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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Zusammenfassung des Urteils NE140010: Obergericht des Kantons Zürich

Es handelt sich um einen Gerichtsfall vor dem Obergericht des Kantons Zürich, bei dem es um eine Forderung zwischen einer Versicherungsgesellschaft und einem Versicherungsnehmer aus den USA geht. Der Kläger forderte ursprünglich CHF 13'600, reduzierte aber später auf CHF 12'386.40. Das Gericht entschied zugunsten des Klägers in Höhe von CHF 10'000. Die Beklagte erhob Berufung, die schliesslich teilweise erfolgreich war, da die Klage im Betrag über CHF 10'000 abgewiesen wurde. Die Gerichtskosten und die Parteientschädigung wurden entsprechend verteilt.

Urteilsdetails des Kantongerichts NE140010

Kanton:ZH
Fallnummer:NE140010
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid NE140010 vom 19.05.2015 (ZH)
Datum:19.05.2015
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Forderung
Schlagwörter : Vorinstanz; Forderung; Berufung; Beklagten; Verjährung; Klage; Klägers; Heirat; Betrag; Schuld; Verfahren; Versicherungssumme; Recht; Parteien; Urteil; Schweiz; Police; Entscheid; Höhe; Schuldner; Zahlung; Reduktion; Verrechnung; Anerkennung; Abteilung; Mehrwertsteuer; Policen; Versicherungsnehmer
Rechtsnorm:Art. 135 OR ;Art. 145 IPRG ;Art. 148 IPRG ;Art. 167 OR ;Art. 404 ZPO ;Art. 405 ZPO ;Art. 46 VVG ;Art. 90 BGG ;
Referenz BGE:57 II 583;
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts NE140010

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer

Geschäfts-Nr.: NE140010-O/U

Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. A. Katzenstein, Vorsitzende, Oberrichterin

lic. iur. E. Lichti Aschwanden und Oberrichter lic. iur. et phil. D. Glur sowie Gerichtsschreiber lic. iur. M. Hinden

Beschluss und Urteil vom 19. Mai 2015

in Sachen

  1. AG,

    Beklagte und Berufungsklägerin

    vertreten durch Rechtsanwältin Prof. Dr. iur. X1. vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X2.

    gegen

  2. ,

Kläger und Berufungsbeklagter

vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Y.

betreffend Forderung

Berufung gegen ein Urteil der 8. Abteilung des Bezirksgerichtes Zürich vom

  1. September 2014; Proz. FO060567

    Rechtsbegehren:

    des Klägers (act. 2):

    1. Die Beklagte sei zu verpflichten, dem Kläger Fr. 13'600.-zuzüglich Zins zu 5% seit 22. April 2003 sowie Weisungskosten von Fr. 345.00 zu bezahlen.

    2. Unter Kostenund Entschädigungsfolgen zu Lasten der Beklagten.

der Beklagten (act. 41):

  1. Die Klage sei vollumfänglich abzuweisen.

  2. C. , ... [Adresse], England sowie der D. AG, c/o E. , ..., sei der Streit zu verkünden.

  3. Alles unter Kostenund Entschädigungsfolgen zuzüglich Mehrwertsteuer zulasten des Klägers.

Urteil des Bez irksgerichtes Zürich, 8. Abteilung, vom 18. September 2014 (act. 96 = act. 106):
  1. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger Fr. 10'000.00 zuzüglich Zins von 5% seit 22. Juli 2006 sowie Fr. 280.00 Weisungskosten zu bezahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

  2. Die Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf: Fr. 4'100.00 (Pauschalgebühr). Allfällige weitere Auslagen bleiben vorbehalten.

  3. Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger zu 1/5 und der Beklagten zu 4/5 auferlegt.

  4. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger eine Prozessentschädigung von Fr. 4'320.00 zu bezahlen.

    5.-7. Mitteilungen und Rechtsmittel

    Berufungsanträge:

    der Beklagten und Berufungsklägerin (act. 103):

    1. In Abänderung von Dispositiv Ziff. 1 des Urteils des Bezirksgerichts Zürich, 8. Abteilung, vom 18. September 2014 (FO060567L/U) sei die Klage vollumfänglich abzuweisen.

    2. Unter Kosten und Entschädigungsfolgen zzgl. Mehrwertsteuer zulasten des Appellaten/Klägers.

des Klägers und Berufungsbeklagten (act. 120):

Die Berufung der Berufungsklägerin vom 28. November 2014 ist vollumfänglich abzuweisen.

Alles unter Kostenund Entschädigungsfolgen zu Lasten der Berufungsklägerin.

Erwägungen:

I.

