Zusammenfassung des Urteils NG110009: Obergericht des Kantons Zürich
In dem vorliegenden Fall ging es um die Anfechtung einer Kündigung eines Mietvertrages und die Erstreckung des Mietverhältnisses. Nachdem ein neuer Mietvertrag zwischen den Parteien geschlossen wurde, wurde festgestellt, dass das ursprüngliche Verfahren gegenstandslos geworden war. Das Gericht entschied, dass die Klägerin die Kosten des Verfahrens zu tragen hat, da sie das Verfahren eingeleitet hatte, aber letztendlich obsiegte. Die Gerichtskosten wurden dem Beklagten auferlegt, da er mit seiner Anschlussberufung unterlegen war. Die Klägerin erhielt eine Prozessentschädigung für das erstinstanzliche Verfahren und eine Parteientschädigung für das zweitinstanzliche Verfahren. Die Gerichtskosten wurden auf Fr. 1'600.-- festgesetzt, und die Prozessentschädigung für das erstinstanzliche Verfahren betrug Fr. 3'000.--.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | NG110009 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Zivilkammer |
Datum: | 20.12.2011 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Anfechtung Kündigung / eventuell Erstreckung |
Schlagwörter : | Beklagten; Recht; Kündigung; Verfahren; Mietvertrag; Berufung; Vorstand; Mietverhältnis; Parteien; Mietgericht; Hinweis; Winterthur; Entscheid; Anschlussberufung; Mietvertrages; Statuten; Urteil; Rechtsmittel; Abschluss; Vertrag; Klage; Rechtsvertreter; Gericht; Person; Verein; Präsident; Beschluss; Bedingungen |
Rechtsnorm: | Art. 1 OR ;Art. 13 OR ;Art. 16 OR ;Art. 18 OR ;Art. 242 ZPO ;Art. 272c OR ;Art. 312 ZPO ;Art. 317 ZPO ;Art. 318 ZPO ;Art. 32 OR ;Art. 38 OR ;Art. 404 ZPO ;Art. 405 ZPO ;Art. 55 ZGB ;Art. 69 ZGB ;Art. 75 ZGB ;Art. 9 OR ;Art. 90 BGG ;Art. 94 ZPO ; |
Referenz BGE: | 117 IV 439; 118 II 12; 125 III 268; 132 III 507; |
Kommentar: | Sutter-Somm, Hasenböhler, Schweizer, Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, Art. 58 ZPO, 2013 |
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: NG110009-O/U.doc
Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. A. Katzenstein, Vorsitzende, Oberrichterin Dr. L. Hunziker Schnider und Oberrichterin lic. iur. M. Stammbach sowie Gerichtsschreiberin lic. iur. F. Gohl Zschokke.
in Sachen
,
Klägerin, Berufungsklägerin und Anschlussberufungsbeklagte, vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X. ,
gegen
,
Beklagter, Berufungsbeklagter und Anschlussberufungskläger, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Y. ,
betreffend
Anfechtung Kündigung / eventuell Erstreckung
Berufung gegen ein Urteil des Mietgerichtes Winterthur vom 22. August 2011 (MB100011)
Das Verfahren sei infolge Gegenstandslosigkeit abzuschreiben, da die Kündigung durch den Beklagten rechtsgültig zurückgezogen wurde und vereinbart wurde, das Mietverhältnis zu den gleichen Bedingungen wie mit C. sel. weiter zu führen.
Eventuell
Der Entscheid der Schlichtungsbehörde vom 6. Oktober 2010 sei aufzuheben und:
Die Kündigung des Beklagten für die Wohnung D. -Strasse vom 24. Juni 2010 sei aufzuheben, weil diese von einer nicht ermächtigten Person erlassen wurde, gegen Treu und Glauben verstösst und/oder eine Rachekündigung gegen die Klägerin darstellt.
Subventuell: Das Mietverhältnis der Klägerin sei erstmals um drei Jahre zu erstrecken.
Es seien die Akten des Schlichtungsverfahrens Geschäfts-Nr. MM100101 beizuziehen.
Alles unter Kostenund Entschädigungsfolgen zu Lasten des Beklagten.
(act. 1 S. 1 und act. 15 S. 1)
In Abweisung der Klage wird die Kündigung des Beklagten vom 24. Juni 2010 auf den 30. Juni 2010 als gültig erklärt.
Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass eine Minderheit des Gerichts in diesem Punkt ihre abweichende Ansicht mit Begründung in das Protokoll hat aufnehmen lassen.
Das Mietverhältnis wird definitiv erstreckt bis und mit 30. September 2012.
Die Klägerin ist berechtigt, schon vor diesem Datum auf Ende eines jeden Monats aus den Mieträumlichkeiten auszuziehen, sofern sie dies dem Beklagten mindestens 90 Tage im Voraus anzeigt.
Die Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf Fr. 1'600.-- Allfällige weitere Auslagen bleiben vorbehalten.
Die Kosten werden zu 3/4 der Klägerin und zu 1/4 dem Beklagten auferlegt.
Die Klägerin wird verpflichtet, dem Beklagten eine reduzierte Prozessentschädigung von Fr. 1'500.-zu bezahlen.
7./8 Mitteilung / Rechtsmittel.
(act. 20 S. 22 f.)
1. Das Urteil des Mietgerichtes Winterthur vom 22. August 2011 sei aufzuheben.
Das Verfahren betreffend Anfechtung der Kündigung vom 24. Juni 2010 sei infolge Gegenstandslosigkeit abzuschreiben, da die Kündigung durch den Beklagten rechtsgültig zurückgezogen wurde und vereinbart wurde, das Mietverhältnis zu den gleichen Bedingungen wie mit
C. , sel. weiter zu führen.
Die Kündigung der Beklagten vom 24. Juni 2010 auf den 30. Sept. 2010 sei für ungültig zu erklären.
Eventuell
Die Kündigung der Beklagten für die Wohnung D. -Strasse vom
24. Juni 2010 sei aufzuheben, weil diese gegen Treu und Glauben verstösst und/oder eine Rachekündigung gegen die Klägerin darstellt.
Subeventuell
Das Mietverhältnis der Klägerin sei erstmals um drei Jahre zu erstrecken.
Es sei die Kostenregelung des Urteils des Mietgerichtes Winterthur vom
22. August 2011 aufzuheben und ausgangsgemäss neu vorzunehmen.
Subsubeventuell
Die Streitsache sei zur Durchführung eines Beweisverfahrens an das Mietgericht Winterthur zurückzuweisen (Art. 318 Abs. 1 lit. c ZPO)
Verfahrensanträge
Es seien die Akten des Mietgerichtes Winterthur, Geschäfts-Nr.
