Zusammenfassung des Urteils NG220001: Obergericht des Kantons Zürich
D.________ hat Strafanzeige gegen A.________, B.________ und C.________ erstattet, da er am Arbeitsplatz gemobbt wurde und Geld auf illegale Weise weggenommen wurde. Die Staatsanwaltschaft hat das Verfahren gegen die Beschuldigten nicht aufgenommen, woraufhin D.________ Beschwerde eingereicht hat. Die Beschwerde wurde abgewiesen, da keine neuen Erkenntnisse vorliegen, die eine Untersuchung rechtfertigen würden. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von CHF 300.00 werden D.________ auferlegt.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | NG220001 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Zivilkammer |
Datum: | 13.04.2022 |
Rechtskraft: | Weiterzug ans Bundesgericht, 4A_221/2022 |
Leitsatz/Stichwort: | Forderung |
Schlagwörter : | Berufung; Urteil; Berufungskläger; Berufungsklägerin; Urteils; Klage; Urteilsvorschlag; Kündigung; Vorinstanz; Entscheid; Beklagten; Parteien; Mietgericht; Verfahren; Gericht; Berufungsbeklagte; Schlichtungsbehörde; Rechtsmittel; Rechtskraft; Kosten; Geschäfts-Nr; Berufungsbeklagten; Nichteintretensentscheid; Schaden; Kostenvorschuss; Dispositiv; Verfügung; Beschluss |
Rechtsnorm: | Art. 101 ZPO ;Art. 211 ZPO ;Art. 259e OR ;Art. 267 OR ;Art. 311 ZPO ;Art. 312 ZPO ;Art. 41 OR ;Art. 57 ZPO ;Art. 59 ZPO ;Art. 90 BGG ;Art. 97 OR ; |
Referenz BGE: | 136 III 345; 140 III 159; 140 III 278; 142 III 210; 145 III 143; |
Kommentar: | Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: NG220001-O/U
Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. E. Lichti Aschwanden, Vorsitzende, Oberrichter Dr. M. Sarbach und Oberrichter Dr. E. Pahud sowie Gerichtsschreiber Dr. M. Tanner
in Sachen
A. ,
Klägerin und Berufungsklägerin
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. X. ,
gegen
B. ,
C. ,
D. ,
E. ,
F. ,
Beklagte und Berufungsbeklagte
alle vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Y. ,
betreffend Forderung
Berufung gegen einen Entscheid des Mietgerichtes Zürich (Einzelgericht) vom 22. Dezember 2021 (MJ210013)
(act. 1 S. 2)
1. Es seien die Beklagten solidarisch zu verpflichten, der Klägerin Fr. 28'184.24 plus Zinsen zu 5% pro Jahr seit dem 20. November 2018 zu bezahlen.
Eventualiter: Es seien die Beklagten solidarisch zu verpflichten, der Klägerin Fr. 26'907.90 plus Zinsen zu 5% pro Jahr seit dem
20. November 2018 zu bezahlen und die Beklagten seien zu verpflichten, die Mietzinskaution von Fr. 1'276.34 freizugeben.
Es sei vom Nachklagevorbehalt Vormerk zu nehmen.
Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen (zzgl. 7,7% MWST) solidarisch zu Lasten der Beklagten.
(act. 1 S. 2; act. 37 Rz. 34; sinngemäss)
1. Es seien die Beklagten solidarisch zu verpflichten, der Klägerin Fr. 28'184.24 plus Zinsen zu 5% pro Jahr seit dem 20. November 2018 sowie Fr. 1'040.– zu bezahlen.
Eventualiter: Es seien die Beklagten solidarisch zu verpflichten, der Klägerin Fr. 26'907.90 plus Zinsen zu 5% pro Jahr seit dem
20. November 2018 sowie Fr. 1'040.– zu bezahlen und die Beklagten seien zu verpflichten, die Mietzinskaution von Fr. 1'276.34 freizugeben.
Es sei vom Nachklagevorbehalt Vormerk zu nehmen.
Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen (zzgl. 7,7% MWST) solidarisch zu Lasten der Beklagten.
