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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:PC130017
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid PC130017 vom 25.04.2013 (ZH)
Datum:25.04.2013
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Ehescheidung / unentgeltliche Rechtspflege
Schlagwörter : Recht; Beschwerde; Unentgeltliche; Prozesskostenvorschuss; Rechtspflege; Rechtsanwältin; Beschwerdeführerin; Gesuch; Vertrete; Vorinstanz; Rechtsvertreter; Beschwerdegegner; Entscheid; Prozesskostenvorschusses; Vollmacht; Begehren; Verfahren; Rechtsvertreterin; Vorschuss; Einbringlich; Mandat; Gewährung; Unentgeltlichen; Klientin; Wäre; Bundesgericht; Verfügung; Gestellte; Ausland
Rechtsnorm: Art. 122 ZPO ; Art. 132 ZPO ; Art. 145 ZGB ; Art. 159 ZGB ; Art. 172 OR ; Art. 178 ZGB ; Art. 322 ZPO ; Art. 326 ZPO ; Art. 93 BGG ;
Referenz BGE:137 III 470;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer

Geschäfts-Nr.: PC130017-O/U

Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. A. Katzenstein, Vorsitzende, Oberrichterin

lic. iur. M. Stammbach und Ersatzrichterin Prof. Dr. I. Jent-Sørensen sowie Gerichtsschreiberin lic. iur. K. Houweling-Wili.

Urteil vom 25. April 2013

in Sachen

  1. ,

    Klägerin und Beschwerdeführerin

    vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X1. vormals vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. X2.

    gegen

  2. ,

    Beklagter und Beschwerdegegner

    betreffend Ehescheidung / unentgeltliche Rechtspflege

    Beschwerde gegen eine Verfügung des Einzelgerichtes des Bezirksgerichtes Horgen vom 11. März 2013; Proz. FE120040

    I.

    1. Im Rahmen des Eheschutzverfahrens bzw. des Scheidungsverfahrens der Parteien hatte A. (nachfolgend Beschwerdeführerin) durch ihre damalige Rechtsvertreterin, Rechtsanwältin lic. iur. X2. , gegen B. (nachfolgend Beschwerdegegner genannt) ein Begehren um Leistung eines Prozesskostenvorschusses, eventualiter ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gestellt. Mit Verfügung vom 28. November 2012 (act. 66/1 S. 14 Dispositiv-Ziff. 1) verpflichtete die Vorinstanz den Beschwerdegegner, der Beschwerdeführerin einen Prozesskostenvorschuss von Fr. 15'000.-- zu bezahlen, direkt zu überweisen an Rechtsanwältin lic. iur. X2. . Im Zeitpunkt dieses Entscheides vertrat Rechtsanwältin X2. die Beschwerdeführerin bereits (seit dem 9. Mai 2012) nicht mehr (act. 12).

      Mit Eingabe vom 27. Februar 2013 wandte sich Rechtsanwältin X2. an die Vorinstanz: Sie machte geltend, der Prozesskostenvorschuss sei beim Beschwerdegegner nicht bzw. nur mit ausserordentlichen Schwierigkeiten einbringlich, weil sich dieser nach Frankreich abgemeldet habe (act. 52) und auf ihr Schreiben vom 29. Januar 2013, mit dem sie ihm eine Zahlungsfrist von 10 Tagen gesetzt hatte, nicht reagiert habe (act. 53). Deshalb erneuere sie nunmehr das ursprünglich als Eventualbegehren gestellte Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und um unentgeltliche Rechtsverbeiständung.

    2. Die Vorinstanz wies das Gesuch am 11. März 2013 ab (act. 66/2 = act. 67), wogegen sich Rechtsanwältin X2. bei der Kammer rechtzeitig mit folgendem Rechtsbegehren beschwerte (act. 65):

      Es sei die Verfügung des Einzelgerichtes am Bezirksgericht Horgen vom 11. März 2013 aufzuheben und der Klägerin die unentgeltliche Rechtspflege sowie die Rechtsverbeiständung durch die Unterzeichnende zu gewähren;

      Unter Kostenund Entschädigungsfolgen (zuzüglich 8 % MwSt) zulasten des Staates.