MB100011-K und die Akten der Schlichtungsbehörde Geschäfts-Nr. MM100101 beizuziehen.
Alles unter Kostenund Entschädigungsfolgen zu Lasten des Beklagten.
(act. 24 S. 1 f.)
Die Berufung der Klägerin sei vollumfänglich abzuweisen.
Die Ziffern 2, 5 und 6 des Urteils des Mietgerichtes seien wie folgt abzuän- dern:
Die von der Klägerin beantragte Erstreckung des Mietverhältnisses sei vollumfänglich abzulehnen, eventualiter maximal bis zum 28. Februar 2012 zu gewähren.
Die Gerichtskosten seien vollumfänglich der Klägerin aufzuerlegen.
Die Klägerin sei zu verpflichten, der Beklagten für das Verfahren vor Mietgericht die volle Prozessentschädigung zu bezahlen.
In den übrigen Punkten sei das Urteil des Mietgerichtes Winterthur zu bestätigen.
Es seien die Akten des Verfahrens vor Mietgericht beizuziehen.
Alles Unter Kostenund Entschädigungsfolge zulasten der Klägerin
(act. 35 S. 2)
Sachverhalt und Prozessgeschichte
Seit dem 1. Mai 1994 ist die Klägerin, Berufungsklägerin und Anschlussberufungsbeklagte (im Folgenden: Klägerin) Mieterin einer 3-Zimmerwohnung im Erdgeschoss an der D. -Strasse in E. (act. 4/2/14 = act. 13/5). Der Mietzins beträgt Fr. 670.-pro Monat inklusive Nebenkosten. Nach dem Tod des ursprünglichen Vermieters ging die Liegenschaft in das Eigentum des Beklagten, Berufungsbeklagten und Anschlussberufungsklägers (im Folgenden: Beklagter) über (act. 13/6 und act. 17). Mit amtlich genehmigtem und von F. unterzeichnetem Formular vom 24. Juni 2010 (act. 4/2/2) sprach die G. AG im Auftrag der Eigentümerin B. die Kündigung des Mietverhältnisses per
30. September 2010 wegen umfassender Sanierung während sechs Monaten aus.
Die Klägerin focht die Kündigung mit Eingabe vom 12. Juli 2010 (act. 4/1) bei der Schlichtungsbehörde des Bezirkes Winterthur an. Am 6. Oktober 2010 wies diese das Begehren um Anfechtung der Kündigung ab und erstreckte das Mietverhältnis letztmals bis Ende März 2011 (act. 3/2 = act. 4/7). Die Klägerin reichte drauf mit Eingabe vom 15. November 2010 (act. 1) fristgerecht Klage ein beim Mietgericht Winterthur (vgl. act. 4/8). Sie stellte Anträge gemäss Ziffern 2 bis 4 des auf Seite 2 erwähnten Rechtsbegehrens.
Nach Durchführung des Hauptverfahrens, anlässlich welchem die Klägerin das auf Seite 2 erwähnte Rechtsbegehren stellte (act. 15 S. 1), erklärte das Mietgericht Winterthur die Kündigung vom 24. Juni 2010 mit Urteil vom 22. August 2011 (act. 20 = act. 23 = act. 25) als gültig und erstreckte das Mietverhältnis defi-
nitiv bis und mit 30. September 2012. Ein Minderheitsantrag wurde zu Protokoll gegeben (Prot. VI S. 24 f.).
Gegen das Urteil vom 22. August 2011 erhob die Klägerin mit Eingabe vom
26. September 2011 (Datum Poststempel; act. 24) rechtzeitig Berufung (vgl. act. 21). Den mit Präsidialverfügung vom 5. Oktober 2011 (act. 29) verlangten Kostenvorschuss hat die Klägerin fristgerecht geleistet (vgl. act. 30 und act. 31). Mit Verfügung vom 20. Oktober 2011 wurde dem Beklagten Frist angesetzt, um die Berufung zu beantworten. Dies tat er rechtzeitig mit Eingabe vom 18. November 2011 (Datum Poststempel; act. 35; vgl. auch act. 33). Mit derselben erhob der Beklagte auch Anschlussberufung (act. 35 S. 2). Auf die Einholung einer Anschlussberufungsantwort wurde verzichtet (Art. 312 Abs. 1 ZPO).
Prozessuale Vorbemerkungen
Am 1. Januar 2011 ist die eidgenössische Zivilprozessordnung (ZPO) in Kraft getreten. Für die Rechtsmittel gilt das Recht, das bei der Eröffnung des Entscheides in Kraft ist (Art. 405 Abs. 1 ZPO). Da das vorinstanzliche Urteil vom
22. August 2011 nach dem 1. Januar 2011 eröffnet wurde, beurteilt sich die Zulässigkeit des Rechtsmittels nach der ZPO. Ebenso sind deren Bestimmungen für das Rechtsmittelverfahren vor Obergericht massgebend.
Das mietgerichtliche Verfahren zwischen den Parteien war bei Inkrafttreten der eidgenössischen Zivilprozessordnung am 1. Januar 2011 bereits rechtshängig (§ 105 Ziff. 2 ZPO/ZH). Für dieses gilt daher das bisherige Verfahrensrecht bis zum Abschluss vor der betroffenen Instanz (Art. 404 Abs. 1 ZPO). Dementsprechend ist im Rahmen des Rechtsmittelverfahrens in prozessualer Hinsicht zu prüfen, ob die für das erstinstanzliche Verfahren geltenden Bestimmungen der zürcherischen Zivilprozessordnung vom 13. Juni 1976 (ZPO/ZH) korrekt angewendet wurden.
Neue Vorbringen und neue Beweismittel
Im Berufungsverfahren werden neue Tatsachen und Beweismittel nur noch berücksichtigt, wenn sie ohne Verzug vorgebracht werden und trotz zumutbarer
Sorgfalt nicht schon vor erster Instanz vorgebracht werden konnten (Art. 317 Abs. 1 lit. a und b ZPO).
Zusammen mit ihrer Berufungsschrift reichte die Klägerin (unter anderem) eine neue Beilage ein, bei welcher es sich um ein Protokoll der Vorstandssitzung des Beklagten vom 11. Oktober 2010 handeln soll, gemäss welchem H. die Verwaltung der Liegenschaft D. -Strasse übertragen worden sei (act. 24
S. 7 mit Hinweis auf act. 27/6). Die Klägerin macht geltend, sie habe auch daraus auf die Berechtigung für einen Rückzug der Kündigung und Abschluss eines neuen Mietvertrages schliessen können (act. 24 S. 7). Gleichzeitig bringt die Klägerin vor, es handle sich bei diesem Dokument um ein zulässiges Novum, da H. ihr diese Unterlage erst jetzt zur Verfügung gestellt habe (act. 24 S. 14).
