Zusammenfassung des Urteils NG220014: Obergericht des Kantons Zürich
Die Klägerinnen haben gegen die Kündigung und die Mietzinserhöhung geklagt, die von der Beklagten ausgesprochen wurden. Die Vorinstanz hat die Klage abgewiesen und die Kündigung für gültig erklärt. Die Klägerinnen haben daraufhin Berufung eingelegt und argumentiert, dass die Ertragsoptimierungskündigung unzulässig sei und die Beklagte widersprüchlich gehandelt habe. Sie behaupten auch, dass die Beklagte einen überhöhten Mietzins von neuen Mietern verlangt habe. Die Beklagte verteidigt die Kündigung und die Mietzinserhöhung und argumentiert, dass sie berechtigt seien. Die Klägerinnen bringen neue Vorbringen vor, die jedoch im Berufungsverfahren nicht zulässig sind. Die Vorinstanz hält fest, dass die Beklagte bei Anwendung der absoluten Methode einen höheren Mietzins erzielen könnte. Die Klägerinnen bestreiten dies nicht, behaupten jedoch, dass die Beklagte einen überhöhten Mietzins beabsichtige. Die Berufungsinstanz muss nun über die Gültigkeit der Kündigung und der Mietzinserhöhung entscheiden.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | NG220014 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Zivilkammer |
Datum: | 03.10.2023 |
Rechtskraft: | Weiterzug ans Bundesgericht, 4A_548/2023 |
Leitsatz/Stichwort: | Kündigungsschutz / Anfechtung |
Schlagwörter : | Mietzins; Mietzinserhöhung; Recht; Kündigung; Methode; Klägerinnen; Ertrag; Vorinstanz; Berufung; Ertrags; Rechtsprechung; Ertragsoptimierung; Vermieter; Vermieterin; Beklagten; Ertragsoptimierungskündigung; Mietverhältnis; Mieter; Bundesgericht; Entscheid; Liegenschaft; Verfahren; Erhöhung; Parteien; Anpassung |
Rechtsnorm: | Art. 106 ZPO ;Art. 111 ZPO ;Art. 199 ZPO ;Art. 2 ZGB ;Art. 229 ZPO ;Art. 261 OR ;Art. 269 OR ;Art. 269d OR ;Art. 270 OR ;Art. 270a OR ;Art. 270b OR ;Art. 271 OR ;Art. 271a OR ;Art. 3 ZGB ;Art. 310 ZPO ;Art. 311 ZPO ;Art. 317 ZPO ;Art. 318 ZPO ;Art. 57 ZPO ;Art. 90 BGG ;Art. 93 ZPO ; |
Referenz BGE: | 120 II 105; 120 II 240; 120 II 302; 121 III 163; 124 III 67; 136 III 190; 136 III 74; 138 III 374; 138 III 625; 142 III 413; 142 III 568; 143 III 15; 143 III 653; 147 III 14; |
Kommentar: | - |
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: NG220014-O/U
Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. E. Lichti Aschwanden, Vorsitzende, Oberrichterin lic. iur. M. Stammbach und Ersatzoberrichter PD Dr. i- ur. S. Zogg sowie Gerichtsschreiber MLaw B. Lakic
in Sachen
A. ,
B. ,
Klägerinnen und Berufungsklägerinnen
1, 2 vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X. ,
gegen
C. ,
Beklagte und Berufungsbeklagte
vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Y. ,
betreffend Kündigungsschutz / Mietzinsanfechtung
Berufung gegen ein Urteil des Mietgerichtes Zürich (Kollegialgericht) vom 22. August 2022 (MJ210065)
(act. 1/1 S. 2; act. 42 S. 9, sinngemäss)
Die angefochtene Kündigung vom 12. April 2021 per 30. September 2021 sei für ungültig zu erklären.
Es sei festzustellen, dass die angefochtene Mietzinserhöhung vom
10. Dezember 2021 per 1. April 2022 missbräuchlich sei und die angefochtene Mietzinserhöhung sei für ungültig zu erklären.
Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen (zuzüglich 7.7 % MwSt.) zu Lasten der Beklagten.
(act. 52)
1. Die Klage wird abgewiesen. Insbesondere wird die Kündigung der Vermieterin vom 12. April 2021 per 30. September 2021 für gültig erklärt und den Mieterinnen keine Erstreckung Gewährt.
Die Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf:
Fr. 6'460.00; die weiteren Kosten betragen: Fr. 0.00 Barauslagen
Fr. 6'460.00 Kosten total
Die Kosten werden den Klägerinnen auferlegt und von diesen unter Verrechnung ihres Kostenvorschusses bezogen. Der Fehlbetrag wird von den Klägerinnen nachgefordert. Beide Klägerinnen haften solidarisch.
Die Klägerinnen werden solidarisch verpflichtet, der Beklagten eine Parteientschädigung von Fr. 8'520 (inkl. MwSt.) zu bezahlen.
[Mitteilung und Rechtsmittel]
der Klägerinnen und Berufungsklägerinnen (act. 51 S. 2):
1. In Gutheissung der Berufung sei das angefochtene Urteil des Mietgerichts Zürich vom 22. August 2022 aufzuheben;
die Kündigung der Beklagten vom 12. April 2021 per 30. September 2021 sei für ungültig zu erklären;
es sei festzustellen, dass die angefochtene Mietzinserhöhung der Beklagten vom 10. Dezember 2021 per 1. April 2022 missbräuchlich sei und diese sei für ungültig zu erklären;
unter Kosten- und Entschädigungsfolgen (zuzügl. 7.7% MwSt.) des vorinstanzlichen und des Berufungsverfahrens zulasten der Beklagten.
der Beklagten und Berufungsbeklagten (act. 61 S. 2):
1. Die Berufung vom 30. September 2022 sei vollumfänglich abzuweisen, und das Urteil des Mietgerichtes Zürich vom 22. August 2022 sei zu bestätigen.
Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen (zuzüglich 7,7 % Mehrwertsteuer) zulasten der Klägerinnen/Berufungsklägerinnen unter solidarischer Haftung.
Sachverhalt und Prozessgeschichte
Mit Mietvertrag vom 28. März 2018 (act. 1/3/1) mieteten die Klägerinnen und Berufungsklägerinnen (nachfolgend Klägerinnen) die 3-Zimmerwohnung,
OG rechts, an der D. -strasse ..., ... Zürich. Vermieterin war damals die Erbengemeinschaft E. (act. 1/3/1; vgl. zur Zusammensetzung der Erbengemeinschaft act. 31/1). Bereits zuvor bestand ein Mietvertrag zwischen dieser Erbengemeinschaft und der Klägerin 1, die bereits seit dem 15. August 2005 in der betreffenden Wohnung gewohnt hatte (Mietvertrag vom 8. bzw. 11. Juni 2005; act. 1/3/2). Im neuen Mietvertrag vom 28. März 2018 wurde als Mietbeginn der
Juli 2018 festgelegt und eine dreimonatige Kündigungsfrist, jeweils auf Ende März, Juni September, vereinbart. Den NettoMietzins legten die Parteien auf monatlich Fr. 1'795 fest und vereinbarten monatliche Akontozahlungen von
Fr. 190 für diverse Nebenkosten. Der NettoMietzins beruhte auf einem Referenzzinssatz von 1.5 %, einem Stand des Landesindexes der Konsumentenpreise von 101.1 Punkten und einem Kostenstand 2015. Festgehalten wurde zudem folgender Vorbehalt (act. 1/3/1 S. 2):
aufgelaufene Reserve als Berechnungsstand bis Vertragsabschluss CHF 52.50 / 3.0 %
weitere: Der Mietvorbehalt beträgt CHF 630 / Jahr. Die Erhähung tritt ab dem 1. Juli 2021 in Kraft.
Mit Kaufvertrag vom 30. September 2019 (act. 31/1) kaufte die Beklagte und Berufungsbeklagte (nachfolgend Beklagte) die liegenschaft an der D. strasse ..., ... Zürich, von der vorgenannten Erbengemeinschaft für einen Kaufpreis von Fr. 9.16 Mio. (act. 31/1 S. 4). Mit der am gleichen Tag vollzogenen Eigentumsübertragung ging der Mietvertrag mit den Klägerinnen unbestrittenermassen auf die Beklagte über (Art. 261 Abs. 1 OR).
Mit amtlichem Formular vom 8. März 2021 teilte die Beklagte den Klägerin- nen eine Erhähung des NettoMietzinses per 1. Juli 2021 auf Fr. 1'839 mit (bei gleichbleibenden Akontozahlungen für die Nebenkosten; act. 1/3/4). Als Begrün- dung gab sie an:
Anpassung Berechnungsstand Reserve CHF 52.50 / 3.0 % auf CHF 44.50 / 1.50 % Auflösung Vorbehalt aufgelaufene Reserve als Berechnungsstand bis Vertragsabschluss CHF 44.50
Mit Schreiben und Formular vom 12. April 2021 kündigte die Beklagte den Klägerinnen sodann per 30. September 2021 (und bot gleichzeitig eine einmalige Erstreckung bis am 31. März 2022 sowie ein jederzeitiges Auszugsrecht auf Ende eines jeden Monats mit einer 30-t?gigen Anzeigefrist an; act. 1/3/5-8). Die Kündigung begründete die Beklagte wie folgt (act. 1/3/6 und act. 1/3/8):
Nicht Erreichung der gesetzlich zulässigen Nettorendite.
Diese Kündigung fochten die Klägerinnen mit Eingabe vom 12. Mai 2021 bei der SchlichtungsBehörde Zürich an, die nach gescheiterter Schlichtungsverhandlung mit Beschluss vom 26. August 2021 die Klagebewilligung erteilte (act. 1/5).
Mit Formular und Begleitschreiben vom 10. Dezember 2021 (act. 29/12-13) teilte die Beklagte den Klägerinnen zudem eine (weitere) Erhähung des Netto- Mietzinses per 1. April 2022 auf neu Fr. 2'794 mit (bei gleichbleibenden Akontozahlungen für die Nebenkosten). Als Begründung führte sie an (act. 29/12):
Anpassung an eine kostendeckende Nettorendite aufgrund Handänderung (Kauf liegenschaft durch C. ) um Fr. 955.00 auf neu netto Fr. 2'794.00
Im Begleitschreiben hielt die Beklagte sodann fest, dass die Klägerinnen die Mietzinsanpassung per 1. April 2022 für den Fall [erhalten], dass wider Erwarten gerichtlich rechtsKräftig festgestellt werden sollte, dass die Kündigung vom
12. April 2021 per 30. September 2021 ungültig sein sollte (act. 29/13). Diese Mietzinserhöhung fochten die Klägerinnen mit Eingabe vom 17. Januar 2022 bei der SchlichtungsBehörde Zürich an (act. 29/14; act. 38/1).
Mit Eingabe vom 6. Oktober 2021 (act. 1/1) erhoben die Klägerinnen Klage beim Mietgericht Zürich, Kollegialgericht (nachfolgend Vorinstanz), und beantragten, es sei die Kündigung vom 12. April 2021 für ungültig zu erklären. Mit dieser Klage vereinigte die Vorinstanz eine analoge Klage (vgl. act. 2/1-6) von Herrn
F. , dem Mieter einer anderen Wohnung derselben liegenschaft, dem die Beklagte ebenfalls (mit derselben Begründung) gekündigt hatte (vgl. den Zirkulationsbeschluss der Vorinstanz vom 13. Oktober 2021; act. 3). Noch vor der Hauptverhandlung zog die Klägerin 2 aus der hier streitgegenständlichen Woh- nung aus (vgl. act. 26). Ebenso zog Herr F. aus seiner Wohnung in derselben liegenschaft aus (und bei der Klägerin 1 als Untermieter in deren Wohnung ein); nachdem er seine Wohnung am 16. März 2022 der Beklagten zurückgegeben hatte, schrieb die Vorinstanz das ihn betreffende Verfahren als gegenstandslos geworden ab (Beschluss der Vorinstanz vom 12. April 2022; act. 20; act. 32).
Nachdem die Klägerinnen im Rahmen der Hauptverhandlung vor Vorinstanz vom 7. April 2022 ihre Klage betreffend Kündigungsschutz begründet hat-
ten und die Beklagte diese beantwortet hatte (act. 27; Prot. VI S. 9 ff.), verzichteten beide Seiten i.S.v. Art. 199 Abs. 1 ZPO auf die Durchführung des (bereits hängigen) Schlichtungsverfahrens betreffend die Anfechtung der Mietzinserhöhung vom 10. Dezember 2021 (Geschäfts-Nr. MO220066-L; Prot. VI S. 22). Daraufhin nahm die Vorinstanz das entsprechende Schlichtungsgesuch als Klage entgegen und vereinigte die beiden Verfahren (Anfechtung der Kündigung vom
12. April 2021 und Anfechtung der Mietzinserhöhung vom 10. Dezember 2021; act. 35). Im Rahmen der (fortgesetzten) Hauptverhandlung vom 13. Juni 2022 erstatteten die Parteien alsdann zu beiden Streitgegenständen ihre ParteivortRüge (act. 42; Prot. VI S. 28 ff.).
