Kanton: | ZH |
Fallnummer: | NP230011 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Zivilkammer |
Datum: | 26.03.2024 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Forderung |
Zusammenfassung : | Das Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, hat in einem Fall zwischen A. (Kläger) und B. (Beklagter) entschieden. Der Kläger forderte CHF 30'000 Schadenersatz wegen angeblicher anwaltlicher Pflichtverletzung nach einem Verkehrsunfall. Das Bezirksgericht wies die Klage ab, aber das Obergericht hob das Urteil auf und wies die Sache zur erneuten Prüfung zurück. Es wurden verschiedene Umstände wie dauerhafte körperliche Beeinträchtigungen, Schmerzen, Einschränkungen im Alltag und im Beruf sowie Arbeitsunfähigkeit diskutiert, die einen Genugtuungsanspruch rechtfertigen könnten. Die Gerichtskosten wurden auf CHF 3'950 festgelegt, und die Entscheidung über die Kostenverteilung wurde der Vorinstanz überlassen. |
Schlagwörter : | Unfall; Vorinstanz; Recht; Berufung; Genugtuung; Beklagten; Arbeit; Beeinträchtigung; Entscheid; Behauptung; Genugtuungsanspruch; Umstände; Beeinträchtigungen; Garage; Klage; Garagenbetrieb; Kläger; Schmerz; Urteil; Klägers; Replik; Behauptungen; Gericht; Arbeitsunfähigkeit; Schmerzen; Arbeitsfähigkeit |
Rechtsnorm: | Art. 104 ZPO ; Art. 227 ZPO ; Art. 229 ZPO ; Art. 310 ZPO ; Art. 311 ZPO ; Art. 317 ZPO ; Art. 398 OR ; Art. 4 ZGB ; Art. 44 OR ; Art. 47 OR ; Art. 49 OR ; Art. 93 BGG ; Art. 97 OR ; |
Referenz BGE: | 138 III 374; |
Kommentar: | - |
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: NP230011-O/U
Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. E. Lichti Aschwanden, Vorsitzende, Oberrichter Dr. M. Sarbach und Ersatzoberrichter PD Dr. S. Zogg sowie Gerichtsschreiber MLaw S. Widmer
Urteil vom 26. März 2024
in Sachen
Kläger und Berufungskläger
vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X.
gegen
2. ...
Beklagter und Berufungsbeklagter betreffend Forderung
Rechtsbegehren des Klägers:
(act. 48 S. 2)
1. Der Beklagte sei zu verpflichten, dem Kläger CHF 30'000.00 zuzüglich 5% Zins seit 24. August 2009 zu bezahlen.
Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen (zuzüglich Mehrwertsteuer für die anwaltlichen Aufwendungen und inklusive Kosten des Schlichtungsverfahrens von CHF 525.00) zu Lasten des Beklagten.
Rechtsbegehren des Beklagten:
(act. 50 S. 1)
1. Es sei auf die Klage nicht einzutreten, eventualiter sei die Klage vollumfänglich abzuweisen;
2. Es sei festzustellen, dass die vom Kläger gegenüber dem Beklagten 1 in Betreibung gesetzte Schuld von CHF 30'000.00 nebst Zins zu 5% seit 24. August 2009 (Betreibung Nr. ... des Betreibungsamtes Seuzach) nicht besteht;
alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten des Klügers.
Verfügung des Bezirksgerichtes:
1. Auf Ziffer 2 der Rechtsbegehren des Beklagten wird nicht eingetreten.
2. Kosten- und Entschädigungsfolgen, Rechtsmittelbelehrung und schriftliche Mitteilung gemäss nachfolgendem Urteil.
Urteil des Bezirksgerichtes:
1. Die Klage wird abgewiesen.
Die Entscheidgebühr wird auf Fr. 5'250 festgelegt.
Die Gerichtskosten werden dem Kläger auferlegt und aus dem durch ihn geleisteten Kostenvorschuss bezogen. Der Restbetrag wird nachgefordert.
Die Kosten des Friedensrichteramtes C. von Fr. 525 werden dem Kläger definitiv auferlegt.
Der Kläger wird verpflichtet, dem Beklagten eine Umtriebsentschädigung von Fr. 3'000 zu bezahlen.
[Mitteilung und Rechtsmittel]
BerufungsAnträge:
des Berufungsklägers (act. 57 S. 2):
1. Der Beklagte sei zu verpflichten, dem Kläger CHF 30'000.00 zuzüglich 5% Zins seit 24. August 2009 zu bezahlen.
Der vom Beklagten in der Betreibung Nr. ... (Zahlungsbefehl des Betreibungsamtes Seuzach vom 18. Mai 2020) erhobene Rechtsvorschlag sei im Umfang der Gutheissung der Klage aufzuheben.
Eventualiter sei das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zum Neuentscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Unter Kosten- und Entschädigungsfolge (zuzüglich Mehrwertsteuer für die anwaltlichen Aufwendungen und inklusive Kosten des Schlichtungsverfahrens von CHF 525.00) sowohl für das erstinstanzliche wie auch für das Berufungsverfahren zu Lasten des Beklagten.
des Berufungsbeklagten (act. 67 S. 2):
Die Berufung sei vollumfänglich abzuweisen und das Urteil des Bezirksgerichts Winterthur, Einzelgericht im vereinfachten Verfahren, vom 16. Februar 2023 (FV200034-K/U/us) zu bestätigen;
unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten des Berufungsklägers.
Erwägungen:
Sachverhalt und Prozessgeschichte
Der Kläger erlitt am 24. August 2009 einen Verkehrsunfall. Zur Durchsetzung von sich daraus ergebenden haftpflichtrechtlichen Ansprüchen mandatierte er über seine Rechtsschutzversicherung den Beklagten 1 als Rechtsanwalt. Der Kläger wirft dem Beklagten 1 vor, während langer Zeit untätig geblieben zu sein und seine haftpflichtrechtlichen Ansprüche, namentlich einen Genugtuungsanspruch, verjährt haben zu lassen.
Mit der vorliegenden Klage macht der Kläger die nicht innert der Verjährungsfrist durchgesetzte Genugtuung aus dem erwähnten Unfallereignis geltend und fordert vom Beklagten 1 Fr. 30'000 als Schadenersatz wegen anwaltlicher Pflichtverletzung. Urspränglich richtete sich seine Klage auch gegen die Berufshaftpflichtversicherung des Beklagten (ehemalige Beklagte 2), gegenüber der er Bezahlung derselben Summe sowie Feststellung des Bestands eines Pfandrechts verlangte (vgl. act. 1 S. 2). Auf die Klage gegen die Berufshaftpflichtversicherung wurde mit Urteil der Kammer vom 25. Januar 2022 nicht eingetreten (act. 35; Geschöfts-Nr. NP210027-O). Das vorliegende Verfahren richtet sich nur noch gegen den ehemaligen Beklagten 1 (nachfolgend Beklagter).
