Zusammenfassung des Urteils NP150010: Obergericht des Kantons Zürich
In dem Gerichtsverfahren vor dem Obergericht des Kantons Zürich ging es um eine Forderungsklage zwischen einem Rechtsanwalt und einer Firma. Der Rechtsanwalt wurde dazu verurteilt, der Firma einen bestimmten Betrag zuzüglich Zinsen zu zahlen. Die Gerichtskosten wurden dem Rechtsanwalt auferlegt. Es wurde auch eine Parteientschädigung festgelegt. Der Rechtsanwalt legte Berufung ein, um das Urteil anzufechten und die Klage abzuweisen. Die Firma forderte in einer Widerklage ebenfalls einen Betrag vom Rechtsanwalt. Die Berufung wurde abgewiesen, die Gerichtskosten dem Rechtsanwalt auferlegt und keine Parteientschädigung zugesprochen. Die Entscheidung wurde schriftlich mitgeteilt und die Akten gingen an die Vorinstanz zurück.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | NP150010 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Zivilkammer |
Datum: | 29.05.2015 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Forderung |
Schlagwörter : | Vertrag; Bedingungen; Beklagten; Berufung; Lizenz; Glauben; Widerklage; Hinweis; Leistung; Recht; Klage; Sinne; Parteien; Zahlung; Offerte; Rechnung; Geschäftsbedingungen; Gericht; Berufungsbeklagte; Entscheid; Mitteilung; Vertrages; Zahlungskonditionen; Klageantwort; Urteil; Verzugszins; Entschädigungsfolgen; Verfahren; ültig |
Rechtsnorm: | Art. 1 OR ;Art. 147 ZPO ;Art. 2 OR ;Art. 2 ZGB ;Art. 222 ZPO ;Art. 245 ZPO ;Art. 334 OR ;Art. 52 ZPO ;Art. 90 BGG ; |
Referenz BGE: | 135 IV 12; 140 III 450; |
Kommentar: | - |
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: NP150010-O/U
Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. A. Katzenstein, Vorsitzende, Oberrichter lic. iur.
P. Diggelmann und Oberrichter Dr. P. Higi sowie Gerichtsschreiber lic. iur. M. Hinden
Urteil vom 29. Mai 2015
in Sachen
, lic. iur.,
Beklagter und Berufungskläger
gegen
AG,
Klägerin und Berufungsbeklagte
vertreten durch Rechtsanwalt M.A. HSG in Law and Economics X. ,
betreffend Forderung
Rechtsbegehren:
Hauptklage
Es sei der Beklagte zu verpflichten, der Klägerin
Fr. 2'298.25 zzgl. 5% Verzugszins seit dem 19. November 2013;
Fr. 10'425.40 zzgl. 5% Verzugszins seit dem 19. November 2013
sowie
Fr. 1'581.55 zzgl. 5% Verzugszins seit dem 31. Januar 2014
zu bezahlen;
Unter Kostenund Entschädigungsfolgen zu Lasten des Beklagten.
Widerklage
Die Widerbeklagte sei zu verpflichten, dem Widerkläger Fr. 4'240.50 zuzüglich 5% Verzugszins ab 19. September 2014 zu bezahlen, unter Kostenund Entschädigungsfolgen zulasten der Widerbeklagten.
Entscheid des Bez irksgerichtes Zürich:
Es wird verfügt:
Auf die Widerklage wird nicht eingetreten.
Schriftliche Mitteilung mit nachfolgendem Urteil.
Es wird erkannt:
Der Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin Fr. 12'723.65 zuzüglich 5% Zins seit 19. November 2013 sowie Fr. 1'581.55 zuzüglich 5% Zins seit 31. Januar 2014 zu bezahlen.
Die Entscheidgebühr wird auf Fr. 2'350.festgesetzt. Allfällige weitere Auslagen bleiben vorbehalten.
