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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:NP150005
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:I. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid NP150005 vom 13.08.2015 (ZH)
Datum:13.08.2015
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Nachbarrecht
Schlagwörter : Berufung; Grenze; Grundstück; Beklagten; Kat-; Urteil; Recht; Kat-Nr; Grenzmauer; Höhe; Mauer; Derungen; Terrain; Focht; Parteien; Sinne; MüM; Aufschüttung; Verfahren; Klage; Bodenveränderung; Pfäffikon; Strasse; Elgericht; Angefochtene; Bodenverlauf; Grundstücke; Denveränderungen; Berufungskläger; Bezirksgericht
Rechtsnorm: Art. 2 ZGB ; Art. 292 StGB ; Art. 308 ZPO ; Art. 317 ZPO ; Art. 697 ZGB ; Art. 90 BGG ; Art. 91 ZPO ; Art. 929 ZGB ;
Referenz BGE:-
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

I. Zivilkammer

Geschäfts-Nr.: NP150005-O/U

Mitwirkend: Oberrichterin Dr. L. Hunziker Schnider, Präsidentin, Oberrichter Dr. H.A. Müller und Oberrichter lic. iur. M. Spahn sowie Gerichtsschreiber Dr. M. Nietlispach

Beschlussund Urteil vom 13. August 2015

in Sachen

  1. ,

    Kläger und Berufungskläger

    vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X.

    gegen

  2. ,

    Beklagter und Berufungsbeklagter

    vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Y.

    betreffend Nachbarrecht

    Berufung gegen ein Urteil des Einzelgerichts im vereinfachten Verfahren am Bezirksgericht Pfäffikon vom 21. November 2014 (FV120052-H)

    Rechtsbegehren

    des Klägers (Urk. 1):

    1. Es sei der Beklagte anzuweisen, seine auf Kat.-Nr. an der Grenze zu Kat.-Nr. errichtete Grenzmauer so anzupassen, d.h. in der Höhe zu reduzieren oder von der Grenze abzurücken, dass die Mauer die Vorgaben von § 178 EGZGB respektiert, wobei dafür von einem massgeblichen gewachsenen Terrain auszugehen ist, welches in der Mitte der gemeinsamen Grenze auf einer Kote von 633.30 m.ü.M. liegt und zur Strasse auf etwa 632.80 m.ü.M. abfällt und nach Südwesten auf etwa 633.60 m.ü.M. ansteigt.

    2. Eventuell sei der Beklagte anzuweisen, seine auf Kat.-Nr. an der Grenze zu Kat.-Nr. errichtete Grenzmauer so anzupassen,

      d.h. in der Höhe zu reduzieren oder von der Grenze abzurücken,

      dass die Mauer die Vorgaben von § 178 EGZGB respektiert, wobei für die entsprechende Messung jeweils von derjenigen Kote auszugehen ist, auf welcher sich das an die Mauer angrenzende Terrain auf dem klägerischen Grundstück Kat.-Nr. befindet.

    3. Es sei dem Beklagten für den Fall der Missachtung der Anweisung gemäss Ziffer 1 bzw. 2 sodann die Bestrafung nach Art. 292 StGB wegen Ungehorsams gegen amtliche Verfügungen anzudrohen.

    4. Alles unter Kostenund Entschädigungsfolgen (zuzüglich Mehrwertsteuer und Weisungskosten von Fr. 420.- sowie eines Ersatzes von notwendigen Auslagen für die Ermittlung der heutigen Höhenkoten in - nach Vorliegen der entsprechenden Rechnung - noch zu bezeichnender Höhe) zu Lasten des Beklagten.

des Beklagten (act. 14):

Die Klagebegehren seien abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann, unter Kostenund Entschädigungsfolge zu Lasten des Klä- gers.

Urteil des Bez irksgerichts Pfäffikon (Einz elgericht) vom 21. November 2014 (Urk. 56):
  1. Die Klage wird abgewiesen.

  2. Die Gerichtskosten werden auf Fr. 2'300.- festgesetzt.

    Sie werden dem Kläger auferlegt und aus dem von ihm geleisteten Kostenvorschuss bezogen.

  3. Der Kläger wird verpflichtet, dem Beklagten eine Parteientschädigung von Fr. 2'600.- (8 % MWSt inbegriffen) zu bezahlen.