  1. Zum Hintergrund der vorliegenden Auseinandersetzung wird nachfolgend aus der Einleitung des vorinstanzlichen Entscheides zitiert (act. 106 S. 2 f.):

    Von 1989 bis Mitte 1995 bot die F. Lebensversicherungs-Gesellschaft mit Sitz in Lausanne im Rahmen der Policen H1. und H2. gemischte Lebensversicherungen (Erlebnisfall-Kapital und Todesfallrisiko) als GrundVersicherung kombiniert mit einer Heiratszusatzversicherung an. Bei H2. war das Leben eines Elternteils und dasjenige eines Kindes mitversichert. Bei H1. war allein das Kind versichert. Die Besonderheit der Zusatzversicherung bestand darin, dass die Erlebnisfall-Summe vorzeitig ausbezahlt wurde, falls das versicherte bzw. mitversicherte Kind vor Ablauf der Versicherungsdauer heiratete.

    Verträge mit Heiratszusatzversicherung wurden überwiegend von orthodoxen Juden mit Wohnsitz ausserhalb der Schweiz, vor allem in den USA und in Israel, abgeschlossen, wobei grösstenteils die Police H1. gewählt wurde. Im Juni

    1995 stellte die F. Lebensversicherungs-Gesellschaft (nachfolgend

    F. ) den Abschluss dieser Versicherungsverträge ein, weil sich die Prämienberechnungen als falsch erwiesen. Der Grund für die Fehlkalkulation scheint darin zu liegen, dass die F. das Heiratsrisiko einerseits aufgrund von schweizerischen Heiratswahrscheinlichkeitstabellen und andererseits anhand von Angaben der ... Bank unrichtig berechnet hatte. Diese Daten erwiesen sich deshalb als nicht repräsentativ, weil das Heiratsverhalten der darin (mit)erfassten Hauptbevölkerungsgruppen erheblich von demjenigen der sich traditionell früh verehelichenden orthodoxen Juden in den USA und in Israel abweicht. Zudem scheint die F. den Problemen der Antiselektion (der Versicherungsnehmer verfügt über mehr versicherungsrelevante Informationen als der Versicherer) und des moral hazard (durch den Risikoschutz begründete Verhaltensänderungen des Versicherungsnehmers) keine ungenügende Beachtung geschenkt zu haben.

    Ab Januar 1991 waren diese Policen mit einer Zusatzklausel versehen, wonach die Versicherungssumme im Heiratsfalle gekürzt werde, wenn die Heirat vor einem bestimmten Alter stattfindet.

  2. Am 6. Juli 1995 wurde für den in den Vereinigten Staaten ansässigen und am tt. November 1983 geborenen Kläger als Policenhalter und versicherte Person bei der F. (nachfolgend als Beklagte bezeichnet) eine der erwähnten Versicherungen abgeschlossen (Policen-Nr. ...). Gemäss Police erhoben die Parteien zudem die Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) zum Bestandteil des Versicherungsvertrags (act. 20/152 in Verbindung mit act. 42/46-47).

Vertragsbeginn war der 18. Mai 1994 und die vorgesehene maximale Vertragszeit dauerte bis am 18. Mai 2010. Die jährliche Prämie betrug Fr. 6'887.40 und war jeweils auf den 1. Mai jedes Jahres und damit im Voraus für das folgende Versicherungsjahr fällig. Die in englischer Sprache abgefasste Police des Klägers enthielt weiter die bereits erwähnte Heiratsklausel (act. 20/152).

Am tt. April 2002 heiratete der Kläger G. (act. 20/154), womit der Versicherungsfall eingetreten war. Am 22. April 2003 liess die Beklagte dem Kläger einen

Zahlungsauftrag zukommen, mit dem sie ihm bekannt gab, das versicherte Kapital betrage Fr. 90'000.-. Nach Verrechnung mit Prämien und Zinsen überwies die Beklagte Fr. 54'915.25 an den Kläger (20/155, act. 19 S. 78 f., act. 41 S. 72 f.).

In der Folge kam es zwischen dem Kläger (sowie diversen anderen Versicherungsnehmern mit identischen Heiratspolicen) und der Beklagten zu Differenzen hinsichtlich der Versicherungssumme, der Höhe der verrechneten Zinsen, der Höhe des erhobenen Zinsfusses, des Zinsenlaufes und der Gebühren.

II.

1. Am 13. November 2006 machte der Kläger mit unbegründeter Eingabe vom

10. November 2006 und Einreichung der Weisung vom 15. September 2006 die eingangs genannte Klage bei der Vorinstanz anhängig und ersuchte um die Vorladung zur Hauptverhandlung. Die Vorinstanz ordnete das schriftliche Verfahren an. Am 24. September 2007 erstattete der Kläger die Klagebegründung, in der er seine Forderung auf den Betrag von CHF 12'386.40 reduzierte (act. 19 S. 2). Mit der Klageantwort vom 2. Juni 2008 stellte die Beklagte die eingangs genannten Anträge auf Abweisung der Klage (act. 41). Die Replik erging unter dem 2. März 2009, die Duplik unter dem 18. Dezember 2009. Am 4. Februar 2010 erfolgte eine unaufgeforderte Stellungnahme des Klägers (act. 79), am 15. Februar 2010 eine der Beklagten (act. 81). Zwei weitere unaufgeforderte Stellungnahmen der Beklagten ergingen am 6. Februar 2013 (act. 86) und am 19. September 2013

(act. 88).