Die Gerichtskosten werden dem Beklagten auferlegt und mit dem geleisteten Vorschuss der Klägerin verrechnet.
Der Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin eine Parteientschädigung von Fr. 3'050.zuzüglich Kosten des Schlichtungsverfahrens von Fr. 440.zu bezahlen. Zudem hat er der Klägerin den Kostenvorschuss von Fr. 2'350.zu ersetzen.
5./6. (Mitteilung / Rechtsmittel)
Berufungsanträge:
des Beklagten (act. 25):
Es sei das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage der Berufungsbeklagten abzuweisen, unter Neuregelung der Kostenund Entschädigungsfolgen des erstinstanzlichen Verfahrens zulasten der Berufungsbeklagten.
eventualiter sei das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zum Neuentscheid im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Es sei die angefochtene Verfügung aufzuheben und folgende Widerklage gutzuheissen:
Die Berufungsbeklagte sei zu verpflichten, dem Berufungskläger
Fr. 4'240.50 zuzüglich 5% Verzugszins ab 19. September 2014 zu bezahlen, unter Kostenund Entschädigungsfolgen zulasten der Berufungsbeklagten.
Eventualiter sei die angefochtene Verfügung aufzuheben und die Sache zum Neuentscheid im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Alles unter Kostenund Entschädigungsfolgen auch für das vorinstanzliche Verfahren zulasten der Berufungsbeklagten.
Erwägungen:
Die Klägerin hat Sitz in St. Gallen; sie erstellt und vermarktet branchenspezifische software. Der Beklagte ist Rechtsanwalt mit eigener Praxis in Zürich.
Unter dem 6. August 2013 offerierte die Klägerin dem Beklagten erstens eine Lizenz für ihre software , einen Wartungsvertrag und bestimmte, damit zusammen hängende Dienstleistungen, zweitens einen ergänzenden Vertrag für die Ausdehnung des ersten auf die Reinigungsfirma der Ehefrau des Beklagten, ferner drittens das Beschaffen notwendiger Drittprodukte und Überlassung an den Beklagten zum Selbstkostenpreis. Der Beklagte akzeptierte die drei Offerten am 5. September 2013 (act. 4/3, 4/4 und 4/6).
Der Beklagte zahlte am 23. September 2013 eine Akontorechnung der Klägerin, am 25. September 2013 quittierte er für bestimmte Leistungen der Klägerin, und am 30. September 2013 stellte ihm die Klägerin Rechnung für ihre vertraglichen Leistungen abzüglich die geleistete Akontozahlung (act. 4/7-11).
In der Folge entstand unter den Parteien Uneinigkeit darüber, ob die Verträge überhaupt gültig zustande gekommen seien. Der Beklagte verneint es unter Hinweis darauf, dass die Klägerin Allgemeine Geschäftsbedingungen als Vertragsbestandteil ansehe, welche ihm nicht bekannt waren und nach Treu und Glauben auch nicht sein mussten. Unter Hinweis auf die seiner Auffassung nach fehlende Übereinstimmung der Willenserklärungen verweigerte und verweigert er die Zahlung der (Schluss-)Rechnung und fordert die Akontozahlung zurück.
Der Einzelrichter erwägt, in den Allgemeinen Bedingungen seien objektiv notwendige Punkte des Vertrages enthalten. Die Variante, dass der Vertrag ohne Übernahme der Bedingungen zustande gekommen sei, scheide daher aus. Er kommt dann aber zum Schluss, dass die Bedingungen Vertragsbestandteil geworden seien, und dass der Vertrag auch nicht entsprechend der Auffassung des Beklagten nachträglich aufgelöst worden sei.
