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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:PA170040
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid PA170040 vom 30.01.2018 (ZH)
Datum:30.01.2018
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Zwangsbehandlung Beschwerde gegen ein Urteil des Einzelgerichtes o.V. des Bezirksgerichtes Winterthur vom 15. Dezember 2017 (FF170075)
Schlagwörter : Beschwerde; Beschwerdeführer; Behandlung; Klinik; Vorinstanz; Protokoll; Rungen; Gutachter; Zwangsmedikation; Rechtsvertreter; Medikation; Medikament; Urteil; Krankheit; Massnahme; Ernsthaft; Valium; Medizinisch; Zustand; Ziffer; Haldol; Beschwerdeführers; Ernsthafte; Medikamente; Einnahme; Nebenwirkung; Medizinische; Dispositiv; Angeordnet; Aufschiebende
Rechtsnorm: Art. 10 BV ; Art. 123 ZPO ; Art. 16 ZGB ; Art. 36 BV ; Art. 380 ZGB ; Art. 426 ZGB ; Art. 434 ZGB ; Art. 435 ZGB ; Art. 7 BV ; Art. 90 BGG ;
Referenz BGE:127 I 6; 130 I 16;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer

Geschäfts-Nr.: PA170040-O/U

Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. P. Diggelmann, Vorsitzender, Oberrichter lic. iur. et phil. D. Glur und Oberrichterin lic. iur. M. Stammbach sowie Gerichtsschreiberin lic. iur. I. Vourtsis-Müller

Beschluss und Urteil vom 30. Januar 2018

in Sachen

A. , Beschwerdeführer,

vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X. ,

sowie

Klinik B. , Verfahrensbeteiligte,

betreffend Zwangsbehandlung

Beschwerde gegen ein Urteil des Einzelgerichtes o.V. des Bezirksgerichtes Winterthur vom 15. Dezember 2017 (FF170075)

Erwägungen:
  1. A. (nachfolgend Beschwerdeführer) befindet sich seit dem 23. Oktober 2017 im Rahmen einer fürsorgerischen Unterbringung in der Klinik B. (B. , nachfolgend Klinik). Am 5. Dezember 2017 ordnete die Klinik eine medizinische Massnahme (Zwangsmedikation) ohne Zustimmung an (act. 2). Diese liess er mit Fax-Eingabe vom 11. Dezember 2017 durch seinen Rechtsvertreter, Rechtsanwalt lic. iur. X. , bei der Vorinstanz anfechten (act. 1). Anlässlich der Verhandlung vom 14. Dezember 2017 erstattete Dr. med. C. mündlich das psychiatrische Gutachten (Protokoll Vorinstanz

    S. 6 i.V.m. act. 10) und seitens der Klink nahm der therapeutische Leiter, lic. phil. D. , Stellung zur Beschwerde (Protokoll Vorinstanz S. 7 ff). Im Anschluss an diese Vorbringen wurde der Beschwerdeführer angehört (Protokoll Vorinstanz S. 10 f.) und der Rechtsvertreter hielt sein Plädoyer (Protokoll Vorinstanz S. 11 ff.). Mit Urteil vom 15. Dezember 2017 wies das Einzelgericht des Bezirksgerichtes Winterthur die Beschwerden ab (act. 20 Dispositiv Ziffer 1). Die perorale Medikation mit Risperidon Tropfen 2mg pro Tag sowie die Aufdosierung bis 6mg pro Tag wurde bewilligt. Im Falle einer Exazerbation der Symptomatik wurde die Gabe von Haldol 10mg i.m. pro Tag und Valium 10mg i.m. pro Tag bewilligt (act. 20 Dispositiv Ziffer 2). Die angeordnete Behandlung gemäss Dispositiv Ziffer 2 wurde zeitlich auf vier Wochen ab Eintritt der Rechtskraft des begründeten Entscheids beschränkt mit dem Hinweis, dass eine allfällige Zwangsbehandlung mit einem anderen Medikament und/oder nach Ablauf der zeitlichen Beschränkung mit einer neuen Verfügung angeordnet werden müsste (act. 20 Dispositiv Ziffern 3-4). Im Rahmen der Rechtsmittelbelehrung hielt die Vorinstanz fest, die Beschwerde habe aufschiebende Wirkung (act. 20 Dispositiv Ziffer 9). Den unbegründeten Entscheid focht der Rechtsvertreter mit Eingabe vom 19. Dezember 2017 an und stellte folgende prozessualen Anträge (act. 18 S. 2):

    1. Dem Beschwerdeführer sei bis zum obergerichtlichen Entscheid betr. Beschwerde gegen die Medikation ohne Zustimmung die aufschiebende Wirkung zu gewähren.

  2. Dem Beschwerdeführer sei für das vorliegend anstehende Beschwerdeverfahren die unentgeltliche Rechtspflege/Beistand zu gewähren.

Unter Kostenund Entschädigungsfolgen.

In der Folge wurde der Rechtsvertreter seitens des Obergerichtes darauf hingewiesen, dass die Beschwerde gemäss Dispositiv Ziffer 9 aufschiebende Wirkung habe (act. 21), worauf er mit Eingabe vom 21. Dezember 2017 mitteilte, es bedürfe bezüglich aufschiebender Wirkung bis auf Weiteres keiner weiteren Anordnung (act. 22). Am 8. Januar 2018 (Poststempel) reichte der Rechtsvertreter innert Frist eine begründete Beschwerde ein (act. 23

i.V.m. act. 20 S. 13 und act. 15/1) und beantragte (act. 23 S. 2):

1. Das vorinstanzliche Urteil und die Verfügung ohne Zustimmung vom 5./6. Dez. 17 seien aufzuheben - soweit diese nicht ohnehin bereits dahingefallen ist.

2. Dem Beschwerdeführer sei für das vorliegende Beschwerdeverfahren die unentgeltliche Rechtspflege/Beistand zu gewähren.

Unter Kostenund Entschädigungsfolgen.

Mit Eingabe vom 17. Januar 2018 begründete der Rechtsvertreter die Mittellosigkeit des Beschwerdeführers (act. 25, act. 26/1) und reichte zwei Honorarnoten - eine über Fr. 1'497.- (Gutheissung der Beschwerde) und eine über Fr. 1'934.- (Abweisung der Beschwerde) - ein (act. 26/2).

