Zusammenfassung des Urteils PD220004: Obergericht des Kantons Zürich
Die A.________ AG in Liquidation hat gegen C.________ eine Forderung in Höhe von Fr. 1‘952‘396.84 erhoben, die sich aus ungerechtfertigten Lohn- und Spesenzahlungen sowie Schadenersatzforderungen zusammensetzt. C.________ war Vorstandsmitglied der F.________ AG und später der G.________ AG und der L.________ AG. Nach langwierigen Verhandlungen und einem Urteil vom 11. Juli 2016, das die Klage abwies, erhob die A.________ AG Berufung. Es wurde festgestellt, dass C.________ tatsächlich für die Klägerin tätig war, was gegen eine Simulationsabsicht spricht. Die Vorinstanz wies darauf hin, dass die geleisteten Zahlungen an den Beklagten sowie die Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrags darauf hindeuten, dass ein gültiges Arbeitsverhältnis bestand. Die Klägerin konnte keine ausreichenden Beweise für eine Simulationsabsicht vorlegen.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | PD220004 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Zivilkammer |
Datum: | 05.07.2022 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Forderung aus Mietverhältnis |
Schlagwörter : | Fenster; Recht; Lärm; Vorinstanz; Mangel; Verkehr; Schlaf; Lärmschutz; Beschwerde; Gebrauch; Immissionsgrenzwert; Lärmschutzverordnung; Dezibel; -strasse; Messung; Schlafzimmer; Verkehrs; Wohnung; Zimmer; Entscheid; Gericht; Verkehrslärm; Immissionsgrenzwerte; Sanierung; Schlafzimmern; Beschwerdeverfahren; Zustand |
Rechtsnorm: | Art. 106 ZPO ;Art. 256 OR ;Art. 259a OR ;Art. 308 ZPO ;Art. 320 ZPO ;Art. 321 ZPO ;Art. 326 ZPO ;Art. 58 ZPO ;Art. 8 ZGB ;Art. 90 BGG ; |
Referenz BGE: | 135 III 345; |
Kommentar: | Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: PD220004-O/U
Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. E. Lichti Aschwanden, Vorsitzende, Oberrichterin lic. iur. A. Strähl und Oberrichter Dr. E. Pahud sowie Gerichtsschreiberin lic. iur. K. Houweling-Wili
Beschluss und Urteil vom 5. Juli 2022
in Sachen
,
Klägerin und Beschwerdeführerin
vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X1. , vertreten durch Rechtsanwältin MLaw X2. ,
gegen
,
Beklagte und Beschwerdegegnerin
vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. Y. , betreffend Forderung aus Mietverhältnis
Erwägungen:
1.
A. (Klägerin und Beschwerdeführerin, nachfolgend Beschwerdeführerin) schloss gemeinsam mit ihrer Tochter C. am 27. Mai 2016 einen Mietvertrag mit B. (Beklagte und Beschwerdegegnerin, nachfolgend Beschwer- degegnerin) über die 4.5-Zimmer-Wohnung im Erdgeschoss in der Liegenschaft D. -strasse ..., ... E. , mit Mietbeginn 1. Juli 2016 zu einem monatlichen Nettomietzins von Fr. 1'650.-zuzüglich Fr. 310.-- Betriebskosten akonto ab. Der Nettomietzins wurde per 1. April 2018 auf Fr. 1'618.-bzw. per 1. Oktober 2020 auf Fr. 1'599.-reduziert und die Nebenkosten betragen seit 1. April 2018
Fr. 280.-- (act. 76/4; Prot. I S. 32 f.).
Mit Eingabe vom 31. Januar 2020 (Datum Poststempel) samt Klagebewilligung gelangte die Beschwerdeführerin an das Mietgericht des Bezirksgerichtes Bülach und machte ein Forderungsklage sinngemäss mit den folgenden Rechtsbegehren anhängig (act. 1-3 und Prot. I S. 9 f.):
Es sei die Beklagte zu verpflichten, je die Fenster in den zwei Schlafzimmern der 4.5-Zimmerwohnung an der D. -strasse ... in ... E. zu sanieren.
Eventualiter sei der monatliche Mietzins für die 4.5-Zimmerwohnung an der D. -strasse ... in ... E. seit dem 20. Oktober 2018 um Fr. 400.-pro Monat herabzusetzen.
Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten der Beklagten.
Mit Urteil vom 29. November 2021 wies das Mietgericht die Klage ab, setzte die Entscheidgebühr auf Fr. 840.-fest, auferlegte die Kosten der Beschwerdeführerin, nahm diese jedoch zufolge Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung einstweilen auf die Gerichtskasse und entschädigte die unentgeltliche Rechtsbeiständin der Beschwerdeführerin mit Fr. 650.-- (inkl. 7.7 % MwSt.) aus der Gerichtskasse (act. 81 = act. 84). Für die ausführliche vorinstanzliche Prozessgeschichte wird auf den angefochtenen Entscheid verwiesen (act. 84 S. 2 ff.).
Gegen diesen Entscheid führt die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom
9. März 2022 Beschwerde bei der II. Zivilkammer des Obergerichts des Kantons Zürich und beantragt das Folgende (act. 85 S. 2):
1. Es sei das Urteil des Bezirksgerichtes Bülach vom 29. November 2021 (MJ200002) vollumfänglich aufzuheben und die Beschwerdegegnerin zu verpflichten, je die Fenster in den zwei Schlafzimmern der 4.5- Zimmerwohnung an der D. -strasse ... in ... E. zu sanieren.
2. Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen (zzgl. MWST) zu Lasten der Beschwerdegegnerin.
Zudem ersucht die Beschwerdeführerin für das Beschwerdeverfahren um Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege und Rechtsverbeiständung durch Rechtsanwältin MLaw X2. (act. 89). Die vorinstanzlichen Akten wurden beigezogen (act. 1-82). Auf weitere prozessleitende Anordnungen wurde verzichtet. Das Verfahren erweist sich als spruchreif.
2.
Das Verfahren betrifft eine Mietstreitigkeit nach Art. 243 Abs. 2 lit. c ZPO und untersteht damit dem vereinfachten Verfahren (vgl. ZR 115/2016 Nr. 6 S. 33 ff.). Es gilt die sogenannte eingeschränkte (soziale) Untersuchungs- und die Dispositionsmaxime (Art. 247 Abs. 2 lit. a ZPO i.V.m. Art. 243 Abs. 2 lit. c ZPO,
Art. 58 Abs. 1 ZPO).
Ausgehend von einem Streitwert von Fr. 3'000.-- (vgl. act. 16 und act. 84
S. 4) ist gegen das angefochtene Urteil die Beschwerde zulässig (Art. 319 lit. a und Art. 308 Abs. 2 ZPO). Das Beschwerdeverfahren richtet sich nach den Art. 319 ff. ZPO. Die Beschwerde ist bei der Rechtsmittelinstanz innert der Rechtsmittelfrist schriftlich und begründet einzureichen (Art. 321 Abs. 1 ZPO).
Aus der Begründungslast ergibt sich zudem, dass die Beschwerde Rechtsmittelanträge zu enthalten hat.
Die vorliegende Beschwerde vom 9. März 2022 (Datum Poststempel) wurde rechtzeitig, schriftlich, mit Anträgen versehen und begründet bei der Kammer als der zuständigen Rechtsmittelinstanz eingereicht. Die Beschwerdeführerin ist
durch den angefochtenen Entscheid beschwert und zur Beschwerde legitimiert. Es ist daher auf die Beschwerde einzutreten.
Mit der Beschwerde kann die unrichtige Rechtsanwendung und die offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhaltes geltend gemacht werden (Art. 320 ZPO). Umfasst wird davon auch die Überprüfung von blosser Unangemessenheit, soweit es um Rechtsfolgeermessen geht (vgl. zum Ganzen etwa ZK ZPO-FREIBURGHAUS/AFHELDT, 3. Aufl. 2016, Art. 320 N 3 f. i.V.m. ZK ZPO-
REETZ/THEILER, 3. Aufl. 2016, Art. 310 N 36). Neue Tatsachen und Beweismittel sind im Beschwerdeverfahren ausgeschlossen (Art. 326 ZPO).