Der prozessuale Antrag der Klägerin, es sei eine mündliche Verhandlung mit Befragung der Klägerin und aller Beklagten durchzuführen, wird abgewiesen.
Die Eingabe der Klägerin vom 20. Dezember 2021 (act. 47-49) wird den Beklagten zugestellt.
Schriftliche Mitteilung mit nachfolgendem Urteil.
In teilweiser Gutheissung der Klage werden die Beklagten verpflichtet, die Mietkaution bei der G. , Konto Nr. …, vollumfänglich zugunsten der Klägerin freizugeben. Darüber hinaus wird die Klage abgewiesen.
Die Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf: Fr. 3'890.00 für das Hauptverfahren
Fr. 1'000.00 für das Ausstandsverfahren
Fr. 4'890.00 Kosten total
Die Kosten werden im Umfang von Fr. 4'695.50 der Klägerin und in der Höhe von Fr. 194.50 den Beklagten (unter solidarischer Haftung) auferlegt. Sie werden unter Verrechnung des Kostenvorschusses der Klägerin von
Fr. 3'800.– bezogen, sind ihr aber im Umfang von Fr. 194.50 von den Beklagten zu ersetzen. Der Restbetrag von Fr. 1'090.– wird von der Klägerin nachgefordert.
Die Klägerin wird verpflichtet, den Beklagten eine Parteientschädigung von Fr. 4'764.– (inkl. MwSt.) zu bezahlen.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien, je als Gerichtsurkunde.
Eine Berufung gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen von der Zustellung an unter Beilage dieses Entscheids beim Obergericht des Kantons Zürich, Zivilkammer, Postfach, 8021 Zürich, erklärt werden. In der Berufungsschrift sind die Anträge zu stellen und zu begründen. Allfällige Urkun- den sind mit zweifachem Verzeichnis beizulegen.
(act. 56 S. 2)
1. a) Dispositiv-Ziffer 1 des Urteils des Mietgerichts Zürich vom
22. Dezember 2021, Geschäfts-Nr. MJ210013-L/U, sei in so fern aufzuheben, als die Klage abgewiesen wurde und die Klage sei vollumfänglich gutzuheissen.
b) Eventualiter zu 1.a): Dispositiv-Ziffer 1 des Urteils des Mietgerichts Zürich vom 22. Dezember 2021, Geschäfts-Nr. MJ210013- L/U, sei in so fern aufzuheben, als die Klage abgewiesen wurde und die Streitsache sei an die Vorinstanz zur Fortsetzung des Verfahrens und Neubeurteilung zurückzuweisen.
a) Dispositiv-Ziffern 2 - 4 des Urteils des Mietgerichts Zürich vom
22. Dezember 2021, Geschäfts-Nr. MJ210013-L/U, seien aufzuheben und die Kosten- und Entschädigungsfolgen seien vollumfänglich den Berufungsgegnern aufzuerlegen.
b) Eventualiter zu 2.a): Dispositiv-Ziffern 2 - 4 des Urteils des Mietgerichts Zürich vom 22. Dezember 2021, GeschäftsNr. MJ210013-L/U, seien aufzuheben und die Streitsache sei an die Vorinstanz zur Fortsetzung des Verfahrens und Neubeurteilung zurückzuweisen.
Für den Fall, dass es zu einer Rückweisung an die Vorinstanz kommt, sei Dispositiv-Ziffer 1 der Verfügung des Mietgerichts Zürich vom 22. Dezember 2021, Geschäfts-Nr. MJ210013-L/U, aufzuheben und die Vorinstanz sei anzuweisen, eine mündliche Verhandlung mit Befragung der Klägerin und aller Beklagten durchzuführen.
Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen (zzgl. 7,7% MWST) solidarisch zu Lasten der Beklagten.
I.
1.
Die Klägerin und Berufungsklägerin (nachfolgend Berufungsklägerin) mietete am 21. April 1978 von Herrn H. eine 2-Zimmer-Wohnung an der
-gasse … in … Zürich. Die Vertragsparteien vereinbarten den 1. Juni 1978 als Mietbeginn. Der monatliche Mietzins betrug anfänglich Fr. 507.– (act. 3/2), ab dem 1. April 2008 belief er sich auf Fr. 1'266.– (act. 3/3).
