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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Zusammenfassung des Urteils PA220049: Obergericht des Kantons Zürich

Der Beschwerdeführer A.________ reichte eine Kostenbeschwerde ein, da er mit den Honorarkosten seines unentgeltlichen Rechtsvertreters nicht einverstanden war. Nach verschiedenen Ereignissen und Entscheidungen des Einzelrichters am Bezirksgericht Höfe wurde die Beschwerde schliesslich vom Kantonsgericht beurteilt. Das Kantonsgericht hob das Urteil des Bezirksgerichts auf und wies die Angelegenheit zur Neubeurteilung zurück. Es wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer angemessen entschädigt werden sollte. Das Beschwerdeverfahren wurde als gegenstandslos abgeschrieben, die Kosten gingen zu Lasten der Kantonsgerichtskasse und der Beschwerdeführer erhielt eine Entschädigung. Der Richter in diesem Fall war Dr. Urs Tschümperlin, und die Gerichtskosten betrugen 500 CHF.

Urteilsdetails des Kantongerichts PA220049

Kanton:ZH
Fallnummer:PA220049
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid PA220049 vom 21.11.2022 (ZH)
Datum:21.11.2022
Rechtskraft:Weiterzug ans Bundesgericht, 5A_951/2022
Leitsatz/Stichwort:Zwangsmedikation
Schlagwörter : Behandlung; Unterbringung; Zwangsmedikation; Person; Klinik; Massnahme; Anordnung; Voraussetzung; Zustand; EISER/ETZENSBERGER; Verfügung; Störung; Vorinstanz; Behandlungsplan; Zustimmung; Gutachter; Betreuung; Recht; Anhörung; Voraussetzungen; Bundesgericht; Urteil
Rechtsnorm:Art. 106 ZPO ;Art. 16 ZGB ;Art. 426 ZGB ;Art. 429 ZGB ;Art. 431 ZGB ;Art. 433 ZGB ;Art. 434 ZGB ;Art. 439 ZGB ;Art. 450e ZGB ;Art. 450f ZGB ;Art. 90 BGG ;
Referenz BGE:143 III 337; 143 III 341;
Kommentar:
Büchler, Schweizer, , Schweizerisches Zivilgesetzbuch, Art. 433 ZGB, 2018

Entscheid des Kantongerichts PA220049

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer

Geschäfts-Nr.: PA220049-O/U

Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. E. Lichti Aschwanden, Vorsitzende, Oberrichterin lic. iur. R. Bantli Keller und Oberrichter Dr. M. Sarbach sowie Gerichtsschreiberin MLaw Gautschi

Urteil vom 21. November 2022

in Sachen

A. ,

Beschwerdeführerin,

sowie

Psychiatrische Universitätsklinik Zürich, Verfahrensbeteiligte,

betreffend Zwangsmedikation

Beschwerde gegen ein Urteil der 10. Abteilung (Einzelgericht) des Bezirksgerichtes Zürich vom 1. November 2022 (FF220253)

Erwägungen:

  1. Sachverhalt und Prozessgeschichte

    1. Die Beschwerdeführerin war bis vor Kurzem im Verein B. wohnhaft und verweigerte in den letzten drei bis vier Monaten die Medikamenteneinnahme sowie seit September 2022 die Arbeit sowie die Therapie (act. 6 und act. 9). Am

      19. Oktober 2022 kam es im Wohnheim dann zu Tätlichkeiten der Beschwerdeführerin gegen das Personal und Mitbewohner. Die ausgerückte Polizei bot daraufhin die SOS Ärzte auf. Der zuständige Arzt C. ordnete eine fürsorgerische Unterbringung der Beschwerdeführerin in der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich (nachfolgend: Klinik) an (act. 5). Die Klinik hielt in ihrem Eintrittsbericht fest, dass sich die Beschwerdeführerin bei ihrem Eintritt in einem manischpsychotischen Zustand befand. Aufgrund dieses Zustandes war ein geordnetes Gespräch nicht möglich. Sie verhielt sich grob kooperativ, die angebotenen Medikamente zur Beruhigung lehnte sie jedoch ab (act. 6). Mit Verfügung vom 25. Oktober 2022 ordnete die Klinik eine medizinische Behandlung ohne Zustimmung an (act. 8 = act. 20 [Original]).

    2. Gegen die Verfügung einer medizinischen Behandlung ohne Zustimmung erhob die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom 26. Oktober 2022 Beschwerde beim Einzelgericht des Bezirksgerichts Zürich (nachfolgend: Vorinstanz; act. 1). In der Folge bestellte die Vorinstanz mit Verfügung vom 28. Oktober 2022 Dr. med. D. als Gutachter zur Erstellung eines psychiatrischen Gutachtens über die Beschwerdeführerin. Gleichzeitig lud sie zur Anhörung/Hauptverhandlung am

      1. November 2022 vor und setzte der Klinik eine Frist zur Einreichung der Akten sowie einer Stellungnahme zur Beschwerde (act. 2). Die Klinik reichte mit Eingabe vom 31. Oktober 2022 ihre Stellungnahme sowie die wesentlichen Patientenakten ein (act. 5 bis act. 11).

    3. Anlässlich der Anhörung/Hauptverhandlung vom 1. November 2022 erschien die Beschwerdeführerin in Begleitung ihrer Pflegerin Frau E. , der Oberarzt Dr. med. F. und Assistenzärztin med. pract. G. als Vertretung der Klinik sowie Dr. med. D. als gerichtlich bestellter Gutachter (nachfolgend: Gutachter; Prot. Vi. S. 7). Die Beschwerdeführerin verliess nach ihrer Anhörung – und vor Erstattung des Gutachtens – den Verhandlungssaal, worauf die Verhandlung weitergeführt wurde (Prot. Vi. S. 11). Nach Durchführung der Verhandlung wies die Vorinstanz mit Urteil vom 1. November 2022 die Beschwer- de gegen die Zwangsmedikation ab (act. 12 [unbegründete Ausfertigung]). Die begründete Ausfertigung wurde der Beschwerdeführerin am 7. November 2022 zugestellt (act. 13 = act. 16 [Aktenexemplar]; act. 14).

