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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Zusammenfassung des Urteils NG220008: Obergericht des Kantons Zürich

Die Beschwerde gegen die Verfügung des Einzelrichters wurde abgewiesen, da der Beschwerdeführer die inhaltlichen Anforderungen nicht erfüllte. Er erhielt die Möglichkeit, die Beschwerde zu verbessern, versäumte es jedoch, dies innerhalb der Frist zu tun. Daher wurde nicht auf die Beschwerde eingetreten, und die Gerichtskosten von CHF 100 wurden dem Beschwerdeführer auferlegt. Es wurde keine Parteientschädigung zugesprochen. Der Kantonsgerichtsvizepräsident Dr. Reto Heizmann fällte diese Entscheidung.

Urteilsdetails des Kantongerichts NG220008

Kanton:ZH
Fallnummer:NG220008
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid NG220008 vom 06.12.2022 (ZH)
Datum:06.12.2022
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Forderung / Einseitige Vertragsänderung
Schlagwörter : Recht; Mieter; Vermieter; Vermieterin; Mieterin; Berufung; Vorinstanz; Vertragsänderung; Kündigung; Klage; Entscheid; Mietvertrag; Parteien; Rechtsschutzinteresse; Nichteintreten; Beklagten; Beschwer; Nichteintretens; Urteil; Formular; Nichteintretensentscheid; Auskunft; Schlichtungsbehörde; Urteilsvorschlag; Rechtsmittel; Rechtsbegehren; Informations; Verfahren
Rechtsnorm:Art. 1 OR ;Art. 104 ZPO ;Art. 269d OR ;Art. 270b OR ;Art. 273c OR ;Art. 29 BV ;Art. 308 ZPO ;Art. 310 ZPO ;Art. 317 ZPO ;Art. 4 DSG ;Art. 57 ZPO ;Art. 59 ZPO ;Art. 63 ZPO ;Art. 91 ZPO ;Art. 92 BGG ;
Referenz BGE:120 II 5; 122 III 279; 125 III 231; 125 III 62; 126 III 198; 132 III 24; 133 III 453; 134 III 235; 135 I 119; 137 II 313; 138 III 374; 138 III 659; 143 III 157; 63 II 190; 91 II 57;
Kommentar:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017

Entscheid des Kantongerichts NG220008

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer

Geschäfts-Nr.: NG220008-O/U

Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. E. Lichti Aschwanden, Vorsitzende, Oberrichter lic. iur. et phil. D. Glur und Oberrichter Dr. E. Pahud sowie Gerichtsschreiberin MLaw R. Schneebeli

Urteil vom 6. Dezember 2022

in Sachen

Stadt Zürich,

Beklagte und Berufungsklägerin

vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. X. ,

gegen

  1. ,

    Klägerin und Berufungsbeklagte

    vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Y. ,

    betreffend Forderung / Einseitige Vertragsänderung

    Berufung gegen einen Beschluss des Mietgerichtes Zürich (Kollegialgericht) vom 6. April 2022 (MJ210056)

    Rechtsbegehren der Klägerin und Berufungsbeklagten:

    (act. 1 S. 2)

    1. Sämtliche der Klägerin mit Schreiben der Beklagten vom

    21. August 2020 angezeigten einseitigen Mietvertragsänderungen seien für nichtig zu erklären.

    2. Eventualiter seien die der Klägerin mit Schreiben der Beklagten vom 21. August 2020 angezeigten einseitigen Mietvertragsänderungen betreffend (i) Einführung eines Kündigungsrechts der Beklagten im Falle der Unterbelegung; (ii) Einführung einer Pflicht der Klägerin zum Wohnungswechsel im Falle der Verletzung bestimmter wirtschaftlicher Verhältnisse; und (iii) betreffend Integration von Informations- und Auskunftsrechten der Beklagten zwecks Überprüfung der Unterbelegung, der wirtschaftlichen Verhältnisse und des persönlichen Gebrauchs (inkl. Auskunftsbevollmächtigung gegenüber Steueramt, Personalmeldeamt und anderen Stellen) in den Mietvertrag zwischen den Parteien für missbräuchlich zu erklären und aufzuheben.

    Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen (einschliesslich allfälliger Mehrwertsteuer) zulasten der Beklagten.

    Modifiziertes Rechtsbegehren der Klägerin und Berufungsbeklagten:

    (act. 23 S. 1 f.)

    1. Es sei festzustellen, dass es sich bei den mit Schreiben der Beklagten vom 21. August 2020 angezeigten Mietvertragsänderungen bloss um Absichtserklärungen der Beklagten handelt, die keine Änderungen am privatrechtlichen Mietvertrag zwischen den Parteien bewirken.

    1. Eventualiter seien sämtliche der Klägerin mit Schreiben der Beklagten vom 21. August 2020 angezeigten einseitigen Mietvertragsänderungen für nichtig zu erklären.

    2. Sub-eventualiter seien die der Klägerin mit Schreiben der Beklagten vom 21. August 2020 angezeigten einseitigen Mietvertrags- änderungen betreffend (i) Einführung eines Kündigungsrechts der Beklagten im Falle der Unterbelegung; (ii) Einführung einer Pflicht der Klägerin zum Wohnungswechsel im Falle der Verletzung bestimmter wirtschaftlicher Verhältnisse; und (iii) betreffend Integration von Informations- und Auskunftsrechten der Beklagten zwecks Überprüfung der Unterbelegung, der wirtschaftlichen Verhältnisse und des persönlichen Gebrauchs (inkl. Auskunftsbevollmächtigung gegenüber Steueramt, Personenmeldeamt und anderen Stellen) in den Mietvertrag zwischen den Parteien für missbräuchlich zu erklären und aufzuheben.

    Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen (einschliesslich allfälliger Mehrwertsteuer) zulasten der Beklagten.

    Anträge der Beklagten und Berufungsklägerin:

    (act. 29 S. 2)

    1. Die Klage sei abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist,

    2. unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten der Klägerin.

    Zirkulationsbeschluss des Mietgerichtes:

    (act. 37 = act. 41 = act. 43.)

    1. Auf die Klage wird im Sinne der Erwägungen nicht eingetreten.

    2. Die Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf:

      Fr. 1'500.00 Kosten total

    3. Die Kosten werden den Parteien je zur Hälfte auferlegt. Sie werden von der Klägerin unter Verrechnung ihres Kostenvorschusses von

      Fr. 2'640.– bezogen, sind ihr aber von der Beklagten im Umfang von Fr. 750.– zu ersetzen. Der Restbetrag wird der Klägerin herausgegeben.

    4. Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.

    5. [Mitteilungssatz.]

    6. [Rechtsmittelbelehrung; Berufung innert 30 Tagen.]

Berufungsanträge:

der Beklagten und Berufungsklägerin (act. 42 S. 2):

1. Der angefochtene Beschluss des Mietgerichts Zürich vom 6. April 2022 (Geschäft-Nr. MJ210056-L) sei aufzuheben und die Sache zur materiellen Prüfung an die Vorinstanz zurückzuweisen;

2 unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten der Berufungsbeklagten, eventuell zu Lasten der Staatskasse.

der Klägerin und Berufungsbeklagten (act. 49 S. 1):

1. Es sei festzustellen, dass die nötige Beschwer für die Berufung fehlt und damit auf die Berufung nicht einzutreten ist.

2. Eventualiter sei der Entscheid des Mietgerichtes Zürich zu bestätigen.

Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen (einschliesslich allfälliger Mehrwertsteuer) zulasten der Beklagten bzw. der Berufungsklägerin.

Erwägungen:

I.

