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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:PA230026
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid PA230026 vom 16.10.2023 (ZH)
Datum:16.10.2023
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Fürsorgerische Unterbringung / Zwangsmedikation
Schlagwörter : Beschwerde; Beschwerdef?hrer; Behandlung; Beschwerdef?hrers; Unterbringung; Gutachter; Person; Zwang; Klinik; F?rsorgerische; Behandlungs; Massnahme; Zwangsmedikation; Vorinstanz; Zustand; Medikation; Akten; Psychische; Behandlungsplan; Nebenwirkungen; EISER/ETZENSBERGER; F?rsorgerischen; Massnahmen; Schutz; Entlassung; Vorgesehene; St?rung
Rechtsnorm: Art. 10 BV ; Art. 106 ZPO ; Art. 16 ZGB ; Art. 36 BV ; Art. 426 ZGB ; Art. 427 ZGB ; Art. 429 ZGB ; Art. 433 ZGB ; Art. 434 ZGB ; Art. 439 ZGB ; Art. 450e ZGB ; Art. 7 BV ; Art. 90 BGG ;
Referenz BGE:127 I 6; 130 I 16; 143 III 337;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer

Geschäfts-Nr.: PA230026-O/U

Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. et phil. D. Glur, Vorsitzender, Oberrichterin

lic. iur. R. Bantli Keller und Oberrichterin lic. iur. A. Strähl sowie Ge- richtsschreiberin lic. iur. A. Götschi

Urteil vom 16. Oktober 2023

in Sachen

A. ,

Beschwerdeführer

sowie

Psychiatrische Universitätsklinik Zürich,

Verfahrensbeteiligte

betreffend fürsorgerische Unterbringung / Zwangsmedikation Beschwerde gegen einen Entscheid der 10. Abteilung (Einzelgericht) des

Bezirksgerichtes Zürich vom 28. September 2023 (FF230165)

Erwägungen:

  1. Sachverhalt und Prozessgeschichte

    1. Der 66-jährige Beschwerdeführer befindet sich aktuell und seit 2010 zum ungefähr 10. Mal in der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich (PUK, nachfol- gend: Klinik) (vgl. act. 4/4 S. 1 und act. 4/6 S. 2). Aus den Akten geht hervor, dass der Beschwerdeführer offenbar bis 2016 in einer eigenen Wohnung lebte. Danach wohnte er u.a. im Pflegeheim B. und zeitweise zur Krisenintervention in ei- ner Institution der Integrierten Psychiatrie Winterthur (IPW) (vgl. act. 4/8 S. 2) so- wie zuletzt in der Residenz C. (vgl. act. 4/2 S. 4; act. 4/3 S. 3; act. 4/5).

    2. Der Notfallpsychiater Dr. med. D. ordnete am 18. September 2023 die fürsorgerische Unterbringung des Beschwerdeführers an, nachdem dieser an je- nem Tag mehrmals gegen Mitarbeiter und Mitbewohner der Altersresidenz

      C. handgreiflich geworden sei, sie geschlagen und im Gesicht gekratzt ha- be und im Zimmer versucht habe, eine Zeitung anzuzünden (vgl. act. 4/5).

    3. Dagegen erhob der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 21. September 2023 (Datum des Poststempels, act. 1) beim Einzelgericht des Bezirksgerichtes Zürich (nachfolgend: Vorinstanz) Beschwerde.

    4. Am 22. September 2023, 10:54 Uhr, (act. 4/7) ordnete die Klinik die medizi- nische Behandlung des Beschwerdeführers ohne Zustimmung (nachfolgend: Zwangsmedikation) an.

    5. Mit Verfügung vom 25. September 2023 (act. 2) setzte die Vorinstanz der Klinik Frist zur Stellungnahme und Einreichung der wesentlichen Akten an. Gleichzeitig lud sie zur Anhörung / Hauptverhandlung auf den 28. September 2023 vor, gab die Erstellung eines psychiatrischen Gutachtens über den Beschwerdeführer in Auftrag und bestellte Dr. med. E. als Gutachter. Die Kli- nik reichte die angeforderten Patientenakten (act. 4/1-9) fristgerecht bei der Vo- rinstanz ein. Anlässlich der Hauptverhandlung vom 28. September 2023 bestätig- te der Beschwerdeführer, dass sich seine Beschwerde auch gegen die Zwangs- medikation richte (Prot. Vi. S. 8).

    6. Nach Durchführung der Anhörung des Beschwerdeführers, der Erstattung des Gutachtens und den Ausführungen seitens der Klinik (vgl. Prot. Vi. S. 7 ff.), mit welchen sich diese den Ausführungen des Gutachters anschloss (vgl. Prot. Vi.

      S. 20), wies die Vorinstanz die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen die (ärztliche) fürsorgerische Unterbringung und gegen die Zwangsmedikation mit Entscheid vom 28. September 2023 (act. 12 = act. 16 [Aktenexemplar]) ab und bewilligte dem Beschwerdeführer die unentgeltliche Prozessführung.

    7. Mit Eingabe vom 2. Oktober 2023 (act. 17) erhob der Beschwerdeführer sinngemäss Beschwerde gegen das Urteil der Vorinstanz. Er wehrt sich gegen die fürsorgerische Unterbringung und die Zwangsmedikation.

    8. Die vorinstanzlichen Akten wurden beigezogen (act. 1-14). Mit Schreiben vom 5. Oktober 2023 wurde der Beschwerdeführer darauf hingewiesen, dass er seine Beschwerde noch bis zum Ablauf der Beschwerdefrist am 13. Oktober 2013 ergänzen könne (vgl. act. 20). Vom Einholen einer Stellungnahme bzw. Vernehm- lassungen wurde abgesehen. Das Verfahren ist spruchreif.