    4. Mit Eingabe vom 3. November 2022 (Datum Poststempel) erhob die Beschwerdeführerin bei der hiesigen Kammer Beschwerde gegen das Urteil der Vorinstanz (act. 17). Die vorinstanzlichen Akten wurden beigezogen (act. 1-14). Vom Einholen einer Stellungnahme bzw. Vernehmlassung kann abgesehen werden. Das Verfahren erweist sich als spruchreif.

  2. Prozessuale Vorbemerkungen

    1. Gegen die Behandlung einer psychischen Störung ohne Zustimmung kann innert zehn Tagen beim zuständigen Gericht Beschwerde erhoben werden

      (Art. 439 Abs. 1 Ziff. 4 i.V.m. Abs. 2 ZGB). Das Verfahren richtet sich sinngemäss nach den Bestimmungen von Art. 450 ff. ZGB (Art. 439 Abs. 3 ZGB). Enthalten das ZGB und das kantonale Einführungsgesetz (EG KESR) keine Bestimmungen, gelten für die gerichtlichen Beschwerdeverfahren das kantonale Gerichtsorganisationsgesetz (GOG) und subsidiär die Bestimmungen der Zivilprozessordnung (vgl. Art. 439 Abs. 3 i.V.m. Art. 450f ZGB i.V.m. § 40 EG KESR). Zur zweitinstanzlichen Beurteilung solcher Beschwerden ist das Obergericht zuständig (vgl. § 64 EG KESR).

    2. Bei der Prüfung, ob die Voraussetzungen der Zwangsmedikation erfüllt sind, verfügt die Beschwerdeinstanz über volle Kognition. Es geht hier mit anderen Worten nicht bloss um die Rechtskontrolle des vorinstanzlichen Entscheides. Vielmehr hat die Kammer als zweite Beschwerdeinstanz selbstständig zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Massnahmen nach den Art. 426 ff. ZGB vorliegen.

  3. Fürsorgerische Unterbringung

    1. Aus der Gesetzessystematik ergibt sich als allgemeine Voraussetzung für die Anordnung einer Zwangsmedikation, dass die betroffene Person fürsorgerisch in einer Einrichtung untergebracht sein muss. Die Unterbringung muss zur Behandlung einer psychischen Störung erfolgt sein (G EISER/ETZENSBERGER, in: Geiser/Fountoulakis [Hrsg.], Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch I, 7. Auflage, 2022, Art. 434/435 N 13).

    2. Vorliegend wurde die fürsorgerische Unterbringung am 19. Oktober 2022 durch den SOS Arzt C. angeordnet (act. 5). Gemäss Wortlaut in der Beschwerdeschrift vom 26. Oktober 2022 an die Vorinstanz focht die Beschwerdeführerin ausschliesslich die angeordnete Zwangsmedikation an (act. 1). Anlässlich der vorinstanzlichen Anhörung erklärte sie auf Nachfrage jedoch, dass sie eigentlich nicht mehr im Verein B. wohnen und bei ihrer Entlassung nach H. gehen wolle (Prot. Vi. S. 10). Inwiefern sie sich damit nicht nur gegen die Zwangsmedikation, sondern auch gegen die angeordnete fürsorgerische Unterbringung wehrte und ob die entsprechende Beschwerdefrist eingehalten wurde, kann offen bleiben, da die Voraussetzungen der fürsorgerischen Unterbringung als allgemeine Voraussetzung der Zwangsmedikation ohnehin zu prüfen sind.

    3. Nach Art. 426 Abs. 1 ZGB darf eine Person, die an einer psychischen Störung an geistiger Behinderung leidet schwer verwahrlost ist, in einer geeigneten Einrichtung untergebracht werden, wenn die nötige Behandlung Betreuung nicht anderweitig erfolgen kann. Dabei sind auch die Belastung und der Schutz von Angehörigen und Dritten zu berücksichtigen. Die betroffene Person muss entlassen werden, sobald die Voraussetzungen für die Unterbringung nicht mehr erfüllt sind (Art. 426 Abs. 2 und Abs. 3 ZGB). Die fürsorgerische Unterbringung stellt einen schweren Eingriff in die persönliche Freiheit der betroffe- nen Person dar. Sie hat deshalb dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit zu ge- nügen, wonach keine weniger einschneidende Massnahme zum Schutz der betroffenen Person zur Verfügung stehen darf, die fürsorgerische Unterbringung zur Wiedererlangung von Selbständigkeit geeignet sein muss und der Freiheitsentzug als angemessen zu erscheinen hat (vgl. G EISER/ETZENSBERGER, a.a.O., Art. 426

      N 22 ff.; Botschaft zur Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches [Erwachsenenschutz, Personenrecht und Kindesrecht], BBl 2006, S. 7001 ff., S. 7062). Voraussetzung für eine fürsorgerische Unterbringung ist demnach zu- nächst das Vorliegen eines Schwächezustandes. Die möglichen Schwächezustände werden dabei in Art. 426 Abs. 1 ZGB abschliessend aufgeführt, nämlich psychische Störung, geistige Behinderung schwere Verwahrlosung (Art. 426 Abs. 1 ZGB; vgl. GEISER/ETZENSBERGER, a.a.O., Art. 426 N 12). Damit von einer psychischen Störung im Sinne der genannten Bestimmung gesprochen werden kann, muss zum einen ein entsprechendes Krankheitsbild vorliegen. Dieses muss sich zum anderen erheblich auf das soziale Verhalten des Patienten auswirken. Massgeblich ist, ob die betroffene Person ihre Entscheidungsfreiheit behalten hat und am sozialen Leben teilnehmen kann (vgl. GEISER/ETZENSBERGER, a.a.O.,

      Art. 426 N 15).