Sachverhalt und Prozessgeschichte

  1. Die Parteien schlossen mit Wirkung ab dem 1. November 1995 einen Mietvertrag über ein 6-Zimmer-Einfamilienhaus an der B. -strasse ... in … Zürich (act. 3/2–3). Mit amtlichem Formular vom 21. August 2020 teilte die Beklagte und Berufungsklägerin (fortan Vermieterin) der Klägerin und Berufungsbeklagten (fortan Mieterin) auf dem Formular für Mietzinserhöhungen und andere einseitige Mietvertragsänderungen mit, dass ab 1. Januar 2024 die Zusatzpflichten auf Basis VGV gölten, mithin die Vorschriften der von der Vermieterin erlassenen Verordnung über die Grundsätze der Vermietung von städtischen Wohnungen (VGV; act. 3/1). In einem Begleitschreiben wies die Vermieterin darauf hin, dass mit Inkrafttreten der besagten Verordnung Vorschriften hinsichtlich des Wohnsitzes, der wirtschaftlichen Verhältnisse, der Untervermietung sowie der minimalen Woh- nungsbelegung zur Anwendung kämen und dass zu deren Durchsetzung vom vertraglichen Kündigungsrecht Gebrauch gemacht werde. Zur Überprüfung der Einhaltung dieser Vorschriften träfen die Mieter fortan damit einhergehende Informations- und Auskunftspflichten (angeheftet an Formular, act. 3/1).

  2. Mit Eingabe vom 17. September 2020 focht die Mieterin die Vertragsänderung an und machte bei der Schlichtungsbehörde in Miet- und Pachtsachen des Bezirkes C. ein Verfahren anhängig (act. 6/1). Diese ist auf das Gesuch mangels örtlicher Zuständigkeit nicht eingetreten (act. 6/3). In der Folge reichte die Mieterin in Anwendung von Art. 63 ZPO ihre Eingabe am 26. September 2020 (Datum Poststempel) bei der zuständigen Schlichtungsbehörde in Miet- und Pachtsachen des Bezirkes Zürich innert Monatsfrist ein (act. 6/1). Anlässlich der Schlichtungsverhandlung vom 2. Juni 2021 konnte zwischen den Parteien keine Einigung erzielt werden, weshalb mit Beschluss des gleichen Datums die Schlichtungsbehörde den Parteien einen Urteilsvorschlag unterbreitete (act. 6/9). Dieser lautete wie folgt (act. 6/9 S. 3):

    1. Die Klage wird abgewiesen.

    2 Es werden keine Kosten erhoben.

  3. Es werden keine Entschädigungen zugesprochen.

  4. Schriftliche Mitteilung an die Parteien je gegen Empfangsschein.

  5. Dieser Urteilsvorschlag gilt als angenommen und hat die Wirkung eines rechtskräftigen Entscheids, wenn ihn keine Partei innert 20 Tagen seit der schriftlichen Eröffnung ablehnt. Die Ablehnung be- darf keiner Begründung.

Innert Frist wurde der Urteilsvorschlag von der Mieterin abgelehnt, worauf der Mieterin mit Beschluss vom 30. Juni 2021 die Klagebewilligung erteilt wurde (act. 4 = act. 6/13).

3. Mit Eingabe vom 2. September 2021 (Poststempel) reichte die Mieterin fristgerecht Klage beim Mietgericht Zürich mit den eingangs zitierten Rechtsbegehren ein (act. 1; zur Rechtzeitigkeit vgl. act. 6/14). Mit Verfügungen vom

25. November 2021 (act. 20) bzw. vom 15. Dezember 2021 (act. 24) wurde bei- den Parteien Frist angesetzt, um sich zur Frage des Vorliegens eines Rechtsschutzinteresses zu äussern. Mit Stellungnahme vom 14. Dezember 2021

(act. 23) modifizierte die Mieterin ihre Rechtsbegehren und sprach sich für ein Feststellungsbzw. Rechtsschutzinteresse aus (vgl. auch act. 33). Die Vermieterin sprach sich in ihrer Stellungnahme zwar gegen ein Feststellungsinteresse, je- doch für ein Rechtsschutzinteresse der Mieterin aus (act. 29). Mit Zirkulationsbeschluss vom 6. April 2022 trat das Mietgericht Zürich auf die Klage der Mieterin im Sinne der Erwägungen nicht ein (act. 37).

4. Dagegen hat die Vermieterin mit Schriftsatz vom 23. Mai 2022 fristgemäss eine Berufung an die Kammer erhoben (act. 42; zur Rechtzeitigkeit vgl. act. 39). Sie beantragt die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur materiellen Prüfung, unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten des Berufungsbeklagten bzw. eventuell zu Lasten der Staatskasse. Mit Verfügung vom 2. Juni 2022 wurde der Vermieterin Frist zur Leistung eines Kostenvorschusses in der Höhe von Fr. 3'900.– angesetzt und die weitere Prozessleitung delegiert (act. 44). Der Kostenvorschuss ist fristgemäss eingegangen (act. 46). Mit Verfügung vom 4. Oktober 2022 wurde der Mieterin Frist zur Erstattung einer schriftlichen Berufungsantwort angesetzt (act. 47). Die Berufungsantwort der Mieterin vom 4. November 2022 ist bei der Kammer am

7. November 2022 fristgemäss eingegangen (act. 49; zur Rechtzeitigkeit vgl. act. 48). Die Mieterin beantragt, auf die Berufung der Vermieterin sei nicht einzutreten, eventualiter sei der vorinstanzliche Entscheid zu bestätigen, alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten der Vermieterin (vgl. act. 49 S. 1).

5. Die vorinstanzlichen Akten wurden von Amtes wegen beigezogen (act. 1– 39). Die Sache ist spruchreif. Die Berufungsantwort der Mieterin (act. 49) ist der Vermieterin mit dem vorliegenden Entscheid noch zur Kenntnisnahme zuzustellen.

II.

Zur Berufung im Einzelnen

  1. Prozessuales

    1. Mit der Berufung sind erstinstanzliche Endentscheide anfechtbar (Art. 308 Abs. 1 lit. a ZPO). In vermögensrechtlichen Angelegenheiten ist die Berufung nur zulässig, wenn der Streitwert mindestens Fr. 10'000.– beträgt (Art. 308 Abs. 2 ZPO). Anlässlich der Schlichtungsverhandlung vom 2. Juni 2021 haben die Parteien – unter Bezugnahme auf das Urteil der Kammer vom 1. März 2021 im Verfahren RU200056-O – den Streitwert des vorliegenden Verfahrens übereinstimmend mit Fr. 30'100.– beziffert (vgl. act. 6, Prot. S. 3). Da dieser Streitwert nicht offensichtlich unrichtig erscheint (Art. 91 Abs. 2 ZPO), ist auch im Berufungsverfahren darauf abzustellen (vgl. dazu auch act. 44 S. 2 und die dortigen Verweise). Der erforderliche Mindeststreitwert ist hier somit ohne Weiteres gegeben.

    2. Zulässigkeitsvoraussetzung eines jeden Rechtsmittels ist sodann die Beschwer; sie ist für das Rechtsmittelverfahren das von Amtes wegen zu beachten- de Pendant zum Rechtsschutzinteresse im erstinstanzlichen Verfahren, welches eine Prozessvoraussetzung darstellt (vgl. Art. 59 Abs. 2 lit. a ZPO). Das Erforder- nis der Beschwer hat die Wirkung, dass nur derjenige zur Erhebung eines

      Rechtsmittels befugt ist, der ein von der Rechtsordnung geschütztes, d.h. ein schutzwürdiges Interesse (tatsächlicher rechtlicher Natur) an der Abänderung des erstinstanzlichen Entscheides besitzt (vgl. BGE 120 II 5 E. 2a; ZK ZPO- REETZ, 3. Aufl. 2016, Zürich/Basel/Genf, Vor Art. 308–318 N 30). Erforderlich dafür ist grundsätzlich das Vorliegen der formellen und der darin in der Regel enthaltenen materiellen Beschwer. Die formelle Beschwer ist gegeben, wenn das Dispositiv des angefochtenen Entscheides von den vor Vorinstanz gestellten Rechtsbegehren abweicht. Materielle Beschwer bedeutet, dass die Rechtsstellung der das Rechtsmittel ergreifenden Person durch den erstinstanzlichen Entscheid tangiert wird, indem dieser in seinen rechtlichen Wirkungen für diese Person nachteilig ist und ihr dadurch ein Interesse an seiner Abänderung verschafft (BGE 120 II 5 E. 2a). Ausnahmsweise kann auch eine bloss materielle Beschwer genügen. So kann etwa ein Dritter, welcher vor der ersten Instanz überhaupt keine Rechtsbegehren stellen konnte, jedoch durch den vorinstanzlichen Entscheid in seiner Rechtsstellung beeinträchtigt wird, ein Rechtsmittel dagegen ergreifen vgl. zum Ganzen BLICKENSTORFER, DIKE-Komm-ZPO, 2. Aufl. 2016, Vor Art. 308–334

      N 95 ff. und ZK ZPO-REETZ, 3. Aufl. 2016, Vorbemerkungen zu den Art. 308–318 N 30 ff., je m.w.H.; BGer 4P.231/2000 vom 3. Januar 2001 E. 1). Fehlt es an der Beschwer, wird auf das Rechtsmittel nicht eingetreten.