  2. Prozessuale Vorbemerkungen

    1. Bei einer ärztlich angeordneten fürsorgerischen Unterbringung kann die be- troffene Person innert zehn Tagen beim zuständigen Gericht Beschwerde erhe- ben (Art. 439 Abs. 1 Ziff. 1 i.V.m. Abs. 2 ZGB). Ebenfalls innert zehn Tagen kann gegen die Behandlung einer psychischen Störung ohne Zustimmung (Zwangs- medikation) Beschwerde erhoben werden (Art. 439 Abs. 1 Ziff. 4 i.V.m. Abs. 2 ZGB). Das Verfahren richtet sich sinngemäss nach den Bestimmungen über das Verfahren vor der gerichtlichen Beschwerdeinstanz, d.h. nach den Art. 450 ff. ZGB (Art. 439 Abs. 3 ZGB). Das Obergericht ist gemäss § 64 EG KESR zur zweit- instanzlichen Beurteilung solcher Beschwerden zuständig.

      Der Beschwerdeführer erhob fristgerecht Beschwerde bei der Kammer (vgl. act. 14 i.V.m. act. 17 S. 1). Die rechtzeitig erhobene Beschwerde genügt den Formerfordernissen und braucht insbesondere nicht begründet zu werden (vgl.

      Art. 450e Abs. 1 ZGB und OGer ZH PA170031 vom 28. November 2017, E. 2.2 m.w.H.).

    2. Bei der Prüfung, ob die Voraussetzungen der fürsorgerischen Unterbringung und der Zwangsbehandlung erfüllt sind, verfügt die Beschwerdeinstanz über volle Kognition. Es geht dabei mit anderen Worten nicht bloss um die Rechtskontrolle des vorinstanzlichen Entscheides. Vielmehr hat die zweite Beschwerdeinstanz selbstständig zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Massnahmen nach den Art. 426 ff. ZGB vorliegen.

  3. Fürsorgerische Unterbringung

    1. Rechtliche Vorbemerkungen

      Eine Person, die an einer psychischen Störung oder an geistiger Behinderung lei- det oder schwer verwahrlost ist, darf in einer geeigneten Einrichtung unterge- bracht werden, wenn die nötige Behandlung oder Betreuung nicht anderweitig er- folgen kann (Art. 426 Abs. 1 ZGB). Dabei sind auch die Belastung und der Schutz von Angehörigen und Dritten zu berücksichtigen. Die betroffene Person muss ent- lassen werden, sobald die Voraussetzungen für die Unterbringung nicht mehr er- füllt sind (Art. 426 Abs. 2 und Abs. 3 ZGB). Die fürsorgerische Unterbringung stellt einen schweren Eingriff in die persönliche Freiheit der betroffenen Person dar. Sie hat deshalb dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit zu genügen, wonach keine weniger einschneidende Massnahme zum Schutz der betroffenen Person zur Ver- fügung stehen darf, die fürsorgerische Unterbringung zur Wiedererlangung von Selbständigkeit geeignet sein muss und der Freiheitsentzug als angemessen zu erscheinen hat (vgl. BSK ZGB I-GEISER/ETZENSBERGER, 6. Aufl. 2018, Art. 426

      N 22 ff.; Botschaft zur Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches [Er- wachsenenschutz, Personenrecht und Kindesrecht], BBl 2006, S. 7001 ff., S. 7062).

    2. Schwächezustand

      1. Voraussetzung für eine fürsorgerische Unterbringung ist zunächst das Vorliegen eines Schwächezustandes. Die möglichen Schwächezustände werden

        dabei in Art. 426 Abs. 1 ZGB abschliessend aufgeführt, nämlich psychische Stö- rung, geistige Behinderung oder schwere Verwahrlosung (Art. 426 Abs. 1 ZGB; vgl. BSK ZGB I-GEISER/ETZENSBERGER, a.a.O., Art. 426 N 12). Damit von einer psychischen Störung im Sinne der genannten Bestimmung gesprochen werden kann, muss zum einen ein entsprechendes Krankheitsbild vorliegen. Dieses muss sich zum anderen erheblich auf das soziale Verhalten des Patienten auswirken. Massgeblich ist, ob die betroffene Person ihre Entscheidungsfreiheit behalten hat und am sozialen Leben teilnehmen kann (vgl. BSK ZGB I-GEISER/ETZENSBERGER, a.a.O., Art. 426 N 15).

      2. Der Gutachter hat im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer lei- de an einer chronischen Erkrankung aus dem schizophrenen Formenkreis; diese sei seit Jahren bekannt. Aktuell liege ein Residualzustand vor. Halluzinationen oder bizarre Wahnvorstellungen seien weniger im Vordergrund; es bestehe vor al- lem eine starke Gereiztheit und affektive Labilität sowie der Realitätsbezug sei stark eingeschränkt. Hinzu komme vermutlich eine zunehmend dementielle Ent- wicklung. Ausserdem bestehe gemäss den Akten in unbetreuten Verhältnissen eine schwere Verwahrlosungstendenz (vgl. Prot. Vi. S. 14).

      3. Die Klinik schloss sich diesen Ausführungen des Gutachters an (vgl. Prot. Vi. S. 20). Die Klinik ging in psychischer Hinsicht – wie bereits bei zwei Hospitali- sationen des Beschwerdeführers im Jahr 2016 (vgl. act. 4/6 und act. 4/9) und im Jahr 2020 (act. 4/8) – vom Vorliegen eines schizophrenen Residuums (F20.5) resp. einer chronischen paranoiden Schizophrenie mit stabilem Residuum aus (F20.0).

      4. Die Diagnose einer chronischen Erkrankung aus dem schizophrenen For- menkreis (ICD 10: F20.0) wurde sowohl vom Gutachter als auch der Klinik gestellt und stimmt mit den Akten überein (vgl. soeben E. 3.2.2 f.). Die Schizophrenie fällt gemäss der Weltgesundheitsorganisation (WHO) unter die Klassifikation ICD-10 und stellt eine psychische Störung im Sinne von Art. 426 Abs. 1 ZGB dar (vgl. BERNHART, Handbuch der fürsorgerischen Unterbringung, Rz. 271 ff. und

        Rz. 285 ff.). Das Krankheitsbild des Beschwerdeführers präsentiert sich laut Gut- achter aktuell im Residualzustand weniger in bizarren Wahnvorstellungen oder

        Halluzinationen als in einem stark eingeschränkten Realitätsbezug, einer starken Gereiztheit und einer affektiven Labilität. Dass sich dies erheblich auf das soziale Verhalten des Beschwerdeführers auswirkt, zeigt sich sowohl im Verlaufsbericht (vgl. act. 4/2 und 4/3) als auch in der Situation, welche zu seiner aktuellen Unter- bringung führte (vgl. act. 4/5; siehe dazu auch unten E. 3.3.4). Es liegt beim Beschwerdeführer somit ein Schwächezustand im Sinne von Art. 426 Abs. 1 ZGB vor.

