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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Zusammenfassung des Urteils PF220018: Obergericht des Kantons Zürich

Die Klägerin, D., reichte eine Anklage ein, in der sie A. mehrfachen Vergewaltigung, Körperverletzung, Nötigung, und Bedrohung vorwarf. A. wurde in erster Instanz schuldig gesprochen und zu einer Freiheitsstrafe von 4 Jahren verurteilt. Die Gerichtskosten betrugen insgesamt CHF 34'783.15. Die Verteidigung legte Berufung ein und argumentierte, dass die Aussagen der Klägerin nicht kohärent seien und dass die Beweise nicht ausreichen. Das Gericht bestätigte jedoch die Glaubwürdigkeit der Klägerin und wies die Berufung ab. Die Anklagepunkte wurden bestätigt und A. zu einer längeren Freiheitsstrafe von 5 ½ Jahren verurteilt. Die Gerichtskosten wurden A. auferlegt. Das Gericht stellte fest, dass die Aussagen der Klägerin glaubwürdig waren und dass der Kontext häuslicher Gewalt im Fall etabliert war. Das Gericht wies die Argumente der Verteidigung zurück und bestätigte das Urteil der ersten Instanz.

Urteilsdetails des Kantongerichts PF220018

Kanton:ZH
Fallnummer:PF220018
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid PF220018 vom 26.04.2022 (ZH)
Datum:26.04.2022
Rechtskraft:Weiterzug ans Bundesgericht, 5A_436/2022
Leitsatz/Stichwort:Ausweisung
Schlagwörter : Gesuch; Gesuchsgegner; Recht; Urteil; Vorinstanz; Berufung; Rechtsmittel; Entscheid; Liegenschaft; Gesuchsgegners; Verfahren; Mietverhältnis; Ausweisung; Betreibung; Mietverträge; -strasse; Bezirksgericht; Streit; Betreibungsamt; Streitwert; Gericht; Eigentümer; Akten; Steigerung; Anspruch; Kantons
Rechtsnorm:Art. 117 ZPO ;Art. 254 ZPO ;Art. 257 ZPO ;Art. 261 OR ;Art. 266c OR ;Art. 272 OR ;Art. 29 BV ;Art. 308 ZPO ;Art. 310 ZPO ;Art. 312 ZPO ;Art. 90 BGG ;Art. 95 ZPO ;
Referenz BGE:137 III 389; 138 III 620; 141 III 23; 141 IV 249; 144 III 346; 145 III 324;
Kommentar:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017

Entscheid des Kantongerichts PF220018

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer

Geschäfts-Nr.: PF220018-O/U

Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. E. Lichti Aschwanden, Vorsitzende, Oberrichterin lic. iur. R. Bantli Keller und Oberrichter Dr. M. Sarbach sowie Gerichtsschreiberin Dr. S. Scheiwiller

Beschluss und Urteil vom 26. April 2022

in Sachen

  1. ,

    Gesuchsgegner und Berufungskläger,

    gegen

  2. ,

    Gesuchstellerin und Berufungsbeklagte, vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. X. ,

    betreffend Ausweisung

    Berufung gegen einen Entscheid des Einzelgerichtes s.V. des Bezirksgerichtes Dielsdorf vom 24. Januar 2022 (ER210028)

    Rechtsbegehren:

    (act. 1 S. 2)

    1. Der Gesuchsgegner sei zu verurteilen, die Liegenschaft in der Gemeinde C. , GBBI 1, Kat. Nr. 2, Plan 3, D. , 4 Gebäudegrundfläche mit Umgelände, D. -strasse ..., ...

    E. mit bestehendem 5.5-Zimmer-Doppeleinfamilienhaus und GBBI 5, 1/18-Miteigentumsanteil an GBBI 6, Kat. Nr. 7. Betrifft gemäss Nutzungs- und Verwaltungsordnung der Miteigentümer den Parkplatz Nr. 1 in der Tiefgarage D. -strasse 8, ... E. unverzüglich zu räumen und der Gesuchstellerin ord- nungsgemäss zu übergeben.

