Kanton: | ZH |
Fallnummer: | PC230022 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | I. Zivilkammer |
Datum: | 15.02.2024 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Ehescheidung (Prozesskostenvorschuss, unentgeltliche Rechtspflege) |
Zusammenfassung : | Der Fall betrifft eine Person, die mehrere Unfälle erlitten hat und eine Rente wegen Invalidität beantragt hat. Nach einer umfangreichen medizinischen Untersuchung wurde festgestellt, dass die Person in der Lage ist, in einer angepassten Tätigkeit vollständig zu arbeiten. Aufgrund dieser Einschätzung wurde der Rentenantrag abgelehnt. Der Gerichtsbeschluss bestätigt diese Entscheidung und weist darauf hin, dass der Grad der Invalidität der Person bei 14,81 % liegt, was keinen Anspruch auf eine Invalidenrente begründet. Der Gerichtsbeschluss legt auch die Berechnung des Einkommens ohne Invalidität und mit Invalidität dar, sowie die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens und die Ablehnung von Entschädigungen. |
Schlagwörter : | Prozesskosten; Rechtspflege; Prozesskostenvorschuss; Beschwer; Prozesskostenvorschusses; Beklagten; Gewährung; Gesuch; Verfahren; Vorinstanz; Leistung; Beschwerdeverfahren; Eingabe; Verpflichtung; Klägers; Antrag; Rückzug; Prozesskostenbeitrag; Anspruch; Entscheid; Bundesgericht; Bestellung; Verfügung; Zusprechung; Begehren; Parteien; Obergericht; Oberrichter; Rechtsanwalt; Beschwerdegegner |
Rechtsnorm: | Art. 106 ZPO ; Art. 107 ZPO ; Art. 117 ZPO ; Art. 159 ZGB ; Art. 90 BGG ; Art. 98 BGG ; |
Referenz BGE: | 127 III 429; 128 I 225; 138 III 672; |
Kommentar: | - |
Obergericht des Kantons Zürich
I. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: PC230022-O/U
Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. A. Huizinga, Vorsitzender, Oberrichter lic. iur. M. Spahn und Oberrichterin lic. iur. B. Schürer sowie Gerichtsschreiberin MLaw D. Frangi
Beschluss vom 15. Februar 2024
in Sachen
,
Beklagte und Beschwerdeführerin
vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X.
gegen
,
Kläger und Beschwerdegegner 1
vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. Y.
Beschwerdegegner 2
vertreten durch Bezirksgericht Bülach
sowie
betreffend Ehescheidung (Prozesskostenvorschuss, unentgeltliche Rechtspflege)
Erwägungen:
1. Die Beklagte und Beschwerdeführerin (fortan Beklagte) sowie der Kläger und Beschwerdegegner 1 (fortan Kläger) stehen sich seit dem 7. Juli 2022 in ei- nem Scheidungsverfahren gegenüber. Zuvor einigten sie sich im Eheschutzverfahren EE200077-C mit gerichtlich genehmigter Teilvereinbarung vom 24. September 2020 auf die Zuweisung der ehelichen liegenschaft zur alleinigen Benutzung an die Beklagte (Urk. 7/19/2).
Mit Eingabe vom 27. Juli 2022 ersuchte die Beklagte vor Vorinstanz um Verpflichtung des Klägers zur Leistung eines Prozesskostenvorschusses in der Höhe von Fr. 5'000 zzgl. MwSt. von 7.7 %, eventualiter um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege sowie Bestellung von Rechtsanwältin Z. als unentgeltliche Rechtsbeistündin (Urk. 7/5 S. 2). Am 29. August 2022 teilte Rechtsanwältin Z. mit, die Beklagte nicht mehr zu vertreten, und zog das Gesuch um Bestellung einer unentgeltlichen Rechtsbeistündin zurück (Urk. 7/17). Rechtsanwalt lic. iur. X. ersuchte in der Folge mit Eingabe vom 5. September 2022 um Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes in seiner Person. Zudem erneuerte er den Antrag um Leistung eines Prozesskostenvorschusses, eventualiter Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege (Urk. 7/18 S. 2).
Mit zunächst unbegründeter Verfügung (Z3) vom 13. Januar 2023 verpflichtete die Vorinstanz den Kläger zur Leistung eines Prozesskostenvorschusses von Fr. 5'385, zahlbar an Rechtsanwalt lic. iur. X. ; das Eventualgesuch der Beklagten um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege schrieb sie als gegenstandslos ab (Urk. 7/45). Die begründete Ausfertigung wurde der Beklagten am 15. Mai 2023 zugestellt (Urk. 7/61-62).