Berufungsanträge:

des Klägers und Berufungsklägers (Urk. 55 S. 2 f.):

  1. Es sei das angefochtene Urteil in Gutheissung der Berufung aufzuheben und dem Beklagten zu befehlen, seine auf Kat.-Nr. an der Grenze zu Kat.-Nr. errichtete Grenzmauer so anzupassen - d.h. in der Höhe zu reduzieren oder von der Grenze abzurücken -, dass die Mauer die Vorgaben von § 178 EGZGB respektiert, wobei dafür von einem massgeblichen gewachsenen Terrain auszugehen ist, welches in der Mitte der gemeinsamen Grenze auf einer Kote von 633.30 m.ü.M. liegt und zur Strasse hin auf etwa

    632.80 m.ü.M. abfällt und nach Südwesten auf etwa 633.60 m.ü.M. ansteigt; unter Androhung der Bestrafung nach Art. 292 StGB wegen Ungehorsam

    gegen amtliche Verfügungen für den Fall der Widerhandlung.

  2. Eventuell: Es sei das angefochtene Urteil in teilweiser Gutheissung der Berufung aufzuheben, und es sei dem Beklagten zu befehlen, seine auf Kat.- Nr. an der Grenze zu Kat.-Nr. errichtete Grenzmauer so anzupassen -

    d.h. in der Höhe zu reduzieren oder von der Grenze abzurücken -, dass die

    Mauer die Vorgaben von § 178 EGZGB respektiert, wobei für die entsprechende Messung jeweils von derjenigen Kote auszugehen ist, auf welcher sich das an die Mauer angrenzende Terrain auf dem klägerischen Grundstück Kat.-Nr. befindet; unter Androhung der Bestrafung nach Art. 292 StGB wegen Ungehorsam gegen amtliche Verfügungen für den Fall der Widerhandlung.

  3. Subeventuell: Es sei das angefochtene Urteil in teilweiser Gutheissung der Berufung aufzuheben, und es sei dem Beklagten zu befehlen, seine auf Kat.-Nr. ... an der Grenze zu Kat.-Nr. ... errichtete Grenzmauer so anzupassen - d.h. in der Höhe zu reduzieren -, dass die Mauer eine Kote von

    635.46 m.ü.M. nicht überschreitet; unter Androhung der Bestrafung nach Art. 292 StGB wegen Ungehorsam gegen amtliche Verfügungen für den Fall der Widerhandlung.

  4. Alles unter Kostenund Entschädigungsfolgen (zuzügl. MWSt.) zu Lasten des Beklagten und Berufungsbeklagten sowohl für das Berufungsals auch das vorinstanzliche Verfahren.

des Beklagten und Berufungsbeklagten (Urk. 60 S. 2):

  1. Die Berufungsanträge seien abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.

  2. Die Klage sei in Bestätigung des Urteils des Bezirksgerichts Pfäffikon, Einzelgericht im vereinfachten Verfahren, vom 21. November 2014 abzuweisen.

  3. Die vorinstanzlichen Gerichtskosten seien in Bestätigung von Dispositiv Ziff.

    2 des Urteils des Bezirksgerichtes Pfäffikon, Einzelgericht im vereinfachten Verfahren, vom 21. November 2014, dem Kläger und Berufungskläger aufzuerlegen.

  4. Der Kläger und Berufungskläger sei in Bestätigung von Dispositiv Ziff. 3 des Urteils des Bezirksgerichtes Pfäffikon, Einzelgericht im vereinfachten Verfahren, vom 21. November 2014, zu verpflichten, dem Beklagten und Berufungsbeklagten eine Parteientschädigung von CHF 2'600.00 (8% Mehrwertsteuer inbegriffen) zu zahlen.

  5. Unter Kostenund Entschädigungsfolge (zuzüglich Mehrwertsteuer) für das Berufungsverfahren zulasten des Klägers und Berufungsklägers.

Erwägungen:
  1. Sachverhalt

    1. Der Kläger ist seit dem 24. Januar 1979 Eigentümer des Grundstücks Kat.- Nr. ... an der C. -Strasse in D. . Auf diesem Grundstück steht sein Einfamilienhaus, das mit dem Einfamilienhaus auf der Nachbarparzelle, Kat.-Nr.

      (C. -Strasse ), zusammengebaut ist.