    1. Es sei der Gesuchsgegner zu verpflichten, bis zur Übergabe sämtliche sich im Wohnhaus sonst wo auf dem Grundstück befindenden beweglichen Sachen auf eigene Rechnung zu entfernen.

    2. Das zuständige Gemeindeammanamt C. sei anzuweisen, das Urteil auf Verlangen der Gesuchstellerin zu vollstrecken.

Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer zu Lasten des Gesuchsgegners.

Urteil des Einzelgerichts:

(act. 18 = act. 21 S. 10 ff.)

  1. Der Gesuchsgegner wird unter Androhung der Zwangsvollstreckung im Unterlassungsfall verpflichtet, die Liegenschaft in der Gemeinde C. , GBBI 1, Kat. Nr. 2, Plan 3, D. , 4 Gebäudegrundfläche mit Umgelände, D. -strasse ..., E. , mit bestehendem 5.5-Zimmer- Doppeleinfamilienhaus, und GBBI 5, 1/18-Miteigentumsanteil an GBBI 6, Kat. Nr. 7, betrifft gemäss Nutzungs- und Verwaltungsordnung der Miteigentümer den Parkplatz Nr. 1 in der Tiefgarage D. -strasse 8, E. , ordnungsgemäss geräumt und gereinigt sofort zu verlassen und der Gesuchstellerin zu übergeben.

  2. Das Gemeindeammannamt C. -... wird angewiesen, diesen Befehl nach Eintritt der Rechtskraft auf erstes Verlangen der Gesuchstellerin zu vollstrecken, nötigenfalls unter Beizug der Polizei. Die Kosten der Vollstreckung sind von der Gesuchstellerin vorzuschiessen. Sie sind ihr aber vom den Gesuchsgegnern zu ersetzen.

  3. Die Entscheidgebühr wird auf Fr. 400.– festgesetzt.

  4. Die Gerichtskosten werden dem Gesuchsgegner auferlegt, jedoch mit dem von der Gesuchstellerin geleisteten Kostenvorschuss verrechnet. Der Gesuchsgegner wird verpflichtet, der Gesuchstellerin diesen Betrag von Fr. 400.– zu ersetzen.

  5. Der Gesuchsgegner wird verpflichtet, der Gesuchstellerin eine Parteientschädigung in Höhe von Fr. 800.– (inkl. 7.7% Mehrwertsteuer) zu bezahlen.

  6. [Schriftliche Mitteilung]

    7.-9. [Rechtsmittelbelehrung: Beschwerde 10 Tage; Fristenstillstand]

    Berufungsanträge:

    (act. 22 S. 1, sinngemäss)

    1. Das angefochtene Urteil sei aufzuheben und das Verfahren zur Neubeurteilung im Sinne der Erwägungen an das Bezirksgericht Dielsdorf, Einzelgericht im summarischen Verfahren, zurückzuweisen.

    2. Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zzgl. MWSt. zulasten der Gesuchstellerin, sowohl für das erstals auch für das zweitinstanzliche Verfahren.

Prozessualer Antrag:

(act. 22 S. 1, sinngemäss)

Dem Gesuchsgegner sei für das Rechtsmittelverfahren die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren und ein unentgeltlicher Rechtsbeistand zu bestellen.

Erwägungen:

I.

  1. Am 15. Juni 2021 wurde die vom Gesuchsgegner bewohnte Liegenschaft an der D. -strasse ... samt Parkplatz in der Tiefgarage D. -strasse 8 in ... E. infolge Betreibung auf Pfandverwertung versteigert. Der Zuschlag wurde dabei der Gesuchstellerin erteilt (act. 4/1, 4/3).

