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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:PA210027
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid PA210027 vom 08.10.2021 (ZH)
Datum:08.10.2021
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Fürsorgerische Unterbringung / Einschränkung der Bewegungsfreiheit
Schlagwörter : Beschwerde; Beschwerdef?hrerin; Klinik; Unterbringung; Massnahme; F?rsorgerisch; Sorgerische; F?rsorgerische; Person; Massnahmen; Vorinstanz; Zustand; Behandlung; Bewegungsfreiheit; St?rung; F?rsorgerischen; Einschr?nkung; Medikamente; Epileptische; Entscheid; Schutz; Voraussetzung; Gefahr; Urteil; Subduralh?matom; Betreuung; Psychische; ETZENSBERGER; Verf?gung
Rechtsnorm: Art. 106 ZPO ; Art. 117 ZPO ; Art. 123 ZPO ; Art. 383 ZGB ; Art. 426 ZGB ; Art. 429 ZGB ; Art. 438 ZGB ; Art. 439 ZGB ; Art. 446 ZGB ; Art. 450e ZGB ; Art. 450f ZGB ; Art. 90 BGG ;
Referenz BGE:145 III 441;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer

Geschäfts-Nr.: PA210027-O/U

Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. E. Lichti Aschwanden, Vorsitzende, Oberrichter lic. iur. et phil. D. Glur und Oberrichterin lic. iur. R. Bantli Keller sowie Gerichtsschreiberin lic. iur. A. Götschi

Beschluss und Urteil vom 8. Oktober 2021

in Sachen

A. ,

Beschwerdeführerin,

sowie

Psychiatrische Privatklinik B. , Verfahrensbeteiligte,

betreffend

fürsorgerische Unterbringung / Einschränkung der Bewegungsfreiheit

Beschwerde gegen ein Urteil des Einzelgerichtes des Bezirksgerichtes Horgen vom 14. September 2021 (FF210053)

Erwägungen:

  1. Sachverhalt und Prozessgeschichte

    1. Aus den Akten geht hervor, dass die Beschwerdeführerin seit vielen Jahren an einer psychischen Störung leidet und zur Behandlung ihrer Erkrankung wie- derholt in verschiedenen psychiatrischen Kliniken untergebracht wurde (vgl.

      act. 6/10 und act. 16 E. I.). Die Beschwerdeführerin habe ihren Heimplatz verloren und momentan keinen Wohnsitz (vgl. Prot. Vi. S. 10 und act. 6/4 S. 52).

    2. Am 1. Juli 2021 wurde die Beschwerdeführerin durch einen Arzt in der psy- chiatrischen Privatklinik B. (nachfolgend: Klinik) fürsorgerisch unterge- bracht. Die von ihr dagegen eingereichte Beschwerde wurde vom Einzelgericht des Bezirksgerichts Horgen mit Urteil und Verfügung vom 6. Juli 2021 abgewie- sen. Während der Dauer dieser fürsorgerischen Unterbringung musste die Beschwerdeführerin aufgrund eines epileptischen Anfalls bzw. Krampfanfalls am

      11. Juli 2021 ins Stadtspital Triemli verlegt werden, da sie ihre antiepileptischen Medikamente (Tegretol) nicht regelmässig eingenommen hatte. Gleichentags hob die Klinik die am 7. Juli 2021 angeordneten medizinischen Massnahmen ohne Zustimmung der Beschwerdeführerin auf, womit das gegen die medizinischen Massnahmen ohne Zustimmung von der Beschwerdeführerin eingeleitete zweitin- stanzliche Beschwerdeverfahren gegenstandslos und von der Kammer mit Verfü- gung vom 15. Juli 2021 abgeschrieben wurde (vgl. OGer ZH PA210022 vom 11. August 2021, E. 1.1 m.w.H.).

      Am 14. Juli 2021 kam es zur Rückverlegung der Beschwerdeführerin in die erwähnte Klinik (vgl. OGer ZH PA210022 vom 11. August 2021, E. 1.2) bzw. er- neut zu einer ärztlichen fürsorgerischen Unterbringung der Beschwerdeführerin in der Klinik (vgl. act. 9 [Geschäfts-Nr. FF210040-F]). Am 16. Juli 2021 ordnete die Klinik bis 27. August 2021 medizinische Massnahmen ohne Zustimmung der Beschwerdeführerin an. Gegen diese beiden Anordnungen erhob die Beschwerde- führerin Beschwerde an das Einzelgericht des Bezirksgerichts Horgen, welches ihre Beschwerde vollumfänglich abwies. Die in Bezug auf den Entscheid betref- fend Zwangsmedikation erhobene Beschwerde wurde von der Kammer mit Urteil

      vom 11. August 2021 abgewiesen (vgl. OGer ZH PA210022 vom 11. August 2021, E. 1.2 f. m.w.H.).

      Am 25. August 2021 trat die Beschwerdeführerin aus der Klinik aus. Laut Klinik sei bei Austritt eine Spitex-Hilfe organisiert worden, welche die Beschwer- deführerin jedoch abgelehnt habe. Auch Versuche, sie in einer anderen geeigne- ten Einrichtung unterzubringen, seien von ihr abgelehnt worden. Sie sei offenbar in einer Notschlafstelle untergekommen und habe laut eigenen Angaben die Me- dikamente nicht mehr eingenommen und nicht mehr geschlafen (vgl. act. 6/1 S. 3).