Hierzu ist festzuhalten, dass die Klägerin im vorinstanzlichen Verfahren weder eine Übertragung von Verwaltungsaufgaben an H. am 11. Oktober 2010 noch Schlüsse, welche sie daraus gezogen haben will, erwähnt hat. Dieser Sachverhalt, sollte er sich so zugetragen haben, hätte der Klägerin anlässlich der vorinstanzlichen Hauptverhandlung jedoch bekannt sein müssen und wäre von ihr vorzutragen gewesen. Es handelt sich bei den betreffenden Ausführungen somit um neue Tatsachenbehauptungen, die im Berufungsverfahren nicht zu hören sind (Art. 317 Abs. 1 ZPO). Dem zum Beleg neu eingereichten Beweismittel (act. 27/6) kommt somit keine Relevanz zu. Vor diesem Hintergrund spielt es auch keine Rolle, dass das fragliche Dokument lediglich Anträge für die Vorstandssitzung vom 13. September 2010 enthält, wie der Beklagte in seiner Berufungsantwort zu Recht darauf hingewiesen hat (act. 35 S. 11 und S. 13).
Der Beklagte reichte im Berufungsverfahren - neben weiteren Unterlagen erstmals zwei Protokolle von Vorstandssitzungen vom 13. September 2010
(act. 36/17) und vom 11. Oktober 2010 (act. 36/18) ein, welche der Widerlegung der von der Klägerin neu eingereichten Unterlagen dienen sollen (act. 35 S. 3). Insoweit wären sie zulässig und soweit erforderlich zu berücksichtigen. Dar- über hinaus sind diese Beweismittel aber als verspätet zu qualifizieren und ausser Acht zu lassen, ebenso die in diesem Zusammenhang vom Beklagten vorgetragenen neuen Behauptungen, welche nicht durch die neuen Vorbringen in der Berufungsschrift veranlasst wurden (Art. 317 Abs. 1 ZPO; act. 35 S. 4 Rz 11 f., Rz
15 und Rz 17, S. 7 Rz 28d, S. 11 Rz 49, S.13 f. Rz 67, S. 14 Rz 69, S. 15 Rz 73).
Auf die weiteren im Berufungsverfahren von den Parteien neu eingereichten Unterlagen und neuen Tatsachenbehauptungen ist im Rahmen der folgenden Erwägungen näher einzugehen.
Rückzug der Kündigung vom 24. Juni 2010
Bei der Kündigung handelt es sich um ein Gestaltungsrecht, das durch einseitiges Rechtsgeschäft ausgeübt wird. Sie ist grundsätzlich bedingungsfeindlich und unwiderruflich (vgl. Lachat/Thanei, Mietrecht für die Praxis, 8. Auflage, Zürich 2009, 25/7.1 und 25/10.1; SVIT-Kommentar, Das schweizerische Mietrecht für die Praxis, 3. Auflage, Zürich 2008, Vorbemerkungen zu Art. 266-266o N. 8 ff.). Ist sie erfolgt, so besteht nur noch die Möglichkeit, einen neuen, den Bedingungen des alten entsprechenden Mietvertrag abzuschliessen (Lachat/Thanei, a.a.O., 25/7.2 mit weiteren Hinweisen; SVIT-Kommentar, Vorbemerkungen zu Art. 266-266o
N. 9).
Dies haben sowohl der Beklagte (act. 12 S. 7 und Prot. VI S. 20) als auch die Vorinstanz (act. 20 S. 8) bereits richtig erkannt. Darüber hinaus hatte der klägerische Rechtsvertreter von diesem in Lehre und Rechtsprechung unbestrittenen Grundsatz ebenfalls Kenntnis (vgl. act. 3/7 S. 1, act. 15 S. 4 und act. 24 S. 3). Dennoch machte er im vorinstanzlichen Verfahren wiederholt und erfolglos geltend, der Beklagte habe vertreten durch H. - die Kündigung vom 24. Juni 2010 zurückgezogen (act. 1 S. 3 und act. 15 S. 4). Der erneute Hinweis in der Berufungsschrift, dass H. in seiner Funktion als Vizepräsident des Beklagten mit Schreiben vom 30. Oktober 2010 die von der G. AG ausgesprochene Kündigung zurückgezogen habe (act. 24 S. 3), vermag bei der erwähnten Rechtslage von vornherein nichts zu Gunsten der Klägerin zu bewirken. Es erübrigt sich deshalb, näher auf das Rückzugsschreiben vom 30. Oktober 2010 (act. 3/6) einzugehen.
Abschluss eines neuen Mietvertrages
Zum Abschluss eines Vertrages ist die übereinstimmende gegenseitige Willensäusserung der Parteien erforderlich (Art. 1 Abs. 1 OR). Sie kann eine ausdrückliche stillschweigende sein (Art. 1 Abs. 2 OR). Bei juristischen Personen sind die Organe berufen, dem Willen der juristischen Person Ausdruck zu geben (Art. 55 Abs. 1 ZGB). Sie verpflichten die juristische Person sowohl durch den Abschluss von Rechtsgeschäften als durch ihr sonstiges Verhalten (Art. 55 Abs. 2 ZGB). Die Erklärung, einen Vertrag abschliessen zu wollen, kann darüber hinaus auch von einer zur Stellvertretung berechtigten Person abgegeben werden
(Art. 32 Abs. 1 OR).
Anlässlich der Klageeinleitung hat die Klägerin darauf hingewiesen, der Beklagte habe sich bereit erklärt, mit ihr das Mietverhältnis zu den gleichen Bedingungen weiterzuführen wie vor der Kündigung (act. 1 S. 3). Im Rahmen des vorinstanzlichen Hauptverfahrens machte die Klägerin geltend, es sei vereinbart worden, das Mietverhältnis zu den gleichen Bedingungen wie mit C. weiterzuführen, weshalb das Verfahren infolge Gegenstandslosigkeit abzuschreiben sei (act. 15 S. 1). Namentlich habe sich ihr Rechtsvertreter in einem Schreiben vom
4. November 2010 für den mit Schreiben vom 30. Oktober 2010 durch H. , Vizepräsident des Beklagten, erklärten Kündigungsrückzug bedankt. Er habe auf die Rechtsprechung verwiesen, wonach Kündigungen eigentlich nicht zurückgezogen werden könnten, sondern die Parteien zusätzlich zu erklären hätten, dass sie den bisherigen, gekündigten Mietvertrag zu den gleichen Bedingungen weiter fortsetzen wollen. Überdies habe er festgehalten, dass die Klägerin gerne bereit sei, den bisherigen mit C. geschlossenen Mietvertrag samt den seitherigen Änderungen wie Mietzinserhöhung auf Fr. 670.-weiter gelten zu lassen und zu den gleichen Bedingungen mit der B. nach dem 1. Oktober 2010 fortzusetzen (act. 15 S. 4 mit Hinweis auf act. 3/7). Er habe H. , den Vizepräsidenten des Beklagten, gebeten, das mit rechtsverbindlicher Unterschrift unter das Doppel des Schreibens zu erklären, worauf sie von ihm das gegengezeichnete Schreiben erhalten habe (act. 15 S. 4 mit Hinweis auf act. 3/7). Der Beklagte hat den Abschluss eines neuen Mietvertrages bestritten und geltend gemacht, H. sei
nicht zu seiner Vertretung ermächtigt gewesen (act. 12 S. 6 und S. 8 sowie Prot. VI S. 8, S. 11 und S. 19).