Der Beklagte lässt das nicht gelten. Was den Vertragsschluss angehe, habe er den Hinweis auf die Bedingungen in der Offerte nicht wahrgenommen. Der Hinweis sei nicht ausreichend klar gewesen, weil er nach dem fett gedruckten Wort Zahlungskonditionen und nach zahlreichen belanglosen anderen Bestimmungen geradezu versteckt gewesen sei. Selbst die Klägerin habe gemeint, der Vertrag umfasse ihre Bedingungen ein Mitarbeiter der Klägerin habe von ihm noch nach Unterzeichnung des Vertrages das Unterschreiben eines Dokumentes verlangt, womit er (unter anderem) gerade diese Bedingungen übernommen hätte (im Einzelnen act. 25 S. 3 ff.).
Ein Vertrag kommt zustande durch das Austauschen übereinstimmender Willenserklärungen (Art. 1 OR). Die Überlegung des Einzelrichters, in den Bedingungen fänden sich wesentliche Elemente des Vertrages, und die Anwendung von Art. 2 Abs. 2 OR falle daher ausser Betracht, ist überzeugend, es kann darauf
verwiesen werden. Die Kritik des Beklagten daran beruht wohl auf einem Missverständnis. Es geht hier nicht darum, dass der Hinweis auf die Bedingungen in der Offerte einen Vorbehalt der Einigung über Nebenpunkte bedeutete. Auch wenn die Parteien einen Nebenpunkt nicht vertraglich vorbehalten haben, kommt es darauf an, ob sie (wenigstens) über die wesentlichen Vertragspunkte einig waren, sonst fehlt es schon grundsätzlich am Konsens.
Was Inhalt und Tragweite der ausgetauschten Erklärungen ist, bestimmt sich nach Treu und Glauben und hängt von den konkreten Umständen ab (Art. 2 ZGB). Erfolgt der Austausch der Erklärungen schriftlich, kann der Offerent nicht feststellen, ob der Andere die Offerte überhaupt gelesen hat, wie genau. Darauf kommt es allerdings in der Regel nicht an. Wer Vertragsdokumente ungelesen unterzeichnet, erweckt den Anschein, er wolle das Unterzeichnete, und er nimmt insbesondere ( ) in Kauf, sich auf ungünstige Geschäftsbedingungen einzulassen (statt vieler BGE 135 IV 12). Der Einwand des Beklagten, er habe den Hinweis der Klägerin auf ihre Bedingungen tatsächlich nicht zur Kenntnis genommen, ist daher nicht von Bedeutung.
So genannte Allgemeine Bedingungen einer Partei sind häufig ziemlich umfangreich und würden den konkreten Vertragstext unübersichtlich machen. Es ist daher zweckmässig, sie separat niederzulegen. Bei der Frage nach dem Inhalt des Vertrages stellt sich dann aber die Frage, ob die Bedingungen nach Treu und Glauben Inhalt der Willenserklärung (regelmässig des Akzeptes) sind, wenn sie nicht besonders besprochen vereinbart wurden. Der Offerent kann und darf dann nicht annehmen, der Andere akzeptiere die Bedingungen, wenn der Hinweis auf diese ohne weitere Hervorhebung anderweitig besondere Placierung in einem umfangreichen sonst unübersichtlichen Text enthalten ist. Der Beklagte beruft sich darauf, wenn er geltend macht, der Hinweis auf die Bedingungen der Klägerin stehe in dem Abschnitt, der mit Zahlungskonditionen überschrieben ist, und er sei in diesem Abschnitt geradezu versteckt. Dem ist aber nicht zu folgen. Richtig ist, dass der Titel Zahlungskonditionen heisst. Wenn es im Vertrag eine grössere Zahl von Abschnitten mit besonderen Bestimmungen hätte, könnte zweifelhaft sein, ob ein an einem so zu sagen sachfremden Ort stehender Hinweis auf ein anderes Thema nach Treu und Glauben als gewollt zu betrachten wäre. Der Beklagte sagt mit einem gewissen Recht, über die Zahlungskonditionen habe er sich keine Gedanken gemacht, und darum habe er jenen Abschnitt nicht genau gelesen. Indessen: die Offerten bestehen je aus zwei Seiten. Auf der ersten und dem grössten Teil der zweiten Seite werden die Leistungsinhalte genannt, und dann werden je die Stückzahl und das Total der Position angegeben, es folgen Zusammenfassungen der Leistungen, in einem Fall die gewährten Rabatte und ein Gesamttotal. Das alles definiert Leistung und Gegenleistung der Parteien. Es folgt nur noch Weniges (act. 4/3, 4/4):
Lizenzverträge: 30% als Akontozahlung nach Vertragsschluss, Rest fällig bei der Aktivierung der Software, Dienstleistungen nach Erbringung, jeweils 30 Tage ab Rechnungsdatum. Offerte gültig während 30 Tagen, Preis in CHF zzgl. MwSt. Im übrigen gelten die unter www.B.___.ch/agbs publizierten
Geschäftsbedingungen.