  2. Mit Eingabe vom 7. Oktober 2021 gelangte die Gesuchstellerin an das Bezirksgericht Dielsdorf (nachfolgend Vorinstanz) und verlangte unter Androhung der Zwangsvollstreckung die Ausweisung des Gesuchsgegners aus der besagten Liegenschaft (act. 1 S. 2). Mit eingangs aufgeführtem Urteil vom 24. Januar 2022 entsprach die Vorinstanz diesem Ausweisungsbegehren (act. 21).

  3. Dagegen erhob der Gesuchsgegner mit Eingabe vom 10. März 2022 (Datum Poststempel) rechtzeitig Berufung (entsprechend der vorinstanzlichen Rechtsmittelbelehrung als Beschwerde bezeichnet; vgl. act. 21 Dispositivziffer 7) mit vorstehend sinngemäss aufgeführten Anträgen (act. 22; vgl. zur Rechtzeitigkeit

act. 19/2). Die vorinstanzlichen Akten wurden beigezogen (act. 1-19). Da sich die Berufung sogleich als unbegründet erweist, kann auf das Einholen einer Berufungsantwort verzichtet werden (Art. 312 Abs. 1 ZPO).

II.

  1. In vermögensrechtlichen Angelegenheiten sind erstinstanzliche Entscheide mit Berufung anfechtbar, wenn der Streitwert der zuletzt aufrecht erhaltenen Rechtsbegehren mindestens Fr. 10'000.-beträgt (Art. 308 Abs. 2 ZPO). Wird dieser Streitwert nicht erreicht, so steht das Rechtsmittel der Beschwerde zur Verfügung (Art. 319 lit. a ZPO).

  2. Geht es in einem Verfahren nach Art. 257 ZPO (Rechtsschutz in klaren Fällen) nicht nur um die Frage der Ausweisung als solche, sondern ist vorfrageweise auch die Gültigkeit der Kündigung bzw. der (Fort-)Bestand eines Mietverhältnisses umstritten, so ist nach der Praxis der Kammer die drohende dreijährige Sperr-

frist gemäss Art. 271a Abs. 1 lit. e OR bei der Berechnung des Streitwerts zu berücksichtigen – ohne Hinzurechnung der voraussichtlichen Verfahrensdauer (OGer ZH LF210032 vom 27. Mai 2021 E. II./1; PF200046 vom 3. April 2020 E.

2.5; LF200042 vom 16. Oktober 2020 E. 2.1; im Ergebnis wohl gleich BGE 144 III 346 E. 1.2.2). Zusätzlich zur dreijährigen Sperrfrist gemäss Art. 271a Abs. 1 lit. e OR ist sodann zu berücksichtigen, auf welchen Zeitpunkt hin nach Ablauf der Sperrfrist das Mietverhältnis frühestens gekündigt werden kann (BGE 137 III 389 E. 1.1; OGer ZH NG190021 vom 16. April 2020 E. 3.1; LF200042 vom

16. Oktober 2020 E. 2.1; so wohl auch BGE 144 III 346 E. 1.2.2.3, mit Verweis auf BGE 137 III 389 E. 1.1). Der Beginn der Frist (dies a quo) bildet dabei das Datum des angefochtenen Entscheides (BGE 137 III 389 E. 1.1).

3. Die Vorinstanz ging von einem Streitwert von Fr. 2'112.-aus (act. 21

E. V./1), wobei sie dabei der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zur Streitwertberechnung bei reinen Ausweisungsverfahren folgte und den Hypothekarzins für sechs Monate berechnete (Fr. 352.-x 6 = Fr. 2'112.--; act. 4/11). Dabei liess sie ausser Acht, dass der Gesuchsgegner in seinen Stellungnahmen vom

13. November 2021 und 20. Dezember 2021 im vorinstanzlichen Verfahren das Vorliegen eines Mietverhältnisses und damit zusammenhängend das Ausbleiben einer Kündigung des Mietvertrages seitens der Gesuchstellerin geltend machte (act. 9 und 17). Der (Fort-)Bestand des Mietverhältnisses ist damit strittig. Praxisgemäss ist folglich nicht auf den Mietwert von sechs Monaten abzustellen, son- dern, wie dargelegt, auf den Mietwert einer dreijährigen Sperrfrist, zuzüglich der Frist bis zum nächstmöglichen Kündigungstermin.