      Zwei Tage später, am 27. August 2021, musste die Beschwerdeführerin ein drittes Mal durch einen Arzt in der erwähnten Klinik fürsorgerisch untergebracht werden (vgl. act. 6/5). Kurz nach dem Eintreffen der Beschwerdeführerin in der Klinik kam es zu einem tonisch klonischen Anfall, weshalb sie ins Stadtspital Triemli verlegt wurde. Im dort durchgeführten CCT wurde ein Subduralhämatom im Rahmen eines Sturzereignisses diagnostiziert. Der epileptische Anfall wurde von der Klinik im Rahmen der Medikamentencompliance und des Schlafentzugs gewertet (vgl. act. 6/1 S. 1 und 3; act. 6/4 S. 52). Gleichentags wurde die Beschwerdeführerin wieder in die Klinik zurückverlegt (act. 6/4 S. 51) und am

      30. August 2021 konnte die ärztliche fürsorgerische Unterbringung aufgrund feh- lender Hinweise auf akute Eigen- oder Fremdgefährdung aufgehoben werden (vgl. act. 6/8). Die Beschwerdeführerin verblieb indes freiwillig bis am 7. Septem- ber 2021 in der Klinik (vgl. act. 6/4 S. 1-39).

    3. Am 7. September 2021 stellte sich die Beschwerdeführerin selbstständig im Spital Männedorf vor (vgl. act. 6/1; act. 6/4 S. 17). Gleichentags wurde sie wegen einer psychischen Störung mit Selbstgefährdung durch die dipl. Ärztin C. , vom Spital Männedorf, abermals in der erwähnten Klinik fürsorgerisch unterge- bracht (vgl. act. 6/9). Aufgrund einer akuten Psychose bestand der Verdacht auf eine Selbstgefährdung (vgl. act. 2).

    4. Gegen die ärztliche fürsorgerische Unterbringung vom 7. September 2021 erhob die Beschwerdeführerin beim Einzelgericht des Bezirksgerichts Horgen (nachfolgend: Vorinstanz) Beschwerde (vgl. act. 1).

    5. Mit Verfügung vom 10. September 2021 (act. 6/3) ordnete die Klinik zudem Massnahmen zur Einschränkung der Bewegungsfreiheit an.

    6. Am 14. September 2021 fand die Hauptverhandlung vor Vorinstanz statt (vgl. Prot. Vi. S. 6 ff.), anlässlich welcher die Beschwerdeführerin auch gegen die Massnahmen zur Einschränkung ihrer Bewegungsfreiheit Beschwerde erhob (vgl. Prot. Vi. S. 7).

    7. Mit Verfügung und Urteil vom 14. September 2021 (act. 12 = act. 16 [Akten- exemplar]) wies die Vorinstanz die Beschwerde der Beschwerdeführerin vollum- fänglich ab und bewilligte ihr die unentgeltliche Prozessführung.

    8. Dagegen erhebt die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom 21. September 2021 (Datum Poststempel) fristgerecht Beschwerde (vgl. act. 17; betreffend die Unterschrift vgl. act. 3A).

    9. Die vorinstanzlichen Akten wurden beigezogen (vgl. act. 1-14). Von der Ein- holung von Stellungnahmen bzw. Vernehmlassungen wurde abgesehen. Das Ver- fahren ist spruchreif.

  2. Prozessuales

    1. Bei ärztlich angeordneter Unterbringung kann schriftlich das zuständige Ge- richt angerufen werden. Die Frist zur Anrufung des Gerichts beträgt zehn Tage seit Mitteilung des Entscheids. Bei Massnahmen zur Einschränkung der Bewe- gungsfreiheit kann das Gericht jederzeit angerufen werden (vgl. Art. 439 Abs. 1 Ziff. 1 und Ziff. 5 i.V.m. Abs. 2 ZGB). Das Verfahren richtet sich sinngemäss nach den Bestimmungen über das Verfahren vor der gerichtlichen Beschwerdeinstanz,

      d.h. nach den Art. 450 ff. ZGB (vgl. Art. 439 Abs. 3 ZGB). Das Obergericht ist ge- mäss § 64 EG KESR zur zweitinstanzlichen Beurteilung solcher Beschwerden zu- ständig.

    2. Die Beschwerdeführerin erhob mit Eingabe vom 21. September 2021 fristge- recht Beschwerde bei der Kammer. Die Beschwerde richtet sich gegen das Urteil der Vorinstanz vom 14. September 2021 (FF210053-F/UB/VP/MB) und damit gegen die angeordnete ärztliche fürsorgerische Unterbringung und die Massnah- me zur Einschränkung der Bewegungsfreiheit (vgl. act. 17). Die rechtzeitig erho- bene Beschwerde genügt den Formerfordernissen (vgl. Art. 450e Abs. 1 ZGB; OGer ZH PA170031 vom 28. November 2017, E. 2.2 m.w.H.).

    3. Die gerichtlichen Beschwerdeinstanzen erforschen den Sachverhalt von Am- tes wegen (§ 65 EG KESR/ZH i.V.m. Art. 446 Abs. 1 ZGB). Bei der Prüfung, ob die Voraussetzungen der fürsorgerischen Unterbringung und der Massnahme zur Einschränkung der Bewegungsfreiheit erfüllt sind, verfügt die Beschwerdeinstanz über volle Kognition. Es geht dabei mit anderen Worten nicht bloss um die Rechtskontrolle des vorinstanzlichen Entscheides. Vielmehr hat die zweite Beschwerdeinstanz selbstständig zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Mass- nahmen nach den Art. 426 ff. ZGB vorliegen.