    2. Der Beklagte ist Eigentümer des an Kat.-Nr. ... des Klägers angrenzenden Grundstücks Kat.-Nr. ... an der C. -Strasse in D. . Gestützt auf die Baubewilligung der Gemeinde D. vom 5. Februar 1976 überbaute er in den Jahren 1977 und 1978 sein Grundstück, wobei es zu Aufschüttungen kam (Urk. 14 S. 2, 5, 6, 12; Urk. 20 S. 10). Im Hinblick auf die damals geplante (aber nicht umgesetzte) Überbauung der heutigen Kat.-Nr. ... und ... durch das Baukonsortium E. hatte der Beklagte diesem zuvor mit Vereinbarung vom 16. November 1976 (Urk. 17/1) ein Näherbaurecht zu Lasten seiner heutigen Parzelle Kat.- Nr. ... eingeräumt. Im Gegenzug dazu wurde dem Beklagten durch die erwähnte

      Vereinbarung das Recht zugestanden, seine Auffüllung und Planie im Grenzbereich so zu gestalten, dass die Böschungsoberkante auf der Grundstückgrenze, der Böschungsfuss auf dem Land des Konsortiums liegt (Urk. 17/1). Im Jahre 1993 kam es nach der Darstellung des Klägers zu weiteren Aufschüttungen im Grenzbereich zwischen den beiden Grundstücken (Urk. 1 S. 4 Rz 6, Urk. 20 S. 6

      Rz 15).

    3. Im Laufe der Jahre führte der Beklagte mehrfach Bauarbeiten im Grenzbereich zum Grundstück des Klägers durch. Unter anderem wurde dem Beklagten von der Baukommission D. am 20. Mai 2010 die Erstellung einer Sichtschutzwand bewilligt, welche auf der bestehenden Betonmauer erstellt werden sollte (Urk. 5/7). Diesen Entscheid focht der Kläger mit dem Rekurs bei der Baurekurskommission III des Kantons Zürich an, welche den Rekurs am 29. September 2010 abwies (Urk. 5/8). Die Baurekurskommission wies in ihrem Entscheid auf § 178 EG ZGB hin, wonach Einfriedigungen, welche eine Höhe von 1,50 m übersteigen, um die Hälfte der Mehrhöhe von der nachbarlichen Grenze zurückversetzt werden müssten, falls der betroffene Nachbar dies verlange. Ansprüche, die sich aus § 178 EG ZGB ableiteten, seien indessen privatrechtlicher Natur und daher vom Zivilrichter zu beurteilen (Urk. 5/8 S. 5).

    4. Die Höhe der Grenzmauer auf dem Grundstück des Beklagten ist unbestritten (vgl. Urk. 56 S. 5 f.): Am westlichen Ende liegt ihre Oberkante auf der Kote

      635.12 m, in der Mitte auf der Kote 635.93 und in einem Abstand von ca. 4,5 m

      von der C. -Strasse auf der Kote 633.69 (vgl. Urk. 56 S. 5 f.). Die Parteien sind sich aber nicht einig, von welchem Fusspunkt die Mauerhöhe gemessen werden soll, ob vom derzeitigen Bodenverlauf oder von einem früheren.

  2. Prozessverlauf

    1. Am 6. Juni 2012 leitete der Kläger gegen den Beklagten ein Schlichtungsverfahren ein und stellte dort das Begehren: Herstellung der ursprünglichen Mauerhöhe oder Anpassung entsprechend EG zum ZGB, § 178. In der Klagebewilligung vom 30. Juni 2012 ist ein Streitwert von Fr. 10'000.00 vermerkt (Urk. 4). Die Klage wurde in der Folge im vereinfachten Verfahren vom Einzelgericht

      am Bezirksgericht Pfäffikon beurteilt und führte am 21. November 2014 zum angefochtenen Urteil.

    2. Der Kläger focht am 2. Februar 2015 das vorinstanzliche Urteil rechtzeitig mit der Berufung an (Urk. 55 und Urk. 53/1). Der Beklagte erstattete am 1. April 2015 die Berufungsantwort (Urk. 60). Die Berufungsantwort wurde am 7. April 2014 dem Kläger zugestellt (Urk. 61).