Die Beklagten und Berufungsbeklagten (nachfolgend Berufungsbeklagte) sind die Rechtsnachfolger von Herrn H. . Mit amtlichem Formular vom
20. November 2018 kündigten sie das Mietverhältnis per 31. März 2019 (act. 3/4). Die Berufungsklägerin focht diese Kündigung am 17. Dezember 2018 bei der Schlichtungsbehörde des Bezirkes Zürich an (act. 25/6/1; erstes Schlichtungsverfahren Geschäfts-Nr. MM180853). An der Schlichtungsverhandlung vom 5. März 2019 kam zwischen den Parteien keine Einigung zustande. In der Folge unterbreitete die Schlichtungsbehörde den Parteien mit Beschluss vom 5. März 2019 einen Urteilsvorschlag. Dieser erklärte die Kündigung vom 20. November 2018 für gültig. Zugleich erstreckte er das Mietverhältnis einmalig und definitiv bis zum
30. September 2021 (act. 25/6/10). Am 25. März 2019 lehnte die Berufungsklägerin den Urteilsvorschlag ab (act. 25/6/13), worauf ihr die Schlichtungsbehörde die Klagebewilligung erteilte (act. 25/6/14).
Mit Eingabe vom 6. Mai 2019 reichte die Berufungsklägerin die Klagebewilligung beim Mietgericht Zürich (nachfolgend Vorinstanz) ein. Zugleich beantragte sie, die Kündigung für nichtig zu erklären, eventualiter die Ungültigkeit und Missbräuchlichkeit der Kündigung festzustellen sowie subeventualiter das Mietverhält- nis maximal zu erstrecken. In prozessualer Hinsicht ersuchte sie um Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege (act. 25/1 S. 1; erstes mietgerichtliches Verfahren Geschäfts-Nr. MB190011). Mit Verfügung vom 18. Juni 2019 stellte die Vorinstanz das Doppel der Klage den Berufungsbeklagten zu. Zugleich wies es das Gesuch der Berufungsklägerin um Gewährung der unentgeltlichen Prozessfüh-
rung ab und setzte ihr eine Frist von 10 Tagen an, um einen Kostenvorschuss von Fr. 3'940.– zu leisten (act. 25/19). Da die Berufungsklägerin diesen Kostenvorschuss nicht bezahlte, trat die Vorinstanz mit Beschluss vom 22. August 2019 auf ihre Klage nicht ein (act. 25/47). Dieser Entscheid ist unangefochten in Rechtskraft erwachsen.
2.
Die Berufungsklägerin machte mit Eingabe vom 28. Oktober 2020 bei der Schlichtungsbehörde des Bezirkes Zürich das vorliegende Verfahren anhängig (act. 4/1; zweites Schlichtungsverfahren Geschäfts-Nr. MO201939). Die Schlichtungsbehörde konnte zwischen den Parteien keine Einigung erzielen, worauf sie der Berufungsklägerin mit Beschluss vom 1. Februar 2021 die Klagebewilligung erteilte (act. 6/14).
Mit Eingabe vom 4. März 2021 reichte die Berufungsklägerin die Klagebewilligung bei der Vorinstanz ein (act. 1; zweites mietgerichtliches Verfahren Geschäfts-Nr. MJ210013). Am 18. August 2021 fand die Hauptverhandlung statt (act. 24). Diese wurde nach einem erfolglosen Ausstandsbegehren am
9. Dezember 2021 fortgesetzt (act. 26 f.). Mit Verfügung und Urteil vom
22. Dezember 2021 verpflichtete die Vorinstanz die Berufungsbeklagten dazu, der Berufungsklägerin die Mietkaution freizugeben. Im Übrigen wies sie die Anträge der Berufungsklägerin ab (act. 50).
3.
Mit Eingabe vom 24. Januar 2022 erhob die Berufungsklägerin gegen diesen Entscheid beim Obergericht Berufung (act. 56). Mit Verfügung vom 27. Januar 2022 setzte dieses der Berufungsklägerin eine Frist an, um Fr. 2'500.– als Vorschuss zu leisten (act. 60). Die Berufungsklägerin bezahlte den Vorschuss mit Valutadatum vom 7. Februar 2022. Von der Einholung einer Berufungsantwort bzw. einer Vernehmlassung kann abgesehen werden (Art. 312 Abs. 1 ZPO). Das Verfahren ist spruchreif. Den Berufungsbeklagten ist mit dem vorliegenden Entscheid je ein Doppel der Berufungsschrift samt Beilagen zuzustellen.
