Zusammenfassung des Urteils PA140028: Obergericht des Kantons Zürich
Ein Beschwerdeführer, der sich in fürsorgerischer Unterbringung befindet, hat gegen die Zwangsmedikation mit Zyprexa geklagt. Das Bezirksgericht Zürich wies die Beschwerde ab, woraufhin der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde beim Obergericht des Kantons Zürich einreichte. Das Obergericht ordnete ein Gutachten an und führte eine Anhörung durch. Es wurde festgestellt, dass die Zwangsmedikation mit Zyprexa verhältnismässig ist, jedoch die Behandlung mit Depakine nicht gerechtfertigt ist. Die Beschwerde in Bezug auf Depakine wurde gutgeheissen, die Gerichtskosten wurden auf die Staatskasse genommen.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | PA140028 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Zivilkammer |
Datum: | 28.07.2014 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Zwangsmedikation Beschwerde gegen ein Urteil des Einzelgerichtes (10. Abteilung) des Bezirksgerichtes Zürich vom 1. Juli 2014 (FF140165) |
Schlagwörter : | Behandlung; Medikament; Klinik; Zyprexa; Gutachter; Störung; Zwangsmedikation; Vorinstanz; Obergericht; Gutachten; Depakine; Unterbringung; Massnahme; Zustimmung; Entscheid; Ausführungen; Behandlung; Urteil; Verabreichung; Bezirksgericht; Voraussetzungen; Beschwerdeführers; Bezug; Verfahren; Verhandlung |
Rechtsnorm: | Art. 10 BV ;Art. 15 BV ;Art. 36 BV ;Art. 426 ZGB ;Art. 434 ZGB ;Art. 439 ZGB ;Art. 446 ZGB ;Art. 450e ZGB ;Art. 7 BV ;Art. 90 BGG ; |
Referenz BGE: | 127 I 6; 130 I 16; |
Kommentar: | - |
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: PA140028-O/U
Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. E. Lichti Aschwanden, Vorsitzende, Oberrichterin lic. iur. M. Stammbach und Ersatzrichterin lic. iur. C. Brenn sowie Gerichtsschreiberin MLaw D. Weil
in Sachen
,
Beschwerdeführer,
sowie
betreffend Zwangsmedikation
Beschwerde gegen ein Urteil des Einzelgerichtes (10. Abteilung) des Bezirksgerichtes Zürich vom 1. Juli 2014 (FF140165)
Sachverhalt und Prozessgeschichte
Der Beschwerdeführer befindet sich seit dem 5. Juni 2014 in der fürsorgerischen Unterbringung in der B. (fortan Klinik; act. 5 S. 1 f.). Am 6. Juni 2014 ordnete die Klinik eine medizinische Massnahme ohne Zustimmung im Sinne von Art. 434 Abs. 1 ZGB an, wobei insbesondere die Verabreichung von Zyprexa vorgesehen wurde und eine eventuelle Ergänzung der Medikation durch Valproat (act. 9).
Der Beschwerdeführer erhob dagegen mit Eingabe vom 26. Juni 2014
(act. 1) Rekurs beim Einzelgericht am Bezirksgericht Zürich (fortan Vorinstanz). Am 1. Juli 2014 hörte die Vorinstanz den Beschwerdeführer an, liess den Gutachter das mit Verfügung vom 27. Juni 2014 angeordnete Gutachten erstatten und führte die Hauptverhandlung durch (Prot. Vorinstanz S. 8 ff.). Mit Urteil vom 1. Juli 2014 wies die Vorinstanz die Beschwerde gegen die Zwangsmedikation ab und verfügte, dass einer Beschwerde gegen diesen Entscheid keine aufschiebende Wirkung zukomme (act. 11 = 15).
Ab dem 2. Juli 2014 wurde dem Beschwerdeführer Zyprexa verabreicht, und zwar zunächst mit der Dosis 10 mg und alsdann ab dem 9. Juli 2014 mit 20 mg (Prot. S. 8). Der Beschwerdeführer hat das Medikament zwar jeweils selber eingenommen, jedoch gezeigt, dass er dagegen sei (act. 18; Prot. S. 16).