      Vorliegend ist es die Vermieterin, die den vorinstanzlichen Entscheid mit Berufung anficht, mit welchem die Vorinstanz auf die Klage der Mieterin im Sinne der Erwägungen nicht eingetreten ist. Vorab gilt es deshalb zu klären, ob die Vermieterin durch den vorinstanzlichen Nichteintretensentscheid überhaupt beschwert ist.

    3. Die Vermieterin führt zur Thematik der Beschwer zusammengefasst aus, da sie im vorinstanzlichen Verfahren die Abweisung der Klage der Mieterin beantragt habe, die Vorinstanz auf die Klage stattdessen aber nicht eingetreten sei, sei sie durch den Nichteintretensentscheid beschwert (vgl. act. 42 Rz 5). Sie (die Vermieterin) sei aber auch materiell beschwert, weil sie ein Interesse daran habe, dass ein Gericht beurteile, ob die streitgegenständliche einseitige Vertragsänderung gemäss Formularanzeige vom 21. August 2020 mit Wirkung ab 1. Januar 2024

      wirksam und gültig sei. Dies umso mehr, weil die Vorinstanz in ihrem Entscheid zu Unrecht davon ausgehe und dort explizit festhalte, dass der Urteilsvorschlag der Schlichtungsbehörde trotz des Nichteintretens auf die Klage der Mieterin kei- ne Geltung mehr habe. Die durch den Nichteintretensentscheid geschaffene Rechtsunsicherheit über die Gültigkeit der einseitigen Vertragsänderung sei für beide Parteien unzumutbar. Zudem – so die Vermieterin weiter – stelle das Vorgehen der Vorinstanz eine formelle Rechtsverweigerung dar und sei ihr Anspruch auf richterliche Beurteilung der einseitigen Vertragsänderung innert angemesse- ner Frist verletzt, weshalb sie durch den vorinstanzlichen Entscheid auch deshalb materiell beschwert sei (vgl. zum Ganzen act. 42 Rz 6–10).

    4. Die Mieterin stellt sich in ihrer Berufungsantwort demgegenüber zusammengefasst auf den Standpunkt, die Vermieterin sei durch den vorinstanzlichen Entscheid zwar tatsächlich formell beschwert, doch fehle es ihr an der materiellen Beschwer (act. 49 Ziff. 3). Eine materielle Beschwer ergebe sich für die Vermieterin insbesondere nicht aus dem Umstand, dass die Vorinstanz entschieden habe, dass der Urteilsvorschlag der Schlichtungsbehörde durch die Ablehnung auch bei einem Nichteintretensentscheid keine Rechtskraft habe, durch das Argument der Rechtssicherheit, denn die Vorinstanz habe korrekt und nach dem Gesetz entschieden. Eine Rechtsunsicherheit bestehe sodann nur dem Schein nach, denn die Vermieterin dürfe das Mietverhältnis nach wie vor kündigen und sei darin durch die fehlende Wirkung der einseitigen Vertragsänderung nicht eingeschränkt. Ebenso wenig sei der Vorinstanz eine Verletzung der Art. 59 Abs. 2 lit. a ZPO und Art. 29 Abs. 2 BV vorzuwerfen. Mangels der Prozessvoraussetzung der materiellen Beschwer sei auf die Berufung nicht einzutreten (vgl. zum Ganzen act. 49 Ziff. 5–15).

    5. Vor Vorinstanz hat die Vermieterin in ihrer Stellungnahme vom 11. Februar 2022 die Abweisung der Klage der Mieterin beantragt, soweit darauf einzutreten sei (act. 29 S. 2). Hinsichtlich des modifizierten Rechtsbegehrens Nr. 1 der Mieterin, womit Letztere verlangte, es sei gerichtlich festzustellen, dass es sich bei der am 21. August 2020 angezeigten Mietvertragsänderungen um eine blosse Absichtserklärung der Beklagten handle (vgl. act. 23 S. 1), verlangte sie zwar einen

      Nichteintretensentscheid mangels eines Feststellungsinteresses. Mit Bezug auf das ursprüngliche Rechtsbegehren der Mieterin bzw. auf die späteren Eventualanträge bejahte die Vermieterin jedoch bereits vor Vorinstanz ein Rechtsschutzinteresse der Mieterin an ihrer Klage (vgl. act. 29 Ziff. 2, S. 4 ff.). Rechtsbegehren bzw. Anträge sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts nach Treu und Glauben im Lichte von deren Begründung auszulegen (BGE 137 II 313

      E. 1.3; BGE 135 I 119 E. 4; BGE 134 III 235 E. 2). Aufgrund der weiteren Ausführungen der Vermieterin in der Stellungnahme vom 11. Februar 2022 besteht kein Zweifel daran, dass sie sich grundsätzlich für eine materielle Prüfung der Streitsache aussprach und mit ihrem Antrag primär bzw. hauptsächlich die Abweisung der Klage der Mieterin verlangte und einzig hinsichtlich des neu gestellten Antrages Nr. 1 der Mieterin ein Nichteintreten mangels Feststellungsinteresse begehrte. Für den (Eventual-)Fall eines Nichteintretens hielt die Vermieterin im Übrigen dafür, dass der Urteilsvorschlag der Schlichtungsbehörde seine Gültigkeit behalte (act. 29 S. 8). Damit kann der Vermieterin eine formelle Beschwer nicht mit der Begründung abgesprochen werden, sie selbst habe im vorinstanzlichen Verfahren auf Nichteintreten plädiert.

      Die Frage, ob die formelle Beschwer auch dann zu bejahen ist, wenn anstatt der beantragten Abweisung ein Nichteintretensentscheid ergangen ist, wurde durch das Bundesgericht – soweit ersichtlich – noch nicht explizit geklärt. Nicht einschlägig erscheinen insbesondere die bereits einige Zeit zurückliegenden Entscheide des Bundesgerichtes, in welchen den Rechtsmittelklägern ein praktisches Interesse am eingelegten Rechtsmittel abgesprochen wurde (vgl. BGE 126 III 198

      E. 2.b; BGE 91 II 57 E. 4) und eben so wenig BGE 63 II 190, wo sich die zu verbeiständende Person gegen den zweitinstanzlichen Entscheid wehrte, mit welchem die angeordnete Verbeiständung mangels örtlicher Zuständigkeit der Vorinstanz aufgehoben worden war. In der Lehre überwiegt die Ansicht, dass eine formelle Beschwer auch dann vorliegt, wenn entgegen einem beklagtischen Rechtsbegehren auf Klageabweisung stattdessen auf die Klage nicht eingetreten wird, da ein Beklagter durchaus ein Interesse an einem der materiellen Rechtskraft teilhabenden Sachurteil haben könne anstatt lediglich an einem Prozessen- dentscheid. Konkret müsse der Beklagte nach einem blossen Prozessentscheid

      nämlich befürchten, mit der gleichen Klage in einem neuen Verfahren konfrontiert zu werden (vgl. z.B. STAEHELIN, in: Staehelin/Staehelin/Grolimund, Zivilprozessrecht, 3. Aufl., Zürich/Basel/Genf 2019, § 25 Rz 28; ZK ZPO-REETZ, 3. Aufl. 2016, Vorbemerkungen zu den Art. 308–318 N 31; DIKE Komm ZPO-BLICKENSTORFER,

  2. Aufl. 2016, Vor Art. 308– 334 N 96; ZK ZPO-ZÜRCHER, 3. Aufl. 2016, Art. 59 ZPO N 14; BK ZPO-STERCHI, vor Art. 308 ZPO N 27; SEILER, Die Berufung nach ZPO, Zürich 2013, § 9 N 531; anderer Ansicht noch unter Geltung der Zürcher Zivilprozessordnung: FRANK/STRÄULI/MESSMER, N 11.a. zu § 51 ZPO ZH).