II.
1.
Die Berufung ist bei der Rechtsmittelinstanz innert 30 Tagen seit Zustellung des begründeten Entscheids schriftlich und begründet einzureichen (Art. 311 ZPO). Die Rechtsmittelschrift muss Anträge enthalten, aus welchen hervorgeht, wie der angefochtene Entscheid abgeändert werden soll.
Die Vorinstanz stellte der Berufungsklägerin den angefochtenen Entscheid am 23. Dezember 2021 zu (act. 51). Die Berufungsklägerin reichte ihr Rechtsmittel am 24. Januar 2022 (Datum Poststempel) und damit rechtzeitig beim Obergericht ein. Die Berufung enthält eine Begründung und klare Anträge (act. 56). Mit Valutadatum vom 7. Februar 2022 überwies die Berufungsklägerin den Vorschuss fristgerecht an die Kasse des Obergerichtes (act. 62). Die vorinstanzlichen Akten wurden beigezogen (act. 1–53). Der Rechtsstreit bildet eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 29'224.24 und liegt über dem Schwellenwert von CHF 10'000.– für die Berufung (Fr. 28'184.24 + Fr. 1'040.–; act. 1 S. 2 in Verbindung mit act. 37 Rz. 34). Damit sind alle formellen Berufungsvoraussetzungen erfüllt, und es ist auf das Rechtsmittel einzutreten.
2.
Die Vorinstanz erwog zusammengefasst, die Berufungsklägerin leite ihr Scha- denersatz- und Genugtuungsbegehren aus der treuwidrigen Kündigung ihrer früheren Wohnung an der I. -gasse … ab. Die Berufungsklägerin mache geltend, der Kündigungsgrund des dringenden Eigenbedarfs sei bloss vorgeschoben gewesen. Ob dies tatsächlich zutreffe, müsse indessen offenbleiben. Die Rechtmässigkeit der Kündigung dürfe im vorliegenden Verfahren nicht noch einmal überprüft werden, liege doch eine bereits rechtskräftig entschiedene Angelegenheit vor. So erkläre der Urteilsvorschlag der Mietschlichtungsbehörde vom 5. März 2019 die Kündigung ausdrücklich für gültig. Zwar habe die Berufungsklägerin diesen Urteilsvorschlag in der Folge abgelehnt und ihre Kündigungsanfechtung rechtzeitig an die Vorinstanz prosequiert. Da die Berufungsklägerin den Kostenvorschuss für das mietgerichtliche Verfahren nicht bezahlt habe, sei die Vorinstanz mit Beschluss vom 22. August 2019 auf ihre Klage nicht eingetreten. Ein Urteilsvorschlag erwachse nicht nur dann in Rechtskraft, wenn die Person, die den Urteilsvorschlag ablehne, ihre Klage zurückziehe, sondern auch, wenn auf diese nicht eingetreten werde. Entsprechend sei der Urteilsvorschlag vom 5. März 2019 rechtskräftig geworden. Wenn nun die Berufungsklägerin im Rahmen der vorliegenden Schadenersatzklage erneut geltend mache, die Kündigung vom
20. November 2018 verstosse gegen Treu und Glauben, dürfe das Gericht diese rechtskräftig entschiedene Frage nicht neu beurteilen (act. 55 E. III/2).
3.