Mit Eingabe vom 16. Juli 2014 erhob der Beschwerdeführer gegen das Urteil der Vorinstanz vom 1. Juli 2014 fristgerecht Beschwerde gegen die Zwangsmedikation beim Obergericht des Kantons Zürich. Zugleich erhob er Gegenklagen, namentlich gegen das Sozialamt, weil Rechnungen für die Miete bezahlt worden seien, obwohl der Besitzanspruch der Wohnung nicht überprüft worden sei, sowie Beschwerde gegen die fürsorgerische Unterbringung. Ausserdem verlangt er die Abklärung der radioaktiven Verseuchung beim ..-Weg. Sodann bittet er das Obergericht, die Bundesanwaltschaft einzuschalten, um seine Behauptungen zu überprüfen (act. 16).
Die vorinstanzlichen Akten wurden beigezogen (act. 1-13). Mit Präsidialverfügung vom 22. Juli 2014 (act. 20) ordnete das Obergericht ein Gutachten an und lud zur Anhörung/Verhandlung auf den 24. Juli 2014 vor. Die Prozessleitung wurde an die Referentin delegiert. Anlässlich der Anhörung/Verhandlung vom
24. Juli 2014 erstattete der gerichtlich bestellte Sachverständige Dr. med.
C. mündlich das Gutachten. Dem Beschwerdeführer und der Klinik, vertreten durch Dr. med. D. , wurde die Möglichkeit eingeräumt, zum Gutachten Stellung zu nehmen und sich abermals zur Zwangsmedikation zu äussern (Prot.
S. 7 ff.).
Am 27. Juli 2014 sandte der Beschwerdeführer per Fax ein Schreiben vom
24. Juli 2014 an das Obergericht (act. 23). Das Verfahren ist spruchreif.
Prozessuales
Soweit der Beschwerdeführer neben der Beschwerde gegen die Zwangsmedikation noch Gegenklagen erhebt sowie Abklärungsbegehren stellt, fehlt es dem Obergericht an der sachlichen Zuständigkeit, weshalb darauf ohne weitere Prüfung nicht einzutreten ist. Für eine Meldung an die Bundesanwaltschaft besteht keine Veranlassung. Sodann ist auf die Beschwerde gegen die fürsorgerische Unterbringung ebenfalls nicht einzutreten. Diesbezüglich hat die Kindesund Erwachsenenschutzbehörde (KESB) am 9. Juli 2014 eine Verhandlung durchgeführt (vgl. Prot. S. 7). Der Entscheid der KESB kann nicht direkt beim Obergericht angefochten werden.
Das per Fax eingegangene Schreiben vom 24. Juli 2014 hat der Beschwerdeführer dem Obergericht wohl lediglich zur Kenntnisnahme zugestellt, richtet er sich darin doch an die KESB sowie an das Bezirksgericht (act. 23). Abgesehen davon, dass dieses Schreiben nach Ablauf der Beschwerdefrist und nur per Fax einging, enthält dieses im Übrigen keine neuen Ausführungen gegen die Zwangsmedikation, weshalb es unbeachtlich bleibt.
Das Verfahren bei der Beschwerde gegen die Behandlung einer psychischen Störung ohne Zustimmung nach Art. 434 ZGB richtet sich sinngemäss nach den Bestimmungen über das Verfahren vor der gerichtlichen Beschwerdeinstanz nach Art. 450 ff. ZGB (vgl. Art. 439 Abs. 1 und 2 ZGB). Nach Art. 450e ZGB muss bei psychischen Störungen gestützt auf ein Gutachten einer sachverständigen Person entschieden werden. Sodann gelangen §§ 62 ff. EG KESR zur Anwendung, worin unter anderem Art. 446 Abs. 1 ZGB als sinngemäss anwendbar erklärt wird. Entsprechend ist der Sachverhalt von Amtes wegen zu erforschen und nötigenfalls ein Gutachten einzuholen. Der Gutachter ist insbesondere zum Vorliegen zu den vom Gesetz aufgestellten Voraussetzungen für die Behandlung ohne Zustimmung (d.h. Zwangsbehandlung) zu befragen.