Mit Urteil vom 22. August 2022 wies die Vorinstanz die Klage ab, erklärte die Kündigung der Beklagten vom 12. April 2021 für gültig und Gewährte den Klägerinnen keine Erstreckung (act. 52, Dispositivziffer 1); ferner hielt sie in ihren Erwägungen fest, die nur eventuell ausgesprochene und angefochtene Mietzinserhöhung erweise sich bei diesem Verfahrensausgang als obsolet (act. 52 S. 47).
Dagegen erhoben die Klägerinnen mit Eingabe vom 30. September 2022 (act. 51) rechtzeitig Berufung und stellten die eingangs erwähnten Anträge. Mit Verfügung vom 20. Oktober 2022 (act. 54) wurde von den Klägerinnen ein Kostenvorschuss verlangt und die Prozessleitung an Oberrichterin lic. iur. M. Stammbach delegiert. Der Kostenvorschuss ging innert Frist ein (act. 56). Mit Verfügung vom 20. Dezember 2022 wurde als Referent neu Ersatzoberrichter PD Dr. iur.
S. Zogg eingesetzt und die Prozessleitung an ihn delegiert (act. 57). Mit Verfügung vom 18. Januar 2023 (act. 59) wurde der Beklagten alsdann Frist zur Erstattung der Berufungsantwort angesetzt; diese ging rechtzeitig ein (Eingabe vom
20. Februar 2023; act. 61) und wurde den Klägerinnen mit Kurzbrief zugestellt (act. 63). Auf entsprechendes Ersuchen der Klägerinnen (act. 64) wurde diesen Frist zur Stellungnahme angesetzt (act. 65); eine solche ging innert Frist ein (act. 67) und wurde den Beklagten mit Kurzbrief zugestellt (act. 68).
Die vorinstanzlichen Akten wurden beigezogen (act. 148). Die Sache erweist sich als spruchreif.
Prozessuales
Gegen erstinstanzliche Endentscheide ist die Berufung in vermögensrechtlichen Angelegenheiten zulässig, wenn der Streitwert der zuletzt aufrechterhalte- nen Rechtsbegehren mindestens Fr. 10'000.beträgt (Art. 308 Abs. 1 lit. a und Abs. 2 ZP O). Diese Streitwertgrenze ist mit Blick auf den von der Vorinstanz angenommenen und von den Parteien explizit als zutreffend bezeichneten (act. 51
S. 11; act. 61 S. 10) Streitwert ohne Weiteres erreicht (Fr. 83'189 für das Kündigungsschutzbegehren [act. 52 S. 47 f.] und Fr. 229'200 für die Mietzinsanfechtungsklage [act. 52 S. 17]). Anzumerken ist indessen, dass die von den Klägerinnen erhobene Mietzinsanfechtungsklage entgegen den Ausführungen der Vorinstanz (vgl. act. 52 S. 47) nicht bloss im Sinne eines Eventualbegehrens erhoben wurde, sondern kumulativ zum Kündigungsschutzbegehren; wird Letzteres gutgeheissen, so soll auch die Mietzinserhöhung aufgehoben werden. Daran ?n- dert nichts, dass die Mietzinserhöhung als solche bloss bedingt ausgesprochen worden war (vgl. unten, E. 7.8). Angefochten ist die (bloss bedingt ausgesproche- ne) Mietzinserhöhung in unbedingter Weise. Die Streitwerte der beiden durch Vereinigung objektiv gehäuften Klagen sind daher, weil sich die geltend gemachten Ansprüche (Kündigungsschutz und Mietzinsklage) auch nicht etwa gegenseitig ausschliessen, zu addieren (Art. 93 Abs. 1 ZPO).
Gemäss Art. 311 Abs. 1 ZPO ist die Berufung zu begründen. Die Berufung führende Partei muss sich mit den Erwägungen des angefochtenen Entscheids einschließlich auseinandersetzen und wenigstens rudimenTür darlegen, an welchen konkreten Mängeln dieser ihrer Ansicht nach leidet und in welchem Sinne er abgeändert werden soll. Hierbei sind die vorinstanzlichen Erwägungen zu bezeich- nen, die angefochten werden, und die Aktenstücke zu nennen, auf denen die Kritik beruht. Es genügt nicht, bloss auf die vor erster Instanz vorgetragenen Ausführungen zu verweisen und diese in der Berufungsschrift wiederzugeben den angefochtenen Entscheid bloss in allgemeiner Weise zu kritisieren. Was nicht in genügender Weise beanstandet wird, hat Bestand (vgl. BGE 138 III 374, E. 4.3.1; BGer, 5A_209/2014 vom 2. September 2014, E. 4.2.1; 5A_387/2016 vom 7. Sep-
tember 2016, E. 3.1).
Die Berufungsinstanz verfügt in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht über volle Kognition, d.h. es kann sowohl unrichtige Rechtsanwendung als auch unrichtige Feststellung des Sachverhalts beanstandet werden (Art. 310 ZPO). Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Berufungsinstanz gehalten wäre, von sich aus wie ein erstinstanzliches Gericht alle sich stellenden tatsächlichen und rechtlichen Fragen zu untersuchen, wenn die Parteien diese in oberer Instanz nicht (mehr) vortragen. Vielmehr hat sie sich abgesehen von offensichtlichen Mängeln grundsätzlich auf die Beurteilung der in der BerufungsBegründung (und gegebe- nenfalls in der Berufungsantwort) erhobenen Beanstandungen zu beschränken (BGE 142 III 413, E. 2.2.4; BGer, 4A_418/2017 vom 8. Januar 2018, E. 2.3). In-
nerhalb des so definierten Pröfprogramms ist die Berufungsinstanz aber weder an die Argumente, welche die Parteien zur Begründung ihrer Beanstandungen vorbringen, noch an die Erwägungen der ersten Instanz gebunden. Sie wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 57 ZPO) und verfügt über freie Kognition in Tatfragen, weshalb sie die Berufung auch mit einer anderen Argumentation gutheissen diese mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen kann (BGer, 4A_397/2016 vom 30. November 2016, E. 3.1).
Gemäss Art. 243 Abs. 2 lit. c ZPO gilt sowohl für den Kündigungsschutz als auch für die Mietzinsanfechtungsklage ohne Rücksicht auf den Streitwert das vereinfachte Verfahren und es kommt der soziale Untersuchungsgrundsatz zur Anwendung (Art. 247 Abs. 2 lit. a ZPO). Neue Tatsachen und Beweismittel (Noven) werden im Berufungsverfahren indessen nur noch beRücksichtigt, wenn sie ohne Verzug vorgebracht werden und trotz zumutbarer Sorgfalt nicht schon vor erster Instanz hätten vorgebracht werden können (Art. 317 Abs. 1 ZPO). Dies gilt auch im Anwendungsbereich der eingeschränkten Untersuchungsmaxime; eine analoge Anwendung von Art. 229 Abs. 3 ZPO, wonach vor erster Instanz bei Geltung der Untersuchungsmaxime Noven bis zum Beginn der Urteilsberatung voraussetzungslos zugelassen werden, fällt für das Obergerichtliche Verfahren grundsätzlich ausser Betracht (vgl. BGE 138 III 625, E. 2.2; 142 III 413, E. 2.2.2).
Parteistandpunkte und Entscheid der Vorinstanz
Die Klägerinnen stellten sich vor Vorinstanz zusammengefasst auf den Standpunkt, die angefochtene Kündigung sei aus mehreren Gründen treuwidrig und deshalb aufzuheben. Erstens kritisieren sie die bundesgerichtliche Rechtsprechung, wonach eine sog. Ertragsoptimierungskündigung im Grundsatz zulässig sei; an dieser Rechtsprechung, die in der Lehre in Kritik geraten sei, könne nicht festgehalten werden, denn damit werde der vom Gesetzgeber beabsichtigte Schutz der schwächeren Partei vor ungerechtfertigten Mietzinserhöhungen und Kündigungen unterlaufen (act. 27 S. 8 f., 11; act. 42 S. 7). Zweitens mache das Bundesgericht aber, selbst wenn an der genannten Rechtsprechung festgehalten werden sollte, gewisse Ausnahmen von der zulässigkeit einer Ertragsoptimierungskündigung, Nämlich u.a. dann, wenn die Mieterinnen in ihrem Vertrauen auf eine lange Mietdauer zu Schätzen seien. Das sei vorliegend der Fall, weil zum ei- nen bereits die vormaligen Eigentümer im Rahmen der Verhandlungen, die letztlich zum Abschluss des neuen Mietvertrages vom 28. März 2018 gefährt hätten, den Klägerinnen ein langfristiges Mietverhältnis in Aussicht gestellt und zudem versprochen hätten, dass die liegenschaft nicht verkauft würde. Zum anderen habe aber auch die Maklerin, die G. AG, den Klägerinnen im Rahmen des Verkaufs der liegenschaft an die Beklagte ein langfristiges Mietverhältnis zugesichert. Die Klägerinnen seien deshalb in ihrem Vertrauen auf eine lange Mietdauer zu Schätzen und die Kündigung sei deshalb treuwidrig (act. 27 S. 2 ff., 8 f.; act. 42
S. 1 ff.). Drittens hätte die Beklagte zwar im März 2021 die Möglichkeit gehabt, den Mietzins nach absoluter Methode anzupassen, insbesondere nach Massgabe der neuen bundesgerichtlichen Rechtsprechung zur Nettorenditeberechnung. Stattdessen habe sie in ihrer Mietzinserhöhung vom 8. März 2021 aber bloss eine Anpassung nach relativer Methode erklärt, keine ErhähungsGründe nach absoluter Methode geltend gemacht und auch keinen Vorbehalt angebracht; damit habe sie den Klägerinnen zu verstehen gegeben, dass sie mit dem neuen Mietzins eine genügende Rendite erziele. Den neuen Bundesgerichtsentscheid vom 26. Oktober 2020, der eine Erhähung der Nettorendite zugelassen hätte (BGE 147 III 14), habe die Beklagte zu jenem Zeitpunkt bereits gekannt bzw. kennen müssen. Auch in diesem Vertrauen seien die Klägerinnen zu Schätzen; es sei treuwidrig, zunächst den Mietzins vorbehaltlos und in Kenntnis der neuen Rechtsprechung zu Erhöhen und dann nur kurze Zeit später unter Berufung auf diese neue Rechtsprechung mit der Begründung zu Kündigen, es werde keine genügende Rendite erzielt (act. 27 S. 5, 9 f.; act. 42 S. 5 ff.).
Mit Bezug auf die angefochtene Mietzinserhöhung vom 10. Dezember 2021 machten die Klägerinnen im Wesentlichen geltend, die Beklagte habe ihre Möglichkeit, eine Anpassung des Mietzinses nach absoluter Methode vorzunehmen, mit der vorbehaltlosen Mietzinserhöhung vom 8. März 2021 verwirkt (act. 42
S. 9 f.). Eventualiter bestritten die Klägerinnen die von der Beklagten geltend gemachte Nettorenditeberechnung (act. 42 S. 10 ff.; Prot. VI S. 30 ff.).
Die Beklagte hielt dem vor Vorinstanz zusammengefasst entgegen, es sei auf die einschlägige bundesgerichtliche Rechtsprechung abzustellen, wonach ei- ne Ertragsoptimierungskündigung in Nachachtung der Kündigungsfreiheit zulässig sei (Prot. VI S. 20 f.). Es sei sodann nie ein langjöhriges Mietverhältnis zugesichert und ebenso wenig versprochen worden, dass die liegenschaft nicht verkauft würde (Prot. VI S. 13 ff., 19, 35 ff.). Im Rahmen der Mietzinserhöhung vom
8. März 2021 sei bloss der im Mietvertrag vorgesehene Vorbehalt umgesetzt wor- den; es sei keine Anpassung nach absoluter relativer Methode erfolgt, son- dern letztlich bloss der Mietzins im Sinne einer Staffelung angepasst worden. Ein Vorbehalt sei deshalb nicht erforderlich gewesen, um später eine Anpassung nach absoluter Methode vorzunehmen; selbst wenn das aber anders wäre, wäre es der Beklagten im Zeitpunkt der Kündigung gerade wegen des verpassten Vorbehalts verwehrt gewesen, den Mietzins zu Erhöhen, weshalb sie zur Ertragsoptimierungskündigung habe greifen müssen (Prot. VI S. 16 ff., 19 f., 40 ff., 43). Ohnehin sei der Beklagten der Bundesgerichtsentscheid vom 26. Oktober 2020 (BGE 147 III 14) damals nicht bekannt gewesen, sondern erst ab dem
22. März 2021, als sie Herrn Rechtsanwalt H. aufgesucht habe und von ihm eine Nettorenditeberechnung habe machen lassen (Prot. VI S. 40 ff.). gestützt auf die Nettorenditeberechnung gemäss act. 31/5 sei die Beklagte berechtigt, erheblich mehr als einen NettoMietzins von Fr. 1'839 zu verlangen, Nämlich
Fr. 2'794 (Prot. VI S. 18, 41 f.). Entsprechend sei auch die Mietzinserhöhung
vom 10. Dezember 2021, die nur für den Fall ausgesprochen worden sei, dass die Kündigung als ungültig erachtet werde, nicht missbräuchlich (Prot. VI S. 43). Oh- nehin fehle es der Klägerin 2 sodann an einem Rechtsschutzinteresse, weil sie bereits aus der Wohnung ausgezogen sei (Prot. VI S. 20).