Die Beschwerdeführerin rügt mit der Beschwerde einerseits die unrichtige Anwendung von Art. 259a OR und andererseits die offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhalts (vgl. act. 85 S. 4 ff.). Auf die Vorbringen der Beschwer- deführerin wird in den nachfolgenden Erwägungen soweit eingegangen, als dies für die Entscheidfindung erforderlich ist und es sich nicht um Noven handelt.
3.
Gemäss Art. 256 Abs. 1 OR ist die Vermieterin verpflichtet, die Sache zum vereinbarten Zeitpunkt in einem zum vorausgesetzten Gebrauch tauglichen Zustand zu übergeben und in demselben zu erhalten. Entstehen an der Sache Mängel, die die Mieterin weder zu verantworten noch auf eigene Kosten zu beseitigen hat, wird die Mieterin im vertragsgemässen Gebrauch der Sache gestört, so kann sie unter anderem die Beseitigung des Mangels verlangen (Art. 259a Abs. 1 lit. a OR). Ein Mangel liegt vor, wenn die Sache eine von der Vermieterin versprochene Eigenschaft nicht aufweist wenn sie eine Eigenschaft nicht aufweist, mit welcher die Mieterin unter Bezugnahme auf den zum vereinbarten Gebrauch tauglichen Zustand rechnen konnte (BGE 135 III 345 E. 3.2 = Pra 2009 Nr. 135). Ob die Mietsache an einem Mangel leidet ob im Gegenteil die Sache zum vorausgesetzten Gebrauch taugt, ist eine Rechtsfrage. Für die tatsächlichen Grundlagen eines Mangels trägt der Mieter die Beweislast (Art. 8 ZGB; BSK OR I- WEBER, 7. Aufl. 2020, Art. 259a N 4).
Vor diesem Hintergrund wies die Vorinstanz das Sanierungsbegehren der Beschwerdeführerin mit der Begründung ab, der Beschwerdeführerin gelinge es nicht, einen Mangel an der Mietsache respektive an den Fenstern zu beweisen. Es sei zwischen den Parteien unbestritten, dass weder eine Vereinbarung betreffend Immissionen bzw. betreffend ein bestimmtes Mass an Immissionsfreiheit getroffen worden sei, noch habe die Beschwerdegegnerin der Beschwerdeführerin zugesichert, dass die Wohnung besonders ruhig wäre. Die Mietsache mit den darin installierten Fenstern sei unbestrittenermassen in einem vertragsgemässen Zustand übergeben worden. Zudem würden sich die massgeblichen Fenster in einem guten Zustand befinden und die Beschwerdeführerin behaupte auch nicht, der Zustand der Fenster sei mangelhaft (act. 84 S. 9). Dennoch sei zu prüfen, ob auf Grund des von der D. -strasse ausgehenden Verkehrslärms der Immissionsgrenzwert in den beiden betroffenen Schlafzimmern überschritten werde, so dass die Zimmer nicht mehr zum vorausgesetzten Gebrauch, namentlich zum Wohnen und insbesondere zum Schlafen, taugen würden. Die von der Beschwer- deführerin bewohnte Liegenschaft befinde sich direkt an der stark befahrenen Verbindungsstrasse zwischen F. und E. nahe des Autobahnkreuzes Zürich Nord sowie des Flughafens Zürich-Kloten. Die Wohnung sei somit unbestrittenermassen Schallimmissionen diverser Quellen ausgesetzt, weshalb sie lärmschutztechnisch der Umgebung der Empfindlichkeitsstufe III zugeordnet wer- de. Es handle sich um eine Altbauwohnung im Erdgeschoss, wobei sich die bemängelten Fenster in den beiden zur D. -strasse ausgerichteten Schlafzimmern befinden würden. Es verstehe sich von selbst, dass in einer Altbauwohnung an einer zentralen, verkehrsreichen Hauptstrasse zwangsläufig in erhöhtem Mass mit Lärmimmissionen gerechnet werden müsse, welche von der Mieterin bis zu einem gewissen Grad hinzunehmen seien. Aus Seite 32 des von der Beschwer- deführerin eingereichten (undatierten) Berichts der Baudirektion des Kantons Zürich ergebe sich nicht, dass in den beiden betroffenen Schlafzimmern der gelten- de Immissionsgrenzwert von 65 Dezibel bei Tag, wie es die Beschwerdeführerin geltend mache, überschritten sei. Auch wenn gemäss diesem Bericht tagsüber ein Lärmpegel von 67 Dezibel gemessen worden sei, bedeute dies lediglich, dass der Immissionsgrenzwert von 65 Dezibel höchstens an der Lärmquelle selbst