  1. Dem Beschwerdeführer wurde bereits vor Vorinstanz die unentgeltliche Rechtspflege gewährt (act. 20 Erw. IV bzw. Dispositiv Ziffer 6). Seine finanziellen Verhältnisse haben sich seither nicht verändert. Was die Aussichten des Rechtsmittelverfahrens anbelangt, ist massgeblich zu berücksichtigen, dass es sich bei dem vom Beschwerdeführer verfolgten Anliegen um ein elementares Rechtsgut handelt, was bei der Beurteilung der Prozessaussichten entsprechend zu berücksichtigen ist. Anzumerken ist schliesslich, dass ihm gemäss Einschätzung im psychiatrischen Gutachten von Dr.

    C.

    die Urteilsfähigkeit hinsichtlich der Medikamenteneinnahme fehlt

    (act. 10 S. 3 und S. 7). Der Beschwerdeführer verfügt weder über eine Krankheitsnoch eine Behandlungseinsicht (act. 10 S. 2). Vor diesem Hintergrund würde man dem Betroffenen nicht gerecht, wenn sein Entscheid, Beschwerde zu erheben, streng am objektivierten Massstab intakter Prozessaussichten gemessen würde. Oder anders gesagt: Auch wer die Verfahrenskosten selber tragen müsste, würde sich gegen eine Zwangsmedikation zur Wehr setzen und zwar ganz besonders dann, wenn er die Gründe dafür nicht versteht bzw. nicht verstehen kann. Dem Antrag des Beschwerdeführers ist deshalb - unter Hinweis auf die Nachzahlungspflicht gemäss Art. 123 ZPO - stattzugeben. In der Person von Rechtsanwalt lic. iur. X. ist ihm ein unentgeltlicher Rechtsbeistand zu bestellen.

  2. a) Der Beschwerdeführer wird in einem Monat 33 Jahre alt. Er hat keine feste Unterkunft, sondern lebt auf der Strasse und bettelt um Nahrungsmittel. Bei Wegweisung durch die Polizei sucht er sich jeweils eine andere Örtlichkeit, wobei es jeweils auch zu Anzeigen wegen Hausfriedensbrüchen kam. Vor der Einweisung übernachtete er bspw. in einem Militärschlafsack am , und die Nacht vom 22. auf den 23. Oktober 2017 verbrachte er auf dem Gelände des , obwohl er mehrmals weggewiesen worden war (act. 3/Protokoll BG Winterthur im Verfahren betreffend FU S. 5-6 u. S. 11; act. 3/12 S. 1; act. 3/14 S. 1). Ein Versuch der Platzierung in einem betreuten Wohnen während eines drei Monate währenden Aufenthaltes in der Klinik E. (6-9/2017) scheiterte. Er hat in der Vergangenheit in verschiedenen Einrichtungen gewohnt und zuletzt seinen Platz aufgrund fremdaggressiven Verhaltens verloren (act. 3/4 S. 2).

    1. Die Einweisung bezüglich des aktuellen Klinikaufenthaltes erfolgte durch die SOS Ärztin F. , welche am 23. Oktober 2017 u.a. eine Verwahrlosung und Selbstgefährdung durch Psychose feststellte. Eine Fremdgefährdung wurde verneint (act. 3/12 S. 1). Es handelte sich um die zweite Klinikeinweisung in diesem Jahr. So wurde er am 13. März 2017 per ärztlicher FU in die G. eingewiesen. Anschliessend wurde eine behördliche FU

      angeordnet, welche die KESB am 8. September 2017 aufhob. Der Austritt erfolgte am 26. September 2017 (act. 3/14 S. 1).

  3. a) Die Vorinstanz erachtete sämtliche Voraussetzungen für die Anordnung einer Zwangsmedikation als erfüllt und erwog u.a., es sei davon auszugehen, dass ohne ausreichende Medikation eine ernsthafte Gefahr für die Gesundheit des Beschwerdeführers bestehe. Der Beschwerdeführer sei bezüg- lich seiner Behandlungsbedürftigkeit nicht urteilsfähig. Eine mildere Massnahme komme nicht in Betracht. Das Behandlungskonzept der Klinik erscheine geeignet und die allenfalls auftretenden Nebenwirkungen erschienen als vertretbar, im Verhältnis zu dem durch die Behandlung gewonnen Nutzen (act. 20 Erw. III Ziff. 5).

    1. Mit der obergerichtlichen Beschwerde wurde u.a. geltend gemacht, die fürsorgerische Unterbringung sei aufgehoben worden. Weder das Urteil noch das Gutachten könnten klar bestimmen, worin ein ernsthafter Schaden bestehen sollte. Zudem würden Medikamente Symptome nur unterdrücken und nichts zur Heilung einer diagnostizierten Störung beitragen. Betreffend Urteilsfähigkeit bzw. -unfähigkeit sei festzuhalten, dass kein vertiefendes Gespräch mit dem Beschwerdeführer zu diesem Punkt stattgefunden habe. Die Beurteilung des Gutachtens bleibe eine unbelegte und nicht substantiierte Behauptung. Betreffend mildere Massnahmen sei festzuhalten, dass der Verlauf seit 15. Dezember 2017 bis heute mit ganz überwiegend einvernehmlichem Handeln beiderseits und zwei Kurzaufenthalten im bzw. zwei Medikationen nach Art. 435 ZGB für den Beschwerdeführer eindeutig das mildere und deshalb vorzuziehende Vorgehen darstelle als eine mehrmals tägliche Zwangsmedikation. Insgesamt sei die tägliche Zwangsmedikation unverhältnismässig (act. 23 S. 4).

  4. a) Am 5. Dezember 2017 wurde, wie bereits erwähnt, seitens der Klinik eine medizinische Massnahme ohne Zustimmung angeordnet. Vorgesehen ist eine perorale Medikation mit Risperidon Tropfen 2mg und folgend Aufdosierung. Im Falle einer Exazerbation der Symptomatik sollen Haldol und Valium, je 10mg i.m. abgegeben werden. Diese Medikation, deren Einnahme

    der Beschwerdeführer verweigerte (act. 2 S. 2), wurde gemäss Verfügung ab 5. Dezember 2017 für eine Dauer bis zur Zustandsbesserung bzw. Wiederherstellung der Compliance angeordnet, wobei die Behandlung aufgeschoben wurde (act. 2 S. 3). Begründet wurde die Anordnung mit Selbstgefährdung (ohne Behandlung drohe der betroffenen Person ein ernsthafter gesundheitlicher Schaden) und mit Abwendung einer ernsthaften Gefahr für das Leben oder die körperliche Integrität Dritter. Ziel der medizinischen Massnahme sollen Lebenserhaltung, Beruhigung, Vermeidung von Verletzungen und von Gesundheitsschäden sein (act. 2 S. 2).