Mit Eingabe vom 12. September 2022 reichte der Beklagte vor Vorinstanz seine Stellungnahme ein (act. 44 [teilweise geschwärzte Fassung] und act. 46 [ungeschwärzte Fassung, die nach Entbindung des Beklagten vom Berufsgeheim- nis zu den Akten genommen wurde; vgl. act. 43 und Prot. I S. 12]). Anlässlich der Hauptverhandlung vor Vorinstanz vom 18. Oktober 2022 erstatteten die Parteien Mändlich ihre Replik, Duplik sowie weitere Stellungnahmen (Prot. I S. 11 ff.,
act. 48 und act. 50). Mit dem eingangs im Dispositiv wiedergegebenen Urteil vom
16. Februar 2023 wies die Vorinstanz die Klage ab (act. 51).
Dagegen erhob der Kläger mit Eingabe vom 23. März 2023 Berufung und stellte die eingangs erwähnten Anträge (act. 57). Mit Verfügung vom 11. Mai 2023 (act. 60) wurde vom Kläger ein Kostenvorschuss verlangt und die Prozessleitung delegiert. Der Kostenvorschuss ging innert Frist ein (act. 62). Mit Verfügung vom
28. September 2023 wurde als Referent neu Ersatzoberrichter PD Dr. S. Zogg eingesetzt (act. 63). Mit Verfügung vom 13. Dezember 2023 (act. 65) wurde dem Beklagten Frist zur Erstattung der Berufungsantwort angesetzt; diese ging rechtzeitig ein (Eingabe vom 28. Januar 2024; act. 67). Die Berufungsantwort ist dem Kläger lediglich mit dem vorliegenden Entscheid zuzustellen. Die vorinstanzlichen Akten wurden beigezogen (act. 155). Die Sache erweist sich als spruchreif.
Prozessuales
Gegen erstinstanzliche Endentscheide ist die Berufung in vermögensrechtlichen Angelegenheiten zulässig, wenn der Streitwert der zuletzt aufrechterhalte- nen Rechtsbegehren mindestens Fr. 10'000 beträgt (Art. 308 Abs. 1 lit. a und Abs. 2 ZPO). Diese Streitwertgrenze ist vorliegend ohne Weiteres erreicht. Die
30-t?gige Berufungsfrist (Art. 311 Abs. 1 ZPO) ist eingehalten (vgl. act. 52 und act. 57).
Gemäss Art. 311 Abs. 1 ZPO ist die Berufung zu begründen. Die Berufung führende Partei muss sich mit den Erwägungen des angefochtenen Entscheids einlässlich auseinandersetzen und wenigstens rudimenTür darlegen, an welchen konkreten Mängeln dieser ihrer Ansicht nach leidet und in welchem Sinne er abgeändert werden soll. Hierbei sind die vorinstanzlichen Erwägungen zu bezeich- nen, die angefochten werden, und die Aktenstücke zu nennen, auf denen die Kritik beruht. Was nicht in genügender Weise beanstandet wird, hat Bestand (vgl. BGE 138 III 374, E. 4.3.1; BGer, 5A_209/2014 vom 2. September 2014, E. 4.2.1;
5A_387/2016 vom 7. September 2016, E. 3.1). Die Berufungsinstanz verfügt in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht über volle Kognition, d.h. es kann sowohl unrichtige Rechtsanwendung als auch unrichtige Feststellung des Sachverhalts beanstandet werden (Art. 310 ZPO).
Neue Tatsachen und Beweismittel (Noven) werden im Berufungsverfahren nur noch beRücksichtigt, wenn sie ohne Verzug vorgebracht werden und trotz zumutbarer Sorgfalt nicht schon vor erster Instanz hätten vorgebracht werden kön- nen (Art. 317 Abs. 1 ZPO). Eine Klageänderung ist im Berufungsverfahren nur noch zulässig, wenn die Voraussetzungen von Art. 227 Abs. 1 ZPO gegeben sind und sie auf neuen Tatsachen Beweismitteln beruht (Art. 317 Abs. 2 ZPO).
Der Kläger verlangt mit seiner Berufung nebst der Verpflichtung des Beklagten zur Bezahlung von Fr. 30'000 (zuzüglich Zins) die Beseitigung des vom Beklagten in der Betreibung Nr. ... des Betreibungsamtes Seuzach erhobenen Rechtsvorschlags (act. 57 S. 2, Rechtsbegehren Ziff. 2). Ein solches Begehren hatte der anwaltlich vertretene Kläger bereits in seiner Klageschrift vom 15. Oktober 2020 gestellt, wobei er damals jedoch mit einem einzigen Rechtsbegehren auch die Beseitigung des von der ehemaligen Beklagten 2 erhobenen Rechtsvorschlags verlangte (act. 1 S. 2, Rechtsbegehren Ziff. 3). In seiner anlässlich der Hauptverhandlung vom 18. Oktober 2022 erstatteten Replik fasste der Kläger seine Rechtsbegehren neu, nicht zuletzt deshalb, weil die ehemalige Beklagte 2 in der Zwischenzeit aus dem Verfahren ausgeschieden war. Eine Beseitigung des Rechtsvorschlags (bzw. der Rechtsvorschläge) in der betreffenden Betreibung verlangte der Kläger nicht mehr (Prot. I S. 12; act. 48 S. 1). Nach Treu und Glauben konnte das nur als (vollständigen) Rückzug seines Begehrens um Beseitigung der Rechtsvorschläge verstanden werden, und nicht etwa als Reduktion sei- nes Begehrens, es seien nicht (mehr) beide Rechtsvorschläge zu beseitigen, son- dern nur (noch) jener des Beklagten 1. Demzufolge erweist sich das in der Berufung neu (bzw. erneut) gestellte Rechtsbegehren Ziff. 2 (act. 57 S. 2) als unzulüssig (vgl. Art. 317 Abs. 2 ZPO).