    3. Schutzbedürfnis (Behandlungs- und Betreuungsbedürfnis) / Verhältnismäs- sigkeit / Geeignetheit der Einrichtung

      Weiter wird für die Anordnung einer fürsorgerischen Unterbringung vorausgesetzt, dass die Betreuung oder die Behandlung der betroffenen Person nötig ist (vgl. Art. 426 Abs. 1 ZGB). Mit anderen Worten muss die betroffene Person eines be- sonderen Schutzes bedürfen, der eben nur mit einer Freiheitsentziehung erbracht werden kann; die Unterbringung muss die persönliche Fürsorge für die betroffene Person sicherstellen. Diese umfasst einerseits therapeutische Massnahmen und andererseits jede Form von Betreuung, deren eine Person für ein menschenwür- diges Dasein bedarf. Darunter fallen so elementare Bedürfnisse wie Essen, Kör- perpflege, Kleidung, usw. Dem Schutz der Umgebung kommt nur, aber immerhin, eine subsidiäre Bedeutung zu (vgl. Art. 426 Abs. 2 ZGB). Eine Fremdgefährdung ist damit weder eine Unterbringungsvoraussetzung, noch vermag sie für sich al- leine eine fürsorgerische Unterbringung zu rechtfertigen. Der Schutz und die Be- lastung anderer Personen darf jedoch in die Beurteilung miteinbezogen werden (vgl. zum Ganzen BSK ZGB-GEISER/ETZENSBERGER, a.a.O., Art. 426 N 8, 10 und N 41 ff.).

      Weiter muss die Massnahme verhältnismässig sein. Das angestrebte Ziel muss voraussichtlich erreicht werden können (Geeignetheit der Massnahme). Die Massnahme soll in erster Linie der Wiedererlangung der Selbstständigkeit und der Eigenverantwortung dienen. Ist eine Besserung des Zustandes ausgeschlossen, muss die Massnahme die notwendige persönliche Betreuung ermöglichen, um der betroffenen Person ein menschenwürdiges Leben zu sichern. Ferner darf kei- ne weniger einschneidende, jedoch genügend Schutz bietende Massnahme zur

      Verfügung stehen (Erforderlichkeit der Massnahme). Mit anderen Worten darf die Betreuung oder Behandlung der betroffenen Person nicht anders, namentlich mit leichteren Massnahmen, als durch die fürsorgerische Unterbringung erfolgen können (vgl. zum Ganzen BSK ZGB I-GEISER/ETZENSBERGER, a.a.O., Art. 426

      N 22 ff.). Bei der Verhältnismässigkeitsprüfung sind die Belastung und der Schutz von Angehörigen und Dritten zu berücksichtigen (Art. 426 Abs. 2 ZGB). Der Schutz Dritter kann für sich allein aber nicht ausschlaggebend sein (vgl. Botschaft vom 28. Juni 2006 zur Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches, BBl 2006 S. 7001 ff., S. 7062 f.).

      Zudem ist die Geeignetheit der Einrichtung zu prüfen (vgl. OGer ZH PA150024 vom 16. November 2015, E. 3.3.1). Es muss sich um eine Institution handeln, die mit den ihr zur Verfügung stehenden organisatorischen und perso- nellen Mitteln in der Lage ist, die wesentlichen Bedürfnisse der eingewiesenen Person bezüglich Behandlung und Betreuung zu befriedigen (vgl. BGer 5A_257/2015 vom 23. April 2015 E. 3.1 m.w.H.).

      Zusammengefasst stellt sich somit die Frage, mit welchen konkreten Ge- fahren für die Gesundheit oder das Leben des Beschwerdeführers bzw. von Drit- ten zu rechnen ist, wenn die Behandlung der gutachterlich festgestellten Krank- heit bzw. die Betreuung unterbleibt, und wie sich allfällige gesundheitliche Störun- gen hinsichtlich der Gefahr einer Selbst- bzw. Drittgefährdung oder einer Ver- wahrlosung auswirken können sowie ob sich daraus ein Handlungsbedarf ergibt. Ist ein Handlungsbedarf festgestellt, ist sodann zu klären, ob aufgrund dessen ei- ne stationäre Behandlung bzw. Betreuung im Rahmen einer fürsorgerischen Un- terbringung unerlässlich ist.

      1. Die Vorinstanz hielt im Wesentlichen fest, es sei mit den Fachärzten nicht damit zu rechnen, dass sich der Beschwerdeführer bei einer sofortigen Entlas- sung einer Therapie unterziehen würde. Der Beschwerdeführer habe zurzeit keine Krankheits- und Behandlungseinsicht (vgl. Prot. Vi. S. 9 ff.). Aufgrund seines kör- perlichen Schwächezustandes, insb. der stark eingeschränkten Mobilität und Selbstständigkeit (Prot. Vi. S. 7 und 15 f.), könne er seine Grundbedürfnisse (Wohnen, Essen, Kleidung und Gesundheitsversorgung) offensichtlich nicht selber wahrnehmen. Da er in einer geeigneten Einrichtung nicht tragbar sei (Prot. Vi.

        S. 15), nicht in die Residenz C. zurückkehren wolle und nicht ersichtlich o- der bekannt sei, dass eine andere Einrichtung bereit wäre, ihn sofort aufzuneh- men – was im aktuellen Zustand des Beschwerdeführers unwahrscheinlich er- scheine (so der Gutachter, Prot. Vi. S. 15 f.) –, bestehe bei einer Entlassung der- zeit eine klare Selbstgefährdung (so auch der Gutachter, Prot. Vi. S. 15) (vgl. act. 16 E. II./3.4 und II./5.3). Laut Gutachter liessen sich die Risiken im gegenwärtigen Zustand nicht anderweitig eingrenzen. Bevor eine Entlassung in Betracht gezogen werden könne, müsse sich das Zustandsbild des Beschwerdeführers verbessern oder zumindest stabilisieren (vgl. a.a.O., E. II./5.3). Zudem bejahte die Vorinstanz die Geeignetheit der PUK, zumal sie eine psychiatrische Spezialklinik sei (a.a.O., E. II./4).

