismittel der Beschwerdeführerin gegen ihre Ausweisung in der Eingabe vom 9. Oktober 2023 (mit welcher sie die UrteilsBegründung verlangt habe) seien verspätet erfolgt und nicht zu prüfen (act. 14 S. 4).
Die Beschwerdeführerin macht in ihrer Beschwerde an die Kammer zu- nächst geltend, der Beschwerdegegnerin fehle die Aktivlegitimation zur führung des Prozesses. Ihrer Ansicht nach sei die SozialBehörde B. zur Stellung des Ausweisungsgesuches resp. zur Prozessführung im vorliegenden Fall nicht legitimiert gewesen. Zur Begründung führt die Beschwerdeführerin zusammengefasst aus, Art. 27 Abs. 2 Ziff. 3 der Gemeindeordnung der Gemeinde B. lege fest, dass der Gemeinderat die Prozessführungsbefugnis habe. Art. 50 Abs. 1 des Organisationsreglements der Gemeinde B. wiederhole, dass Prozesse durch den Gemeinderat gefährt würden. Nicht einzelne Personen des Gemeinderates, sondern der Gemeinderat als Gremium sei zuständig, um zu beschliessen, dass ein Prozess gefährt werde. Nach Art. 50 Abs. 2 des Organisationsreglements der Gemeinde B. seien von dieser Regel nur Geschäfte ausgenommen, die durch die Gemeindeordnung zur eigenstündigen Erledigung an Behür- den Ausschüsse delegiert worden seien. Die Beschwerdeführerin vertritt unter Verweis auf Art. 44-48 der Gemeindeordnung der Gemeinde B. die Ansicht, eine solche Ausnahme liege im Falle der SozialBehörde nicht vor. Das Sozialhilfegesetz des Kantons Zürich lege sodann in 7 SHG fest, dass die Sozial- Behörde die Gemeinde lediglich in Strafverfahren wegen unrechtmässiger Erwirkungen von Sozialhilfeleistungen vertreten dürfe. Die Beschwerdeführerin folgert, die Beschwerdegegnerin hätte dem Gericht nebst einer entsprechenden Vollmacht auch einen Gemeinderatsbeschluss vorlegen müssen, wonach der Gemeinderat als Gremium die Prozessführung beschlossen hat. In den vorinstanzlichen Akten finde sich jedoch lediglich die Vollmacht der Beschwerdegegnerin mit den Unterschriften zweier Einzelpersonen der SozialBehörde. Zum einen könne daraus nicht auf das Vorliegen eines Gemeinderatsbeschlusses geschlossen werden. Zum anderen hätten Personen die Vollmacht unterzeichnet, die zur Prozessführung gar nicht legitimiert gewesen seien. Nach der Beschwerdeführerin hätte die Vorinstanz diesen Mangel erkennen müssen und auf das Ausweisungsbegehren nicht eintreten dürfen (act. 15 S. 3 ff. und S. 6 f.).
Die Beschwerdegegnerin lässt ausführen, die Behauptung der Beschwer- deführerin, dass die SozialBehörde B. von Gesetzes wegen nicht zur Stellung des Ausweisungsbegehrens legitimiert gewesen sei und die Aktivlegitimation fehle, sei falsch. Die Parteibezeichnung Gemeinde B. mit dem Zusatz SozialBehörde sei richtig und bisher von sämtlichen Gerichtsinstanzen so aufgeführt worden. Die SozialBehörde sei im Weiteren aufgrund der internen Regeln der Gemeinde B. durchaus befugt, Prozesse zu führen, auch wenn die Gemeinde B. Partei sei. Nach Art. 45 der Gemeindeordnung der Gemeinde B. sei die SozialBehörde befugt, ihre Aufgaben eigenstündig zu besorgen. Art. 50 Abs. 2 der Organisationsverordnung der Gemeinde B. nehme aus- Drücklich drauf Bezug. Danach erweise sich die SozialBehörde als befugt, Prozesse in ihrem Kompetenzbereich Selbständig zu führen und sie sei damit auch berechtigt gewesen, die Vollmacht für den Rechtsanwalt vom 26. Juni 2023 (für das Ausweisungsverfahren) zu unterzeichnen. Auch der Gemeinderat der Gemeinde B. halte in seinem Beschluss vom 15. November 2023 die Sozial- Behörde nach den zitierten Bestimmungen für befugt, eigenstündig Prozesse in den ihr zugewiesenen Bereichen zu führen. Die Themen Sozialhilfe und Asylwesen seien der SozialBehörde zur eigenstündigen Besorgung überlassen worden, dies beinhalte auch die Verwaltung von Notwohnungen samt allen notwendigen dazuGehörigen Entscheidungen. Gemäss gefestigter B. er Rechtspraxis stehe der SozialBehörde in allen Aufgabengebieten, in denen sie eigenstündig handeln könne, auch die Prozessführung zu. Im Beschluss des Gemeinderates vom 15. November 2023 werde demzufolge festgehalten, dass die SozialBehörde legitimiert gewesen sei, die Vollmacht zu unterzeichnen, dass (eventualiter) die Prozessführung durch Rechtsanwalt Dr. iur. X. nachträglich genehmigt werde und, dass generell der SozialBehörde die Prozessführungsbefugnis in den ihr zur eigenstündigen Erledigung zugewiesenen Aufgaben delegiert sei (act. 20