      Die Diagnose der Klinik sowie des Gutachters ergibt übereinstimmend, dass die Beschwerdeführerin an einer paranoiden Schizophrenie leidet. Die Erstdiag- nose erfolgte im Jahr 2013 (act. 6 und Prot. Vi. S. 12). Die Beschwerdeführerin erklärt anlässlich der Anhörung, dass dies nicht möglich sei, da ihr dafür ein Hirnlappen fehle (Prot. Vi. S. 11). Unter Berücksichtigung der vorliegenden Akten und des vorinstanzlichen Protokolls der Anhörung der Beschwerdeführerin besteht keinerlei Anlass die gestellte Diagnose in Zweifel zu ziehen. Die paranoide Schizophrenie fällt gemäss der Weltgesundheitsorganisation (WHO) unter die ICD-10 Klassifikation F20.0 und stellt eine psychische Störung im Sinne von Art. 426 Abs. 1 ZGB dar.

    4. Weiter wird für die Anordnung einer fürsorgerischen Unterbringung vorausgesetzt, dass die Betreuung die Behandlung der betroffenen Person nötig ist (Art. 426 Abs. 1 ZGB). Die fürsorgerische Unterbringung dient primär dem Wohl und Schutz der betroffenen Person. Die betroffene Person darf nur in einer Einrichtung untergebracht werden, wenn die nötige Behandlung Betreuung nicht anders erfolgen kann. Die Unterbringung muss die persönliche Fürsorge für die betroffene Person sicherstellen. Diese umfasst einerseits therapeutische Mass- nahmen und andererseits jede Form von Betreuung, deren eine Person für ein

      menschenwürdiges Dasein bedarf. Darunter fallen so elementare Bedürfnisse wie Essen, Körperpflege, Kleidung usw., aber auch ein Mindestmass an persönlicher Beschäftigung (vgl. GEISER/ETZENSBERGER, a.a.O., Art. 426 N 8, 10 und 41 ff.; BERNHART, Handbuch der fürsorgerischen Unterbringung, 2011 Basel, Rz. 366 ff.). Eine Fürsorgebedürftigkeit ist gegeben, wenn der Patient Hilfe benötigt, um eine durch seine psychische Störung bedingte ernsthafte Gefährdung seines Wohls abzuwenden. Zentral ist die Heilung, Besserung Linderung eines momentan gestörten Zustands (BERNHART, a.a.O., Rz. 348).

      Schliesslich muss die Massnahme verhältnismässig sein. Das angestrebte Ziel muss voraussichtlich erreicht werden können (Geeignetheit der Massnahme). Die Massnahme soll in erster Linie der Wiedererlangung der Selbstständigkeit und der Eigenverantwortung dienen. Ist eine Besserung des Zustandes ausgeschlossen, muss die Massnahme die notwendige persönliche Betreuung ermöglichen, um der betroffenen Person ein menschenwürdiges Leben zu sichern. Fer- ner darf keine weniger einschneidende, jedoch genügend Schutz bietende Mass- nahme zur Verfügung stehen (Erforderlichkeit der Massnahme). Mit anderen Worten darf die Betreuung Behandlung der betroffenen Person nicht anders, namentlich mit leichteren Massnahmen, als durch die fürsorgerische Unterbringung erfolgen können (vgl. zum G EISER/ETZENSBERGER, a.a.O., Art. 426 N 22 ff.). Bei der Verhältnismässigkeitsprüfung sind die Belastung und der Schutz von Angehörigen und Dritten zu berücksichtigen (Art. 426 Abs. 2 ZGB). Der Schutz Dritter kann für sich allein aber nicht ausschlaggebend sein (vgl. Botschaft vom

      28. Juni 2006 zur Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches, BBl 2006 S. 7001 ff., S. 7062 f.).

      Der Gutachter führte anlässlich der Hauptverhandlung aus, dass die Beschwerdeführerin störungsbedingt momentan nicht in der Lage sei, ihre täglichen Angelegenheiten, wie z.B. Selbstpflege und Nahrungsaufnahme, selbständig zu besorgen. Dadurch bestehe ein hohes Risiko eines ernsthaften gesundheitlichen Schadens, welcher durch die psychische Krankheit bedingt sei. Es bestehe eine ernsthafte Gefährdung der körperlichen Integrität und des Lebens von Drittperso- nen. Die Beschwerdeführerin lege ein stark gestörtes Verhalten an den Tag und

      sei sehr impulsiv. Aufgrund der im Pflegeprotokoll vom 20. Oktober 2022 festgehaltenen Brandgefährdung am bisherigen Wohnort der Beschwerdeführerin (act. 11 S. 3) bestehe auch eine Gefährdung des Lebens Dritter (Prot. Vi. S. 12 f.).

      Der SOS Arzt hielt in der Anordnung für die fürsorgerische Unterbringung fest, dass die Beschwerdeführerin – nachdem das Wohnheim ein vorübergehen- des Hausverbot erteilt habe – alleine auf der Strasse nicht versorgungsfähig sei (act. 5).