Ort und Datum: __ Unterschrift: ___
Dieser Text ist kurz und übersichtlich. Das Wort Geschäftsbedingungen steht ganz am Ende alleine auf der letzten Zeile. Dass der Abschnitt mit Zahlungskonditionen überschrieben ist, was einen Hinweis auf Geschäftsbedingungen primär nicht nahe legt, tritt dem gegenüber in den Hintergrund. Der Beklagte macht geltend, der link zu den Allgemeinen Bedingungen sei auf der homepage der Klägerin nur ganz klein angebracht. Darauf könnte es ankommen, wenn feststünde, der Beklagte habe die homepage der Klägerin gekannt, und sich die Frage stellte, ob (darum) die Bedingungen selbst dann nach Treu und Glauben als akzeptiert gölten, wenn darauf im Vertrag nicht verwiesen würde. Darum geht es aber nicht, und dass er die Bedingungen finden konnte, wenn er nach ihnen gesucht hätte (wenn er also dem Hinweis im Vertrag hätte nachgehen wollen), stellt der Beklagte nicht in Abrede. Nach Treu und Glauben durfte und musste die Klägerin annehmen, wenn der Beklagte die Verträge unterschreibe, akzeptiere er damit auch die Bedingungen.
Dass ein Vertrag zustande kommt, ist eine rechtliche Folge des Austausches übereinstimmender Willenserklärungen (Art. 1 OR). Es mag sein, wie der Beklagte es darstellt, dass die Vertreter der Klägerin sich nicht immer im Klaren waren, was der Inhalt der Offerte resp. des Akzeptes war, und dass dem Beklagten daher auch nach seiner Unterschrift auf den Verträgen die selben Bedingungen, auf welche der Vertrag verweist, noch einmal zur Unterzeichnung vorgelegt wurden (act. 25 S. 5, besonders bei Ziff. 4.3). Das ändert aber nichts am bereits erfolgten Vertragsschluss.
Der Allgemeine Bedingungen Formulierende wird darin in aller Regel Punkte aufnehmen, die für ihn selber günstig sind. Nach der Erfahrung werden Allgemeine Bedingungen häufig nicht gelesen und pauschal übernommen. Wie bereits erwähnt, hindert das ihre Gültigkeit zwar nicht. Es besteht aber gleichwohl das Bedürfnis, für besonders einseitige ungewöhnliche Elemente eine Korrektur vorzusehen. Die Praxis fand dazu die Unklarheitsund (bei ungelesenen Bedingungen) die Ungewöhnlichkeitsregel: Unklarheiten gehen zu Lasten dessen, der die Bedingungen formuliert hat, und bei ungewöhnlichen Bestimmungen wird gesagt, der sie Postulierende dürfe und könne nach Treu und Glauben nicht damit rechnen, der andere Teil wollte sie wirklich, wenn er sie zur Kenntnis nähme. Art. 8 UWG sodann definiert zwar nicht direkt den Inhalt des einzelnen Vertrages, bringt aber zum Ausdruck, wo der Gesetzgeber im Bereich des fairen Wettbewerbs die Grenze zieht: Unter dem Titel Verwendung missbräuchlicher Geschäftsbedingungen heisst es: Unlauter handelt insbesondere, wer allgemeine Geschäftsbedingungen verwendet, die in Treu und Glauben verletzender Weise zum Nachteil der Konsumentinnen und Konsumenten ein erhebliches und ungerechtfertigtes Missverhältnis zwischen den vertraglichen Rechten und den vertraglichen Pflichten vorsehen.