      2. Der Gutachter führte im Wesentlichen aus, bei einer Entlassung würde der Beschwerdeführer seine Medikation, die aktuell als Zwangsmedikation verabreicht werde, nicht mehr einnehmen. Es sei offen, ob die Institution, in welcher der Beschwerdeführer bisher untergebracht gewesen sei, ihn in diesem wenig veränder- ten Zustand nach den Vorkommnissen wieder aufnehmen würde. Eine Entlas- sung des Beschwerdeführers in ungeklärte Wohnverhältnisse sei nicht zu verant- worten und würde eine akute Selbstgefährdung bedeuten. Der Beschwerdeführer sei aktuell kaum führbar, angespannt und gereizt, phasenweise habe er auch Ag- gressionsdurchbrüche. Im aktuellen Zustand sei er ausserhalb des akutpsychiatri- schen Settings als kaum tragbar anzusehen. Die Risiken liessen sich bei einer so- fortigen Entlassung im gegenwärtigen Zustand nicht anderweitig eingrenzen

        (vgl. Prot. Vi. S. 15). Zunächst müsse versucht werden, mittels einer konsequen- ten neuroleptischen Medikation den Zustand des Beschwerdeführers soweit zu verbessern, dass er auch ausserhalb des Klinikrahmens tragbar sei. Dann müsse eine geeignete Wohnform organisiert werden (vgl. Prot. Vi. S. 16). Zudem beste- he in unbetreuten Verhältnissen laut den Akten eine schwere Verwahrlosungsten- denz (vgl. Prot. Vi. S. 14). Die im Behandlungsplan angeführten Massnahmen (vgl. dazu unten E. 4.2.3) erachtete der Gutachter als sinnvoll (vgl. a.a.O.).

      3. Die Klinik schloss sich den Ausführungen des Gutachters an (vgl. Prot. Vi. S. 20).

      4. Aus den Akten geht insbesondere hervor, dass der Beschwerdeführer ein kleinschrittiges unsicheres Gangbild hat, am Rollator geht (vgl. insb. Prot. Vi. S. 7; act. 4/3 S. 2; s.a. act. 4/8) und – abgesehen von einem Parkinson Syndrom (G21.9) (act. 4/8 S. 1) – noch weitere somatische Diagnosen im Raum stehen. Der Beschwerdeführer muss – offenbar u.a. wegen Bluthochdrucks (I10.00) und einer die Herzklappen betreffenden Herzkrankheit (vgl. act. 4/8 und act. 4/7 S. 1)

        – Medikamente für sein Herz nehmen (vgl. Prot. Vi. S. 11). Ausserdem vermutet der Gutachter beim Beschwerdeführer eine zunehmend dementielle Entwicklung (Prot. Vi. S. 14). Diesbezüglich verweigerte der Beschwerdeführer jedoch weitere Abklärungen (vgl. act. 4/7 S. 1). Auch die Körperpflege sowie Unterstützung dabei lehnte der Beschwerdeführer häufig ab (vgl. insb. act. 4/2 S. 1). Der Beschwerde- führer ist somit körperlich angeschlagen und in seiner Mobilität stark einge- schränkt. Hinzu kommt eine zurzeit laut Gutachter als Residualzustand vorliegen- de Ausprägung der Grunderkrankung des Beschwerdeführers (chronische Er- krankung aus dem schizophrenen Formenkreis), in welchem vor allem eine starke Gereiztheit, affektive Labilität und ein stark eingeschränkter Realitätsbezug im Vordergrund stehe (vgl. Prot. Vi. S. 14). Vom Pflegepersonal und den Ärzten der Klinik wurde der Beschwerdeführer zwar phasenweise auch kooperativ und freundlich, überwiegend aber als unkooperativ, gereizt, ausfallend, distanzlos, verbal übergriffig, schnell laut werdend oder gar aggressiv wahrgenommen (vgl. insb. act. 4/2 S. 2-4 und act. 4/3 S. 1-2). Die Zweifel des Gutachters daran, dass die C. Residenz – wo der Beschwerdeführer bisher wohnte, aber ohnehin nicht mehr zurück möchte (vgl. Prot. Vi. S. 21) –, ihn überhaupt wieder aufneh- men würde, sind nachvollziehbar. Zumal der Beschwerdeführer gegenüber der Klinik beim Eintritt angab, er habe bereits vor vier Jahren mit einem Mitpatienten Probleme gehabt und er habe ihn mit einem Gehstock versucht zu schlagen (vgl. act. 4/3 S. 3). Auch führte der Beschwerdeführer an seiner Anhörung aus, sein Beistand habe ihn bis jetzt noch in keinem anderen Wohnheim angemeldet; er habe ihn angerufen und Briefe geschrieben (vgl. Prot. Vi. S. 10). Es ist mit dem Gutachter davon auszugehen, dass eine Entlassung des Beschwerdeführers in

        diese ungeklärten Wohnverhältnisse angesichts seines somatischen und psychi- schen Zustandes eine Selbstgefährdung bedeuten würde, zumal der Beschwer- deführer gemäss Verlaufsbericht insbesondere Psychopharmaka nicht freiwillig konsequent einnimmt und nach Einschätzung des Gutachters nach seiner Entlas- sung nicht mehr einnehmen würde (Prot. Vi. S. 15). Dies wurde vom Beschwerde- führer in seiner Anhörung bestätigt, indem er ausführte, er würde ohne äusseren Druck die Medikamente nicht nehmen, das sei der Scheissdreck daran (vgl. Prot. Vi. S. 12). Während die Verweigerung der Einnahme der somatischen Medi- kation laut Gutachter mittel- bis langfristig Selbstgefährdungsaspekte mit sich bringe, führt die Verweigerung der Einnahme der Psychopharmaka laut Gutachter in eine Sackgasse bezüglich der Unterbringung der Beschwerdeführers (vgl.