S. 3 ff.).
Soweit die Beschwerdeführerin sich gegen die Aktivlegitimation der Beschwerdegegnerin richten Möchte, ist festzuhalten, dass die Sachlegitimation kei- ne von Amtes wegen zu berücksichtigende Prozessvoraussetzung bildet, sondern das materielle Recht betrifft. Entsprechende Behauptungen und Einwände hätte
die Beschwerdeführerin bereits vor Vorinstanz einbringen müssen, was sie nicht tat. Im Beschwerdeverfahren ist sie damit ausgeschlossen (Art. 326 Abs. 1 ZPO, vgl. oben Erw. 3.). Nur der vollständigkeit halber ist anzufügen, dass anders als in einem Früheren Ausweisungsverfahren (Verfügung des Bezirksgerichts Meilen vom 6. Juli 2023, Geschäfts-Nr. ER230019/U), im vorliegend zu beurteilenden vorinstanzlichen Verfahren ein Grundbuchauszug betreffend die liegenschaft an der C. -strasse 1 in B. , ein Mietvertrag sowie ein Untermietvertrag betreffend das streitgegenständliche Mietobjekt von der Beschwerdegegnerin eingereicht wurden. Die Eigentümer- und Vermieterschaft in Bezug auf das Mietobjekt waren bereits mit dem ersten Parteivortrag behauptet und belegt worden. Die Beschwerdeführerin kann aus dem Verweis auf das Frühere Ausweisungsverfahren und ein dortiges Nichteintreten auf das Ausweisungsgesuch (act. 17/5) nichts für sich ableiten.
Die Beschwerdeführerin verkennt, dass die Nachreichung des Gemeinderatsbeschlusses vom 15. November 2023 durch die Beschwerdegegnerin nicht mit deren Aktivlegitimation in Zusammenhang steht (vgl. act. 23 S. 2 f.), sondern mit der Vertretungsbefugnis von Rechtsanwalt Dr. iur. X. . Zur Vertretungsbefugnis ist festzuhalten, dass das Ausweisungsbegehren für die Beschwerdegegnerin durch Rechtsanwalt Dr. iur. X. eingereicht und unterzeichnet wurde (act. 1). Dieser legte eine Vollmacht vom 26. Juni 2023 an ihn vor, unterzeichnet für die Gemeinde B. von der Präsidentin und der SekreTürin der SozialBehörde
B. (act. 2). Das Gericht (und damit auch die Rechtsmittelinstanz) hat das Stellvertretungsverhältnis bzw. das Vorliegen einer gültigen Vollmacht nach
Art. 68 Abs. 3 ZPO als Prozessvoraussetzung im Sinne von Art. 59 ZPO von Amtes zu prüfen (Art. 60 ZPO, Untersuchungsmaxime, BGer 4A_229/ 2017 vom
7. Dezember 2017 E. 3.2; BSK ZPO-Tenchio, 3. Aufl. 2017, Art. 68 N 14). Nach Art. 12 des Geschäftsreglements der SozialBehörde B. sind Urkunden und VertRüge durch das SozialBehördenpräsidium und den SekreTür/die SekreTürin der SozialBehörde zu unterzeichnen. Dies ist in Bezug auf die Anwaltsvollmacht geschehen. Die Frage, ob für die Unterzeichnung der Prozessvollmacht durch zwei Personen der SozialBehörde eine genügende gesetzliche Grundlage besteht ob eine dahingehend gefestigte Praxis in der Gemeinde B. ausreicht wie