Mit Verfügung (Z6) vom 5. Mai 2023 wies die Vorinstanz die eheliche Liegenschaft dem Kläger zur alleinigen Benutzung zu und verpflichtete die Beklagte, die liegenschaft bis spätestens zum 31. Juli 2023 zu verlassen (Urk. 63 S. 13). Das dagegen eingeleitete Berufungsverfahren wird unter der Geschäfts-
Nr. LY230017-O gefährt.
Gegen die vorinstanzliche Verfügung (Z3) vom 13. Januar 2023 erhob die Beklagte mit Eingabe vom 24. Mai 2023 fristgerecht Beschwerde. Darin beantragt sie im Wesentlichen die Aufhebung der Verpflichtung des Klägers zur Zahlung ei- nes Prozesskostenvorschusses und die Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege für das erstinstanzliche Scheidungsverfahren, eventualiter die Fälligstellung des Vorschusses auf eine Zeit nach ihrem Auszug aus der ehelichen Woh- nung und die Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege. Zudem ersuchte sie für das Beschwerdeverfahren um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege resp. um Verpflichtung des Klägers zur Leistung eines Prozesskostenvorschusses (Urk. 1 S. 2 f.). Mit Eingabe vom 14. Juli 2023 erklärte sie, dass sie die Familienwohnung inzwischen definitiv verlassen habe (Urk. 8). Am 11. August 2023 folgte eine weitere Eingabe der Beklagten (Urk. 9).
Mit Schreiben vom 25. August 2023 zog die Beklagte die Beschwerde zu- Rück. Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege resp. Zusprechung eines Prozesskostenvorschusses für das Beschwerdeverfahren hielt sie aufrecht (Urk. 12 S. 2). Der Kläger wurde am 25. August 2023 über den Rückzug informiert (Urk. 14).
Das Verfahren ist zufolge Rückzugs abzuschreiben.
Die Entscheidgebühr für das zweitinstanzliche Verfahren ist in Anwen- dung von 12 Abs. 1 und 2 i.V.m. 5 Abs. 1, 6 Abs.1, 8 Abs. 1 und 10 Abs. 1 GebV OG auf Fr. 800 festzusetzen.
Die Beklagte verlangt, dass die Kosten dem Kläger aufzuerlegen seien, und beantragt eine Parteientschädigung von Fr. 3'587.65 (Urk. 12 S. 2 ff.).
Gemäss Art. 106 Abs. 1 ZPO sind die Prozesskosten des Rechtsmittelverfahrens aufgrund des Rückzugs der Beklagten aufzuerlegen (Art. 106 Abs. 1 ZPO). Eine abweichende Verteilung im Sinne von Art. 107 ZPO wie dies die Beklagte verlangt ist nicht angezeigt. Dies gilt schon deshalb, da die Beschwerde wie zu zeigen sein wird (siehe E. 5.2. f.) von Anfang an aussichtslos war, womit auf sie ohnehin nicht einzutreten gewesen wäre.
Mangels entsprechender Umtriebe ist dem Kläger keine Parteientschädigung zuzusprechen.
Die Beklagte stellt ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege resp. Verpflichtung des Klägers zur Leistung eines Prozesskostenvorschusses für das Beschwerdeverfahren (Urk. 1 S. 3). Da das Verfahren aufgrund des Rückzugs been- det ist, ist der Antrag um Prozesskostenvorschuss als Antrag um Prozesskostenbeitrag zu behandeln.
Gemäss Art. 117 ZPO hat eine Person Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn sie nicht über die erforderlichen Mittel verfügt (lit. a) und ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint (lit. b). In einem Scheidungsverfahren kann eine Partei gestützt auf Art. 159 Abs. 3 ZGB verpflichtet werden, der an- deren Partei einen Beitrag zur Finanzierung des Prozesses zu bezahlen (ZK- Br?m/Hasenbühler, Art. 159 ZGB N 136). Der Anspruch auf einen Prozesskostenbeitrag geht dem Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege durchwegs vor (BGE 138 III 672 E. 4.2.1). Auch der Anspruch auf einen Prozesskostenbeitrag setzt voraus, dass die Antragstellerin mittellos und ihr Standpunkt nicht aussichtslos ist. überdies muss der Antragsgegner in der Lage sein, den Vorschuss zu leisten.