        Prot. Vi. S. 16). Letzteres legen auch die Akten nahe, denn bereits im Jahr 2020 führten sehr ähnliche Vorkommnisse zur fürsorgerischen Unterbringung per Zu- weisung des Beschwerdeführers seitens des Pflegeheims B. (vgl. oben E. 1.2 mit act. 4/8 S. 2).

        Nach dem Gesagten und gestützt auf die erwähnten, nachvollziehbaren und übereinstimmenden Ausführungen des Gutachters und der Klinik ist die Schutzbedürftigkeit des Beschwerdeführers zu bejahen.

        Weiter ist mit dem Gutachter davon auszugehen, dass die im Behand- lungsplan vorgesehenen Massnahmen (vgl. dazu unten E. 4.2.3) sinnvoll sind und die Klinik mit ihren Akutstationen für die fürsorgerische Unterbringung des Beschwerdeführers geeignet ist (vgl. Prot. Vi. S. 14). Andere mildere Massnahmen als die fürsorgerische Unterbringung des Beschwerdeführers kommen derzeit nicht in Frage. Es darf laut Gutachter auch davon ausgegangen werden, dass ei- ne Verbesserung des Zustandes des Beschwerdeführers erreicht werden kann, wenn er medikamentös mit Psychopharmaka behandelt wird. Insgesamt erweist sich die fürsorgerische Unterbringung somit als verhältnismässig.

    4. Im Ergebnis ist festzuhalten, dass die Voraussetzungen der fürsorgeri- schen Unterbringung im Sinne von Art. 426 Abs. 1 ZGB aktuell gegeben sind und die Vorinstanz die Beschwerde gegen die ärztlich angeordnete fürsorgerische Unterbringung zu Recht abgewiesen hat. Die Beschwerde gegen das vorinstanzliche Urteil ist insoweit abzuweisen.

  4. Zwangsmedikation

    1. Die medikamentöse Zwangsbehandlung stellt einen schweren Eingriff in die persönliche Freiheit im Sinne der körperlichen und geistigen Integrität nach Art. 10 Abs. 2 BV und Art. 8 Ziff. 1 EMRK dar und betrifft auch die menschliche Würde (Art. 7 BV) zentral (vgl. BGE 127 I 6 E. 5; BGE 130 I 16 E. 3; BGer 5A_353/2012 vom 19. Juni 2012 E. 3.3.1). Der Eingriff verlangt deshalb nebst der erforderlichen gesetzlichen Grundlage (vgl. BGer 5A_792/2009 vom 21. Dezem- ber 2009 E. 4), die mit Art. 434 ZGB gegeben ist, eine umfassende Interessenab- wägung, wobei auch die Erfordernisse von Art. 36 BV zu beachten sind. Zu be- rücksichtigen sind dabei die öffentlichen Interessen, die Notwendigkeit der Be- handlung, die Auswirkungen einer Nichtbehandlung, die Prüfung von Alternativen sowie die Beurteilung der Selbstgefährdung und der Fremdgefährdung. In die In- teressenabwägung miteinzubeziehen sind nach der bundesgerichtlichen Recht- sprechung insbesondere auch langfristige Nebenwirkungen einer zwangsweise vorgesehenen Neuroleptika-Behandlung (vgl. OGer ZH PA130015 vom 24. Mai 2013, unter Hinweis auf BGer 5A_38/2011 vom 2. Februar 2011; BGE 130 I 16

E. 4 und 5).

      1. Eine Zwangsbehandlung setzt weiter voraus, dass die betroffene Person sich aufgrund einer fürsorgerischen Unterbringung in einer Klinik befindet und die Unterbringung zur Behandlung der psychischen Störung erfolgt. Dabei ist nicht von Bedeutung, ob es sich um eine behördliche (Art. 426 ZGB) oder ärztliche Un- terbringung (Art. 429 ZGB) oder um ein Zurückhalten durch die Einrichtung (Art. 427 ZGB) handelt (vgl. BSK ZGB I-GEISER/ETZENSBERGER, 7. Aufl. 2022, Art.

        434/435 N 13). Diese Voraussetzung ist gegeben: Der Beschwerdeführer befindet sich aufgrund einer (ärztlichen) fürsorgerischen Unterbringung in der Klinik und die Unterbringung erfolgt zur Behandlung der psychischen Störung (vgl. oben

        E. 3).

      2. Bei einer fehlenden Zustimmung zur Behandlung – wie hier – kann der Chefarzt oder die Chefärztin der involvierten Abteilung (ausschliesslich) die im Behandlungsplan vorgesehenen medizinischen Massnahmen schriftlich anordnen und der betroffenen Person mit Rechtsmittelbelehrung mitteilen (vgl. Art. 434

        Abs. 1 und Ziff. 2 ZGB; BSK ZGB-GEISER/ETZENSBERGER, a.a.O., Art. 434/435

        N 14 und 16). Entgegen des Gesetzeswortlauts darf der entsprechende Entscheid gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung auch von einer leitenden Ärztin bzw. einem leitenden Arzt stellvertretend getroffen werden (vgl. BGE 143 III 337 ff.; BSK ZGB-GEISER/ETZENSBERGER, a.a.O., Art. 434/435 N 34 f.). Den schriftlichen Behandlungsplan hat der behandelnde Arzt resp. die behandelnde Ärztin unter Beizug der betroffenen Person und gegebenenfalls ihrer Vertrauensperson zu er- stellen, wenn eine Person zur Behandlung einer psychischen Störung in einer Einrichtung untergebracht wird (Art. 433 Abs. 1 ZGB). Im Behandlungsplan sind auch bisher vorgenommene oder noch vorgesehene Untersuchungen, die Diag- nose sowie beabsichtigte Behandlungen mit den Risiken, Nebenwirkungen, ihrem Nutzen und der Prognose zu vermerken (vgl. FamKomm/GUILLOD, Bern 2013,

        Art. 433 ZGB N 15). Die Ärztin resp. der Arzt informiert die betroffene Person über alle Umstände, die im Hinblick auf die in Aussicht genommenen medizinischen Massnahmen wesentlich sind, insbesondere über deren Gründe, Zweck, Art, Mo- dalitäten, Risiken und Nebenwirkungen, über Folgen eines Unterlassens der Be- handlung sowie über allfällige alternative Behandlungsmöglichkeiten (Art. 433 Abs. 2 ZGB).