überschritten worden sei. Diese Messung erlaube jedoch keine Aussage über die in den Schlafzimmern selbst bestehende Intensität der Lärmimmissionen und daher auch keinen Rückschluss auf eine allfällige Einschränkung der Gebrauchstauglichkeit der Wohnung bzw. der beiden Schlafzimmer. Im Rahmen des Augenscheins am 24. August 2021 habe das Gericht zur morgendlichen Hauptverkehrszeit um 07:35 Uhr mittels eines Schallpegelmessegeräts (Voltcraft SL-10) in den beiden Schlafzimmern eine eigene Messung des Schallpegels durchgeführt. Der Schallpegel sei in der Mitte des jeweiligen Zimmers mit einem Messintervall von ca. 45 bis 90 Sekunden gemessen worden. Die Resultate hätten deutlich gezeigt, dass der geltende Immissionsgrenzwert von 65 Dezibel bei Tag durch den Verkehrslärm der D. -strasse nicht überschritten werde. Selbst bei leicht geöffnetem Fenster und hochgezogenem Rollladen habe der Schallpegel maximal 56 Dezibel erreicht. Die Messresultate würden sich im Übrigen auch mit dem persönlichen Eindruck respektive den Wahrnehmungen des beim Augenschein anwesenden Ersatzrichters sowie Gerichtsschreibers decken, wonach der Verkehr in beiden Zimmern durch das geschlossene Fenster bei hochgezogenem Rollladen gedämpft, als immer wiederkehrendes und beinahe regelmässiges Rauschen hörbar sei. Damit erweise sich der Verkehrslärm nicht als so laut, dass davon ausgegangen werden müsste, eine durchschnittlich empfindliche Person könnte nicht zur Ruhe kommen und/oder hätte Mühe beim Ein- und/
oder Durchschlafen, so dass die Gebrauchstauglichkeit des Mietobjekts beeinträchtigt würde (act. 84 S. 10 ff.).
Sodann hielt die Vorinstanz lediglich ergänzend fest, der Beschwerdeführerin sei es auch nicht gelungen zu beweisen, dass der motorisierte Verkehr im massgeblichen Emissionsabschnitt Nr. 1 der D. -strasse (Strassen-Nrn. 2-3) seit dem 1. Juli 2018 zugenommen habe, weshalb auch kein Mangel der Mietsache infolge Veränderung der Umgebung bestehe (act. 84 S. 12 f.). Zudem würden selbst bei Vorliegen eines Mangels die Sanierungskosten wohl kaum in einem vernünftigen Verhältnis zum Nutzen stehen, nachdem die Beschwerdeführerin anlässlich des Augenscheins erklärt habe, in Zukunft nicht mehr in einem der beiden Kinderzimmer, sondern im Elternschlafzimmer schlafen zu wollen (act. 84 S. 13).
Dagegen bringt die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, der übermässige Strassenlärm stelle vorliegend einen mietrechtlichen Mangel dar, weil die Immissionsgrenzwerte gemäss Lärmschutzverordnung erheblich überschritten seien (act. 85 S. 11). Gemäss dem bei der Vorinstanz eingereichten akustischen Projekt der Firma G. AG zuhanden der Baudirektion vom April 2017 stehe fest, dass die Immissionsgrenzwerte in Bezug auf die streitgegenständliche Woh- nung massiv überschritten seien. Tagsüber liege eine Grenzwertüberschreitung von 2 Dezibel und in der Nacht sogar von 4 Dezibel vor. Entgegen der Vorinstanz sei dabei nicht an der Lärmquelle, sondern an der betroffenen Liegenschaft selbst gemessen worden. Gemäss Art. 39 der Lärmschutzverordnung würden bei Gebäuden die Lärmimmissionen in der Mitte des offenen Fensters lärmempfindlicher Räume ermittelt. Damit sei eine Überschreitung der Immissionsgrenzwerte hinsichtlich der streitbetroffenen Liegenschaft bzw. der lärmempfindlichen Schlafzimmer klar belegt worden. Die Messungen anlässlich des Augenscheins seien mit einem Amateurgerät und nicht LSV-konform durchgeführt worden. Es handle sich um eine nicht repräsentative Momentaufnahme (act. 85 S. 6 ff.).
