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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:PA170032
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid PA170032 vom 22.11.2017 (ZH)
Datum:22.11.2017
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Zwangsmedikation
Schlagwörter : Beschwerde; Behandlung; Beschwerdeführeri; Beschwerdeführerin; Psychisch; Psychische; Vorinstanz; Psychischen; Störung; Person; Recht; Eingabe; Entscheid; Obergericht; Unterbringung; Somatische; Schaffhausen; Behandlungsplan; Zustimmung; Klinik; Fürsorgerisch; Medizinische; Angeordnet; Verfügung; Fax-Eingabe; Aufgr; Untergebracht; Gericht; Zuständig; Massnahme
Rechtsnorm: Art. 379 ZGB ; Art. 380 ZGB ; Art. 433 ZGB ; Art. 434 ZGB ; Art. 435 ZGB ; Art. 450e ZGB ; Art. 93 BGG ;
Referenz BGE:-
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer

Geschäfts-Nr.: PA170032-O/U

Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. A. Katzenstein, Vorsitzende, Oberrichter lic. iur. et phil. D. Glur und Ersatzrichter lic. iur. A. Huizinga sowie Gerichtsschreiber lic. iur. T. Engler

Urteil vom 22. November 2017

in Sachen

A. ,

Beschwerdeführerin,

sowie

Psychiatrische Universitätsklinik Zürich, Verfahrensbeteiligte,

betreffend Zwangsmedikation

Beschwerde gegen eine Verfügung der 10. Abteilung (Einzelgericht) des Bezirksgerichtes Zürich vom 7. November 2017 (FF170221)

Erwägungen:

1.
    1. Die Beschwerdeführerin A. wurde mit Präsidialentscheid der KESB Schaffhausen vom 23. Oktober 2017 fürsorgerisch in der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich (PUK) untergebracht (act. 13/3). Zuvor war die Beschwerdeführerin gemäss Austrittsbericht des Hospitals del Mar (Informe d'alta) der Servei de psiquiatria des Institut de neuropsiquiatria i addiccions vom 26. Juli 2017 bis 7. August 2017 (offenbar nach psychomotorischer Agitation auf einer öf- fentlicher Strasse) in Barcelona in psychiatrischer Behandlung (act. 26).

      Am 26. Oktober 2017 wies die Klinikleitung ein Entlassungsgesuch der Beschwerdeführerin ab (act. 13/1). Mit Beschluss vom 27. Oktober 2017 bestätigte die KESB Schaffhausen die fürsorgerische Unterbringung und wies das Entlassungsgesuch der Beschwerdeführerin ab (vgl. act. 7). Ferner bestellte die KESB Schaffhausen der Beschwerdeführerin am 24. Oktober 2017 einen Beistand in der Person von B. (act. 13/4). Dessen Mandat beschränkt sich nach Auskunft der KESB Schaffhausen gegenüber der Vorinstanz auf die finanziellen Belange (act. 14). Am 31. Oktober 2017 bestellte die KESB Schaffhausen zudem dem ungeborenen Kind der Beschwerdeführerin einen Vormund (act. 30/6).

      Die Beschwerdeführerin ist gemäss den Angaben im Behandlungsplan der PUK vom 2. November 2017 circa. im 8. Monat schwanger (act. 3/2).

    2. Mit Fax-Eingabe vom 26. Oktober 2017 gelangte die Beschwerdeführerin an das Einzelgericht des Bezirksgerichts Zürich (Vorinstanz) und erhob Rekurs gegen die Zwangsmedikation, welche ihr aufgrund ihres Hungerstreiks in Schwangerschaft für den 27. Oktober 2017 angesetzt worden sei. Das Bezirksgericht Zü- rich überwies die Eingabe an das Obergericht Schaffhausen (act. 1/1). Dieses trat mit Verfügung vom 1. November 2017 auf das Begehren nicht ein. Es verneinte seine Zuständigkeit, weil seiner Auffassung nach das Gericht am Ort der Einrichtung dafür zuständig sei (act. 2/1).

    3. Am 2. November 2017 ordnete die Klinikleitung der PUK eine medizinische Massnahme ohne Zustimmung der Patientin an, im Einzelnen eine Vorstellung in der Geburtshilfe USZ am 3. November 2017, dort Ultraschalluntersuchung, CTG, Blutentnahme, PR-Messung, Urinuntersuchung (act. 3/2). Die Beschwerdeführerin erhob mit Fax-Eingabe vom 2. November 2017 (per Fax übermittelt am 3. November 2017 um 6:10 Uhr) Beschwerde gegen diese Anordnung (act. 3/1). Am

      1. November 2017 erhob ferner Rechtsanwalt lic. iur. X. Beschwerde an die Vorinstanz gegen die Massnahme ohne Zustimmung verbunden mit einem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistands (act. 4).