      Die Klinik führte in der Stellungnahme vom 31. Oktober 2022 aus, dass die Beschwerdeführerin ihren Platz im Wohnheim sowie ihre Arbeitsstelle verloren habe. Sie habe sich bei Eintritt in die Klinik in einem derart manischpsychotischen Zustand präsentiert, dass ein geordnetes Gespräch nicht möglich gewesen sei. Es bestehe bei der Beschwerdeführerin auch weiterhin keine Krankheitseinsicht und Therapiebereitschaft. Der weitere stationäre Aufenthalt sei dringend indiziert, um eine Verbesserung des psychotischen Zustandsbildes zu erreichen. Dies insbesondere, um die Fremdgefährdung abzuwenden und somit eine Rückkehr in die bisherige Wohnform und den Arbeitsplatz zu erreichen. Trotz des bisher engen Versorgungsnetzes sei die Betreuung im ambulanten Rahmen nicht mehr möglich gewesen (act. 9).

    5. Wie oben ausgeführt, wurde die Beschwerdeführerin in die Klinik eingewiesen, da es zu Tätlichkeiten gegenüber dem Personal und den Mitbewohnern in ihrem Wohnheim kam und die Polizei ausrücken musste. Das Wohnheim der Beschwerdeführerin hat daraufhin ein vorübergehendes Hausverbot gegen sie ausgesprochen (vgl. act. 5). Die Beschwerdeführerin hat somit ihren Platz im Wohnheim verloren und ist aufgrund ihres aktuellen gesundheitlichen Zustandes nicht alleine versorgungsfähig. Ihre Gesundheit wäre ohne Unterbringungsmöglichkeit und Betreuung einer Klinik mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit innert kürzester Zeit stark gefährdet. Die Vorbringen der Beschwerdeführerin, dass sie bei ei- ner Entlassung nach H. gehen würde, da man dort von der Lebenshilfe Psychopflege, Sozialarbeiter, Anwälte und Ärzte erhalte (Prot. Vi. S. 10), verdeutlichen, dass sie zurzeit keine andere geeignete Unterbringungsmöglichkeit hat.

      Die fürsorgerische Unterbringung dient ihrer persönlichen Fürsorge und dazu, die ernsthafte Gefährdung ihres Wohles abzuwenden. Eine mildere Massnahme kommt derzeit nicht in Frage. Eine ambulante Betreuung – wie sie die Beschwer- deführerin im Rahmen des Vereins B. hatte (vgl. act. 9) – ist aufgrund des aktuellen Gesundheitszustandes der Beschwerdeführerin und der fehlenden Behandlungsbereitschaft offensichtlich ungenügend. Insgesamt erweist sich die fürsorgerische Unterbringung sowohl als geeignet und erforderlich, wie auch verhältnismässig.

    6. Ferner ist die Geeignetheit der Einrichtung zu prüfen (vgl. OGer ZH PA150024 vom 16. November 2015, E. 3.3.1). Es muss sich um eine Institution handeln, die mit den ihr zur Verfügung stehenden organisatorischen und perso- nellen Mitteln in der Lage ist, die wesentlichen Bedürfnisse der eingewiesenen Person bezüglich Behandlung und Betreuung zu befriedigen (vgl. BGer 5A_257/2015 vom 23. April 2015, E. 3.1 m.w.H.).

      Die Psychiatrische Universitätsklinik Zürich ist mit ihren Akutstationen für fürsorgerische Unterbringung als geeignete Einrichtung zu qualifizieren. Insbesondere in Kombination mit der Abgabe der Medikation sollte eine Reduktion der psychotischen Symptome und des impulsiven fremdaggressiven Verhaltens erreicht werden sowie eine Wiederherstellung der Krankheitseinsicht und der Behandlungsbereitschaft und damit eine Verbesserung des Zustandes der Beschwerdeführerin (vgl. act. 20).

    7. Im Ergebnis ist festzuhalten, dass die Voraussetzungen der fürsorgerischen Unterbringung im Sinne von Art. 426 Abs. 1 ZGB gegeben sind.

  4. Zwangsmedikation

    1. Eine Zwangsbehandlung ist – wie erwähnt – gestützt auf die gesetzliche Systematik der Art. 426 ff. ZGB nur zulässig, wenn sich die Beschwerdeführerin aufgrund einer fürsorgerischen Unterbringung in einer Klinik befindet und die Behandlung im Zusammenhang mit einer psychischen Störung erfolgt (G EI- SER/ETZENSBERGER, a.a.O., Art. 434/435 N 3 und 13). Die zwangsweise Behandlung einer psychischen Störung ist durch den Chefarzt die Chefärztin der involvierten Abteilung im Behandlungsplan schriftlich anzuordnen und der betroffe- nen Person mit Rechtsmittelbelehrung mitzuteilen (Art. 434 ZGB). Auch wenn nach dem Wortlaut des Gesetzes nur die Chefärztin der Chefarzt der Abteilung die Behandlung ohne Zustimmung schriftlich anordnen kann, darf der entsprechende Entscheid auch von einer leitenden Ärztin bzw. einem leitenden Arzt stellvertretend getroffen werden, so dass gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung die Unterzeichnung auch durch einen Oberarzt erfolgen kann (vgl. BGE 143 III 341 ff.; GEISER/ETZENSBERGER, a.a.O., Art. 434/435 N 34 f.). Es können nur

      Massnahmen angeordnet werden, welche im (aktuellen) Behandlungsplan vorgesehen sind (vgl. GEISER/ETZENSBERGER, a.a.O., Art. 434/435 N 14 und 16). Weiter ist vorausgesetzt, dass eine Gefährdungssituation vorliegt. Aus dem Gesetzeswortlaut geht hervor, dass es sich hierbei sowohl um eine Selbstals auch um ei- ne Drittgefährdung handeln kann (Art. 434 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB). Die betroffene Person muss ausserdem bezüglich ihrer Behandlungsbedürftigkeit urteilsunfähig sein (Art. 434 Abs. 1 Ziff. 2 ZGB). Überdies muss die vorgesehene Massnahme verhältnismässig sein. Es darf keine angemessene Massnahme zur Verfügung stehen, die weniger einschneidend ist (Art. 434 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB).