Es gehe nicht darum nachzuweisen, dass die Fenster mangelhaft seien. Mangelhaft sei die Mietsache, weil die Beschwerdeführerin durch die Lärmimmissionen gesundheitsschädlichen Immissionen ausgesetzt sei (act. 85 S. 11). Zahlreiche wissenschaftliche Studien hätten die Gesundheitsschädlichkeit von Verkehrslärm bereits ab einer Belastung weit unterhalb der Immissionsgrenzwerte bestätigt. Mit den hierzu anlässlich der Schlussvorträge vorgebrachten Argumenten habe sich die Vorinstanz nicht ansatzweise auseinandergesetzt und damit den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt (act. 85 S. 9 ff.).
Um den Mangel des übermässigen Strassenlärms zu beheben, sei ein Ersatz der bestehenden Fenster durch Schallschutzfenster dringend angezeigt. Die Fenster seien vor über 30 Jahren ersetzt worden und es könne daher davon ausgegangen werden, dass ihnen keine schalldämmende Wirkung zukomme (act. 85 S. 11).
Schliesslich sei auch das Argument der Verhältnismässigkeit der Mangelbeseitigung nicht stichhaltig, weil der Kanton Zürich den Hauseigentümern bei Überschreitung der Immissionsgrenzwerte einen wesentlichen Beitrag an den Einbau
von Schallschutzfenstern ausrichte. Darauf habe die Beschwerdegegnerin freiwillig verzichtet, weshalb die Berufung auf die Unverhältnismässigkeit der Sanierungskosten widersprüchlich wäre. Auch wenn die Beschwerdeführerin nach dem Auszug ihrer Tochter die Möglichkeit habe, ins ruhigere Elternschlafzimmer zu wechseln, müsse die Gebrauchstauglichkeit für sämtliche Schlafzimmer gegeben sein (act. 85 S. 12).
4.
Die Beschwerdeführerin beantragt vorliegend im Rahmen der Mängelbeseitigungsklage die Sanierung der Fenster wegen Lärmimmissionen durch den Verkehr auf der D. -strasse. Demnach ist entgegen den Ausführungen der Beschwerdeführerin vorliegend konkret zu beurteilen, ob die Fenster mangelhaft, also derart beschaffen sind, dass sie den Verkehrslärm nicht genügend dämmen, und dadurch die Gebrauchstauglichkeit des Mietobjekts beeinträchtigt wird. Wäre hier nicht die Beschaffenheit der Fenster massgebend, so würde sich auch eine Sanierung derselben erübrigen.
Die Vorinstanz hat festgestellt, dass die Mietsache mit den darin installierten Fenstern der Beschwerdeführerin unbestrittenermassen in einem vertragsgemässen Zustand übergeben worden sei. Es handle sich bei den Fenstern um im Jahr 1990 neu eingebaute zweifachverglaste und schallhemmende Holzmetallfenster mit Isolierglas, welche beim Einzug der Beschwerdeführerin im Juni 2016 gerichtet worden und im April 2019 einem Service unterzogen worden seien. Dabei seien wo nötig Gummidichtungen und Fugen ausgebessert, die Fenster neu eingestellt und abgedichtet worden, und es sei festgehalten worden, dass die Fenster sämtlichen Normen entsprächen und für die Restlebensdauer von zehn Jahren genügend abgedichtet seien, so dass von einem vorzeitigen Fensterersatz abgesehen werden könne. Die Fenster befänden sich auch augenscheinlich in einem guten Zustand (act. 84 S. 9). Diese Feststellungen beanstandet die Beschwerdeführerin nicht, weshalb darauf abzustellen ist. In der Folge bleibt festzuhalten, dass alleine der Umstand, dass die Fenster über 30-jährig sind, im Hinblick auf ihre Dämmwirkung noch keinen Sanierungsbedarf zu begründen vermag.
