Kanton: | ZH |
Fallnummer: | PC230042 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Zivilkammer |
Datum: | 31.01.2024 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Abänderung eines Scheidungsurteils (unentgeltliche Rechtspflege) |
Zusammenfassung : | Der Kläger und die Beklagte sind Eltern von drei Kindern und wurden in Marokko geschieden. Nach einer Änderung der Kinderunterhaltsbeiträge beantragte der Kläger eine weitere Herabsetzung, was zunächst abgelehnt wurde. Nach einer erfolgreichen Berufung erhielt er die Möglichkeit, die Gerichtskosten zu tragen oder unentgeltliche Rechtspflege zu beantragen. Sein Gesuch wurde jedoch aufgrund mangelnder Erfolgsaussichten abgelehnt. Der Kläger konnte nicht nachweisen, dass er alle Anstrengungen unternommen hatte, um sein hypothetisches Einkommen zu erzielen. Die Beschwerde des Klägers wurde daher abgewiesen, und ihm wurden die Gerichtskosten auferlegt. |
Schlagwörter : | Recht; Rechtspflege; Vorinstanz; Verfahren; Bewerbung; Abänderung; Gericht; Entscheid; Einkommen; Kinder; Gesuch; Bewerbungen; Kläger; Arbeit; Obergericht; Klägers; Pensum; Verhältnis; Unterhalt; Bezirksgericht; Kantons; Zivilkammer; Oberrichterin; Verfügung; Scheidungsurteil; Parteien; %-Pensum; Einzelgericht; Frist |
Rechtsnorm: | Art. 119 ZPO ; Art. 121 ZPO ; Art. 286 ZGB ; Art. 322 ZPO ; Art. 326 ZPO ; Art. 93 BGG ; |
Referenz BGE: | 137 III 118; 137 III 470; 139 III 334; |
Kommentar: | - |
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: PC230042-O/U
Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. E. Lichti Aschwanden, Vorsitzende, Oberrichterin lic. iur. M. Stammbach und Oberrichterin lic. iur. R. Bantli Keller sowie Gerichtsschreiberin MLaw S. Ursprung
Urteil vom 31. Januar 2024
in Sachen
,
Kläger und Beschwerdeführer
gegen
,
Beklagte und Beschwerdegegnerin
betreffend Abänderung eines Scheidungsurteils (unentgeltliche Rechtspflege)
Erwägungen:
Ausgangslage und Verfahrensverlauf
A. (Kläger, Kläger und Beschwerdeführer, nachfolgend Kläger) und B. (Beklagte und Beschwerdegegnerin, nachfolgend Beklagte) sind die Eltern von C. , geb. tt.mm.2007, D. , geb. tt.mm.2009, und E. , geb. tt.mm.2009. Ihre Ehe wurde mit Scheidungsurteil des Tribunal de premiüre instance de Kenitra, Marokko, vom 2. Januar 2018 geschieden. Im Rahmen des vor dem Regionalgericht Berner Jura-Seeland durchgefährten Abänderungsverfahrens genehmigte das Gericht mit Entscheid vom 19. April 2022 die Vereinbarung der Parteien und änderte die KinderunterhaltsbeitRüge ab. Dabei wurde von einem effektiven Einkommen des Klägers von Fr. 3'360 (80 %-Pensum) und ab August 2022 von einem hypothetischen Einkommen von Fr. 4'100 (100 % Pensum) ausgegangen. Ausserdem wurde beRücksichtigt, dass der Kläger mit seiner neuen Ehefrau eine gemeinsame Tochter und ab August 2022 ein weiteres Kind hat (act. 5/5).
Am 10. Oktober 2022 (Datum Poststempel) reichte der Kläger beim Einzelgericht des Bezirksgerichts Zürich (nachfolgend Vorinstanz) eine Abänderungsklage ein und beantragte sinngemäss, die UnterhaltsbeitRüge für die Kinder
C. , D. und E. auf Fr. 0 herabzusetzen (act. 5/1). Mit Verfügung vom 14. November 2022 trat die Vorinstanz mangels Rechtsschutzinteresse auf die Klage nicht ein (act. 5/6). Die dagegen erhobene Berufung wurde vom Obergericht Zürich, II. Zivilkammer, mit Urteil vom 7. März 2023 gutgeheissen und das Verfahren an die Vorinstanz zurückgewiesen (OGer ZH, LC220037 vom 7. März 2023).