    2. Die allgemeine Voraussetzung der bestehenden fürsorgerischen Unterbringung aufgrund einer psychischen Störung ist vorliegend gegeben (vgl. E. 3.7). Weiter wurde die zwangsweise Behandlung dieser Störung in der durch den Chefarzt und den Oberarzt a.i. unterzeichneten Verfügung einer medizinischen Behandlung ohne Zustimmung vom 25. Oktober 2022 schriftlich verfügt. Diese Verfügung wurde der Beschwerdeführerin mit Rechtsmittelbelehrung mitgeteilt (act. 20). In der Verfügung ist eine medikamentöse Behandlung der Beschwerdeführerin durch orale Einnahme von Lurasidon (spiegelkontrolliert bis 160 mg/d) und/oder Diazepam (bis 30 mg/d in Einzeldosen von 5-10 mg) vorgesehen. Im Fall einer Verweigerung der oralen Medikation habe sie intramuskulär mit Haloperidol (bis 20 mg/d in Einzeldosen von 5-10 mg) und/oder Diazepam (bis 20 mg/d in Einzeldosen von 5-10 mg) zu erfolgen (act. 20). Im Behandlungsplan vom

      21. Oktober 2022 sind u.a. diese (medikamentösen) Behandlungen (act. 7 =

      act. 21 [Original] S. 2) vorgesehen und die jeweiligen Nebenwirkungen der Medikamente im Einzelnen detailliert aufgeführt (act. 21 S. 3 ff.). Das Ziel der Behandlung ist die Reduktion der psychotischen Symptome und die Reduktion des impulsiven aggressiven Verhaltens sowie eine Wiederherstellung der Krankheitseinsicht und der Behandlungsbereitschaft auf längere Sicht (act. 20).

      Damit liegen sowohl ein Behandlungsplan gemäss Art. 433 ZGB als auch eine rechtsgültige schriftliche Anordnung im Sinne von 434 Abs. 2 ZGB vor. Die Beschwerdeführerin wurde am 21. Oktober 2022 über den Behandlungsplan umfassend informiert und erklärte, dem Behandlungsplan nicht zuzustimmen (act. 21

      S. 10). Damit sind die formellen Voraussetzungen erfüllt.

      Weiter ist zu prüfen, ob eine Gefährdungssituation vorliegt, die Beschwerdeführerin hinsichtlich ihrer gesundheitlichen Belange urteilsunfähig und die Anord- nung der Zwangsmedikation verhältnismässig ist.

    3. Hinsichtlich der Voraussetzung der Gefahrensituation kommt eine drohen- de ernsthafte Selbstoder Drittgefährdung in Frage (Art. 434 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB). Bei der Selbstgefährdung muss der betroffenen Person ohne die Behandlung ein ernsthafter gesundheitlicher Schaden drohen, wobei dieser auch somatischer Art sein kann. Ernsthaft bedeutet, dass er zu einer langen Beeinträchtigung wichtiger körperlicher psychischer Funktionen führt. Es braucht sich allerdings nicht um einen bleibenden irreversiblen Gesundheitsschaden zu handeln. Eine Fremdgefährdung im Sinne der genannten Bestimmung liegt vor, wenn das Leben die körperliche Integrität Dritter ernstlich gefährdet ist (G EI- SER/ETZENSBERGER, a.a.O., Art. 434/435 N 19 ff.).

      Die Beschwerdeführerin erklärte auf Nachfrage anlässlich der vorinstanzlichen Anhörung, dass sie jemandem eine Ohrfeige gegeben habe, da ihr ihre Jacke und ihr Essen geklaut worden sei. Sie hätten ihre Handgelenke festgehalten und die Wohnhausbetreuung habe ihr nicht helfen wollen, obwohl sie Schmerzen gehabt habe. Sie [die Beschwerdeführerin] habe ihr [Drittperson] eine Ohrfeige gegeben, was diese nicht akzeptiert habe. Sie finde dies gemein, da ihre Waren weg seien (Prot. Vi. S. 9 f.).

      Hinsichtlich der Ausführungen des Gutachters zur Selbst- und Drittgefähr- dung der Beschwerdeführerin kann auf Erwägungsziffer 3.4 dritter Absatz verwiesen werden. Die Klinik führte aus, dass mit Ausbleiben einer adäquat pharmakologischen Therapie das aktuell florid psychotische Zustandsbild weiterhin bestehen bleibe. Dies führe zur potentiellen Fremdgefährdung und zu möglichen nachhaltigen Verschlechterungen im Krankheitsbild (act. 8). In der Stellungnahme der Klinik wird nochmals betont, dass es im Falle einer medikamentösen Nicht- Behandlung auch weiter zur Fremdgefährdung kommen werde (act. 9).

      Der Beschwerdeführerin fehlt zurzeit die Krankheitseinsicht und die Bereitschaft, die notwendigen Medikamente einzunehmen. Aufgrund der übereinstimmenden Ausführungen der Fachpersonen ist ohne die notwendige Medikation der Beschwerdeführerin von einer ernsthaften Selbstgefährdung bzw. einem drohen- den ernsthaften gesundheitlichen Schaden auszugehen. Ebenso ist auf die Tätlichkeiten der Beschwerdeführerin gegen Drittpersonen zu verweisen, weshalb aufgrund dieses aggressiven Verhaltens gegenüber Dritten auch eine Fremdgefährdung nicht ausgeschlossen werden kann. Dasselbe gilt für die gemäss Geschäftsleiter der Wohngruppe B. bestehende Brandgefährdung (act. 11

      S. 3). Die Voraussetzungen der ernsthaften Selbstgefährdung und gegebenenfalls auch der ernsthaften Fremdgefährdung sind somit vorliegend erfüllt.