    4. Gemäss Behandlungsplan vom 2. November 2017 plante die Klinikleitung weiter eine medizinische Behandlung der Beschwerdeführerin mit dem Ziel u.a. einer Reduktion der psychotischen Symptomatik und ferner, insb. mit Blick auf das Kindeswohl des ungeborenen Kindes, eine Substitution von Nährstoffen im Falle der Nahrungsverweigerung (act. 13/7).

    5. Mit Verfügung vom 3. November 2017 lud die Vorinstanz die Beschwerdeführerin und die Klinikleitung zur Anhörung/Hauptverhandlung vom 7. November 2017 vor (act. 8).

    6. Die zuständigen Ärzte der PUK informierten die Vorinstanz gemäss deren Telefonnotiz vom 7. November 2017 darüber, dass die Beschwerdeführerin wieder Nahrung zu sich nehme und am erwähnten Behandlungsplan (vgl. soeben Ziff. 1.4) daher nicht festgehalten werde. Im Raum stehe einzig die Schwangerschaftsuntersuchung zur Feststellung des Gesundheitszustands des ungeborenen Kindes. Unter Hinweis auf diese Information und die deshalb nach Ansicht der Vorinstanz entfallende Zuständigkeit nahm die Vorinstanz die Vorladung zur Anhörung/Hauptverhandlung ab (act. 14).

    7. Am 7. November 2017 erliess die Vorinstanz die folgende Verfügung (vgl. act. 15 [bzw. im Dispositiv act. 16] = act. 21 = act. 29):

      1. Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege wird gutgeheissen. Der

      Beschwerdeführeri n wird Rechtsanwalt lic. iur. X. stand bestellt.

      als unentgeltlicher Rechtsbei-

        1. Die Beschwerde gegen die Zwangsmedikation vom 26. Oktober 2017 sowie die Zusatzbeschwerde vom 26. Oktober 2017 werden als gegenstandslos erledigt abgeschrieben.

        2. Auf die Beschwerde gegen die Zwangsuntersuchung vom 2./3. November 2017 wird nicht eingetreten.

        3. Es werden keine Kosten erhoben.

        4. Die Entschädigung des unentgeltlichen Rechtsbeistandes erfolgt mit separater Verfü- gung.

      [6.-7. Mitteilung, Rechtsmittel]

      Die Verfügung wurde der Beschwerdeführerin und ihrem Rechtsvertreter am

      9. November 2017 zugestellt (act. 19/1, 19/5).

    8. Mit Fax-Eingabe vom 10. November 2017 erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde gegen die Verfügung vom 7. November 2017 (act. 22). Mit Schreiben vom 10. November 2017 wies die Kammer die Beschwerdeführerin darauf hin, dass Fax-Eingaben unzulässig seien, dass die Fax-Eingabe der Beschwerdefüh- rerin daher unbeachtet bleibe und die Beschwerdeführerin Gelegenheit habe, bis zum Ablauf der 10tägigen Beschwerdefrist ab Zustellung des begründeten Entscheids mit schriftlicher Eingabe bzw. Einreichung des Originals der Fax-Eingabe Beschwerde zu erheben (act. 24).

    9. Am 16. November 2017 gingen zwei Eingaben der Beschwerdeführerin mit mehreren Beilagen beim Obergericht ein (act. 27-30). Am 20. November 2017 ging eine weitere Fax-Eingabe der Beschwerdeführerin mit einer Beilage beim Obergericht ein (act. 31, 32/1-2). Am 21. November 2017 gingen die Originale der Eingabe vom 20. November 2017 samt Beilagen beim Obergericht ein (act. 33, 34/1-2). Eine weitere Fax-Eingabe der Beschwerdeführerin ging am 20. November 2017 um 16:57 Uhr beim Obergericht ein (act. 35). Das Original dieser Eingabe ging am 22. November 2017 bei der Kammer ein (act. 36).

    10. Die Akten des vorinstanzlichen Verfahrens wurden beigezogen (act. 1-19). Von der Einholung von Stellungnahmen und einer Vernehmlassung der Vorinstanz wurde abgesehen. Das Verfahren ist spruchreif.

2.