Die Beschwerdegegnerin trifft im Zusammenhang mit Lärmimmissionen durch den Verkehrslärm dann eine Pflicht zur Sanierung der Fenster, wenn das Mietobjekt mit den darin installierten Fenster das geschuldete Mass an Immissionsfreiheit nicht einhält. Haben die Parteien diesbezüglich keine konkreten Vereinbarungen getroffen, so steht die Gebrauchsvereinbarung im Vordergrund. Ein immissionsbedingter Mangel liegt dann vor, wenn die Tauglichkeit zum Wohngebrauch infolge auftretender Immissionen nicht (mehr) gewährleistet ist (TSCHUDI, SVIT-Kommentar Mietrecht, 4. Aufl. 2018, Vorbem. zu Art. 258-259i N 53 und Art. 256 N 39). Nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung kann nicht erwartet werden, dass keine Lärmimmissionen vorhanden sind (BGer 4A_281/2009 vom
31. Juli 2009 E. 3.2). In der Nacht stellen besonders Geräuschimmissionen, die den Schlaf stören, eine Beeinträchtigung der Gebrauchstauglichkeit der Wohnung bzw. eine Abweichung vom vertragsgemäss geschuldeten Mindeststandard dar und sind deshalb als Mangel zu qualifizieren (BGer 4C.65/2002 vom 31. Mai 2002
E. 3c; BGer 4A_244/2009 vom 7. September 2009 E. 3.2). Ob sich die Geräuschimmissionen im konkreten Fall schlafstörend auswirken, richtet sich – wie die Vorinstanz zu Recht ausführte (vgl. act. 84 S. 8 f.) – nicht nach dem subjektiven Empfinden der Mieterin, sondern nach einem objektiven Massstab.
Die Vorinstanz hat zutreffend festgestellt, dass die Parteien unbestrittenermassen keine Vereinbarung hinsichtlich Geräuschimmissionen bzw. ein bestimmtes Mass an Immissionsfreiheit getroffen haben (act. 84 S. 5). Daher ist nach dem Gesagten das Vorliegen eines immissionsbedingten Mangels bzw. die Tauglichkeit der Wohnung der Beschwerdeführerin zum vorausgesetzten Gebrauch – namentlich zum Wohnen und insbesondere zum Schlafen – nach einem objektiven Massstab zu beurteilen. Die Vorinstanz stellte hierfür auf die Lärmschutzverord- nung ab und hielt fest, die vorhandenen Fenster in den betroffenen Zimmern wür- den als mangelhaft gelten, wenn sie mit ihrer Dämmeigenschaft in der Wohnung die Immissionsgrenzwerte gemäss Lärmschutzverordnung nicht einhalten würden (act. 84 S. 10-12). Davon geht auch die Beschwerdeführerin aus (act. 85 S. 4,
S. 6-8 und S. 11). Abgesehen davon ist anzumerken, dass die Lärmschutzverord- nung den Schutz vor schädlichem und lästigem Lärm bezweckt (Art. 1 Lärmschutzverordnung [LSV, SR 814.41]) und mit seinen generell-abstrakten Normen
ohne Weiteres als objektiver Massstab taugt. Die Orientierung an den in der Lärmschutzverordnung verankerten Belastungsgrenzwerten (vgl. Anhang 3 Ziff. 2 LSV) ist vorliegend insbesondere auch deshalb nicht zu beanstanden, weil der Mietvertrag selbst unter dem Titel Hausordnung/Lärm einen Verweis auf die Lärmschutzverordnung enthält, worauf im Übrigen auch die Beschwerdeführerin zutreffend hinweist (act. 85 S. 8; vgl. act. 76/4 S. 7).