  3. Fürsorgerische Unterbringung (Art. 426 ZGB i.V.m. Art. 429 ZGB)

    1. Vorbemerkungen

      Eine (natürliche) Person, die an einer psychischen Störung oder an einer geisti- gen Behinderung leidet oder schwer verwahrlost ist, darf in einer geeigneten Ein- richtung untergebracht werden, wenn die nötige Behandlung oder Betreuung nicht anders erfolgen kann (Art. 426 Abs. 1 ZGB), wobei die Belastung und der Schutz von Angehörigen und Dritten zu berücksichtigen sind (Art. 426 Abs. 2 ZGB). So- bald die Voraussetzungen für die Unterbringung nicht mehr erfüllt sind, ist die be- troffene Person zu entlassen (Art. 426 Abs. 3 ZGB).

      Die fürsorgerische Unterbringung stellt einen schweren Eingriff in die per- sönliche Freiheit der betroffenen Person dar. Sie hat deshalb dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit zu genügen, wonach keine weniger einschneidende Mass- nahmen zum Schutz der betroffenen Person zur Verfügung stehen darf, die für- sorgerische Unterbringung zur Wiedererlangung von Selbständigkeit geeignet

      sein muss und der Freiheitsentzug als angemessen zu erscheinen hat (vgl. BSK ZGB I-GEISER/ETZENSBERGER, 6. Aufl. 2018, Art. 426 N 22 ff.; Botschaft zur Ände- rung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches [Erwachsenenschutz, Personen- recht und Kindesrecht], BBl 2006, S. 7001 ff., S. 7062).

    2. Vorliegen eines Schwächezustandes

      1. Voraussetzung für eine fürsorgerische Unterbringung ist zunächst das Vorliegen eines Schwächezustandes. Die möglichen Schwächezustände werden dabei in Art. 426 Abs. 1 ZGB abschliessend aufgeführt, nämlich psychische Stö- rung, geistige Behinderung oder schwere Verwahrlosung (vgl. BSK ZGB I-GEISER/ ETZENSBERGER, a.a.O., Art. 426 N 12). Bei psychischen Störungen handelt es sich um erhebliche, objektiv feststellbare Abweichungen vom normalen Erleben oder Verhalten, wobei Denken, Fühlen und Handeln betroffen sind. Eine Abweichung von einer zumindest in den Grenzbereichen willkürlichen Normalität bedeutet, dass die Abgrenzung zwischen Gesundheit und Krankheit fliessend ist. Dessen ungeachtet besteht die Möglichkeit, charakteristische psychische Symptome zu objektivieren und klassifizieren. Massgebend ist heutzutage die ICD Klassifikation (vgl. BERNHART, Handbuch der fürsorgerischen Unterbringung, Basel 2011,

        Rz. 269 ff.). Damit von einer psychischen Störung gesprochen werden kann, muss ein Krankheitsbild vorliegen, welches erhebliche Auswirkungen auf das so- ziale Funktionieren des Patienten hat. Massgeblich ist, ob die betroffene Person ihre Entscheidungsfreiheit behalten hat und am sozialen Leben teilnehmen kann (vgl. BSK ZGB I-GEISER/ETZENSBERGER, a.a.O., Art. 426 N 15).

      2. Die Vorinstanz hielt fest, ein geordnetes Gespräch mit der Beschwerde- führerin sei an der Hauptverhandlung nicht möglich gewesen. Sie habe kaum eine der ihr gestellten Fragen beantwortet und unzusammenhängende, sprunghafte und teilweise wahnhaft erscheinende Ausführungen gemacht, wie beispielsweise dazu, dass sie von verschiedenen Personen erpresst und gefoltert werde oder worden sei bzw. diese Mörder seien (vgl. act. 16 E. 2.3).

      3. Der Gutachter Dr. med. D. ging gestützt auf die Klinikakten, ein Ge- spräch mit der Beschwerdeführerin und mit der Stationsärztin Dr. med. E.

        von einer langjährigen psychiatrischen Krankheitsgeschichte der Beschwerdefüh- rerin aus, bei welcher übereinstimmend von manischen Zuständen im Rahmen einer bipolaren Psychose gesprochen worden sei. Hinweise auf Misshandlungen seien nicht vorhanden. Der Zustand der Beschwerdeführerin sei nicht stabil (vgl. Prot. Vi. S. 9 f.).

      4. Seitens der Klinik wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin an einer bipolaren affektiven Störung leide und gegenwärtig ei- ne manische Episode mit psychotischen Symptomen erlebe (ICD-10 F31.2). Überdies stellte die Klinik die Verdachtsdiagnose histrionische Persönlichkeitsstö- rung (ICD-10 F60.4) (vgl. Prot. Vi. S. 11 f.; act. 6/1 und 6/2-3).

      5. Die bei der Beschwerdeführerin diagnostizierte bipolare affektive Störung mit gegenwärtig manischer Episode mit psychotischen Symptomen fällt gemäss der Weltgesundheitsorganisation (WHO) unter die Klassifikation ICD-10. Die Aus- führungen der Beschwerdeführerin vor Vorinstanz und ihr Verhalten erscheinen teilweise psychotisch und insbesondere wahnhaft. Solche Verhaltensweisen ge- hen auch aus dem interdisziplinären Verlaufsbericht vom 27. August 2021 bis

10. September 2021 hervor (act. 6/4 inbes. S. 2, 8, 32 und 45). Aufgrund dessen ist davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin am sozialen Leben zurzeit nicht teilnehmen kann und sie nicht in der Lage ist, ihre Entscheidungen frei zu treffen. Damit liegt eine psychische Störung im Sinne von Art. 426 Abs. 1 ZGB vor (vgl. BERNHART, Handbuch der fürsorgerischen Unterbringung, a.a.O., Rz. 271 ff.).