      3. Ein eigentlicher Behandlungsplan findet sich bei den Akten zwar nicht. Doch sind in der Anordnung der zwangsweisen Behandlung der psychischen Stö- rung des Beschwerdeführers vom 22. September 2023 (act. 4/7) – welche von der zuständigen Assistenzärztin Dr. med. F. (vgl. Prot. Vi. S. 7) und vom Ober- arzt und stellvertretendem Zentrumsleiter Dr. med. G. schriftlich verfügt, un- terzeichnet und dem Beschwerdeführer mit Rechtsmittelbelehrung mitgeteilt wur- de (a.a.O., S. 2) – gewisse Angaben enthalten, welche in einem Behandlungsplan aufzuführen wären (vgl. Art. 433 Abs. 2 ZGB). Darin wird namentlich erwähnt, welche die in Aussicht genommenen medizinischen Massnahmen sind, deren Gründe, Zweck (Ziel) und Art sowie gewisse Modalitäten (Dosierung und Applika- tionsart): Die Behandlung erfolgt, weil der Beschwerdeführer mehrmalig gegen- über Mitarbeitern und Mitbewohnern des C. fremdaggressiv geworden sei, sich im Kontakt formalgedanklich inkohärent zeige, inhaltliche Denkstörungen festgestellt worden seien und er sich gegenüber dem Klinikpersonal ablehnend,

zunehmend gereizt und verbal ausfallend verhalten habe. Sie hat zum Ziel, die ohne medikamentöse Behandlung persistierende psychotische Symptomatik und die damit verbundene Fremdgefährdung zu reduzieren (a.a.O., S. 1). Vorgesehen ist eine antipsychotische und eine stimmungsstabilisierende Therapie sowie eine antihypertensive Kombinationstherapie. Die antipsychotische Therapie des Beschwerdeführers basiert auf der oralen Einnahme von 2-4 mg bis max. 8 mg pro Tag Risperidon und/oder 5-20 bis max. 30 mg Olanzapin, ev. unterstützend be- darfsadaptiert in Einzeldosen von 1-2.5 mg bis max. 7.5 mg pro Tag Lorazepam oder 5-10 mg bis max. 40 mg pro Tag Diazepam. Bei Verweigerung der oralen Einnahme ist die intramuskuläre Applikation von bis zu 20 mg Haloperidol pro Tag bei Einzeldosen von 5-10 mg, ev. unterstützend bis zu 20 mg Diazepam pro Tag bei Einzeldosen von 10 mg vorgesehen. Die stimmungsstabilisierende Therapie soll in Form von Valproat schrittweise eindosiert in Einzeldosen bis 1500 mg bis max. 3000 mg pro Tag erfolgen und die antihypertensive Kombinationstherapie mit Amlodipin, Lisinopril und Torasemid (a.a.O., S. 1).

Nicht in der Anordnung vom 22. September 2023 enthalten sind die vorge- sehene Dauer, die Risiken und Nebenwirkungen der Medikamente, die Folgen des Unterlassens der Behandlung sowie allfällige alternative Behandlungsmög- lichkeiten. Es ist zwar nicht zulässig – auch nicht mangels Einsichtsfähigkeit der betroffenen Person hinsichtlich ihrer Behandlungsbedürftigkeit – von der Erstel- lung eines Behandlungsplans ganz abzusehen, und die betroffene Person damit nicht über die Gründe, Zweck, Art, Modalitäten, Risiken und Nebenwirkungen so- wie über die Folgen eines Unterlassens der Behandlung zu informieren. Denn die Anordnung der Zwangsbehandlung selbst kann den Behandlungsplan und die er- forderliche Information nicht ersetzen (vgl. OGer ZH PA180038 vom 13. Dezem- ber 2018 E. 3.5.4). Doch können fehlende Elemente eines an sich ungenügenden Behandlungsplanes unter Umständen durch Ergänzungen der Vorinstanz in Kombination mit Ausführungen des Gutachters an der Verhandlung und der An- hörung der betroffenen Person im Laufe des Gerichtsverfahrens ergänzt werden (vgl. statt vieler OGer ZH PA140018 vom 27. Juni 2014 E. IV./2.3). Anlässlich der Anhörung vor Vorinstanz ergänzten der Gutachter und Dr. med. F. diese fehlenden Elemente (vgl. dazu nachfolgend unter E. 4.5). Da der Beschwerdeführer an der vorinstanzlichen Verhandlung teilnehmen konnte, ist sowohl der ärztli- chen Aufklärungspflicht als auch dem Anspruch des Beschwerdeführers auf recht- liches Gehör Genüge getan worden. Somit ist gerade noch von einer ausreichen- den Information und Aufklärung hinsichtlich der angeordneten Zwangsmedikation auszugehen. Die formellen Voraussetzungen sind damit erfüllt.

    1. Weiter setzt eine Zwangsmedikation voraus, dass ohne diese eine Gefähr- dungssituation vorliegt. Aus dem Gesetzeswortlaut geht hervor, dass es sich hier- bei sowohl um eine Selbst- als auch um eine Drittgefährdung handeln kann

      (vgl. Art. 434 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB). Bei der Selbstgefährdung muss der betroffenen Person ohne die Behandlung ein ernsthafter gesundheitlicher Schaden drohen, wobei dieser auch somatischer Art sein kann. Ernsthaft bedeutet, dass er zu einer langen Beeinträchtigung wichtiger körperlicher oder psychischer Funktionen führt, es braucht sich allerdings nicht um einen bleibenden oder irreversiblen Gesund- heitsschaden zu handeln. Eine Fremdgefährdung im Sinne der genannten Bestimmung liegt vor, wenn das Leben oder die körperliche Integrität Dritter ernstlich gefährdet ist (BSK ZGB-GEISER/ETZENSBERGER, a.a.O., Art. 434/435 N 19 ff.). Die Anordnung der Zwangsmedikation aufgrund von Fremdgefährdung rechtfertigt sich etwa, wenn diese die Möglichkeit einer Entlassung aus der Klinik erheblich erhöht und beschleunigt (vgl. BSK ZGB-GEISER/ETZENSBERGER, a.a.O.,

      Art. 434/435 N 21). Allein mit dem wohlverstandenen Interesse der betroffenen Person, der Vereinfachung von Betriebsabläufen oder der Vermeidung von Stö- rungen im Anstaltsleben kann eine Zwangsmedikation nicht gerechtfertigt werden (vgl. FamKomm- GUILLOD, a.a.O., Art. 434 ZGB N 12).