die Beschwerdegegnerin geltend macht und die Beschwerdeführerin in Abrede stellt (act. 23 S. 3 f.) , braucht vorliegend nicht abschliessend beantwortet zu werden. Fehlt eine hinreichende Vollmacht, so handelt es sich um einen verbesserlichen Mangel, zu dessen Behebung Frist anzusetzen ist (vgl. Kramer/Erk, DI- KE-Komm-ZPO, Art. 132 N 1 f.). hätte die Vorinstanz die Berechtigung der SozialBehörde zur Prozessführung gepröft, wäre der Beschwerdegegnerin im vorinstanzlichen Verfahren Gelegenheit zu geben gewesen, die Berechtigung zur Unterzeichnung der Anwaltsvollmacht durch zwei Personen der SozialBehörde (für die Gemeinde B. ) zu belegen resp. die Unterzeichnung der Anwaltsvollmacht nachträglich zu genehmigen (Art. 132 ZPO; vgl. BSK ZPO-Gehri, a.a.O., Art. 59 N 12). Dies ist nicht geschehen, kann aber aus den nachfolgenden Gründen im vorliegenden Rechtsmittelverfahren nachgeholt werden (vgl. BK ZPO-Zingg, Bd. I, Bern 2012, Art. 59 N 21 m.w.H.). Die Beschwerdeführerin bestreitet die Befugnis der SozialBehörde zur Unterzeichnung der Vollmacht erstmals im Beschwerdeverfahren und es würde einem prozessualen Leerlauf resp. einem überspitzten Formalismus gleichkommen, das Verfahren zur Einholung ei-
ner hinreichenden Vollmacht an die Vorinstanz zurückzuweisen, nachdem die Beschwerdegegnerin mit ihrer Beschwerdeantwort den Beschluss des Gemeinderates der Gemeinde B. vom 15. November 2023 eingereicht hat. Mit dem Beschluss wurde (unter anderem) die Vollmachtserteilung an Rechtsanwalt Dr. iur. X. für das Verfahren betreffend Ausweisung (nachträglich) durch den Gemeinderat der Gemeinde B. genehmigt (act. 21/3 S. 2). Dadurch ist ein allfälliger Mangel im erstinstanzlichen Verfahren behoben worden. Die Ermöchtigung der Beschwerdegegnerin für die Einreichung des Ausweisungsbegehrens ist damit hinreichend nachgewiesen.
Die Beschwerdeführerin bringt weiter zusammengefasst vor, dass sie nach wie vor Sozialhilfeempfängerin sei und die streitgegenständliche Wohnung ihr im Rahmen einer öffentlich-rechtlichen Unterstätzungsleistung überlassen worden sei. Zwar dürfe ihr gestützt auf das Zivilrecht gekündigt werden und sie dürfe gestützt auf zivilrechtliche Vollstreckungsregeln ausgewiesen werden. Je- doch komme es durch die Kündigung und ihre Ausweisung zu einer Kürzung der Sozialhilfeleistungen, denn sie solle in eine kleinere Wohnung umziehen. Bei einer Leistungskürzung handle es sich um eine Frage, die vorgängig gleichzeitig in einem Verwaltungsverfahren zu klüren sei. Damit im Zivilverfahren eine Leistungskürzung durchgesetzt werden dürfe, Müsste unter Beachtung der verwaltungsrechtlichen Verfahrensgrundsätze zunächst gleichzeitig eine verwaltungsrechtliche Verfügung erlassen worden sein. Eine solche bestehe nicht und befinde sich auch nicht in den vorinstanzlichen Akten. Die Beschwerdeführerin folgert, es bestehe eine Verquickung von zivilrechtlichen Fragen mit jenen des Verwaltungsrechts und das Erfordernis der Koordination des verwaltungsrechtlichen und privatrechtlichen Verfahrens. Die Klürung dieser (komplexen) Fragen in einem summarischen Verfahren nach Art. 257 ZPO sei unzulässig. Folglich liege keine klare Rechtslage vor und die Vorinstanz hätte auf das Ausweisungsbegehren nicht eintreten dürfen (act. 15 S. 5 ff.).