Wird eine Person zur Behandlung einer psychischen Störung fürsorgerisch in einer Einrichtung untergebracht (fürsorgerische Unterbringung, auch FU), so erstellen die behandelnden Ärzte einen Behandlungsplan (Art. 433 Abs. 1 ZGB). Die untergebrachte Person kann das Gericht anrufen, wenn die Behandlung ohne Zustimmung angeordnet wird (Art. 434, Art. 439 Abs. 1 Ziff. 4 ZGB). Das Obergericht des Kantons Zürich behandelt nach § 64 EG KESR Beschwerden gegen erstinstanzliche Entscheide des zuständigen Gerichts. Auf dem Gebiet der fürsorgerischen Unterbringung muss die Beschwerde nicht begründet werden (Art. 450e Abs. 1 ZGB). Auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin ist daher einzutreten.

3.
    1. Die Vorinstanz erwog, an der abstrakten Prüfung des nicht mehr anwendbaren Behandlungsplans mit Blick auf die Behandlung der psychischen Störung der Beschwerdeführerin bestehe kein Rechtsschutzi nteresse. Insoweit sei die Beschwerde gegenstandslos (act. 21 S. 3). Für den Entscheid über die Zulässigkeit der Schwangerschaftsuntersuchung sei sie, so die Vorinstanz weiter, nicht zuständig. Ihre Zuständigkeit nach Art. 439 Abs. 1 Ziff. 4 ZGB betreffe nur die Behandlung einer psychischen Störung ohne Zustimmung. Wenn die Massnahme ohne Zustimmung der Behandlung von somatischen Störungen diene, sei - die Vorinstanz verweist dazu auf verschiedene Lehrmeinungen - nach Art. 377 ff. ZGB vorzugehen. Da die KESB Schaffhausen der Beschwerdeführerin am

      24. Oktober 2017 lediglich einen Beistand für die finanzielle Angelegenheiten bestellt habe, sei die KESB Schaffhausen zuständig zum Entscheid über eine entsprechende Ausweitung des Mandats bzw. zur Bestellung eines entsprechenden neuen Beistands. Daher sei auf die Beschwerde insoweit nicht einzutreten (vgl. act. 21 S. 4 f.).

    2. Eine medizinische Behandlung der psychischen Störung der Beschwerdeführerin ohne Zustimmung steht soweit ersichtlich nicht mehr zur Diskussion. Thematik der Beschwerde ist (neben weiteren Ausführungen der Beschwerdefüh- rerin zu ihrer Unterbringung und zu weiteren Umständen und Vorfällen) einzig die Schwangerschaftsuntersuchung der Beschwerdeführerin.

      Was die von der KESB Schaffhausen angeordnete Unterbringung angeht, fehlt es ohnehin an der Rechtsmittelzuständigkeit des Obergerichts des Kantons Zürich.

    3. Die Vorinstanz verwies richtig auf verschiedene Meinungsäusserungen im Schrifttum, wonach die Bestimmungen zu medizinischen Zwangsbehandlungen nach Art. 439 Abs. 1 Ziff. 4 ZGB i.V.m. Art. 434 ZGB auf die Behandlung der psychischen Störung beschränkt seien und eine Zwangsbehandlung bei einer somatischen Problematik, wie der Schwangerschaftsuntersuchung der Beschwerdeführerin, sich auch im Rahmen einer FU nach Art. 377 ff. ZGB richte (vgl. etwa BSK ZGB-GEISER/ETZENSBERGER, 5. Auflage 2014, Art. 434/ 435 N 3; vgl. weiter

      GEISER/ROSCH, Zwangsmassnahmen im Kindesund Erwachsenenschutz de lege lata und de lege ferenda, FamPra 2017 S. 391 ff., S. 395, mit Hinweis auf die entsprechende wohl herrschende Lehre; vgl. ferner KUKO ZGB-ROSCH, Art. 433-435 N 4, sowie FamKomm Erwachsenenschutz/GUILLOD, Art. 433 N 9 ff., insb. N 11 mit Hinweisen auf die in der französischsprachigen Literatur vertretene Gegenmeinung). Allerdings weisen einige der erwähnten Autoren auf die Problematik dieser Abgrenzung hin, welche mit der Rechtsgleichheit schwer zu vereinbaren sei (GEISER/ETZENSBERGER, a.a.O., N 6; GEISER/ ROSCH, a.a.O., S. 395).