    4. Weiter wird gemäss Art. 434 Abs. 1 Ziff. 2 ZGB die Urteilsunfähigkeit hinsichtlich der Behandlungsbedürftigkeit vorausgesetzt. Dies kann auch dann der Fall sein, wenn die betroffene Person in der Lage ist, einen Willen auszudrücken, dessen Bildung aber nicht auf dem von Art. 16 ZGB geforderten Mindestmass an Rationalität beruht. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn der Patient aufgrund von Wahnvorstellungen den Zusammenhang zwischen seinem Zustand und der Behandlung nicht erfassen kann (G EISER/ETZENSBERGER, a.a.O., Art. 434/435

      N 18).

      Die Beschwerdeführerin erklärte anlässlich der Anhörung – soweit verständlich und nachvollziehbar –, dass ihr verschiedene Ärzte gesagt hätten, sie müsse nicht mit Psychopharmaka leben. Es habe sich herausgestellt, dass sie allergisch auf Koriander, Morphium und Temesta reagiere. Auf die paranoide Schizophrenie

      angesprochen, führte die Beschwerdeführerin aus, dass es nicht möglich sei, dass sie daran leide, da ihr ein Hirnlappen fehle. Weiter machte sie diverse Ausführungen dazu, dass sie das Sturge-Weber-Syndrom habe (Prot. Vi. S. 8 ff.). Auch in ihrer – zu einem grossen Teil unverständlichen – Beschwerdeschrift erwähnte sie das Sturge-Weber-Syndrom mehrfach (vgl. act. 17).

      Ob eine Person im Hinblick auf ihre medizinische Behandlungsbedürftigkeit urteilsfähig ist, ist von Gesetzes wegen vom Gericht, gestützt auf ein Gutachten einer sachverständigen Person, zu entscheiden (vgl. Art. 434 f. ZGB i.V.m.

      Art. 439 Abs. 1 Ziff. 4 und Art. 450e Abs. 3 ZGB). Der Gutachter führte aus, dass es der Beschwerdeführerin aufgrund von stark ausgeprägter psychotischer und manischer Symptomatik nicht möglich sei, ihre eigene Behandlungsbedürftigkeit zu beurteilen (Prot. Vi. S. 13). Die Klinik erklärte, dass die Beschwerdeführerin weiterhin nicht krankheitseinsichtig und therapiebereit sei. Sie zeige sich im Rahmen des stationären Aufenthaltes florid psychotisch und bei Ansprache der notwendigen Medikation teilweise laut und angespannt sowie teilweise verbal aggressiv ablehnend (act. 9). Die Beschwerdeführerin nehme trotz intensiver Gespräche mit dem ambulanten Behandler und dem betreuenden Team im Wohnheim sowie den pflegerischen und ärztlichen Kollegen im Rahmen der bestehen- den Hospitalisierung die Medikamente nicht ein (act. 20).

      Damit deckt sich die Einschätzung des Gutachters, wonach die Beschwer- deführerin bezüglich ihrer medizinischen Behandlungsbedürftigkeit urteilsunfähig sei, sowohl mit der Einschätzung der Klinik wie auch mit den Verlaufsprotokollen (vgl. act. 10 und 11). Gemäss den Verlaufsprotokollen lehnte die Beschwerdeführerin die Einnahme von Antipsychotika ab und reagierte angesprochen auf die Medikamente grösstenteils ungehalten, mit nicht nachvollziehbaren – teilweise wahnhaften – verbal-aggressiven Ausführungen (act. 9, act. 10 und act. 11). Dieser Eindruck bestätigte sich auch anlässlich der vorinstanzlichen Anhörung und in der Beschwerdeschrift (Prot. Vi. S. 7 ff.; act. 17). Zu bemerken ist, dass sich in den Akten keinerlei Hinweise finden, dass die Beschwerdeführerin am Sturge- Weber-Syndrom leidet. Aufgrund des Gesagten ist davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin zurzeit nicht in der Lage ist, den Zusammenhang zwischen

      ihrem Zustand und der Behandlung zu erfassen. Die Urteilsunfähigkeit der Beschwerdeführerin hinsichtlich ihrer Behandlungsbedürftigkeit ist damit zu bejahen.

    5. Schliesslich verlangt das Gesetz, dass die vorgesehene Massnahme verhältnismässig ist (Art. 434 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB). Das heisst einerseits, dass medizi- nische Massnahmen ohne Zustimmung ultima ratio sein sollten und sie andererseits insbesondere ein medizinisches Ziel verfolgen und dem letzten Stand der Wissenschaft entsprechen müssen (R OSCH, in: Büchler/Jakob, Kurzkommentar, Schweizerisches Zivilgesetzbuch, 2. Auflage, 2018, Art. 433-435 N 12). Es ist hierbei zu prüfen, ob weniger einschneidende Massnahmen zur Verfügung stehen, um das angestrebte Ziel zu erreichen (GEISER/ETZENSBERGER, a.a.O.,

      Art. 434/435 N 22).

      Die Beschwerdeführerin sagte – soweit verständlich und nachvollziehbar – aus, dass sie die Psychopharmaka probiert, aber schwere Nebenwirkungen gehabt habe. Sie habe unter anderem 20 Kilogramm zugenommen. Weiter habe sie solche Schmerzen am Hinterkopf gehabt, dass sie nicht mehr habe liegen können (Prot. Vi. S. 8 ff.).