Dass diese Rechtsauffassung richtig ist, zeigt sich am vorliegenden Fall: Die Vorinstanz begründet ihr Nichteintreten auf die Klage der Mieterin hinsichtlich des ursprünglichen Rechtsbegehrens bzw. der späteren Eventualbegehren damit, dass die Mieterin im heutigen Zeitpunkt kein aktuelles Rechtsschutzinteresse an der Überprüfung der von der Vermieterin mitgeteilten (einseitigen) Mietvertrags- änderung habe. Eine abschliessende Prüfung der mitgeteilten Vertragsänderung sei erst im Anschluss an eine Kündigung des Mietverhältnisses möglich bzw. betreffend die gemäss Vertragsänderung neue Auskunftsverpflichtung erst nach Verlangen einer bestimmten Auskunft durch die Vermieterin (vgl.

act. 41 E. IV./4.3). Mit anderen Worten hat die Mieterin gemäss Vorinstanz dann mit derselben Rechtsfrage bzw. denselben Begehren an das Gericht zu gelangen, sobald sich ihr Rechtsschutzinteresse (durch eine Kündigung Auskunftsanfrage bei Dritten seitens der Vermieterin) aktualisiert hat. Der vorinstanzliche Nichteintretensentscheid steht mangels materieller Rechtskraftwirkung mit Bezug auf die Klage einer neuerlichen identischen Klage dabei nicht entgegen (sondern einzig mit Bezug auf seine Prozesswirkungen), er begründet also keine res iudicata (Art. 59 Abs. 2 lit. e ZPO). Für die Vermieterin bedeutet dies, dass sie sich in naher Zukunft einem neuerlichen Gerichtsprozess über dieselbe Streitsache wird stellen müssen, sollte die Mieterin in einem späteren Zeitpunkt (nach erfolgter Kündigung Auskunftsanforderung durch die Vermieterin) erneut klagen wollen. Damit weist der vorinstanzliche Nichteintretensentscheid für die Vermieterin einen ganz anderen Wert auf, als die von ihr vor Vorinstanz beantragte Klageabweisung. Bereits aus diesem Grund ist die Vermieterin durch den vorinstanzlichen Entscheid formell (und damit zugleich auch materiell) beschwert.

Hinzu kommt sodann das Folgende: Wie bereits ausgeführt, verfügte die Mieterin nach der Rechtsauffassung der Vorinstanz in der vorliegend zu beurteilenden Streitsache von Beginn weg über kein Rechtsschutzinteresse und hätte die Schlichtungsbehörde E. hier aus diesem Grund auch keinen Urteilsvorschlag erlassen dürfen. Nach Ansicht der Vorinstanz kann der Urteilsvorschlag der Schlichtungsbehörde deshalb nunmehr – nachdem sie der Mieterin im Nichteintretensentscheid das Rechtsschutzinteresse gerichtlich abgesprochen hat – keine Gültigkeit mehr beanspruchen. Um dies zum Ausdruck zu bringen bzw. der Klarheit halber, hat die Vorinstanz nicht einfach einen Nichteintretensentscheid ausgefällt, sondern ist im Sinne der Erwägungen auf die Klage der Mieterin nicht eingetreten (vgl. act. 41, Dispositivziffer 1 und sowie E. IV./2. S. 9 ff. und E. IV./5.

S. 18 f.). Folgt man der Rechtsauffassung der Vorinstanz, ist der Urteilsvorschlag der Schlichtungsbehörde Zürich vom 2. Juni 2021, mit welchem die Klage der Mieterin abgewiesen worden war (vgl. act. 6/9, Dispositiv), durch den vorinstanzlichen Nichteintretensentscheid zum Nachteil der Vermieterin endgültig beseitigt bzw. ausser Kraft gesetzt worden. Auch aus diesem Grund ist die Vermieterin durch den vorinstanzlichen Entscheid formell (und damit zugleich auch materiell) beschwert.

Selbst wenn man der Vermieterin im konkreten Fall eine formelle Beschwer jedoch absprechen müsste, so läge hier ein Fall vor, in welchem ausnahmsweise auch eine bloss materielle Beschwer der Vermieterin für die Zulässigkeit ihres Rechtsmittels genügen muss: Infolge der von der Vorinstanz vertretenen Auffassung, wonach ihr Nichteintretensentscheid im Sinne der Erwägungen den Urteilsvorschlag der Schlichtungsbehörde E. ausser Kraft setzt, ist vorliegend für beide Parteien unklar, ob die von der Vermieterin mit amtlich genehmigtem Formular ausgesprochene einseitige Vertragsänderung vom 21. August 2020 Gültigkeit entfaltet nicht. Nachdem die Vorinstanz ihren Nichteintretensentscheid damit begründet, bei der von der Vermieterin angezeigten einseitigen Vertragsanpassung handle es sich – entgegen der Rechtsauffassung der Vermieterin – tatsächlich um eine blosse Absichtserklärung, welche keinerlei rechtlichen Folgen nach sich ziehe (vgl. act. 41 E. IV./2. S. 11 und E. IV./3. S. 11 ff.), wird die Vermieterin durch den erstinstanzlichen Entscheid offensichtlich in ihrer Rechtsstellung tangiert und wirkt sich der vorinstanzliche Entscheid (auch wenn die Vorinstanz damit formell und dem Schein nach zum Vorteil der Vermieterin auf die Klage der Mieterin nicht eingetreten ist) für sie nachteilig aus. Sie hat deshalb – gerade wegen der Rechtswirkungen des vorinstanzlichen Entscheides – ein nachvollziehbares und ein erhebliches Interesse an dessen Abänderung und ist aus diesem Grund – entgegen der Ansicht der Mieterin (vgl. act. 49 Ziff. 3) – zusätzlich materiell beschwert.

Zusammenfassend ist die Beschwer der Vermieterin zu bejahen.

1.6 Die Berufung wurde von der Vermieterin zudem innert der gesetzlich vorgesehenen Rechtsmittelfrist schriftlich und mit begründeten Anträgen eingereicht. Damit sind sämtliche formellen Rechtsmittelvoraussetzungen erfüllt, weshalb auf die Berufung einzutreten ist.

  1. Materielles

    1. Allgemeines zur Berufung

      Mit der Berufung können sowohl die unrichtige Rechtsanwendung als auch die unrichtige Feststellung des Sachverhaltes geltend gemacht werden (Art. 310 ZPO); zu Letzterer zählt ebenso die unrichtige Anwendung des pflichtgemässen Ermessens. Die Berufung erhebende Partei trifft eine Begründungslast. Sie hat substantiiert vorzutragen, aus welchen Gründen der angefochtene Entscheid unrichtig ist und wie er geändert werden muss (BGer 4A_418/2017 vom 8. Januar 2018, E. 2.3 und 5A_111/2016 vom 6. September 2016, E. 5.3). Blosse Verweise auf die Vorakten Wiederholungen des bereits vor der ersten Instanz Vorgetragenen genügen den gesetzlichen Anforderungen an eine hinreichende Begründung ebenso wenig wie allgemeine Kritik am angefochtenen Entscheid bzw. an den erstinstanzlichen Erwägungen (BSK ZPO-SPÜHLER, 3. Aufl. 2017, Art. 312 N 15; ZK ZPO-REETZ/THEILER, 3. Aufl. 2016, Art. 311 N 36 f.; BGE 138 III 374

      ff. E. 4 = Pra 102 [2013] Nr. 4). Der Berufungsinstanz kommt volle Kognition zu. Sie ist weder an die Argumente der Parteien noch an die Begründung des vorinstanzlichen Entscheids gebunden, sondern wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 57 ZPO; BGE 138 III 374 ff. E. 4.3.1 = Pra 102 [2013] Nr. 4 und BGE

      133 II 249 E. 1.4.1), allerdings – unter dem Vorbehalt offensichtlicher Mängel – nur im Rahmen der erhobenen Beanstandungen (vgl. OGer ZH, LB190040 vom

      29. April 2020, E. II./2. mit Hinweisen). Neue Tatsachenbehauptungen und Beweismittel sind nur unter den Voraussetzungen von Art. 317 Abs. 1 ZPO zugelassen.