    1. Der Rechtsvertreter geht zu Unrecht davon aus, der behandelnde Arzt gehe heute nicht mehr von der Notwendigkeit und Erforderlichkeit einer Zwangsbehandlung aus (act. 23 S. 3). Es trifft zu, dass im Verlaufsbericht vom 3. Januar 2018 unter dem Datum 28.12.2017, 12:22 Uhr vermerkt ist, dass, solange sich Herr A. im ruhig verhalte, aktuell keine Indikation für i.m. Medikation bestehe (act. 24/2). Diese Ausführungen beziehen sich auf das Verhalten in einer Notfallsituation (Art. 435 ZGB). Aufgrund der aufschiebenden Wirkung wird (und darf) die Klinik nämlich nur in Notfällen eine Zwangsmedikation in Form einer Injektion vornehmen (vgl. Einträge vom 21.12.2017, 17:04 Uhr, vom 28.12.2017, 09:28 Uhr; vom 03.01.2018

      17:06 Uhr).

  5. a) Die seitens der Klinik angeordnete Zwangsmedikation des Beschwerdeführers gestützt auf Art. 380 ZGB und die gesetzliche Systematik der Art. 426 ff. ZGB ist nur zulässig, wenn sich der Beschwerdeführer aufgrund einer fürsorgerischen Unterbringung in einer Klinik befindet und die Behandlung im Zusammenhang mit einer psychischen Störung erfolgt (BSK Erwachsenenschutz-GEISER/ETZENSBERGER, 5. Auflage, Art. 434/435 N 3 und N 13).

    1. Das Einzelgericht des Bezirksgerichtes Winterthur hat mit Urteil vom 30. November 2017 die Beschwerde gegen die fürsorgerische Unterbringung abgewiesen (act. 3/21 Dispositiv Ziffer 1) und die KESB Bülach Süd hat mit Entscheid vom 1. Dezember 2017 gestützt auf Art. 426 ZGB die weitere Un-

terbringung von A.

in der B. , Klinik B.

angeordnet (act.

28). Der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers machte in seiner Beschwerde geltend, es bestehe keine fürsorgerische Unterbringung mehr. Er beruft sich diesbezüglich auf den Verlaufsbericht der Klinik vom 3. Januar 2018 und den am 20.12.2017, 11:48 Uhr erfolgten Eintrag (act. 23 S. 3). Richtig ist, dass unter diesem Datum um 11:48 Uhr u.a. festgehalten wurde,

Herr A.

sei informiert worden, dass dem Rekurs bezüglich der

Zwangsmedikation stattgegeben worden sei. Daher gebe es für sie keinen eindeutigen Behandlungsauftrag mehr. Nach Rücksprache mit ... und ...

H.

werde die FU aufgehoben und ein Austritt für Freitag geplant. ...

nehme Kontakt mit der Beiständin und dem Anwalt auf. Eventuell Organisation einer Notschlafstelle durch die Beiständin (act. 24/2 S. 6). Die Klinik ging offenbar (irrtümlich) davon aus, dass der Rekurs gegen die Zwangsmedikation gutgeheissen worden war. Dies geht aus einem Eintrag vom Vortag hervor, wo um 15:30 Uhr Folgendes rapportiert wurde (act. 24/2 S. 7):

Tel. mit Herrn I. :

Rekurs Zwangsmedikation wurde vom Bezirksgericht statt gegeben. Begründung wird heute oder Morgen zugeschickt.

Der Irrtum wurde aber bereits am 20. Dezember 2017 erkannt, wurde doch unter diesem Datum um 13:56 Uhr rapportiert (act. 24/2 S. 6):

Korrigendum

Schriftliche Begründung vom Gericht von Frau J. der Beiständin zugesandt bekommen. Der Rekurs wurde abgewiesen, die Massnahme ist zeitlich begrenzt auf 4 Wochen. . Rechtskräftig wird das Urteil erst, wenn das Obergericht entschieden hat. .

Aufgrund dieses Eintrages wird klar, dass die FU nicht aufgehoben wurde. Der Beschwerdeführer wurde daher auch nicht, wie ursprünglich, unter der Annahme, dass der Rekurs gutgeheissen worden war, vorgesehen, am 22. Dezember 2017 (Freitag) in eine Notschlafstelle entlassen. Der Beschwerdeführer befindet sich demnach auch heute aufgrund einer fürsorgerischen Unterbringung in der Klinik, weshalb eine Zwangsmedikation grundsätzlich möglich ist. Soweit der Rechtsvertreter eine Aufhebung der fürsorgerischen Unterbringung verlangt (act. 23 S. 3), ist darauf nicht einzutreten. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist einzig die Anordnung der Zwangsmedikation.

Die Klinikärzte erwähnten in ihrer Verfügung vom 5. Dezember 2017 die Diagnosen einer paranoiden Schizophrenie, psychische und VerhaltensStörungen durch Opiode (Abhängigkeitssyndrom iatrogen durch Gabe von Oxycodon zur Analgesie im LWS-Bereich bei Sturz während eines epileptischen Anfalles), symptomatische Epilepsie bei inkompletter Schizenzephalie rechts parietal seit 1992, chronisches lumbovertebrales Syndrom sowie ein Asperger Syndrom (act. 2 S. 1). Dr. med. C. führte in seinem mündlichen Gutachten vor Vorinstanz aus, der Beschwerdeführer leide unter einer chronischen paranoiden Schizophrenie von einer doch eher selten starken Ausprägung. Die Störung sei als schwer zu betrachten. Sie werde medizinisch den Geisteskrankheiten zugerechnet (act. 10 S. 2). Damit ist eine weitere Voraussetzung erfüllt. Der Beschwerdeführer leidet an schweren psychischen Störungen, welche behandelt werden sollen. Mit dem Einsatz von Risperidol und - bei einer Exazerbation der Symptomatik - mit Haldol und Valium sollen die psychischen Störungen behandelt werden (act. 10 S. 4).