Die Vorinstanz setzte dem Kläger mit Verfügung vom 31. Mai 2023 Frist an, um für die Gerichtskosten einen Kostenvorschuss von Fr. 4'000 zu leisten und wies ihn auf die Möglichkeit zur Beantragung der unentgeltlichen Rechtspflege und der damit verbundenen Nachweise hin (act. 5/13). Daraufhin stellte der Kläger ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege (act. 5/15A). Die Vorinstanz lud auf den 22. September 2023 zu einer Verhandlung betreffend Gesuch um
Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege vor (Prot. Vi. S. 4 ff.), lehnte mit gleichentags ergangener Verfügung das Gesuch zufolge Aussichtslosigkeit ab und setzte dem Kläger Frist zur Leistung eines Kostenvorschusses von
Fr. 4'000.an (act. 5/27= act. 4 [Aktenexemplar]).
Dagegen erhob der Kläger mit Eingabe vom 10. Oktober 2023 (Datum Poststempel) rechtzeitig (vgl. act. 5/28/1) Beschwerde mit dem (sinngemüssen) Begehren, es sei der angefochtene Entscheid aufzuheben und ihm für das vorinstanzliche Verfahren betreffend Abänderung des Scheidungsurteils die unentgeltliche Rechtspflege zu Gewähren (act. 2 S. 1 f.). Die Akten der Vorinstanz wur- den beigezogen (act. 5/128). Der Beklagten kommt im vorliegenden Verfahren betreffend unentgeltliche Rechtspflege keine Parteistellung zu (vgl. BGer, 5A_381/2013 vom 19. August 2013, E. 3.2 m.w.H.; BGE 139 III 334 E. 4.2), wes-
halb von ihr keine Beschwerdeantwort einzuholen ist (vgl. Art. 322 Abs. 1 ZPO). Das Verfahren erweist sich als spruchreif.
2.
Der Entscheid, mit welchem die unentgeltliche Rechtspflege ganz teilweise abgelehnt wird, kann mit Beschwerde angefochten werden (Art. 121 ZPO i.V.m. Art. 319 lit. b Ziff. 1 ZPO). Die Beschwerde ist innert zehn Tagen seit der Zustellung des begründeten Entscheids schriftlich und begründet einzureichen (Art. 321 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO). Diese von Amtes wegen zu prüfenden Prozessvoraussetzungen (Art. 59 f. ZPO) sind hier erfüllt und geben zu keinen weiteren Bemerkungen Anlass.
Mit der Beschwerde können die unrichtige Rechtsanwendung und die offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhalts geltend gemacht werden. Offensichtlich unrichtig ist die Feststellung des Sachverhalts nur dann, wenn sie schlechthin unhaltbar, also willkürlich ist (CHK ZPO-S UTTER-SOMM/SEILER,
Art. 320 N 8). Neue Anträge, neue Tatsachenbehauptungen und neue Beweismittel sind im Beschwerdeverfahren ausgeschlossen (Art. 326 Abs. 1 ZPO). Dieses Novenverbot ist umfassend und gilt sowohl für echte als auch für unechte Noven
(ZK ZPO-FREIBURGHAUS/AFHELDT, 3. Aufl. 2016, Art. 326 N 4; BSK ZPO-SP?HLER,
3. Aufl. 2017, Art. 326 N 1).
Zur Beschwerde im Einzelnen
Eine Person hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn sie nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, um den Prozess zu finanzieren, und ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint (vgl. Art. 117 lit. a und b ZPO). Dar- über hinaus besteht ein Anspruch auf eine unentgeltliche Rechtsbeistündin einen unentgeltlichen Rechtsbeistand, sofern es zur Wahrung der Rechte notwendig ist (Art. 118 Abs. 1 lit. c ZPO). Betreffend die Umschreibung der Aussichtslosigkeit kann auf die zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz verwiesen werden (act. 4 E. 2.3.1). Zusammenfassend ist festzuhalten, dass Begehren als aussichtslos anzusehen sind, wenn aufgrund einer vorläufigen und summarischen Prüfung der Verhältnisse im Zeitpunkt der Gesuchseinreichung die Gewinnaussichten beträchtlich geringer erscheinen als die Verlustgefahren.