Das angefochtene Urteil datiert vom 24. Januar 2022 (act. 21). Die dreijährige Sperrfrist würde damit – wäre kein Rechtsmittel erhoben worden – am 24. Januar 2025 ablaufen. Der gesetzlich frühestmögliche Kündigungstermin wäre folglich der 30. Juni 2025 (vgl. Art. 266c OR). Der Streitwert entspricht folglich dem Hypothekarzins für rund drei Jahre und vier Monate, also rund Fr. 14'432.-- (41 Monate à Fr. 352.--).

  1. Das Rechtsmittel des Gesuchsgegners ist daher als Berufung entgegenzu- nehmen. Mit der Konversion seiner – entsprechend der vorinstanzlichen Rechtsmittelbelehrung erhobenen – Beschwerde in eine Berufung entsteht dem Gesuchsgegner kein Nachteil, da die beiden Rechtsmittel in der gleichen Frist zu erheben und sogleich mit Begründung einzureichen sind. Zudem ist die Kognition des Obergerichts hinsichtlich der Rechtsanwendung dieselbe. Die Frage der aufschiebenden Wirkung, welche bei Berufung und Beschwerde unterschiedlich ist, kann im vorliegenden Fall offen bleiben, weil heute entschieden wird.

  2. Die Berufungsinstanz verfügt in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht über volle Kognition, d.h. es kann sowohl unrichtige Rechtsanwendung als auch unrichtige Feststellung des Sachverhalts beanstandet werden (Art. 310 ZPO).

III.

  1. Das Gericht gewährt Rechtsschutz in klaren Fällen, wenn der (rechtlich relevante) Sachverhalt unbestritten sofort beweisbar und die Rechtslage klar ist (Art. 257 Abs. 1 ZPO). Der Nachweis dieser Voraussetzungen obliegt der gesuchstellenden Partei. Fehlt eine der beiden Voraussetzungen, ist auf das Gesuch nicht einzutreten (Art. 257 Abs. 3 ZPO), und es steht der gesuchstellenden Partei weiterhin der Weg der ordentlichen Klage offen. Mit Blick darauf, dass ein Urteil, mit dem nach Art. 257 ZPO Rechtsschutz gewährt wird, der materiellen Rechtskraft fähig ist, wird von der gesuchstellenden Partei verlangt, dass sie sofort den vollen Beweis für die anspruchsbegründenden Umstände erbringt, so dass klare tatsächliche Verhältnisse herrschen (BGE 138 III 620 E. 5.1.1). Für die Verneinung eines klaren Falls in tatsächlicher Hinsicht genügt es, wenn die gesuchsgegnerische Partei substantiierte und schlüssige Einwendungen vorträgt, die nicht sofort widerlegt werden können und die geeignet sind, die gerichtliche Überzeugung zu erschüttern. Offensichtlich unbegründete haltlose Bestreitungen des Anspruchs genügen nicht für die Verneinung eines klaren Falles (vgl. OGer ZH PF190019 vom 27. Juni 2019 E. D.2.3.2). Weiter muss die Rechtslage klar sein. Das trifft dann zu, wenn sich die Rechtsfolge bei der Anwendung des Gesetzes unter Berücksichtigung der Lehre und Rechtsprechung ohne Weiteres ergibt und damit die Rechtsanwendung zu einem eindeutigen Ergebnis führt. Dagegen ist die Rechtslage in der Regel nicht klar, wo mit Bezug auf den Tatbestand

    oder die Rechtsfolge richterliches Ermessen Billigkeitsüberlegungen unter wertender Berücksichtigung der gesamten Umstände eine wesentliche Rolle spielen (BGE 141 III 23 E. 3.2; 138 III 123 E. 2.1.2 mit Hinweisen).