    1. Schutz- bzw. Fürsorgebedürftigkeit

      1. Weiter wird für die Anordnung einer fürsorgerischen Unterbringung vo- rausgesetzt, dass die Betreuung oder die Behandlung der betroffenen Person nö- tig ist (vgl. Art. 426 Abs. 1 ZGB). Dies setzt vorab voraus, dass die betroffene Person eines besonderen Schutzes bzw. persönlicher Fürsorge bedarf. Die per- sönliche Fürsorge umfasst einerseits therapeutische Massnahmen und anderer- seits jede Form von Betreuung, deren eine Person für ein menschenwürdiges Da- sein bedarf. Darunter fallen so elementare Bedürfnisse wie Essen, Körperpflege, Kleidung, usw. Dem Schutz Dritter kommt nur, aber immerhin, eine subsidiäre

        Bedeutung zu (vgl. Art. 426 Abs. 2 ZGB, unten E. 3.4). Eine Fremdgefährdung ist indes weder eine Unterbringungsvoraussetzung noch vermag sie für sich alleine eine fürsorgerische Unterbringung zu rechtfertigen (vgl. Botschaft zur Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches [Erwachsenenschutz, Personenrecht und Kindesrecht] vom 28. Juni 2006, BBl 2006 S. 7001 ff., S. 7062 f.; BSK ZGB I-

        GEISER/ETZENSBERGER, a.a.O., Art. 426 N 8, 10 und N 41 ff.); Artikel 426 ZGB ist

        keine genügende gesetzliche Grundlage für die Anordnung einer fürsorgerischen Unterbringung alleine wegen Fremdgefährdung (vgl. BGE 145 III 441 ff. m.w.H. zu aktuell laufenden Revisionsarbeiten).

      2. Der Gutachter führte in diesem Zusammenhang einzig aus, der aktuelle Zustand der Beschwerdeführerin sei schläfrig, was wohl einen Zusammenhang mit der Medikamentenumstellung habe. Darunter lauere aber dennoch viel Ener- gie, weshalb er annehme, dass sie nach wie vor innerlich angetrieben, aber medi- kamentös gedämpft sei. Alleine aufgrund dieses akuten Zustands sei eine Über- wachung in einer Klinik nötig, die akut-psychiatriefähig sei. Es handle sich nämlich nicht um einen stabilen Zustand (vgl. Prot. Vi. S. 10).

      3. Die Stationsärztin, Dr. med. E. , bestätigte, dass der derzeitige Zu- stand der Beschwerdeführerin auf eine Medikamentenumstellung zurückzuführen sei, welche aufgrund der Epilepsie stattfinde und zusätzlich die Agitation dämpfen solle. Der Plan sei es, sowohl die psychiatrischen als auch die somatischen Medi- kamente anzupassen, was eine Überwachung nötig mache (vgl. Prot. Vi. S. 11).

        Die Klinik ging in ihrer Stellungnahme vom Vorliegen einer Selbst- und einer Fremdgefährdung aus. Insbesondere sei der epileptische Anfall, welcher zum Subduralhämatom geführt habe, mutmasslich auf fehlende Medikamentencompli- ance der Beschwerdeführerin und Schlafentzug nach deren Austritt aus der Klinik am 25. August 2021 zurückzuführen. Die Beschwerdeführerin gefährde sich im agitierten Zustandsbild und durch den darunter steigenden Blutdruckwerten be- züglich des Subduralhämatoms selbst. Die Beschwerdeführerin habe nach der Aufhebung der vorangegangenen fürsorgerischen Unterbringung am 30. August 2021 weiterhin ein manisch-psychotisches Zustandsbild gezeigt, sei nicht abspra- chefähig und zunehmend agitierter gewesen. Ausserdem solle sie sich gegenüber

        Drittpersonen sehr bedrohlich und aggressiv verhalten haben. Die sich zuspitzen- de Situation habe zur erneuten, hier zu beurteilenden fürsorgerischen Unterbrin- gung geführt (vgl. act. 6/1 S. 3).

      4. Auch die Vorinstanz nahm an der Hauptverhandlung das ausgeprägte Krankheitsbild der Beschwerdeführerin wahr (vgl. oben E. 3.2.2). Die Vorinstanz ging gestützt auf die Ausführungen des Gutachters und der Klinik im Wesentli- chen von einer ernsthaften Selbstgefährdung bei sofortiger Entlassung aus. Es sei insbesondere vor einer Entlassung der Beschwerdeführerin die psychiatrische Medikation so einzustellen, dass sich das Zustandsbild der Beschwerdeführerin verbessere. In ihrem jetzigen, agitierten Zustand bestehe die Gefahr konsekutiver Blutdrucksteigerung, was angesichts des Subduralhämatoms zu verhindern sei. Ausserdem sei davon auszugehen, dass bei einer Entlassung der Beschwerde- führerin weder eine Anpassung und Überwachung noch eine hinreichende Medi- kamentencompliance hinsichtlich der antiepileptischen Medikamente sicherge- stellt wäre. Dies würde wiederum die ernstliche Gefahr weiterer epileptischer An- fälle mit nicht abschätzbaren Folgen für das Leben der Beschwerdeführerin mit sich bringen. Ferner berücksichtigte die Vorinstanz, dass sich der Zustand der Beschwerdeführerin nach der Aufhebung der fürsorgerischen Unterbringung am

        30. August 2021 innert weniger Tage verschlechtert habe, was zu verschiedenen fremdaggressiven Verhaltensweisen geführt habe. Aufgrund dessen könne nicht ausgeschlossen werden, dass sich bei verschlechterndem Zustandsbild der Beschwerdeführerin auch ernstzunehmende Gefahren für Dritte ergeben könnten (vgl. act. 16 E. 3.4).

