Zusammenfassung des Urteils PC230048: Obergericht des Kantons Zürich
In dem vorliegenden Fall ging es um eine Beschwerde gegen die Bestellung eines Sachverständigen in einem Scheidungsverfahren. Die Klägerin war der Meinung, dass der vorgeschlagene Gutachter befangen sei, da er möglicherweise durch eine Freundschaft mit dem Beklagten beeinflusst sein könnte. Die Vorinstanz wies die Einwände der Klägerin jedoch ab und bestätigte die Bestellung des Sachverständigen. Letztendlich wurde die Beschwerde abgewiesen und die Kosten der Klägerin auferlegt. Die Entscheidungsgebühr wurde auf CHF 800 festgesetzt.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | PC230048 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | I. Zivilkammer |
Datum: | 21.11.2023 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Ehescheidung (Einsetzung Gutachter) |
Schlagwörter : | Vorinstanz; Parteien; Beklagten; Freundschaft; Geschäftsleitung; Verfügung; Gutachten; Einwendungen; Befangenheit; Hochzeit; Gericht; Entscheid; Recht; Bundesgericht; Oberrichter; Beschwerdegegner; Gutachter; Verhältnis; Angestellten; Einfluss; Mitglied; Nichtwissen; Ansicht; Ausstand; Tatsache; Obergericht |
Rechtsnorm: | Art. 106 ZPO ;Art. 183 ZPO ;Art. 322 ZPO ;Art. 49 ZPO ;Art. 90 BGG ;Art. 95 ZPO ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | - |
Obergericht des Kantons Zürich
I. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: PC230048-O/U
Mitwirkend: Oberrichter Dr. M. Kriech, Vorsitzender, Oberrichterin
Dr. S. Janssen und Oberrichterin lic. iur. Ch. von Moos Würgler sowie Gerichtsschreiberin MLaw L. Hengartner
Urteil vom 21. November 2023
in Sachen
,
Klägerin und Beschwerdeführerin
vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. X. ,
gegen
,
Beklagter und Beschwerdegegner
vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur., LL.M. Y. , betreffend Ehescheidung (Einsetzung Gutachter)
Erwägungen:
Die Parteien stehen sich bei der Vorinstanz in einem Scheidungsverfahren gegenüber. Mit Verfügung vom 29. Juni 2023 schlug die Vorinstanz den
Parteien für ein Gutachten C.
von der D.
als SachVerständigen vor
und setzte den Parteien eine Frist für Allfällige Einwendungen an (vgl. Prozessgeschichte in Urk. 2 S. 2). Mit Verfügung vom 30. Oktober 2023 wies die Vorinstanz die Einwendungen der Klägerin und Beschwerdeführerin (fortan Klägerin) gegen C. ab und bestellte diesen als SachVerständigen (Urk. 2 S. 6).
Dagegen erhob die Klägerin Beschwerde mit den folgenden Anträgen (Urk. 1 S. 2):
1. Dispositiv-Ziffern 1 und 2 der Verfügung des Bezirksgerichts Horgen vom 30. Oktober 2023 (FE180040-F) seien aufzuheben.
Der Beschwerde sei die aufschiebende Wirkung zu Gewähren.
Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zzgl. MwSt. zu Lasten des Beschwerdegegners
Da sich die Beschwerde als offensichtlich unbegründet erweist, kann auf das Einholen einer Stellungnahme verzichtet werden (Art. 322 Abs. 1 ZPO).
