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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Zusammenfassung des Urteils PC150022: Obergericht des Kantons Zürich

In dem vorliegenden Fall ging es um eine Ehescheidung und die Zuständigkeit des Gerichts. Der Beklagte reichte eine Scheidungsklage in Serbien ein, während die Klägerin eine Scheidungsklage in der Schweiz einreichte. Das Gericht setzte das Verfahren aus und entschied über verschiedene Angelegenheiten wie Unterhalt und Kinderbelange. Die Klägerin legte Berufung ein, die jedoch abgewiesen wurde, da das Gericht die Zuständigkeit des serbischen Gerichts anerkannte. Die Klägerin beantragte erfolglos die unentgeltliche Rechtspflege. Der Beklagte wurde zur Zahlung von Gerichtskosten und einer Parteientschädigung verpflichtet.

Urteilsdetails des Kantongerichts PC150022

Kanton:ZH
Fallnummer:PC150022
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:I. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid PC150022 vom 26.08.2015 (ZH)
Datum:26.08.2015
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Ehescheidung (Zuständigkeit)
Schlagwörter : Recht; Vorinstanz; Verfahren; Entscheid; Dispositivziffer; Beschwerde; Zuständigkeit; Berufung; Verfügung; Güterrecht; Frist; Scheidungspunkt; Beklagten; Gericht; Beschwerdeverfahren; Scheidungsklage; Endentscheid; Zwischenentscheid; Bundesgericht; Oberrichter; Ehescheidung; Bezirksgericht; Bülach; Amtsgericht; Paracin; Bezug; Scheidungspunkts; Güterrechts
Rechtsnorm:Art. 106 ZPO ;Art. 126 ZPO ;Art. 236 ZPO ;Art. 237 ZPO ;Art. 308 ZPO ;Art. 321 ZPO ;Art. 59 IPRG ;Art. 60 IPRG ;Art. 60 ZPO ;Art. 65 IPRG ;Art. 9 IPRG ;Art. 92 BGG ;
Referenz BGE: BGE 123 III 414
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts PC150022

Obergericht des Kantons Zürich

I. Zivilkammer

Geschäfts-Nr.: PC150022-O/U

Mitwirkend: Oberrichterin Dr. L. Hunziker Schnider, Vorsitzende, Oberrichter Dr. H. A. Müller und Oberrichter lic. iur. M. Spahn sowie Gerichtsschreiberin lic. iur. J. Freiburghaus

Beschluss und Urteil vom 26. August 2015

in Sachen

  1. ,

    Klägerin und Beschwerdeführerin

    vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. X.

    gegen

  2. ,

Beklagter und Beschwerdegegner

vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Y.

betreffend Ehescheidung (Zuständigkeit)

Beschwerde gegen eine Verfügung des Einzelgerichts im ordentlichen Verfahren am Bezirksgericht Bülach vom 8. April 2015 (FE140400-C)

Erwägungen:

I.
  1. Am 23. März 2014 erhob der Beklagte und Bechwerdegegner (nachfolgend Beklagter) eine Scheidungsklage am Amtsgericht in Paracin, Serbien (Urk. 4/4/2). Die Klägerin und Beschwerdeführerin (nachfolgend Klägerin) reichte ihrerseits mit Eingabe vom 23. Dezember 2014 bei der Vorinstanz eine Scheidungsklage ein (Urk. 4/1). Mit Schreiben vom 23. März 2015 erhob der Beklagte die Einrede der ausländischen Rechtshängigkeit sowie der teilweise abgeurteilten Sache (Urk. 4/16).

  2. Mit Verfügung vom 8. April 2015 setzte die Vorinstanz das Verfahren in Anwendung von Art. 9 IPRG bezüglich des Statusentscheids der Ehescheidung und des Entscheids über das Güterrecht aus (Urk. 2 Dispositivziffer 1). Zur Regelung des nachehelichen Unterhalts, des Vorsorgeausgleichs sowie der Kinderbelange erachtete sich die Vorinstanz als zuständig und trat auf diese Begehren ein (Urk. 2 Dispositivziffer 2). Die Vorinstanz belehrte in der angefochtenen Verfügung eine 30-tägige Frist zur Erhebung der Berufung (Urk. 2 Dispositivziffer 4).

  3. Mit Eingabe vom 7. Mai 2015 (gleichentags zur Post gegeben) erhob die Klägerin gegen die vorgenannte Verfügung Berufung mit den folgenden Anträgen (Urk. 1 S. 2):

    1. Es sei Ziff. 1 der Verfügung des Bezirksgerichts Bülach, Einzelgericht, vom 8. April 2015, Geschäfts-Nr. FE140400, betreffend Zuständigkeit aufzuheben und die Vorinstanz anzuweisen, auf die Scheidungsklage der Berufungsklägerin vom 23. Dezember 2014 vollumfänglich einzutreten.