      5. Aufgrund der übereinstimmenden Einschätzungen von Gutachter, Klinik und Vorinstanz erscheint die Beschwerdeführerin klar schutz- bzw. fürsorgebe- dürftig. Ergänzend bleibt hervorzuheben, dass die Beschwerdeführerin nicht ein- zig in psychiatrischer, sondern auch in somatischer Hinsicht fürsorgebedürftig ist. Neben dem erwähnten Subduralhämatom und Bluthochdruck hat die Beschwer- deführerin epileptische Anfälle (offenbar seit Juli 2021), eine schwere Schlafap- noe und ein insulinpflichtiger Diabetes mellitus Typ 2 (vgl. act. 6/1-3; act. 6/4

S. 1). Den dadurch bedingten Fürsorgebedürfnissen der Beschwerdeführerin ist

ebenfalls Aufmerksamkeit zu schenken, zumal Schlaf bzw. Schlafentzug bei Epi- lepsien eine Rolle spielen kann.

    1. Subsidiarität und Verhältnismässigkeit der fürsorgerischen Unterbringung

      1. Weiter wird für die fürsorgerische Unterbringung in einer Einrichtung vo- rausgesetzt, dass die Massnahme verhältnismässig ist. Mit der angeordneten Massnahme muss das angestrebte Ziel voraussichtlich erreicht werden können (Geeignetheit der Massnahme). Sie soll in erster Linie der Wiedererlangung der Selbstständigkeit und der Eigenverantwortung dienen. Ist eine Besserung des Zu- standes ausgeschlossen, muss sie die notwendige persönliche Betreuung ermög- lichen, um der betroffenen Person ein menschenwürdiges Leben zu sichern. Fer- ner darf keine weniger einschneidende, jedoch genügend Schutz bietende Mass- nahme zur Verfügung stehen (Erforderlichkeit der Massnahme). Mit anderen Worten darf die Betreuung oder Behandlung der betroffenen Person nicht anders, namentlich mit leichteren Massnahmen, als durch die fürsorgerische Unterbrin- gung erfolgen können (vgl. zum Ganzen BSK ZGB I-G EISER/ETZENSBERGER, a.a.O., Art. 426 N 22 ff.). Den ambulanten Massnahmen und der Nachbetreuung sowie der freiwilligen Sozialhilfe kommt entscheidende Bedeutung zu. Es ist aber nicht notwendig, dass die Behörde zuerst alle leichteren Massnahmen angeordnet hat und diese sich als unwirksam erweisen. Ferner sind stets die Vor- und Nach- teile einer Unterbringung für die betroffene Person, der Eingriffszweck und die Eingriffswirkung gegeneinander abzuwägen (Zumutbarkeit bzw. Verhältnismäs- sigkeit im engeren Sinne). Bei der Verhältnismässigkeitsprüfung sind die Belas- tung und der Schutz von Angehörigen und Dritten zu berücksichtigen (Art. 426 Abs. 2 ZGB). Dass der Schutz Dritter für sich allein nicht ausschlaggebend sein kann und für die Zurückbehaltung in erster Linie die Selbstgefährdung massge- bend bleiben muss, wurde bereits dargelegt (siehe oben E. 3.3.1).

      2. Der Gutachter erachtete eine fürsorgerische Unterbringung der Beschwerdeführerin in ihrem aktuell noch akuten Zustand als erforderlich. Ihr Zu- stand sei instabil. Es bestehe die Gefahr, dass es zu erneuten epileptischen An- fällen komme. Diese seien in diesem Sommer hinzugekommen. Beim letzten Sturz habe sich die Beschwerdeführerin eine Blutung im Schädel zugezogen. Ihre

        medizinische Behandlung sei zu gewährleisten und daher müsse ein neuer Heim- platz gut aufgegleist, aber möglichst schnell gefunden werden. Dies sei Voraus- setzung für eine Entlassung und zurzeit nicht gegeben. Auch wenn die Beschwerdeführerin oft mitgemacht habe bei der Behandlung, sei sie hinsichtlich ih- rer Behandlungsbedürftigkeit nicht stabil urteilsfähig; es gebe Krankheitszustände, die dies verhindern würden. Momentan sei sie diesbezüglich nicht urteilsfähig (vgl. Prot. Vi. S. 10).

      3. Diesen Ausführungen schloss sich Dr. med. E. seitens der Klinik an. Auch sie sah keine Entlassung der Beschwerdeführerin ohne Anschlusslö- sung, auch wenn die Beschwerdeführerin seit dem epileptischen Anfall einsichtig sei und die Medikamente zurzeit freiwillig einnehme (vgl. Prot. Vi. S. 11).