Das im vorinstanzlichen Verfahren eingereichte Schreiben vom 4. November 2010 (act. 3/7) enthält die - durch ihren Rechtsvertreter geäusserte - Erklärung der Klägerin, dass sie mit der B. per 1. Oktober 2010 einen Mietvertrag abschliessen wolle, welcher den selben Inhalt aufweise wie derjenige zwischen ihr und C. per 1. Mai 1994 samt seitherigen Änderungen (Offerte). Auf dem fraglichen Dokument hat H. als Vertreter der B. mit Unterschrift vom
5. November 2010 eine Einverständniserklärung abgegeben (Akzept). Es fällt auf, dass beide Unterzeichner des Schreibens eine B. _ als Mietvertragspartei genannt haben. Auf Grund der gesamten Umstände, insbesondere unter Berücksichtigung des Betreffs des Schreibens sowie dessen Bezugnahme auf das Schlichtungsverfahren MM100101, ist jedoch ohne weiteres davon auszugehen, dass beide Seiten den Beklagten als Vermieter ins Auge fassten. Die unrichtige Bezeichnung schadet daher nicht (Art. 18 Abs. 1 OR). Als Zwischenergebnis ist deshalb festzuhalten, dass übereinstimmende gegenseitige Willensäusserungen abgegeben wurden, wonach zwischen der Klägerin und dem Beklagten ab dem 1. Oktober 2010 ein Mietvertrag gelten soll, der den selben Inhalt aufweist wie derjenige vom 1. Mai 1994 (samt Änderungen) zwischen der Klägerin und C. .
Es drängt sich die Frage auf, ob H. dazu berechtigt war, den Beklagten zu vertreten, was dieser in Abrede stellt (act. 12 S. 6 und Prot. VI S. 8 f.). Beim Beklagten, einem Verein, handelt es sich unbestritten um eine juristische Person. Gemäss Art. 69 ZGB hat der Vorstand das Recht und die Pflicht, nach den Befugnissen, die die Statuten ihm einräumen, die Angelegenheiten des Vereins zu besorgen und den Verein zu vertreten (Art. 69 ZGB). Falls der Verein im Handelsregister eingetragen ist, richtet sich die Vertretung nach dem Handelsregistereintrag; dieser kann bestimmen, dass jedes einzelne Vorstandsmitglied allein zeichnungsberechtigt ist, er kann eine Kollektivzeichnungsberechtigung vorsehen. Für den Fall, dass kein Eintrag besteht, gehen Bundesgericht und Lehre davon aus, dass die Vertretung jedem einzelnen Vorstandsmitglied zukomme,
sofern dem Dritten keine anderweitige Mitteilung gemacht wurde (BGE 117 IV 439 und BSK ZGB-I-Heini/Scherrer, Art. 69 N 32 ff. mit weiteren Hinweisen).
Zwischen den Parteien besteht Einigkeit darüber, dass der Beklagte nicht im Handelsregister eingetragen ist (act. 12 S. 2, act. 15 und Prot. VI S. 5 ff.). Ebenso ist unbestritten, dass es sich bei H. um ein Vorstandsmitglied des Beklagten und dessen Vizepräsidenten handelt (vgl. act. 12 S. 6, act. 15 S. 4, act. 18 und Prot. VI S. 6 ff.). Der Beklagte hat im vorinstanzlichen Verfahren nie behauptet, es sei der Klägerin ihrem Rechtsvertreter vor dem 5. November 2010 mitgeteilt worden, dass H. nicht alleine zur Vertretung des Beklagten befugt sei (vgl. act. 12 und Prot. S. 6 ff.). H. konnte am 5. November 2010 folglich als Vertreter des Beklagten einen Mietvertrag mit der Klägerin schliessen. Daran vermag auch nichts zu ändern, dass Dr. I. , der Präsident der Beklagten, die Klägerin mit Schreiben vom 12. November 2010 (recte: 14. November 2010) - d.h. nach dem Vertragsschluss - darauf aufmerksam machte, dass H. keinerlei Mandat in der Mietsache D. -Strasse habe (Prot. VI S. 7 mit Hinweis auf act. 3/12; vgl. auch Prot. VI S. 20).
Ebenso wenig kann der Beklagte etwas mit dem Verweis auf § 13 seiner Statuten zu seinen Gunsten bewirken, gemäss welchen H. nicht zu seiner Vertretung berechtigt gewesen sei (Prot. VI S. 8 f. mit Hinweis auf act. 13/2). In § 13 Abs. 2 der erwähnten Statuten wird nämlich festgehalten, dass der Präsident und bei dessen Verhinderung der Vizepräsident den Beklagten nach aussen vertreten. Gemäss § 13 Abs. 3 führen sie mit dem Quästor (Kassier) respektive dem Aktuar (Sekretär) Kollektivunterschrift zu zweien in allen Rechtshandlungen und im Zahlungsverkehr. Nach § 13 Abs. 4 ist auch die Kollektivunterschrift des Präsidenten mit dem Vizepräsidenten zulässig.