    3. Die Beschwerde wird wie folgt begründet: Als das Eventualbegehren um unentgeltliche Prozessführung erstmals gestellt worden sei, sei Rechtsanwäl- tin X2. unbestrittenermassen durch die Beschwerdeführerin bevollmächtigt gewesen. Mit der Erneuerung ihres Antrages komme sie lediglich auf das damals gestellte Eventualbegehren zurück und es gehe um den Zeitraum vor der Mandatsübernahme durch den jetzigen Vertreter der Beschwerdeführerin, Rechtsanwalt lic. iur. X1. . Ein neues Vollmachtformular habe sie ihrer ehemaligen

      Mandantin via diesen zugestellt. Dieser habe seine Klientin während der kurzen Rechtsmittelfrist noch nicht erreichen können. Die Ansicht der Vorinstanz, dass der Prozesskostenvorschuss einbringlich sei, sei unrichtig. Die Beschwerdeführerin sei bedürftig, das eherechtliche Verfahren sei nicht aussichtslos und das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Rechtsverbeiständung sei in der ersten Eingabe als Eventualantrag gestellt worden. Die unentgeltliche Prozessführung hätte schon damals gewährt werden müssen, wenn diese nicht gegenüber dem Prozesskostenvorschuss des Ehegatten subsidiär gewesen wäre (act. 65

      S. 3 f.). Es sei vom Bundesgericht (z.B. BGer 5A_562/2009) schon verschiedentlich entschieden worden, dass unentgeltliche Rechtspflege auch dann gewährt werden müsse, wenn der Prozesskostenvorschuss nicht oder nur schwer einbringlich sei, was der Fall sei, wenn im Ausland vollstreckt werden müsste. Das Bundesgericht sei im Entscheid BGer 5A_843/2009 E. 4.3 klar der Ansicht, dass bei einer Ausreise des Schuldners aus der Schweiz Uneinbringlichkeit des Prozesskostenvorschusses vorliege. Der Beschwerdegegner habe in Frankreich allerdings nur ein Briefkastendomizil begründet, um das Scheidungsverfahren zu verzögern; er sei nach wie vor oft in Zürich und C. anzutreffen (act. 65

      S. 4). Was die von der Vorinstanz für möglich gehaltene Arrestlegung betreffe, sei zum Lohnausweis für das Jahr 2010 zu bemerken, dass davon nicht mehr ausgegangen werden könne. Der Umfang der Arbeitsfähigkeit sei schon im Zusammenhang mit der Hauptsache in Frage gestellt worden. Ausserdem sei für die Arbeitgeberin eine Pfändung über Fr. 350'000.-- vollzogen und der Pfändungsanschluss der Klägerin bestritten worden. Der Beschwerdegegner habe die Lohnbezüge bzw. Abrechnungen wegen seiner Stellung als einzelzeichnungsberechtigter VR ohnehin beliebig manipulieren können, so dass wohl lediglich das Existenzminimum als Einkommen ausgewiesen würde (act. 65 S. 5). Ausserdem sei der Beklagte seit dem 15. März 2013 als VR-Präsident der D. AG zurückgetreten, was am 20. März 2013 publiziert worden sei, wobei der Rücktritt tatsächlich schon früher erfolgt sei. Das früher vorhandene Vermögen von 1.2 Mio. Fr. sei ins Ausland verschoben worden, nachdem die Verfügungsbeschränkung aus dem (abgeschlossenen) Eheschutzverfahren i.S.v. Art. 178 ZGB entfallen sei.

    4. Da sich die Beschwerde sofort als unbegründet erweist, wurde keine Beschwerdeantwort eingeholt (Art. 322 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist damit spruchreif.

II.

  1. Die Vorinstanz geht davon aus, die Rechtsvertreterin sei nicht zur Geltendmachung des Anspruchs auf unentgeltliche Rechtspflege legitimiert, schon gar nicht ohne die Vollmacht ihrer ehemaligen Klientin. Das Gesuch sei jedoch ohnehin abzuweisen, weil die einmalige Geltendmachung mit einer Zahlungsfristansetzung nicht genüge, um die Uneinbringlichkeit darzutun. Die taktische Verlegung des Wohnsitzes an eine bekannte Adresse ins Ausland sei kein stichhaltiger Grund und ausserdem verfüge der Beschwerdegegner über ein mutmassliches monatliches Entgelt aus seinen VR-Mandaten in der Schweiz, welches verarrestiert werden könnte.