  3. Formelles

    1. In der Klagebewilligung ist von einem Streitwert von Fr. 10'000.00 die Rede (Urk. 4), während dessen im angefochtenen Urteil ein Streitwert von über Fr. 10'000.00 vermerkt ist (Urk. 56 S. 2). Die Parteien äusserten sich weder vor Vorinstanz noch vor Berufungsinstanz zum Streitwert. Im Sinne von Art. 91 Abs. 2 ZPO ist unter diesen Umständen von einem Streitwert von Fr. 10'000.00 auszugehen. Damit ist auf die Berufung jedenfalls unter diesem Gesichtspunkt einzutreten (Art. 308 Abs. 2 ZPO).

    2. Der Kläger stellt vor Obergericht einen Subeventualantrag, den er vor Vorinstanz noch nicht gestellt hat. Das ist unzulässig (Art. 317 Abs. 2 ZPO). Auf den Subeventualantrag ist daher von vornherein nicht einzutreten.

  4. Materielles

    1. Die Parteien streiten sich darüber, ob die Grenzmauer auf dem Grundstück des Beklagten den Anforderungen von § 178 EG ZGB genügt oder nicht.

      Aus Art. 697 ZGB ergibt sich, dass dem Grundeigentümer ein Recht auf Einfriedung seines Grundeigentums zusteht. Die Beschränkung dieses Rechts im privaten Interesse des Nachbarn ist gemäss Art. 697 Abs. 2 ZGB allerdings Sache des kantonalen Rechts. Der Kanton Zürich hat mit § 178 EG ZGB die entsprechenden Beschränkungen erlassen. Diese Vorschrift ist mithin der Ausgangspunkt für die Beurteilung der Frage, ob und inwieweit die hier interessierende Grenzmauer rechtmässig ist oder nicht. § 178 EG ZGB bestimmt, dass der Grundeigentümer Mauern, welche die Höhe von 150 cm nicht übersteigen, an

      der Grenze anbringen kann. Überschreitet die Einfriedigung (so § 178 EG ZGB) bzw. Einfriedung (so Art. 697 ZGB) diese Höhe, so kann der Nachbar begehren, dass sie je um die Hälfte der Höhe über 150 cm von der Grenze entfernt werde (ZR 107/2008 Nr. 29, S. 102, E. 5.1. mit Verweisungen). Auf diese Bestimmung stützt der Kläger seine Klage.

    2. Das angefochtene Urteil hält unangefochten fest, dass entlang der Grenze zwischen den Grundstücken der Parteien die Oberkante der Grenzmauer am westlichen Ende auf der Kote 635.12 m liege, in der Mitte auf der Kote 635.93 und in einem Abstand von ca. 4,5 m von der Strasse auf der Kote 633.69 m (Urk. 56

      S. 5 f.). Ausgehend von diesen Werten genügt die fragliche Grenzmauer den Anforderungen von § 178 EG ZGB, wenn die Fusspunkte der Grenzmauer an den drei erwähnten Stellen höchstens auf den Koten 633.62 bzw. 634.43 bzw. 632.19 liegen. Der Kläger behauptet nicht, dass diese Fusspunkte heute effektiv tiefer lä- gen. Vielmehr stellt er sich auf den Standpunkt, dass sich das gewachsene Terrain vor der Überbauung der betroffenen Grundstücke (in der Mitte der gemeinsamen Grenze) auf 633 m.ü.M. befunden habe (Urk. 20 S. 2 Rz 3). Wäre dies der massgebliche Wert für den Fusspunkt der Grenzmauer, dann dürfte die Maueroberkante bei den oberen beiden Messpunkten lediglich die Kote 634.5 erreichen, wogegen der untere Messpunkt Richtung C. -Strasse mit einer Kote von 633.69 der Vorschrift von § 178 EG ZGB allerdings genügen würde.

    3. Der Kläger möchte nach dem Gesagten für die Ermittlung der zulässigen Mauerhöhe nicht auf den heutigen effektiven Geländeverlauf abstellen, sondern auf einen früheren, nach seinen Worten auf das gewachsene Terrain (vgl. Rechtsbegehren Ziff. 1; Urk. 1 S. 8 Rz 20). Die Rechtsprechung zu § 178 EG ZGB hat indessen klargestellt, dass der Begriff des gewachsenen Bodens ein Begriff des öffentlichen Baurechts ist und für die Auslegung von § 178 EG ZGB keine Rolle spielen kann (ZR 107/2008 Nr. 29, S. 103 E. 5.5.1. und 5.5.2.). Wäh- rend das öffentliche Baurecht öffentliche Interessen regelt, dient das eidgenössische und kantonale Nachbarrecht dem gerechten Ausgleich der Interessen der involvierten Privaten. Das gilt namentlich auch für das gemäss Art. 697 Abs. 2 ZGB erlassene kantonale Privatrecht, dem von Bundesrechts wegen die Rege-