  1. a) Im ursprünglichen Behandlungsplan vom 1. November 2017 war eine Behandlung mit Orfiril (Antiepileptikum), Haloperidol Neurax (Neuroleptikum), Oxycontin (Schmerzmittel) und Valium vorgesehen. Hinsichtlich der psychiatrischen Erkrankungen erfolgte die Fortsetzung der vor Klinikeintritt bestehenden Medikation. Ein Umstellungsversuch auf ein atypisches Neuroleptikum (Risperidon) zur Reduktion potentieller extrapyramidaler Nebenwirkungen seien, so die Klinik, vom Beschwerdeführer abgelehnt worden, so dass Haldol weiterhin gegeben wurde, um langfristig zu vermeiden, dass der Patient gänzlich ohne Antipsychotikum sei (act. 3/10 S. 4). Im Rahmen einer psychotherapeutischen Behandlung sollte ein Vertrauensverhältnis aufgebaut werden und eine psychophysische Stabilisierung bei deutlicher Verwahrlosung erfolgen. Die medikamentöse Therapie sollte optimiert werden zur Reduktion der psychotischen Symptomatik. Weiter war eine Tagesstrukturierung vorgesehen und die Teilnahme an Therapien, welche damals wegen mangelnder Compliance des Patienten kaum möglich waren. Überdies sollte die weiterführende Wohnsituation aufgegleist werden. Diesem Behandlungsplan hatte der Beschwerdeführer damals zugestimmt (act. 3/11).

    Anfänglich nahm er diese Medikamente ein und sprach gemäss den Ausfüh- rungen des Gutachters gut darauf an. Die Symptome hätten sich zurückgebildet. Die Verwahrlosungstendenz und auch das Denken etc. seien besser geworden (act. 10 S. 3-4). Aus der Stellungnahme der Klinik zum Gesuch um Aufhebung der medizinischen Massnahme ohne Zustimmung vom 12. Dezember 2017 geht hervor, dass der Beschwerdeführer seit der Verhandlung vor der KESB betreffend Verlängerung der FU die orale Einnahme der antipsychotischen Medikation (Haldol) sowie von Valium verweigert hat. Trotz des dadurch bedingten Benzodiazepinentzuges konnte der Beschwerdeführer nicht dazu bewegt werden, die Medikation einzunehmen, und zeigte sich im weiteren Verlauf wieder unruhiger und angetriebener. Es war erneut eine zunehmende Verwahrlosung beobachtbar (vgl. dazu Ziffer 7). Spä- ter verweigerte er auch die Einnahme von Orfiril, welches zur Kontrolle der Epilepsie unbedingt notwendig ist (act. 6 S. 4). Anlässlich der vorinstanzlichen Verhandlung bestätigte der Klinikvertreter, der Beschwerdeführer nehme aktuell Orfiril, Oxycodon und Valium nur nach Bedarf aus seiner Sicht. Risperidol habe er noch nie genommen (Protokoll Vorinstanz S. 8-9). Der Beschwerdeführer meinte, auf Risperidol sei er nicht angewiesen (Protokoll Vorinstanz S. 11).

    b) Fehlt die Zustimmung der betroffenen Person, so kann die Chefärztin oder der Chefarzt der Abteilung die im Behandlungsplan vorgesehenen medizinischen Massnahmen schriftlich anordnen, wenn ohne Behandlung der betroffenen Person ein ernsthafter gesundheitlicher Schaden droht oder das Leben oder die körperliche Integrität Dritter ernsthaft gefährdet ist, die betroffene Person bezüglich ihrer Behandlungsbedürftigkeit urteilsunfähig ist und keine angemessene Massnahme zur Verfügung steht, die weniger einschneidend ist (vgl. Art. 434 Abs. 1 ZGB).

    Die medikamentöse Zwangsbehandlung stellt einen schweren Eingriff in die persönliche Freiheit im Sinne der körperlichen und geistigen Integrität nach Art. 10 Abs. 2 BV und Art. 8 Ziff. 1 EMRK dar und betrifft auch die menschliche Würde (Art. 7 BV) zentral (BGE 127 I 6 Erw. 5; BGE 130 I 16 Erw. 3;

    BGer 5A_353/2012 vom 19. Juni 2012 Erw. 3.3.1). Deshalb verlangt der Eingriff nebst der erforderlichen gesetzlichen Grundlage (BGer 5A_792/ 2009 vom 21. Dezember 2009 Erw. 4), die mit Art. 434 ZGB neu auf Bundesebene gegeben ist, eine umfassende Interessenabwägung, wobei auch die Erfordernisse von Art. 36 BV zu beachten sind. Zu berücksichtigen sind dabei die öffentlichen Interessen, die Notwendigkeit der Behandlung, die Auswirkungen einer Nichtbehandlung, die Prüfung von Alternativen sowie die Beurteilung von Selbstund Fremdgefährdung. In diese Interessenabwägung miteinzubeziehen sind nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung insbesondere auch langfristige Nebenwirkungen einer zwangsweise vorgesehenen Neuroleptika-Behandlung (BGer 5A_38/2011 vom 2. Februar 2011; BGE 130 I 16 Erw. 4 und 5).

  2. a) Eine Behandlung ohne Zustimmung ist u.a. nur zulässig, wenn eine Gefährdungssituation vorliegt, wobei es sich sowohl um eine Selbstals auch um eine Drittgefährdung handeln kann (Art. 434 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB). Die Klinik begründete die Anordnung der Zwangsmedikation u.a. mit einer Selbstund Fremdgefährdung (act. 2 S. 2).

    Eine Selbstgefährdung ist nur ausreichend, wenn ohne die Behandlung der betroffenen Person ein ernsthafter gesundheitlicher Schaden droht. Auch wenn es ausschliesslich um die Behandlung einer psychischen Störung geht, kann der drohende gesundheitliche Schaden auch somatischer Art sein. Ernstlich ist ein Gesundheitsschaden, wenn er zu einer langen Beeinträchtigung wichtiger körperlicher oder psychischer Funktionen führt. Es braucht sich aber nicht um einen bleibenden oder irreversiblen Gesundheitsschaden zu handeln. Zur Ernsthaftigkeit des drohenden Schadens gehört auch, dass dessen Eintritt eine hohe Wahrscheinlichkeit aufweist. Dabei können aber keine Prozentzahlen für eine Prognose festgelegt werden. Je weniger schwer der drohende Schaden ist, umso höher muss die Wahrscheinlichkeit seines Eintritts sein. Mit der Behandlung muss der Schaden tatsächlich abgewendet werden können (BSK ErwachsenenschutzGEISER/ETZENSBERGER, 5. Auflage, Art. 434/435 N 20).