    4. / 3.4.1 Auszugehen ist davon, dass die Beschwerdeführerin wegen einer psychischen Störung fürsorgerisch untergebracht wurde (vgl. vorne Ziff. 1.1). Dass der Rechtsschutz bei somatischen Zwangsbehandlungen im Rahmen einer solchen Unterbringung weit weniger stark ausgebaut sein soll als bei der Zwangsbehandlung der psychischen Störung (so die Konsequenz, wenn bei somatischen Behandlungen nach Art. 377 ff. ZGB vorgegangen wird), ist sachlich kaum begründbar (vgl. GEISER/ETZENSBERGER, a.a.O., N 6).

      1. Der Zweck der Art. 433 bis 436 ZGB liegt darin, die medizinische Behandlung einer Person, die aufgrund einer psychischen Störung in einer Einrichtung untergebracht wurde, abschliessend zu regeln. Die Bestimmungen verlangen einen Konnex der FU zur psychischen Störung, denn die Behandlung ist nur in diesem Fall logische Folge des Entscheids, eine behandlungsbedürftige Person in einer geeigneten Einrichtung unterzubringen. Welcher Art die Behandlung ist, die im Rahmen der Unterbringung angeordnet wird, ist zweitrangig. Das zeigt auch die Marginalie zu Art. 433 ZGB (medizinische Massnahmen bei einer psychischen Störung). Die Bestimmung ist nicht so zu verstehen, dass lediglich die Behandlung der psychischen Störung selber darunter fiele. Für die Anwendbarkeit der Art. 433 ff. ZGB ist vielmehr Folgendes massgeblich: Eine bestehende FU aufgrund einer psychischen Störung zum Zweck der Behandlung dieser Störung oder (bzw. evtl. gleichzeitig) zum Zweck der Behandlung eines somatischen Leidens, gegen welche die betroffene Person sich aufgrund ihrer psychischen Stö- rung zum Zeitpunkt der Unterbringung widersetzt (vgl. PATRICK FASSBIND, OFK ZGB, 3. Auflage 2016, Art. 433 N 1; vgl. auch DERSELBE, Erwachsenenschutz, Zü- rich 2002, S. 337 f.). Sind diese Voraussetzungen gegeben, so kann auch eine andere Behandlung (als jene der psychischen Störung selber) bei gegebenen Voraussetzungen nach Art. 433 ff. ZGB angeordnet werden (und steht gegen die Anordnung der entsprechende Rechtsweg offen).

        Vordergründig läuft diese Sichtweise dem Wortlaut von Art. 380 ZGB zuwider, nach welcher Bestimmung sich (nur) die Behandlung der psychischen Störung einer urteilsunfähigen Person in einer psychiatrischen Klinik nach den Bestimmungen über die fürsorgerische Unterbringung richtet. Der Vorbehalt von Art. 380 ZGB soll gemäss der Botschaft zur Revision des Erwachsenenschutzrechts allerdings gerade dem Schutz der urteilsunfähigen Personen dienen, indem diese (bei psychischen Störungen) nicht durch Entscheide von vertretungsberechtigten Angehörigen versorgt werden können, und zudem sichergestellt werden soll, dass die Klinik bei der Behandlung urteilsunfähiger Personen nicht unterschiedliche Regelungen anwenden muss. Entweder stimmt die betroffene Person selber den medizinischen Massnahmen zu oder die Behandlung richtet sich nach den Artikeln 433 ff. ZGB (vgl. BBl 2006 S. 7037 f.). Der so verstandene Zweck der gesetzlichen Abgrenzung der Zuständigkeitsordnungen wird nach der herrschenden Lehre ins Gegenteil verkehrt. Der Gesetzgeber wollte gerade vermeiden, dass im Rahmen einer FU, die wegen einer psychischen Störung angeordnet wurde, verschiedene Regelungen gelten, und dass allenfalls Angehörige über medizinische (Zwangs-) Behandlungen psychisch Erkrankter entscheiden. Für diese Zielsetzung kann es keinen Unterschied machen, ob die psychische Erkrankung selber behandelt wird oder ob im Rahmen der Unterbringung, die wegen einer psychischen Erkrankung erfolgte, (auch) somatische Leiden behandelt werden sollen und die untergebrachte Person deren Behandlung ablehnt.