Die Vorinstanz hält im angefochtenen Entscheid zunächst fest, dass die Klägerin 2 trotz ihres Auszugs aus der Wohnung nach wie vor ein ausreichendes Rechtsschutzinteresse an der Anfechtung der Kündigung (und implizit auch an der Anfechtung der Mietzinserhöhung vom 10. Dezember 2021) habe (act. 52
E. 4.2). Diese Erwägung wurde von keiner Seite beanstandet, weshalb darauf im Folgenden nicht weiter einzugehen ist.
In der Sache hält die Vorinstanz zusammengefasst dafür, die in BGE 120 II 105 begründete und danach mehrfach bestätigte Rechtsprechung, wonach eine sog. Ertragsoptimierungskündigung der Vermieterin grundsätzlich mit gewissen Einschränkungen zulässig sei, sei aus verschiedenen Gründen unbefriedigend (act. 52 E. 5.1.4). Namentlich sei problematisch, dass die Vermieterin ihr Ziel ei- nes Höheren Ertrags über eine Kündigung besser erreichen könne als mit einer Mietzinserhöhung im bestehenden Vertragsverhältnis. Zudem untersage das Gesetz der Vermieterin eine Änderungskündigung bzw. eine Mietzinserhöhung mit verbundener Kündigungsandrohung explizit (vgl. Art. 271a Abs. 1 lit. b OR und Art. 269d Abs. 2 lit. c OR; act. 52 S. 32 f.). Es sei zu befürchten, dass die Ertragsoptimierungskündigung wegen der neuen bundesgerichtlichen Rechtsprechung zur zulässigen Nettorendite (BGE 147 III 14) gerade in Ballungsgebieten in quantitativer Hinsicht einen unerwänschten Aufschwung erfahren könnte (act. 52
S. 38 f.). Eine änderung dieser Rechtsprechung würde aber, so die Vorinstanz, eine Anpassung mehrerer Eckpfeiler der bestehenden Rechtsprechung zur Missbrauchsgesetzgebung erforderlich machen; so hätte das u.a. Auswirkungen auf die Rechtsprechung zur relativen Methode der Mietzinserhöhung, da der Vermieterin dann bereits nach einer wesentlich kürzeren Frist eine Anpassung des Mietzinses an absolute ErhähungsGründe zugestanden werden Müsste, als dies heute der Fall sei (act. 52 S. 33 ff.). Insgesamt erachtete die Vorinstanz die Voraussetzungen für eine Praxisänderung als nicht gegeben und hielt sich als erstinstanzliches Gericht für an die erwähnte Rechtsprechung des Bundesgerichts gebunden (act. 52 S. 39).
In Anwendung dieser Rechtsprechung hielt die Vorinstanz dem Argument der Klägerinnen, die Kündigung sei treuwidrig, weil die Beklagte bzw. ihre Rechtsvorgänger ihnen ein langfristiges Mietverhältnis zugesichert hätten, entgegen, es sei nicht klar, was mit einem langfristigen Mietverhältnis überhaupt gemeint sein soll, und Solches habe jedenfalls keinen Eingang in den Mietvertrag gefunden. Demgemäss sei ein unbefristetes Mietverhältnis abgeschlossen wor- den, das explizit mit einer dreimonatigen Kündigungsfrist jeweils per Ende März, Juni und September kündbar gewesen sei. Ebenso wenig enthalte der Mietvertrag eine Zusicherung, dass die liegenschaft nicht verkauft würde (act. 52 E. 5.2.1 und 5.2.2).
Es sei klar, so die Vorinstanz weiter, dass die Beklagte bei Anwendung der absoluten Methode von einer neuen Mieterschaft einen substantiell Höheren Mietzins erzielen könnte als den von den Klägerinnen aktuell bezahlten. Aufgrund des Kaufs der liegenschaft verfüge die Beklagte über einen aktuellen Anlagewert, den sie für eine Nettorenditeberechnung nach Art. 269 OR verwenden könne; dieser betrage für die gesamte liegenschaft Fr. 9.16 Mio. Schon die Fremdkapitalkosten von Fr. 37'600 pro Jahr auf der Hypothek von Fr. 2 Mio. und die Verzinsung des investierten Eigenkapitals von Fr. 7.16 Mio. zu 3.25 % pro Jahr erlaube auch ohne BeRücksichtigung der umstrittenen Unterhaltskosten und der Kosten der Handänderung gestützt auf eine Nettorenditeberechnung, umgelegt nach den Quadratmeterzahlen, einen monatlichen NettoMietzins von Fr. 2'388 und damit einen solchen, der ganz erheblich über dem aktuellen Mietzins von
Fr. 1'839 liege (act. 52 E. 5.2.3). Dem Einwand, der Kaufpreis sei offensichtlich übersetzt gewesen, hält die Vorinstanz entgegen, dass sich selbst bei BeRücksichtigung der von den Klägerinnen eingereichten (den relevanten Kriterien aber oh- nehin nicht genügenden) Vergleichsobjekte und bei Heranziehen der Mietpreis- Strukturerhebung 2006 zeige, dass der Kaufpreis zwar allenfalls übersetzt gewesen sei, aber nicht so sehr, dass ein nicht offensichtlich übersetzter Kaufpreis kei- ne erhebliche Mietzinserhöhung erlaubt hätte (act. 52 E. 5.2.4).
Schliesslich hält die Vorinstanz dafür, die Kündigung sei nicht unnätig gewesen. Richtig sei zwar, dass der BGE 147 III 14 in den Medien breit diskutiert worden sei und der Beklagten im Zeitpunkt der von ihr ausgesprochen Mietzinserhöhung vom 8. März 2021 habe bekannt sein müssen. Es sei an der Beklagten gewesen, sich bei einer Mietzinserhöhung über die geltende Rechtsprechung zu informieren; zudem habe sie nicht nachvollziehbar dargelegt, weshalb sie zumal nach ausgesprochener Mietzinserhöhung überhaupt auf die Idee gekommen sei, Rechtsanwalt H. aufzusuchen und diesen mit der Erstellung einer Nettorenditeberechnung zu betrauen. Entsprechend müsse sich die Beklagte die von ihr vorbehaltlos ausgesprochene Mietzinserhöhung entgegenhalten lassen, so- dass eine Erhähung des Mietzinses nach absoluter Methode im bestehenden Mietverhältnis mit den Klägerinnen danach nicht mehr in Betracht gekommen sei. Das mache die Kündigung aber nicht treuwidrig, im Gegenteil. Gerade wegen der vorbehaltlosen Mietzinserhöhung vom 8. März 2021 sei es der Beklagten auf Jahre hinaus verunmöglicht gewesen, sich gegenüber den Klägerinnen auf absolute ErhähungsGründe zu berufen; entsprechend habe die Beklagte eine Mietzinserhöhung nur (noch) über eine Ertragsoptimierungskündigung erreichen können. Dass die Beklagte die Mietzinserhöhung vom 8. März 2021 nur ausgesprochen habe, um einen Kündigungsgrund zu schaffen, sei nicht behauptet worden. Selbst wenn das aber so wäre, wäre das nicht treuwidrig. Nach dem Erwerb der liegenschaft sei die Beklagte vielmehr weil sie dargelegt habe, dass eine Mietzinserhöhung nach absoluter Methode möglich sei wahlweise berechtigt gewesen, den Mietzins entweder im bestehenden Mietverhältnis nach absoluter Methode zu Erhöhen (welcher Möglichkeit sie sich aufgrund der vorbehaltlosen Mietzinserhöhung alsdann beraubt habe) das Mietverhältnis sogleich zu Kündigen, um die Mietsache einem Dritten zu einem Erhöhten Mietpreis neu zu vermieten. Wegen der abstrakten Möglichkeit einer Mietzinserhöhung nach absoluter Methode sei auch irrelevant, ob die Beklagte in Wahrheit anstrebe, von einem Dritten einen missbräuchlichen Mietzins zu erhalten (act. 52 E. 5.2.5).
Folglich erweise sich die angefochtene Kündigung als gültig. HürteGründe hätten die Klägerinnen explizit nicht geltend gemacht, sodass eine Erstreckung ausser Betracht falle. Bei diesem Verfahrensausgang erweise sich die nur bedingt
ausgesprochene Mietzinserhöhung vom 10. Dezember 2021 als obsolet (act. 52 S. 47).
In ihrer Berufung kritisieren die Klägerinnen erstens die bundesgerichtliche Rechtsprechung, wonach Ertragsoptimierungskündigungen im Grundsatz zulässig seien. Die Lehre stehe dem überwiegend kritisch gegenüber. Bereits aufgrund des Jahrhunderturteils in BGE 147 III 14, das gerade in Ballungszentren wie Zürich gewaltige Auswirkungen habe und mit dem bei Festhalten an der bisherigen Rechtsprechung zahllose Ertragsoptimierungskündigungen einhergehen würden, dränge sich eine Praxisänderung auf (act. 51 S. 3, 9 f.).
Zweitens beanstanden die Klägerinnen die Erwägung der Vorinstanz, wo- nach es der Vermieterin, die mit dem aktuell bezahlten Mietzins nach absoluter Methode keine genügende Rendite erziele, Völlig frei stehen soll, zu wählen, ob sie den Mietzins im bestehenden Mietverhältnis nach absoluten Kriterien Erhöhen aber zum Zwecke der Ertragsoptimierung Kündigen will. Selbst H. einer der wenigen Autoren in der Lehre, die eine Ertragsoptimierungskündigung nicht schon per se für unzulässig erachteten halte eine Kündigung zum Zwecke der Renditeverbesserung nur dann für zulässig, wenn die Vermieterin wegen der relativen Methode keine andere Wahl habe, als zu Kündigen; wenn die Vermieterin aber ausnahmsweise bereits im bestehenden Mietverhältnis den Mietzins nach absoluten Kriterien Erhöhen könne, so sei eine Kündigung auch nach dieser Auffassung unzulässig, weil eine solche die ultima ratio bleiben müsse. Wie die Vorinstanz zutreffend ausgefährt habe, sei es der Beklagten vorliegend vor der Mietzinserhöhung vom 8. März 2021 wegen des liegenschaftserwerbs freigestanden, den Mietzins im Mietverhältnis mit den Klägerinnen nach absoluten Kriterien zu Erhöhen und so eine genügende Rendite zu erzielen. Bereits aus diesem Grund sei die Ertragsoptimierungskündigung unnätig und deshalb unzulässig gewesen; darin liege im übrigen ein Unterschied zu sämtlichen Bundesgerichtsentscheiden, in denen Ertragsoptimierungskündigungen für zulässig gehalten worden seien (act. 51 S. 3 f., 7, 10).
Drittens stelle die angefochtene Kündigung schonungslose Rechtsaus- Übung und widersprächliches Verhalten dar. Statt einer wegen des liegen-
schaftserwerbs zulässigen Mietzinserhöhung nach absoluten Gesichtspunkten habe die Beklagte mit amtlichem Formular vom 8. März 2021 eine vorbehaltlose Mietzinserhöhung nach relativer Methode ausgesprochen, indem sie den vertraglichen Mietzinsvorbehalt ausgeschöpft und die relativen Berechnungsgrundlagen den aktuellen Verhältnissen angepasst habe. Dass die Beklagte in jenem Zeitpunkt keine Kenntnis von der neuen bundesgerichtlichen Rechtsprechung zur Nettorenditeberechnung (BGE 147 III 14) gehabt haben soll, sei unglaubhaft. Ei- nerseits habe die Beklagte angesichts der breiten Diskussion des Entscheids in den Medien Kenntnis davon haben müssen; andererseits hole eine Vermieterin Erkundigungen über die zulässige Rendite nicht ein, nachdem sie in der ganzen liegenschaft Mietzinserhöhungen ausgesprochen habe, sondern bevor sie das tue. Weshalb die Beklagte Rechtsanwalt H. aufgesucht haben soll, kurz nachdem sie gegenüber den Klägerinnen den Mietzins Erhöht hatte, sei nicht nachvollziehbar. Wenn die Beklagte aber trotz Kenntnis über die Möglichkeit einer Mietzinserhöhung nach absoluter Methode eine vorbehaltlose Mietzinserhöhung nach relativer Methode ausspreche und dann nur wenige Wochen später mit der Begründung kündige, sie erziele mit dem von ihr selbst Erhöhten Mietzins keine genügende Rendite, so sei das schonungslose RechtsausÜbung und widersprächlich (act. 51 S. 7 f., 10).
Viertens machen die Klägerinnen geltend, die Beklagte beabsichtige in Wahrheit, von einer neuen Mieterschaft einen missbräuchlich hohen Mietzins erhältlich zu machen. Sie machen in diesem Zusammenhang geltend, die Beklagte habe im Rahmen der Weitervermietung per 1. März 2022 einen neuen Mietzins verlangt, der über dem errechneten zulässigen Zins gelegen habe (act. 51 S. 5/6 und 8). Entgegen der Auffassung der Vorinstanz mache auch das die Ertragsoptimierungskündigung unzulässig. Dieser Ansicht würden auch H IGI/B?HLMANN und HULLIGER/HEINRICH folgen weitere der wenigen Stimmen in der Literatur, die Ertragsoptimierungskündigungen nicht bereits im Grundsatz für unzulässig hielten (act. 51 S. 4 ff.).
fänftens sei der von der Beklagten geltend gemachte Kündigungsgrund vorgeschoben. Die Beklagte habe die Kündigung damit begründet, dass sie im
bestehenden Mietverhältnis keine genügende Nettorendite erziele. Wie sich je- doch bei Neumietern anderer Wohnungen derselben liegenschaft gezeigt habe, beGründe die Beklagte die Erhähung des AnfangsMietzinses gegenüber dem vormaligen Mietzins dort mit einer Anpassung an die Orts- und Quartierüblichkeit. Das zeige, dass es der Beklagten in Wahrheit gar nicht um eine ungenügende Nettorendite, sondern um eine Anpassung an das orts- und quartierübliche Niveau gehe (act. 51 S. 8).