    2. Vorinstanzlicher Entscheid

      Die Vorinstanz hielt zunächst fest, die Mieterin sei zur Erhebung ihrer Klage insofern gezwungen gewesen, als die Schlichtungsbehörde E. einen Urteilsvorschlag erlassen und damit ihre Klage materiell behandelt habe. Entsprechend sei zumindest insoweit ein Rechtsschutzinteresse an ihrer Klage zu bejahen (vgl. act. 41 E. IV./2.). Darüber hinaus verneinte die Vorinstanz jedoch ein Feststellungsinteresse (hinsichtlich Rechtsbegehren Nr. 1) bzw. Rechtsschutzinteresse der Mieterin an der richterlichen Überprüfung der Rechtmässigkeit der einseitigen Vertragsänderung von Seiten der Vermieterin. Mit Bezug auf das Rechtsschutzinteresse der Mieterin erwog die Vorinstanz zusammengefasst das Folgende: Eine einseitige Vertragsänderung i.S.v. Art. 269d Abs. 3 OR sei zwar grundsätzlich ebenso auf ihre Missbräuchlichkeit hin überprüfbar wie eine Mietzinserhöhung. Eine Anfechtung sei jedoch dann ausgeschlossen, wenn im Zeitpunkt der Mittei-

      lung weder der Mietzins betroffen sei noch der Mietvertrag einseitig zu Lasten des Mieters abgeändert werde, indem beispielsweise die bisherigen Leistungen des Vermieters vermindert neue Nebenkosten eingeführt würden. Massgebend sei, ob das vertragliche Austauschverhältnis von Leistung und Gegenleistung betroffen sei. Im vorliegenden Fall, in welchem die Vermieterin mit der einseitigen Vertragsänderung letztlich bloss ihre in der VGV (Verordnung über die Grundsätze der Vermietung von städtischen Wohnungen; Stadt Zürich) festgelegten Absichtserklärungen zur Art und Weise der Ausübung des Kündigungsrechtes kundgetan habe, sei folglich zu prüfen, ob eine Abweichung vom bundesrechtlichen Kündigungsschutz vorliege. Eine abschliessende Prüfung sei jedoch erst im Anschluss an eine Kündigung möglich. Es verhalte sich hier deshalb gleich wie bei der Mitteilung eines Vorbehalts im Zusammenhang mit einer Mietzinserhöhung;

      auch ein mitgeteilter Mietzinsvorbehalt sei gemäss Lehre und Rechtsprechung nicht selbstständig anfechtbar, sondern erst dann, wenn er mit einer Mietzinsän- derungsanzeige tatsächlich ausgeschöpft werde. Vorher mangle es der Mieterin an einem aktuellen Rechtsschutzinteresse. Auch die hier streitgegenständliche Vertragsanpassung von Seiten der Vermieterin wirke sich erst auf die rechtliche Situation der Mieterin aus, wenn denn tatsächlich eine Kündigung ausgesprochen worden sei, denn bei der angezeigten Vertragsanpassung handle es sich lediglich um eine Absichtserklärung der Vermieterin, die fälschlicherweise mittels amtlichen Formulars mitgeteilt worden sei und keinerlei rechtliche Folgen nach sich ziehe. Zwar sei in den neuen Vermietungsvorschriften der Vermieterin festgehalten, dass bei deren Verletzung eine Kündigung des Mietverhältnisses erfolgen könne (Art. 5 Abs. 2 VGV und Art. 6 Abs. 3 VGV), doch könne die Vermieterin – auch wenn es sich dabei um ein Gemeinwesen handle – keine neuen Kündigungsgründe schaffen, die einer Missbräuchlichkeitsprüfung unzugänglich seien. Aufgrund der geltenden Kündigungsfreiheit vermöge auch die von der Mieterin vorgetragene Unsicherheit über den Fortbestand des Mietverhältnisses kein Rechtsschutzinteresse zu begründen (act. 23 Rz. 1.11 f.), denn diese sei jedem (unbefristeten) Mietverhältnis inhärent (vgl. zum Ganzen act. 41 E. IV./3. S. 11 ff.). Daran vermöchten auch die mit der einseitigen Vertragsänderung durch die Vermieterin neu eingeführten Informationspflichten nichts zu ändern. Die Informationsrechte der Vermieterin richteten sich ausschliesslich nach den Datenschutzbestimmungen des DSG (Bundesgesetz über den Datenschutz). Mit einer einseitigen Vertragsänderung könne sie keine dem Datenschutzgesetz entgegenstehen- den Pflichten zur Lieferung von Informationen einführen. Insbesondere weil heute eine Kündigung des Mietverhältnisses noch gar nicht im Raum stehe, wäre eine solche Datenbeschaffung mangels Notwendigkeit für das Mietverhältnis unzulässig. Unklar sei sodann, ob die Vermieterin von der ihr gemäss einseitiger Vertragsänderung ausgestellten Blankovollmacht für das Einholen von Informationen bei amtlichen Stellen (z.B. Personenmeldeamt, Steueramt, etc.) überhaupt je Gebrauch machen werde. Die neuen Informationspflichten würden schliesslich erst ab dem 1. Januar 2024 Geltung beanspruchen; auch deshalb könne die Mieterin eine gerichtliche Beurteilung der Rechtmässigkeit der einseitigen Vertragsänderung erst dann verlangen, wenn sich die Vermieterin gestützt darauf tatsächlich Informationen beschaffe (act. 41 E. IV./4. S. 16 ff.).

    3. Standpunkt und Rügen der Vermieterin im Berufungsverfahren

      Die Vermieterin macht in ihrer Berufung eine unrichtige Rechtsanwendung, eine Verletzung ihres rechtlichen Gehörs sowie einen Verstoss gegen das Verbot der formellen Rechtsverweigerung durch die Vorinstanz geltend. Im Wesentlichen stellt sie sich auf den Standpunkt, sie selbst sowie auch die Mieterin hätten – entgegen der unrichtigen Rechtsauffassung der Vorinstanz – sehr wohl ein rechtlich schützenswertes Interesse an der gerichtlichen Beurteilung der einseitigen Vertragsänderung. Beide müssten wissen, ob die von der Vermieterin mittels einseitiger Vertragsänderung vom 21. August 2020 eingeführten zusätzlichen Pflichten für die Mieterschaft wirksam und gültig seien (vgl. act. 42 Rz 16). Gemäss

      Art. 269d Abs. 3 OR sei der Vermieter berechtigt, den Mietvertrag unter Einhaltung von Kündigungsfrist und Kündigungstermin einseitig zulasten des Mieters zu ändern. Von diesem Artikel würden gemäss konstanter bundesgerichtlicher Rechtsprechung sämtliche Änderungen des Mietvertrages erfasst, die eine einseitige Verschlechterung der Situation des Mieters nach sich zögen. Ob bzw. wie konkret sich die angezeigte Änderung zulasten zum Nachteil des Mieters auswirke, sei im Rahmen der Beurteilung im Anfechtungsverfahren zu prüfen und gehöre damit zur materiellen Missbrauchsprüfung (act. 42 Rz 17 f.). Für die Bejahung eines Rechtsschutzinteresses an einer Klage genüge es hingegen, dass die Gutheissung Abweisung der Klage die Rechtsstellung der Parteien verändere. Entgegen der Vorinstanz sei dies hier klar der Fall. Die Vorinstanz liege falsch, wenn sie davon ausgehe, dass die rechtliche Situation der Parteien trotz der mittels amtlichen Formulars angezeigten einseitigen Vertragsänderung vom