Nach Art. 4 der Allgemeinen Bedingungen ist der Lizenzvertrag fest auf fünf Jahre abgeschlossen und hat der Kunde bei vorzeitiger Beendigung keinen Anspruch auf Rückerstattung von Lizenzgebühren. Der Beklagte argumentiert, das sei für den Kunden äusserst nachteilig und ungewöhnlich. Wie andere Anbieter von branchenspezifischer software die Unterschreitung einer festen Vertragsdauer regeln, ist dem Gericht nicht bekannt. Auch wenn eine Mehrheit für diesen Fall die (teilweise) Rückerstattung von Lizenzgebühren vorsähen, machte das die Bestimmung in den Bedingungen der Klägerin aber weder objektiv ungewöhnlich noch würde die Klägerin nach dem Wortlaut des UWG in Treu und Glauben verletzender Weise zum Nachteil der Konsumentinnen und Konsumenten ein erhebliches und ungerechtfertigtes Missverhältnis zwischen den vertraglichen Rechten und den vertraglichen Pflichten vorsehen.
Einen Arbeitsvertrag kann man gültig auf zehn Jahre abschliessen (Art. 334 Abs. 3 OR). Ein software-Lizenzvertrag bedeutet für den Besteller eine wesentlich weniger starke Bindung, und die fünfjährige feste Dauer ist damit nicht bedenklich. Verträge sind zu halten, und das gilt insbesondere auch dann, wenn eine Seite von der ihr geschuldeten Leistung keinen Gebrauch macht. Nach Treu und Glauben kann der Anbieter der Leistung den Anspruch auf die Gegenleistung verlieren: wenn er die Leistung anderweitig verwerten könnte und das ohne ausreichenden Grund nicht tut. Der Mechanismus ist bekannt etwa aus dem Mietrecht, wenn der Mieter die Sache frei gibt und der Vermieter eine zumutbare Weitervermietung unterlässt. Eine Computer-software kann der Anbieter aber grundsätzlich beliebig Vielen in Lizenz überlassen, und er kann daher gar keine seinen Schaden mindernden Vorkehren treffen, wenn einer der Lizenznehmer von der software keinen Gebrauch mehr macht. Die Bestimmung der Klägerin hält daher auch der bei Allgemeinen Bestimmungen vorzunehmenden (beschränkten) InhaltsKontrolle stand.
Sollte der Vertrag gültig geschlossen worden sein und der Inhaltskontrolle stand halten, beruft sich der Beklagte auf eine einvernehmliche Aufhebung. Er leitet das aus der e-mail der Klägerin vom 4. Dezember 2013 ab, wo es unter anderem heisst: Wenn Sie mit unseren Standard AGBs nicht leben können und auch die Lizenz nicht bezahlen wollen, schlage ich vor, dass Sie eine neue Software evaluieren. Wir müssten den Vertrag wegen Nicht-Bezahlen der Rechnung kündigen, sofern Sie diese in den nächsten 10 Tagen nicht doch noch begleichen möchten. (act. 12/5).