    Anzumerken ist, dass der Beschwerdegegner inzwischen als VR-Präsident ausgeschieden ist (vgl. act. 66/4, Tagesregistereintrag vom 15. März 2013). Darauf kommt es, wie zu zeigen sein wird, allerdings nicht an. Zudem sind Noven im Rahmen der Beschwerde unzulässig (Art. 326 Abs. 1 ZPO).

  2. Der Anspruch aus Art. 159 ZGB (Beistandspflicht der Ehegatten) steht dem Ehegatten (und nicht dem Anwalt, der ihn im Prozess vertritt) zu. Im vorliegenden Fall wurde der Beschwerdegegner von der Vorinstanz verpflichtet, den Prozesskostenvorschuss direkt an die Rechtsvertreterin der Beschwerdeführerin zu überweisen. Dieses Vorgehen dürfte auf die besondere Konstellation des vorliegenden Falles zurückzuführen sein. Rechtsanwältin X2. hatte für ihre Mandantin im Eheschutzverfahren Prozesskostenvorschüsse verlangt. Am 9. Mai 2012 hatte sie dem Gericht mitgeteilt, dass sie die Beschwerdeführerin nicht mehr vertrete (act. 66/1 S. 3 = act. 12). Die Vorinstanz führte im Entscheid vom

  1. November 2012, der in einem Zeitpunkt erging, als Rechtsanwältin X2. schon längst nicht mehr mandatiert war, Folgendes aus (act. 66/1 S. 4 f.): Obwohl das Eheschutzverfahren bereits abgeschlossen ist, und Rechtsanwältin lic.

    iur. X2. das Mandat im Scheidungsprozess beendet hat, ist der Antrag um Leistung eines Prozesskostenvorschusses, welcher erstmals im Eheschutzverfahren gestellt wurde, im vorliegenden Verfahren zu beurteilen und zu entscheiden. Es widerspricht dem Grundsatz von Treu und Glauben, wenn der Gesuchsgegner einer Scheidungskonvention zustimmt, in welcher die Kosten für die Rechtsvertreterin der Gesuchstellerin geregelt werden und dann kurze Zeit später diese Vereinbarung widerruft und das Begehren um Verpflichtung zur Bezahlung eines Prozesskostenvorschusses bzw. um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege dann nicht mehr beurteilt wird. Es kann nicht dahingehen, dass aufgrund dieses Widerrufs die Kosten der Rechtsvertreterin der Gesuchstellerin nicht mehr berücksichtigt werden, bloss weil das Verfahren bereits abgeschlossen ist. Es bleibt jeder Partei grundsätzlich offen, eine Vereinbarung innert Frist zu widerrufen. Vielmehr wäre es rechtsmissbräuchlich, wenn die Gesuchstellerin aufgrund eines Widerrufs ihren Anspruch auf Überprüfung einer Verpflichtung zur Bezahlung eines Prozesskostenvorschusses bzw. ihres Begehrens um unentgeltliche Rechtspflege verlieren würde und demzufolge die Kosten selber tragen müsste. Eine rückwirkende Beurteilung betreffend das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und um Verpflichtung des Gesuchsgegners zur Bezahlung eines Prozesskostenvorschusses erscheint daher vorliegend angezeigt. Und weiter a.a.O. S. 13: Der Prozesskostenvorschuss ist direkt an die ehemalige Rechtsvertreterin der Gesuchstellerin, X2. , zu leisten .

    Damit sind die Umstände, die zur direkten Zusprechung des Prozesskostenvorschusses an Rechtsanwältin X2. führten, klar, und es kann angenommen werden, dass die Vorinstanz - weil das Mandatsverhältnis im Entscheidzeitpunkt bereits beendet war - der Rechtsvertreterin ein direktes, von einer Bevollmächtigung unabhängiges Forderungsrecht einräumen wollte. Anzumerken ist, dass bei der Zusprechung des Prozesskostenvorschusses vom 28. November 2012 (act. 66/1) die Adresse des Ehemannes gemäss Rubrum bereits in Frankreich war. Es war somit bereits bei Erlass der vorinstanzlichen Anordnung klar, dass der Prozesskostenvorschuss, wenn er nicht freiwillig bezahlt würde, allenfalls im Ausland eingetrieben werden müsse.