Mit Bezug auf die angefochtene Mietzinserhöhung vom 10. Dezember 2021 stellen sich die Klägerinnen auch in der Berufung auf den Standpunkt, die am 8. März 2021 ausgesprochene Mietzinserhöhung nach relativer Methode stehe einer Erhähung nach absoluter Methode entgegen (act. 51 S. 11).
Die Beklagte beantragt in ihrer Berufungsantwort die Abweisung der Berufung und die Bestätigung des vorinstanzlichen Entscheids. Inhaltlich schliesst sie sich den vorinstanzlichen Erwägungen vollumfänglich an und bringt ihrerseits kei- ne Beanstandungen vor (act. 61).
Neue Vorbringen der Klägerinnen
Bei den Tatsachenvorbringen der Klägerinnen im Zusammenhang mit andern bzw. nachfolgenden Mietverhältnissen in der streitgegenständlichen liegenschaft, aus denen sie ableiten, dass die Beklagte einen missbräuchlichen Mietzins zu erzielen beabsichtigte, handelt es sich um neue Vorbringen, von denen die Klägerinnen nicht dartun, dass sie sie nicht bereits vor Vorinstanz hätten vorbringen können, was denn auch nicht ersichtlich ist. Sie sind im Berufungsverfahren nicht zulässig (Art. 317 ZPO) und unbeachtlich.
Gültigkeit der Kündigung bei Anwendung der bisherigen Praxis
Die Vorinstanz hält im Ergebnis fest, es sei klar, dass die Beklagte bei Anwendung der absoluten Methode von einer neuen Mieterschaft einen substantiell Höheren Mietzins erzielen könnte als den von den Klägerinnen aktuell bezahlten. Selbst wenn die umstrittenen Unterhalts- und Handänderungskosten ausser Betracht blieben, ergebe eine Berechnung der zulässigen Nettorendite bei einem ak-
tuellen Anlagewert von Fr. 9.16 Mio., Fremdkapitalkosten von Fr. 37'600 pro Jahr auf der Hypothek von Fr. 2 Mio., einer Verzinsung des investierten Eigenkapitals von Fr. 7.16 Mio. zu 3.25 % pro Jahr und einer Grösse der Wohnung von 74 m2 (bei einer GesamtGrösse der liegenschaft von 698 m2) einen zulässigen monatlichen NettoMietzins von Fr. 2'388, der ganz erheblich über dem aktuell
bezahlten NettoMietzins von Fr. 1'839 liege (act. 52 E. 5.2.3). Dem Einwand des offensichtlich übersetzten Kaufpreises hält die Vorinstanz entgegen, dass sich selbst bei BeRücksichtigung der von den Klägerinnen eingereichten Vergleichsobjekte und bei Heranziehen der Mietpreis-Strukturerhebung 2006 zeige, dass der Kaufpreis zwar allenfalls übersetzt gewesen sei, aber nicht so sehr, dass ein nicht offensichtlich übersetzter Kaufpreis keine erhebliche Mietzinserhöhung erlaubt hätte (act. 52 E. 5.2.4). Die Klägerinnen haben diese Erwägungen der Vorinstanz in der Berufung als solche nicht beanstandet (vgl. act. 51 S. 5 f.). Sie bestreiten nicht, dass die Beklagte bei Anwendung der absoluten Methode objektiv in der Lage wäre, in einem gewissen (mehr als nur unerheblichen) Umfang einen höheren Mietzins zu erzielen als den von den Klägerinnen aktuell bezahlten. Sie machen bloss geltend, die Beklagte beabsichtige in Wahrheit, von einem neuen Mieter einen über die zulässige Rendite hinausgehenden und damit missbräuchlichen Mietzins zu erlangen (act. 51 S. 5 f., 8). Auf eine solche subjektive Absicht der Vermieterin kommt es nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung jedoch nicht an. Wenn wie hier nachgewiesen bzw. unbestritten ist, dass eine Erhähung des Mietzinses nach absoluter Methode objektiv möglich wäre (in mehr als nur unbedeutendem Umfang), so ist nach der bisherigen Praxis des Bundesgerichts nicht erheblich, ob die von der Vermieterin konkret beabsichtigte Mietzinserhöhung in vollem Umfang zulässig wäre (BGer, 4C.343/2004 vom 22. Dezember 2004, E. 3.2; BGer, 4A_472/2007 vom 11. März 2008, E. 2.1; entgegen den Kl?-
gerinnen haben weder ZK-HIGI/B?HLMANN, 5. Aufl. 2022, Art. 271 OR N 60 und Art. 271a N 80, noch CHK-HULLIGER/HEINRICH, Art. 271/271a OR N 3, 8, eine da-
von abweichende Meinung geäussert).
Die bisherige bundesgerichtliche Rechtsprechung lässt eine Ertragsoptimierungskündigung nur dann zu, wenn nicht eine der vom Bundesgericht anerkannten Ausnahmen einschlägig ist (s. dazu im Einzelnen unten, E. 6.2-6.5).
Auch wenn ungeachtet der teilweise heftigen Kritik (s. dazu E. 6.7 nachstehend)
dieser konstanten bundesgerichtlichen Rechtsprechung gefolgt wird, wäre die Kündigung ungültig, wenn sie in concreto einem widersprächlichem Verhalten entspringen schonungslose RechtsausÜbung darstellen würde.
Die Erwägung der Vorinstanz, wonach den Klägerinnen weder zugesichert worden sei, dass ein langfristiges Mietverhältnis angestrebt werde, noch dass die liegenschaft nicht verkauft würde (act. 52 E. 5.2.1 und 5.2.2), haben die Klägerinnen in ihrer Berufung nicht beanstandet, weshalb darauf nicht weiter einzugehen ist.
Die Klägerinnen beanstanden jedoch die Erwägung 5.2.5 des vorinstanzlichen Urteils. Danach könne, so die Vorinstanz, die Ertragsoptimierungskündigung der Beklagten nicht als unnätig bezeichnet werden, weil ihr nach der vorbehaltlosen Mietzinserhöhung vom 8. März 2021 aufgrund der Rechtsprechung zur relativen Methode eine Mietzinserhöhung nach absoluter Methode im bestehenden Mietverhältnis über Jahre hinaus verunmöglicht gewesen wäre. Richtig sei zwar, dass der Beklagten die neue Rechtsprechung gemäss BGE 147 III 14 im Zeitpunkt der Mietzinserhöhung vom 8. März 2021 habe bekannt sein müssen. Das sei aber nicht entscheidend. Selbst wenn die Beklagte die vorbehaltlose Mietzinserhöhung ausgesprochen haben sollte, um sich einen Kündigungsgrund zu verschaffen, wäre das nicht treuwidrig, denn es sei ihr als Käuferin der liegenschaft zum einen zugestanden, den Mietzins im bestehenden Mietverhältnis nach absoluter Methode zu Erhöhen, zum anderen sei es ihr alternativ aber auch freigestan- den, sogleich eine Ertragsoptimierungskündigung auszusprechen (act. 52
E. 5.2.5).
Die Erwägung der Vorinstanz, dass es der Beklagten vor der Mietzinserhöhung vom 8. März 2021 infolge des liegenschaftserwerbs freigestanden wäre, den Mietzins im bestehenden Mietverhältnis mit den Klägerinnen nach absoluter Methode anzupassen (act. 52 S. 46), ist unbestrittenermassen zutreffend (vgl. act. 51 S. 3 f., 7; act. 61 S. 3, 10; vgl. dazu BGer, 4C.291/2001 vom 9. Juli 2002,
E. 2b/gg; BSK OR I-WEBER, Art. 269 N 16). Unrichtig ist demgegenüber die Erwägung, es stehe der Vermieterin, die bereits im bestehenden Mietverhältnis berechtigt sei, den Mietzins nach absoluter Methode zu Erhöhen, alternativ auch ohne Weiteres frei, zur Ertragsoptimierungskündigung zu greifen (act. 52 S. 46; diese Erwägung steht im Widerspruch zu den Ausführungen der Vorinstanz auf S. 34, wonach eine Ertragsoptimierungskündigung bei gleichzeitiger Möglichkeit einer Mietzinsanpassung nach absoluter Methode unnätig sei). Kann die Vermieterin ihr Ziel einer Mietzinserhöhung auch im bestehenden Vertragsverhältnis erreichen, so fehlt es ihr offenkundig an einem legitimen Interesse zur Kündigung; es läge ein krasses Interessenmissverhältnis vor und die Ausübung des Kündigungsrechts wäre ein Akt schonungsloser weil unnätiger RechtsausÜbung (vgl. in diesem Sinne wohl auch SVIT-Kommentar-FUTTERLIEB, 4. Aufl. 2018, Art. 271 OR N 43, Art. 271a OR N 20, und B?TTIG, MRA 3/05 S. 131 ff., die eine Ertragsoptimierungskündigung gerade deshalb für zulässig halten, weil und, so ist zu ergänzen, sofern ? im bestehenden Mietverhältnis eine Mietzinsanpassung nach absoluter Methode aufgrund des Prinzips der relativen Methode ausgeschlossen ist).
Nach dem Erwerb der liegenschaft im Herbst 2019 wäre es der Beklagten also freigestanden, den Mietzins im bestehenden Mietverhältnis nach absoluter Methode anzupassen. Mit Formular vom 8. März 2021 teilte die Beklagte den Klägerinnen alsdann eine Erhähung des NettoMietzinses per 1. Juli 2021 auf
Fr. 1'839 mit und gab als Begründung an, sie schöpfe den im Mietvertrag explizit vorgesehenen Vorbehalt (teilweise) aus (act. 1/3/4). Einen weiteren Vorbehalt brachte sie nicht an. Damit ist klar, dass die Beklagte nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zur relativen Methode im bestehenden Mietverhältnis mit einer weiteren Mietzinserhöhung aufgrund nicht ausgeschöpften Kostenfaktoren, insbesondere mit einer Mietzinsanpassung nach absoluter Methode, für eine längere Zeitperiode von mehreren Jahren ausgeschlossen war (s. dazu unten,
E. 6.8.1; vgl. auch CHK-HULLIGER/HEINRICH, Art. 269d OR N 4). Davon ging die Vorinstanz zutreffend aus (act. 52, S. 45) und dieser Auffassung haben sich sowohl die Klägerinnen (act. 51 S. 11) als auch die Beklagte in der Berufung angeschlossen (act. 61 S. 3, 6, 9 f.).
Entgegen der Auffassung der Vorinstanz (act. 52 E. 5.2.5) führt dieser Befund jedoch nicht zur zulässigkeit der Ertragsoptimierungskündigung. Wenn die Beklagte die vorbehaltlose Mietzinserhöhung ausgesprochen hatte, um damit ei- nen Kündigungsgrund zu schaffen, dann wäre ein solches Vorgehen entgegen der Vorinstanz als offensichtlich rechtsmissbräuchlich zu qualifizieren. Wie bereits ausgefährt, ist es einer Vermieterin, die den Mietzins im bestehenden Mietverhältnis nach absoluter Methode Erhöhen kann, nicht gestattet, stattdessen eine Ertragsoptimierungskündigung auszusprechen, da dies unnätig und deshalb schonungslose RechtsausÜbung wäre. Spricht die Vermieterin aus welchen Gründen auch immer bewusst eine (zu tiefe) Mietzinserhöhung ohne Vorbehalt aus, kann sie sich deshalb nicht auf die zulässigkeit einer Ertragsoptimierungskündigung berufen, weil sie sich selbst der Möglichkeit einer Anpassung nach der absoluten Berechnungsmethode gegenüber den bisherigen Mieterinnen beraubt hat.
Die Beklagte macht geltend, dass ihr die neue Rechtsprechung des Bun- desgerichts zur Nettorenditeberechnung (BGE 147 III 14) und die Möglichkeit ei- ner Mietzinserhöhung nach absoluter Methode im Zeitpunkt der (ersten) Mietzinserhöhung vom 8. März 2021 nicht bekannt gewesen sei, sondern erst ab dem
22. März 2021, als sie Herrn Rechtsanwalt H. aufgesucht habe und von ihm eine Nettorenditeberechnung habe machen lassen (Prot. VI S. 40 ff.; act. 61 S. 6, 10). Dem hielt die Vorinstanz zu Recht entgegen, dass sich die Vermieterin hier nicht auf fehlende Rechtskenntnis berufen kann, sondern dass es an ihr ist, sich über die Rechtslage zu informieren, bevor sie eine Mietzinserhöhung ausspricht (act. 52 S. 45). Ohnehin hat die Beklagte aber nicht nachvollziehbar dargelegt, weshalb sie zunächst ohne sich über die Rechtslage informiert zu haben eine vorbehaltlose Mietzinserhöhung ausgesprochen und erst dann einen Anwalt aufgesucht haben soll, um sich über den zulässigen Umfang einer Allfälligen Mietzinsanpassung zu informieren. Selbst wenn das in tatsächlicher Hinsicht so zutreffen sollte, was nicht glaubhaft erscheint, Müsste sich die Beklagte jedenfalls entgegenhalten lassen, dass ihr im Zeitpunkt der Mietzinserhöhung vom 8. März 2021 offensichtlich bewusst gewesen sein musste, dass sie nur über ungenügen- de Kenntnisse über die Rechtslage bzw. den Umfang einer zulässigen Mietzinserhöhung verfügte, wenn sie nur zwei Wochen später einen Rechtsanwalt aufsuchte, um sich genau darüber informieren zu lassen. Wenn die Beklagte Zweifel an der Richtigkeit ihrer Vorstellungen hatte sogar in Kenntnis ihrer Unwissenheit eine Rechtshandlung vornahm, ohne vorab irgendwelche Abklärungen zu treffen, dann kann sie sich schon deshalb nicht auf einen Irrtum berufen (vgl. hierzu im Zusammenhang mit der Irrtumsanfechtung nach Art. 23 ff. OR: BSK OR I- SCHWENZER/FOUNTOULAKIS, Art. 23 N 3 m.Nw.).
