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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Zusammenfassung des Urteils PA150008: Obergericht des Kantons Zürich

Die Beschwerdeführerin wurde aufgrund einer ärztlichen Anordnung in die Psychiatrische Klinik Schlössli eingewiesen und reichte Beschwerden gegen diese Einweisung sowie gegen eine Zwangsmedikation ein. Nachdem sie ihre Begehren zurückzog, beantragte sie erneut die gerichtliche Beurteilung ihres Aufenthalts in der Klinik. Die Vorinstanz trat jedoch nicht auf ihre Gesuche ein und überwies die Sache an die Klinik. Die Beschwerdeführerin wandte sich daraufhin mit einem Rekurs an das Obergericht, da sie gegen ihren Willen zwangsmediziert und in Isolationshaft genommen wurde. Das Obergericht hob die Entscheidung der Vorinstanz auf und wies die Akten zur Behandlung der Beschwerde gegen die Abweisung des Entlassungsgesuchs an die Vorinstanz zurück. Die Kosten für das Beschwerdeverfahren wurden nicht erhoben.

Urteilsdetails des Kantongerichts PA150008

Kanton:ZH
Fallnummer:PA150008
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid PA150008 vom 18.03.2015 (ZH)
Datum:18.03.2015
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Zurückbehaltung in einer Psychiatrischen Klinik
Schlagwörter : Vorinstanz; Entlassung; Klinik; Schlössli; Psychiatrische; Entlassungsgesuch; Entscheid; Unterbringung; Sinne; Psychiatrischen; Verfahren; Eingabe; Verfügung; Bezirksgericht; Beurteilung; Gericht; Abweisung; Behandlung; Akten; Gesuch; Entlassungsgesuchs; Obergericht; Meilen; Unterbringungsentscheid; Antrag; Leitung; Person; ändig
Rechtsnorm:Art. 426 ZGB ;Art. 427 ZGB ;Art. 429 ZGB ;Art. 430 ZGB ;Art. 439 ZGB ;Art. 444 ZGB ;Art. 450e ZGB ;Art. 93 BGG ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts PA150008

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer

Geschäfts-Nr.: PA150008-O/U

Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. A. Katzenstein, Vorsitzende, Oberrichterin

lic. iur. E. Lichti Aschwanden und Oberrichter Dr. P. Higi sowie Gerichtsschreiberin lic. iur. S. Kröger

Urteil vom 18. März 2015

in Sachen

A. ,

Gesuchstellerin und Beschwerdeführerin,

sowie

  1. Psychiatrische Klinik Schlössli, 2. B. ,

    Verfahrensbeteiligte,

    betreffend

    Zurückbehaltung in der Psychiatrischen Klinik Schlössli

    Beschwerde gegen eine Verfügung des Einzelgerichtes in FU-Verfahren des Bezirksgerichtes Meilen vom 10. März 2015 (FF150009)

    Erwägungen:

    1. Am 24. Februar 2015 wurde die Beschwerdeführerin per ärztlichem Unterbringungsentscheid wegen Selbstund Fremdgefährdung in die Psychiatrische Klinik Schlössli eingewiesen (act. 15/3). Am 25. Februar 2015 erhob die Beschwerdeführerin beim Bezirksgericht Meilen (nachfolgend Vorinstanz) Beschwerde gegen die ärztliche Einweisung (act. 15/1). Mit Eingabe vom 4. März 2015 erhob sie zudem Beschwerde gegen eine durch die Psychiatrische Klinik Schlössli verfügte Zwangsmedikation (act. 15/12). Mit Schreiben vom 5. März 2015 zog die Beschwerdeführerin beide Begehren zurück, worauf die Vorinstanz das entsprechende Verfahren als erledigt abschrieb (Verfahren Vorinstanz

      Nr. FF150007; act. 15/14-15). Mit Eingabe vom 8. März 2015 beantragte die Beschwerdeführerin bei der Vorinstanz erneut die gerichtliche Beurteilung ihres unfreiwilligen Aufenthalts in der Psychiatrischen Klinik Schlössli (act. 1), worauf die Vorinstanz das Verfahren Nr. FF150009 anlegte. Am 10. März 2015 übermittelte die Klinik Schlössli der Vorinstanz ein an die Beschwerdeführerin gerichtetes Schreiben des stellvertretenden ärztlichen Direktors vom 9. März 2015, gemäss welchem der Antrag der Beschwerdeführerin um Entlassung zur Kenntnis genommen worden sei; diesem Antrag könne aber nicht stattgegeben werden

      (act. 7). Am 10. März 2015 reichte die Beschwerdeführerin bei der Vorinstanz einen weiteren Antrag um gerichtliche Beurteilung ihres unfreiwilligen Aufenthalts ein (act. 8). Mit Verfügung vom 10. März 2015 trat die Vorinstanz auf die Gesuche der Beschwerdeführerin nicht ein und überwies die Sache an die ärztliche Leitung der Psychiatrischen Klinik Schlössli (act. 9 = act. 12 = act. 14).