Erwägungen der Vorinstanz und Gegenstand der Berufung
Die Vorinstanz erwägt, eine anwaltliche Pflichtverletzung im Rahmen der Prozessführung sei nur dann von Bedeutung, wenn der Ausgang des Verfahrens bei pflichtgemüssem Handeln des Anwalts für den Klienten günstiger ausgefallen wäre. Im Schadenersatzprozess zwischen Klienten und Anwalt sei folglich im Rahmen einer Art Schattenprozess zu prüfen, wie der ursprängliche Prozess ohne anwaltliche Pflichtverletzung ausgegangen wäre. Hierbei sei es am Klienten (Auftraggeber) zu beweisen, dass bei pflichtgemüssem Handeln des Anwalts (Beauftragter) der Prozess siegreich geendet hätte. Vorliegend obliege es folglich dem Kläger, in substantiierter Weise darzutun, dass ihm überhaupt ein Genugtu- ungsanspruch gegen den Haftpflichtigen zugestanden wäre, den der Beklagte in pflichtwidriger Weise einzufordern habe unterlassen können (act. 59 E. IV.1-3).
Einen solchen Genugtuungsanspruch habe der Kläger jedoch, so die Vorinstanz, nicht in hinreichend substantiierter Weise behauptet. Das Vorbringen des Klägers sei zu pauschal und erscheine teilweise als widersprächlich. Namentlich habe er nicht dargelegt, inwiefern aus dem Unfallereignis vom 24. August 2009 in objektiver Hinsicht überhaupt eine immaterielle Unbill resultiert habe. Der Kläger
führe nicht schlüssig aus, worin eine erhebliche STürung seines psychischen Gleichgewichts genau bestehen soll und wie sich diese konkret auf ihn auswirke. Widerspräche in den Behauptungen des Klägers verortet die Vorinstanz u.a. darin, (i) dass der Kläger einerseits einRäume, dass die üblichen Symptome wie Kopfschmerzen, Schwindel und Konzentrationsprobleme innert einiger Monate nach dem Unfall verschwunden seien, dass er andererseits aber von chronisc[h] rezidivierende[n] Kopfschmerzen spreche, und (ii) dass er auf der einen Seite ausführe, sein Lebensplan sei durch den Unfall in sich zusammengesTürzt, er sei mehrere Monate arbeitsunfähig gewesen und hätte nicht mehr als Garagist arbeiten können, auf der anderen Seite aber festhalte, dass er relativ kurze Zeit nach dem Unfall wieder Gewinn als selbstündiger Garagist erzielt habe (bis zu seiner Inhaftierung). Letztlich bleibe gänzlich im Unklaren, inwiefern der Kläger tatsächlich, für wie lange und überhaupt durch den streitgegenständlichen Unfall in sei- nen beruflichen und freizeitlichen Aktivitäten beeinträchtigt sei bzw. gewesen sei und worin konkret dessen Auswirkungen auf das seelische Wohlbefinden des Klügers zu erblicken seien. Das gelte umso mehr, als der Kläger gesundheitliche Vorerkrankungen und Besserungen sowie weitere unfälle eingestanden habe (act. 59 E. IV.4). Ferner sei die Genugtuungsforderung auch in subjektiver Hinsicht nicht dargetan. Damit sich das Gericht überhaupt ein Bild von der Entstehung und Wirkung der Verletzung machen könne, habe der Kläger, so die Vorinstanz weiter, Umstände darzutun, die auf ein subjektiv schweres Empfinden schliessen liessen. diesbezüglich fehle es gänzlich an tatsächlichen Behauptungen und Beweisofferten des Klägers (act. 59 E. IV.5). Zusammenfassend habe der Kläger den Bestand eines Genugtuungsanspruchs nicht substantiiert behauptet, sodass ein vom Beklagten durch pflichtwidriges Verhalten verursachter Scha- den von vornherein ausser Betracht falle. Entsprechend sei die Klage ohne präfung der weiteren Anspruchsvoraussetzungen abzuweisen (act. 59 E. IV.7).
Der Kläger wirft der Vorinstanz in seiner Berufung vor, sie habe sich bei der Beurteilung der Frage, ob seine Behauptungen zur Begründung eines Genugtuungsanspruchs genügend substantiiert seien, fälschlicherweise auf Art. 49 OR bezogen, der Kläger stätze seinen Genugtuungsanspruch aber auf Art. 47 OR. Entsprechend habe die Vorinstanz ihrem Urteil unrichtige Anspruchsvoraussetzungen zugrunde gelegt. Unter Art. 47 OR sei eine Genugtuung in der Regel geschuldet, wenn die Verletzung alternativ bleibende Folgen habe, schwer sei, das Leben bedrohe, einen längeren Krankenhausaufenthalt nötig mache, eine längere Arbeitsunfähigkeit zur Folge habe mit besonders starken langanhaltenden Schmerzen verbunden sei. Mit Blick auf diese Voraussetzungen trage der Kläger die Behauptungs- und Substantiierungslast (act. 57 Rz. 5.1-5.3).
Unter detailliertem Verweis auf seine vor Vorinstanz gemachten Ausführungen hält der Kläger sodann fest, er habe in seiner Replik den objektiven Unfallhergang im Einzelnen geschildert und die erlittenen Unfallverletzungen, den Heilungsverlauf sowie die durch den Unfall verursachten bleibenden und auch die nur vorübergehenden Beeinträchtigungen minutiös dargelegt (act. 57 Rz. 5.4, mit Verweis auf act. 48 Rz. 2.1-2.6). Weiter habe er in der Replik im Einzelnen seine Lebensumstände vor dem Unfall dargelegt, namentlich mit Blick auf seine bestehende Arbeitsfühigkeit und seine Arbeitstätigkeit als selbstündiger Garagist
(act. 57 Rz. 5.4, mit Verweis auf act. 48 Rz. 3). Alsdann habe er die Folgen des Unfalls auf seine Lebensumstände aufgezeigt, insbesondere auf seine monatelange Arbeitsunfähigkeit hingewiesen, aus welchem Grund der Kläger die selbstündige tätigkeit im Garagenbetrieb vorerst nicht habe weiterführen können, und dargelegt, dass er den Garagenbetrieb später zwar wieder habe aufnehmen kön- nen, dieser jedoch weniger Gewinn abgeworfen habe als vor dem Unfall (act. 57 Rz. 5.4, mit Verweis auf act. 48 Rz. 4.1-4.4). Schliesslich habe er in seiner Replik auch seine unfallbedingten Einschränkungen im ausserberuflichen Bereich aufgezeigt, insbesondere dass er bis Ende 2009 auch in alltöglichen Belangen auf erhebliche familiäre Betreuung und Pflege angewiesen gewesen sei und dass er langfristig bzw. sogar lebenslänglich in seinen Freizeitaktivitäten eingeschränkt sei, namentlich in sportlichen Aktivitäten und beim Spielen mit seinen (jungen) Kindern (act. 57 Rz. 5.4, mit Verweis auf act. 48 Rz. 4.5). Zusammengefasst hält der Kläger dafür, er habe vor Vorinstanz sämtliche Voraussetzungen, die für ei- nen Genugtuungsanspruch nach Art. 47 OR von Bedeutung seien, in tatsächlicher Hinsicht substantiiert behauptet und mit Urkunden belegt (act. 57 Rz. 5.6).