Die Berufungsklägerin hält diesen Erwägungen zunächst entgegen, der Nichteintretensentscheid der Vorinstanz vom 22. August 2019 sei nicht rechtskräftig geworden. Sie habe den Urteilsvorschlag innert 20 Tagen abgelehnt und ihre Klage zudem rechtzeitig bei der Vorinstanz eingereicht. Gemäss Art. 211 Abs. 1 und 2 ZPO entfalte der Urteilsvorschlag in einem solchen Fall nicht die Wirkung eines rechtskräftigen Entscheids. Bedeutungslos sei hier insbesondere, dass die Vorinstanz in der Folge auf die Klage nicht eingetreten sei. Nach allgemein anerkannter Auffassung erwachse ein Nichteintretensentscheid nicht in materielle Rechtskraft. Im Gegensatz zu einem Sachurteil kläre nämlich ein Nichteintretensentscheid die materielle Rechtslage nicht ab. Entsprechend habe das Bundesgericht ausdrücklich festgehalten, dass die Nichtleistung des Kostenvorschusses keine materielle Rechtskraftwirkung bewirke (act. 56 S. 4–6).
Die Schlichtungsbehörde kann den Parteien in Kündigungsschutzfällen ei- nen Urteilsvorschlag unterbreiten (Art. 210 Abs. 1 lit. b ZPO). Dieser Urteilsvorschlag gilt als angenommen und hat die Wirkung eines rechtskräftigen Entscheids, wenn ihn keine Partei innert 20 Tagen seit der schriftlichen Eröffnung ablehnt (Art. 211 Abs. 1 ZPO). Nach Eingang der Ablehnung stellt die Schlichtungsbehörde die Klagebewilligung der ablehnenden Partei zu (Art. 211 Abs. 2 lit. a in Verbindung mit Art. 210 Abs. 1 lit. b ZPO). Wird danach die Klage nicht rechtzeitig eingereicht, so gilt der Urteilsvorschlag als anerkannt und er hat die Wirkungen eines rechtskräftigen [Hervorhebung hinzugefügt] Entscheides (Art. 211 Abs. 3 ZPO). Die Zivilprozessordnung stellt Urteilsvorschläge von Schlichtungsbehörden
und Urteile von erstinstanzlichen Gerichten mithin einander gleich. Praxisgemäss liegt ein anerkannter Urteilsvorschlag auch dann vor, wenn die klagende Partei den Kostenvorschuss nicht bezahlt und das Mietgericht deswegen auf ihre Klage nicht eintritt. In einem solchen Fall hat die klagende Partei keine wirksame Klage erhoben (OGer ZH, NG210003 vom 19. April 2021, E. 3). Dadurch soll verhindert werden, dass die den Urteilsvorschlag ablehnende beklagte Partei – namentlich bei einem Parteirollenwechsel in Anwendung von Art. 211 Abs. 2 lit. a ZPO – durch Verzicht auf die Klageeinreichung Weiterverfolgung der Klage bewirken kann, dass die ursprüngliche Klage der Gegenpartei ins Leere stösst (BK- Alvarez/Peter, Art. 211 ZPO N 17; DIKE-Komm-Rickli, 2. Aufl., Art. 211 ZPO
N 16).
Am 25. März 2019 lehnte die Berufungsklägerin den Urteilsvorschlag vom
5. März 2019 rechtzeitig ab (act. 25/6/13). In der Folge erteilte ihr die Schlichtungsbehörde mit Beschluss vom 28. März 2019 die Klagebewilligung
(act. 25/6/14). Am 6. Mai 2019 erhob die Berufungsklägerin Klage bei der Vorinstanz und ersuchte um Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege (act. 25/1). Mit Verfügung vom 18. Juni 2019 stellte die Vorinstanz das Doppel der Klage den Berufungsbeklagten zu. Zugleich wies sie das Gesuch um Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege ab und setzte der Berufungsklägerin eine Frist an, um
Fr. 3'940.– als Gerichtskostenvorschuss zu bezahlen (act. 25/19). Da die Berufungsklägerin in der Folge diesen Vorschuss auch innert Nachfrist nicht bezahlte (act. 25/37) trat die Vorinstanz mit Beschluss vom 22. August 2019 auf ihre Klage nicht ein (act. 25/47).