      21. August 2020 unverändert bleibe. Entgegen der vorinstanzlichen Auffassung handle es sich dabei nämlich nicht um eine blosse unverbindliche Absichtserklärung, sondern damit seien vielmehr verbindlich neue Informations- und Auskunftspflichten für die Mieterin eingeführt sowie vertraglich zusätzliche Kündigungsgründe definiert worden (act. 42 Rz 19 ff.). Entgegen den tatsachenwidrigen und willkürlichen Feststellungen der Vorinstanz habe sie (die Vermieterin) denn

      auch nie anerkannt, dass die Verwendung des amtlichen Formulars eigentlich gar nicht erforderlich gewesen wäre (act. 42 Rz 23). Nach Ablauf der von der Vermieterin gewährten Übergangsfrist bis Ende des Jahres 2023, mithin ab 1. Januar 2024, würden die angezeigten Vertragsänderungen von der Vermieterin strikte umbzw. durchgesetzt. Gemäss einseitiger Vertragsänderung sei der Mieter beispielsweise verpflichtet, der Vermieterin zwecks Kontrolle der neuen Vermietungsbedingungen und zum Vollzug der VGV die notwendigen Auskünfte zu erteilen und auf Verlangen auch entsprechende Belege vorzulegen. Die Verletzung dieser Pflichten bei Täuschung stelle dies neu einen vertraglich definierten Kündigungsgrund dar. Überdies werde die Vermieterin durch die einseitige Vertragsänderung dazu ermächtigt, zum gleichen Zweck beim Personenmeldeamt, beim Steueramt und bei anderen zuständigen Stellen sich die erforderlichen Auskünfte und Informationen selbst zu beschaffen. Die Vorinstanz führe in diesem Zusammenhang einzig aus, die Vermieterin sei bei der Datenbeschaffung jedenfalls an die in Art. 4 DSG (Bundesgesetz über den Datenschutz) festgehaltenen Grundsätze gebunden. Dabei übersehe die Vorinstanz aber, dass es bei den neu einzuführenden Informations- und Auskunftspflichten der Mieterschaft ab

      1. Januar 2024 primär um die Beschaffung von Daten der Mietparteien mit laufendem Mietvertrag gehe. Das Datenschutzgesetz verschaffe ihr (der Vermieterin) kein Recht auf die entsprechenden Informationen, jedenfalls nicht voraussetzungsbzw. bedingungslos. Genau aus diesem Grund sei nun mittels einseitiger Vertragsänderung eine entsprechende Informationspflicht samt Auskunftsermächtigung eingeführt worden. Weiter sei es falsch, dass die Vorinstanz davon ausgehe, die Vermieterin könne im heutigen Zeitpunkt gar keine Informations- und Auskunftspflichten für die Mieterin einführen, weil sie diese aktuell noch nicht benötige und auch eine Kündigung noch gar nicht im Raum stehe. Dies sei mittels einseitiger Vertragsänderung sehr wohl möglich und genau darin liege auch die Verschlechterung für den Mieter. Deshalb habe sowohl die Mieterin als auch sie selbst (die Vermieterin) das Recht darauf, dass über die Wirksamkeit und Gültigkeit der einseitigen Vertragsänderung materiell entschieden werde, und zwar bereits heute und nicht erst dann, wenn eine allfällige Kündigung ausgesprochen worden sei (act. 42 Rz 25 ff.). Gleich verhalte es sich mit den mittels einseitiger

      Vertragsänderung neu eingeführten sonstigen Pflichten und Mietbedingungen

      (z.B. Pflicht zur [steuerlichen] Wohnsitznahme in der Stadt Zürich, Pflicht zur Einhaltung von Mindestbelegungsvorschriften, Einkommenshöchstgrenzen, etc.) und neu definierten Kündigungsgründen. Ein Verstoss gegen Art. 273c OR, wie ihn die Vorinstanz bei der Einführung von Kündigungsgründen erblicke, liege nicht vor. Selbstverständlich könne die Mieterin eine allfällige Kündigung trotzdem nach Massgabe von Art. 271 ff. OR auf ihre Missbräuchlichkeit hin überprüfen lassen. Die Rechtsstellung der Mieterin verschlechtere sich dadurch aber offenkundig. Aus all diesen Gründen habe die Vorinstanz das Rechtsschutzinteresse beider Parteien zu Unrecht verneint und damit nicht nur Art. 59 Abs. 2 lit. a ZPO verletzt, sondern auch das Verbot der formellen Rechtsverweigerung gemäss Art. 29

      Abs. 2 BV (act. 42 Rz 32 ff.).

    4. Standpunkt der Mieterin im Berufungsverfahren

      Im Berufungsverfahren hat sich die Mieterin mit dem vorinstanzlichen Entscheid identifiziert. Zusammengefasst spricht sie sich ebenfalls für eine Qualifikation der angezeigten Vertragsänderung durch die Vermieterin als blosse Absichtserklärung aus, die keinerlei Rechtswirkungen entfaltet. Aus diesem Grund – so die Mieterin weiter – bestehe für sie (die Mieterin) auch kein Nachteil, solange die Vermieterin von den neuen Kündigungsgründen keinen Gebrauch mache. Die Kündigung könne alsdann erst auf ihre Missbräuchlichkeit hin überprüft werden, wenn dieses tatsächlich ausgesprochen worden sei. Wie die Vorinstanz zutreffend festgestellt habe, fehle es der Mieterin somit im heutigen Zeitpunkt an einem Rechtsschutzinteresse, weshalb die Vorinstanz zu Recht auf die Klage der Mieterin nicht eingetreten sei (vgl. act. 49 Ziff. 16 ff.). Eine Rechtsunsicherheit bestehe hier nicht, denn für die Mieterin sei die Lage durch den vorinstanzlichen Nichteintretensentscheid bereits geklärt, da es ihr lediglich um die Anfechtung bzw. Aufhebung des Urteilsvorschlages der Schlichtungsbehörde gegangen sei (act. 49 Ziff. 22 und Ziff. 24). Diesbezüglich habe die Vorinstanz korrekt entschieden, in- dem sie festgestellt habe, dass der Urteilsvorschlag durch die Ablehnung auch bei einem Nichteintretensentscheid keine Rechtskraft habe bzw. keine Geltung mehr beanspruchen könne (vgl. act. 49 Ziff. 5).

    5. Würdigung

      1. Ein schutzwürdiges Interesse der klagenden Partei an der gerichtlichen Beurteilung der Streitsache (sog. Rechtsschutzinteresse) gemäss Art. 59 Abs. 2 lit. a ZPO ist nach der Rechtsprechung dann zu bejahen, wenn der Kläger ein persönliches Interesse an seiner Klage hat, welches in dem Sinn rechtlicher Natur ist, als die damit verlangte Leistung die anbegehrte Feststellung Gestaltung einer Rechtslage ihm einen Nutzen verschafft (vgl. dazu BGE 122 III 279

        E. 3a; BGer 4A_630/2012 vom 19. März 2013, E. 3.1; 4A_404/2011 vom

        7. November 2011, E. 5.1; BGer 4C.45/2006 vom 26. April 2007, E. 5, nicht publ.

        BGE 133 III 453; 5P.329/2002 vom 23. Dezember 2002, E. 3.1). Demgegenüber fehlt das Rechtsschutzinteresse, wenn das Urteil dem Kläger auch im Falle des Obsiegens keinen Nutzen bringt (vgl. BGer 4A_127/2019 vom 7. Juni 2019, E. 4, m.w.H.; BK ZPO-ZINGG, 2012, Art. 59 ZPO N 47). Ein solcher Nutzen fehlt im Allgemeinen, wenn der streitige Anspruch bereits befriedet ist überhaupt nicht befriedet werden kann (BGE 122 III 279 E. 3a; BGer 4C.45/2006 vom 26. April 2007, E. 5; BGer 5P.329/2002 vom 23. Dezember 2002, E. 3.1).

      2. Der Streit der Parteien dreht sich um die von der Vermieterin auf amtlichem Formular angezeigte einseitige Vertragsänderung vom 21. August 2020 (act. 3/1). Das Gesetz sieht in Art. 269d OR – entgegen dem nach schweizerischem Obligationenrecht geltenden Grundsatz des Vertragsschlusses durch übereinstimmende gegenseitige Willensäusserung (Art. 1 Abs. 1 OR) – explizit die Möglichkeit einer bloss einseitigen Vertragsänderung vor. Damit soll verhindert werden, dass der Vermieter für die Durchsetzung einer einseitig gewünschten Vertragsanpassung gleich zum radikalen Mittel der Kündigung greifen muss (vgl. dazu z.B. ZK OR- HIGI/BÜHLMANN, 5. Aufl. 2022, Art. 269d OR N 21). Beabsichtigt der Vermieter eine Erhöhung des Mietzinses sonstwie den Mietvertrag einseitig zu Lasten des Mieters zu ändern, namentlich seine bisherigen Leistungen zu vermindern neue Nebenkosten einzuführen, ist gemäss Art. 269d Abs. 1–3 OR wie folgt vorzugehen: Die einseitige Vertragsanpassung ist dem Mieter auf dem amtlich vorgeschriebenen Formular mitzuteilen (lit. a), muss begründet werden (lit. b) und darf nicht zusammen mit einer Kündigung Kündigungsandrohung ergehen