Die Beschwerdegegnerin lässt dagegen zusammengefasst geltend machen, dass es sich vorliegend unbestreitbar um eine zivilrechtliche Angelegenheit handle. Dies und nichts anderes gehe ausDrücklich auch aus dem Entscheid des Obergerichts Zürich vom 5. Juni 2023 (NG230009 Erw. 3.3, S. 8 f.) hervor (act. 20
S. 6 f.).
Die Beschwerdeführerin verkennt den Gegenstand des vorinstanzlichen Verfahrens. Es ging darin nicht um die Durchsetzung einer Kürzung von Sozialhilfeleistungen. darüber resp. über einen Umzug in eine kleinere Wohnung (als Folge der Ausweisung) wurde nicht entschieden. Im vorinstanzlichen (zivilrechtlichen) Verfahren ging es einzig um das Vorliegen eines Rechtstitels für den Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Mietobjekt und ob diesbezüglich ein unbestrittener sofort beweisbarer Sachverhalt sowie eine klare Rechtslage vorliegt. Dies wurde von der Vorinstanz bejaht und es wurde von ihr die Schlussfolgerung gezogen, dass die Beschwerdeführerin (spätestens) seit dem 1. Oktober 2022 über keinen Rechtstitel mehr verfüge, welcher sie zum Aufenthalt im Mietobjekt berechtige, womit das Ausweisungsbegehren der Beschwerdegegnerin gutzuheissen sei (act. 14 S. 3 f.). Die Vorbringen der Beschwerdeführerin in Bezug auf ein Koordinationserfordernis resp. eine Verquickung von zivilrechtlichen Fragen mit solchen des Verwaltungsrechts sind haltlos und vermögen weder einen Fehler
im vorinstanzlichen Verfahren noch eine offensichtlich falsche Sachverhaltsfeststellung unrichtige Rechtsanwendung durch die Vorinstanz aufzuzeigen.
Die Beschwerdeführerin verweist schliesslich auf die vorinstanzlichen Erwägungen, nach welchen sie innert Frist zum Ausweisungsbegehren nicht Stellung genommen habe. Sie macht geltend, sie sei ein rechtlicher Laie und im vorinstanzlichen Verfahren nicht anwaltlich vertreten gewesen. Die Vorinstanz hätte ihr gemäss Gesetz (Art. 219 ZPO, Art. 223 Abs. 1 ZPO) eine kurze Nachfrist zur Erstattung der Stellungnahme ansetzen müssen. Dies sei jedoch unterblieben, sodass sie keine Stellung habe nehmen können. Ihr sei zu Unrecht das rechtliche Gehör verweigert worden (act. 15 S. 8).
Die Beschwerdegegnerin lässt vorbringen, dass gemäss herrschender Lehre im summarischen Verfahren nicht zwingend eine Nachfrist anzusetzen sei. Es reiche die Androhung, dass entschieden werde, auch wenn der Gesuchsgeg- ner keine Antwort einreiche. So sei es in der vorinstanzlichen Verfügung vom
24. August 2023 geschehen; es sei fett angefügt gewesen, dass die Frist zur schriftlichen Stellungnahme nicht erstreckbar sei und bei Säumnis aufgrund der Akten entschieden werde. Die Vorinstanz habe damit ihren Pflichten genüge getan und es habe keinen Grund bestanden, der Beschwerdeführerin eine Nachfrist anzusetzen (act. 20 S. 7 f.).
Der Ansicht der Beschwerdeführerin, dass ihr durch die Vorinstanz eine Nachfrist hätte angesetzt werden müssen, kann nicht gefolgt werden. Der Beschwerdeführerin wurde durch die Vorinstanz Gelegenheit gegeben, sich zum Ausweisungsbegehren der Beschwerdegegnerin zu äussern; sie nutzte die Möglichkeit zur Einreichung einer Stellungnahme innert Frist jedoch nicht (vgl. dazu act. 4 und act. 5/2). Dies stellt die Beschwerdeführerin zu Recht nicht in Abrede. Die Kammer hat unlängst festgehalten, dass für die Ansetzung einer Nachfrist
? bei Säumnis betreffend die Einreichung einer Stellungnahme zum Ausweisungsbegehren im summarischen Verfahren resp. dem Verfahren des Rechtsschutzes in klaren Fällen keine Grundlage bestehe: In Art. 252 bis Art. 257 ZPO finde sich keine Säumnisbestimmung. Der Verweis in Art. 219 ZPO auf die Bestimmungen des ordentlichen Verfahrens gelte nicht absolut, die Bestimmungen