    Eine Fremdgefährdung genügt nur, wenn das Leben oder die körperliche Integrität Dritter ernstlich gefährdet ist (BSK ErwachsenenschutzGEISER/ETZENSBERGER, 5. Auflage, Art. 434/435 N 19, N 21). Die Gefahr von Sachbeschädigungen reicht nicht aus. Die Behandlung aufgrund einer Drittgefährdung soll eine reine Verwahrung des Patienten verhindern und ermög- lichen, dass die betroffene Person aufgrund der Behandlung wieder in der Lage ist, ausserhalb der Anstalt ein (wenigstens teil-)autonomes Leben zu führen. Die Anordnung einer Behandlung rechtfertigt sich deshalb nur, wenn diese die Möglichkeit einer Entlassung aus der Klinik erheblich erhöht und beschleunigt (BSK Erwachsenenschutz-GEISER/ETZENSBERGER, 5. Auflage, Art. 434/435 N 19, N 21).

    Die SOS-Ärztin hatte bei der Untersuchung im Zusammenhang mit der Anordnung einer FU eine Verwahrlosung und Selbstgefährdung durch Psychose festgestellt (act. 3/12 S. 1). Der Gutachter führte vor Vorinstanz zur Gefährdungssituation aus, er denke, im Vordergrund stehe die Selbstgefährdung. So sei auch die Einweisung zustande gekommen. Der Beschwerdeführer habe sich zu nachtschlafender Zeit rumgetrieben. Der Gutachter erwähnte auch das Verhalten, das er an den Tag gelegt habe in der Klinik. Dort das Springen an Ort auf einem Bein und andere Sachen, die man eben in dieser Krankheitsphase mache. Er sei akut gefährdet draussen, weil er nicht in der Lage sei, geordnet zu handeln, weil sein Denken immer noch gestört sei und zwar relativ massiv. Weniger Angst habe er - der Gutachter - bezüglich der körperlichen Integrität von Drittpersonen. Dann sei da auch noch der Verwahrlosungsaspekt. Entlasse man ihn, wäre er nicht in der Lage, von sich aus ein Nachtlager zu finden. Das sei schlichtweg nicht möglich. Man setzte ihn akut einer Gefährdungssituation aus (act. 10 S. 2). Eine medizinische Behandlung sei deshalb indiziert, weil nur Medikation erlaube, dass er ein einigermassen geordnetes Dasein fristen könne, allenfalls in einem geschützten Rahmen, möglicherweise auch irgendwann allein. Das seien Voraussetzungen für ein menschenwürdiges Leben. Mit der richtigen Medikation könne man definitiv den Weg schaffen und auch eine unmittelbare Gefahr für die Gesundheit des Beschwerdeführers abwenden (act. 10

    S. 3). Der Gutachter bejahte explizit das Vorliegen einer ernsthaften gesundheitlichen Gefährdung (act. 10 S. 6). Auch bestätigte er, dass es dem Beschwerdeführer seit Verweigerung der Neuroleptika deutlich schlechter gehe. Diesbezüglich vergleicht er den Gesundheitszustand des Beschwerdeführers anlässlich der Verhandlung vor der KESB und vor Vorinstanz. In beiden Verfahren war er als Gutachter tätig (act. 10 S. 4). Der Klinikvertreter pflichtete ihm bei und meinte, die Verwahrlosungstendenz und die Unruhe seien grösser geworden und die Gesprächsführung insgesamt schwieriger (Protokoll Vorinstanz S. 7). Die aufschiebende Wirkung habe er gewährt,

    weil es ein Anliegen von Herrn X.

    und von Herrn A.

    gewesen

    sei, das noch einmal zu diskutieren, und um Herrn A. Zeit zu geben, die Vorund Nachteile abzuwägen. Rein aus dem Zustand heraus hätte er die aufschiebende Wirkung nicht erteilt (Protokoll Vorinstanz S. 7).

    In ihrer Stellungnahme führte die Klinik aus, der Beschwerdeführer befinde sich erneut in einem zunehmend verwahrlosenden und psychotischen Zustandsbild mit ausgeprägter Affektarmut und formalen Denkstörungen, welches für eine deutliche Selbstgefährdung spreche, da er keine Krankheitseinsicht habe. Ohne perorale Einnahme oder Applikation einer geeigneten antipsychotischen Medikation sei von einer weiteren Persistenz bzw. Verschlechterung der beschriebenen Symptomatik auszugehen, die auch die geplante Platzierung im betreuten Wohnen gefährden könne (act. 6 S. 4).

    b) Eine Drittgefährdung ist vorliegend auszuschliessen. Die von der Beistän- din, J. , erwähnten diversen Hausfriedensbrüche vom 1. bis 22. Oktober 2017 (act. 3/14 S. 1), welche der Beschwerdeführer begangen haben soll bzw. die im Strafregisterauszug erwähnten Delikte - Hausfriedensbruch, Sachbeschädigung, geringfügiges Vermögensdelikt - (act. 3/3) reichen für eine Drittgefährdung im Sinne des Gesetzes nicht aus. In der Stellungnahme der Klinik zur Aufhebung der Massnahme wird das wiederholt beleidigende Verhalten gegenüber dem Klinikpersonal erwähnt (act. 6 S. 3). Dies ergibt sich insbesondere auch aus den Einträgen vom 26.12.2017 23:30 Uhr und

    1.1.2018 01:55 Uhr im Verlaufsbericht vom 3. Januar 2018 (act. 24/2 S. 2). All dies reicht aber nicht, um eine Drittgefährdung zu bejahen. Ob eine Selbstgefährdung vorliegt, ist nachfolgend zu prüfen.