      Der Gutachter erklärte, dass eine medikamentöse Behandlung aufgrund des hohen Chronifizierungsgrades und der erheblichen Schwere der Störung der Beschwerdeführerin medizinisch indiziert sei. Eine mildere Massnahme als Alternative existiere nicht. Weiter erwähnte er, dass eine vorherige Behandlung, die ähnlich gewesen sei wie die aktuelle, zu einer raschen Zustandsbesserung geführt habe. Die Behandlung sei geeignet, die unmittelbare Gefahr abzuwenden. Der Behandlungsplan (act. 21) sei zudem nachvollziehbar, schlüssig und als Wirkung werde die Beschwerdeführerin eine rasche Verbesserung des psychischen Zustandes erleben. Zur Nebenwirkung der Medikation führte er aus, dass die von der Beschwerdeführerin beklagten Nebenwirkungen in Anbetracht ihrer starken psychischen Störung zu relativieren seien. Es seien keine überzeugenden Hinweise bekannt, dass die Medikamente in der Therapie solche Nebenwirkungen hätten (Prot. Vi. S. 13 f.).

      Die Ausführungen des Gutachters sind schlüssig, nachvollziehbar und stimmen mit den vorliegenden Akten überein (vgl. Prot. Vi. S. 13, act. 6 und act. 11). Die Zwangsmedikation stellt ein schwerer Eingriff in die Persönlichkeit der Beschwerdeführerin dar und insbesondere die im Behandlungsplan aufgeführten zahlreichen möglichen Nebenwirkungen sind im Rahmen der Verhältnismässigkeitsprüfung zu berücksichtigen. Aufgrund der derzeitig stark ausgeprägten psychotischen und manischen Symptomatik der Beschwerdeführerin ist eine medikamentöse Behandlung medizinisch indiziert, um eine Verbesserung des Gesundheitszustandes der Beschwerdeführerin zu erreichen und damit die Aufhebung der Eigen- und Fremdgefährdung. Auch dass eine ähnliche Behandlung bereits in der Vergangenheit zu einer raschen Zustandsverbesserung führte (vgl. Prot. Vi. S. 13), spricht für die Geeignetheit und Effektivität der Behandlung. Eine mildere Massnahme existiert derzeit nicht, um den angestrebten Zweck zu erreichen (vgl. Prot. Vi S. 13).

      Ferner wurde – wie die Vorinstanz richtig feststellte – die Zwangsmedikation in der Anordnung der Klinik weder zeitlich befristet noch auf eine Anzahl Wiederholungen der medikamentösen Behandlung begrenzt. Deshalb erwog die Vorinstanz, dass – falls nach drei Monaten seit Beginn der Zwangsbehandlung eine weitere Zwangsmedikation der Beschwerdeführerin notwendig sein sollte – seitens der Klinik eine neue, befristete Anordnung erforderlich sei. Die Vorinstanz unterliess es indessen, diese Befristung im Dispositiv des Urteils vom

      1. November 2022 festzuhalten, sondern wies die Beschwerde vollständig ab (act. 16 E. 6.4 und Dispositiv S. 11 f.). Entsprechend hätte diese dreimonatige Befristung der Vorinstanz nicht in Rechtskraft erwachsen können und ist in der Folge auch nicht weiter zu beurteilen.

      Das Gesetz äussert sich nicht ausdrücklich zur Frage, ob die Anordnung der Behandlung ohne Zustimmung sich immer nur auf einen einzelnen Behandlungsschritt bezieht ob auch eine über längere Zeit andauernde, aus mehreren Eingriffen bestehende Behandlung als Ganzes angeordnet werden kann. Soweit ersichtlich wurde diese Frage auch im Gesetzgebungsverfahren nicht diskutiert. Die Behandlung stellt ein Ganzes dar. Der Umstand, dass die Anordnung auf-

      grund des Behandlungsplanes erfolgt, spricht dafür, dass auch eine Behandlung, die über längere Zeit verschiedene Interventionen vorsieht, mit einem einzigen Entscheid angeordnet werden kann. Es erscheint zwecklos und unpraktikabel, immer nur einzelne Teile anzuordnen (BGE 143 III 337 E. 2.4.3). Im BGE 143 III 337 erwog das Bundesgericht zu einer unbefristeten Anordnung zur Zwangsme- dikation, dass die Unterbringung in der Einrichtung zur Behandlung der psychischen Störung (Art. 426 ZGB) aufzuheben sei, sobald ihre Voraussetzungen nicht mehr gegeben seien (vgl. Art. 426 Abs. 3 ZGB). Die Behandlung in der Klinik werde fortgeführt, solange sie nötig sei. Es vermöge von daher nicht einzuleuchten, weshalb mehrere Anordnungen erforderlich würden (BGE 143 III 337

      E. 2.4.3). Dieser Entscheid des Bundesgerichts – in welchem eine unbefristete Anordnung zur Zwangsmedikation als zulässig erachtet wurde – wurde in der Lehre teilweise kritisch aufgenommen (ROSCH, Zwangsmedikation à discrétion, in: dRSK, publiziert am 23. Juni 2017, Rz. 11 f.; WOLF/BUFF, Die privatrechtliche Rechtsprechung des Bundesgerichts im Jahr 2017, ZBJV 154/2018, S. 595; nach AEBI-MÜLLER erscheint es jedoch unproblematisch, dass die medikamentöse Behandlung nicht befristet wurde, denn diese stelle ein Ganzes dar und ende mit der fürsorgerischen Unterbringung als solche, in: Aktuelle Rechtsprechung des Bun- desgericht zum Familienrecht, in: Jusletter 2. Oktober 2017, Rz. 137). GEI- SER/ETZENSBERGER stellen sich auf den Standpunkt, dass die Anordnung einer Zwangsmedikation in jedem Fall befristet werden sollte. Die Befristung stelle sicher, dass die Angemessenheit der Massnahme periodisch überprüft werde. Mit Blick auf Art. 431 ZGB solle sich die angeordnete Behandlung in keinem Fall über eine längere Zeit als sechs Monate erstrecken, ohne dass eine neue Verfügung erfolge. Von den Kritikern wird ferner darauf hingewiesen, dass der Gesetzeswortlaut eine jederzeitige Anrufung des Gerichts nur bei Massnahmen zur Einschränkung der Bewegungsfreiheit und nicht auch bei Behandlung ohne Zustimmung vorsieht (Art. 439 Abs. 2 ZGB).