        Die Klinik führte in ihrer Stellungnahme vor Vorinstanz im Wesentlichen aus, die Behandlung sei verhältnismässig. Bei Verzicht bestehe ein Risiko für selbst- und fremdgefährdendes Verhalten. Ein agitiertes Zustandsbild mit konse- kutiver Blutdrucksteigerung wolle im Rahmen des Subduralhämatoms verhindert werden. Zudem werde die regelmässige Einnahme der antiepileptischen Thera- pie aktuell umgestellt und bedürfe entsprechender Überwachung. Auch würden die somatischen Medikamente angepasst. Weiter fehle es an einer Anschlusslö- sung und das soziale Umfeld sowie die medizinischen Einrichtungen würden massiv gestört. Es sei immer wieder zu nicht abgesprochenen, notfallmässigen Selbstvorstellungen der Beschwerdeführerin in den umgebenden Spitälern und beim hausinternen internistischen Dienst gekommen, weil sie sich im Rahmen ih- rer Selbstvorstellung nicht habe abweisen lassen. Zur aktuellen fürsorgerischen Unterbringung sei es im Rahmen einer Selbstvorstellung im Spital Männedorf ge- kommen, weil die Beschwerdeführerin es abgelehnt habe, den Notfall zu verlas- sen und in die Klinik zurückzukehren. Zudem sei fremdanamnestisch zu erfahren gewesen, dass sie sich Drittpersonen, einmalig auch in Begleitung von Kleinkin- dern, sehr bedrohlich und aggressiv präsentiert habe. Immer wieder habe die Beschwerdeführerin die Klinik verlassen und habe mit der Polizei zurückgeführt wer- den müssen. Um eine stabilisierende Weiterbehandlung gewährleisten zu können, sei die fürsorgerische Unterbringung der Beschwerdeführerin indiziert (vgl. act. 6/1 S. 3 f.).

      4. Mit der Vorinstanz ist davon auszugehen, dass bei einer sofortigen Ent- lassung die ernsthafte Gefahr einer Selbstverletzung besteht, namentlich hinsicht- lich des Subduralhämatoms (vgl. act. 16 E. 3.4) und eine ambulante Betreuung der Beschwerdeführerin derzeit nicht in Frage kommt (a.a.O., E. 3.6). Es kann grundsätzlich auf die entsprechende vorinstanzliche Begründung verwiesen wer- den (a.a.O.).

        Hervorzuheben ist diesbezüglich insbesondere, dass die Beschwerdeführe- rin hinsichtlich ihrer Behandlungsbedürftigkeit nicht stabil urteilsfähig erscheint und gemäss Gutachter aktuell auch nicht ist; dass die Einnahme der Medikamen- te aktuell freiwillig erfolgt, vermag an dieser Einschätzung nichts zu ändern, zumal sich die Beschwerdeführerin im August 2021 noch mittels Beschwerde gegen ihre Zwangsmedikation zur Wehr setzte (vgl. OGer ZH PA210022 vom 11. August 2021) und sich auch nach ihrem Austritt aus der Klinik am 25. August 2021 ge- zeigt hat, dass sich ihr Gesundheitszustand ausserhalb einer fürsorgerischen Un- terbringung innert weniger Tage massiv verschlechtern kann (vgl. oben E. 1.2). Aus demselben Grund fällt die (ambulante) Behandlung durch Frau Dr. F. , in welcher sich die Beschwerdeführerin offenbar vor ihrer Einweisung befand (vgl. Prot. Vi. S. 7), als mildere Massnahme ausser Betracht.

        Alles in allem erscheint die fürsorgerische Unterbringung somit zum jetzigen Zeitpunkt als verhältnismässig.

      5. Auch die Geeignetheit der Einrichtung, in welcher die Beschwerdeführerin fürsorgerisch untergebracht ist, ist zu prüfen (vgl. OGer ZH PA150024 vom

16. November 2015, E. 3.3.1). Es muss sich um eine Institution handeln, die mit den ihr zur Verfügung stehenden, organisatorischen und personellen Mitteln in der Lage ist, die wesentlichen Bedürfnisse der eingewiesenen Person bezüglich Behandlung und Betreuung zu befriedigen (vgl. BGer 5A_257/2015 vom 23. April 2015, E. 3.1 m.w.H.).

Es ist der Vorinstanz darin zuzustimmen, dass die Klinik und ihr Konzept grundsätzlich geeignet sind, Personen mit dem Schwächezustand wie die Beschwerdeführerin ihn aufweist zu behandeln. Laut Gutachter ist die Klinik indes für die aktuelle Behandlung nur geeignet, solange der Zustand der Beschwerdeführe- rin akut ist. Er hielt ausdrücklich fest, dass sich die Klinik als chronischer Behand- lungsort nicht eigne und es eine andere psychiatrische Institution bräuchte, wo die Pflege gewährleistet sei, wenn der instabile Zustand der Beschwerdeführerin länger anhalte (vgl. Prot. Vi. S. 10). Aus dem interdisziplinären Bericht der Klink geht namentlich hervor, dass die Beschwerdeführerin seit ihrem Sturz am

27. August 2021 immer wieder über Zahnschmerzen klagte, am 29. August 2021 erstmals über starke Zahnschmerzen. Seitens der Klinik konnte indes erst am

1. September 2021 ein Termin beim Notfall-Zahnarzt für den 3. September 2021

vereinbart werden (vgl. act. 6/4 S. 50, 49, 48, 47, 46, 45, 44, 41, 38, 37, 35, 33 und 31). Die Beschwerdeführerin machte sich bereits vor diesem Termin dreimal (teilweise in Absprache mit Klinikpersonal, vgl. act. 6/4 S. 41, 38 und 33) auf den Weg zu einem Zahnarzt bzw. stellte sich dort vor. Am 2. September 2021, einen Tag vor dem vereinbarten Termin beim Notfall-Zahnarzt, wurde ihr schliesslich ein Zahn extrahiert (a.a.O., S. 33).

Es gilt daher möglichst bald eine Anschlusslösung für die Beschwerdeführe- rin zu finden, die insbesondere auch ihren Pflegebedürfnissen in somatischer Hinsicht (v.a. auch hinsichtlich ihrer Epilepsie, schweren Schlafapnoe und Diabe- tes etc.) gerecht wird. Dies, um wenn möglich zu vermeiden, dass die Beschwer- deführerin aus somatischen Gründen an Akutspitäler überwiesen werden muss oder sie sich alleine deswegen bei diesen selber vorstellt. Die Klinik steht bereits in Kontakt mit der Beiständin der Beschwerdeführerin, G. , und verschiede- nen Institutionen, um eine geeignete Anschlusslösung für die Beschwerdeführerin zu finden (vgl. act. 6/4 S. 32 und 34 f.).