Hierzu ist zu bemerken, dass die Darstellung der Klägerin, wonach H. als Vizepräsident in Abwesenheit des Präsidenten gehandelt habe (act. 15 S. 7 und Prot. VI S. 16), nicht nur unwidersprochen blieb, sondern anlässlich der vorinstanzlichen Hauptverhandlung von Dr. I. , dem Präsidenten des Beklagten, bestätigt wurde (Prot. VI S. 13). Folglich verfügte H. am 5. November 2010 gestützt auf § 13 Abs. 2 der Statuten über die erforderliche Vertretungsmacht, um
den Mietvertrag für den Beklagten abzuschliessen. Wie der Beklagte selbst insoweit zutreffend erkannt hat, ist zwischen der externen Vertretungsmacht und der internen Willensbildung des Vereins zu unterscheiden (Prot. VI S. 7). Mit anderen Worten spielt es keine Rolle, ob der Beklagte im fraglichen Zeitpunkt mit dem Vertragsschluss tatsächlich einverstanden war. Entgegen der Auffassung des Beklagten (Prot. VI S. 7) ist § 13 Abs. 3 seiner Statuten vorliegend unbeachtlich, denn das Gesetz enthält für den Abschluss eines Mietvertrages keine besonderen Formvorschriften. Es spielt deshalb auch keine Rolle, ob der Klägerin die Unterschriftenregelung aufgrund der Statuten bekannt gewesen ist, wie es vom Beklagten geltend gemacht wird (Prot. VI S. 11).
Der Beklagte hat auch nie behauptet, die Rechtsvertreter der Klägerin und H. (als Vertreter des Beklagten) hätten für den Mietvertrag die Schriftform vereinbart. Ebenso wenig hat er dargelegt, die Klägerin habe zu erkennen gegeben, sie sei nur dann zum Abschluss eines Mietvertrages bereit, wenn ein solcher schriftlich erfolge. Vielmehr hat sich der Beklagte darauf beschränkt, darauf hinzuweisen, dass der Rechtsvertreter der Klägerin in seinem Schreiben vom 4. November 2010 (act. 3/7) eine Unterschrift für die Einverständniserklärung verlangt habe (Prot. VI S. 9).
Vor diesem Hintergrund kann die Vermutung von Art. 16 Abs. 1 OR, gemäss welcher die Parteien vor Erfüllung der Form nicht verpflichtet sein wollen, nicht greifen. Ebenso wenig ist Art. 16 Abs. 2 OR zu beachten, gemäss welchem in Fällen, in denen eine Abrede auf schriftliche Form ohne nähere Bezeichnung getroffen wurde, für deren Erfüllung die Erfordernisse der gesetzlich vorgeschriebenen Schriftlichkeit gelten (Art. 16 Abs. 2 OR), das heisst der Vertrag die Unterschriften aller Personen tragen muss, die durch ihn verpflichtet werden sollen (Art. 13 OR). Ergänzend bleibt festzuhalten, dass die Vermutung gemäss Art. 16 Abs. 1 OR durch den Nachweis umgestossen werden könnte, dass die Parteien eine blosse Beweisform und keine Abschlussform vereinbart haben. Dafür wäre die Formabrede gestützt auf deren Wortlaut auf die Umstände auszulegen (Gauch/Schluep/Schmid/Emmenegger, Schweizerisches Obligationenrecht Allgemeiner Teil, Band I, 9. Auflage, Zürich 2008, N 592). Ferner wäre zu beachten,
dass ein Formvorbehalt jederzeit formfrei und unter anderem auch durch konkludentes Handeln aufgehoben werden kann (BGE 125 III 268 mit weiteren Hinweisen). Unter diesen Gesichtspunkten bleibt für eine Vermutung gemäss Art. 16 Abs. 1 OR kein Raum, spricht vorliegend doch alles dafür, dass vom Vertreter der Klägerin lediglich zu Beweiszwecken eine Unterschrift gefordert wurde. Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang der Umstand, dass der Rechtsvertreter der Klägerin nach Erhalt der Zustimmungserklärung vom 5. November 2010 eine allfällige zweite Unterschrift oder eine kurze Bestätigung, wonach der Verein/Vorstand mit der Fortsetzung des Mietverhältnisses einverstanden sei, verlangte (act. 15 S. 4).
Als Zwischenergebnis ist somit festzuhalten, dass zwischen der Klägerin und dem Beklagten am 4./5. November 2010 ein neuer Mietvertrag per 1. Oktober 2010 geschlossen wurde, welcher den selben Inhalt aufweist wie derjenige zwischen der Klägerin und C. samt seitherigen Änderungen.
Selbst wenn man aber die Auffassung vertreten würde, H. sei am 5. November 2010 nicht in seiner Funktion als Vizepräsident und Organ des Beklagten dazu ermächtigt gewesen, für diesen einen Mietvertrag abzuschliessen, wür- de man zum selben Ergebnis gelangen: Hat jemand, ohne dazu ermächtigt zu sein, als Stellvertreter einen Vertrag abgeschlossen, so wird der Vertretene nur dann Gläubiger Schuldner, wenn er den Vertrag genehmigt (Art. 38 Abs. 1 OR). Die Genehmigung ist eine rechtsgeschäftliche Willenserklärung des Vertretenen, die sich an den Vertreter an den Dritten richten kann. Sie bedarf selbst bei formbedürftigen Geschäften in der Regel keiner besonderen Form und kann daher auch stillschweigend erfolgen (Gauch/Schluep/Schmid/Emmenegger, a.a.O., N 1382 mit weiteren Hinweisen).
Es wäre somit zu prüfen, ob der Beklagte die Erklärung von H. vom
5. November 2010 nachträglich genehmigt hat. Die Klägerin vertritt den Standpunkt, er habe dies mit Vorstandsbeschluss vom 8. November 2010 getan
(act. 15 S. 7 und S. 8). Dem hält der Beklagte einerseits entgegen, der fragliche Beschluss sei nicht ordnungsgemäss traktandiert gewesen und daher ungültig (act. 12 S. 7 und Prot. VI S. 9 f.). Andererseits macht er geltend, mit demselben
sei lediglich der Antrag abgelehnt worden, abzuklären, ob die von H. zurückgezogene Kündigung wieder rückgängig gemacht werden könne (act. 12 S. 7 mit Hinweis auf act. 13/13). Er habe bloss eine kommunikative Klarstellung der Rechtslage bezweckt, wonach eine Kündigung als rechtsgestaltende Erklärung nicht widerrufen werden könne (act. 12 S. 7).
Es gilt als ungeschriebene Regel, dass die einschlägigen Bestimmungen des Gesetzes über die Funktionsweise der Vereinsversammlung (Art. 66-68 ZGB) auf die Funktionsweise des Vereinsvorstandes entsprechende Anwendung finden, sofern die Statuen nichts Abweichendes bestimmen. Dies betrifft unter anderem auch die Traktandierung (Riemer, Personenrecht, Bern 1995, S. 222).
§ 12 Abs. 1 der Statuten des Beklagten sieht vor, dass der Präsident unter Angabe der zu behandelnden Geschäfte den Vorstand zu den Sitzungen einberuft und diese leitet. Nicht traktandierte Geschäfte können ausnahmsweise zu Beginn einer Sitzung mit einem qualifizierten Mehr von 2/3 der anwesenden Vorstandsmitglieder auf die Traktandenliste aufgenommen werden.