Letztlich kommt es vorliegend aber ohnehin nicht unmittelbar auf die subjektive (Un-)Kenntnis der Beklagten über die Rechtslage den Umfang einer möglichen Mietzinserhöhung an, sondern darauf, dass die Beklagte mit der vorbehaltlosen Mietzinserhöhung vom 8. März 2021 in objektiver Hinsicht bei den Klägerinnen Vertrauen erweckt hat, dass sie mit dem neu verlangten Mietzins ei- nen genügenden Ertrag erzielen würde, zumal sie diese Mietzinserhöhung ohne weiteren bzw. erneuerten Vorbehalt ausgesprochen hat (vgl. etwa BGE 121 III 163, E. 2). Insbesondere durften die Klägerinnen darauf vertrauen, dass sich die Beklagte vorab über die Rechtslage und die Möglichkeit einer Allfälligen Mietzinserhöhung nach absoluter Methode informiert hatte. Dieses Vertrauen wird enttäuscht, wenn die Beklagte nur rund einen Monat später mit der Begründung k?n- digt, sie erziele (nun doch) keinen genügenden Ertrag. Aus der Sicht der Klägerinnen und nur darauf kommt es hier an ist ein solches Verhalten widersprächlich. Art. 271 Abs. 1 OR stellt auf den Grundsatz von Treu und Glauben ab (Art. 2 ZGB; vgl. dazu näher BGE 120 II 105, E. 3a), und nicht etwa auf den Begriff des guten Glaubens (Art. 3 ZGB). während Letzterer auf ein subjektives Tatbestandsmerkmal abstellt, liegt dem Begriff von Treu und Glauben wie ganz allgemein auch dem daraus abgeleiteten privatrechtlichen Vertrauensgrundsatz, etwa bei der objektiven Vertragsauslegung ein objektiver Massstab zugrunde, bei dem es, soweit für die Gegenseite nicht erkennbar, nicht auf den subjektiven Verständnishorizont der handelnden Partei ankommt (vgl. BGE 143 III 653, E. 4.3.3 [Pra 2019 Nr. 15]; BSK ZGB I-FOUNTOULAKIS/HONSELL, Art. 3 N 3). Demzufolge
kann für die Beurteilung der Treuwidrigkeit der Kündigung der Beklagten nicht entscheidend sein, ob ihr die Tragweite der nur kurz zuvor erklärten Mietzinserhöhung bewusst war nicht.
Zusammenfassend lässt sich Folgendes festhalten: Auch wenn trotz der teilweise heftigen Kritik in der Lehre der langjührigen Rechtsprechung des Bun- desgerichts zur grundsätzlichen zulässigkeit der Kündigung aus wirtschaftlichen Gründen gefolgt wird (s. dazu sogleich, E. 6), steht die zulässigkeit einer Ertragsoptimierungskündigung wie jede andere Kündigung unter dem Vorbehalt, dass sie in concreto nicht gegen Treu und Glauben verstösst (vgl. u.v.a.: BGE 148 III 215 ff. E. 3 = Pra 112 (2023) Nr. 35; BGE 136 III 74 E. 2.1 = Pra 2010 Nr.
86 und zahlreiche andere; grundlegend: BGE 120 II 105 E. 3b = Pra 84 Nr. 144). Vorliegend wäre es der Beklagten vor der Mietzinserhöhung vom 8. März 2021 infolge des liegenschaftserwerbs freigestanden, den Mietzins im bestehenden Mietverhältnis nach absoluter Methode zu Erhöhen. Weil ihr dieser Weg offenstand, wäre eine Ertragsoptimierungskündigung unnätig und deshalb unzulässig gewesen. Mit der vorbehaltlos erklärten Mietzinserhöhung vom 8. März 2021 hat sich die Beklagte die Möglichkeit einer Mietzinserhöhung nach absoluter Methode innerhalb des bestehenden Mietverhältnisses zwar genommen. Das führt aber nicht dazu, dass die nur kurze Zeit später erklärte Ertragsoptimierungskündigung deshalb zulässig würde. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob der Beklagten im Zeitpunkt der vorbehaltlosen Mietzinserhöhung bewusst war, dass sie den Mietzins nach absoluter Methode hätte Erhöhen können, ob sie sich diesbezüglich in einem (Rechts-)Irrtum befunden hat. Relevant ist letztlich der objektive Vertrauenstatbestand, den die Beklagte ob bewusst unbewusst mit ihrer vorbehaltlosen Mietzinserhöhung geschaffen hat; dieses erweckte Vertrauen wür- de mit der nur kurze Zeit später ausgesprochenen Ertragsoptimierungskündigung enttäuscht. Unter den konkreten Umständen erweist sich die von der Beklagten ausgesprochene Kündigung vom 12. April 2021 per 30. September 2021 deshalb
selbst wenn der bisherigen Praxis des Bundesgerichts gefolgt wird als treuwidrig und anfechtbar i.S.v. Art. 271 f. OR. Der vorinstanzliche Entscheid ist deshalb aufzuheben, das Kündigungsschutzbegehren gutzuheissen und die angefochtene Kündigung der Beklagten für ungültig zu erklären.
zulässigkeit der Ertragsoptimierungskündigung im Allgemeinen
Der vorliegende Fall wirft die in der Lehre und auch von den Parteien kontrovers diskutierte Rechtsfrage auf, ob und unter welchen Voraussetzungen Ertragsoptimierungskündigungen im Allgemeinen zulässig sind. Auch wenn diese Rechtsfrage und die damit zusammenhängende Frage der zulässigkeit einer Praxisänderung im vorliegenden Fall, in dem sich die Kündigung bereits nach der bisherigen Praxis des Bundesgerichts als treuwidrig erweist, nicht abschliessend entschieden werden muss, drängen sich hierzu folgende Bemerkungen auf:
In BGE 120 II 105 (Pra 1995 Nr. 144) hielt das Bundesgericht dafür, eine aus wirtschaftlichen Gründen ausgesprochene Kündigung sei im Allgemeinen nicht missbräuchlich; das gelte namentlich für eine Kündigung der Vermieterin, die ausgesprochen werde, um von einem neuen Mieter einen Höheren, jedoch nicht missbräuchlichen Mietzins zu erhalten. Die gegenwürtige Rechtsordnung erlaube es der Vermieterin Nämlich, ihre Rendite in den gesetzlichen Schranken von Art. 269 f. OR zu optimieren (E. 3b). Unzulässig sei eine Ertragsoptimierungsk?n- digung jedoch ausnahmsweise dann, wenn das Verhalten der Vermieterin widersprächlich sei (E. 3b/aa), insbesondere wenn beim Mieter Vertrauen erweckt wor- den sei, das mit der Kündigung enttäuscht werde, etwa bei einem auch informellen Hinweis, dass ein langfristiges Mietverhältnis angestrebt werde
(E. 3b/bb). Ferner dürfe eine solche Kündigung nicht als Vorwand zur Erreichung eines rechtswidrigen Ziels dienen. Die Vermieterin müsse deshalb in der Lage sein, von einem neuen Mieter nach der absoluten Berechnungsmethode einen (nicht nur unwesentlich) Höheren Mietzins als den aktuellen geschuldeten zu erzielen (E. 3b/bb). könne sie dies nicht unzweifelhaft darlegen, trage sie zumin- dest im Ergebnis die Folgen der Beweislosigkeit (E. 3c). Unzulässig sei eine Ertragsoptimierungskündigung zudem dann, wenn sie ausgesprochen werde, um dem bestehenden Mieter (und nicht einem Dritten) eine Mietzinserhöhung abzuverlangen (E. 3c; Art. 271a Abs. 1 lit. b OR).
Diese Rechtsprechung bestätigte das Bundesgericht in zahlreichen Entscheiden, trotz der in der Zwischenzeit erwachsenen Kritik in der Lehre (BGE 136 III 74, E. 2.1 [Pra 2010 Nr. 86]; BGE 136 III 190, E. 2 [Pra 2010 Nr. 112]; BGer,
4C.267/2002 vom 18. November 2002, E. 2.2 und 2.3; BGer, 4C.343/2004 vom
22. Dezember 2004, E. 3; BGer, 4C.61/2005 vom 27. Mai 2005, E. 4.1; BGer,
4C.85/2006 vom 24. Juli 2006, E. 2.1.1; BGer, 4A_472/2007 vom 11. März 2008,
E. 2.1; BGer, 4A_575/2008 vom 19. Februar 2009, E. 4.2; BGer, 4A_448/2009
vom 1. Februar 2010, E. 2.1; BGer, 4A_297/2010 vom 6. Oktober 2010, E. 2.2;
BGer, 4A_612/2012 vom 19. Februar 2013, E. 3.2; BGer, 4A_397/2013 vom 11.
Februar 2014, E. 3.5; BGer, 4A_211/2015 vom 8. Dezember 2015, E. 2; BGer,
4A_239/2018 vom 19. Februar 2019, E. 5.1).
Im Entscheid 4C.343/2004 vom 22. Dezember 2004 stellte das Bundesgericht klar, dass es für die zulässigkeit einer Ertragsoptimierungskündigung einzig darauf ankomme, ob der aktuelle Mietzins nach der absoluten Methode Erhöht werden könne, nicht aber darauf, ob eine von der Vermieterin konkret beabsichtigte Erhähung auch in ihrer Höhe zulässig wäre (E. 3.2). Wenn also feststehe, dass eine gewisse Erhähung des Mietzinses bei einer Neuvermietung nach der absoluten Methode zulässig wäre, könne eine exakte Berechnung des (gerade noch) zulässigen Mietzinses unterbleiben und brauche auch nicht beurteilt zu werden, ob eine bestimmte (von der Vermieterin geplante) Erhähung zulässig wäre (bestätigt in BGer, 4A_472/2007 vom 11. März 2008, E. 2.1). Eine Erhähung müsse indessen in mehr als bloss vernachlässigbarem Umfang möglich sein; eine Erhähungsreserve von bloss Fr. 75 pro Jahr reiche nicht (BGer, 4A_211/2015 vom 8. Dezember 2015, E. 2 und 5.2). Mehrfach hat sich das Bundesgericht so- dann zur Frage der Beweislast mit Blick auf die zulässigkeit einer Mietzinserhöhung nach absoluter Methode geäussert und präzisierend festgehalten, dass zwar grundsätzlich der Kündigungsempfänger (hier: der Mieter) die Beweislast für jene Tatsachen trage, die die Treuwidrigkeit der Kündigung begründen, dass die k?n- digende Partei (hier: die Vermieterin) aber loyal zur Wahrheitsfindung beitragen und alle dafür notwendigen, sich in ihrem Besitz befindlichen Informationen und Dokumente liefern müsse, namentlich eine Berechnung des zulässigen Mietzinses sowie die Grundlagen dazu. Dabei handle es sich zwar nicht um eine eigentliche Beweislastumkehr, im Ergebnis trage die Vermieterin aber doch die negativen Folgen der Beweislosigkeit, wenn sie die notwendigen Berechnungsgrundlagen nicht liefern könne (BGer, 4A_448/2009 vom 1. Februar 2010, E. 2.2; BGer,
4A_472/2007 vom 11. März 2008, E. 2.1; BGer, 4C.61/2005 vom 27. Mai 2005,
E. 4.3; vgl. auch BGer, 4A_397/2013 vom 11. Februar 2014, E. 4.2 und E. 6; BGer, 4A_69/2021 vom 21. September 2021, E. 4.2; BGer, 4A_448/2021 vom 11. April 2022, E. 3.1.4).