      1. Der Gutachter ging im Wesentlichen davon aus, dass angesichts des kör- perlichen Schwächezustandes des Beschwerdeführers keine wesentliche Fremd- gefährdung in Bezug auf Leib und Leben Dritter postuliert werden könne. Er sei in seinem derzeitigen Zustand allerdings in weniger betreuten Institutionen als der PUK kaum tragbar, sodass man ohne Medikation in eine Sackgasse bezüglich seiner Unterbringung geraten werde. Bezüglich der Verweigerung der Einnahme seiner somatischen Medikation bestünden auf der mittel- bis langfristigen Achse sicherlich Selbstgefährdungsaspekte. Ein Behandlungsversuch sei indiziert. Es

        bestehe eine realistische Chance, dass sich der Zustand des Beschwerdeführers mit einer ca. dreiwöchigen konsequenten Medikation soweit verbessern lasse, dass die Platzierungsfrage wieder angegangen werden könne (vgl. Prot. Vi. S. 16 und 17).

      2. Dieser Auffassung schloss sich die Klinik an (vgl. Prot. Vi. S. 20).

      3. Mit den Einschätzungen der Fachpersonen kann zwar davon ausgegangen werden, dass aufgrund seiner Physis vom Beschwerdeführers keine Fremdge- fährdung im Sinne der genannten Bestimmung ausgeht (vgl. auch oben E. 3.3.4). Doch besteht bei Nichtbehandlung des Beschwerdeführers die Gefahr, dass es zu ernstlichen Fremd- und Selbstgefährdungssituationen kommt, wie bei jener, als der Beschwerdeführer in seinem Zimmer in der Residenz C. eine Zeitung anzuzünden versuchte, was u.a. zur aktuellen Unterbringung geführt hat (vgl.

        act. 4/5). Darauf hat die Vorinstanz bereits hingewiesen (vgl. act. 16 E. 4.3). Es geht hier somit nicht um die blosse Vereinfachung von Betriebsabläufen oder die Vermeidung von Störungen im Anstaltsleben. Auch ist mit den Fachpersonen an- zunehmen, dass die Zwangsmedikation die Möglichkeit einer Entlassung des Beschwerdeführers aus der Klinik erheblich erhöht und beschleunigt, zumal dem Beschwerdeführer zurzeit die Einsicht bzw. Bereitschaft fehlt, die nötigen Medi- kamente konsequent auf freiwilliger Basis einzunehmen. Daher ist eine Gefähr- dungssituation bei Nichtbehandlung des Beschwerdeführers zu bejahen.

    2. Zudem muss für eine Zwangsmedikation die betroffene Person bezüglich ihrer Behandlungsbedürftigkeit urteilsunfähig sein (Art. 434 Abs. 1 Ziff. 2 ZGB). Die Urteilsunfähigkeit kann auch gegeben sein, wenn die betroffene Person zwar in der Lage ist, einen Willen auszudrücken, dessen Bildung aber nicht auf dem von Art. 16 ZGB geforderten Mindestmass an Rationalität beruht (BSK ZGB I- GEISER/ETZENSBERGER, a.a.O., Art. 434/435 N 18). Mit der Vorinstanz ist von der diesbezüglichen Urteilsunfähigkeit des Beschwerdeführers auszugehen (act. 16

      S. 11 E. 5). Diese Einschätzung deckt sich mit den Akten (vgl. act. 4/7). Der Beschwerdeführer scheint momentan nicht in der Lage zu sein, seinen Willen mit dem geforderten Mindestmass an Rationalität zu bilden. Die Urteilsunfähigkeit des

      Beschwerdeführers hinsichtlich seiner Behandlungsbedürftigkeit ist somit zu beja- hen.

    3. Überdies muss die vorgesehene Zwangsmassnahme verhältnismässig sein. Es darf keine angemessene Massnahme zur Verfügung stehen, die weniger einschneidend ist (Art. 434 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB). Dabei ist nicht nur über die Grundsatzfrage der Medikation, sondern auch über die genaue Art und Weise der Zwangsbehandlung zu entscheiden. Es gehört zu einer verhältnismässigen An- ordnung einer zwangsweisen Medikation, die Verabreichung desjenigen Medika- mentes anzuordnen, welches für die betroffene Person am verträglichsten ist. Mit anderen Worten ist eine Anordnung, welche bessere Alternativen unberücksichtigt lässt, nicht verhältnismässig.

      1. Der Gutachter bejahte im Wesentlichen die Geeignetheit des medikamen- tösen Behandlungskonzepts vom 22. September 2023 und des Behandlungs- plans (vgl. Prot. Vi. S. 18). Alternative Behandlungsmöglichkeiten im Sinne von milderen Massnahmen sah der Gutachter nicht; er erachtete den Behandlungs- versuch mittels Medikation als indiziert und schätzte, dass mit einer ca. dreiwö- chigen konsequenten Medikation sich der Zustand des Beschwerdeführers soweit verbessern lasse, dass die Platzierungsfrage wieder angegangen werden könne (vgl. Prot. Vi. S. 17). Weiter führte er zu den Nebenwirkungen der vorgesehenen Medikation aus, während es bei Olanzapin vor allem zu einer Gewichtszunahme und einer gewissen Sedierung kommen könne, könne es bei Risperdal und Hal- operidol zu parkinsonoiden Bewegungsstörungen kommen, welche allerdings problemlos medikamentös aufgefangen werden könnten, wenn sie auftreten soll- ten. Angesichts des bereits etwas parkinsonoid anmutenden Bewegungsbildes des Beschwerdeführers sei Olanzapin eindeutig den Vorzug zu geben. Valproat könne zu leichtgradigen Leberaffektionen und Elektrolytstörungen führen und bei Lorazepam könne eine Sedierung eintreten und bestehe bei langfristiger Einnah- me ein grosses Abhängigkeitspotential. Insgesamt seien die Nebenwirkungen der angedachten Medikation als wenig ausgeprägt und gut beherrschbar anzusehen. Falls die Therapie anschlagen sollte, könnte wieder eine Platzierung ausserhalb des höchstbetreuten Kliniksettings angegangen werden, was unabdingbar sei für