Der Beklagte schliesst sich in seiner Berufungsantwort im Wesentlichen den Erwägungen der Vorinstanz an. Ferner bestreitet er den Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und den vom Kläger geltend gemachten gesundheitlichen Einschränkungen (act. 67 Rz. 12) sowie das Vorliegen einer anwaltlichen Pflichtverletzung, insbesondere weil der Kläger ihn (den Beklagten) unvollständig bzw. falsch instruiert habe, v.a. im Zusammenhang mit dessen Arbeitsfühigkeit und dem gegenüber den SozialhilfeBehörden verschwiegenen Garagenbetrieb in D. (act. 67 Rz. 5 ff.), und weil das Mandat spätestens ab Februar 2012 nicht mehr bestanden habe (act. 67 Rz. 8).
Beurteilung
Der Kläger erhebt mit seiner Klage einen vertraglichen Schadenersatzanspruch gegenüber dem Beklagten wegen anwaltlicher Pflichtverletzung und stätzt sich dabei auf Art. 398 Abs. 2 OR i.V.m. Art. 97 Abs. 1 OR. Zur Begründung des ihm durch die behauptete anwaltliche Sorgfaltspflichtverletzung erwachsenen Schadens macht er geltend, der Beklagte habe einen bestehenden Genugtuungsanspruch gegenüber einem Dritten, der aus dem Verkehrsunfall vom 24. August 2009 resultiert habe, pflichtwidrig verjähren lassen. Die Vorinstanz führt zutreffend aus (act. 59 E. IV.1 und IV.3), dass es am Kläger sei, in einer Art Schattenprozess darzulegen, dass ihm gegenüber dem Haftpflichtigen überhaupt ein Genugtuungsanspruch in bestimmter Höhe zugestanden wäre, mit Bezug auf welchen der Beklagte die Verjährung hätte unterbrechen können, und dass eine entsprechende Genugtuungsklage gegen den Haftpflichtigen siegreich geendet hätte. diesbezüglich trägt der Kläger auch im Schadenersatzprozess gegen den Beklagten die Behauptungs- und Beweislast (vgl. BGer, 4A_659/2018 vom 15. Juli 2019, E. 3.1.3; BGer, 4A_187/2021 vom 22. September 2021, E. 3.1.2).
Gemäss Art. 47 OR kann das Gericht dem Geschädigten im Falle einer Körperverletzung unter Würdigung der besonderen Umstände eine angemessene Geldsumme als Genugtuung zusprechen. Art. 47 OR verlangt vom Gericht, dass es besondere Umstände beRücksichtigt, wenn es eine Genugtuung zuspricht. Diese besonderen Umstände müssen in ihrer Gesamtheit das Ausmass einer (schweren) persönlichkeitsverletzung i.S.v. Art. 49 OR erreichen, da Art. 47 OR
ein spezieller Anwendungsfall von Art. 49 OR darstellt (BGer, 4C.283/2005 vom 18. Januar 2006, E. 3.1.1; BGer, 4A_463/2008 vom 20. April 2010, E. 5.1; BGE
138 III 337, E. 6.3.3). Relevant sind sowohl physische als auch psychische Beeinträchtigungen, die mit einer Körperverletzung einhergehen. Von einer Körperverletzung, die das Ausmass einer (schweren) persönlichkeitsverletzung i.S.v.
Art. 49 OR erreicht, ist nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung grundsätzlich dann auszugehen, wenn diese entweder (i) mit erheblichen körperlichen seelischen Schmerzen verbunden ist (ii) eine dauerhafte Gesundheitsschädigung nach sich zieht (BGer, 4C.283/2005 vom 18. Januar 2006, E. 3.1.1 m.w.Nw.; BGer, 4A_463/2008 vom 20. April 2010, E. 5.1; BGer, 4C.49/2000 vom
25. September 2000, E. 3c). Handelt es sich (iii) bloss um eine vorübergehende Beeinträchtigung, so muss diese im Sinne einer dritten Alternative schwer sein und mit Lebensgefahr, einem langen Spitalaufenthalt besonders intensiven lang anhaltenden Schmerzen einhergehen (BGer, 4C.283/2005 vom
18. Januar 2006, E. 3.1.1 m.w.Nw.; BGer, 4C.49/2000 vom 25. September 2000,
E. 3c). Ein gebrochener Arm ein gebrochenes Bein, die schnell und ohne Komplikationen abheilen, rechtfertigen beispielsweise keine Genugtuung. Zu den weiteren Umständen, die je nach Fall die Anwendung von Art. 47 OR rechtfertigen können, gehören auch eine lange Zeit des Leidens und der Arbeitsunfähigkeit sowie erhebliche psychische Beeinträchtigungen wie eine posttraumatische BelastungssTürung, die zu einer dauerhaften persönlichkeitsveränderung führt. Das Gericht hat nach Recht und Billigkeit (Art. 4 ZGB) zu urteilen und verfügt über einen weiten Ermessenspielraum (BGer, 4C.283/2005 vom 18. Januar 2006, E. 3.1.1; BGer, 4A_463/2008 vom 20. April 2010, E. 5.1).
Der Kläger hat den objektiven Unfallhergang in seiner Replik vor Vorinstanz ausführlich geschildert (act. 48 Rz. 2.1); diese Sachdarstellung hat der Beklagte nicht bestritten. Als kausale Folgen dieses Verkehrsunfalls hat der Kläger zunächst verschiedene dauerhafte Beeinträchtigungen behauptet:
Erstens machte er in seiner Replik geltend, er habe durch den Unfall eine schwere Luxationsfraktur des linken Sprunggelenks erlitten und diese Schädigung habe zu einer dauerhaften moderaten Sprunggelenksarthrose (OSG-Arthrose) gefährt, mit einer Chondropathie Grad II, einer endgradigen Bewegungseinschränkung bei einem Streckdefizit von je 10 Grad und einer Limitierung der Steh- und Gehfühigkeit, wobei sich die OSG-Arthrose in Zukunft noch weiter verschlechtern werde. Diese Beeinträchtigung führe zudem zu einem linksseitigen Schonhinken und lebenslänglichen Schmerzen im linken Fussgelenk (act. 48 Rz. 2.2-2.6, insb.