    1. Der Entscheid vom 28. November 2012 ist von keiner der Parteien angefochten worden. Welche Wirkungen eine direkte Zusprechung des Prozesskostenvorschusses an die Rechtsvertretung hatte, ist nicht restlos klar. Es dürfte jedenfalls die Meinung gehabt haben, dass der Beschwerdegegner den zugesprochenen Betrag nicht mit befreiender Wirkung an die Beschwerdeführerin leisten kann. Ob die Beschwerdeführerin aus der im Formular Vollmacht (act. 18) übernommenen Pflicht zur Zahlung des Honorars und der Barauslagen des Bevollmächtigten entlassen ist, ist höchst fraglich, hier allerdings nicht zu entscheiden. Naheliegend wäre, wenn die Zusprechung an die Rechtsvertreterin im Beschluss vom 28. November 2012 vergleichbare Wirkungen haben würde wie jene, die in der Vollmacht (act. 18) ohnehin vorgesehen sind, nämlich dass allfällige Prozessentschädigungen zahlungshalber abgetreten werden. Bei Abtretungen zahlungshalber (Art. 172 OR) bleibt es dabei, dass der Zedent gegenüber dem Zessionar weiterhin aufgrund der alten, nicht zum Erlöschen gebrachten Schuld haftet (BSK OR I-Girsberger, N. 2a zu Art. 172). Kämen diese Regeln zur Anwendung, so wä- re die Beschwerdeführerin mit der Zusprechung des Vorschusses an die frühere Rechtsvertretung nicht von ihren finanziellen Verpflichtungen gegenüber dieser befreit. Eine andere - hier allerdings ebenfalls nicht zu beantwortende - Frage ist, inwieweit ein Rechtsvertreter, dem ein Vorschuss/eine Entschädigung direkt zugesprochen wurde, den Vorschuss bei der Gegenpartei eintreiben muss bzw. inwieweit allfällige Unterlassungen berücksichtigt werden müssen (vgl. dazu die obligationenrechtliche Regelung von Art. 172 OR sowie CHK-Reetz/Burri, N. 6 zu Art. 172; ZK-Spirig, N. 38 ff. zu Art. 172 OR sowie die Praxis zu § 89 aZPO [und Art. 122 Abs. 1 ZPO; vgl. KuKo ZPO-Jent-Sørensen, N. 5 zu Art. 123]).

    2. Bezüglich der Rechtsfolgen, die im Regelfall eintreten, wenn der durch prozessleitenden Entscheid verpflichtete Ehegatte den Prozesskostenvorschuss an den berechtigten Ehegatten nicht leistet, wird die Ansicht vertreten (vgl. Walter Bühler/Karl Spühler, Das Eherecht, 1. Teilband/2. Hälfte: Die Ehescheidung

      [Art. 137 bis 158 ZGB], 3. Auflage, Zürich 1980, N. 293 zu Art. 145 aZGB mit weiteren Hinweisen), dass dem Berechtigten bis nach Leistung des Vorschusses nicht zuzumuten (sei), sich auf weitere Prozesshandlungen einzulassen; der Prozess hat daher bis dahin, jedenfalls wenn der Berechtigte es verlangt, zu ruhen,

      sei es mittels formeller Einstellung des Verfahrens, sei es durch formloses Aussetzen weiterer Prozesshandlungen. Damit es nicht zu Prozessverschleppungen kommen könne, werde zweckmässigerweise dem Vorschusspflichtigen eine Frist zur Vorschussleistung und nötigenfalls dem Berechtigten zur Anhebung der Betreibung angesetzt. Das führe zum Verlust des Anspruchs auf Zuwarten, wenn die Betreibung gegen den Vorschusspflichtigen nicht eingeleitet werde (Bühler/Spüh- ler, a.a.O., N. 294 zu Art. 145 aZGB). Führe die Betreibung nicht dazu, dass der Vorschuss geleistet werde oder sei die Betreibung (z.B. im Ausland) von Anfang an nicht möglich oder zumutbar, so sei bei Säumnis des vorschusspflichtigen Beklagten der bedürftigen klagenden Partei die unentgeltliche Prozessführung zu bewilligen. Bei Säumnis der klagenden Partei seien Androhung oder Verwirklichung eines prozessualen Nachteils zulässig (Bühler/Spühler, a.a.O., N. 297 zu Art. 145 aZGB).