  2. Die Gesuchstellerin begründete ihr Ausweisungsbegehren vor Vorinstanz im Wesentlichen damit, dass sie die Liegenschaft an der D. -strasse ... in

E. am 15. Juni 2021 an einer Zwangsversteigerung erstanden habe und mit dem Steigerungszuschlag unmittelbar Eigentümerin geworden sei. Trotz Aufforderung ihrerseits habe sich der Gesuchsgegner geweigert, die Liegenschaft zu verlassen. Dass die Gesuchstellerin mit dem Zuschlag Eigentümerin geworden sei, werde seitens des Gesuchsgegners gemäss vorinstanzlichem Urteil nicht bestritten. Der Gesuchsgegner begründete die Rechtmässigkeit seines Aufenthalts in der Liegenschaft vor Vorinstanz damit, dass er bereits seit 2013 nicht mehr Eigentümer, sondern Mieter sei, was er mit einem Urteil des Bezirksgerichts Dietikon vom 10. Juli 2014 (act. 10/1) und einer angeblichen Zusicherung der Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich nachzuweisen versuchte. Die Vorinstanz erachtete die Aussagen des Gesuchsgegners jedoch als unsubstantiiert und aktenwidrig, zumal sich aus dem erwähnten Urteil des Bezirksgerichts Dietikon kein Rechtsanspruch auf den Verbleib in der Liegenschaft ergebe und der Gesuchsgegner gemäss dem von der Gesuchstellerin vorgelegten Grundbuchauszug vom

12. Februar 2019 (act. 13/1) seit Juli 2010 als Eigentümer des Grundstücks eingetragen sei (vgl. act. 21 S. 6).

Wie vor Vorinstanz macht der Gesuchsgegner in seiner Rechtsmitteleingabe mit Verweis auf das Urteil des Bezirksgerichts Dietikon vom 10. Juli 2014 (act. 10/1) geltend, seit 2013 nicht mehr Eigentümer des Grundstücks gewesen zu sein. Vielmehr sei das Grundstück beschlagnahmt und mit erwähntem Urteil rückwirkend auf die F. Vorsorgestiftung übergegangen, wobei er selber seit diesem Zeitpunkt Mieter sei. Dabei verweist der Gesuchsgegner auf Ziff. 16 auf S. 7 des erwähnten Urteils (vgl. act. 22 S. 5). Aus besagter Ziffer geht hervor, dass die mit Verfügung der Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich vom 9. April 2013 beschlagnahmte Liegenschaft an der D. -strasse ... in E. eingezogen und durch die vom Gericht bezeichnete Stelle verwertet werde, wobei der Verwertungserlös der F. Vorsorgestiftung zugunsten der F. -Gruppe in Anrechnung an die anerkannte Schadenersatzforderung gegenüber dem Beschul- digten (im vorliegenden Verfahren der Gesuchsgegner) überwiesen werde. Die restlichen Seiten des Urteils und weitere Unterlagen fehlen. Dafür, dass das Urteil tatsächlich eine Verwertung bzw. eine Eigentumsübertragung auf die F. Vorsorgestiftung zur Folge hatte, fehlen jegliche Belege. Im Übrigen geht – wie die Vorinstanz zu Recht festhält – aus dem von der Gesuchstellerin eingereichten Grundbuchauszug vom 12. Februar 2019 (act. 13/1) klar hervor, dass der Gesuchsgegner seit 2010 ohne Unterbruch (zumindest bis 2019) Eigentümer der im Streit stehenden Liegenschaft war. Dass die Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich den Gesuchsgegner im Rahmen eines Telefonats offenbar als Mieter betrachtete, bleibt unbelegt und wäre im Übrigen auch unerheblich, da das Zivilgericht nicht an die rechtliche Beurteilung der Staatsanwaltschaft gebunden ist. Insofern ist nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz gestützt auf den genannten Grundbuchauszug zum Schluss gelangte, dass die anderslautenden Aussagen des Gesuchsgegners aktenwidrig sind.