Ausgehend von der Lärmschutzverordnung hat die Vorinstanz zutreffend festgestellt, dass die für die streitgegenständliche Wohnung (Empfindlichkeitsstufe III) geltenden Belastungsgrenzwerte für Strassenverkehrslärm tagsüber 65 Dezibel und nachts 55 Dezibel betragen (Anhang 3 Ziff. 2 LSV). Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin stellen die auf S. 32 des Berichts der Baudirektion Zürich, Fachstelle Lärmschutz, festgestellten Überschreitungen dieser Immissionsgrenzwerte allerdings keinen Nachweis, sondern lediglich ein Indiz für eine mögliche Sanierungsbedürftigkeit der Fenster dar. Denn wie die Beschwerdeführerin selbst ausführt, werden solche Messungen gemäss Lärmschutzverordnung bei offenem Fenster durchgeführt (vgl. Art. 39 Abs. 1 LSV). Deshalb lassen sich daraus keine Rückschlüsse auf die Beschaffenheit und die Dämmungseigenschaft der Fenster ziehen und sie vermögen keine Grundlage für die Beurteilung der Eigenschaft der Fenster zu bilden.
Damit verbleibt hier als Grundlage für die Beurteilung des Vorliegens eines immissionsbedingten Mangels bzw. der Notwendigkeit eines Fensterersatzes einzig der von der Beschwerdeführerin beantragte Augenschein mit den dabei gemachten Wahrnehmungen der Vorinstanz sowie den gemessenen Werten, zumal die Messungen (unter anderem) bei geschlossenen Fenstern und hochgezogenen Rollläden durchgeführt wurden. Die Vorinstanz verwendete für die Messungen ein handelsübliches Schallpegelmessgerät der Marke Voltcraft (Typ SL-10) und führte die Messung in der Mitte der jeweiligen Zimmer mit einem Messintervall von ca. 45-90 Sekunden durch (vgl. act. 75). Die Beschwerdeführerin bemängelt in diesem Zusammenhang einerseits die Konformität der Messung mit der Lärmschutzverordnung und andererseits den Umstand, dass es sich um eine Momentauf- nahme handle. Warum konkret die Messung mit dem verwendeten Schallpegelmessgerät und in der beschriebenen Manier nicht aussagekräftig sein soll, ist we- der ersichtlich, noch äussert sich die Beschwerdeführerin konkret dazu, weshalb auch nicht weiter darauf einzugehen ist. Zudem handelt es sich bei den durch die Vorinstanz ermittelten Messwerten zweifellos um eine Momentaufnahme, wobei die Beschwerdeführerin allerdings nicht darlegt, warum diese nicht repräsentativ sein soll. Die Beschwerdeführerin gab bei der Vorinstanz an, der Strassenlärm sei jeweils von Montag bis Samstag von 4.15 Uhr bis 22.00 Uhr, insbesondere zu den Stosszeiten, zu hören (Prot. I S. 11 und S. 14). Die Messungen wurden am Dienstag, 24. August 2021, zwischen 7.35 Uhr und 8.10 Uhr durchgeführt (vgl. act. 75). Dieser Zeitpunkt entspricht der morgendlichen Hauptverkehrszeit an einem Werktag und erweist sich deshalb als besonders geeignet. Dass während dieser Zeit (gleich der abendlichen Hauptverkehrszeit) das grösste Verkehrsaufkommen herrscht und damit die Lärmbelastung am höchsten sein dürfte, entspricht den Aussagen der Beschwerdeführerin und ist notorisch. Tatsächlich war der Verkehr gemäss Wahrnehmungen der vorinstanzlichen Gerichtsbesetzung auch hörbar, was sich ebenfalls in den gemessenen Werten zwischen 39 und 40 Dezibel (bei geschlossenem Fenster) zeigt (vgl. act. 75). Aus diesen Gründen ist nicht zu beanstanden, dass sich die Vorinstanz für die Beurteilung der Mangelhaftigkeit der Fenster mit Bezug auf die Lärmdurchlässigkeit auf die Wahrnehmungen und Messwerte anlässlich des Augenscheins stützte. Die gemessenen Werte von maximal 40 Dezibel bei geschlossenem Fenster liegen deutlich unter den genannten Immissionsgrenzwerten gemäss Lärmschutzverordnung. Zudem stellte die Vorinstanz fest, dass dieser Verkehrslärm nur als gedämpftes, immer wiederkehren- des und beinahe regelmässiges Rauschen wahrnehmbar sei (act. 75 S. 2 und
S. 4). Mithin ist mit der Vorinstanz festzustellen, dass die Geräuschimmissionen nicht so laut sind, dass eine durchschnittlich empfindliche Person nicht zur Ruhe kommen könnte und/oder Mühe beim Ein- und Durchschlafen hätte (vgl. act. 84
S. 12). Insofern überzeugen die weiteren allgemeinen Ausführungen der Beschwerdeführerin zur Gesundheitsschädlichkeit von Verkehrslärm in der Beschwerdeschrift nicht (vgl. act. 85 S. 9 f.) und die Vorinstanz hat das rechtliche Gehör der Beschwerdeführerin nicht verletzt, indem sie sich zu denselben vorinstanzlichen Ausführungen der Beschwerdeführerin nicht geäussert hat, weil
das Gericht nicht dazu verpflichtet ist, sich mit jedem einzelnen rechtlichen sachverhaltlichen Einwand auseinanderzusetzen, und sich auf die wesentlichen Überlegungen konzentrieren darf, auf die sich der Entscheid stützt (vgl. statt vieler: BK ZPO-HURNI, Art. 53 N 60 f.).