        Der weitere Zweck der gesetzlichen Regelung gemäss Botschaft - der Schutz der urteilsunfähigen Person - wird ebenfalls ins Gegenteil verkehrt, wenn für somatische Behandlungen im Rahmen einer FU wegen einer psychischer Störung nach Art. 377 ff. ZGB vorgegangen wird. Bei Dringlichkeit entscheidet nach diesen Bestimmungen ohne weiteres der behandelnde Arzt (Art. 379 ZGB), ohne dass die urteilsunfähige Person auch nur (allenfalls nachträglich) angehört würde. Thematisiert wird im Schrifttum lediglich die Möglichkeit, die vertretungsberechtigte Person zu kontaktieren bzw. bei der KESB eine superprovisorische Anordnung zu erwirken (vgl. FamKomm Erwachsenenschutz-GUILLOD/HERTIG PEA, Art. 379

        N 5 f.; BSK ZGB I-EICHENBERGER/KOHLER, 5. Auflage 2014, Art. 379 N 2 f.). Dagegen wird zu dringlichen Zwangsbehandlungen nach Art. 435 ZGB im Schrifttum erwogen, dass auch bei solchen Anordnungen (allenfalls nachträglich) nach

        Art. 439 Abs. 1 Ziff. 4 ZGB das Gericht angerufen werden kann (FamKomm Erwachsenenschutz-GUILLOD, Art. 435 N 16). Die Unterscheidung zeigt, dass

        Art. 379 ZGB primär Fälle im Auge hat, in welchen die betroffene Person wegen Bewusstlosigkeit oder ähnlichem gänzlich ausser Stande ist, sich zu äussern, und nicht Fälle, in welchen sie wegen einer psychischen Erkrankung zwar nicht urteilsfähig ist, aber durchaus ein Bedürfnis haben kann, sich gegen eine Anordnung gerichtlich zur Wehr zu setzen. Dieses Bedürfnis ist unabhängig von der Einschätzung der Urteilsfähigkeit schützenswert. Auch das spricht dafür, bei somatischen Behandlungen, die im Rahmen einer FU wegen einer psychischer Störung angeordnet werden, nicht auf Art. 377 ff., sondern auf Art. 433 ff. ZGB abzustellen.

      2. Diese Sichtweise steht im Einklang mit der Feststellung, welche die Kammer in einem früheren Entscheid traf: Entscheidend ist, dass die angeordnete Behandlung ohne Zustimmung im Zusammenhang mit der psychischen Störung steht

        (vgl. OGer ZH PA160007 vom 26. Februar 2016, E. 5.1). Das ist auch dann der

        Fall, wenn eine notwendige somatische Behandlung gegen den Willen der betroffenen Person anzuordnen ist, weil die Person die Behandlung aufgrund ihres psychischen Leidens ablehnt (wobei die Person subjektiv durchaus andere Grün- de haben kann - objektiv besteht in solchen Fällen regelmässig ein Zusammenhang mit der psychischen Störung).

    5. Die Beschwerdeführerin wurde wie erwähnt aufgrund einer psychischen Stö- rung fürsorgerisch untergebracht. Die behandelnden Ärzte halten aufgrund der fortgeschrittenen Schwangerschaft der Beschwerdeführerin eine somatische Behandlung bzw. Untersuchung für notwendig, und die Beschwerdeführerin lehnt diese Behandlung ab. Die Frage, ob die Behandlung gegen den Willen der Beschwerdeführerin angeordnet werden darf, richtet sich in dieser Situation nach Art. 434 ZGB. Die Vorinstanz hat sich somit zu Unrecht unter Hinweis auf die ihrer Ansicht nach fehlende Anwendbarkeit dieser Bestimmung für unzuständig erklärt.

Der Vollständigkeit halber ist das Folgende anzumerken: Die Vorinstanz ging im angefochtenen Entscheid soweit ersichtlich nicht mehr davon aus, sie sei örtlich unzuständig (vgl. dagegen noch das Vorgehen mit Blick auf das erste Begehren der Beschwerdeführerin um gerichtliche Beurteilung der Zwangsbehandlung, vgl. vorne Ziff. 1.2). Daher besteht keine Veranlassung für vertiefte Abklärungen über die örtliche (interkantonale) Zuständigkeit. Nur kurz ist daher festzuhalten, dass das Obergericht des Kantons Schaffhausen in der eingangs erwähnten Verfügung vom 1. November 2017 zu Recht die Ansicht äusserte, für die Beurteilung von Entscheiden der Einrichtung nach Art. 439 Abs. 1 Ziff. 2-5 ZGB seien interkantonal die Gerichte am Ort der Einrichtung zuständig (vgl. vorne Ziff. 1.2). Dasselbe gilt nach § 62 Abs. 2 EG KESR. Auch deshalb ist die Zuständigkeit der Vorinstanz zu bejahen.