Die Vorinstanz erwog zusammengefasst, die Klägerin lege keine direkte Bekanntschaft zwischen den Parteien und dem vorgeschlagenen Gutachter selbst dar. Sie konstruiere eine etwaige Befangenheit aufgrund einer vermeintlichen Freundschaft eines Geschäftsleitungsmitglieds der D. , E. , und dem Beklagten. Die Parteien hätten diesbezüglich übereinstimmend dargelegt, dass sie während ihrer gemeinsamen Berufsjahre bei der PwC mit E. in ei- nem beruflichen Verhältnis gestanden hätten und dieser Gast auf ihrer Hochzeit gewesen sei. Diese Hochzeit liege jedoch rund 20 Jahre zurück und der Beklagte bestreite, mit E. weiterhin in einer freundschaftlichen beruflichen Beziehung zu stehen (Urk. 2 S. 4). Es sei nicht ausreichend dargelegt worden, dass
heute noch ein aktuelles freundschaftliches Verhältnis zwischen E.
und
dem Beklagten bestehe. Die Klägerin mache keine stichhaltigen Ausführungen, die ernsthaft darauf hindeuteten. Sodann sei ohnehin zweifelhaft, ob eine etwaige heute noch andauernde Freundschaft zwischen E. und dem Beklagten geeignet sein könnte, den objektiven Anschein der Befangenheit eines beliebigen Mitarbeiters der D. , der für eine gerichtliche Beurteilung eingesetzt werden solle, zu erwecken. Es könne davon ausgegangen werden, dass der vom Gericht zu bestellende Gutachter sachlich und getreu seiner Standes- und Berufsregeln arbeite. Es erscheine zu weit hergeholt, dass Mitglieder der Geschäftsleitung ei- nes derart grossen Unternehmens wie die D. auf die Gutachten ihrer Angestellten Einfluss nähmen (Urk. 2 S. 5).
Die Klägerin führt in ihrer Beschwerde aus, das Büro von E. befinde sich am selben Ort wie das Büro von C. . Da E. Mitglied der Geschöftsleitung sei, sei C. ihm unterstellt. E. sei ein guter Freund des Beklagten und er sei sogar Gast an der Hochzeit der Parteien gewesen. Nach- dem C. E. unterstellt sei, dessen Weisungen zu befolgen habe und naTürlich auch sonst seine Vorgesetzten zufrieden zu stellen versuche, sei zu befürchten, dass E. versucht sein könnte, seinen Einfluss zugunsten des Beklagten auszuüben. Es bestehe damit objektiv der Anschein der Befangenheit von C. (Urk. 1 Rz. 4). Nachdem der Beklagte geltend gemacht habe, er sei nicht mehr mit E. befreundet, habe sie mit Nichtwissen bestritten, dass der Beklagte E. seit seinem Austritt bei der PwC nicht mehr persönlich getroffen habe. Sie habe mit Nichtwissen bestritten, dass der Beklagte und E. kein berufliches freundschaftliches Verhältnis mehr hätten. Nachdem sie sich stets sehr gut verstanden hätten, erscheine dies unwahrscheinlich (Urk. 1 Rz. 5). Welche Parteidarstellung zutreffe, sei objektiv Völlig offen. Die Vorinstanz habe indessen allein auf die unbelegten Behauptungen des Beklagten abgestellt, wo- nach er nicht mehr mit E. befreundet sei (Urk. 1 Rz. 6). Entgegen der Ansicht der Vorinstanz erscheine es sodann nicht weit hergeholt, dass Mitglieder der
Geschäftsleitung eines derart grossen Unternehmens wie die D.
auf die
Gutachten ihrer Angestellten Einfluss nähmen. Worauf die Vorinstanz ihre An- nahme stätze, ergebe sich aus dem angefochtenen Entscheid nicht. Dass Geschöftsleitungsmitglieder gegenüber den Angestellten ein Weisungsrecht hätten, dürfte ausser Frage stehen. Sie selbst habe bei der PwC und UBS (beide Grösser als die D. ) an Gutachten gearbeitet und in beiden Fällen seien ihr die Erwartungen der Geschäftsleitung mitgeteilt worden (Urk. 1 Rz. 7). Es scheine, als
ob sich die Vorinstanz mit ihren Einwendungen von vornherein nicht ernsthaft habe auseinandersetzen wollen (Urk. 1 Rz. 8).