  1. Der Gesuchsgegner machte vor Vorinstanz weiter geltend, sein Mietverhält- nis sowie die zwei weiteren mit G. und H. geschlossenen Mietverträge seien an der Versteigerung mündlich erwähnt worden und mit der Ersteigerung

    i.S.v. Art. 261 OR auf die Gesuchstellerin übergegangen (act. 10/4-5). Dabei verwies er auf ein Schreiben des Betreibungsamtes C. -… vom 9. Juni 2021 und ein Steigerungsprotokoll vom 15. Juni 2021 (act. 10/2-3). Die Vorinstanz erwog hierzu im Wesentlichen, gestützt auf die Akten ergebe sich nicht, dass Mietverträge am Grundstück bestünden. Das Lastenverzeichnis und die Steigerungsbedingungen seien vielmehr mangels erfolgreicher Anfechtung vor Obergericht bzw. Bundesgericht rechtskräftig geworden und daher massgeblich. Da die vom Gesuchsgegner behauptete Last keinen formellen Eingang ins Lastenverzeichnis gefunden habe, gehe sie gegenüber der gutgläubigen Erwerberin unter. Auch die Bekanntmachung der Mietverhältnisse gegenüber den Kaufinteressenten anlässlich der Steigerung vermöge den guten Glauben der Gesuchstellerin nicht umzustossen. Damit seien die Einwendungen des Gesuchsgegners, welche sich auf das Vorliegen eines Mietverhältnisses beziehen, allesamt unbehelflich und würden keine Zweifel an der von der Gesuchstellerin behaupteten Rechts- und Sachlage zu erwecken vermögen (vgl. act. 21 S. 6 f.).

    Der Gesuchsgegner führt in seiner Rechtsmittelschrift erneut aus, sein Mietverhältnis sowie die zwei weiteren Mietverträge mit G. und H. seien – entgegen der vorinstanzlichen Beurteilung – bei der Versteigerung mit dem Eigentum auf die Gesuchstellerin übergegangen. Dies gehe aus dem Schreiben vom Betreibungsamt C. -… vom 9. Juni 2021 (act. 10/2) hervor. Darin bestätigt das Betreibungsamt, dass es die Mietverträge den Kaufinteressenten trotz rechtskräftigem Lastenverzeichnis anzeigen werde. Laut Gesuchsgegner halte das Betreibungsamt entsprechend unmissverständlich fest, alle Interessenten würden vor der Versteigerung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass mit dem Zuschlag besagte Mietverträge auf den neuen Eigentümer übergehen würden und dieser die Mietverträge kündigen müsse. Auch aus dem Steigerungsprotokoll des Betreibungsamtes vom 15. Juni 2021 (act. 10/3) gehe hervor, dass die Mietverträge verpflichtend auf den Ersteigerer übergehen würden. Entsprechend sei ausgeschlossen, dass die Gesuchstellerin das Objekt im guten Glauben ohne Über- nahme von Mietverträgen erworben habe (vgl. act. 22 S. 2 f.).

    Diese Vorbringen sind haltlos und vermögen das Vorliegen eines klaren Falles in tatsächlicher Hinsicht nicht in Frage zu stellen. So ist gestützt auf die Aktenlage, namentlich die Steigerungsbedingungen (act. 4/1), zweifellos erstellt, dass der Gesuchsgegner bis zum Zeitpunkt des Zuschlages Alleineigentümer der streitgegenständlichen Liegenschaft war. Entsprechend konnte er nicht gleichzeitig als Mieter in einem Mietverhältnis stehen, das hätte bei der Versteigerung auf die Gesuchstellerin übergehen können. Somit hält er sich seit dem Zuschlag ohne Aufenthaltsberechtigung in der Liegenschaft auf.