        (lit. c). Andernfalls ist die einseitige Vertragsänderung nichtig (vgl. Art. 269d Abs. 1–3 OR). Der Mieter kann eine Mietzinserhöhung eine sonstige Ände-

        rung des Mietvertrages einseitig zu seinen Lasten, namentlich eine Verminderung der bisherigen Leistungen neue Nebenkosten, innert 30 Tagen ab deren Mitteilung bei der Schlichtungsbehörde als missbräuchlich im Sinne der Artikel 269 und 269a OR anfechten (vgl. Art. 270b Abs. 1 und 2 OR). Das Bundesgericht fasst den Anwendungsbereich von Art. 269d und Art. 270b Abs. 2 OR weit. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung erfassen diese Bestimmungen grundsätzlich sämtliche Änderungen des Mietvertrages, durch welche das bisherige Austauschverhältnis der Leistungen von Vermieter und Mieter verändert werden kann. Eine Einschränkung des Geltungsbereiches dieser Norm auf Änderungen, die das bisherige Gleichgewicht der Leistungen zu Lasten des Mieters verändern (wofür sich etwa HIGI im Zürcher Kommentar, 4. Aufl. 1998, Art. 269d OR, N. 49 ff. ausgesprochen hatte), hat das Bundesgericht in BGE 125 III 231 E. 3.b explizit verworfen und festgehalten, ob und wie sich die fragliche Änderung konkret zu Lasten des Mieters auswirke, sei das Ergebnis der Beurteilung im Anfechtungsverfahren und gehöre dementsprechend zur materiellen Missbrauchsprüfung. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung werden von Art. 269d Abs. 3 OR demnach sämtliche Änderungen des Mietvertrages erfasst, die eine einseitige Verschlechterung der Situation des Mieters nach sich ziehen. Als solche erachtete das Bundesgericht etwa das Einführen einer neuen Hausordnung, mit welcher die Möglichkeit des Musizierens im Wohnobjekt (weiter) eingeschränkt wurde (vgl. BGer 4A_74/2021 vom 30. April 2021, E. 2.2.1, mit Verweis auf BGE 125 III 62

        E. 2b, m.w.H.).

      3. Vorliegend will die Vermieterin mit der einseitigen Mietvertragsänderung vom 21. August 2020 für die Mieterin diverse Zusatzpflichten auf Basis VGV einführen, welche per 1. Januar 2024 in Kraft treten bzw. umgesetzt werden sollen (act. 3/5). Konkretisiert sind die neuen Mietvertragsbestimmungen im Begleitschreiben der Vermieterin ebenfalls vom 21. August 2020 (act. 3/8). Sie beinhalten neue Pflichten bzw. Vorgaben für die Mieterin betreffend den zivil- und steuerrechtlichen Wohnsitz und die Wohnungsbelegung, die wirtschaftlichen Verhältnisse der Mieterin bzw. über deren Verhältnis zum Mietzins, den persönlichen Gebrauch und die Untervermietung der Wohnung sowie neue Informations- und Auskunftspflichten der Mieterin, inkl. einer generellen Bevollmächtigung der Vermieterin zum Einholen von Auskünften über die Mieterin bei Drittpersonen (vgl. act. 3/1 S. 2–4).

      4. Die Vorinstanz argumentiert, bei der einseitigen Vertragsänderung der Vermieterin vom 21. August 2020 handle es sich tatsächlich um eine blosse Absichtserklärung zur Art und Weise der Ausübung des Kündigungsrechtes, die fälschlicherweise auf dem amtlichen Formular für einseitige Vertragsänderungen mitgeteilt worden sei und keinerlei rechtliche Folgen nach sich ziehe (vgl. act. 41

        E. IV/3. und 4.). Dieser Ansicht kann nicht gefolgt werden:

        Die Mitteilung einer einseitigen Vertragsänderung stellt eine Willenserklärung der Vermieterin dar. Als solche ist sie nach dem Vertrauensprinzip so auszulegen, wie sie nach ihrem Wortlaut und Zusammenhang sowie den gesamten Umständen nach Treu und Glauben verstanden werden durfte und musste (vgl. BGE 143 III 157 E. 1.2.2; BGE 138 III 659 E. 4.2.1, je mit Hinweisen; BGer 4A_229/2009 vom

        25. August 2009, E. 3.1). Dabei ist nicht allein der Wortlaut ausschlaggebend; vielmehr sind darüber hinaus beispielsweise die Umstände, unter denen die Erklärungen abgegeben wurden, und insbesondere der vom Erklärenden verfolgte Regelungszweck, wie ihn der Erklärungsempfänger in guten Treuen verstehen durfte und musste, heranzuziehen (vgl. BGE 138 III 659 E. 4.2.1; BGE 132 III 24 E. 4). Indem die Vermieterin das amtlich genehmigte Formular für die Mitteilung der Mietvertrags- änderung benützte, hat sie unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass sie von ihrem Recht auf einseitige Vertragsänderung gemäss Art. 269d Abs. 3 OR Gebrauch machen will. Etwas Gegenteiliges lässt sich auch aus dem Begleitschreiben der Vermieterin an die Mieterin nicht ableiten und insbesondere nicht aus dem darin enthaltenen Hinweis, dass die neuen Bestimmungen für die Mieterin erst ab dem 1. Januar 2024 Gültigkeit hätten (vgl. act. 3/8). Zum einen ist es der einseitigen Vertragsänderung i.S.v. Art. 269d OR immanent, dass sie im Zeitpunkt einer allfälligen Anfechtung nach Massgabe von Art. 270b OR noch nicht in Kraft ist und erst zukünftig wirkt, weil sie immer erst auf den nächstmöglichen Kündigungstermin überhaupt möglich ist (vgl. Art. 269d Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 OR).

        Zum andern ist der Zeitpunkt des angekündigten Inkrafttretens der neuen Vertragsbestimmungen davon zu unterscheiden, ab wann die Bestimmungen Bestandteil des Mietvertrages werden. Selbst wenn die neuen Bestimmungen – wie hier – erst rund 3 ½ Jahre später in Kraft treten sollen, können sie mittels Formularanzeige bereits auf den nächstmöglichen Kündigungstermin zum Vertragsbestandteil gemacht werden. Ab diesem Zeitpunkt sind sie – vorbehältlich einer erfolgreichen Anfechtung innert 30 Tagen gemäss Art. 270b OR – für beide Mietvertragsparteien verbindlich, d.h. ist die einseitige Vertragsänderung wirksam erfolgt. Aus dem zusammen mit der Formularanzeige verschickten Begleitschreiben der Vermieterin geht weiter hervor, dass sie (die Vermieterin) der Mieterin eine (verbindliche) Mietvertragsänderung schon in einem früheren Zeitpunkt angekündigt hatte (vgl. act. 3/8 S. 1), sodass sich aus dem Begleitschreiben in Verbindung mit der Formularanzeige unzweideutig ergibt, dass die Vermieterin mit der einseitigen Vertragsänderung vom 21. August 2020 die neuen Vertragsbestimmungen auf den nächstmöglichen Zeitpunkt verbindlich zum neuen Mietvertragsbestandteil erklären wollte, jedoch unter Gewährung einer Übergangsfrist bis zur Umsetzung bzw. Durchsetzung der neuen Vertragsbestimmungen. Bezeichnenderweise haben denn auch beide Vertragsparteien die einseitige Vertragsänderung (zu Recht) als verbindlich aufgefasst.

        Nach dem Ausgeführten kann von einer blossen Absichtserklärung seitens der Vermieterin keine Rede sein.