Mit dieser mail machte die Klägerin keine klare Offerte zum einvernehmlichen Auflösen des Lizenzvertrages. Der Satz allein Wenn Sie mit unseren Standard AGBs nicht leben können und auch die Lizenz nicht bezahlen wollen, schlage ich vor, dass Sie eine neue Software evaluieren könnte so verstanden werden. Er steht aber im Widerspruch zur Mitteilung vom 20. November 2013, in welcher die Klägerin den Standpunkt einnahm, ihre Bedingungen seien sachlich begründet und betonte, der Beklagte habe mit seiner Unterschrift am 5. September 2013 den Auftrag erteilt (act. 11/4). In der Mitteilung vom 4. Dezember 2013 stellt die Klägerin vorweg fest, der Beklagte verwende ihre software, ohne diese bezahlt zu haben. Sodann nimmt die Klägerin Bezug auf ein zwischenzeitlich geführtes Telefon, anlässlich dessen man sich darauf geeinigt habe, die Klägerin werde dem Beklagten zur Definition von Major und Minor Updates ( ) Erläuterungen für Ihre Akten noch schriftlich senden ( ) und dass Sie anschliessend die Rechnung bezahlen werden. Ich habe meinen Teil der Abmachung erfüllt, Sie aber nicht. Stattdessen tragen Sie uns nun ein weiteres Detail aus unseren AGBs vor mit einer Argumentation, die uns beim besten Willen nicht einleuchtet. Wollen Sie die Zahlung unserer überfälligen Rechnung hinausschieben. Der Absender, der in der letzten Mitteilung betont hatte, er sei nicht Anwalt und verlasse sich bezüglich der Allgemeinen Bedingungen auf die Beratung durch einen Anwalt, gab damit zu erkennen, dass er an dem Vertrag und an der Leistung des Beklagten festhalten wolle. Das ergibt sich auch daraus, dass die Klägerin in Aussicht stellte, den Vertrag wegen Nicht-Bezahlens der Rechnung [zu] kündigen. Das muss zusammen gelesen werden mit dem Festhalten an den Bedingungen, die ja bei einer vorzeitigen Auflösung des Vertrages gerade keine Rückerstattung von Lizenzgebühren vorsehen. In diesem Zusammenhang blieb die Bedeutung der Wendung schlage ich vor, dass Sie eine neue Software evaluieren bei dem, was, sie zunächst sagt: dass die Klägerin anregt, der Beklagte möge sich nach einer anderen software umsehen, und nach Treu und Glauben durfte dieser Text nicht zusätzlich und weiter gehend als Angebot für eine vollständige Aufhebung der abgeschlossenen Verträge unter Verzicht der Klägerin auf die versprochene Gegenleistung verstanden werden.
Der Beklagte ist daher nach wie vor zu den vertraglichen Leistungen verpflichtet, deren Umfang er nicht in Frage stellt.
Der Einzelrichter ist auf die Widerklage nicht eingetreten, weil sie verspätet erhoben worden sei. Der Beklagte beanstandet es, und mit Recht.
Wenn eine vorläufige Stellungnahme der beklagten Partei im Sinne von Art. 245 Abs. 2 ZPO als eigentliche Klageantwort zu betrachten wäre, deren Versäumnis zu einem Kontumazialurteil führte, läge es nahe, auch die Verwirkung der damit noch nicht erhobenen Widerklage anzunehmen. Das setzte aber in jedem Fall voraus, dass die beklagte Partei sich dessen bewusst werden könnte, und dafür bedürfte es der eindeutigen Kennzeichnung der verlangten Rechtsschrift als Klageantwort im Sinne von Art. 222 ZPO. Das verlangten schon Treu und Glauben, woran in erster Linie die Gerichte selbst gebunden sind (Art. 52 ZPO), und die ausdrückliche Bestimmung, dass die Parteien auf Säumnisfolgen
hinzuweisen sind (Art. 147 Abs. 3 ZPO). Der Einzelrichter hat hier nicht auf mögliche Säumnisoder Verwirkungsfolgen hingewiesen, sondern dem Beklagten Frist angesetzt, Stellung zu nehmen. Das konnte und musste der Beklagte nicht als Fristansetzung für eine eigentliche Klageantwort verstehen - umso weniger (auch wenn es darauf nicht ankommt), als die Klägerin selbst eine ausführliche Begrün- dung der Klage für die mündliche Verhandlung vorbehalten hatte (act. 2 S. 6). Der Beklagte war also nicht gehindert, in der mündlichen Verhandlung mit seinem Vortrag zur Klageantwort eine Widerklage zu erheben.