Das Gericht setzt bei erheblicher Veränderung der Verhältnisse den Unterhaltsbeitrag auf Antrag eines Elternteils neu fest hebt ihn auf (Art. 286 Abs. 2 ZGB). Liegt ein Abänderungsgrund im Sinne von Art. 286 Abs. 2 ZGB vor, sind die einzelnen Parameter der Unterhaltsbemessung bei der Neufestsetzung der KinderunterhaltsbeitRüge zu aktualisieren (BGer, 5A_35/2018 vom 31. Mai 2018,
E. 3.1; BGer, 5A_513/2014 vom 1. Oktober 2015, E. 5.1). Im Verhältnis zu min- derjührigen Kindern sind besonders hohe Anforderungen an die Ausnützung der Erwerbskraft zu stellen, vorab in jenen Fällen, wo wirtschaftlich enge Verhältnisse vorliegen (BGE 137 III 118 E. 3.1). Soweit der Abänderungskläger geltend machen will, ein ihm hypothetisch angerechnetes Einkommen nicht erzielen zu k?n- nen, muss er nachweisen, dass er ohne Erfolg alles in seiner Macht Stehende unternommen hat, um das ihm hypothetisch angerechnete Einkommen zu erzielen, worauf er bereits im letzten Verfahren von der Kammer hingewiesen wurde (OGer ZH, LC220037 vom 7. März 2023, E. 4.4.).
Die Vorinstanz bejahte zunächst die Mittellosigkeit des Klägers zumindest im Rahmen der Prüfung des Gesuchs und pröfte anschliessend die Prozessaussich-
ten. Sie erwog diesbezüglich, das Obergericht des Kantons Zürich habe bereits skizziert, was der Kläger in der Hauptsache darzulegen habe. Inzwischen geklürt und unbestritten sei, dass der Kläger seine Stelle bei der F. AG selbst gekündigt habe. Dies spreche gegen das Vorliegen eines Abänderungsgrundes (vgl. Prot. Vi. S. 612). Auch das Glaubhaftmachen der Erfolgsaussichten seines Hauptsachenbegehrens sei dem Kläger trotz richterlicher Nachfrage nicht gelungen. Er habe nicht genügend Bemühungen glaubhaft gemacht, um das ihm hypothetisch angerechnete Einkommen zu erzielen. So habe er in der Verhandlung vom 22. September 2023 in sehr allgemeiner Weise vier fänf Bewerbungen in einem Zeitraum von rund 13 Monaten erwähnt, wobei sich auch nur eine der Bewerbungen auf den Zeitraum der Klageeinreichung im August/September 2022 zu beziehen scheine. Eine weitere Bewerbung datiere offenbar von März 2023, die Bewerbung bei G. scheine nicht aktuell zu sein, datiere die E-Mail doch von Februar 2021, act. 5/25/4 sei nicht weiter aufschlussreich (Prot. Vi. S. 6 und act. 5/24, 5/25 und 5/26). Entsprechend habe der Kläger im Rahmen seines Gesuchs um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege nicht glaubhaft machen können, dass er alles in seiner Macht Stehende unternommen habe, um das ihm hypothetisch angerechnete Einkommen zu erzielen (act. 4 E. 2.2. ff.).
gestützt auf diese Feststellungen beurteilte die Vorinstanz die Gewinnaussichten des Klägers als deutlich geringer als die Verlustgefahren und wies dessen Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ab.