Vorliegend wurde der Gutachter im erstinstanzlichen Beschwerdeverfahren zwar zur psychischen Störung befragt, jedoch fehlten konkrete Fragen bzw. einschlägige Ausführungen zu den in Art. 434 Abs. 1 Ziff. 1 bis 3 ZGB aufgestellten Voraussetzungen. Auch die Aussagen des erstinstanzlichen Gutachters zur Medikation bei den Fragen 4 und 9 (Prot. Vorinstanz S. 19 und 20) vermochten hierzu keine genügende Grundlage zu bilden, weshalb die Voraussetzungen einer Zwangsbehandlung im vorliegenden Beschwerdeverfahren von einem Gutachter zu beurteilen lassen waren, bevor ein Entscheid gefällt werden konnte.
Materielles
Einwendungen des Beschwerdeführers
Der Beschwerdeführer bringt gegen die Zwangsmedikation im Wesentlichen vor, es sei wunderlich, dass Swissmedic Zyprexa überhaupt zulasse, seien doch Klagen in Milliardenhöhe offen. Ausserdem sei die Bundesverfassung höher zu gewichten als kantonale Gesetze Verordnungen und die Religionsfreiheit sei höher zu gewichten als die Zwangsmedikation aufgrund von kann seinDiagnosen. Die -Religion erlaube ihm nicht, Medikamente einzunehmen. Ausserdem werde die Genfer Konvention 1947/49 verletzt. Das Gift werde vom Körper ausgeschieden und würde so in den Gewässern landen (act. 16).
Voraussetzungen der Behandlung ohne Zustimmung
Die medikamentöse Zwangsbehandlung stellt einen schweren Eingriff in die persönliche Freiheit im Sinne der körperlichen und geistigen Integrität nach Art. 10 Abs. 2 BV und Art. 8 Ziff. 1 EMRK dar und betrifft auch die menschliche Würde (Art. 7 BV) zentral (BGE 127 I 6 E. 5, BGE 130 I 16 E. 3, BGer 5A_353/2012 vom
19. Juni 2012 E. 3.1). Ebenfalls kann eine solche Behandlung wie vom Beschwerdeführer vorgebracht einen schweren Eingriff in die Glaubensund Gewissensfreiheit nach Art. 15 BV darstellen. Deshalb verlangt der Eingriff nebst der erforderlichen gesetzlichen Grundlage (BGer 5A_792/2009 vom 21. Dezember 2009 E. 4.2.2), die mit Art. 434 ZGB neu auf Bundesebene gegeben ist, eine umfassende Interessenabwägung, wobei auch die Erfordernisse von Art. 36 BV zu beachten sind. Zu berücksichtigen sind dabei namentlich die öffentlichen Interessen, die Notwendigkeit der Behandlung, die Auswirkungen einer Nachbehandlung, die Prüfung von Alternativen sowie die Beurteilung von Selbstund Fremdgefährdung (BGer 5A_38/2011 vom 2. Februar 2011 E. 3.1, BGE 130 I 16 E. 4
und 5).
Eine Zwangsbehandlung ist gestützt auf die gesetzliche Systematik der
Art. 426 ff. ZGB nur zulässig, wenn sich der Beschwerdeführer aufgrund einer fürsorgerischen Unterbringung in einer Klinik befindet und die Behandlung im Zusammenhang mit einer psychischen Störung erfolgt, wobei nicht von Bedeutung ist, ob es sich um eine behördliche um eine ärztliche Einweisung handelt (BSK Erwachsenenschutz-GEISER/ETZENSBERGER, Art. 434/435 N 3 und 13). Die zwangsweise Behandlung ist durch den Chefarzt die Chefärztin der involvierten Abteilung im Behandlungsplan schriftlich anzuordnen und der betroffenen Person schriftlich und mit Rechtsmittelbelehrung schriftlich mitzuteilen (Art. 434 Abs. 1 Ingress und Ziff. 2 ZGB). Weiter ist vorausgesetzt, dass eine Gefährdungssituation vorliegt. Aus dem Gesetzeswortlaut geht hervor, dass es sich hierbei sowohl um eine Selbstals auch um eine Drittgefährdung handeln kann
(Art. 434 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB). Die betroffene Person muss ausserdem bezüglich ihrer Behandlungsbedürftigkeit urteilsunfähig sein (Art. 434 Abs. 1 Ziff. 2 ZGB). Überdies muss die vorgesehene Massnahme verhältnismässig sein. Es darf keine
angemessene Massnahme zur Verfügung stehen, die weniger einschneiden ist (Art. 434 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB).
Die einzelnen Voraussetzungen sind im Folgenden zu prüfen.