Es ist allerdings im vereinfachten Verfahren ohnehin nicht zulässig, die vorläufige Stellungnahme zu einer (fakultativen) schriftlichen Begründung der Klage als eigentliche Klageantwort im Sinne von Art. 222 ZPO einzuverlangen und die Säumnisund anderen prozessualen Folgen des ordentlichen Verfahrens anzuwenden. Das Gesetz und auch die Materialien lassen keinen Zweifel daran, dass die mündliche Verhandlung für das Gericht obligatorisch ist (BGE 140 III 450). Verzicht der beklagten Partei auf eine vorgängige Stellungnahme kann daher nicht zu Säumnis führen (OGerZH PD150004 vom 19. März 2015, OGerZH FV140173 vom 18. September 2014, OGerZH FP140019 vom 28. Januar 2014), und ebenso wenig kann die beklagte Partei mit der Widerklage ausgeschlossen
sein, wenn sie diese in ihren vorläufigen Bemerkungen im Sinne des Art. 245 Abs. 2 ZPO nicht schon erhebt. Noch nicht entschieden wurde, ob im Rahmen eines vom Gericht angeordneten Schriftenwechsels eine Klageantwort im Sinne von Art. 222 ZPO verlangt werden kann. Die Praxis des Bundesgerichts konsequent weiter gedacht, dürfte das nicht der Fall sein - der Schriftenwechsel müsste im Sinne der vom Gesetzgeber gewollten konsequenten Mündlichkeit auch dann als blosse Ergänzung, und nicht als Ersatz der mündlichen Verhandlung verstanden werden. Das kann heute allerdings noch offen bleiben.
Der Einzelrichter ist also zu Unrecht nicht auf die Widerklage eingetreten, und die Rüge des Beklagten in diesem Punkt ist begründet. Allerdings müsste die Widerklage nach den Erwägungen der vorstehenden Ziffer. 2 abgewiesen werden; der Beklagte ist an den Vertrag gebunden, und er trägt keine Argumente dafür vor, weshalb er in diesem Fall die Anzahlung auf seine vertragliche Leistung sollte zurück fordern können. Beschwert durch den unrichtigen Entscheid wäre allenfalls die Klägerin, welche Anspruch auf Abweisung und nicht nur auf Nichteintreten hatte. Der Beklagte hat kein schützenswertes Interesse daran, dass seine Widerklage durch Abweisung statt durch Nichteintreten abgewiesen wird. Da er Gutheissung der Widerklage verlangt, hat er an seinem Antrag zwar das erforderliche Interesse (Art. 59 Abs. 2 lit. a ZPO), im Ergebnis ist die Berufung aber auch in diesem Punkt abzuweisen.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Kosten dem Beklagten aufzuerlegen. Die Klägerin musste keine Berufungsantwort erstatten und hat daher keine Parteientschädigung zugut.
Es wird erkannt:
Die Berufung wird abgewiesen, und der angefochtene Entscheid wird bestätigt.
Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 2'000.-festgesetzt und dem Beklagten und Berufungskläger auferlegt.
Eine Parteientschädigung wird nicht zugesprochen.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an die Klägerin unter Beilage eines Doppels der Berufungsschrift act. 25, sowie an das Bezirksgericht Zürich, Einzelgericht, je gegen Empfangsschein, und an die Obergerichtskasse.
Nach unbenutztem Ablauf der Rechtsmittelfrist gehen die erstinstanzlichen Akten an die Vorinstanz zurück.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.
Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert liegt unter Fr. 30'000.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Die Vorsitzende:
lic. iur. A. Katzenstein
Der Gerichtsschreiber:
lic. iur. M. Hinden
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