    2. Unter Kostenund Entschädigungsfolgen zulasten der Vorinstanz, eventualiter des Berufungsbeklagten.

    Weiter beantragte die Klägerin die Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege sowie die Bestellung einer unentgeltlichen Rechtsbeiständin (Urk. 1 S. 2).

  4. Mit Verfügung vom 12. Juni 2015 wurde dem Beklagten eine zehntägige Frist zur Beschwerdeantwort angesetzt (Urk. 5). Die Beschwerdeantwort datiert

vom 24. Juni 2015 (Urk. 6) und wurde der Klägerin zur Kenntnisnahme zugestellt (Urk. 8).

II.
  1. Die Rechtsmittelvoraussetzungen sind von Amtes wegen zu prüfen (Art. 60 ZPO). Die Vorinstanz hat in Dispositivziffer 4 festgehalten, dass die Verfügung vom 8. April 2015 innert einer Frist von 30 Tagen mit Berufung anzufechten sei (Urk. 2 Dispositivziffer 4).

  2. Gemäss Art. 308 Abs. 1 ZPO sind erstinstanzliche Endund Zwischenentscheide (lit. a) und erstinstanzliche Entscheide über vorsorgliche Massnahmen (lit. b) mit Berufung anfechtbar. Die Klägerin ficht lediglich Dispositivziffer 1 der Verfügung vom 8. April 2015 an, womit die Vorinstanz das Verfahren mit Bezug auf den Scheidungspunkt sowie das Güterrecht aussetzte. Die angefochtene Dispositivziffer 1 beendet das Verfahren nicht, weshalb es sich nicht um einen Endentscheid gemäss Art. 236 ZPO handelt. Auch handelt es sich nicht um einen Zwischenentscheid nach Art. 237 ZPO. Danach liegt ein Zwischenentscheid vor, wenn durch eine abweichende oberinstanzliche Beurteilung sofort ein Endentscheid herbeigeführt und so ein bedeutender Zeitoder Kostenaufwand gespart werden kann. Das ist vorliegend nicht der Fall. Ein abweichender Rechtsmittelentscheid hätte nicht einen negativen Endentscheid zur Folge, sondern würde dazu führen, dass die Vorinstanz das Verfahren auch hinsichtlich des Scheidungspunkts sowie des Güterrechts an Hand nimmt. Schliesslich stellt Dispositivziffer 1 auch keinen Entscheid über vorsorgliche Massnahmen dar. Folglich ist Dispositivziffer 1 nicht mit Berufung anfechtbar. Es bleibt zu prüfen, ob gegen den fraglichen Entscheid Beschwerde erhoben werden kann.

  3. Nach Art. 319 lit. b ZPO sind andere erstinstanzliche Entscheide und prozessleitende Verfügungen in den vom Gesetz bestimmten Fällen (Ziff. 1) dann mit Beschwerde anfechtbar, wenn durch sie ein nicht leicht wiedergutzumachender Nachteil droht (Art. 319 lit. b Ziff. 2 ZPO).

  4. Wie erwähnt wurde mit der angefochtenen Dispositivziffer 1 das Verfahren hinsichtlich des Scheidungspunkts und des Güterrechts ausgesetzt. Eine Sistierung ist gemäss Art. 126 Abs. 2 ZPO mit Beschwerde anfechtbar. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung wird mit der Aussetzung eines Verfahrens aufgrund früherer ausländischer Rechtshängigkeit nicht bloss die Beurteilung vertagt, sondern bereits eine Zuständigkeitsfrage entschieden. Ein solcher Entscheid ist selbständig mit Beschwerde in Zivilsachen gemäss Art. 92 BGG anfechtbar (BGE 123 III 414 E. 2; BGer 4A_143/2007 vom 6. Juli 2007 E. 2.1 und BGer

    5A_601/2009 vom 30. November 2009 E. 1) und muss daher auch bei der kantonalen Rechtsmittelinstanz anfechtbar sein. Folglich ist die Berufung der Klägerin als Beschwerde entgegenzunehmen. Unklar ist, ob die Beschwerdefrist vorliegend 30 bloss 10 Tage beträgt (Art. 321 Abs. 1 und 2 ZPO). Die Frage der Rechtzeitigkeit der Rechtsmittelerhebung kann allerdings offen gelassen werden, da der Beschwerde wie sogleich zu zeigen sein wird materiell ohnehin kein Erfolg beschieden ist.