S. 6 f.). Zweitens behauptete der Kläger in seiner Replik, die unfallbedingten Wirbel- und Rückenfrakturen hätten eine lebenslängliche Versteifung im thorakalen Bereich zur Folge und hätten zudem die im unteren Rückenbereich vorbestehen- den Beschwerden wesentlich versTürkt (act. 48 Rz. 2.2-2.6, insb. S. 7). Drittens behauptete er, der Verkehrsunfall habe zu dauerhaften Beschwerden im linken Handgelenk gefährt (Belastungseinschränkung bei moderater posttraumatischer Arthrose); diese Beeinträchtigung sei zwar erst relativ spät bildtechnisch festgestellt worden, sei aber unfallkausal (act. 48 Rz. 2.4-2.6, insb. S. 7, und Prot. I
S. 12). Zum Beweis dieser drei Langzeitschden sowie deren Unfallkausalität stätzt sich der Kläger auf diverse ärztliche Berichte und Gutachten (act. 49/15-23).
Der Beklagte bestreitet den Bestand dieser vom Kläger behaupteten, dauerhaften Beeinträchtigungen nicht, wendet sich aber gegen deren Unfallkausalität. Mit Bezug auf die OSG-Arthrose macht der Beklagte geltend, diese gehe auf eine Fehlverheilung wegen viel zu früher postoperativer Belastung seitens des Klägers zurück, wohl im Zusammenhang mit dessen tätigkeit in seinem Garagenbetrieb sowie Körperlicher Arbeit im Rahmen eines Hausbaus in Mazedonien; die OSG- Arthrose sei deshalb selbstverschuldet (act. 46 Rz. 9 f., 14; act. 50 Rz. 8 f., 13). Hinsichtlich der vom Kläger behaupteten Beschwerden im Bereich des Thorax bzw. Rückens hält der Beklagte entgegen, der Kläger habe bereits vor dem Unfall an einem chronischen Schmerzsyndrom gelitten (act. 46 Rz. 13; act. 50 Rz. 12). Bezüglich der Handgelenksverletzung macht er geltend, diese stamme nicht vom Unfall (act. 46 Rz. 11, 14; act. 50 Rz. 10, 13; Prot. I S. 13). Der Beklagte stätzt sich hierbei, wie der Kläger, auf verschiedene bereits im Recht liegende ärztliche Berichte und Gutachten (act. 4/2, act. 4/4 und act. 45/4-6).
Die klägerischen Behauptungen, er habe als kausale Folge des Verkehrs- unfalls vom 24. August 2009 mehrere dauerhafte Körperliche Schädigungen erlitten, erweisen sich als klar und genügend substantiiert. Der Kläger behauptet, er leide als Folge des Unfalls (i) unter einer dauerhaften moderaten Sprunggelenksarthrose mit einer Chondropathie Grad II, einer endgradigen Bewegungseinschränkung bei einem Streckdefizit von je 10 Grad und einer Limitierung der Steh- und Gehfühigkeit, die sich in Zukunft noch weiter verschlechtern werde, (ii) unter einer lebenslänglichen Versteifung im thorakalen Bereich und wesentlich versTürkten Beschwerden im unteren Rückenbereich sowie (iii) unter einer dauerhaften Belastungseinschränkung des linken Handgelenks bei moderater posttraumatischer Arthrose. Der Beklagte hat den Bestand dieser Körperlicher Beeinträchtigungen nicht bestritten, sondern nur die Unfallkausalität als solche in Abrede gestellt. Inwiefern der Kläger aufgrund der beklagtischen Bestreitungen gehalten gewesen sein soll, seine Behauptungen weiter zu substantiieren, ist nicht ersichtlich. Die Behauptung der (naTürlichen) Unfallkausalität ist eines Beweises ohne Weiteres zugänglich, ohne dass es weiterer präzisierungen seitens des Klägers bedurft hätte.
Soweit sich die klägerischen Behauptungen beweisen lassen, sind die ge- nannten dauerhaften Körperschaften ohne Weiteres bereits für sich allein geeig- net, einen Genugtuungsanspruch nach Art. 47 OR zu begründen. Werden die klägerischen Behauptungen als wahr unterstellt, so hat der Kläger als Folge des Unfalls lebenslang Bewegungseinschränkungen und Schmerzen im linken Sprunggelenk, eine Limitierung seiner Steh- und Gehfühigkeit sowie ein linksseitiges Schonhinken hinzunehmen. Hinzu kommen chronische Schmerzen und eine dauerhafte Versteifung im thorakalen Bereich, eine VersTürkung der Beschwerden im unteren Rückenbereich sowie eine dauerhafte Belastungseinschränkung des linken Handgelenks. Diese Beeinträchtigungen reichen nach der referenzierten bun- desgerichtlichen Rechtsprechung, um der erlittenen Körperverletzung die Qualität einer (schweren) persönlichkeitsverletzung i.S.v. Art. 49 OR beizumessen. Entgegen der Vorinstanz muss darüber hinaus nicht noch separat eine weitergehende objektive und/oder subjektive immaterielle Unbill behauptet und nachgewiesen werden (etwa im Sinne weiterer Auswirkungen auf die psychische Verfassung, die Arbeitsfühigkeit, berufliche freizeitliche Aktivitäten, das seelische Wohlbefin- den o. dgl.). Mit dem Nachweis dauerhafter Körperlicher Beeinträchtigungen, die
aufgrund ihrer Schwere das Ausmass einer persönlichkeitsverletzung i.S.v.
Art. 49 OR erreichen, geht eine relevante Beeinträchtigung des subjektiven Wohlbefindens (immaterielle Unbill) grundsätzlich ohne Weiteres einher (vgl. etwa BGer, 4C.49/2000 vom 25. September 2000, E. 3c). Insofern konkretisiert die von der Rechtsprechung im erwähnten Sinne geforderte Schwere der Körperverletzung, die u.a. in einer dauerhaften Gesundheitsschädigung liegen kann, letztlich die (subjektive) Voraussetzung einer immateriellen Unbill (vgl. aber zur Diskussion, ob dies auch bei Patienten gelten soll, die ausser Stande sind, Schmerz andere Beeinträchtigungen zu empfinden BK-BREHM, Art. 47 OR N 21 ff. m.w.Nw.).