Für die Anfechtung von Vorstandsbeschlüssen enthalten die Statuten des Beklagten keine Regelung (vgl. act. 13/2). Es ist deshalb Art. 75 ZGB sinngemäss anwendbar (BGE 118 II 12). Dieser sieht vor, dass Beschlüsse, die das Gesetz die Statuten verletzen, von jedem Mitglied, das nicht zugestimmt hat, von Gesetzes wegen binnen Monatsfrist, nachdem es von ihnen Kenntnis erhalten hat, beim Gericht anfechten kann. Bei dieser Frist handelt es sich um eine Verwirkungsfrist, deren Einhaltung von Amtes wegen zu prüfen ist (BGE 132 III 507). Demnach ist es unerheblich, ob der fragliche Vorstandsbeschluss ordnungsgemäss traktandiert aus einem anderen Grund mit einem Mangel behaftet war, sofern er in der Folge unangefochten blieb. Der Beklagte hat nie behauptet, dass der seiner Auffassung nach ungültige Beschluss vom 8. November 2010 angefochten wurde. Es kann deshalb offen bleiben, ob es an einer ordnungsgemässen Traktandierung fehlte, wie der Beklagte monierte (Prot. VI S. 10). Eine solcher Mangel wäre auch nicht gravierend und würde keine Nichtigkeit des Beschlusses vom 8. November 2010 nach sich ziehen, wie der Beklagte in seiner Berufungsantwort insinuiert (act. 35 S. 10, S. 12 und S. 15) bzw. behauptet (act. 35 S. 14).
Entgegen der Auffassung des Beklagten kommt es auch nicht darauf an, was mit dem Antrag bezweckt wurde, der dem Beschluss zu Grund lag. Es stellt sich vielmehr primär die Frage, wie H. den Beschluss vom 8. November 2010 nach Treu und Glauben verstehen durfte und musste. Das Protokoll des Beklagten zur Vorstandssitzung vom 8. November 2010 (act. 13/13 = act. 16/4) hält zum betreffenden Beschluss Nr. III fest: Es wird abgeklärt, ob die von H. zurückgezogene Kündigung wieder rückgängig gemacht werden kann. J. würde dies machen: Dies wird mehrheitlich (wie vor, Beschluss II) abgelehnt. Auf Grund der gesamten Umstände, insbesondere nach der vorgängigen gehässigen Diskussion (vgl. act. 13/13 S. 2), durfte H. davon ausgehen, dass der Beklagte vertreten durch den Vorstand - nicht nur auf die erwähnten Abklärungen verzichtete, sondern auch darauf, seinen Kündigungsrückzug rückgängig zu machen. Letzteres bedeutet nichts anderes als die Genehmigung des neu geschlossenen Mietvertrages, wird doch auch in der Literatur der Rückzug einer Kündigung mit dem Einverständnis der Kündigungsempfängerin mit dem Abschluss eines neuen Vertrags gleichgesetzt (vgl. z.B. SVIT-Kommentar, Vorbemerkungen zu Art. 266-266o N 9). Dies steht im Einklang mit der schriftlichen Bestätigung der sechs weiteren den Antrag ablehnenden Vorstandsmitglieder vom 12. November 2010, gemäss welcher sie damit einverstanden gewesen seien, mit der Klägerin über den 1. Oktober 2010 ein Mietverhältnis mit den selben Bedingungen des Mietvertrages vom 1. Mai 1994 samt Änderungen weiterzuführen (act. 3/9). Schliesslich hat auch Dr. I. , der Präsident des Beklagten, im Rahmen der vorinstanzlichen Hauptverhandlung geschildert, dass H. die Kündigung in seiner Abwesenheit zurückgezogen habe. Der Verein sei vor die Frage gestellt gewesen, ob man ein Vorstandsmitglied diffamieren solle ob man die Angelegenheit intern lösen wolle. Die Vorstandsmitglieder seien bereit gewesen zu sagen: Es war nicht korrekt, was H. getan hat, aber vergessen wir diese Geschichte. (Prot. VI S. 13).
Der Vorstandsbeschluss vom 8. November 2010 ist folglich als Genehmigung zu werten. Davon erhielt H. am 8. November 2010 Kenntnis, weshalb zu diesem Zeitpunkt ein allfälliger Schwebezustand bezüglich des Vertragsschlusses endete. Wie bereits dargelegt, bedurfte die nachträgliche Genehmigung keiner
besonderen Form, weshalb der Beklagte erfolglos darauf hinweist, Vorstandssitzungen seien keine Substitution für eine fehlende Unterschrift (Prot. VI S. 9). Die Genehmigung wirkt ex tunc, so dass zwischen der Klägerin und dem Beklagten am 4./5. November 2010 ein neuer Mietvertrag per 1. Oktober 2010 zustande gekommen ist, welcher den selben Inhalt aufweist wie derjenige zwischen der Klägerin und C. mit den seitherigen Änderungen. Sämtliche Äusserungen des Beklagten, die nach dem 8. November 2010 erfolgten, haben keine Auswirkungen auf den Vertragsschluss. Der Beklagte beruft sich deshalb auch zu Unrecht auf das Schreiben seines Präsidenten Dr. I. vom 14. November 2010 (act. 3/12), wonach H. weder in personeller noch in sachlicher Hinsicht zu den vorgenommenen Handlungen befugt gewesen sei (act. 12 S. 7 sowie Prot. VI S. 6 und S. 7). Ebenso wenig kann der Beklagte etwas aus dem E-Mail seines Vorstandsmitgliedes J. vom 14. November 2010 an den klägerischen Rechtsvertreter zu seinen Gunsten ableiten, wonach der Vorstandsbeschluss vom 8. November 2010 ungültig sei (act. 12 S. 7 mit Hinweis auf act. 3/11 und Prot. S. 6).
Bei der geschilderten Sachund Rechtslage rügt die Klägerin in ihrer Berufungsschrift zu Recht, dass die Vorinstanz Art. 9 OR angewendet und einen Vertragsschluss zwischen den Parteien verneint hat (act. 24 S. 9; vgl. act. 20 S. 10).
Rechtsschutzinteresse, Gegenstandslosigkeit des mietgerichtlichen Verfahrens
Auf eine Klage ist nur einzutreten, soweit ein rechtliches Interesse an ihrer Beurteilung besteht (§ 51 ZPO/ZH). Fällt das Rechtsschutzinteresse weg, so wird der Prozess gegenstandslos (vgl. Frank/Sträuli/Messmer, Kommentar zur zürcherischen Zivilprozessordnung, Zürich 1997, § 65 N 1 und § 188 N 11a).