      lung der näheren Ausgestaltung von Einfriedungen im privaten Interesse der Nachbarn überlassen ist. Für das Verhältnis zwischen Privaten geht es um die privaten Interessen der Beteiligten. Unter diesem Gesichtspunkt gewinnen Abmachungen - aber im Sinne von Art. 2 Abs. 1 ZGB auch das Verhalten der involvierten Grundeigentümer - eine hervorragende Bedeutung. Grundsätzlich ist aber, wie bereits einem Entscheid des Obergerichts aus dem Jahre 1918 entnommen werden kann, bei der Anwendung von § 178 EG ZGB das jetzige Niveau des in Frage kommenden Landes für die Messung massgebend und nicht dasjenige irgendeines früheren Zeitpunktes (ZR 18/1919 Nr. 105). Anders zu beurteilen wäre diese Frage nur dann, wenn diejenige Partei, die aus dem veränderten Niveau Rechte ableitet, einseitig und gegen den Willen des Nachbarn die Niveauveränderung vorgenommen hätte (vgl. ZR 107/2008 Nr. 29, S. 104, E. 5.5.2.).

    4. Damit kommt es darauf an, ob der Kläger vor Aktenschluss Tatsachenbehauptungen in den Prozess eingeführt hat, die auf ein einseitiges Handeln des Beklagten im beschriebenen Sinne schliessen lassen. Der Aktenschluss für den Kläger erfolgte hier mit dem zweiten Vortrag der Hauptverhandlung, weil im vereinfachten Verfahren kein eigentlicher Schriftenwechsel stattfindet.

      1. Von Belang sind die folgenden Behauptungen des Klägers:

        • Vor der Überbauung der Grundstücke der Parteien sei das gewachsene Terrain in der Mitte der gemeinsamen Grenze auf einer Kote von 633 m.ü.M. gewesen (Urk. 20 S. 2 Rz 3).

        • Aus den Baugesuchsplänen zu dem vom Gemeinderat D. am

  5. Februar 1976 bewilligten Bauprojekt auf dem Grundstück des Beklagten ergebe sich, dass damals im Bereich der gemeinsamen Grenze ein Terrain bestanden habe, das auf einer Kote von rund 633.30 m.ü.M. gelegen sei (Urk. 1 S. 3 f.; Urk. 20 S. 2).

        • Im Jahre 1993 habe sich der Beklagte einen Umbau seiner Liegenschaft bewilligen lassen. In diesem Zusammenhang sei es im Bereiche der gemeinsamen Grenze zu einer Terrainaufschüttung zwecks Realisierung eines Biotops gekommen; diese Terrainaufschüttung sei mit einer Stützmau-

          er gesichert worden (Urk. 1 S. 4 Rz 6). Das sei die erste relevante Aufschüttung gewesen (Urk. 20 S. 6 Rz 15).

        • Es treffe zu, dass der Kläger bei der beträchtlichen Aufschüttung im Jahr 1993 nicht opponiert habe (Prot. I S. 11).

        • In den Jahren 1996 und 2010 habe der Beklagte die Stützmauer erhöht (Urk. 1 S. 5 Rz 8 und 9). Vor Erstellung der Stützmauer habe keine Bö- schungssicherung bestanden (Urk. 20 S. 7 Rz 19).

      1. Demgegenüber stellt sich der Beklagte auf den Standpunkt, Aufschüttungen seien einzig in den Jahren 1976 bis 1977 im Zuge der Realisierung seines Einfamilienhauses erfolgt (Urk. 14 S. 6).

    1. In rechtlicher Hinsicht stellt sich der Kläger auf den Standpunkt, dass es auf das gewachsene Terrain ankomme, wie es im Zeitpunkt der Baugesuchseinreichung im Jahr 1976 vorhanden war. Und damals habe sich dieses Terrain auf der Kote 633.30 befunden (Urk. 1 S. 8 Rz 20 und 21). Diese Haltung widerspricht der Bedeutung von § 178 EG ZGB entsprechend der massgeblichen Rechtsprechung. Abzustellen ist vielmehr auf den effektiven Bodenverlauf, es wä- re denn, dieser sei einseitig und gegen den Willen des Nachbarn verändert worden. Es kann daher auf den Bodenverlauf zwischen den beiden Grundstücken, wie er bestand, bevor der Kläger Anfang 1979 seine Parzelle erwarb, von vornherein nicht ankommen.