Fürsorgerische Unterbringung aufgrund psychischer Störung
Der Beschwerdeführer befindet sich seit dem 5. Juni 2014 in der fürsorgerischen Unterbringung (act. 4, 5 und 9, Prot. S. 7). Er leidet gemäss den Ausführungen des Gutachters Dr. med. C. an einer manischen Psychose im Rahmen einer schizoaffektiven Psychose (Prot. S. 9 und 13). Der von der Vorinstanz beigezogene Gutachter Dr. med. E. diagnostizierte ebenfalls eine schizoaffektive Störung, gegenwärtig manisch; differenzialdiagnostisch werde eine HIVEnzephalopathie diskutiert (Prot. Vorinstanz S. 17 f.). Diese Diagnose findet sich auch in den Unterlagen der Klinik (act. 4 und act. 5 S. 3 f.).
Die schizoaffektive Störung wird gemäss der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als ICD-10 F25.0 klassifiziert und unter anderem beschrieben als Störung, die Symptome der Schizophrenie und der manisch-depressiven Störung in sich vereint. Zusätzlich zu Symptomen einer affektiven Störung wie Depression Manie treten hier Symptome aus dem schizophrenen Formenkreis wie Wahn Halluzinationen auf. Die von diversen Fachärzten getragene Diagnose deckt sich sodann auch mit den vom Gericht festgestellten Auffälligkeiten des Beschwerdeführers (vgl. Prot. S. 15 ff.). Der Beschwerdeführer leidet folglich an einer psychischen Störung im Sinne von Art. 426 Abs. 1 ZGB.
Vorliegen eines Behandlungsplanes
Es liegt ein allgemeiner Behandlungsplan vom 6. Juni 2014 vom behandelnden Assistenzarzt Dr. med. D. sowie der zuständigen Oberärztin Dr. med.
F. vor, worin die Behandlung mit Zyprexa vorgesehen ist (act. 5 S. 11 ff.). Ebenfalls vom 6. Juni 2014 datiert die Anordnung einer medizinischen Massnahme ohne Zustimmung, in welcher die genannte Oberärztin sowie der Stellvertretende Direktor der Klinik, Prof. Dr. med. G. , folgende Massnahme anordnen (act. 9):
Zyprexa Velotab 20 mg pro Tag, bei nicht wirken wechseln auf ein ander atypisches Neuroleptikum Risperdal bis 12 mg pro Tag Wechsel auf ein klassisches Neuropelptikum wie ZB Clopixol max. 150 mg pro 24 h Haldol max. 20 mg pro 24 h Solian max. 800 mg pro 24 h Seroquel bis max. 1200 mg pro 24 h. Eventuell Ergänzung der Medikationen durch Valproat bis max. 2 g eventuell vorübergebend Gabe eines Benzidiazepins (Temesta bis 10 mg Valium bis 40 mg pro Tag). Falls Sedierung ungenügt evt. Gabe von Nizinan max. 300 mg pro 24 h. Bei Verweigerung der peroralen Fixmedikation Zyprexa
i.m. 10 mg pro 24 h Haldol 10-20 mg pro 24 h plus Valium 10-20 mg pro 24 h.
Die medizinische Massnahme ohne Zustimmung wird ab Ablauf der Rekursfrist, bzw. Entscheid des Bezirksgerichts für eine Dauer von mind. zwei Monaten angeordnet.
Die Massnahme ist im Abstand von zwei Monaten zu überprüfen.
Vorliegend geht es in erster Linie um die Behandlung mit Zyprexa, mit welcher bereits am 2. Juli 2014 begonnen wurde. Zudem beantragte die Klinik an der Verhandlung vom 23. Juli 2014 die Zustimmung zur Behandlung mit Depakine bis
2 g, einem Medikament mit dem Wirkstoff Valproat (Prot. S. 13). Dieser Wirkstoff ist bereits in der Anordnung (act. 9) enthalten, weshalb für beide Medikamente eine formell gültige Anordnung vorliegt.