    2. Mit einem als Rekurs gegen Zwangsmassnahmen bezeichnetem Schreiben vom 13. März 2015 (Datum Poststempel) wandte sich die Beschwerdeführerin unter Beilage der Verfügung der Vorinstanz vom 10. März 2015 an das Obergericht (act. 13). Die Beschwerdeführerin erklärte in ihrer Eingabe, sie sei gegen ihren Willen zwangsmediziert und in die Iso gesteckt worden und bittet um schnellstmögliche Festsetzung eines Rekurstermins (act. 13). Die Eingabe ist

als Beschwerde gegen die Verfügung der Vorinstanz vom 10. März 2015 entgegen zu nehmen. Die Akten der vorinstanzlichen Verfahren Nr. FF150007 und Nr. FF150009 wurden beigezogen (act. 1-10; act. 15).

    1. Die Beschwerde gegen einen Entscheid auf dem Gebiet der fürsorgerischen Unterbringung muss nicht begründet sein (Art. 450e Abs. 1 ZGB). Im Rekursschreiben der Beschwerdeführerin fehlt eine Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Entscheid. Die Ausführungen der Beschwerdeführerin richten sich vielmehr gegen die fürsorgerische Unterbringung bzw. die Zwangsmedikation an sich (act. 13). Ist die Beschwerde unbegründet, wird auf Grund der Akten entschieden.

    2. Wie die Vorinstanz zutreffend ausführte, kann bei ärztlich angeordneter Unterbringung innert zehn Tagen seit Mitteilung des Entscheids das zuständige Gericht angerufen werden (Art. 439 Abs. 1 Ziff. 1 und Abs. 2 ZGB). Die Beschwerdeführerin wurde am 24. Februar 2015 durch eine Ärztin der SOS Ärzte in die Klinik Schlössli eingewiesen (act. 15/3). Die Frist für eine Beschwerde gegen den Einweisungsentscheid lief damit am 6. März 2015 ab. Der an die Vorinstanz gerichtete Antrag der Beschwerdeführerin um gerichtliche Beurteilung datiert vom 8. März 2015 und erfolgte damit erst nach Ablauf der Frist für die Beschwerde gegen den Unterbringungsentscheid (act. 1). Gemäss Art. 426 Abs. 4 ZGB kann die betroffene Person indes jederzeit um Entlassung ersuchen, wobei über ihr Gesuch ohne Verzug zu entscheiden ist. Die Vorinstanz betrachtete die Eingabe der Beschwerdeführerin vom 8. März 2015 zu Recht als Entlassungsgesuch in diesem Sinne. Wurde die Unterbringung wie vorliegend - ärztlich angeordnet, ist die ärztliche Leitung der Einrichtung für den Entscheid über die Entlassung zuständig (Art. 429 Abs. 2 ZGB; § 34 Abs. 1 EG KESR). Bei Abweisung eines Entlassungsgesuchs durch die Einrichtung kann ebenfalls innert zehn Tagen das zuständige Gericht angerufen werden (Art. 439 Abs. 1 Ziff. 3 und Abs. 2 ZGB).

    3. Zu prüfen ist demnach, ob bereits ein Entscheid der ärztlichen Leitung der Einrichtung über die Entlassung der Beschwerdeführerin vorliegt, welcher nach Art. 439 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB beim Bezirksgericht am Ort der Einrichtung angefochten werden könnte. Die Vorinstanz erwog, dem ursprünglichen Entlassungsgesuch der Beschwerdeführerin vom 8. März 2015 liege soweit ersichtlich kein Entscheid der Psychiatrischen Klinik Schlössli zu Grunde. Das spätere, vom

      10. März 2015 datierende Gesuch scheine sich gegen das Schreiben der Psychiatrischen Klinik Schlössli vom 9. März 2015 zu richten. Dieses könne jedoch nicht als Abweisung ihres Entlassungsgesuchs im Sinne von Art. 439 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB verstanden werden, da ihm praktisch sämtliche notwendigen Elemente eines Entscheides im Sinne von Art. 439 Abs. 2 ZGB i.V.m. Art. 430 Abs. 2 ZGB fehlten. Mangels eines genügenden Anfechtungsobjekts sei daher auf die Gesuche nicht einzutreten und die Sache in analoger Anwendung von Art. 444 Abs. 1 und 2 ZGB an die ärztliche Leitung der Psychiatrischen Klinik Schlössli zu überweisen (act. 9 S. 2 f.).