      5. Aus den vorstehenden Gründen ist die von der Vorinstanz herangezogene Rechtsprechung betreffend Anfechtung eines (tatsächlich noch gar nicht realisierten) Mietzinsvorbehaltes vorliegend nicht einschlägig. Anders als bei einem Mietzinsvorbehalt wirkt sich die hier streitgegenständliche Vertragsanpassung von Seiten der Vermieterin – vorbehältlich einer erfolgreichen Anfechtung – ohne weitere, ungewisse Willenserklärungen der Vermieterin auf die rechtliche Situation der Mieterin aus, weshalb es einem Mieter in Fällen wie dem vorliegenden möglich sein muss, die einseitige Vertragsanpassung nach Massgabe von Art. 270b OR von der Schlichtungsbehörde bzw. dem Mietgericht überprüfen zu lassen. Es wäre weder der Mieterin noch der Vermieterin zumutbar und widerspräche der in

        Art. 269d OR und Art. 270b OR umgesetzten Konzeption des Gesetzgebers, wenn die Mieterin die einseitige Vertragsanpassung erst dann gerichtlich auf ihre Rechtmässigkeit hin überprüfen könnte, wenn gestützt auf die geänderten bzw. neuen Vertragsbestimmungen später tatsächlich eine Kündigung ausgesprochen wird. Eine verpönte Änderungskündigung soll durch die Möglichkeit der einseitigen Vertragsanpassung durch den Vermieter ja gerade vermieden werden und es soll für beide Vertragsparteien zeitnah nach der Anzeige der einseitigen Vertrags- änderung Klarheit darüber bestehen, ob diese rechtsgültig ist nicht.

      6. Die neuen Mietvertragsbestimmungen gemäss Formularanzeige vom

        21. August 2020 auferlegen der Mieterin nicht nur neue Pflichten (z.B. Informations- und Auskunftspflichten Wohnsitzpflicht), sondern schränken die Mieterin auch in der Nutzung des Mietobjektes ein (z.B. Mindestbelegungsvorschriften sowie Vorgaben hinsichtlich Zulässigkeit, Auswahl und Anzahl von Untermietern) und können sogar dazu führen, dass ein Mieter zu einem Wohnungswechsel gezwungen werden kann. So machte die Mieterin vor der Vorinstanz unter anderem geltend, sie werde die neuen Mietvertragsbestimmungen betreffend Mindestbelegung des Mietobjektes nicht erfüllen können, weil sie alleine im Mietobjekt (Einfamilienhaus mit sechs Zimmern und einem kleinen Badezimmer) wohne und es ihr unzumutbar sei, dieses künftig mit vier fremden Mitbewohnern zu teilen. Somit werde sie künftig als Mieterin disqualifiziert und ihr der Mietvertrag ab 1. Januar 2024 zwangsläufig gekündigt werden (act. 1 Ziff. 57). Im Weiteren werden durch die neuen Mietvertragsbestimmungen vertraglich neue Kündigungsgründe defi- niert. Wie die Vorinstanz zutreffend ausgeführt hat, führen diese zwar nicht zu ei- nem Verlust des Rechtes auf Anfechtung und Überprüfung einer allenfalls später ergehenden Kündigung des Mietverhältnisses; die Missbräuchlichkeit einer Kün- digung aus einem vertraglich explizit definierten Grund wird jedoch anders beurteilt, als wenn die Kündigung aus einem Grund erfolgt, der vertraglich nie definiert worden ist, und kann gegebenenfalls sogar eine fristlose Kündigung rechtfertigen (vgl. die in mp 4/95, S. 223 ff. = MRA 2/95 S. 95 publizierte Rechtsprechung, wo das Bundesgericht eine infolge Verletzung eines vertraglich vereinbarten Tierhaltungsverbotes ausgesprochene Kündigung als rechtmässig qualifizierte). Damit ist das bisherige Austauschverhältnis der Leistungen von Vermieter und Mieter –

        entgegen der Auffassung der Vorinstanz – offensichtlich betroffen und eine einseitige Verschlechterung der Situation der Mieterin im Sinne der vorzitierten bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist bereits im heutigen Zeitpunkt zu bejahen. Es liegt ein Anwendungsfall von Art. 269d OR bzw. Art. 270b OR vor.

        Wie und in welchem Masse sich die fragliche einseitige Vertragsänderung konkret zu Lasten der Mieterin auswirkt, und insbesondere ob die neu einzuführenden Informations- und Auskunftspflichten sowie Kündigungsgründe letztlich als gültig zu beurteilen sind nicht, braucht hier nicht weiter ergründet zu werden; dies wird vielmehr Gegenstand der durch die Vorinstanz im Rahmen des Anfechtungsverfahrens vorzunehmenden materiellen Missbrauchsprüfung sein (vgl. BGer 4A_74/2021 vom 30. April 2021, E. 2.1).

      7. Zusammenfassend ist hinsichtlich des ursprünglichen Rechtsbegehrens der Mieterin gemäss ihrer Klage vom 2. September 2021 (act. 1) bzw. hinsichtlich ihrer Eventualbegehren gemäss Eingabe vom 14. Dezember 2021 (act. 23) ein Rechtsschutzinteresse zu bejahen. Die Berufung der Vermieterin ist folglich gutzuheissen. Der vorinstanzliche Zirkulationsbeschluss vom 6. April 2022 ist aufzuheben und die Sache ist zur Durchführung des Verfahrens und zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückzuweisen.

      8. Bei diesem Ergebnis kann die aufgeworfene Frage, ob ein Nichteintretensentscheid des Mietgerichtes auf die Klage der Mieterin dazu führt, dass der Urteilsvorschlag der Schlichtungsbehörde keine Geltung mehr beanspruchen kann, offen bleiben.

III.

Kosten- und Entschädigungsfolgen

  1. Bei diesem Ausgang des Berufungsverfahrens rechtfertigt es sich, lediglich die Höhe der Entscheidgebühr sowie der Parteientschädigung für das Rechtsmittelverfahren festzusetzen und die Verteilung der zweitinstanzlichen Gerichtskosten dem neuen Entscheid der Vorinstanz zu überlassen, d.h. diese (grundsätzlich)

    vom definitiven Ausgang des Verfahrens abhängig zu machen (Art. 104 Abs. 4 ZPO).

  2. Die Bemessung der Entscheidgebühr richtet sich nach der Gebührenverord- nung des Obergerichts vom 8. September 2010 (GebV OG, LS 211.11). Sie ist, basierend auf einem Streitwert von Fr. 30'100.– (vgl. dazu vorstehende E. II./1.1.) sowie unter Berücksichtigung des Umstandes, dass sich das Thema des Berufungsverfahrens auf die Prozessvoraussetzung des Rechtsschutzinteresses beschränkte, in Anwendung von § 4 Abs. 1, § 12 Abs. 1 und 2 GebV OG auf

    Fr. 2'000.– festzusetzen.

  3. Die Parteientschädigung für das Berufungsverfahren ist nach § 4 Abs. 1,

§ 11 und § 13 AnwGebV auf Fr. 3'300.– (zuzüglich Mehrwertsteuer von 7.7 %) festzulegen.

Es wird erkannt:

  1. In Gutheissung der Berufung wird der Zirkulationsbeschluss des Mietgerichtes Zürich vom 6. April 2022 aufgehoben und die Sache zur Durchführung des Verfahrens und zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen.

  2. Die Kosten für das Berufungsverfahren werden auf Fr. 2'000.– festgesetzt.

    Die Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens werden aus dem von der Beklagten und Berufungsklägerin geleisteten Vorschuss bezogen. Ein allfälliger Überschuss wird der Beklagten und Berufungsklägerin – unter Vorbehalt ei- nes allfälligen Verrechnungsanspruches – zurückerstattet.

  3. Die Parteientschädigung für das Berufungsverfahren wird auf Fr. 3'300.– (zuzüglich Mehrwertsteuer von 7.7 %) festgesetzt.

  4. Die Auflage der Entscheidgebühr gemäss Dispositiv-Ziff. 2 und die Verpflichtung zur Leistung der Parteientschädigung gemäss Dispositiv-Ziff. 3 wird dem Entscheid der Vorinstanz vorbehalten.

  5. Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an die Beklagte und Berufungsklägerin unter Beilage eines Doppels der Berufungsantwort (act. 49) sowie an das Mietgericht Zürich, je gegen Empfangsschein.

    Nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist gehen die erstinstanzlichen Akten an die Vorinstanz zurück

  6. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesge-

richt, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

Dies ist ein Zwischenentscheid im Sinne von Art. 92 BGG.

Es handelt sich um eine mietrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 30'100.–.

Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer

Die Vorsitzende:

lic. iur. E. Lichti Aschwanden

Die Gerichtsschreiberin:

MLaw R. Schneebeli

versandt am:

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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