    3. Seit dem 9. Mai 2012 vertritt Rechtsanwältin X2. die Beschwerdeführerin nicht mehr und sie ist daher auch nicht mehr zu weiteren Prozesshandlungen ermächtigt. Alle sich im pendenten Scheidungsprozess im Zusammenhang mit dem Prozesskostenvorschuss und der Erneuerung des Gesuches um unentgeltliche Rechtspflege stellenden Fragen (insbes. Einstellung des Verfahrens wegen Säumnis des Klägers in einem späteren Zeitpunkt, wenn die zu bevorschussenden Prozesshandlungen bereits erfolgt sind, Erneuerung des Begehrens um unentgeltliche Prozessführung, wenn ein auferlegter Prozesskostenvorschuss nicht geleistet wird etc.) mögen sich weiterhin oder immer noch stellen, jedoch ohne dass Rechtsanwältin X2. ins Verfahren eingreifen könnte. Unbestrittene Tatsache ist, dass die Beschwerdeführerin jetzt durch einen anderen Anwalt vertreten ist, dem es obliegt, das Nötige für seine Klientin vorzukehren. Aus der Zeit, bevor er selber mandatiert worden war, geht es unbestrittenermassen nicht um seine Vergütung für anwaltliche Bemühungen. Hingegen hat er die Interessen seiner Klientin wahrzunehmen, sofern und soweit diese weiterhin aus dem Vertragsverhältnis zu ihrer früheren Anwältin in der Pflicht steht.

      Das Interesse von Rechtsanwältin X2. daran, dass ihrer ehemaligen Klientin für den Zeitraum ihres Mandates nachträglich die unentgeltliche Rechtspflege gewährt wird, ist ein indirektes und daher keine ausreichende Grundlage für eine Intervention in einem Prozess, in dem die Interessen der Beschwerdefüh- rerin anwaltlich durch einen anderen Rechtsvertreter wahrgenommen werden. Dass Rechtsanwältin X2. seinerzeit eine Vollmacht hatte und das Begehren um unentgeltliche Rechtspflege bereits damals eventualiter gestellt hatte (das dann wegen des Prozesskostenvorschusses obsolet geworden ist; act. 66/1 E. 3

      S. 13), rechtfertigt keine andere Sichtweise, weil für das, was es hier und jetzt zu tun gibt, die aktuelle Rechtsvertretung bevollmächtigt ist. Die Tatsache, dass die unentgeltliche Rechtspflege eventualiter bereits früher beantragt worden war, mag allenfalls im Sinne der Rechtsprechung (BGer 5A_843/2009 E. 4.3. Erneuerung eines früher gestellten Gesuches) zu berücksichtigen sein, wenn die übrigen Voraussetzungen gegeben sind, jedoch nicht in dem Sinne, dass Rechtsanwältin X2. , die seit Mai 2012 kein Mandat mehr hat, zur Stellung des Begehrens berechtigt wäre.

      Obwohl das Interesse von Rechtsanwältin X2. , ihr Honorar zu erhalten, verständlich ist, fehlt es an der gesetzlichen Grundlage für das gewählte Vorgehen. Letztlich ist ihre Situation jedoch nicht grundlegend anders als diejenige eines jeden Anwalts, der es unterlässt, vorab auf der Leistung eines Kostenvorschusses zu bestehen und zuvor die mit dem Mandat in Zusammenhang stehenden Bemühungen (noch) nicht zu erbringen. Wird der Anwalt von seinem eigenen Klienten hingehalten und ist sein Honorar im Nachhinein nicht oder nur schwer einbringlich, dann kann ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ebenfalls nicht mehr gestellt werden, auch wenn mit einem in einem früheren Zeitpunkt gestellten Begehren seine Bemühungen abgegolten worden wären. Das Recht auf unentgeltliche Rechtspflege garantiert die Rechtswahrung bedürftiger Personen, nicht aber zwingend die Honorierung ihrer Vertreter.