    1. Werden, wie hier, im Grenzbereich zwischen zwei Einfamlienhausparzellen Bodenveränderungen vorgenommen, so ist ohne weiteres davon auszugehen, dass die von den Bodenveränderungen betroffenen Eigentümer beim Nachbarn sofort remonstrieren, wenn sie mit diesen Veränderungen nicht einverstanden sein sollten. Solche Bodenveränderungen können durchaus auch im Interesse beider Grundeigentümer liegen, wenn nämlich eine einheitliche und aufeinander abgestimmte Gartengestaltung erreicht werden soll. Vorbehaltloses Zusehen während einer gewissen Zeit kommt in einer solchen Situation daher einer Zustimmung zu den vom Nachbarn veranlassten Bodenveränderungen gleich. Gemäss Art. 2 Abs. 1 ZGB gebieten es Treu und Glauben, dem Nachbarn, der Bo-

      denveränderungen vornimmt, verhältnismässig zeitnah klar zu signalisieren, wenn diese Veränderungen nicht akzeptiert werden sollten. Rechtsmissbräuchlich im Sinne von Art. 2 Abs. 2 ZGB wäre es jedenfalls, auf solche Veränderungen einstweilen mit Schweigen zu reagieren, die vom Nachbarn veranlassten Bodenverän- derungen - gleich einem Pfand - in der Hand zu behalten, um dann nach Jahr und Tag die Umgestaltung von Gartenanlagen zu verlangen, z.B. weil sich aus irgendeinem Grunde die Stimmung zwischen den Nachbarn verändert haben sollte. Wie erörtert, können Bodenveränderungen im Grenzbereich zwischen zwei Grundstücken durchaus den Interessen beider Grundeigentümer dienen. Wird aber eine solche Bodenveränderung im Grenzbereich von den Beteiligten hingenommen, dann ist im Sinne der Rechtsprechung der neue Bodenverlauf massgebend für die Messung von Einfriedungen gemäss § 178 EG ZGB. Anders zu beurteilen wäre das nur dann, wenn die Voraussetzungen gegeben wären, um vom Nachbarn den Rückbau der Bodenveränderungen zu verlangen. Das könnte erfolgen durch eine Klage aus Besitzesstörung, die aber nur zulässig ist, wenn der Besitzer die Beseitigung der Störung verlangt, sobald ihm der Eingriff bekannt geworden ist (Art. 928 und Art. 929 Abs. 1 ZGB). Werden aber Bodenveränderungen im Grenzbereich während längerer Zeit hingenommen, dann kommt es eben für die Zulässigkeit einer Grenzmauer im Sinne von § 178 EG ZGB einzig auf das jetzige Niveau des in Frage kommenden Landes und nicht auf dasjenige irgendeines früheren Zeitpunktes an (so bereits schon ZR 18/1919 Nr. 105). Eine andere Rechtsprechung wäre der Rechtssicherheit abträglich und würde schikanösem Verhalten im nachbarschaftlichen Verhältnis Tür und Tor öffnen.

    2. Der Kläger weist im Prozess zwar auf mehrfache Aufschüttungen hin (Urk. 1 S. 6 Rz 11), welche den ursprünglichen Bodenverlauf zwischen den Grundstücken der Parteien verändert haben sollen, nachdem der Kläger sein Grundstück Anfang 1979 erworben hatte. Effektiv wird indessen nur eine einzige im Jahre 1993 erfolgte Aufschüttung konkret behauptet (Urk. 1 S. 4 Rz 6; Urk. 20