eine Zunahme des Freiheitsgrades des Beschwerdeführers (vgl. Prot. Vi. S. 17- 19).

      1. Die Klinik schloss sich den Ausführungen des Gutachters an (vgl. Prot. Vi.

        S. 20). Ergänzend führte Dr. med. F. aus, dem Beschwerdeführer sei be- reits zuvor Risperdal oder Olanzapin verabreicht worden. Es handle sich dabei um eine Medikation, welche der Beschwerdeführer bis jetzt gut vertragen habe (vgl. Prot. Vi. S. 18).

      2. Die vorgesehene Zwangsabgabe eines Medikamentes stellt einen schwe- ren Eingriff in die Persönlichkeit des Beschwerdeführers dar, umso mehr falls bei Verweigerung der oralen Aufnahme unter Zwang auf die intramuskuläre Abgabe von Medikamenten zurückgegriffen werden muss. Hinzu kommen die möglichen Nebenwirkungen. Der Gutachter konnte den Beschwerdeführer zu den konkreten Wirkungen und Nebenwirkungen der vorgeschlagenen Substanzen zwar nicht be- fragen (vgl. Prot. Vi. S. 18). Laut Dr. med. F. hat der Beschwerdeführer die Medikation allerdings bis jetzt gut vertragen. Zudem ist von Nebenwirkungen we- der im Verlaufsbericht die Rede noch brachte der Beschwerdeführer an der Ver- handlung vor, es gebe solche. Deshalb ist mit dem Gutachter davon auszugehen, dass die Nebenwirkungen der angedachten Medikation wenig ausgeprägt und gut beherrschbar sind. Mit Blick auf die sich zuspitzende Situation in Bezug auf die Unterbringung des Beschwerdeführers sowie unter Berücksichtigung der vorge- sehenen dreiwöchigen Dauer der medikamentösen Zwangsbehandlung erschei- nen die im Rahmen der Behandlung in Kauf zu nehmenden Nebenwirkungen je- denfalls als vertretbar. Mit den Fachpersonen ist davon auszugehen, dass eine Verbesserung und Stabilisierung des Zustandes des Beschwerdeführers zurzeit einzig durch eine medikamentöse Zwangsbehandlung im Sinne des kleineren Übels erreichbar ist. Auch die vom Gutachter geschätzte notwendige und von der Vorinstanz geschützte Dauer von drei Wochen (vgl. act. 16 E. III./6.4) erscheint angemessen. Da aus den Verlaufsberichten bis 27. September 2023 noch keine deutliche Zustandsverbesserung hervorgeht, ist die von der Vorinstanz bis

19. Oktober 2023 befristete, insgesamt fast vierwöchige Zwangsmedikation

(22. September 2023 bis 19. Oktober 2023) noch als verhältnismässig anzuse- hen.

Anzumerken bleibt, dass die Klinik laut Gutachter – aufgrund des parkinso- noid anmutenden Bewegungsbildes des Beschwerdeführers – dem (ebenfalls im Behandlungsplan vorgesehenen und angeordneten) Medikament Olanzapin ge- genüber Risperdal und Haloperidol den Vorzug geben sollte; zumal bei Risperdal und Haloperidol allenfalls parkinsonoide Bewegungsstörungen auftreten können und diese wiederum medikamentös aufgefangen werden müssten.

4.6 Die Voraussetzungen der medizinischen Massnahme ohne Zustimmung sind nach dem Gesagten erfüllt. Die Klinik ist berechtigt, den Beschwerdeführer notfalls auch gegen seinen Willen gemäss der Anordnung einer medizinischen Massnahme ohne Zustimmung bis 19. Oktober 2023 zu medizieren. Die Vorin- stanz hat die Beschwerde gegen die Zwangsmedikation zu Recht abgewiesen. Die Beschwerde gegen das vorinstanzliche Urteil ist auch insoweit abzuweisen.

Anzumerken bleibt, dass die gesetzliche Höchstdauer der fürsorgerischen Unterbringung am 30. Oktober 2023 abläuft.

5. Kostenfolgen

Ausgangsgemäss wird der Beschwerdeführer für das Rechtsmittelverfahren grundsätzlich kostenpflichtig (Art. 106 Abs. 1 ZPO). Umständehalber ist aber auf die Erhebung von Gerichtskosten zu verzichten. Eine Partei- oder Umtriebsent- schädigung ist nicht zuzusprechen.

Es wird erkannt:

  1. Die Beschwerde wird abgewiesen.

  2. Für das zweitinstanzliche Verfahren werden keine Kosten erhoben.

  3. Es wird keine Partei- oder Umtriebsentschädigung zugesprochen.

  4. Schriftliche Mitteilung an den Beschwerdeführer, an die verfahrensbeteiligte Klinik und an den Beistand des Beschwerdeführers (H. , Soziale Dienste, Sozialzentrum I. , … [Adresse]), sowie an das Einzelgericht,

    10. Abteilung, des Bezirksgerichtes Zürich, je gegen Empfangsschein.

    Die erstinstanzlichen Akten gehen nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist an die Vorinstanz zurück.

  5. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesge-

richt, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.

Es handelt sich um eine nicht vermögensrechtliche Angelegenheit.

Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer

i.V. Die Gerichtsschreiberin:

MLaw S. Ursprung versandt am:

18. Oktober 2023

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