Die Anfechtung der Kündigung (Art. 271 f. OR) zielt darauf ab, dass die Kündigung aufgehoben wird und das Mietverhältnis fortdauert. Auch ein Erstreckungsbegehren (Art. 272 ff. OR) bezweckt, dass der Mietvertrag während der Dauer der Erstreckung weiterdauert (Art. 272c OR). In beiden Fällen geht es darum, sich einen Rechtstitel zu verschaffen, der zum Verbleib im Mietobjekt berechtigt. Ist ein solcher bereits auf Grund eines neuen Mietvertrages zulässig, so
besteht in der Regel kein Rechtsschutzinteresse an einer Kündigungsanfechtung Mieterstreckung.
Auf Grund der bereits dargelegten Erwägungen ist hier davon auszugehen, dass die Klägerin auf Grund des am 4./5. November 2010 geschlossenen Mietvertrages seit dem 1. Oktober 2010 über das Recht verfügt, die 3-Zimmerwohnung im Erdgeschoss an der D. -Strasse in E. zu bewohnen. Es stellt sich daher die Frage, ob die Klägerin über ein schützenswertes Interesse verfügte, als sie ihre Klage mit Eingabe vom 15. November 2010 beim Mietgericht Winterthur anhängig machte. In diesem Zusammenhang ist zu bemerken, dass der Beklagte den Abschluss eines neuen Mietvertrages stets bestritten hat und nach wie vor in Abrede stellt. Überdies hat die Klägerin zu Recht geltend gemacht, ohne Kenntnis der Statuten des Beklagten und Einsicht in dessen Protokolle sei es ihrem Rechtsvertreter am 15. November 2010 nicht möglich gewesen, die Sachund Rechtslage hinsichtlich des Mietverhältnisses ab 1. Oktober 2010 zu beurteilen (act. 15 S. 5). Zwar hat der Beklagte eingewandt, die Klägerin habe die Protokolle der Vorstandssitzung von Herrn H. erhalten (Prot. VI S. 8). Sie hat jedoch nicht in Abrede gestellt, dass die Klägerin und ihr Rechtsvertreter bei Klageeinleitung die Statuten des Beklagten nicht kannten. Es trifft deshalb zu, dass die Klägerin damals ein Interesse an der Beurteilung ihrer Klage hatte, konnte sie sich doch auf Grund der fehlenden Kenntnis der Statuten des Beklagten keine Meinung darüber bilden, ob zwischen ihr und dem Beklagten ein neuer Mietvertrag zustande gekommen war.
Die Statuten des Beklagten wurden zusammen mit dem Vorstandsprotokoll vom 8. November 2010 mit Eingabe des Beklagten vom 17. März 2011 beim Mietgericht Winterthur eingereicht (vgl. act. 12 S. 7, act. 13/2 und
act. 13/13). Die Klägerin hat diese Eingabe am 21. März 2011 zugestellt erhalten und konnte ab diesem Zeitpunkt auch von den fraglichen Dokumenten Kenntnis nehmen (act. 14 und act. 15 S. 6). Damit ist auch ihr Rechtsschutzinteresse an der Beurteilung ihrer Klage dahingefallen. Demnach wäre die Klage als gegenstandslos geworden abzuschreiben gewesen. Das angefochtene Urteil ist deshalb
aufzuheben und es ist ein neuer Entscheid im Sinne der dargelegten Erwägungen zu fällen (Art. 318 Abs. 1 lit. b ZPO).
Gültigkeit der Kündigung vom 24. Juni 2010
Hinsichtlich des Berufungsantrages der Klägerin, es sei die Kündigung der Beklagten vom 24. Juni 2010 auf den 30. September 2010 als ungültig zu erklären (act. 24 S. 1), mangelt es aufgrund der dargelegten Erwägungen (vgl. Ziffern 5 und 6 hiervor) an der erforderlichen (materiellen) Beschwer. Nur diejenige Person ist zur Erhebung eines Rechtsmittels befugt, die ein (von der Rechtsordnung geschütztes, d.h. schutzwürdiges) Interesse (tatsächlicher rechtlicher Natur) an der Abänderung eines erstinstanzlichen Entscheides besitzt. Dieses Interesse muss zudem aktueller Natur und im Zeitpunkt des Entscheides der Rechtsmittelinstanz noch gegeben sein. Eine formelle Beschwer allein (ohne gleichzeitige materielle Beschwer) vermag kein aktuelles Interesse zu begründen (ZK ZPOReetz, Vorbemerkungen zu den Art. 308-318, N. 30). An einem solchen mangelt es heute, nachdem mit heutigem Entscheid festgehalten wird, dass die Klägerin auf Grund eines neuen Mietvertrages dazu berechtigt ist, im Mietobjekt zu verbleiben. Die selben Überlegungen gelten auch bezüglich des klägerischen Eventualbegehrens, wonach die Kündigung vom 24. Juni 2010 aufzuheben sei. Durch den neu zu fällenden Entscheid (vgl. Ziffer 6.4 hiervor) wird die Berufung in diesen Punkten gegenstandslos, so dass das Verfahren insoweit abzuschreiben ist (Art. 242 ZPO).
Erstreckung des Mietverhältnisses
Ist die Klägerin bereits auf Grund eines neuen Mietvertrages dazu berechtigt, im Mietobjekt zu verbleiben, wovon mit dem heute zu fällenden Entscheid (vgl. Ziffer 6.4 hiervor) hier auszugehen ist, so verfügt sie über kein schützenswertes Interesse an einer (längeren) Erstreckung des (ersten) gekündigten Mietvertrages. Das Berufungsverfahren bezüglich Subeventualantrag der klägerischen Berufung (act. 24 S. 2), gemäss welchem das mit Formular vom 24. Juni 2010 gekündigte Mietverhältnis erstmals um drei Jahre zu erstrecken sei (act. 24 S. 2), ist folglich abzuschreiben (Art. 242 ZPO).
Nachdem das vorinstanzliche Urteil bezüglich der gewährten Erstreckung bis 30. September 2012 ersatzlos aufzuheben ist (vgl. Ziffer 6.4 hiervor), mangelt es an einer Beschwer des Beklagten. Die Anschlussberufung ist in diesem Punkt folglich abzuschreiben (Art. 242 ZPO).