Soweit die Berufungsklägerin unter Hinweis auf BGE 140 III 159 vorbringt, ein Nichteintretensentscheid erwachse von vornherein nie in Rechtskraft (act. 56
S. 4 f.), ist Folgendes zu bemerken: Leistet die klagende Partei den Kostenvorschuss auch innert Nachfrist nicht, so tritt das Gericht auf ihr Begehren nicht ein (Art. 101 Abs. 3 ZPO; BGer, 4A_26/2021 vom 12. Februar 2021, E. 4.2 f.). Da keine abgeurteilte Sache (res iudicata) vorliegt, kann die betreffende Partei ihre Klage ihr Gesuch grundsätzlich jederzeit noch einmal einreichen (Suter/von Holzen, in: Sutter-Somm et al., 3. Aufl., Art. 101 ZPO N 15). Allerdings gilt dieser
Grundsatz nicht absolut, sondern kennt auch Ausnahmen. Er gilt insbesondere nicht für das ordentliche Rechtsmittelverfahren. Leistet ein Beschwerdeführer o- der Berufungskläger den Kostenvorschuss nicht fristgerecht und fällt die Rechtsmittelinstanz deswegen einen Nichteintretensentscheid, endet das Verfahren. Da die Rechtsmittelfrist abgelaufen ist, können die Parteien das erstinstanzliche Urteil nicht mehr überprüfen. Entsprechend lässt hier der Nichteintretensentscheid der Rechtsmittelinstanz den erstinstanzlichen Sachentscheid rechtskräftig werden (DIKE-Komm-Urwyler/Grütter, 2. Aufl., Art. 101 ZPO N 2; BSK ZPO- Rüegg/Rüegg, 3. Aufl., Art. 101 N 3). Dasselbe gilt, wenn die Mietschlichtungsbehörde den Parteien einen materiellen Urteilsvorschlag unterbreitet und das Mietgericht anschliessend in dieser Angelegenheit einen formellen Nichteintretensentscheid fällt. Wie in einem Rechtsmittelverfahren ist auch hier der Nichteintretensentscheid dem Urteilsvorschlag nachgelagert. Mit dem Urteilsvorschlag liegt ein Sachentscheid und damit eine abgeurteilte Sache vor (vgl. BK-Alvarez/Peter,
Art. 211 ZPO N 20 f.). Zusammenfassend liess der vorinstanzliche Nichteintretensentscheid vom 22. August 2019 den Urteilsvorschlag vom 5. März 2019 der Schlichtungsbehörde rechtskräftig werden.
4.
Die Berufungsklägerin macht weiter geltend, sie leite ihren Schadenersatzanspruch aus einer Vertragsverletzung ab. Das Dispositiv des Urteilsvorschlages erkläre bloss die Kündigung für gültig, äussere sich hingegen nicht zur Frage, ob die vier Schadenersatzvoraussetzungen (Schaden, Vertragsverletzung, Kausalzusammenhang und Verschulden) erfüllt seien. Der Urteilsvorschlag entfalte diesbezüglich keine materielle Rechtskraftwirkung (act. 56 S. 6–9).
Die Schlichtungsbehörde Zürich unterbreitete den Parteien mit Beschluss vom 5. März 2019 einen Urteilsvorschlag. Dessen Dispositiv-Ziffer 1 lautet
(act. 25/6/10): Die Kündigung vom 20. November 2018 per 31. März 2019 wird für gültig erklärt. Wie oben dargelegt, ist dieser Entscheid formell und materiell rechtskräftig geworden. Materielle Rechtskraft bedeutet Massgeblichkeit eines formell rechtskräftigen Urteils in jedem späteren Verfahren unter denselben Parteien (BGE 142 III 210 E. 2). Ein materiell rechtskräftiger Entscheid steht einer erneuten gerichtlichen Beurteilung derselben Angelegenheit im Wege (Art. 59 Abs. 2 lit. e ZPO). Es gilt hier gewissermassen der Grundsatz ne bis in idem
(CHK-Sutter-Somm/Seiler, Art. 59 ZPO N 13). Entsprechend darf das vorliegende Verfahren die Gültigkeit der Kündigung nicht mehr in Frage stellen.