Als aussichtslos wird ein Rechtsbegehren qualifiziert, bei dem die Gewinnaussichten beträchtlich geringer sind als die Verlustgefahren und das deshalb kaum als ernsthaft bezeichnet werden kann. Dagegen gilt ein Begehren nicht als aussichtslos, wenn sich Gewinnaussichten und Verlustgefahren ungefähr die Waage halten jene nur wenig geringer sind als diese. Massgebend ist, ob eine Partei, die über die nötigen Mittel verfügt, sich bei vernünftiger überlegung zu ei- nem Prozess entschliessen würde. Eine Partei soll einen Prozess, den sie auf eigene Rechnung und Gefahr nicht führen würde, nicht deshalb anstrengen können, weil er sie zumindest vorläufig - nichts kostet (vgl. BGer 4A_270/2017 vom 1. September 2017 E. 4.3 m.H.). In der Lehre wird dabei davon ausgegangen, dass ein Begehren aussichtslos ist, wenn die Chancen, den Prozess zu gewinnen, unter 20 Prozent liegen (Meier, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 2010, S. 425).
Die Aussichtslosigkeit kann formeller materieller Art sein. Formelle Aussichtslosigkeit ist beispielsweise bei Fehlen einer mehrerer Prozessvoraussetzungen bei einem offensichtlich unzulässigen Rechtsmittel gegeben (BSK ZPO-Rüegg, Art. 117 N 19). Materielle Aussichtslosigkeit liegt etwa vor, wenn keine glaubwürdigen Beweise für den geltend gemachten Anspruch vorgebracht werden, sich das Begehren auf eine rechtlich unhaltbare Gesetzesauslegung stätzt, die Sachlegitimation fehlt die Verjährung eingetreten ist (BSK ZPO-Rüegg, Art. 117 N 19). Ob im Einzelfall genügende Erfolgsaussichten gegeben sind, beurteilt sich nach den Verhältnissen und der Prozesslage bei Einreichung des Gesuchs (BGE 128 I 225 E. 2.5.3).
Prozessvoraussetzung für ein Rechtsmittel ist das Vorliegen einer Beschwer (vgl. BGE 127 III 429 E. 1b). Die Beklagte ersuchte vor Vorinstanz um Zusprechung eines Prozesskostenvorschusses, eventualiter um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege (Urk. 7/18 S. 2). Die Vorinstanz sprach der Beklagten durch die Verpflichtung des Klägers zur Leistung eines Prozesskostenvorschusses das zu, was diese beantragt hatte. In Bezug auf den zugesprochenen Prozesskostenvorschuss ist die Beklagte deshalb nicht beschwert, womit die gegen den vorinstanzlichen Entscheid erhobene Beschwerde von Anfang an aussichtslos war. Folglich sind die Gesuche um unentgeltliche Rechtspflege resp. Zusprechung eines Prozesskostenbeitrags für das Beschwerdeverfahren abzuweisen.
Es wird beschlossen:
Das Verfahren wird abgeschrieben.
Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 800 festgesetzt.
Die Gerichtskosten des zweitinstanzlichen Verfahrens werden der Beklagten auferlegt.
Es werden für das Beschwerdeverfahren keine Parteientschädigungen zugesprochen.
Das Gesuch der Beklagten um Zusprechung eines Prozesskostenbeitrags für das Beschwerdeverfahren wird abgewiesen.
Das Gesuch der Beklagten um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistands wird abgewiesen.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an den Kläger unter Beilage der Doppel resp. Kopien von Urk. 1, 3, 4, 5/1-10, 8, 9, 10, 12 und 13, an die Beschwerdegegnerin 2 unter Beilage des Doppels von Urk. 1, je gegen Empfangsschein.
Die erstinstanzlichen Akten befinden sich bei der Vorinstanz.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 82 ff. (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG und ein Entscheid über vorsorgliche Massnahmen im Sinne von ARt. 98 BGG.
Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 5'385.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung. Hinsichtlich des Fristenlaufs gelten die Art. 44 ff. BGG.
Die Anfechtung einer ParteiErklärung (Vergleich, Anerkennung Rückzug des Begehrens) hat nicht mit Beschwerde an das Bundesgericht, sondern mit Revision beim Obergericht zu erfolgen (Art. 328 ff. ZPO).
Zürich, 15. Februar 2024
Obergericht des Kantons Zürich
Zivilkammer
Die Gerichtsschreiberin:
MLaw D. Frangi
versandt am: lm
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