Angesichts dessen, schloss die Vorinstanz bereits zutreffend, dass der Beschwerdeführerin der Nachweis für die Mangelhaftigkeit der Fenster nicht gelingt und die Klage abzuweisen ist. Damit erübrigt sich eine Auseinandersetzung mit den lediglich ergänzenden Feststellungen der Vorinstanz und den entsprechen- den Ausführungen der Beschwerdeführerin betreffend die Zunahme des motorisierten Verkehrs auf der D. -strasse und die Verhältnismässigkeit einer Fenstersanierung. Die Beschwerde erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen.
5.
Damit bleibt das Gesuch der Beschwerdeführerin um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Rechtsverbeiständung für das Beschwerdeverfahren zu beurteilen. Eine Person hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn sie nicht über die erforderlichen Mittel verfügt und ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint (Art. 117 lit. a und b ZPO). Aussichtslos sind Begehren dann, wenn deren Gewinnaussichten ex ante betrachtet beträchtlich geringer erschei- nen als die Verlustgefahren und deshalb kaum als ernsthaft bezeichnet werden können. Massgebend ist, ob eine nicht bedürftige Partei sich aus Vernunft zu ei- nem Prozess entschliessen würde. Die Prozesschancen sind in vorläufiger summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage aufgrund des jeweiligen Aktenstan- des zu beurteilen und abzuschätzen (ZK ZPO-EMMEL, 3. Aufl. 2016, Art. 117
N 13).
Wie gesehen erweist sich die vorliegende Beschwerde als von vornherein aussichtslos, weshalb auf die Prüfung der weiteren Voraussetzungen verzichtet werden kann. Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das Beschwerdeverfahren ist bereits deshalb abzuweisen.
6.
Die Prozesskosten werden grundsätzlich der unterliegenden Partei auferlegt (Art. 106 Abs. 1 ZPO). Ausgangsgemäss wird die Beschwerdeführerin für das Beschwerdeverfahren kostenpflichtig.
Die Kosten für das Beschwerdeverfahren sind unter Berücksichtigung des Streitwerts von Fr. 3'000.-in Anwendung von § 2 lit. a, c und d, § 4 Abs. 1 und 2 sowie § 12 Abs. 1 und 2 GebV OG auf Fr. 500.-festzusetzen. Eine Parteientschädigung an die Beschwerdegegnerin ist mangels zu entschädigender Umtriebe nicht zuzusprechen.
Es wird beschlossen:
Das Gesuch der Beschwerdeführerin um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Rechtsverbeiständung wird abgewiesen.
Schriftliche Mitteilung und Rechtsmittelbelehrung mit nachfolgendem Erkenntnis.
Es wird erkannt:
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 500.-festgesetzt und der Beschwerdeführerin auferlegt.
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an die Beschwerdegegnerin unter Beilage der Doppel von act. 85 und act. 89 jeweils samt Beilagen, sowie an das Mietgericht des Bezirksgerichtes Bülach, je gegen Empfangsschein.
Die erstinstanzlichen Akten gehen nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist an die Vorinstanz zurück.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesge-
richt, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.
Es handelt sich um eine mietrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 3'000.-.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Die Vorsitzende:
lic. iur. E. Lichti Aschwanden
i.V. Die Gerichtsschreiberin:
MLaw N. Gautschi
versandt am:
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