    4. Die Anforderungen an den Entscheid über ein Entlassungsgesuch durch die Einrichtung im Sinne von Art. 429 Abs. 3 ZGB sind gesetzlich nicht geregelt. Die Vorinstanz verweist bezüglich der notwendigen Elemente auf die in Art. 430

      Abs. 2 ZGB aufgestellten Mindestanforderungen an den ärztlichen Unterbringungsentscheid. Diese Analogie ist unangebracht. So muss der Entscheid über ein Entlassungsgesuch anders als der ärztliche Unterbringungsentscheid - namentlich nicht zwingend Angaben zu Befund, Gründen und Zweck der Unterbringung enthalten, weil die Gründe für die Unterbringung bereits aus dem Einweisungsentscheid bekannt sind, und ohne weiteres davon ausgegangen werden kann, diese Angaben träfen nach wie vor zu. Zu verlangen ist daher lediglich, dass die Gründe für die Abweisung des Entlassungsgesuches im Entscheid der Einrichtung schriftlich darlegt werden und die betroffene Person über ihr Recht, innert zehn Tagen das Gericht anzurufen, informiert wird (analog Art. 427 Abs. 3 ZGB; Art. 439 Abs. 1 Ziff. 3 und Abs. 2 ZGB). Lediglich dann, wenn zwischen Unterbringung und Entlassungsgesuch längere Zeit vergangen ist, kann sich eine weitere Begründung als notwendig erweisen und verlangt werden. Das ist hier nicht der Fall. Das Schreiben der Psychiatrischen Klinik Schlössli vom 9. März 2015 genügt den minimalen Anforderungen. Es wird klar Bezug auf das Entlassungsgesuch der Beschwerdeführerin genommen und dessen Abweisung (wenn auch in knapper Weise) begründet (vgl. act. 7). Zwar enthält das Schreiben keine Rechtsmittelbelehrung. Da die Beschwerdeführerin bereits eine Beschwerde beim

      zuständigen Gericht eingereicht hatte, erweist sich eine solche vorliegend jedoch als entbehrlich. Entgegen der Vorinstanz ist das Schreiben der Psychiatrischen Klinik Schlössli vom 9. März 2015 damit als genügendes Anfechtungsobjekt im Sinne von Art. 439 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB zu betrachten. Dies rechtfertigt sich auch mit Blick auf das Gebot der beschleunigten Behandlung von Entlassungsgesuchen im Sinne von Art. 426 Abs. 4 ZGB. Durch die Stellung überhöhter Anforderungen an den Entlassungsentscheid und eine Rücküberweisung des Gesuchs an die Klinik zur erneuten Behandlung würde der betroffenen Person ein rascher Entscheid über ihre Entlassung verwehrt.

      Wie erwähnt, hat die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom 10. März 2015 vor Vorinstanz erneut um gerichtliche Beurteilung ihres unfreiwilligen Aufenthalts ersucht (act. 8). Dieses Schreiben wäre von der Vorinstanz nach dem Gesagten als Beschwerde gegen die Ablehnung des Entlassungsgesuchs durch die Klinik entgegen zu nehmen und zu behandeln gewesen. Die Verfügung der Vorinstanz vom

      10. März 2015 ist daher aufzuheben und die Akten sind zur Beurteilung der Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen die Abweisung des Entlassungsgesuchs durch die Psychiatrische Klinik Schlössli an die Vorinstanz zu überweisen.

    5. Die Beschwerdeführerin führt in ihrem Schreiben an das Obergericht vom

13. März 2015 weiter aus, sie werde gegen ihren Willen zwangsmediziert

(act. 13). Die Beurteilung einer Zwangsmedikation war nicht Gegenstand des vorinstanzlichen Verfahrens. Eine Beschwerde gegen eine Behandlung ohne Zustimmung der betroffenen Person wäre ebenfalls zunächst durch das Bezirksgericht zu beurteilen (Art. 439 Abs. 1 Ziff. 4 ZGB). Der Vorinstanz ist daher eine Kopie der Beschwerdeschrift der Beschwerdeführerin zur Prüfung, ob diese als Beschwerde gegen eine Behandlung ohne Zustimmung im Sinne von Art. 439 Abs. 1 Ziff. 4 ZGB entgegen zu nehmen ist, zu überweisen.

3. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erheben.

Es wird erkannt:

  1. Die Verfügung des Bezirksgerichtes Meilen vom 10. März 2015 wird aufgehoben, und es werden die Akten zur Behandlung der Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen die Abweisung ihres Entlassungsgesuchs durch die Psychiatrische Klinik Schlössli im Sinne von Art. 439 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB an die Vorinstanz überwiesen.

  2. Der Vorinstanz wird eine Kopie der Beschwerdeschrift der Beschwerdeführerin vom 13. März 2015 (act. 13) überwiesen, zur Prüfung, ob diese Eingabe auch als Beschwerde gegen eine Behandlung ohne Zustimmung im Sinne von Art. 439 Abs. 1 Ziff. 4 ZGB entgegen zu nehmen ist.

  3. Für das Beschwerdeverfahren werden keine Kosten erhoben.

  4. Schriftliche Mitteilung an die Parteien sowie - unter Beilage der Akten an das Bezirksgericht Meilen, je gegen Empfangsschein.

  5. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

Dies ist ein Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG.

Es handelt sich um eine nicht vermögensrechtliche Angelegenheit.

Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer

Die Gerichtsschreiberin:

versandt am:

lic. iur. S. Kröger

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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