Im Entscheid 4A_69/2021 vom 21. September 2021 fasste das Bundesgericht die vorerwähnte Rechtsprechung zusammen und verwies auf die in der Lehre geäusserte Kritik, namentlich auf das Argument, dass der aktuelle Mieter dadurch letztlich seines Schutzes vor einer Erhähung des Mietzinses nach absoluter Methode beraubt würde, den er im bestehenden Vertragsverhältnis aufgrund der relativen Methode eigentlich geniesse, und dass dies eine Umgehung der Gesetzgebung über den Schutz vor missbräuchlichen Mietzinsen darstelle. Das Bundesgericht brauchte sich mit dieser Kritik indessen nicht auseinanderzusetzen und liess im Ergebnis offen, ob an der genannten Rechtsprechung festzuhalten sei, weil im konkreten Fall seitens der Vermieterin nicht nachgewiesen war, dass eine Erhähung nach absoluter Methode überhaupt möglich gewesen wäre
(E. 4.1.3 m.Nw.). Gleich verhielt es sich im Entscheid 4A_448/2021 vom 11. April 2022, wo das Bundesgericht ebenfalls auf die erwähnte Kritik hinwies, die Frage aber aus dem gleichen Grund offen lassen konnte (E. 3.1.1). Auch im Entscheid 4A_293/2016 vom 13. Dezember 2016 (Pra 2017 Nr. 45) liess das Bundesgericht die Frage offen, weil letztlich nur zu beurteilen war, ob die Ertragsoptimierungskündigung nichtig war, was so anders verneint werden konnte (E. 5.2.3; nicht veröffentlicht in BGE 143 III 15).
In der Lehre haben sich einige Autoren der Rechtsprechung des Bundesgerichts angeschlossen. H IGI/B?HLMANN halten ganz allgemein dafür, im Rahmen von Art. 271 f. OR sei letztlich der Anstand das entscheidende Kriterium; nur unanstündige Kündigungen seien treuwidrig. Eine Kündigung mit dem Zweck, dem bestehenden Mieter eine andere Person als neuen Vertragspartner vorzuziehen, sei grundsätzlich nicht unanstündig und deshalb auch nicht treuwidrig; das gelte selbst dann, wenn dies aus Gründen der Ertragsoptimierung erfolge, denn eine Ertragsoptimierung im Rahmen des gesetzlich zulässigen sei nicht unanstündig. Eine Ausnahme sei dann zu machen, wenn die Kündigung gegen begründetes Vertrauen des Mieters verstosse, wenn damit missbräuchliche ErtRüge gesichert werden sollten wenn die Kündigung unter sonstigen Umständen
i.S.v. Art. 271a Abs. 1 OR ausgesprochen würde (ZK-HIGI/B?HLMANN, 5. Aufl. 2022, Art. 271 OR N 59 f. und Art. 271a OR N 80; vgl. zustimmend CHK- HULLIGER/HEINRICH, Art. 271/271a OR N 3, 8; KOUMBARAKIS, MRA 2/22 S. 79).
FUTTERLIEB stimmt der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ebenfalls zu und sieht deren Rechtfertigung vorab darin, dass gerade die Anwendung der relativen Methode der Vermieterin im bestehenden Mietverhältnis eine Mietzinsanpassung nach absoluter Methode untersage und entsprechend einen genügenden Ertrag nicht Gewährleiste (SVIT-Kommentar-FUTTERLIEB, 4. Aufl. 2018, Art. 271 OR N 43 und Art. 271a OR N 20). In eine ähnliche Richtung geht die Auffassung von B?T- TIG, wonach die Rechtsprechung zur relativen Methode mit dem Anspruch der Vermieterin auf einen angemessenen bzw. ortsüblichen Ertrag kollidiere, was zur (system-)logischen Konsequenz führe, dass eine Vermieterin nicht missbräuchlich handle, wenn sie ein Mietverhältnis beende, das ihr den gesetzlich zulässigen Ertrag nicht zu verschaffen vermöge (B?TTIG, MRA 3/05 S. 131 ff.; vgl. auch B?T- TIG, MRA 3/05 S. 120 ff. [mit Kritik an der vom Bundesgericht de facto vorgesehe- nen Beweislastumkehr]).
Von einem gewichtigen Teil der Lehre wird die bundesgerichtliche Rechtsprechung zur Ertragsoptimierungskündigung indessen teilweise heftig kritisiert. Zum einen wird auf die Bestimmungen von Art. 269d Abs. 2 lit. c OR und Art. 271a Abs. 1 lit. b OR hingewiesen, die letztlich beide dem Ziel dienen, Änderungskündigungen insbesondere Kündigungen zur Durchsetzung einer beabsichtigten Mietzinserhöhung zu unterbinden und die Vermieterin, die eine Vertragsänderung herbeiführen will, auf den dafür gesetzlich vorgesehenen Weg von Art. 269d OR und Art. 270b OR zu verweisen. Zum anderen wird die Rechtsprechung des Bundesgerichts zur sog. relativen Methode angefährt, die den Mieter im laufenden Mietverhältnis für eine relativ lange Zeit vor einer Mietzinserhöhung nach absoluter Methode schältzt und eine Anpassung des Mietzinses grundsätzlich nur wegen VerÄnderungen von kostenrelevanten Faktoren seit der letzten Mietzinsfestsetzung zulässt. Werde der Vermieterin zwar untersagt, den Mietzins im laufenden Mietverhältnis nach absoluter Methode zu Erhöhen, aber erlaubt,
das bestehende Mietverhältnis zu Kündigen und den Mietzins gegenüber einem neuen Mieter nach absoluter Methode anzupassen, so offenbare das einen eklatanten Wertungswiderspruch und stelle nichts anderes als eine Gesetzesumgehung dar; letztlich werde dadurch der gesamte Schutz der Mieterinnen und Mieter vor missbräuchlichen Mietzinsen ausgehöhlt (KOLLER/B?HLER, Ertragsoptimierung als Motiv einer Mietvertragskündigung Gedanken zu einer Inkohörenz in der mietrechtlichen Rechtsprechung des Bundesgerichts: BGE 120 II 105 ff., ZBJV 1995 S. 412 ff.; KOLLER, Die miet- und arbeitsrechtliche Rechtsprechung des Bundesgerichts im Jahr 2005, ZBJV 2006 S. 417 ff.; KOLLER/MAUERHOFER, Die mietrechtliche Rechtsprechung des Bundesgerichts im Jahr 2008, ZBJV 2010
S. 71 ff.; KOLLER, Wertungswiderspräche in der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zum Mietrecht, ZBJV 2020 S. 3 ff.; KOLLER, Die mietrechtliche Rechtsprechung des Bundesgerichts im Jahr 2020, ZBJV 2021, S. 483 f.; BSK OR I-WEBER, Art. 271/271a N 14 ff.; WEBER, Gesetzesumgehung im Mietrecht, mp 2021
S. 118 f.; THANEI, Ausgewählte Entscheide zum Kündigungsschutz, Fachreihe Mietrecht Nr. 4, 1996, S. 28 f.; THANEI, Mietrecht für die Praxis, 10. Aufl. 2022,
S. 893 ff.; BISANG, Kündigung zur Erzielung Höherer Mieten, MRA 0/94 S. 26 ff.; GIR?N, Die missbräuchliche Kündigung von Wohn- und Geschäftsraummiete, Jusletter vom 25. August 2014, N 17 ff., 87 ff.). Ein weiterer, nicht hinnehmbarer Wertungswiderspruch liege zudem darin, dass eine menschlich anstündige Vermieterin, die dem Mieter zunächst anbiete, das Mietobjekt zu einem Höheren Mietzins zu mieten, und erst bei Ablehnung dieses Angebots kündige (Art. 271a Abs. 1
lit. b OR), gegenüber einer Rücksichtslosen Vermieterin diskriminiert werde, die ohne ein solches Angebot sogleich die Kündigung ausspreche (KOLLER/B?HLER, ZBJV 1995 S. 416; KOLLER, ZBJV 2006 S. 418; GIR?N, a.a.O., N 93). Durch diese
inkonsistente Rechtsprechung werde nicht nur eine Umgehung der Missbrauchsgesetzgebung zugelassen, sondern der Mieter auch noch mit einer Kündigung (und nicht nur mit einer an sich unzulässigen Mietzinserhöhung) bestraft; dadurch werde letztlich ein hoher Anreiz für Vermieter geschaffen, angestrebte Ertragsoptimierungen mittels Kündigung und nicht mittels Mietzinserhöhung durchzusetzen, was dem im geltenden schweizerischen Mietrecht angelegten Grundgedanken des Bestandesschutzes zuwiderlaufe (KOLLER, ZBJV 2020 S. 5; KOLLER/B?HLER,
ZBJV 1995 S. 416; K OLLER, ZBJV 2006 S. 418; THANEI, Fachreihe Mietrecht Nr. 4,
S. 28 f.; GIR?N, a.a.O., N 92). Teilweise wird auch hervorgehoben, dass der Mieter darauf vertrauen dürfe, dass die Vermieterin mit dem vereinbarten Mietzins ei- nen genügenden Ertrag erziele, jedenfalls dann, wenn die Vermieterin solches im bestehenden Mietverhältnis mangels genügender Vorbehalte zum Ausdruck gebracht habe (BSK OR I-WEBER, Art. 271/271a N 16; GIR?N, a.a.O., N 91, 94). Im
Sinne einer Kompromisslösung schliegt WEBER vor, auf der einen Seite zwar die Ertragsoptimierungskündigung zu verbieten, weil sie eine Gesetzesumgehung darstelle, auf der anderen Seite der Vermieterin aber zu erlauben, den Mietzins in kürzeren Abständen (z.B. in Perioden von fänf Jahren) nach absoluter Methode anzupassen, aber die Vermieterin immerhin anzuhalten, dem Mieter das Mietobjekt zum Höheren Mietzins anzubieten (WEBER, Gesetzesumgehung im Mietrecht, mp 2021 S. 118 f.; vgl. auch KOLLER, ZBJV 2020 S. 5).
Vorab ist die damit eng zusammenhängende Rechtsprechung des Bundesgerichts zur sog. relativen Methode im Zusammenhang mit der zulässigkeit von Mietzinsanpassungen in Erinnerung zu rufen. Danach ist es den Parteien in einem bestehenden Mietverhältnis grundsätzlich untersagt, einen frei vereinbarten und unangefochten gebliebenen Mietzins, eine vorbehaltlos verlangte und erreichte Mietzinsanpassung einen gerichtlich festgesetzten Mietzins nachträglich als missbräuchlich ungenügend auszugeben (BGE 124 III 67, E. 3). Eine von der bisherigen Mietzinsgestaltung Völlig unabhängige Neuberechnung des Mietzinses nach der sog. absoluten Berechnungsmethode (gestützt auf die absoluten Bemessungskriterien der Nettorendite, der kostendeckenden Bruttorendite der Vergleichsmiete) kann deshalb in einem laufenden Mietverhältnis nur in AusnahmeFällen verlangt werden; im Grundsatz sind nur noch Mietzinsanpassungen wegen VerÄnderungen von kostenrelevanten Faktoren relative absolute Kriterien seit der letzten vorbehaltlosen Mietzinsfestsetzung zulässig (sog. relative Berechnungsmethode). Diese Beschränkung der Mietzinsanpassung im bestehenden Vertragsverhältnis beruht primür auf dem Grundsatz von Treu und Glauben bzw. dem Vertrauensgrundsatz, der die Parteien an das eigene rechts- Geschäftliche Verhalten bindet. Hinzu tritt der Gesichtspunkt der Verwirkung, weil der AnfangsMietzins (Art. 270 Abs. 1 OR) bzw. eine Mietzinserhöhung (Art. 270b
Abs. 1 OR) nur innert einer Verwirkungsfrist von 30 Tagen angefochten werden kann und danach (offensiv) grundsätzlich nur noch wegen nachträglich eingetretener Änderungen der Berechnungsgrundlagen in Frage gestellt werden kann (vgl. Art. 270a Abs. 1 OR). Soweit der Mietzins durch einen gerichtlichen Entscheid Vergleich festgesetzt wurde, kommt auch der Gedanke der materiellen Rechtskraft hinzu (vgl. zum Ganzen BGE 142 III 568, E. 1.2 [Pra 2017 Nr. 93];
BGE 124 III 67, E. 3; BGE 121 III 163, E. 2; BGE 120 II 302, E. 6b [Pra 1995
Nr. 145]; BGE 120 II 240, E. 2; BGer, 4C.291/2001 vom 9. Juli 2002, E. 2b; vgl.
zudem ausführlich BSK OR I-WEBER, Art. 269 N 16 und Art. 269d N 4 sowie die zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz in act. 52, E. 5.1.2, insb. S. 26 f., mit zahlreichen weiteren Nachweisen).
Dieses etwas verkürzt als relative Methode bezeichnete Prinzip führt im Ergebnis dazu, dass in beide Richtungen davon auszugehen ist, dass der zuletzt unangefochten gebliebene bzw. gerichtlich festgesetzte Mietzins der Vermieterin sowohl einen zulässigen als auch einen genügenden Ertrag verschafft (BGE 142 III 568, E. 1.2 [= Pra 2017 Nr. 93]; BGE 121 III 163, E. 2c; BGE 120 II 302,
E. 6b BSK OR I-WEBER, Art. 269 N 16). Eine erste Ausnahme hierzu besteht dann, wenn die Vermieterin beim Mietvertragsabschluss bei einer Mietzinserhöhung einen klar begründeten Vorbehalt (in Franken Prozenten) angebracht und dadurch das Ungenügen des Mietzinses zum Ausdruck gebracht hat (vgl. Art. 18 VMWG; CHK-HULLIGER/HEINRICH, Art. 269d OR N 4); in diesem Rahmen ist sie über die relative Methode hinaus berechtigt, den Mietzins zu Erhöhen (vgl. BGE 120 II 302, E. 6b [Pra 1995 Nr. 145]). Eine zweite Ausnahme besteht dann, wenn die Mietsache während laufenden Mietverhältnisses verkauft wird und sich demzufolge die Finanzierungsgrundlage grundlegend verändert (BGer, 4C.291/2001 vom 9. Juli 2002, E. 2b/gg; BSK OR I-WEBER, Art. 269 N 16). Abge-
sehen von weiteren, hier weniger interessierenden Ausnahmen (etwa der M?glichkeit, die absolute Berechnung defensiv einer Mietzinserhöhung bzw. einem Senkungsbegehren der Gegenseite entgegenzuhalten) ist eine Anpassung nach absoluter Methode im bestehenden Mietverhältnis erst wieder nach Ablauf einer längeren, statistisch relevanten Zeitperiode seit der letzten Mietzinsanpassung möglich (vgl. dazu ausführlich und unter Bezugnahme auf die einschlägige Rechtsprechung BSK OR I-WEBER, Art. 269 N 16, wonach eine Periode von fänf bis sieben Jahren [bei Berufung auf die Vergleichsmiete] bzw. sogar eine wesentlich längere Zeitperiode [bei Berufung auf die Kostenmiete] massgeblich sei).