Qualifiziert ein rechtskräftiger Entscheid eine Kündigung als gültig, bindet diese Feststellung alle späteren Behörden. Sie dürfen die Frage der Missbräuchlichkeit auch dann nicht nochmals aufrollen, wenn die Mieterin eine Schadenersatzklage mit der Begründung erhebt, das nachträgliche Verhalten des Vermieters zeige, dass der behauptete Eigenbedarf bloss vorgeschoben gewesen sei. Vielmehr müsste die Mieterin in einem solchen Fall zuerst mittels Revision (Art. 328– 333 ZPO) die Bindungswirkung des Entscheides beseitigen (BGE 145 III 143
E. 5.1). Dabei kann auch die fehlende Absicht, eine Wohnung selbst zu nutzen, eine neue Tatsache im Sinne von Art. 328 Abs. 1 lit. a ZPO bilden (vgl. zum Revisionsgrund der inneren Tatsachen Tanner, Das Revisionsverfahren nach
Art. 328–333 ZPO, ZZZ 2019, S. 191–222, 200). Vorliegend hat die Berufungsklägerin keine Revision erwirkt.
Ein Urteil entfaltet allerdings nur insoweit Bindungswirkung, als die Parteien und der Streitgegenstand identisch sind. Unter dem Begriff des Streitgegenstandes versteht man den in der Klage erhobenen Anspruch, der auf einem bestimmten Sachverhalt gründet. Anspruchsidentität liegt vor, wenn die beiden Ansprüche auf den gleichen Gegenstand hinzielen und sich aus dem gleichen Lebensvorgang ergeben (D. Staehelin, in: Staehelin/Staehelin/Grolimund, Zivilprozessrecht, 3. Aufl., Zürich/Basel/Genf 2019, § 24 N 16). Die Identität beurteilt sich nach den Klageanträgen und dem behaupteten Lebenssachverhalt, das heisst dem Tatsachenfundament, auf das sich das Klagebegehren stützt (BGE 142 III 210 E. 2.1; BGE 140 III 278 E. 3.3).
Das Gericht muss den aus einem bestimmtem Lebensvorgang erhobenen Anspruch nach dem Grundsatz der Rechtsanwendung von Amtes wegen auf alle möglichen Entstehungsgründe hin beurteilen (Art. 57 ZPO). Das Urteil entscheidet somit über sämtliche durch den fraglichen Lebensvorgang erfassten Entstehungsgründe endgültig (D. Staehelin, in: Staehelin/Staehelin/Grolimund, a.a.O.,
Zürich/Basel/Genf 2019, § 24 N 16 f.). Die materielle Rechtskraft eines Urteils schliesst Angriffe auf alle Tatsachen aus, die im Zeitpunkt des Urteils bereits bestanden hatten, unabhängig davon, ob sie den Parteien bekannt waren, von diesen vorgebracht vom Richter beweismässig als erstellt erachtet wurden. Ausserhalb der zeitlichen Grenzen der materiellen Rechtskraft liegen dagegen rechtsbegründende rechtsverändernde Tatsachen, die im früheren Prozess nicht zu beurteilen waren. Es handelt sich dabei um neue erhebliche Tatsachen, die nach dem ersten Urteil eingetreten sind und den Anspruch in der nunmehr eingeklagten Form erst entstehen liessen (BGE 145 III 143 E. 5.1).
Die Berufungsklägerin führt nicht aus, beispielsweise durch Mängel am Mietobjekt (Art. 259e OR) aufgrund eines deliktischen Verhaltens der Berufungsbeklagten (Art. 41 OR) einen Schaden erlitten zu haben. Vielmehr knüpft sie ihre Ansprüche ausschliesslich an die Kündigung ihrer Wohnung an. So wirft sie der Vermieterschaft eine rechtswidrige Serienkündigung vor, wobei sie offenlässt, was sie unter dieser Wortneuschöpfung versteht (act. 56 S. 10). Auch den behaupteten Verstoss gegen Treu und Glauben leitet die Berufungsklägerin aus der Kündigung ab (act. 56 S. 10 f.). Gleiches gilt für die Kosten, die ihr aus der Schlussreinigung der Wohnung entstanden sein sollen (act. 56 S. 8 f.). Art. 267 Abs. 1 OR verpflichtet die Mieterschaft dazu, das Mietobjekt in dem Zustand zurückzugeben, der sich aus dem vertragsgemässen Gebrauch ergibt. Wohnungen müssen grundsätzlich in gereinigtem Zustand zurückgegeben werden (vgl. CHK- Hulliger/Heinrich, 3. Aufl., Art. 267–267a OR N 5; SVIT-Komm., 4. Aufl., Art. 267– 267a OR N 20). Dies gilt auch dann, wenn die Wohnung im Anschluss umgebaut renoviert wird: Handwerkerinnen und Handwerkern kann nicht zugemutet werden, in einem dreckigen Umfeld arbeiten zu müssen.