Gefährdungssituation bei Nichtbehandlung
Der Gutachter Dr. med. C. führte aus, dass beim Beschwerdeführer eine akute Suizidalität bestehe. Ausserdem habe der Beschwerdeführer im Juni 2014 seine Wohnung verloren, weshalb er obdachlos sei und damit das Risiko einer schweren Verwahrlosung bestehe. Die bestehende psychische Störung könne zu einer bleibenden Wesensveränderung und zu einem Persönlichkeitsverfall führen. Solange der Beschwerdeführer nicht wieder sozial verträglich sei, komme auch eine alternative Wohnform nicht in Betracht. Eine Alternative gäbe es nicht; ohne medikamentöse Behandlung käme es zu einer Dauerhospitalisation in der Klinik. Eine Rückbildung der Manie ohne Medikamente sei relativ unwahrscheinlich (Prot. S. 10 f. und 13).
Diese Einschätzung ist nachvollziehbar und überzeugend. Sie wird sodann durch die Stellungnahmen und Beobachtungen der Klinik gestützt (Prot. Vorinstanz
S. 10). Auch bestätigte der Beschwerdeführer an der Verhandlung vom 23. Juli
2014, dass er sich obwohl er eigentlich leben will, was aus seinen weiteren Ausführungen zu schliessen ist vor den Zug werfen würde, wenn er die Klinik alleine verlassen würde (Prot. S. 19).
Somit droht dem Beschwerdeführer ohne Behandlung ein ernsthafter gesundheitlicher Schaden. Von einer Gefahr für Dritte ist hingegen nicht auszugehen (vgl. hierzu Prot. S. 10).
Urteilsunfähigkeit in Bezug auf die Behandlungsbedürftigkeit
Nach Einschätzung des Gutachters Dr. med. C. ist der Beschwerdeführer bezüglich seiner Behandlungsbedürftigkeit urteilsunfähig (Prot. S. 10). Diese Einschätzung überzeugt, und zwar unter anderem auch deshalb, weil der Beschwerdeführer an Wahnvorstellungen leidet (vgl. Prot. S. 9). Solche können den Patienten ebenfalls daran hindern, den Zusammenhang zwischen seinem Zustand und der Behandlung zu begreifen (vgl. BSK ErwachsenenschutzGEISER/ETZENSBERGER, Art. 434/435 N 18).
Selbst wenn der Beschwerdeführer in einem Verfahren im Mai 2013 als voll urteilsfähig bezeichnet worden ist (Prot. S. 21), würde dies an der Einschätzung nichts ändern. Relevant ist einzig die aktuelle Urteilsfähigkeit in Bezug auf die Behandlungsbedürftigkeit. Wie ausgeführt, ist diese gegenwärtig zu verneinen.
Verhältnismässigkeit
Behandlung mit Zyprexa
Gemäss den Ausführungen von Dr. med. C. ist die Medikation des Beschwerdeführers mit Zyprexa gemäss Behandlungsplan geeignet, um den Umständen gerecht zu werden. Die Nebenwirkungen seien grundsätzlich eine Gewichtszunahme von 5-10 % innerhalb von sechs bis zwölf Monaten. Es könne auch zu einer Blutzuckererhöhung und dem Anstieg von Prolaktin kommen. Oft führe das Medikament zu Mundtrockenheit allergischen Reaktionen. Zyprexa sei heute ein sehr gebräuchliches Medikament, mit welchem er gute Erfahrungen gemacht habe. Beim Beschwerdeführer sei Müdigkeit die einzige Nebenwirkung,
weshalb man am 5. Juli 2014 auf Verabreichung am Abend umgestellt habe. Sodann sei mittlerweile durch die Medikamenteneinnahme bereits eine Stabilisierung erfolgt (Prot. S. 11 f.).
Die Nebenwirkungen von Zyprexa können in Anbetracht des Nutzens für den Beschwerdeführer als relativ gering bezeichnet werden (vgl. auch die eigenen Ausführungen des Beschwerdeführers, Prot. S. 16). Die geschilderten Konsequenzen einer fehlenden Behandlung wiegen eindeutig schwerer. Weniger einschneidende Behandlungsmöglichkeiten sind nicht ersichtlich. Schliesslich hat auch der Beschwerdeführer selbst ein überwiegendes Interesse an einer wirksamen Behandlung, welches höher zu gewichten ist als seine momentane Entscheidungsfreiheit und der Schutz vor den zu erwartenden Nebenwirkungen. Damit ist die im Behandlungsplan vom 6. Juni 2014 vorgesehene Zwangsmedikation mit Zyprexa
20 mg für die einstweilige Dauer von zwei Monaten ab dem Entscheid des Bezirksgerichts, d.h. 1. Juli 2014, verhältnismässig. Inwiefern die vom Klinikarzt angesprochene Aufdosierung auf 30 mg (Prot. S. 6) medizinisch notwendig sein sollte, wurde nicht dargetan, und es erübrigt sich deshalb, über eine Aufdosierung in diesem Umfang zu befinden. Der Gutachter wurde hierzu auch nicht befragt.