    Hinsichtlich der weiteren Mietverträge zwischen dem Gesuchsgegner und

    G. sowie H. fällt auf, dass diese sehr tiefe Mietzinsen (Fr. 350.-- und Fr. 250.--) sowie je eine Zusatzvereinbarung, wonach ein Teil der Mietzinsen mit bestehenden Schulden des Gesuchsgegners verrechnet würden, enthalten

    (act. 10/4). Aus dem vom Gesuchsgegner bezeichneten Schreiben des Betreibungsamtes vom 9. Juni 2021 geht zudem u.a. hervor, dass er, der Gesuchsgegner, es wissentlich mehrmals versäumt habe, die Mietverträge rechtzeitig zu substantiieren und die (den Grundpfandgläubigern zustehenden) Mietzinserträge an das Betreibungsamt abzuliefern (act. 10/2). Sein Verhalten erscheint rechtsmissbräuchlich und vermöchte den guten Glauben der Kaufinteressenten, vorliegend der Gesuchstellerin, nicht zu zerstören (vgl. BSK SchKG-FEUZ, 3. Aufl. 2021,

    Art. 140 N 1 mit Hinweis), was die Vorinstanz im Ergebnis zu Recht festhielt.

  2. Der Gesuchsgegner moniert ausserdem, dass die Vorinstanz trotz entsprechendem Antrag seinen Bruder I. , das Betreibungsamt C. -… und die Gesuchstellerin nicht zum Sachverhalt befragt habe, was aus seiner Sicht Rechtsverweigerung sei (vgl. act. 22 S. 4). Zu beachten ist diesbezüglich zum ei- nen, dass der Beweis in Summarverfahren grundsätzlich durch Urkunden zu erbringen ist (Art. 254 Abs. 1 ZPO). Andere Beweise – wie die Einvernahme von Zeugen eine Parteibefragung – sind nur zulässig, wenn sie das Verfahren nicht wesentlich verzögern, der Verfahrenszweck dies erfordert die Untersuchungsmaxime gilt (Art. 254 Abs. 2 ZPO). Dass eine solche Voraussetzung erfüllt ist, ist weder ersichtlich noch macht dies der Gesuchsgegner geltend. Zum anderen hält die Vorinstanz ausdrücklich fest, dass sie bereits aufgrund der Aktenlage zur Überzeugung gelangt ist, dass der Anspruch der Gesuchstellerin rechtsgenügend ausgewiesen ist und eingehendere Abklärungen der Einwendungen des Gesuchsgegners nichts an dieser Auffassung ändern würden (act. 21 S. 7). Aufgrund der abgeschlossenen Meinungsbildung war sie nicht gehalten, weitere Beweise abzunehmen. Eine Rechtsverweigerung liegt nicht vor.

  3. Schliesslich macht der Gesuchsgegner geltend, aufgrund seiner Kinderbetreuungspflichten liege ein Härtefall vor, weshalb ihm eine der Situation angebrachte Ausweisungsfrist zu gewähren sei. Zu diesem Punkt fänden sich im vorinstanzlichen Urteil keinerlei Feststellungen, womit die Vorinstanz seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt habe (vgl. act. 22 S. 5 f.).

    Aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör fliesst die Pflicht, einen Entscheid so abzufassen, dass der Betroffene ihn gegebenenfalls sachgerecht anfechten kann. Daher müssen wenigstens kurz die Überlegungen genannt werden, von denen sich das Gericht hat leiten lassen und auf welche sich sein Entscheid stützt. Um

    den Vorgaben von Art. 29 Abs. 2 BV zu genügen, muss die Begründung so abgefasst sein, dass sich die betroffene Person über die Tragweite des angefochtenen Entscheids Rechenschaft geben und ihn in voller Kenntnis der Sache an die höhere Instanz weiterziehen kann (BGE 145 III 324 E. 6.1; 143 III 65 E. 5.2; je mit Hinweisen). Der Anspruch auf rechtliches Gehör erfordert nicht, dass sich das Gericht ausdrücklich mit jeder tatsächlichen Behauptung und jedem rechtlichen Argument auseinandersetzen muss; vielmehr kann es sich auf die für den Entscheid wesentlichen Gesichtspunkte beschränken (BGE 141 IV 249 E. 1.3.1; 141