Im übrigen erweist sich die vorinstanzliche Feststellung, der Kläger habe keinerlei weiteren Auswirkungen der erlittenen Körperschaften auf seine Lebensweise behauptet (act. 59 E. IV.4.2), als unzutreffend. Vor Vorinstanz hat der Klüger verschiedene, aufgrund des Unfalls erlittene Einschränkungen im ausserberuflichen Bereich behauptet, so namentlich eine dauerhafte unfähigkeit, sportlichen Aktivitäten nachzugehen mit seinen Kindern herumzutollen (s. dazu unten, E. 4.4.4).
Mithin zeigt sich, dass der Kläger verschiedene Umstände in genügend substantiierter Weise behauptet hat, die soweit unbestritten bewiesen ei- nen Genugtuungsanspruch i.S.v. Art. 47 OR zu begründen vermögen. Die Vorinstanz hat diese infolge übErhöhter Anforderungen an die Substantiierung inhaltlich nicht gepröft. Damit hat die Vorinstanz einen wesentlichen Teil der Klage nicht be- urteilt, weshalb ein reformatorischer Entscheid der Berufungsinstanz nicht ergehen kann (Berufungsantrag Ziff. 1). In Gutheissung des Eventualantrags (Berufungsantrag Ziff. 3) ist die Streitsache vielmehr an die Vorinstanz zurückzuweisen (Art. 318 Abs. 1 lit. c ZPO).
Die Vorinstanz wird in ihrem neuen Entscheid zunächst zu beurteilen haben, ob eine Unfallkausalität der behaupteten dauerhaften körperlichen Beeinträchtigungen des Klägers angenommen werden kann, und zwar mit Blick auf die naTürliche Kausalität im Rahmen einer Würdigung der offerierten Beweismittel (im Recht liegende ärztliche Berichte und Gutachten) und hinsichtlich der adäquaten
Kausalität aufgrund eines rechtlichen Subsumtionsschlusses. In diesem Zusammenhang wird auch zu beurteilen sein, ob und inwieweit die geltend gemachten dauerhaften Körperschaften auf Umstände zurückzuführen sind, die der Kläger selbst zu verantworten hat, namentlich auf eine zu frühe (entgegen ärztlichem Rat erfolgte) Belastung, wie es der Beklagte geltend macht. Hierbei wird jedoch zu beachten sein, dass ein Allfälliges (Mit-)Verschulden des Klägers entgegen der Auffassung des Beklagten nicht zwangsläufig, sondern nur im Falle eines groben Selbstverschuldens zu einer Kausalitätsunterbrechung führt, andernfalls stellt es in analoger Anwendung von Art. 44 Abs. 1 OR bloss ein Reduktionsgrund dar (vgl. BGer, 6B_188/2010 vom 4. Oktober 2010, E. 5.2.1; BSK OR I-KESSLER,
Art. 47 OR N 18, 20b). Alsdann wird die Vorinstanz in Ausübung ihres Ermessens (Art. 4 ZGB) gestützt auf alle festgestellten Umstände in ihrer Gesamtheit die Höhe des Genugtuungsanspruchs festzusetzen haben. Auch die weiteren Voraussetzungen des eingeklagten Schadenersatzanspruchs, namentlich die behauptete anwaltliche Pflichtverletzung, hat die Vorinstanz nicht beurteilt, was nachzuholen sein wird.
Abgesehen von dauerhaften Gesundheitsschden können auch bloss vorübergehende Beeinträchtigungen sowie weitere besondere Umstände eine Genugtuung rechtfertigen, namentlich wenn zur Körperverletzung eine Lebensgefahr, ein langer Spitalaufenthalt, besonders intensive lang anhaltende Schmerzen, eine lange Arbeitsunfähigkeit erhebliche psychische Beeinträchtigungen hinzutreten (vgl. die Nachweise in E. 4.2).
In diesem Zusammenhang behauptet der Kläger zunächst, als Folge des Unfalls leichte Kopf- und Hirnverletzungen erlitten zu haben, die nach kurzer Zeit komplikationslos abgeheilt seien (act. 48 Rz. 2.2, 2.6). Diese Verletzungen erreichen nicht die Intensität, die für die Zusprechung einer Genugtuung nach Art. 47 OR erforderlich wäre; entsprechend ist nicht von Bedeutung, ob diese (ganz teilweise) dadurch verursacht wurden, dass der Kläger seinen Motorradhelm beim Unfall nicht korrekt getragen hat. Dasselbe gilt für die vom Kläger behaupteten diversen Kontusionen und Rissquetschwunden (act. 48 Rz. 2.2).
Weiter macht der Kläger geltend, im Zusammenhang mit den erlittenen Fussgelenks-, Rücken- und Wirbelfrakturen und als Folge des Unfalls sei ein Spitalaufenthalt von insgesamt rund drei Wochen (24. August 2009 bis 9. September 2009, 15. Dezember 2009 und 8. November 2010 bis 10. November 2010) sowie ein stationärer Reha-Aufenthalt von rund vier Wochen notwendig geworden (act. 48 Rz. 2.2-2.4, 2.6). Das gebrochene linke Sprunggelenk sei im Kantonsspital Winterthur zunächst mit einem gelenküberbRückenden Fixateur extern bei geschlossener Reposition behandelt worden. Einige Tage später sei eine operative Fixierung des Sprunggelenks mit Platten- und Schraubenmaterial durchgefährt worden. Ebenso hätten die Rückenverletzungen im Bereich des 7. bis 9. Brustwirbels operativ mit einer Metallplatte fixiert werden müssen. Im Rahmen der Operation vom 2. September 2009 sei ein übermässiger Blutverlust aufgetreten, der mit einer Bluttransfusion habe kompensiert werden können. Nach der Entlassung aus dem Spital sei es in der Folge bei beginnender Belastung des linken Fussgelenks zu einem Bruch einer Stellschraube sowie beider Zugschrauben gekommen; diese seien am 15. Dezember 2009 operativ entfernt worden. Am 8. November 2010 habe im Kantonsspital Winterthur sodann sowohl am Rücken als auch im linken Fussgelenk die operative Metallentfernung stattgefunden, was mit einem weiteren dreitägigen Spitalaufenthalt verbunden gewesen sei. Auf Empfehlung von Dr. E. habe sich der Kläger alsdann Anfang 2012 einem vierwöchigen stationären Reha-Aufenthalt in F. unterzogen, aus dem er am 1. Februar 2012 entlassen worden sei.