    1. Zusammenfassend ist mit der Vorinstanz davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin der Betreuung und Behandlung bedarf und diese einstweilen nur im stationären Rahmen erbracht werden kann.

    2. Nach dem Gesagten sind die Voraussetzungen der fürsorgerischen Unter- bringung zum heutigen Zeitpunkt gegeben. Damit ist die Beschwerde in diesem Punkt abzuweisen.

  1. Massnahme zur Einschränkung der Bewegungsfreiheit (Art. 438 ZGB i.V.m.

    Art. 383 ZGB)

        1. Art. 438 ZGB erfasst ausschliesslich Massnahmen, die keine Behandlung sind. Zwangsmassnahmen, die sich als notwendig erweisen, um eine Behandlung ohne Zustimmung des Patienten umzusetzen, fallen nicht unter diese Bestim- mung, sondern sind Gegenstand von Art. 434 f. ZGB. Nicht von Art. 438 ZGB er- fasst wird auch die blosse Umsetzung der Anordnungen nach Art. 426-429 ZGB. Vielmehr sind mit dem Entscheid über die fürsorgerische Unterbringung schon je- ne Massnahmen abgedeckt, welche notwendig sind, um die Unterbringung in der Einrichtung sicherzustellen (vgl. BSK Erwachsenenschutz-GEISER/ETZENSBERGER, a.a.O., Art. 438 N 3-4).

          Der Begriff der Einschränkung der Bewegungsfreiheit ist weit zu verstehen. Er erfasst etwa elektronische Überwachungsmassnahmen, das Abschliessen von Türen bzw. von Räumen oder Ähnliches, das Anbringen von Bettgittern und ande- ren Schranken, das Angurten zur Vermeidung von Stürzen oder die Fixierung auf einem Stuhl (vgl. Botschaft Erwachsenenschutzrecht, BBl 2006 S. 7001 ff.,

          S. 7039; BSK Erwachsenenschutz-GEISER/ETZENSBERGER, a.a.O., Art. 438 N 3-4). Als bewegungseinschränkende Massnahmen gelten sachliche Mittel mechani- scher, elektronischer oder anderer Art, welche die betroffene Person daran hin- dern, sich frei zu bewegen, oder die ihren Bewegungsradius einschränken. Das gilt namentlich für die Unterbringung in einem abgeschlossenen Trakt (vgl. dazu BGer 5A_255/2017 vom 18. Mai 2017, E. 3.3.1). Auch die Schaffung eines abge- schlossenen Milieus kann darunterfallen, wenn bei der betroffenen Person subjek- tiv der Eindruck erweckt wird, sie sei in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt (vgl. OGer ZH PA170023 vom 22. August 2017, E. III./2.3).

        2. Laut Gesetz sind auf Massnahmen, die die Bewegungsfreiheit der be- troffenen Personen in der Einrichtung einschränken, die Bestimmungen über die

    Einschränkung in Wohn- oder Pflegeeinrichtungen sinngemäss anwendbar (Art. 438 ZGB). Damit wird auf Art. 383 ZGB verwiesen. Nach dessen Wortlaut darf die Einrichtung die Bewegungsfreiheit der urteilsunfähigen Person nur ein- schränken, wenn weniger einschneidende Massnahmen nicht ausreichen oder

    von vornherein als ungenügend erscheinen und die Massnahme dazu dient, eine ernsthafte Gefahr für das Leben oder die körperliche Integrität der betroffenen Person oder Dritter abzuwenden (Art. 383 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB) oder eine schwer- wiegende Störung des Gemeinschaftslebens zu beseitigen (Art. 383 Abs. 1 Ziff. 2 ZGB).

    Unter den Begriff der betroffenen Personen im Sinne von Art. 438 ZGB fällt gemäss Rechtsprechung der Kammer indes auch eine mittels fürsorgerischer Un- terbringung in eine Klinik eingewiesene, urteilsfähige Person (vgl. OGer ZH PA170023 vom 22. August 2017, E. III./2.2 m.w.H.). Für die Anordnung von Massnahmen zur Einschränkung der Bewegungsfreiheit ist eine diesbezügliche Urteilsunfähigkeit der betroffenen Person somit keine Voraussetzung.

    Eine ernsthafte Gefahr für die betroffene Person liegt vor, wenn ihr Leben oder die körperliche Integrität bedroht ist (z.B. versuchte Verstümmelung). Von einer solchen für Drittpersonen ist bei einem besonders aggressiven Verhal- ten der betroffenen Person gegenüber dem Personal und Mitbewohnern auszu-

    gehen. In Bezug auf die schwerwiegenden Störung des Gemeinschaftslebens ist das Mass an Verständnis und Toleranz, das von anderen Bewohnern der Einrich- tung verlangt werden kann, entscheidend. Eine blosse - auch wiederholte - Ver- letzung der Hausordnung dürfte meist nicht genügen. Erforderlich ist vielmehr ei- ne Intensität der Störung, die sich in einer unerträglichen Weise auf die ganze Gemeinschaft in der Einrichtung auswirkt (vgl. BSK Erwachsenenschutz- GEISER/ETZENSBERGER, a.a.O., Art. 438 N 12a, 13 f.).