    III 28 E. 3.2.4; 139 IV 179 E. 2.2). Die vorinstanzliche Begründung genügt diesen Anforderungen. Insbesondere prüfte die Vorinstanz im Ausweisungsentscheid die Einwendungen des Gesuchsgegners, wonach ein Mietverhältnis vorliege, und kam gestützt auf die Akten zum Schluss, dass diese unbehelflich seien (act. 21

    S. 7). Daraus geht zumindest implizit hervor, dass eine Erstreckung bzw. die Berücksichtigung eines Härtefalls im Sinne von Art. 272 OR beim Gesuchsgegner mangels Mietereigenschaft nicht in Frage kommt. Der Gesuchsgegner konnte den Entscheid umfassend anfechten. Eine Gehörsverletzung ist zu verneinen.

  4. Zusammenfassend ist die Vorinstanz zu Recht zum Schluss gekommen, dass der relevante Sachverhalt hinsichtlich des Ausweisungsbegehrens der Gesuchstellerin erstellt und die Rechtslage klar ist. Somit ist die Berufung des Gesuchsgegners abzuweisen und der angefochtene Entscheid zu bestätigen.

IV.

  1. Der Gesuchsgegner stellt für das Rechtsmittelverfahren ein Gesuch um Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege samt Verbeiständung (act. 22 S. 1). Nach Art. 117 ZPO hat eine Partei Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn sie die erforderlichen Mittel zur Begleichung der Prozesskosten neben dem notwendigen Lebensunterhalt für sich und die Familie nicht aufbringen kann und ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Da der Berufung von Anbeginn offensichtlich kein Erfolg beschieden war, ist das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wegen Aussichtslosigkeit abzuweisen.

  2. Die Entscheidgebühr ist in Anwendung von § 12 i.V. m. den §§ 2 Abs. 1, 4 Abs. 1 und 8 Abs. 1 GebV OG auf Fr. 1'150.-anzusetzen und ausgangsgemäss dem Gesuchsgegner aufzuerlegen. Parteientschädigungen sind für das Rechtsmittelverfahren keine zuzusprechen: Dem Gesuchsgegner nicht, weil er unterliegt, der Gesuchstellerin nicht, weil ihr im Berufungsverfahren keine zu entschädigen- den Umtriebe entstanden sind (Art. 106 Abs. 1 und Art. 95 Abs. 3 ZPO).

Es wird beschlossen:

  1. Das Gesuch des Gesuchsgegners um Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege wird abgewiesen.

  2. Schriftliche Mitteilung und Rechtsmittel gemäss nachstehendem Urteil.

Es wird erkannt:

  1. Die Berufung wird abgewiesen. Das Urteil des Einzelgerichts im summarischen Verfahren des Bezirksgerichts Dielsdorf vom 24. Januar 2022 (Geschäfts-Nr. ER210028) wird bestätigt.

  2. Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 1'150.-festgesetzt und dem Gesuchsgegner auferlegt.

  3. Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an die Gesuchstellerin unter Beilage eines Doppels der Berufungsschrift (act. 22) samt Beilagen (act. 24), sowie an das Bezirksgericht Dielsdorf, je gegen Empfangsschein.

    Die erstinstanzlichen Akten gehen nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist an die Vorinstanz zurück.

  4. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesge-

richt, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.

Es handelt sich um eine mietrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 14'432.--.

Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer

Die Gerichtsschreiberin:

Dr. S. Scheiwiller versandt am:

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