Behandlung mit Depakine
Das Medikament Depakine ist ein Stimmungsstabilisator. Es ist nach Erachten des Gutachters kein Medikament erster Wahl. Der Gutachter führte aus, dass das Medikament gemäss Beipackzettel zu Blutbildveränderungen führen könne (Anämie und Trombozytopien). Deshalb habe der Beschwerdeführer zu Recht Bedenken aufgrund der bestehenden HIV-Erkrankung, die auch mit Blutbildver- änderungen einhergehe. Hinzu komme, dass dieses Medikament ohne Komplianz schwierig zu verabreichen sei (Prot. S. 14).
Zur Verabreichung von Depakine vertritt der Klinikarzt Dr. med. D. hingegen die Ansicht, eine solche Behandlung würde zur Doppeltherapie dazugehören. Ohne dieses Medikament sei der Beschwerdeführer langfristig ungenügend behandelt. Er räume jedoch ein, dass eine Zwangsbehandlung schwierig sei, weil Depakine nur als Tablette verabreicht werden könne. Er würde die Verabreichung
nicht mit Gewalt umsetzen wollen, sondern es ginge ihm nur darum, dem Beschwerdeführer das Medikament regelmässig gegen seinen Willen anzubieten (Prot. S. 20 f.).
Da die Gefahr von Blutbildveränderungen nicht von der Hand zu weisen ist, scheint eine zwangsweise Verabreichung zum jetzigen Zeitpunkt ohne genaue Abklärung des Zusammenspiels mit der HIV-Erkrankung des Beschwerdeführers - nicht gerechtfertigt. Auch scheint gestützt auf die Ausführungen des Gut-
achters eine Behandlung mit Valproat zur Zeit nicht notwendig. Aus diesem Grund rechtfertigt sich eine Behandlung mit Depakine ohne den Willen des Beschwerdeführers nicht. Diesbezüglich ist die Beschwerde gutzuheissen.
3.8. Fazit
In Bezug auf die Behandlung mit Zyprexa sind die Voraussetzungen der Zwangsmedikation erfüllt. Dieses Medikament ist erforderlich, um der Suizidalität zu begegnen und einen Zustand des Beschwerdeführers herbeizuführen, der ihm einen Wechsel in eine alternative Wohnform ermöglicht. Diesbezüglich ist die Beschwerde abzuweisen.
Anders verhält es sich hingegen mit dem Medikament Depakine. Die Verabreichung dieses Medikaments scheint nicht verhältnismässig, weshalb die Beschwerde in Bezug darauf gutzuheissen ist.
Kostenfolge
Umständehalber ist auf die Erhebung von Gerichtskosten zu verzichten und die Kosten des Gutachtens sind auf die Staatskasse zu nehmen.
Auf die mit der Beschwerde erhobenen Gegenklagen, Abänderungsund Meldungsbegehren wird nicht eingetreten.
Soweit sich die Beschwerde gegen die fürsorgerische Unterbringung richtet, wird darauf nicht eingetreten.
Die Beschwerde gegen die Zwangsmedikation wird teilweise gutgeheissen, und zwar in Bezug auf Depakine. In Bezug auf Zyprexa wird die Beschwerde abgewiesen.
Die Gerichtskosten fallen ausser Ansatz. Die Kosten des Gutachtens werden auf die Staatskasse genommen.
Schriftliche Mitteilung an den Beschwerdeführer, den Beistand und die verfahrensbeteiligte Klinik und an das Bezirksgericht Zürich, 10. Abteilung, je gegen Empfangsschein.
Die erstinstanzlichen Akten gehen nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist an die Vorinstanz zurück.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.
Es handelt sich um eine nicht vermögensrechtliche Angelegenheit.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Die Gerichtsschreiberin:
MLaw D. Weil versandt am:
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