  5. Die Klägerin macht unter Bezugnahme auf Art. 59 IPRG und Art. 51 lit. b IPRG sinngemäss geltend, dass das vom Beklagten angerufene serbische Gericht betreffend den Scheidungspunkt und das Güterrecht nicht zuständig sei, weshalb die Anerkennungsprognose gemäss Art. 9 Abs. 1 IPRG negativ ausfalle und folglich das Verfahren diesbezüglich nicht hätte ausgesetzt werden dürfen (Urk. 1 S. 5 ff.). Erste Voraussetzung für das Aussetzen des Verfahrens gemäss Art. 9 Abs. 1 IPRG ist die Anerkennung der Entscheidzuständigkeit der Gerichte bzw. Behörden des Entscheidungsstaates durch das schweizerische Recht (sog. indirekte internationale Zuständigkeit Anerkennungszuständigkeit). Das IPRG erhält zahlreiche Spezialbestimmungen betreffend die indirekte Zuständigkeit. Die Vorinstanz bejahte in zutreffender Weise die indirekte Zuständigkeit des vom Beklagten angerufenen Amtsgerichts in Paracin hinsichtlich des Scheidungspunkts (Art. 65 Abs. 1 IPRG) sowie bezüglich des Güterrechts (Art. 58 Abs. 2 i.V.m. Art. 65 Abs. 1 IPRG). Die Klägerin beruft sich hingegen fälschlicherweise auf Art. 51 lit. b und Art. 60 IPRG. Diese Bestimmungen regeln nämlich die internationale Zuständigkeit der schweizerischen Gerichte für Scheidungsklagen (sog. direkte internationale Zuständigkeit Entscheidungszuständigkeit) und nicht die indirekte internationale Zuständigkeit. Betreffend die in Anwendung von Art. 9 Abs. 1 IPRG vorzunehmende Fristenprognose stützte sich die Vorinstanz auf den

    Beschluss des Amtsgerichts Paracin (Serbien) vom 20. März 2015 (Urk. 4/17/14 und Urk. 4/17/15), wonach die Hauptverhandlung am 23. April 2015 stattfinden und das Beweisverfahren der Ehescheidung innert fünf Monaten erfolgen werde. Entsprechend fiel die Fristenprognose positiv aus. Diese Erwägung blieb von der Klägerin unangefochten.

  6. Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass die Vorinstanz das Verfahren mit Bezug auf den Scheidungspunkt sowie das Güterrecht in Anwendung von Art. 9 Abs. 1 IPRG zu Recht ausgesetzt hat, weshalb die Beschwerde abzuweisen ist.

III.
  1. Die Klägerin stellt für das Beschwerdeverfahren ein Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung und um Bestellung einer unentgeltlichen Rechtsvertretung (Urk. 1 S. 2). Dieser Antrag ist zufolge Aussichtslosigkeit der Beschwerde (Art. 117 lit. b ZPO) abzuweisen.

  2. Die Prozesskosten des Beschwerdeverfahrens sind ausgangsgemäss der Klägerin aufzuerlegen (Art. 106 Abs. 1 ZPO) und gestützt auf § 1 lit. b, § 2, § 5 Abs. 1 und § 12 Abs. 1 und 2 GebV OG vom 8. September 2010 auf Fr. 1'200.festzusetzen. Sodann ist die Klägerin zu verpflichten, dem Beklagten in Anwendung von § 1, § 2 Abs. 1 lit. a, § 5 Abs. 1 und § 13 Abs. 4 ZPO für das Beschwerdeverfahren eine Parteientschädigung von Fr. 800.- (inkl. 8 % MwSt.) zu bezahlen.

Es wird beschlossen:

  1. Der Antrag der Klägerin auf Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das Beschwerdeverfahren wird abgewiesen.

  2. Schriftliche Mitteilung und Rechtsmittelbelehrung mit dem nachfolgenden Erkenntnis.

und erkannt:

  1. Die Berufung wird als Beschwerde entgegengenommen.

  2. Die Beschwerde wird abgewiesen.

  3. Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 1'200.festgesetzt.

  4. Die Kosten für das zweitinstanzliche Verfahren werden der Klägerin auferlegt.

  5. Die Klägerin wird verpflichtet, dem Beklagten für das Beschwerdeverfahren eine Parteientschädigung von Fr. 800.zu bezahlen.

  6. Schriftliche Mitteilung an die Parteien sowie an das Bezirksgericht Bülach, je gegen Empfangsschein.

    Die erstinstanzlichen Akten gehen nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist an die Vorinstanz zurück.

  7. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

    Dies ist ein Zwischenentscheid im Sinne von Art. 92 bzw. 93 BGG. Es handelt sich um eine nicht vermögensrechtliche Angelegenheit.

    Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.

    [Bei II. ZK löschen:]

    Hinsichtlich des Fristenlaufs gelten die Art. 44 ff. BGG.

    [Endentscheide in der Sache im ordentlichen und vereinfachten Verfahren (§ 136

    GOG):]

    Zürich, 26. August 2015

    Obergericht des Kantons Zürich

    1. Zivilkammer

Die Gerichtsschreiberin:

lic. iur. J. Freiburghaus

versandt am: mc

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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