würden lediglich als sinngemäss anwendbar erklärt, das heisse Abweichungen könnten sich direkt aus dem Gesetz ergeben aber durch die Natur eines besonderen Verfahrens bedingt sein. Die Säumnis einer Partei (z.B. Nichterschei- nen zur Verhandlung, Nichteinreichen der Rechtsschrift) dürfe den Prozess nicht zu Lasten der anderen Partei verzügern. Die gesetzlichen Säumnisfolgen würden deshalb grundsätzlich sofort eintreten und seien zwingend; es stehe nicht im gerichtlichen Ermessen, etwa im Einzelfall eine Nachfrist zu Gewähren. Ausnahmen Müssten gesetzlich vorgesehen sein. Mit Art. 147 ZPO finde sich eine allgemeine Regel zur Säumnis im Gesetz, die besage, dass das Verfahren ohne die versäumte Handlung weiterzuführen sei, sofern das Gesetz nichts anderes bestimmt und die Säumnisfolgen angedroht waren (Art. 147 Abs. 2 und 3 ZPO). So verhalte es sich bei Säumnis mit der schriftlichen Stellungnahme zum Gesuch im Rechtsschutz in klaren Fällen. Aufgrund der allgemeinen Säumnisbestimmung von
Art. 147 ZPO als auch der Natur des summarischen Verfahrens des Rechtsschutzes in klaren Fällen, welches dem Grundsatz der Prozessbeschleunigung unterliege, könne keine analoge Anwendung einer anderen Bestimmung (wie etwa jener nach Art. 223 Abs. 1 ZPO) erfolgen (vgl. OGer ZH LF200004 vom
26. Februar 2020 E. 5.2.2. mit zahlreichen Verweisen sowie ausführlich auch in OGer ZH LF200055 vom 27. Oktober 2020 E. 4.2.-4.4.).
4.5. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin mit ihren Argumenten in der Beschwerde nicht durchdringt. Die Beschwerde ist abzuweisen.
5.
Im Ausweisungsverfahren bestimmt sich der Streitwert danach, wie lange der Vermieter Eigentümer mutmasslich über das Objekt noch nicht verfügen kann. Ausgehend von der Gesuchstellung bei der Vorinstanz am 23. August 2023 ist mit nicht mehr als sechs Monaten Verfahrensdauer bis zur effektiven Ausweisung zu rechnen (Peter Diggelmann, DIKE-Komm-ZPO, a.a.O., Art. 91 N 46). Bei einem monatlichen Mietzins von Fr. 1'500.00 (vgl. act. 3/4) ergibt sich ein Streitwert von Fr. 9'000.00.
Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr Beläuft sich gestützt auf den Streitwert sowie unter BeRücksichtigung des Zeitaufwandes, der Schwierigkeit des Falls und der wiederkehrenden Leistungen ( 2 Abs. 1, 4 Abs. 1 und 3 GebV OG) im summarischen Verfahren auf die Hälfte bis drei Viertel der ordentlichen gebühr ( 8 Abs. 1, 12 Abs. 1 GebV OG). Vorliegend rechtfertigt es sich, die reduzierte gebühr auf Fr. 1'000.00 festzusetzen. Ausgangsgemäss wird die Beschwerdeführerin für das Beschwerdeverfahren kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 106 Abs. 1 ZPO). Ihr sind die Kosten von Fr. 1'000.00 aufzuerlegen. Die von der Beschwerdeführerin an die Beschwerdegegnerin zu zahlende Parteientschädigung (Art. 106 Abs. 1 ZPO) ist aufgrund der Reduktion für das Rechtsmittelverfahren und da nur eine Rechtsschrift zu erstatten war in Anwendung von 2 Abs. 1 lit. a, d-e, 4 Abs. 1-3, 9, 13 Abs. 1 und Abs. 2 AnwGebV auf Fr. 1'500.00 (inklusive Mehrwertsteuer) festzusetzen.
Der Antrag, es sei der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu entziehen, wird abgeschrieben.
Schriftliche Mitteilung und Rechtsmittel gemäss nachfolgendem Erkenntnis.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 1'000.00 festgesetzt.
Die Kosten des zweitinstanzlichen Beschwerdeverfahrens werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
Die Beschwerdeführerin wird verpflichtet, der Beschwerdegegnerin für das zweitinstanzliche Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 1'500.00 zu bezahlen.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an die Beschwerdegegnerin unter Beilage eines Doppels von act. 23, sowie an das Bezirksgericht Meilen, je gegen Empfangsschein.
Die erstinstanzlichen Akten gehen nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist an die Vorinstanz zurück.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesge-
richt, 1000 Lausanne 14, einzureichen. zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.
Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 9'000.00.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Die Gerichtsschreiberin:
lic. iur. K. Würsch versandt am:
15. Dezember 2023
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