    4. In der vorliegenden prozessualen Konstellation fragt sich noch, wie das vorinstanzliche Verfahren zu erledigen gewesen wäre und wie das vorliegende Beschwerdeverfahren zu erledigen ist. Rechtsanwältin X2. hat - auch wenn sie dazu nicht (mehr) bevollmächtigt war - das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege im Namen ihrer ehemaligen Klientin gestellt und hat

      gegen den erstinstanzlichen Entscheid vollmachtlos Beschwerde geführt (die in Aussicht gestellte Vollmacht ist nicht eingetroffen; vgl. act. 65 S. 3). Die Vorinstanz hat das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege abgewiesen (act. 66/2 S. 3), nachdem sie verneint hatte, dass der Prozesskostenvorschuss uneinbringlich sei und ist auf die Vollmachtproblematik nicht weiter eingegangen. Max Guldener (Schweizerisches Zivilprozessrecht, 3. Auflage, Zürich 1979, S. 221 Anm. 6 b) und ihm folgend Tanja Domej (Kuko ZPO-Domej, N. 23 zu Art. 59) weisen darauf hin, dass es sich bei der Vertretung durch einen berechtigten Vertreter nicht um eine Prozessvoraussetzung handle, weil gar kein Prozessrechtsverhältnis entstehe bzw. eine Klage gar nicht rechtswirksam anhängig gemacht werden könne. Da der geltend gemachte Anspruch inhaltlich gar nicht geprüft werden kann, wenn es an der Bevollmächtigung zur Geltendmachung fehlt, erscheint es zutreffend, einen Nichteintretensentscheid zu fällen. Der vorinstanzliche Entscheid ist deshalb aufzuheben und auf das Gesuch von Rechtsanwältin lic. iur. X2. um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege ist nicht einzutreten. Auf die ebenfalls vollmachtlos erhobene Beschwerde bei der Kammer ist gleichermassen nicht einzutreten.

    5. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass Art. 132 ZPO, mit dem eine nicht beigelegte Vollmacht eingefordert werden muss, hier nicht anwendbar ist. Die Vorinstanz hat das Problem gesehen und begründet, warum sie darauf verzichtet hat (act. 66/2 S. 2 E. 2). Die Kammer hatte - weil die Nachreichung der Vollmacht in Aussicht gestellt wurde - dazu ebenfalls keinen Grund. Das Nachreichen einer Vollmacht, beschränkt auf das Begehren betreffend nachträglicher Gewährung der unentgeltlichen Rechtsvertretung, hätte das Problem letztlich auch nicht gelöst, weil es weder nötig noch möglich erscheint, im gleichen Verfahren - neben einem umfassend bevollmächtigten Rechtsvertreter - einen zweiten Anwalt mit der Stellung eines bestimmten einzelnen Begehrens zu betrauen.

III.

Beschwerden betreffend unentgeltliche Rechtspflege sind gemäss ausdrücklicher Vorschrift vor erster Instanz kostenlos. Nach der Praxis der Kammer werden im Rechtsmittelverfahren ebenfalls keine Kosten erhoben (zur Kontroverse vgl. BGE 137 III 470; OGer ZH PC110052; OGer ZH NQ110011). Der Gegenpar-

tei sind keine Kosten erwachsen, die entschädigt werden müssen.

Es wird erkannt:

  1. Dispositiv-Ziff. 1 der vorinstanzlichen Verfügung wird aufgehoben und auf das Gesuch von Rechtsanwältin lic. iur. X2. um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege an die Beschwerdeführerin wird nicht eingetreten.

  2. Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

  3. Es wird keine Entscheidgebühr erhoben.

  4. Es wird keine Prozessentschädigung zugesprochen.

  5. Schriftliche Mitteilung an Rechtsanwältin lic. iur. X2. und an die Beschwerdeführerin sowie - unter Rücksendung der erstinstanzlichen Akten - an das Einzelgericht des Bezirksgerichts Horgen, je gegen Empfangsschein.

  6. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

Dies ist Zwischenentscheid i.S.v. Art. 93 BGG.

Es handelt sich um eine nicht vermögensrechtliche Angelegenheit.

Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer

Die Gerichtsschreiberin: lic. iur. K. Houweling-Wili

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