        1. Die Klinik drohte der Beschwerdeführerin am 10. September 2021 eine allfällig zwangsweise Isolation zwecks Reizabschirmung, Beruhigung, Vermei- dung von Verletzungen und Milieuschutz an (vgl. act. 6/3). Dies im Wesentlichen mit der Begründung, dies sei notwendig, um eine ernsthafte Gefahr für das Leben oder die körperliche Integrität der Beschwerdeführerin sowie von Dritten abzuwenden und schwerwiegende Störungen des Gemeinschaftslebens abzuwenden (a.a.O., S. 2).

        2. Die Vorinstanz erachtete die vorgesehene Einschränkung der Bewe- gungsfreiheit als zulässig und angemessen. Sie erwog insbesondere, die Isolation der Beschwerdeführerin zwecks Reizabschirmung und Beruhigung diene dazu, eine ernsthafte Gefahr für die körperliche Integrität der Beschwerdeführerin ab- zuwenden. Denn sie gefährde sich in agitiertem Zustand und durch die darunter steigenden Blutdruckwerte bezüglich ihres Subduralhämatoms selbst. Zudem diene diese dazu, eine weitere schwerwiegende Störung des Gemeinschaftsle- bens im Klinikalltag zu verhindern; angesichts der aktenkundig konfrontativen und fremdaggressiven Verhaltensweisen der Beschwerdeführerin erscheine die Mas- snahme als zulässig und angemessen. Es stehe keine mildere Massnahme zum Schutz vor weiteren schwerwiegenden Störungen des Gemeinschaftslebens zur Verfügung (vgl. act. 16 E. 2 f.).

        3. Der Einschätzung der Vorinstanz ist im Ergebnis zuzustimmen, weshalb grundsätzlich auf die vorinstanzliche Begründung verwiesen werden kann (vgl. act. 16 S. 7 f. E. III./2 f.).

    Ergänzend ist dazu festzuhalten, dass die Verhaltensweisen der Beschwer- deführerin die Abläufe in der Klinik letztlich derart behinderten, dass ein regulärer Betrieb nicht aufrechterhalten werden konnte (vgl. act. 6/4 S. 7). Kann ein regulä- rer Betrieb nicht mehr aufrechterhalten werden, wirkt sich dies auf die ganze Ge- meinschaft in der Klinik aus. Auch wenn es keine Voraussetzung für die Verhält- nismässigkeit der Massnahme ist, ist dennoch darauf hinzuweisen, dass sich we- niger einschneidende Massnahmen wie Verwarnungen, die gegenüber der Beschwerdeführerin nach Verstössen gegen die Behandlungsvereinbarung ausge- sprochen wurden (vgl. act. 6/4 S. 30, 38, 40 und 41), bereits als nicht ausreichend erwiesen haben.

    4.3 Nach dem Gesagten sind die Voraussetzungen der Massnahme zur Ein- schränkung der Bewegungsfreiheit der Beschwerdeführerin zum heutigen Zeit- punkt gegeben. Damit ist die Beschwerde auch in diesem Punkt abzuweisen.

  2. Kostenfolgen

    1. Da die Beschwerde der Beschwerdeführerin vollumfänglich abzuweisen ist, wird sie kostenpflichtig (vgl. Art. 450f ZGB i.V.m. Art. 106 Abs. 1 ZPO). Die Ent- scheidgebühr ist in Anwendung von § 12 i.V.m. § 5 Abs. 1 GebV OG auf Fr. 500.- festzusetzen.

    2. Die Beschwerdeführerin stellt sinngemäss ein Gesuch um unentgeltliche Prozessführung (vgl. act. 17 Rückseite). Mit der Vorinstanz ist von der Mittellosig- keit der Beschwerdeführerin auszugehen (vgl. act. 16 E. V.). Da die Beschwerde der Beschwerdeführerin nicht als aussichtslos im Sinne von Art. 117 ZPO er- scheint, ist ihr Gesuch um unentgeltliche Prozessführung gutzuheissen. Aus- gangsgemäss sind ihr somit zwar die Gerichtskosten aufzuerlegen, jedoch zufol- ge der Gutheissung ihres Gesuchs (einstweilen) auf die Gerichtskasse zu neh- men (vgl. Art. 118 Abs. 1 lit. b i.V.m. Art. 122 Abs. 1 lit. b ZPO). Vorbehalten bleibt die gesetzliche Nachzahlungspflicht der Beschwerdeführerin gemäss Art. 123 ZPO, worauf sie hinzuweisen ist.

Es wird beschlossen:

  1. Der Beschwerdeführerin wird die unentgeltliche Prozessführung bewilligt.

  2. Schriftliche Mitteilung mit nachfolgendem Urteil.

Es wird erkannt:

  1. Die Beschwerde wird abgewiesen.

  2. Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 500.- festgesetzt.

  3. Die Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens werden der Beschwerde- führerin auferlegt, jedoch zufolge Bewilligung der unentgeltlichen Prozess- führung einstweilen auf die Gerichtskasse genommen.

    Eine Nachzahlungspflicht nach Art. 123 ZPO bleibt vorbehalten.

  4. Schriftliche Mitteilung an die Beschwerdeführerin, an die Beiständin, an die verfahrensbeteiligte Klinik sowie an das Einzelgericht des Bezirksgerichts Horgen, je gegen Empfangsschein, und an die Obergerichtskasse.

    Die erstinstanzlichen Akten gehen nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmit- telfrist an die Vorinstanz zurück.

  5. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesge-

richt, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.

Es handelt sich um eine nicht vermögensrechtliche Angelegenheit.

Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer

Die Gerichtsschreiberin:

versandt am:

8. Oktober 2021

lic. iur. A. Götschi

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