    Die Voraussetzung einer ernsthaften Gefährdung ist bereits dann nicht gegeben, wenn mit der Behandlung aus medizinischer Sicht noch zugewartet werden kann und Aussicht besteht, dass der Patient noch rechtzeitig einwilligt (BSK Erwachsenenschutz-GEISER/ETZENSBERGER, 5. Auflage, Art. 434/435 N20). Vorliegend wurde seitens der Klinik die aufschiebende Wirkung für die Zwangsmedikation gewährt. Dies aber nicht, weil es der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers erlaubte, sondern weil dem Beschwerdeführer ermöglicht werden sollte, die Angelegenheit mit seinem Rechtsvertreter zu besprechen, und um ihm Zeit einzuräumen, um nochmals selbst die Vorund Nachteile abzuwägen (Protokoll Vorinstanz S. 7). Dieser Aufschub war aber nicht im Sinne des Gutachters. Er hätte auch sogleich nach der vorinstanzlichen Verhandlung mit der Behandlung angefangen. Es sei - so der Gutachter - eine quälende Krankheit (act. 10 S. 9-10). Seit der Verweigerung der Einnahme von Haldol und Valium, Ende November 2017, hat gemäss obigen Ausführungen der Medizinalpersonen die Verwahrlosungstendenz wieder stark zugenommen, und die Psychose trat wieder in den Vordergrund. Affektarmut und formale Denkstörungen sind feststellbar. Die Unruhe wurde grösser und die Gesprächsführung wurde insgesamt schwieriger. Eine Teilnahme an einer angebotenen Einzeltherapie (Ergotherapie) als Versuch zur niederschwelligen Tagesstrukturierung wurde vom Beschwerdeführer abgelehnt, ebenso Blutentnahmen und ein EKG (act. 6 S. 4). Soweit der Rechtsvertreter erwähnte, das Runden drehen auf der Station, wie auch das Hüpfen entspreche einem natürlichen Bedürfnis und Grundrecht auf Bewegung (act. 23 S. 4), ist nicht ganz klar, in welchem Zusammenhang er diese Ausführungen macht. Falls er damit sagen will, diese Bewegungen seien nicht Ausdruck einer Krankheit, widerspricht er dem Gutachter. Diese Bewegungsstörungen gehören laut dem Gutachter zur Krankheitsphase, wie auch das Herumschreien (act. 10 S. 2, act. 24/2 S. 3). Bereits bei Klinikeintritt hatte der Beschwerdeführer diese Agitiertheit, welche in der Folge mit Valium behandelt wurde (act. 3 Protokoll S. 3). Seit dem Absetzen von Haldol und Valium hat seine Bewegungsunruhe wieder stark zugenommen, was sich - entgegen den Ausführungen des Rechtsvertreters (act. 23 S. 4) - insbesondere aus dem Verlaufsbericht vom 3. Januar 2018 ergibt (act. 24/2). Die Klinik sieht im psychotischen Zustandsbild mit ausgeprägter Affektarmut und formalen Denkstörungen eine deutliche Selbstgefährdung (act. 6 S. 4). Mit der Zwangsmedikation soll die psychische Symptomatik und die Verwahrlosungstendenz verbessert werden. Grundsätzlich kann jeder Mensch selber über die Art seiner Lebensführung bestimmen, auch wenn er sich damit selbst schädigt. Dies gilt allerdings nicht für Patienten, die nicht in der Lage sind, die Konsequenzen ihrer selbstzerstörerischen Handlungen zu begreifen. Durch sein psychotisches Verhalten gefährdet sich der Beschwerdeführer ernsthaft. Er hat keine Kontrolle über sich und seine Affekte. Bekannt ist die massive Vernachlässigung seiner Selbstfür- sorge. Der schlechte körperliche Zustand zeigt sich in der Unterernährung und auch am sehr schlechten Zahnstatus (act. 3/4 S. 2). Bei Klinikeintritt hatte der Beschwerdeführer verlauten lassen, es sei für ihn in Ordnung, nun in der Klinik zu sein. Er habe seit 2 Tagen nichts mehr gegessen (act. 6 S. 2). In seinem jetzigen Zustand verweigert der Beschwerdeführer, wie ausgeführt, auch die Einnahme des Medikamentes zur Verhinderung von epileptischen Anfällen. An der vorinstanzlichen Verhandlung sagte er, er nehme das Orfiril (Protokoll Vorinstanz S. 10). Der Verlaufsbericht vom 3. Januar 2018 zeigt aber ein anderes Bild. So wurde unter dem Datum 23.12.2017 zu verschiedenen Zeiten vermerkt, er verweigere jegliche Medikamente ausser Oxycontin. Auch in der Zeit vom 25.12.2017-3.1.2018 verweigerte er die Einnahme von Orfiril, teilweise auch von Oxycontin (act. 24/2 S. 1-5). Zudem war auch bei Klinikeintritt sein Medikamentenspiegel hinsichtlich Orfiril zu niedrig (act. 3/10 S. 2). Mindestens zweimal hatte er schon einen schweren epileptischen Anfall (Grand mal). Seine chronischen Rückenschmerzen (lumbovertebrales Syndrom) sind auf einen Sturz - der später zu einer Rückoperation führte - im Rahmen eines epileptischen Anfalles zurückzuführen. Die Schmerzbehandlung führte schliesslich zur Opiatabhängigkeit

    (act. 3/2 S. 1). Auch mit der Verweigerung der Einnahme von Orfiril als Folge des Absetzens der Neuroleptika-Behandlung setzt sich der Beschwerdeführer einer ernsthaften Selbstgefährdung aus. Gestützt auf obige Ausfüh- rungen muss deshalb eine ernsthafte gesundheitliche Gefährdung bejaht werden.

    b) Eine weitere Voraussetzung ist die Urteilsunfähigkeit in Bezug auf die Behandlungsbedürftigkeit. Es kann dem Patienten an den notwendigen kognitiven Fähigkeiten fehlen, um in eine Behandlung einwilligen oder diese ablehnen zu können. Grund dafür können auch Wahnvorstellungen sein, welche den Patienten daran hindern, den Zusammenhang zwischen seinem Zustand und der Behandlung zu begreifen. Es kann aber auch aufgrund der Krankheit an der notwendigen Entschlussfähigkeit fehlen. Erfasst werden also auch Personen, welche zwar einen Willen ausdrücken können, dessen Bildung aber nicht auf dem vom Art. 16 ZGB geforderten Mindestmass an Rationalität beruht. Der Umstand, dass die Ablehnung einer Behandlung unvernünftig ist, belegt aber noch nicht die Urteilsunfähigkeit (BSK Erwachsenenschutz-GEISER/ETZENSBERGER, 5. Auflage, Art. 434/435 N 18).