Die Beschwerde ist somit gutzuheissen.

4.
    1. Fragen kann man sich zunächst, ob die Beschwerdeführerin noch ein Rechtsschutzi nteresse an der gerichtlichen Beurteilung der Zwangsbehandlung hat. Das ist mit Blick auf die Behandlung vom 3. November 2017 (act. 3/2) an sich nicht mehr der Fall. Allerdings ist der entsprechende Behandlungsplan insoweit nicht schlüssig, als einerseits von einer Behandlung ab 3. November 2017 von mehreren Stunden die Rede ist, die Massnahme aber mindestens täglich zu überprüfen sei (act. 3/2). Ob es um eine einmalige Untersuchung am

      3. November 2017 ging, ist danach nicht ganz klar.

    2. Hinzu kommt, dass die Klinikleitung gemäss der neusten Eingabe der Beschwerdeführerin offenbar am 29. November 2017 eine neue Zwangsuntersuchung plant (act. 35 = act. 36 S. 2). Das Fehlen eines diesbezüglichen Behandlungsplans kann daran liegen, dass die Beschwerdeführerin ihn nicht einreichte, es ist aber auch denkbar, dass die Klinik aufgrund der (vermeintlich) fehlenden Anwendbarkeit der Art. 433 ff. ZGB davon absah, einen Behandlungsplan zu erlassen (das zeigt gerade, dass die herrschende Lehre den Schutzinteressen der urteilsunfähigen Person zuwiderläuft, da danach somatische Behandlungen im Rahmen einer FU ohne Behandlungsplan, lediglich allenfalls in Absprache mit einem Beistand oder einer angehörigen Person angeordnet werden könnten).

Ein Rechtsschutzinteresse der Beschwerdeführerin an der Überprüfung der Massnahme ohne Zustimmung ist aus diesen Gründen zu bejahen, und an die Adresse der Klinik ist bereits jetzt festzuhalten, dass auch eine erneute Behandlung bzw. Untersuchung analog derjenigen vom 3. November 2017 einen Behandlungsplan voraussetzt.

5.

Nach § 71 EG KESR ist zwar bei Entscheiden im Zusammenhang mit fürsorgerischen Unterbringungen eine Rückweisung ausgeschlossen. Unter dem Aspekt des Beschleunigungsgebotes erscheint ein solcher Ausschluss zweifellos sinnvoll, wenn die Vorinstanz in der Sache entschieden hat. Wurde allerdings, wie hier,

noch keine Anhörung durchgeführt und über die Sache selbst noch nicht entschieden, muss eine Rückweisung an die Vorinstanz zulässig sein, da der Gesuchstellerin ansonsten eine Instanz verloren geht (vgl. OGer ZH PA130027 vom

9. Juli 2013, E. 4.1). Das Verfahren ist daher zur Durchführung einer gerichtlichen

Beurteilung der Behandlung der Beschwerdeführerin ohne Zustimmung an die Vorinstanz zurückzuweisen.

6.

Ausgangsgemäss sind für diesen Entscheid keine Kosten zu erheben. Da die Vorinstanz der Beschwerdeführerin für ihr Verfahren (das nach dem Gesagten weiterzuführen ist) einen unentgeltlichen Rechtsbeistand bestellte, ist diesem (auch wenn er im Verfahren vor Obergericht nicht involviert war) ein Exemplar des vorliegenden Entscheids zuzustellen.

Es wird erkannt:

  1. Die Beschwerde wird gutgeheissen. Die Verfügung des Einzelgerichts des Bezirksgerichts Zürich vom 7. November 2017 wird aufgehoben und der Prozess im Sinne der Erwägungen zur Durchführung der gerichtlichen Beurteilung der medizinischen Behandlung ohne Zustimmung an die Vorinstanz zurückgewiesen.

  2. Die Kosten fallen ausser Ansatz.

  3. Schriftliche Mitteilung an die Beschwerdeführerin, an Rechtsanwalt lic. iur.

    X. (unentgeltlicher Rechtsbeistand im fortzusetzenden Verfahren der Vorinstanz), an die verfahrensbeteiligte Klinik, sowie - unter sofortiger Rücksendung der Akten - an die Vorinstanz, je gegen Empfangsschein.

  4. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder

Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

Dies ist ein Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG.

Es handelt sich um eine nicht vermögensrechtliche Angelegenheit.

Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer

Der Gerichtsschreiber:

lic. iur. T. Engler versandt am:

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