Eine Gerichtsperson eine sachVerständige Person tritt unter anderem in den Ausstand, wenn sie wegen Freundschaft Feindschaft mit einer Partei ihrer Vertretung befangen sein könnte (Art. 47 Abs. 1 lit. f. i.V.m. Art. 183 Abs. 2 ZPO). Bei einer Freundschaft darf eine Befangenheit erst ange- nommen werden, wenn diese durch regelmässige persönliche Kontakte aktiv gelebt wird und aktuell ist (BSK ZPO-Weber, Art. 47 N 35; Urbach, OFK ZPO, ZPO 47 N 11). Die den Ausstand begründenden Tatsachen sind glaubhaft zu machen (vgl. Art. 49 Abs. 1 ZPO).
Es ist zwar unbestritten, dass E. vor rund 20 Jahren Gast auf der Hochzeit der Parteien war (Urk. 2 S. 4). Damit ist eine aktuelle und gelebte Freundschaft aber nicht glaubhaft gemacht. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist nicht unwahrscheinlich, dass eine Allfällige vor derart langer Zeit im beruflichen Umfeld gepflegte Freundschaft heute nicht mehr besteht, nachdem sich die beruflichen Wege des Beklagten und Beschwerdegegners (fortan Beklagter) und E. bereits im Jahr 2004 getrennt haben (Urk. 2 S. 4). Weitere konkrete Anhaltspunkte Belege dafür, dass E. und der Beklagte derzeit befreundet sind, hat die Klägerin nicht vorgebracht. Blosse Behauptungen vermögen eine Tatsache aber nicht als glaubhaft erscheinen zu lassen, zumal die Klägerin selbst ausführt, dass Völlig offen sei, wessen Darstellung zutreffe (Urk. 1 Rz. 6). Somit ist das erforderliche Beweismass offensichtlich (auch ihrer Ansicht nach) nicht erreicht. Ob die Klägerin mit Nichtwissen bestritten hat, dass der Beklagte und E. heute nicht mehr befreundet sind, ist unerheblich, da die ausstandsbe- Gründenden Tatsachen, auf welche sie sich beruft, von ihr glaubhaft zu machen sind. Da es an einem glaubhaft gemachten Ausstandsgrund fehlt, hat die Vorinstanz die Einwendungen der Klägerin zu Recht abgewiesen. Vor diesem Hintergrund erübrigt es sich, auf die weiteren Rügen der Klägerin einzugehen. Die Beschwerde erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen. Damit wird auch das Gesuch um Erteilung der aufschiebenden Wirkung gegenstandslos.
5. Das Beschwerdeverfahren beschlägt eine nicht vermögensrechtliche Angelegenheit. Die Entscheidgebühr ist in Anwendung von 9 Abs. 1 und 12 GebV OG auf Fr. 800 festzusetzen und ausgangsgemäss der Klägerin aufzuerlegen (Art. 106 Abs. 1 ZPO). Für das Beschwerdeverfahren sind keine Parteientschädigungen zuzusprechen, der Klägerin zufolge ihres Unterliegens, dem Beklagten mangels relevanter Umtriebe (Art. 106 Abs. 1, Art. 95 Abs. 3 ZPO).
Es wird erkannt:
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 800 festgesetzt.
Die Kosten für das zweitinstanzliche Verfahren werden der Klägerin auferlegt.
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an den Beklagten unter Beilage eines Doppels von Urk. 1, sowie an die Vorinstanz, je gegen Empfangsschein.
Die erstinstanzlichen Akten gehen nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist an die Vorinstanz zurück.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert
Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG. Es handelt sich um eine nicht vermögensrechtliche Angelegenheit. Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung. Hinsichtlich des Fristenlaufs gelten die Art. 44 ff. BGG.
Zürich, 21. November 2023
Obergericht des Kantons Zürich
Zivilkammer
Die Gerichtsschreiberin:
MLaw L. Hengartner versandt am:
jo
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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