    Dr. C.

    meinte, aus psychiatrischer Sicht könne man die Frage nach

    der Urteilsfähigkeit abstufen. Der Beschwerdeführer sei bezüglich der Medikation und Behandlung nicht urteilsfähig, und zwar wegen der Schwere der Krankheit. Die Verweigerung der betreffenden Medikamente sei weder einem rationalen noch einem zielgerichteten Verhalten zuzuschreiben. Dazu sei er nicht fähig. Es sei ein dumpfer, unreflektierter Gedankengang, eine unüberlegte Ablehnung der Medikation. Auch wenn man ihn mehrfach frage, antworte er, es tue ihm nicht gut. Auf eine Nachfrage, wie genau, komme keine Antwort sondern nur, es tue ihm nicht gut (act. 10 S. 6-7). Entgegen den Ausführungen des Rechtsvertreters handelt es sich bei diesen gutachterlichen Einschätzungen nicht bloss um unsubstantiierte Behauptungen. Dem Beschwerdeführer fehlt die Krankheitseinsicht (vgl. Protokoll Vorinstanz S. 10) und der Gutachter schreibt das Aussageverhalten des Beschwerdeführes dessen Krankheit zu. Dies ist aufgrund der vorstehenden

    Erwägungen nachvollziehbar. In Bezug auf die Einnahme der Medikamente ist der Beschwerdeführer somit urteilsunfähig. Es fehlt ihm diesbezüglich nach wie vor an einer Krankheitsund Behandlungseinsicht. Das zeigt sich insbesondere darin, dass sich nach seiner Einschätzung sein Gesundheitszustand in den letzten 20-30 Tagen vor der vorinstanzlichen Verhandlung verbessert hat (Protokoll Vorinstanz S. 11). Seine Krankheit hindert ihn daran, den Zusammenhang zwischen seinem Zustand und der Behandlung zu begreifen.

  3. a) Im ursprünglichen Behandlungsplan wurde, wie bereits erwähnt, die vor Klinikeintritt bestehende Medikation fortgesetzt. Ein Umstellungsversuch auf ein atypisches Neuroleptikum (Risperidon) wurde vom Beschwerdeführer abgelehnt, so dass Haldol weiterhin gegeben wurde, um langfristig zu vermeiden, dass er gänzlich ohne Antipsychotikum war. Aufgrund agitierter Zustände mit Störung des Stationsmilieus erfolgte dann die Eindosierung von Valium (act. 3/10 S. 4).

    Der Gutachter erachtete zwar den Beschwerdeführer als klassischen Leponex-Patienten und wies zudem auf den angenehmen - so der Gutachter - Nebeneffekt von Leponex - es macht Hunger - hin, er befürwortete aber eine Behandlung mit Risperdal, ein Mittel aus der neueren Generation der atypischen Neuroleptika. Man komme - so der Gutachter - zwar damit eher etwas an den Anschlag mit den Nebenwirkungen. Es gebe eine ganze Palette von Neuroleptika als Auswahl, die vernünftig sei. Ziel der Neuroleptikaeinnahme sei, dass die Denkund Affektstörungen weggingen (act. 10 S. 4). Dr. C. erachtete die Nebenwirkungen bei einem jungen Patienten, wie dem Beschwerdeführer, als gering. Er meinte, eine QT-Verlängerung (mit der Gefahr von Herzrhythmusstörungen) sei bei jungen Leuten nie ein Thema. Als mögliche Nebenwirkung bei Behandlungsbeginn, die beim Beschwerdeführer auftreten könnte, nannte er anfängliche Müdigkeit. Das sei - so der Gutachter - bei fast allen psychotropen Substanzen so. Ferner könne es zu einer Gewichtszunahme führen. Die zu erwartenden Nebenfolgen ständen aber in keinem Verhältnis zu den abzuwendenden Gefahren. Die

    Krankheit sei viel schlimmer als das, was theoretisch passieren könnte mit den Neuroleptika (act. 10 S. 4-5). Der Gutachter geht von einer jahrelangen Behandlung aus. Er meinte aber, dass lediglich während einer Dauer von ca. 4 Wochen, gemäss Behandlungsplan, zwangsmediziert werden müsse. Dies in der Hoffnung, dass der Beschwerdeführer einlenke, und die Medikamente dann freiwillig nehme (act. 10 S. 3-4 und S. 8). Risperidon 2 mg pro Tag mit Aufdosierung (4 mg bis 6 mg) und im Falle einer Exazerbation Haldol 10 mg i.m. und Valium 10 mg i.m pro Tag erachtet der Gutachter als unabdingbar nötig (act. 10 S. 9-10, Protokoll Vorinstanz S. 9).

    b) Der Beschwerdeführer will Haldol nicht mehr einnehmen, weil er Blähungen habe und ihm schlecht werde (Protokoll Vorinstanz S. 10). Risperidol hat der Beschwerdeführer bislang noch nie eingenommen (Protokoll Vorinstanz S. 8-9 und act. 6 S. 2-3). Er kennt die Nebenwirkungen dieses Medikamentes noch gar nicht. Die von ihm genannten Nebenwirkungen schwammiger Blick, Blähungen, Müdigkeit (Protokoll Vorinstanz S. 10) beziehen sich auf ein anderes Medikament. Ausserdem kann das Medikament später auch gewechselt werden, wie der Gutachter vorschlägt. Es überwiegt also vorliegend der Nutzen der vorgesehenen Therapie gegenüber den möglichen Nebenwirkungen. Müdigkeit als Nebenwirkung ist vor diesem Hintergrund in Kauf zu nehmen. Die Gewichtszunahme ist angesichts seiner gegenwärtigen Untergewichtigkeit kein schwerwiegender Nachteil. Zu bemerken ist noch, dass es sich - entgegen der Meinung seines Rechtsvertreters - bei dieser Medikation nicht bloss um eine Symptombekämpfung handelt. Das Neuroleptikum behandelt vielmehr die Ursache der psychotischen Entgleisung. Auch wenn die Grunderkrankung durch die Einnahme von Neuroleptika nicht verschwindet, kann ein einer Heilung entsprechender Zustand

    - wenn auch nur temporär, solange das Medikament im Körper ist - erreicht werden.