      Bei der Anordnung zur Zwangsbehandlung beträgt die Frist zehn Tage seit Mitteilung des Entscheides (Art. 439 Abs. 2 ZGB). Dauert die Behandlung über eine längere Zeit an, ist diese Frist unter Umständen bereits abgelaufen, was grundsätzlich dazu führen kann, dass die Zwangsbehandlung über längere Zeit –

      bis zur nächsten Überprüfung resp. Neuanordnung – nicht angefochten werden könnte. Das Gesetz regelt damit – im Gegensatz zum Entlassungsgesuch

      (Art. 426 Abs. 4 ZGB) – keine zeitlich unbefristet Möglichkeit, die Anordnung zu überprüfen (GEISER/ETZENSBERGER, a.a.O., Art. 434/435 N 27; ROSCH, Zwangsmedikation à discrétion, a.a.O., Rz. 11).

      Die Kritik am Entscheid des Bundesgerichtes überzeugt, weil eine regelmässige Überprüfung der Zwangsbehandlung in Anbetracht der Schwere des Eingriffes sichergestellt werden muss. Eine medikamentöse Zwangsbehandlung ist daher grundsätzlich zu befristen. Dies hat einerseits mit der Anpassung des Behandlungsplanes zu geschehen, welcher die Grundlage für die in der Anord- nung festgehaltene Zwangsbehandlung darstellt (Art. 434 Abs. 1 ZGB i.V.m. Art. 433 ZGB) und dessen Änderung entsprechend zu einer Erneuerung der An-

      ordnung führen muss. Andererseits endet die angeordnete Zwangsmedikation mit Aufhebung der fürsorgerischen Unterbringung automatisch (vgl. E. 3.1). Die Beschwerdeführerin wurde per ärztlicher Anordnung in die Klinik eingewiesen. Somit wird die fürsorgerische Unterbringung spätestens nach sechs Wochen überprüft und neu beurteilt (Art. 429 ZGB). Aus den Erwägungen des Bundesgerichtes, es vermöge nicht einzuleuchten, dass hinsichtlich der fürsorgerischen Unterbringung und der Zwangsmedikation mehrere Anordnungen erforderlich seien (BGE 143 III 337 E. 2.4.3), ist abzuleiten, dass auch die vorliegende nicht befristet angeordnete Zwangsmedikation spätestens zeitgleich mit der Überprüfung der ärztlich angeordneten fürsorgerischen Unterbringung zu überprüfen und bei weiterhin bestehender Notwendigkeit neu anzuordnen sein wird. Aus diesem Grund drängt sich eine kürzere Befristung vorliegend nicht auf.

      Nach dem Gesagten ist die angeordnete Zwangsmedikation unter der Voraussetzung, dass diese spätestens mit der Überprüfung der fürsorgerischen Unterbringung bzw. des nach Art. 429 ZGB neuen Unterbringungsentscheides der Erwachsenenschutzbehörde überprüft und bei weiterhin bestehender Notwendigkeit neu angeordnet wird, als verhältnismässig zu beurteilen.

    6. Im Ergebnis ist festzuhalten, dass die Voraussetzungen zur medizinischen Massnahmen ohne Zustimmung erfüllt sind. Die Vorinstanz hat die Beschwerde

      gegen die Zwangsmedikation zu Recht abgewiesen, weshalb auch die Beschwer- de gegen das vorinstanzliche Urteil abzuweisen ist.

      Die Klinik ist berechtigt, die Beschwerdeführerin – notfalls auch gegen ihren Willen – gemäss der Verfügung einer medizinischen Behandlung ohne Zustimmung vom 25. Oktober 2022 (act. 20) bis längstens sechs Wochen ab Beginn der fürsorgerischen Unterbringung (19. Oktober 2022; act. 5) zu behandeln. Danach ist die Zwangsmedikation zu überprüfen und allenfalls neu (befristet) anzuordnen. Weiter ist auch bei einer Anpassung des Behandlungsplanes die Anordnung entsprechend zu erneuern. Sollte die fürsorgerische Unterbringung zu einem früheren Zeitpunkt aufgehoben werden, fällt auch die Zwangsbehandlung dahin.

  5. Kostenfolgen

Da die Beschwerdeführerin mit ihrer Beschwerde unterliegt, wird sie für das Rechtsmittelverfahren grundsätzlich kostenpflichtig (Art. 106 Abs. 1 ZPO). Umständehalber ist indes auf die Erhebung von Gerichtskosten zu verzichten. Eine Parteioder Umtriebsentschädigung ist nicht zuzusprechen.

Es wird erkannt:

  1. Die Beschwerde wird abgewiesen.

  2. Für das zweitinstanzliche Verfahren werden keine Kosten erhoben.

  3. Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

  4. Schriftliche Mitteilung an

    • die Beschwerdeführerin,

    • die Beiständin,

    • die verfahrensbeteiligte Klinik ( unter besonderem Hinweis auf E. 4.6),

    • das Einzelgericht des Bezirksgerichts Zürich, je gegen Empfangsschein.

      Die erstinstanzlichen Akten gehen nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist an die Vorinstanz zurück.

  5. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesge-

richt, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.

Es handelt sich um eine nicht vermögensrechtliche Angelegenheit.

Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer

Die Gerichtsschreiberin:

MLaw N. Gautschi versandt am:

21. November 2022

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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