In seiner Beschwerde stellt der Kläger zu Recht nicht in Abrede, dass er die Arbeitsstelle bei den F. AG gekündigt hat, aktuell offenbar nur in einem
80 %-Pensum und nicht wie von ihm verlangt in einem 100 %-Pensum arbeitet und dabei Fr. 3'000/Monat verdient. Er wendet jedoch ein, dass ihm die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses aufgrund der unhaltbaren Arbeitsbedingungen bei der F. AG und der daraus resultierenden psychischen Zwangslage ürztlich angeraten wurde, unter Beilage eines ürztlichen Bestätigungsschreibens vom
3. Oktober 2023 (act. 2 S. 1; act. 3/10). Sofern dies tatsächlich zutröfe was je- doch vorliegend offen gelassen werden kann, zumal es sich beim vorliegend eingereichten Beleg um ein unzulässiges Novum handelt hat die Vorinstanz in ihrem Entscheid jedoch ebenfalls festgehalten, dass der Kläger nach seiner Kündigung trotz voller Arbeitsfähigkeit lediglich ein paar wenige Bewerbungen geschrieben habe. Dies bestreitet auch der Kläger nicht. Er führt zu seinen Bewerbungen in seiner Beschwerde lediglich aus, sämtliche vier Bewerbungen seien aktuell, er sei immer in der Schlussphase abgelehnt worden und ohnehin könne er neben der Arbeit in der Nacht nicht noch mehr Bewerbungen schreiben (act. 2
S. 2). Das Verfassen von mehr als fänf Bewerbungen ist dem Kläger jedoch durchaus zuzumuten, insbesondere auch angesichts dessen, dass er zusammen mit seinen beiden Kindern aus der neuen Ehe inzwischen für den Unterhalt von fänf Kindern aufkommen und damit seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit in besonderem Masse ausschäpfen muss. Das vorgebrachte Verhalten des Klägers ist damit Völlig unzureichend, um in einem Abänderungsverfahren erfolgreich nachzuweisen, dass er das ihm hypothetisch angerechnete Einkommen nicht zu erzielen vermag.
Folglich erweist sich auch das Begehren betreffend die Streichung der Kin- desunterhaltsbeitRüge für seine Kinder C. , D. , und E. aufgrund einer vorläufigen summarischen Prüfung der Erfolgsaussichten - und zwar selbst mit der in familienrechtlichen Verfahren gebotenen zurückhaltung (vgl. OGer ZH, PC150024 vom 23. Juni 2015, E. 3.1.2) als aussichtslos. Demnach ist die Beschwerde abzuweisen.
Das Bezirksgericht wird dem Kläger eine allerletzte kurze, nicht erstreckbare Frist anzusetzen haben, um den Kostenvorschuss zu leisten.
Kosten- und Entschädigungsfolgen
Im Verfahren betreffend die unentgeltliche Rechtspflege ist nur das (erstinstanzliche) Bewilligungsverfahren kostenlos (Art. 119 Abs. 6 ZPO). Für das Beschwerdeverfahren können hingegen Gerichtskosten erhoben werden (BGE 137 III 470 ff., E. 6.5; OGer ZH, RU160002 vom 14. März 2016, E. 4 und RU160006
vom 14. März 2016, E. 7, je m.w.H.). Ausgangsgemäss wird der Kläger daher kostenpflichtig.
Die Gerichtsgebühr für das zweitinstanzliche Verfahren ist in Anwendung von ?? 12 Abs. 1 und 2, 2 lit. a sowie 9 Abs. 1 GebV OG gestützt auf einen Streitwert von Fr. 79'800 auf Fr. 500.festzusetzen. Unter den gegebenen Umständen sind keine Parteientschädigungen zuzusprechen; dem Kläger nicht, weil er unterliegt, der vorinstanzlichen Beklagten nicht, weil ihr keine zu entschädigen- den Umtriebe entstanden sind.
Es wird erkannt:
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 500.festgesetzt und dem Kläger und Beschwerdeführer auferlegt.
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.
Schriftliche Mitteilung an den Kläger, die Beklagte sowie an das Einzelgericht, 10. Abteilung, des Bezirksgerichts Zürich, je gegen Empfangsschein.
Die erstinstanzlichen Akten gehen nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist an die Vorinstanz zurück.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesge-
richt, 1000 Lausanne 14, einzureichen. zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
Dies ist ein Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG.
Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 79'800.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Die Gerichtsschreiberin:
MLaw S. Ursprung
versandt am:
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