    Zielführende mildere Massnahmen, um das psychotische Zustandsbild zu therapieren sieht der Gutachter nicht (act. 10 S. 3). Mit vertrauensbildenden Massnahmen einen medikamentösen Zugang zu finden, ist vorliegend ausgeschlossen. Es gibt - entgegen den Ausführungen des Rechtsvertreters - überhaupt keine Anzeichen dafür, dass der Beschwerdeführer in Gesprä- chen über die Medikation erreichbar ist. Er ist nämlich der Ansicht, er habe keine Schizophrenie (Protokoll Vorinstanz S. 10). Aufgrund der fehlenden Krankheitseinsicht ist davon auszugehen, dass sich der Beschwerdeführer in seinem heutigen Zustand auch künftig weigern wird, die zur Behandlung seiner Erkrankung dringend benötigten Neuroleptika freiwillig einzunehmen. Eine Zwangsmedikation nur in Notfallsituationen, wie dies der Rechtsvertreter wünscht, bringt nicht den medizinisch notwendigen Erfolg. Von einer einvernehmlichen Verständigung zwischen dem Beschwerdeführer und der Pflege kann im Übrigen, entgegen den Ausführungen des Rechtsvertreters (vgl. act. 23 S. 4), nicht gesprochen werden. Diesbezüglich kann auf die vorerwähnten aggressiven Äusserungen gegenüber dem Pflegepersonal, wie sie im Verlaufsbericht vom 3. Januar 2018 protokolliert wurden, verwiesen werden. Bei dieser Ausganglage ist der Vorinstanz zuzustimmen, dass die angeordnete Zwangsmedikation als verhältnismässig zu qualifizieren ist. Diese ist allerdings, wie das bereits die Vorinstanz anordnete, auf vier Wochen ab obergerichtlicher Urteilsfällung zu beschränken. Eine allfällige Zwangsbehandlung mit einem anderen Medikament und/oder eine Zwangsbehandlung nach Ablauf der zeitlichen Beschränkung müsste mit einer neuen Verfügung angeordnet werden.

  4. a) Der Rechtsvertreter rügte in seiner Beschwerde auch die Einschränkung der Bewegungsfreiheit des Beschwerdeführers. So führte er aus, wie dem Verlaufsbericht vom 18. Dezember 2017, 13:50 Uhr entnommen werde kön- ne, habe der behandelnde Oberarzt Dr. K. dem Beschwerdeführer eine halbe Stunde Areal-Ausgang pro Tag eingeräumt. Bis zum 18. Dezember habe er während mehrerer Wochen gar keinen Ausgang gehabt. Damit werde der Beschwerdeführer in seinem Grundrecht auf Bewegungsfreiheit in unzulässigem Masse beschränkt (act. 23 S. 4).

    b) Die Frage der Einschränkung der Bewegungsfreiheit, wenn überhaupt eine solche vorliegt, ist nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens. Der

    Beschwerdeführer macht nicht geltend, dass die von ihm behauptete Einschränkung der Bewegungsfreiheit im Hinblick auf die medizinische Zwangsbehandlung erfolgt sei. Darauf ist nicht einzutreten.

  5. Dies führt zur Abweisung der Beschwerde hinsichtlich der Anordnung einer medizinischen Massnahme ohne Zustimmung.

  6. a) Ausgangsgemäss sind die Kosten des Rechtsmittelverfahrens dem Beschwerdeführer aufzuerlegen, jedoch zufolge der Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege gestützt auf Art. 122 Abs. 1 lit. b ZPO auf die Gerichtkasse zu nehmen.

b) Rechtsanwalt lic. iur. X. machte für den Fall der Abweisung der Beschwerde einen Aufwand von 465 Min. (7 Std. 45 Min.), bei einem Stundenansatz von Fr. 220.- entsprechend Fr. 1'705.-, und Fr. 86.- Spesen zuzüg- lich 8 % MWST (Fr. 143.-), insgesamt Fr. 1'934.- geltend (act. 26/2 S. 3). Die Grundgebühr für die Vertretung im Verfahren der fürsorgerischen Freiheitsentziehung (bzw. fürsorgerische Unterbringung) beträgt in der Regel Fr. 100.- bis Fr. 2'000.- (§ 7 AnwGebV). Im Beschwerdeverfahren wird bei endgültiger Erledigung die Gebühr auf einen Drittel bis zwei Drittel herabgesetzt (§ 13 Abs. 2 AnwGebV). Da vorliegend nur die Zwangsmedikation Gegenstand der Beschwerde ist und Rechtsanwalt lic. iur. X.

den Beschwerdeführer bereits vor Vorinstanz vertreten hat, ist Rechtsanwalt lic. iur. X. mit Fr. 1'300.- und Fr. 86.- Barauslagen zuzüglich Mehrwertsteuer zu entschädigen. Da der MWSt-Satz auf den 1. Januar 2018 von 8% auf 7,7 % reduziert wurde, ist entsprechend des Aufwandes im Jahre 2017 für einen Achtel der Entschädigung, Fr. 162.50, ein Steuersatz von 8 % (Fr. 13.-) und für den Rest, Fr. 1'137.50, ein Steuersatz von 7.7% (Fr. 87.60) zu berücksichtigen. Bezüglich der in Rechnung gestellten Spesen werden Fr. 13.- für das Jahr 2017 geltend gemacht (8 %, Fr. 1.05) und Fr. 73.- für

das Jahr 2018 (7,7% Fr. 5.65).

Es wird beschlossen:
  1. Dem Beschwerdeführer wird die unentgeltliche Prozessführung für das Rechtsmittelverfahren bewilligt, und es wird ihm in der Person von Rechtsanwalt lic. iur. X. ein unentgeltlicher Rechtsbeistand bestellt.

  2. Schriftliche Mitteilung und Rechtsmittelbelehrung mit nachfolgendem Erkenntnis.

und erkannt:
  1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.

  2. Mit der auf vier Wochen beschränkte Behandlung gemäss Dispositiv Ziffern 2-3 des Urteils des Einzelgerichtes vom 15. Dezember 2017 ist ab

    30. Januar 2018 zu beginnen.

  3. Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 500.- festgesetzt.

  4. Die Kosten für das zweitinstanzliche Verfahren werden dem Beschwerdefüh- rer auferlegt, jedoch zufolge Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege einstweilen auf die Gerichtskasse genommen. Die Nachzahlungspflicht nach Art. 123 ZPO bleibt vorbehalten.

  5. Rechtsanwalt lic. iur. X. wird für seine Bemühungen als unentgeltlicher Rechtsbeistand des Beschwerdeführers mit Fr. 189.55 (für das Jahr 2017) und mit Fr. 1'303.75 (für das Jahr 2018) aus der Gerichtskasse entschädigt.

    Die Nachzahlungspflicht nach Art. 123 ZPO bleibt vorbehalten.

  6. Schriftliche Mitteilung an den Beschwerdeführer, an die verfahrensbeteiligte Klinik, an die Beiständin sowie - unter Rücksendung der Akten - an die Vorinstanz, je gegen Empfangsschein.

  7. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.

Es handelt sich um eine nicht vermögensrechtliche Angelegenheit.

Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer

Die Gerichtsschreiberin:

lic. iur. I. Vourtsis-Müller versandt am:

30. Januar 2018

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