      S. 6 Rz 15). Bezüglich dieser Aufschüttung anerkennt der Kläger ausdrücklich, nicht opponiert zu haben, wiewohl er diese Aufschüttung ausdrücklich als beträchtlich bezeichnet (Prot. I S. 11). Damit nahm der Kläger diese Aufschüttung und den durch sie bewirkten neuen Bodenverlauf aber hin. Rechtsmissbräuchlich

      im Sinne von Art. 2 Abs. 2 ZGB wäre es, nach beinahe zwanzigjährigem Schweigen die Wiederherstellung des früheren Bodenverlaufs zu verlangen. Damit ist aber nach einer so langen Zeit auch seinem Widerstand gegen die im Sinne von § 178 EG ZGB dem effektiven Bodenverlauf entsprechende Grenzmauer des Beklagten die Grundlage entzogen. Das führt ohne weiteres zur Abweisung der Klage. Gleiches gilt auch bezüglich des Eventualantrages, mit dem der Kläger zu erreichen versucht, dass die Höhe der Mauer nicht von ihrem Fusspunkt, sondern von der Kote gemessen wird, auf welcher sich das an die Mauer angrenzende Terrain auf dem klägerischen Grundstück Kat.-Nr. ... befindet. Zu messen ist die Höhe der Grenzmauer gemäss § 178 EG ZGB indessen an der Grenze. Übersteigt die Mauer die Höhe von 150 cm, so muss die Mauer gemäss der erwähnten Vorschrift um die Hälfte der Höhe über 150 cm von der Grenze entfernt sein. In tatsächlicher Hinsicht tut der Kläger im Prozess nicht dar, inwieweit die Grenzmauer dieses Limit verletzen soll. Damit kann auch dem Eventualantrag nicht gefolgt werden. Im Sinne von Art. 318 Abs. 1 lit. a ZPO ist daher in Abweisung der Berufung das angefochtene Urteil ohne weiteres zu bestätigen.

    3. Die Vorinstanz hat mit ihrer Beweisverfügung vom 13. August 2014 Beweise zur Frage abgenommen, auf welcher Kote die Grenze zwischen den Grundstücken der Parteien verlaufen sei, als der Kläger seine Liegenschaft im Jahre 1979 gekauft habe (Urk. 22). Das ist indessen angesichts des Umstandes, dass der Kläger sich auf eine einzige spätere Bodenveränderung konkret beruft, die er aber im Sinne des Gesagten hinnahm, keine rechtserhebliche streitige Tatsache. Das von der Vorinstanz durchgeführte Beweisverfahren hätte daher unterbleiben können. Unter diesen Umständen ist auch die vom Kläger mit der Berufung vorgetragene Rüge, die Vorinstanz habe das Beweisverfahren nicht ordnungsgemäss durchgeführt (vgl. Urk. 55 S. 5 Rz 9), obsolet.

5. Kostenund Entschädigungsfolgen

Bei diesem Prozessausgang ist das angefochtene Urteil auch hinsichtlich

der Kostenund Entschädigungsfolgen ohne weiteres zu bestätigen (Art. 318 Abs. 1 lit. a ZPO). Ferner wird der Kläger für das Berufungsverfahren kostenund entschädigungspflichtig, wobei von einem Streitwert von Fr. 10'000.00 auszugehen ist.

Es wird beschlossen:
  1. Auf den Subeventualantrag Ziff. 3 der Berufung wird nicht eingetreten.

  2. Rechtsmittel: vgl. nachstehendes Urteil.

Und sodann wird erkannt:
  1. In Abweisung der Berufung wird das Urteil des Bezirksgerichts Pfäffikon (Einzelgericht) vom 21. November 2014 bestätigt.

  2. Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 1'800.00 festgesetzt.

  3. Die Gerichtskosten für das zweitinstanzliche Verfahren werden dem Kläger und Berufungskläger auferlegt und mit seinem Kostenvorschuss verrechnet.

  4. Der Kläger und Berufungskläger wird verpflichtet, dem Beklagten und Berufungsbeklagten für das zweitinstanzliche Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 1'750.00 (Mehrwertsteuer eingeschlossen) zu bezahlen.

  5. Schriftliche Mitteilung an die Parteien sowie an das Bezirksgericht Pfäffikon (Einzelgericht), je gegen Empfangsschein.

    Nach unbenutztem Ablauf der Rechtsmittelfrist gehen die erstinstanzlichen Akten an die Vorinstanz zurück.

  6. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

    Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.

    Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 10'000.00.

    Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung. Hinsichtlich des Fristenlaufs gelten die Art. 44 ff. BGG.

    Zürich, 13. August 2015

    Obergericht des Kantons Zürich

    1. Zivilkammer

Die Präsidentin:

Dr. L. Hunziker Schnider

Der Gerichtsschreiber: Dr. M. Nietlispach

versandt am: js

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