Es lässt sich damit festhalten, dass gemäss der Rechtsprechung des Bun- desgerichts zur sog. relativen Methode eine Anpassung des Mietzinses nach absoluter Methode im bestehenden Mietverhältnis nur sehr eingeschränkt bzw. erst nach Ablauf einer längeren Zeitperiode seit der letzten (vorbehaltlosen) Mietzinsfestsetzung möglich ist. Unbeschränkt möglich ist eine solche Anpassung demgegenüber bei der Neuvermietung an einen Dritten, denn die relative Methode und der Vertrauensgrundsatz, aus dem dieses Prinzip der Bindung an die bisherige Mietzinsgestaltung abgeleitet wird, gilt grundsätzlich nur inter partes zwischen den Vertragsparteien und deren Universalsukzessoren (vgl. BGE 120 II 240, E. 2; BGer, 4C.291/2001 vom 9. Juli 2002 E. 2b/gg und E. 3b; BSK OR I-WEBER, Art. 269 OR N 16). Das heisst jedoch nicht ohne Weiteres, dass eine Ertragsoptimierungskündigung gültig sein muss. Zutreffend ist zwar, dass die relative Methode gegenüber dem neuen Mieter, dem die Mietsache zu einem Höheren Mietzins vermietet werden soll, nicht gilt. Unrichtig ist aber, dass das im Verhältnis zum bisherigen Mieter eine Kündigung zulassen soll, denn gerade in diesem Verhält- nis, in dem die Gültigkeit der Kündigung zu beurteilen ist, beansprucht die relative Methode Geltung.
Wenn der Mieter im bestehenden Mietverhältnis vor einer Mietzinsanpassung nach absoluter Methode geschätzt ist, dann würde dieser Schutz in sein Gegenteil verkehrt, wenn eine Ertragsoptimierungskündigung zugelassen und die Vermieterin letztlich sogar gezwungen würde, nicht bloss was unzulässig wäre den Mietzins zu Erhöhen, sondern dafür sogar zur Kündigung zu greifen. Wenn die Rechtsprechung den Mieter vor einer Mietzinserhöhung nach absoluter Methode im bestehenden Vertragsverhältnis schältzt, dann spricht dies dafür, eine Kündigung, die mit eben diesem inter se unzulässigen Ziel ausgesprochen wird, nicht zu tolerieren. Eine Ertragsoptimierungskündigung greift ungleich sTürker in die Rechtsstellung des Mieters ein als eine Mietzinserhöhung nach absoluter Methode, sodass, wenn Letzteres unzulässig ist, Ersteres eigentlich a fortiori
untersagt sein Müsste. Andernfalls wäre in der Tat nur schwer ersichtlich, wie der in der Lehre aufgezeigte Wertungswiderspruch aufgelöst werden könnte. Zugleich läge in der Ertragsoptimierungskündigung auch das Potenzial, den Schutz vor missbräuchlichen Mietzinsen weitgehend zu unterlaufen.
Würde eine Ertragsoptimierungskündigung generell für unzulässig erklärt, so wäre gleichzeitig aber auch in Betracht zu ziehen, ob mit W EBER die Rechtsprechung zur relativen Methode gelockert und die Zeitperiode, nach Ablauf derer im bestehenden Mietverhältnis eine Mietzinsanpassung nach absoluter Methode wieder zulässig ist, verkürzt werden muss (vgl. WEBER, Gesetzesumgehung im Mietrecht, mp 2021 S. 118 f.). Wenigstens für eine gewisse Mindestdauer Müsste sich der Mieter letztlich aber doch darauf verlassen können, dass die Vermieterin mit dem verlangten Mietzins einen genügenden Ertrag erzielt (vgl. zur sog. Lockvogelproblematik BGer, 4C.291/2001 vom 9. Juli 2002, E. 2b/cc; BSK OR I-WEBER, Art. 269 N 19).
6.9. Wie einleitend aufgezeigt, brauchen diese Fragen vorliegend nicht abschliessend geklürt zu werden. Im Sinne der Rechtssicherheit wäre es aber wünschenswert, wenn diese Rechtsfragen geklürt und der aufgezeigte Wertungswi- derspruch höchstrichterlich aufgelöst würden.
Mietzinserhöhung
Die Beklagte hat den Klägerinnen mit Formular und Begleitschreiben vom
10. Dezember 2021 eine Erhähung des NettoMietzinses per 1. April 2022 von Fr. 1'839 auf neu Fr. 2'794 mitgeteilt (Art. 269d Abs. 1 OR). Als Begründung gab sie auf dem Formular an: Anpassung an eine kostendeckende Nettorendite aufgrund Handänderung (Kauf liegenschaft durch C. ) um Fr. 955.00 auf neu netto Fr. 2'794.00 (act. 29/12). Diese Mietzinserhöhung haben die Klägerin-
nen innert Frist bei der SchlichtungsBehörde als missbräuchlich angefochten (Art. 270b Abs. 1 OR) und alsdann nachdem beide Parteien i.S.v. Art. 199 Abs. 1 ZPO auf die Durchführung des Schlichtungsverfahrens verzichtet hatten eine entsprechende Mietzinsanfechtungsklage bei der Vorinstanz erhoben, die mit der Kündigungsschutzklage vereinigt wurde (s. oben, E. 1.7).
Die Vorinstanz hielt im angefochtenen Urteil fest, die nur eventuell ausgesprochene und angefochtene Mietzinserhöhung erweise sich bei diesem Verfahrensausgang, d.h. bei Abweisung des Kündigungsschutzbegehrens, als obsolet, und beurteilte die Sache nicht materiell (act. 52 S. 47). Diese Erwägung trifft mit der Gutheissung des Kündigungsschutzbegehrens nicht mehr zu.
Gemäss Art. 318 Abs. 1 ZPO kann die Rechtsmittelinstanz bei Gutheissung der Berufung entweder in der Sache neu (reformatorisch) entscheiden (lit. b) oder, wenn ein wesentlicher Teil der Klage nicht beurteilt wurde der Sachverhalt in wesentlichen Teilen zu vervollständigen ist, den Entscheid aufheben und die Sache zur Neubeurteilung an die erste Instanz zurückweisen (lit. c). Ob ein reformatorischer ein kassatorischer Entscheid gefällt wird, liegt im pflichtgemüssen Ermessen der Rechtsmittelinstanz. Selbst wenn ein wesentlicher Teil der Klage nicht beurteilt wurde (Art. 318 Abs. 1 lit. c Ziff. 1 ZPO) der Sachverhalt in wesentlichen Teilen zu vervollständigen ist (Art. 318 Abs. 1 lit. c Ziff. 2 ZPO), besteht keine gesetzliche Pflicht, die Sache an die Erstinstanz zu- Rückzuweisen, und die Parteien haben auch keinen entsprechenden Rechtsanspruch (BGer, 5A_9/2020 vom 6. Mai 2020, E. 2.3.1; BGer, 5A_424/2018 vom 3.
Dezember 2018, E. 4.2).
Bei der Beurteilung der Frage, ob ein neuer Entscheid zu Fällen die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen ist, ist vom Grundsatz des reformatorischen Entscheids auszugehen; eine Rückweisung soll die Ausnahme bleiben. Zu beachten sind verschiedene Kriterien. Auf der einen Seite ist relevant, ob die Sache in tatsächlicher Hinsicht spruchreif ist bzw. ob der Sachverhalt mit vertretbarem Aufwand ohne wesentliche Weiterungen von der Rechtsmittelinstanz selbst Ergänzt werden kann ob noch ein weitläufiges Beweisverfahren erforderlich ist. Auf der anderen Seite ist zu berücksichtigen, ob es sich beim nicht beurteilten Teil der Klage um einen wesentlichen nur einen untergeordneten Aspekt handelt. Zu beachten sind sodann die Grundsätze der Verfahrensbeschleunigung und der Prozessökonomie, die dem Umstand gegenüberzustellen sind, dass mit einem reformatorischen Entscheid hinsichtlich von der Erstinstanz nicht beurteilter Aspekte der Grundsatz des doppelten Instanzenzugs eingeschränkt wird (vgl.
zum Ganzen etwa BGer, 4A_103/2015 vom 3. Juli 2015, E. 3.2; BGer, 5A_9/2020 vom 6. Mai 2020, E. 2.3.4; BGer, 5A_819/2017 vom 20. März 2018, E. 10.3;
ZK ZPO-REETZ/HILBER, 3. Aufl. 2016, Art. 318 N 24 ff.).
Vorliegend hat die Vorinstanz nur über das Kündigungsschutzbegehren entschieden und sich nicht materiell zur Klage betreffend Anfechtung der Mietzinserhöhung vom 10. Dezember 2021 geäussert. Die Mietzinsanfechtungsklage ist gewiss kein Nebenaspekt des Verfahrens, sodass grundsätzlich festzuhalten ist, dass ein wesentlicher Teil der Klage Nämlich einer der beiden durch Verfahrensvereinigung objektiv gehäuften Streitgegenstände nicht beurteilt wurde. Trotzdem ist vorliegend von einer Rückweisung abzusehen. In tatsächlicher Hinsicht ist die Sache ohne Weiteres spruchreif und beide Parteien konnten sich sowohl vor Vorinstanz als auch im vorliegenden Verfahren umfassend zur Frage äussern. Mit dem vorliegenden Entscheid über die Gültigkeit der Kündigung wird der Entscheid über die Mietzinsanfechtungsklage zudem bereits weitgehend vorweggenommen: Wie sich aus den vorstehenden Erwägungen ergibt, führte die vorbehaltlose Mietzinserhöhung der Beklagten vom 8. März 2021 dazu, dass sie mit einer (weiteren) Mietzinserhöhung gestützt auf die absolute Berechnungsmethode im laufenden Mietverhältnis ausgeschlossen war. Angesichts dieser Erwägungen hätte die Vorinstanz letztlich (fast) keinen Entscheidungsspielraum mehr, sodass eine Rückweisung zu einem rein formalistischen Leerlauf verkommen würde. Das wäre mit den Grundsätzen der Prozessökonomie und der Verfahrensbeschleunigung nicht zu vereinbaren. In dieser Konstellation drängt sich deshalb ein reformatorischer Entscheid auch über die Mietzinsanfechtungsklage auf.
Die Klägerinnen machten vor Vorinstanz und auch in der Berufung im Wesentlichen geltend, die Beklagte sei zwar wegen des liegenschaftserwerbs zu- nächst berechtigt gewesen, den Mietzins nach absoluter Methode anzupassen, wegen der vorbehaltlosen Mietzinserhöhung vom 8. März 2021 sei ihr eine solche Möglichkeit zu einer weiteren Erhähung nur rund neun Monate später indessen verwehrt gewesen (act. 42 S. 9 f.; act. 51 S. 11).
Die Beklagte stellte sich vor Vorinstanz auf den Standpunkt, mit der Mietzinserhöhung vom 8. März 2021 habe sie bloss den bestehenden Vorbehalt voll-
zogen, nicht aber eine Mietzinsanpassung nach relativer absoluter Methode vorgenommen; entsprechend sei es nicht nätig gewesen, einen (weiteren) Vorbehalt anzubringen, um anschliessend eine Mietzinserhöhung gestützt auf die absolute Methode vornehmen zu können. Zudem habe sie in Unkenntnis der Rechtslage gehandelt (Prot. VI S. 16 f., 19 f., 40 ff., 43). In der Berufung änderte die Beklagte ihre Argumentation und hielt nunmehr mit der Vorinstanz dafür, dass sie aufgrund der vorbehaltlosen Mietzinserhöhung vom 8. März 2021 durchaus gebunden und deswegen in der Tat von einer (weiteren) Mietzinserhöhung nach absoluter Methode ausgeschlossen gewesen sei (act. 61 S. 3, 6, 9 f.). Falls sich die Kündigung aber als ungültig erweisen sollte, hätte dies zur Folge, so die Beklagte, dass bei der Mietzinsanpassung vom 8. März 2021 nicht mehr von einer 'vorbehaltlosen' Anpassung gesprochen werden könne, sodass sie dann eben doch berechtigt gewesen wäre, den Mietzins im Dezember 2021 nach absoluter Methode anzupassen (act. 61 S. 10).