Zusammenfassend macht die Berufungsklägerin keine Ansprüche geltend, die nicht in einem direkten Zusammenhang mit dem Ende ihres Mietvertrages stehen. Wie oben dargelegt, darf ein späteres Gericht die Gültigkeit der Kündigung nicht neu beurteilen. Dies gilt selbst dann, wenn – wie hier – die Gültigkeit der Kündigung bloss ein Teilaspekt eines Schadenersatzanspruchs bildet. Der Urteilsvorschlag verneinte die Missbräuchlichkeit der Kündigung. Damit steht
rechtskräftig fest, dass die Berufungsbeklagten mit ihrer Kündigung keine Vertragsverletzung begangen haben. Entsprechend kann offenbleiben, ob die weiteren Schadenersatzvoraussetzungen von Art. 97 Abs. 1 OR erfüllt sind.
Soweit die Berufungsklägerin schliesslich hilfsweise argumentiert, im Urteilsvorschlag stünden weder der Begriff Treu und Glauben noch der Ausdruck missbräuchliche Serienkündigung (act. 56 S. 10 f.), ist dieser Umstand von vornherein bedeutungslos: Grundsätzlich erwächst bloss das Dispositiv in materielle Rechtskraft, nicht hingegen die Urteilsbegründung (BGE 136 III 345 E. 2.1). Insofern kann die Berufungsklägerin aus der fehlenden Verwendung einzelner Wörter in den Entscheidmotiven nichts zu ihren Gunsten ableiten.
5.
Nach dem Gesagten ist die Berufung abzuweisen.
III.
1.
Die Berufungsklägerin unterliegt vollumfänglich. Entsprechend sind ihr die Prozesskosten aufzuerlegen (Art. 106 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Die Höhe der Gerichtsgebühr bestimmt sich in einer vermögensrechtlichen Angelegenheit im Berufungsverfahren nach Massgabe dessen, was vor der Berufungsinstanz noch im Streit liegt (§ 12 Abs. 2 GebV OG), vorliegend demnach Fr. 27'947.90 (Fr. 29'224.24 [oben, E. II.1.2.] – Fr. 1'276.34 [act. 55 E. III.3.]). Entsprechend ist die Gerichtsgebühr für das Berufungsverfahren auf Fr. 3'500.– festzusetzen (§ 12 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit § 4 Abs. 1 und 2 GebV OG).
2.
Die Berufungsklägerin hat ausgangsgemäss keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung. Den Berufungsbeklagten ist durch das vorliegende Rechtsmittelverfahren kein zu entschädigender Aufwand entstanden. Folglich sind auch ihnen keine Parteientschädigungen zuzusprechen.
Die Berufung wird abgewiesen. Die Verfügung und das Urteil vom
22. Dezember 2021 des Mietgerichtes Zürich werden bestätigt.
Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 3'500.– festgesetzt und der Berufungsklägerin auferlegt.
Für die anteilsmässige Deckung der Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens wird der von der Berufungsklägerin geleistete Vorschuss von
Fr. 2'500.– herangezogen; im Mehrbetrag stellt die Kasse Rechnung.
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an die Berufungsbeklagten unter Beilage von Doppeln der Berufungsschrift samt Beilagen (act. 56 und act. 59/3–6), sowie an das Mietgericht Zürich, je gegen Empfangsschein.
Nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist gehen die erstinstanzlichen Akten an die Vorinstanz zurück.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesge-
richt, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.
Es handelt sich um eine vermögensrechtliche mietrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 29'224.24.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.
Obergericht des Kantons Zürich
Zivilkammer
Die Vorsitzende:
lic. iur. E. Lichti Aschwanden
Der Gerichtsschreiber:
Dr. M. Tanner
versandt am:
14. April 2022
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