Kostenund Entschädigungsfolgen
Trifft die Rechtsmittelinstanz wie hier einen neuen Entscheid, so entscheidet sie auch über die Prozesskosten des erstinstanzlichen Verfahrens (Art. 318 Abs. 3 ZPO). Dabei ist in der Regel das Verbot der reformatio in peius
zu berücksichtigen, das heisst, die Rechtsmittelklägerin darf nicht schlechter gestellt werden als sie es durch den angefochtenen Entscheid war (ZK ZPOReetz, Vorbemerkungen zu den Art. 308-318, N. 17 und ZK ZPO-Reetz/Hilber, Art. 313
N. 10). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz besteht unter anderem in Fällen, in welchen Anschlussberufung erhoben wurde. Davon ist im Folgenden auszugehen, da der Beklagte Anschlussberufung erklärt und beantragt hat, die Gerichtskosten des erstinstanzlichen Verfahrens der Klägerin in vollem Umfang aufzuerlegen und diese dementsprechend zur Leistung einer (vollen) Prozessentschädigung an ihn zu verpflichten (act. 35 S. 2 und S. 22).
Wird der Prozess gegenstandslos entfällt das rechtliche Interesse an der Klage, entscheidet das Gericht nach Ermessen über die Kostenfolge (§ 65 Abs. 1 ZPO/ZH bzw. Art. 107 Abs. 1 lit. e ZPO). Dabei ist unter anderem zu berücksichtigen, wer die Gegenstandslosigkeit veranlasst hat, welche Partei vermutlich obsiegt hätte welche Partei das gegenstandslos gewordene Verfahren veranlasst hat (Frank/Sträuli/Messmer, a.a.O., § 65 N 1 und ZK ZPO-Jenny,
Art. 107 N 16 mit Hinweis auf Botschaft ZPO, S. 7297). Diese Kriterien sind nicht abschliessend zu verstehen und es besteht keine bestimmte Rangordnung zwischen ihnen. Sie brauchen auch nicht stets kumulativ geprüft zu werden. Vielmehr ist die vom Gesetz angestrebte angemessene Lösung je nach den konkreten Umständen des Einzelfalles zu treffen (vgl. zur ZPO/ZH Kass-Nr. AA060040 vom
15. Mai 2006 mit zahlreichen Hinweisen).
Die Klägerin hat das vorinstanzliche Verfahren und das Berufungsverfahren eingeleitet (vgl. act. 1 und act. 24). Aufgrund des Umstands, dass der Beklagte bis zum heutigen Zeitpunkt das Bestehen eines (neuen) Mietverhältnisses in Abrede stellte, sah sie sich jedoch in guten Treuen zur Prozessführung veranlasst. Des weiteren ist zu berücksichtigen, dass der zwischen den Parteien ausgetragene Streit zu einem grossen Teil die Frage der Gegenstandslosigkeit des Verfahrens beschlug. Diesen hat die Klägerin gewonnen. Überdies ist der Beklagte mit seiner Anschlussberufung bezüglich der Prozessentschädigung unterlegen. Es erscheint deshalb gerechtfertigt, die Kosten beider Instanzen dem Beklagten aufzuerlegen. Dementsprechend ist er zu verpflichten, der Klägerin für das erstinstanzliche Verfahren eine Prozessentschädigung (§ 68 Abs. 1 ZPO/ZH) und für das zweitinstanzliche Verfahren eine Parteientschädigung (Art. 106 Abs. 2 und Art. 107 Abs. 1 lit. e in Verbindung mit Art. 95 Abs. 1 lit. b ZPO) zu bezahlen. Einen Ersatz der Mehrwertsteuer hat die Klägerin nicht verlangt (vgl. act. 1, act. 15, Prot. S. 5 und S. 15 sowie act. 24), weshalb ihr auch kein solcher zuzusprechen ist (vgl. ZR 104 Nr. 76).
Die Gerichtsgebühr für das erstinstanzliche Verfahren ist in Anwendung von
§ 4 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit § 7 der Verordnung des Obergerichts über die Gerichtsgebühren vom 4. April 2007 auf Fr. 1'600.-festzusetzen (vgl. § 23 GebV OG). Unter Berücksichtigung von § 3 Abs. 1, 2 und 4 der Verordnung des Obergerichts über die Anwaltsgebühren vom 21. Juni 2006 (vgl. § 25 AnwGebV) erscheint ein Betrag von Fr. 3'000.-als Prozessentschädigung für das erstinstanzliche Verfahren angemessen.
Bei der Festlegung der zweitinstanzlichen Entscheidgebühr ist zu beachten, dass sich die Berufung und Anschlussberufung gegenseitig ausschliessen, weshalb keine Streitwerte zusammenzurechnen sind (Art. 94 Abs. 1 ZPO). In Anwendung von § 4 Abs. 1 und 3 in Verbindung mit § 7 lit. a sowie § 12 Abs. 1 und 2 GebV OG erscheint eine Gebühr von Fr. 2'000.-als angemessen. Die Parteientschädigung für das zweitinstanzliche Verfahren ist nach Massgabe von § 4
Abs. 1, 2 und 3 in Verbindung mit § 13 Abs. 1 AnwGebV auf Fr. 2'500.-festzusetzen.
Ziffern 3, 4a und 4b der Berufung der Klägerin werden abgeschrieben.
Ziffer 2a der Anschlussberufung des Beklagten wird abgeschrieben.
Schriftliche Mitteilung und Rechtsmittel gemäss nachfolgendem Erkenntnis.
Es wird festgestellt, dass zwischen den Parteien am 4./5. November 2010 ein Mietvertrag per 1. Oktober 2010 geschlossen wurde, welcher den selben Inhalt aufweist wie derjenige zwischen der Klägerin und C. samt seitherigen Änderungen, und demzufolge wird das Verfahren abgeschrieben.
Die Gerichtskosten für das erstinstanzliche Verfahren werden auf Fr. 1'600.-festgesetzt und dem Beklagten auferlegt.
Der Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin für das erstinstanzliche Verfahren eine Prozessentschädigung von Fr. 3'000.-zu bezahlen.
Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 2'000.-festgesetzt und dem Beklagten auferlegt und mit dem von der Klägerin geleisteten Kostenvorschuss verrechnet. Der Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin diesen Betrag zu ersetzen.
Der Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin für das zweitinstanzliche Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 2'500.-zu bezahlen.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an die Klägerin unter Zustellung eines Doppels von act. 35, sowie an das Mietgericht Winterthur, je gegen Empfangsschein.
Nach unbenutztem Ablauf der Rechtsmittelfrist gehen die erstinstanzlichen Akten an die Vorinstanz zurück.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.
Es handelt sich um eine arbeitsrechtliche mietrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 28'140.--.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Die Präsidentin:
lic. iur. A. Katzenstein
Die Gerichtsschreiberin:
lic. iur. F. Gohl Zschokke
versandt am:
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
Hier geht es zurück zur Suchmaschine.