Wie bereits ausgefährt, stand es der Beklagten infolge des liegenschaftserwerbs zunächst frei, den Mietzins nach absoluter Methode anzupassen (oben,
E. 5.5). Wegen der von ihr am 8. März 2021 vorbehaltlos erklärten Mietzinserhöhung war die Beklagte danach jedoch daran gebunden und mit einer (weiteren) Mietzinserhöhung gestützt auf die absolute Berechnungsmethode ausgeschlossen (oben, E. 5.6). Nach dem Prinzip der relativen Berechnungsmethode (oben,
E. 6.8.1) wird das Vertrauen der Mieterinnen in das bisherige rechtsGeschäftliche Verhalten der Vertragsgegenseite geschältzt; namentlich dürfen sie davon ausgehen, dass der vertraglich vereinbarte nachträglich angepasste Mietzins der Vermieterin einen zulässigen und genügenden Ertrag verschafft, sofern dessen Ungenügen nicht durch eine hinreichende VorbehaltsErklärung zum Ausdruck gebracht wird (Art. 18 VMWG; s. z.B. BGE 121 III 163, E. 2c; CHK- HULLIGER/HEINRICH, Art. 269d OR N 4). Ebenso wurde bereits darauf hingewiesen
im Zusammenhang mit der Treuwidrigkeit der nachfolgend erklärten Kündigung
, dass eine Allfällige Rechtsunkenntnis der Beklagten im Zeitpunkt der Mietzinserhöhung vom 8. März 2021 bzw. ein Allfälliger Irrtum über das Ausmass der zulässigen Mietzinserhöhung unerheblich ist (oben, E. 5.9). Das gilt gleichermassen für die Frage, ob gemäss dem Prinzip der relativen Methode eine Bindung an das
eigene rechtsGeschäftliche Handeln besteht, denn auch hier gilt der an einen objektiven Massstab anknüpfende Vertrauensgrundsatz. Schliesslich ist festzuhalten, dass ein Wiederzulassen einer Mietzinsanpassung nach absoluter Methode im bestehenden Vertragsverhältnis nach Ablauf einer Zeitdauer von bloss rund neun Monaten (8. März 2021 bis 10. Dezember 2021) selbst dann nicht in Betracht käme, wenn das Prinzip der relativen Methode aufgrund eines AbRückens von der bisherigen bundesgerichtlichen Rechtsprechung zur Ertragsoptimierungskündigung zu lockern wäre (s. dazu E. 6.8.4.). Eine solche Dauer von nur rund neun Monaten erschiene in jedem Fall als zu kurz.
Was die Beklagte dem entgegenhält, verfängt nicht. Vor Vorinstanz hielt sie noch dafür, sie habe mit der Mietzinserhöhung vom 8. März 2021 in Wahrheit gar keine Anpassung nach der absoluten der relativen Methode vorgenommen, sondern nur den Vorbehalt umgesetzt (Prot. VI S. 16 f., 19 f., 40 ff., 43). Das ist allerdings nicht entscheidend. So anders weckte sie mit ihrer Anzeige der Mietzinserhöhung bei den Klägerinnen berechtigtes Vertrauen, dass sie damit nunmehr einen ausreichenden Ertrag erziele; andernfalls wäre es an ihr gewesen, einen neuen Vorbehalt anzubringen bzw. den Vorbehalt im nicht ausgeschöpften Umfang zu erneuern (BGE 121 III 163, E. 2c; CHK-H ULLIGER/HEINRICH, Art. 269d OR N 4). In ihrer Berufungsantwort räumte die Beklagte alsdann ein wenn auch mit Bezug auf die Frage des Kündigungsschutzes , dass sie wegen der vorbehaltlosen Mietzinserhöhung vom 8. März 2021 von einer späteren Mietzinsanpassung nach absoluter Methode ausgeschlossen war (act. 61 S. 3, 6, 9 f.). Falls die Kündigung aber für ungültig erachtet werden sollte, so die Beklagte, könne nicht mehr von einer 'vorbehaltlosen' Anpassung gesprochen werden und sei eine Mietzinsanpassung nach absoluter Methode doch möglich gewesen (act. 61
S. 10). Diese Argumentation ist nicht nachvollziehbar. Inwiefern die Frage des Vorbehalts und allgemein die Frage, ob mit dem rechtsGeschäftlichen Handeln am 8. März 2021 ein Vertrauenstatbestand geschaffen wurde unterschiedlich zu beantworten sein soll, je nachdem, ob sich die erst später erklärte Kündigung als gültig erweisen sollte nicht, ist nicht Verständlich. So anders: Die Beklagte hat in der Mietzinserhöhung vom 8. März 2021 keinen Vorbehalt angebracht und damit bei den Klägerinnen berechtigtes Vertrauen erweckt, dass sie
mit dem neu verlangten Mietzins einen ausreichenden Ertrag erziele. Es war ihr deshalb untersagt, nur rund neun Monate später die vorbehaltlos verlangte und erreichte Mietzinsanpassung als ungenügend auszugeben (BGE 124 III 67, E. 3; BGE 121 III 163, E. 2c). Die Mietzinserhöhung der Beklagten vom 10. Dezember 2021 erweist sich deshalb als missbräuchlich i.S.v. Art. 269 f. OR und ist entsprechend für ungültig zu erklären.
Auch aus einem anderen von den Parteien nicht diskutierten Grund erwiese sich die Mietzinserhöhung aber als unwirksam: In ihrem Begleitschreiben vom 10. Dezember 2021 fügte die Beklagte an, dass die Klägerinnen die Mietzinserhöhung für den Fall [erhalten], dass wider Erwarten gerichtlich rechtsKräftig festgestellt werden sollte, dass die Kündigung vom 12. April 2021 per 30. September 2021 ungültig sein sollte (act. 29/13). Damit beabsichtigte die Beklagte offenbar nach eigenen Ausführungen , dass der Mietzins bloss bedingt für den Fall Erhöht werden sollte, dass die Kündigung dereinst gerichtlich für ungültig erklürt wird, dass andernfalls aber, wenn sich die Kündigung als gültig erweisen sollte, die Mietzinserhöhung keine Geltung haben sollte (vgl. Prot. VI S. 43). Von einem solchen Verständnis ging auch die Vorinstanz aus (act. 52 S. 47: eventuell ausgesprochene [...] Mietzinserhöhung) und auch die Klägerinnen haben nicht geltend gemacht, die Erklärung anders verstanden zu haben. Art. 269d OR gibt der Vermieterin die Möglichkeit, durch blosse Abgabe einer (formgebundenen) WillensErklärung eine Vertragsänderung auf einen zuKünftigen Zeitpunkt hin vorzunehmen, und räumt ihr damit ein entsprechendes Gestaltungsrecht ein (ZK- HIGI/B?HLMANN, Art. 269d OR N 21, 128, und Vor Art. 269270e OR N 124, 126;
BSK OR I-WEBER, Art. 269d N 1a m.Nw.). Mietzinserhöhungen sind deshalb wie grundsätzlich alle Gestaltungsrechte bedingungsfeindlich (ZK-HIGI/B?HLMANN, Art. 269d OR N 161; OESCHGER/ZAHRADNIK, Mietrecht für die Praxis, 10. Aufl. 2022, S. 480). Nur in engen AusnahmeFällen, wenn trotz der Bedingung keine ungewisse Rechtslage entsteht, ist eine bedingte Ausübung von Gestaltungsrechten zulässig, insbesondere wenn der Bedingungseintritt vom Willen der Gegenseite abhängt (vgl. KOLLER, OR AT, 4. Aufl. 2017, N 3.67). Solches ist hier nicht der Fall. Die Mietzinserhöhung sollte nur dann wirksam werden, wenn die Kündigung gerichtlich für ungültig erklärt wird. Eine solche Unsicherheit über die Mietzinshöhe ist der Gegenseite nicht zumutbar, sodass die von der Beklagten bedingt ausgesprochene Mietzinserhöhung auch bereits aus diesem Grund als unwirksam betrachtet werden Müsste.
Kosten- und Entschädigungsfolgen
Bei diesem Verfahrensausgang sind die Prozesskosten vollumfänglich der Beklagten aufzuerlegen (Art. 106 Abs. 1 ZPO).
Die Höhe der erstinstanzlichen Entscheidgebühr und die Höhe der für das erstinstanzliche Verfahren zugesprochenen vollen Parteientschädigung wurde nicht beanstandet (vgl. act. 51 S. 11 f.; act. 61 S. 10). Die Vorinstanz ging zwar von einem unrichtigen Streitwert aus, weil sie die Mietzinsanfechtungsklage als blosses, nicht streitwertrelevantes Eventualbegehren verstand (vgl. E. 2.1). Angesichts des Umstands, dass die Vorinstanz die Grundgebühr für die Berechnung der Entscheidgebühr gemäss 4 Abs. 2 GebV OG bzw. die Grundgebühr für die Berechnung der Parteientschädigung gemäss 4 Abs. 2 AnwGebV wegen des Zusatzaufwands für die Mietzinsanfechtung aber je um 20 % Erhöhte (act. 52
E. 48), erscheint die Höhe der von der Vorinstanz festgesetzten Prozesskosten dennoch nicht als unangemessen, sodass es mangels Beanstandung dabei zu bleiben hat.
Die erstinstanzliche Entscheidgebühr ist soweit ausreichend aus dem von den Klägerinnen im erstinstanzlichen Verfahren geleisteten Kostenvorschuss (Fr. 5'250) zu beziehen und im Fehlbetrag (Fr. 1'210) von der Beklagten nachzufordern (Art. 111 Abs. 1 ZPO). Die Beklagte ist zu verpflichten, den Klägerinnen den von ihnen im erstinstanzlichen Verfahren geleisteten Kostenvorschuss in der Höhe von Fr. 5'250 zu ersetzen (Art. 111 Abs. 2 ZPO). darüber hinaus hat sie den Klägerinnen für das erstinstanzliche Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 8'520 (inkl. MwSt.) zu bezahlen.
Die Entscheidgebühr für das Berufungsverfahren ist ausgehend von einem Streitwert von Fr. 312'389 (vgl. E. 2.1) und in Anwendung von 12 Abs. 12 sowie 2 Abs. 1 lit. a und lit. c?d, 4 Abs. 13 und 7 lit. a GebV OG auf
Fr. 6'000 festzusetzen und aus dem von den Berufungsklägerinnen geleisteten Kostenvorschuss zu beziehen. Die Berufungsbeklagte ist zu verpflichten, den Berufungsklägerinnen den von ihnen im Berufungsverfahren geleisteten Kostenvorschuss in der Höhe von Fr. 6'000 zu ersetzen (Art. 111 Abs. 2 ZPO).
Den Berufungsklägerinnen ist für das zweitinstanzliche Verfahren ausgangsgemäss eine Parteientschädigung zuzusprechen. Diese ist ausgehend von einem Streitwert von Fr. 312'389 (vgl. E. 2.1) und in Anwendung von 2 Abs. 1 lit. a und lit. c?e, 4 Abs. 13, 11 Abs. 1 und 13 Abs. 12 AnwGebV OG auf Fr. 4'500 (zuzüglich 7.7 % MwSt.) festzusetzen.
In Gutheissung der Berufung wird das Urteil des Mietgerichts Zürich, Kollegialgericht, vom 22. August 2022 (Geschäfts-Nr. MJ210065-L) aufgehoben und durch folgende Fassung ersetzt:
1. Die Kündigung der Beklagten vom 12. April 2021 per 30. September 2021 wird für ungültig erklärt und aufgehoben.
Die Mietzinserhöhung der Beklagten vom 10. Dezember 2021 per
April 2022 wird für missbräuchlich erklärt und aufgehoben.
Die erstinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 6'460 festgesetzt, der Beklagten auferlegt und soweit ausreichend aus dem von den Klägerinnen im erstinstanzlichen Verfahren geleisteten Kostenvorschuss (Fr. 5'250) bezogen. Der Fehlbetrag (Fr. 1'210) wird von der Beklagten nachgefordert.
Die Beklagte wird verpflichtet, den Klägerinnen den von ihnen im erstinstanzlichen Verfahren geleisteten Kostenvorschuss in der Höhe von Fr. 5'250 zu ersetzen.
Die Beklagte wird verpflichtet, den Klägerinnen für das erstinstanzliche Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 8'520 (inkl. MwSt.) zu bezahlen.
Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 6'000 festgesetzt, der Berufungsbeklagten auferlegt und aus dem von den Berufungsklägerinnen geleisteten Kostenvorschuss bezogen.
Die Berufungsbeklagte wird verpflichtet, den Berufungsklägerinnen den von ihnen im zweitinstanzlichen Verfahren geleisteten Kostenvorschuss in der Höhe von Fr. 6'000 zu ersetzen.
Die Berufungsbeklagte wird verpflichtet, den Berufungsklägerinnen für das zweitinstanzliche Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 4'500 zzgl.
7.7 % MwSt. zu bezahlen.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien sowie an das Mietgericht Zürich, je gegen Empfangsschein.
Nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist gehen die erstinstanzlichen Akten an die Vorinstanz zurück.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesge-
richt, 1000 Lausanne 14, einzureichen. zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.
Es handelt sich um eine mietrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 312'389.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Die Vorsitzende:
lic. iur. E. Lichti Aschwanden
Der Gerichtsschreiber:
MLaw B. Lakic
versandt am:
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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