Diese Behauptungen hat der Beklagte nicht bestritten. Ebenso wenig bestreitet er diesbezüglich die vom Kläger behauptete Unfallkausalität. Es steht damit fest, dass aufgrund des Unfalls ein stationärer Spitalbzw. Reha-Aufenthalt von insgesamt rund sieben Wochen notwendig wurde. Das erreicht jedenfalls in Kombination mit den weiteren behauptetermassen erlittenen Einschränkungen, namentlich den behaupteten langfristigen Schden, die von der Rechtsprechung geforderte Intensität, die einer Körperverletzung die Qualität einer (schweren) persönlichkeitsverletzung i.S.v. Art. 49 OR gibt (vgl. die Nachweise in E. 4.2; vgl. etwa BGer, 4A_463/2008 vom 20. April 2010). Diesen Umstand wird die Vorinstanz bei ihrem neuen Entscheid und der ermessensweisen Festsetzung der Genugtuung zu berücksichtigen haben.
Wie bereits erwähnt, behauptete der Kläger in seiner Replik sodann, er habe als Folge des Unfalls unter lang anhaltenden Schmerzen im linken Sprunggelenk sowie im Bereich des Thorax und unteren Rückens gelitten bzw. werde lebenslänglich unter solchen Schmerzen leiden (vgl. E. 4.3.1). Der Beklagte hat solche Beschwerden nicht im Grundsatz bestritten, wendet sich jedoch gegen deren Unfallkausalität (E. 4.3.2). Lassen sich solche dauerhaften Schmerzen als unfallkausal nachweisen, so sind das ebenfalls besondere Umstände, die nach der Rechtsprechung eine Genugtuung nach Art. 47 OR rechtfertigen (vgl. die Nachweise in E. 4.2).
Weiter hat der Kläger in seiner Replik behauptet, er habe durch den Unfall auch im ausserberuflichen Bereich erhebliche Einschränkungen erlitten. Bis etwa Ende des Jahres 2009 sei er auch in alltöglichen Belangen auf familiäre Unterstätzung angewiesen gewesen; es habe ein erheblicher Betreuungs- und Pflegebedarf bestanden und er habe in dieser Zeit im Haushalt nicht mithelfen können. Ferner sei er langfristig bzw. sogar lebenslänglich in seinen Freizeitaktivitäten eingeschränkt. Namentlich könne er keine sportlichen Aktivitäten mehr Ausüben, wie
z.B. Fussball spielen, was er vor dem Unfall gerne und ausgiebig getan habe. Ferner habe er aufgrund des Unfalls nicht (mehr) mit seinen (damals noch jungen) Kindern herumtollen können, wie das für Väter normal sei (act. 48 Rz. 4.5). Diese Behauptungen hat der Beklagte nicht bestritten, und zwar weder den Bestand solcher Beeinträchtigungen noch deren Unfallkausalität.
Auch diese Beeinträchtigungen im ausserberuflichen Bereich, v.a. die dauerhafte unfähigkeit, sportlichen Aktivitäten nachzugehen, weisen eine gewisse Erheblichkeit auf, die wenigstens in Kombination mit den weiteren, vorgenannten Faktoren eine Genugtuung rechtfertigen. In ihrem neuen Entscheid wird die Vorinstanz auch diese Umstände bei der Bemessung der Genugtuung zu beRücksichtigen haben.
Schliesslich machte der Kläger vor Vorinstanz geltend, er sei nach dem Unfall für eine gewisse Zeit arbeitsunfähig gewesen. Vor dem Unfall am 24. August 2009 habe er in D. als Selbständig Erwerbender einen Garagenbetrieb geführt, mit dem er seit dem Frühjahr 2008 einen beträchtlichen Gewinn von rund Fr. 10'000 pro Monat erwirtschaftet habe (zudem habe er vor dem Unfall als ZeitungstRüger gearbeitet; diese tätigkeit hätte er indessen ohnehin per Ende August 2009 aufgegeben; act. 48 Rz. 3.1-3.4). Nach dem Unfall sei er während mehrerer Monate arbeitsunfähig und nicht in der Lage [gewesen], seine tätigkeit in seinem Garagenbetrieb fortzusetzen (act. 48 Rz. 3.2, 4.1). Ab April 2010 habe er sich dann im Rahmen seiner teilweise wiedererlangten Arbeitsfühigkeit wieder seinem Garagenbetrieb in D. gewidmet, wobei der Gewinn jedoch nie mehr das Niveau von vor dem Unfall erreicht habe (act. 48 Rz. 4.3). Nach seiner Entlassung aus der Untersuchungshaft, die vom 19. Februar 2015 bis am 19. August 2015 gedauert habe, habe der Kläger seinen Garagenbetrieb aufgegeben und als Pizzakurier gearbeitet, zunächst in einem Teilzeitpensum, heute praktisch in ei- nem Vollzeitpensum (act. 48 Rz. 4.3). Erst nach der Novenschranke und damit verspätet (Art. 229 ZPO) behauptete der Kläger vor Vorinstanz, es habe für die tätigkeit als Automechaniker eine ärztlich attestierte Arbeitsfühigkeit wie folgt bestanden: 0% vom 24. August 2009 bis 30. September 2010, 30% von Oktober bis Dezember 2010, 50% ab November 2011 (mit der Anmerkung, dass hier etwas nicht stimme) und 60% ab April 2012 (Prot. I S. 22).
Der Beklagte hat vor Vorinstanz eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit des Klägers vollumfänglich bestritten. Er macht geltend, der Kläger habe sowohl vor als auch nach dem Unfall einen gut florierenden Garagenbetrieb gefährt, und zwar vor und nach dem Unfall stets in einem Vollzeitpensum (act. 46 S. 3). Dass der Kläger den Mietvertrag über die Autowerkstatt nach dem Unfall nicht gekön- digt und wie im Strafverfahren nachgewiesen worden sei auch nach dem Unfall zahlreiche teure Anschaffungen für die Garage getätigt habe, zeige, dass der Kläger nicht für längere Zeit arbeitsunfähig gewesen sei (act. 46 Rz. 15 ff.). In Wahrheit habe er seine aus dem Garagenbetrieb erwirtschafteten ErtRüge nach dem Unfall sogar gesteigert und seine Geschäftstätigkeit massiv ausgebaut (Prot. I S. 13 f., 20 f.).
Angesichts der Bestreitungen des Beklagten erweisen sich die Behauptungen des Klägers zur tatsächlichen, unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit als unsubstantiiert. Dass er während langer Zeit vollständig arbeitsunfähig gewesen sei, ist zu vage, als dass darüber Beweis gefährt werden könnte. Dass der Kläger ab April 2010 teilweise wieder arbeitsfühig (bzw. umgekehrt immer noch teilweise arbeitsunfähig) gewesen sein soll, stellt ebenfalls keine beweisfühige Behauptung dar. Für die Zeit ab April 2010 kann somit nur angenommen werden, dass der Kläger seine Arbeitsfühigkeit vollständig wiedererlangt hat. Daran ändern die von ihm teilweise verspätet behaupteten ärztlichen Atteste bezüglich seiner Arbeitsfühigkeit nichts, denn der Kläger hat letztlich selbst eingeräumt, dass seine tatsächliche Arbeitsfühigkeit damit nicht korreliert hat (Prot. I S. 22: ärztlich attestierte Arbeitsunfähigkeit von 100% bis 30. September 2010; act. 48 Rz. 4.3: teilweise Arbeitsfühigkeit und -tätigkeit im Garagenbetrieb ab April 2010).
Selbst wenn angenommen würde, der Kläger habe immerhin indirekt behauptet, vom 24. August 2009 bis am 31. März 2009 vollständig arbeitsunfähig gewesen zu sein (weil er erst ab April 2010 seine Arbeitsfühigkeit teilweise wie- dererlangt und seine tätigkeit im Garagenbetrieb fortgesetzt habe; vgl. act. 48 Rz. 4.3), liesse sich eine solche vom Beklagten bestrittene Behauptung mit den vom Kläger offerierten Beweismitteln von vornherein nicht beweisen. Aus der vom Kläger ins Recht gelegten Zusammenfassung der Kantonspolizei Zürich vom 19. August 2015 über die vom Kläger erzielten Gewinne (act. 49/26) geht zwar hervor, dass es zwischen Ende Mai 2009 und Ende März 2010 zu einem Rückgang des Gewinns gekommen ist; damit ist aber in keiner Weise belegt, dass und wie lange der Kläger in dieser Zeit tatsächlich arbeitsunfähig war, zumal ein GewinnRückgang verschiedene Ursachen haben kann, insbesondere auch solche rein wirtschaftlicher Natur. Nichts anderes gilt für die vom Kläger ins Recht gelegte Aufstellung der Kantonspolizei Zürich vom 15. Juli 2015 betreffend Ein- nahmen / Ausgaben (act. 49/27). Daraus geht vielmehr hervor, dass auch in der Zeit nach dem Unfall bzw. der Entlassung aus dem Spital (ab dem 16. September 2009) bis Ende März 2010 in durchaus erheblichem Umfang Geschäftliche Transaktionen im Zusammenhang mit dem Garagenbetrieb getätigt wurden (act. 49/27
S. 2325), was sich mit der Behauptung einer vollständigen Arbeitsunfähigkeit nur schwer vereinbaren lässt.
Damit ist festzuhalten, dass der Kläger eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit für die Zeit nach seinem Spitalaufenthalt nicht substantiiert behauptet bzw. bewiesen hat. Eine Allfällige Arbeitsunfähigkeit des Klägers hat bei der Bemessung des Genugtuungsanspruchs nach Art. 47 OR vorliegend deshalb ausser Betracht zu bleiben.
Ergebnis
Zusammengefasst erweist sich die Berufung als begründet. In Gutheissung des Eventualantrags ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Streitsache zum neuen Entscheid im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückzuweisen. Der Kläger hat verschiedene Umstände in genügend substantiierter Weise behauptet, die soweit unbestritten bewiesen einen Genugtuungsanspruch
i.S.v. Art. 47 OR zu begründen vermögen. Die Vorinstanz wird mit Bezug auf diese Umstände, soweit sie bestritten sind, eine BeweisWürdigung vorzunehmen und alsdann in Ausübung ihres Ermessens (Art. 4 ZGB) gestützt auf die festgestellten Umstände die Höhe des Genugtuungsanspruchs festzusetzen haben. Auch die weiteren Voraussetzungen des eingeklagten Schadenersatzanspruchs, namentlich die behauptete anwaltliche Pflichtverletzung, hat die Vorinstanz nicht beurteilt, was nachzuholen sein wird.
Kosten- und Entschädigungsfolgen
Im Falle eines Rückweisungsentscheids kann sich die Rechtsmittelinstanz damit begnügen, lediglich ihre Gerichtskosten festzusetzen und deren Verteilung sowie den Entscheid über eine Allfällige Parteientschädigung der Vorinstanz zu überlassen, d.h. vom definitiven Ausgang des Verfahrens abhängig zu machen (Art. 104 Abs. 4 ZPO; BGer, 5A_517/2015 vom 7. Dezember 2015, E. 3; KUKO ZPO-
SCHMID/JENT-S?RENSEN, Art. 104 N 7). In diesem Sinne ist die Entscheidgebühr für das Berufungsverfahren in Anwendung von 12 Abs. 1 und 2 i.V.m. 2 Abs. 1 sowie 4 Abs. 1 und 2 GebV OG auf Fr. 3'950 festzusetzen und mit dem vom
Kläger geleisteten Kostenvorschuss zu verrechnen. Die Verlegung der zweitinstanzlichen Gerichtskosten sowie der Entscheid über eine Parteientschädigung für das Berufungsverfahren ist der Vorinstanz zu überlassen.
Es wird erkannt:
Das Urteil des Bezirksgerichts Winterthur, Einzelgericht im vereinfachten Verfahren, vom 16. Februar 2023 (Geschäfts-Nr. FV200034-K) wird aufgehoben und die Sache zur neuen Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen.
Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 3'950 festgesetzt und mit dem vom Kläger geleisteten Vorschuss verrechnet.
Der Entscheid über die Verlegung der zweitinstanzlichen Gerichtskosten und über eine Parteientschädigung für das zweitinstanzliche Verfahren wird dem neuen Entscheid der Vorinstanz vorbehalten.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an den Kläger unter Beilage eines Doppels der Berufungsantwort (act. 67), sowie an die Vorinstanz, je gegen Empfangsschein.
Nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist gehen die erstinstanzlichen Akten an die Vorinstanz zurück.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesge-
richt, 1000 Lausanne 14, einzureichen. zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
Dies ist ein Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG.
Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 30'000.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer Der Gerichtsschreiber:
MLaw S. Widmer
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