Mit Verfügung vom 25. Januar 2011 hatte die Vorinstanz das Verfahren sistiert bis zum Abschluss eines Parallelverfahrens zwischen der Beklagten und einem anderen Versicherungsnehmer als Kläger, das von der Vorinstanz als Pilotprozess behandelt wurde (act. 83). Nachdem das Obergericht am 2. November 2011 (Geschäft Nr. LB110031) und das Bundesgericht am 24. Mai 2012 (Verfahren 4D_1/2012) entschieden hatten, nahm die Vorinstanz das vorliegende Verfahren wieder auf und fällte am 18. September 2014 das Urteil (act. 96).

Für weitere Einzelheiten der vorinstanzlichen Prozessgeschichte wird auf die Darstellung im angefochtenen Entscheid (act. 106 S. 5 f.) sowie auf die Akten und das Protokoll der Vorinstanz verwiesen.

  1. Das vorinstanzliche Urteil wurde der Beklagten am 30. Oktober 2014 zugestellt (act. 100). Am 28. November 2014 erhob die Beklagte rechtzeitig Berufung mit den eingangs genannten Anträgen (act. 103). Nachdem die Beklagte die Gerichtskosten des Berufungsverfahrens mit einstweilen CHF 2'000.00 sichergestellt hatte (act. 107 und 109), wurde der im Ausland wohnhafte und damals nicht anwaltlich vertretene Kläger mit Verfügung vom 16. Dezember 2014 zur Bezeichnung eines Zustellempfängers in der Schweiz aufgefordert und es wurde ihm die Frist zur Beantwortung der Berufung angesetzt (act. 110). Die rechtshilfeweise Zustellung dieser Verfügung an den Kläger scheiterte, weil er an der angegebenen Adresse nicht bekannt war (act. 112/1 und 2). Daraufhin wurden ihm die beiden erwähnten Fristen mit Verfügung vom 16. Februar 2015 erneut eröffnet (act. 113). Die Zustellung erfolgte am 20. Februar 2015 durch Publikation im Amtsblatt (act. 114; Art. 141 Abs. 1 lit. a ZPO). Mit Eingabe vom 18. März 2015 meldete sich der neue Vertreter des Klägers bei der Kammer (act. 117) und erstattete am 23. März 2015 innert der gesetzten Frist die Berufungsantwort mit den eingangs genannten Anträgen (act. 120). Die Adresse des Klägers ist im Rubrum gemäss den Angaben seines Vertreters zu berichtigen. Das Verfahren ist spruchreif. Die letzten Eingaben des klägerischen Vertreters sind der Beklagten mit dem Endentscheid zuzustellen.

  2. Das vorinstanzliche Verfahren wurde im Jahr 2006 und damit vor Inkrafttreten der Schweizerischen Zivilprozessordnung am 1. Januar 2011 anhängig gemacht. Deshalb führte die Vorinstanz ihr Verfahren nach der alten kantonalzürcherischen Zivilprozessordnung durch (Art. 404 Abs. 1 ZPO). Da der angefochtene Entscheid nach Inkrafttreten der Schweizerischen Zivilprozessordnung eröffnet wurde, kommt hingegen im Rechtsmittelverfahren die Schweizerische Zivilprozessordnung zur Anwendung (Art. 405 Abs. 1 ZPO).

  3. Bei Einleitung des Verfahrens hatte der Kläger die Bezahlung von CHF 13'600.00 verlangt und diesen Betrag in der Klagebegründung auf CHF 12'386.40

reduziert, was einen teilweisen Klagerückzug darstellt, wobei es die Vorinstanz unterliess, davon Vormerk zu nehmen. Die Vorinstanz sprach dem Kläger CHF 10'000.00 zuzüglich Zins und Weisungskosten zu und wies die Klage im Übrigen ab. Die Beklagte verlangt mit der Berufung die vollumfängliche Abweisung der Klage. Der Kläger beantragt die Abweisung der Berufung, verzichtet jedoch auf die Erhebung einer Anschlussberufung. Damit ist die Abweisung der Klage im den Betrag von CHF 10'000.00 übersteigenden Umfang rechtskräftig geworden. Das gleiche gilt für die Bemessung der erstinstanzlichen Gerichtsgebühr. Dies ist vorab festzustellen.

III.

  1. Zu beurteilen ist ein Vertragsverhältnis zwischen einer Versicherungsgesellschaft mit Sitz in der Schweiz und einem Versicherungsnehmer mit Wohnsitz in den USA. Die Parteien und die Vorinstanz gehen zutreffend davon aus, dass das Schweizerische Recht zur Anwendung kommt (act. 106 S. 9). Das gilt insbesondere auch für die Voraussetzungen für den Übergang einer Forderung, was im Zusammenhang mit der Aktivlegitimation von Bedeutung ist (Art. 145 Abs. 2 IPRG; vgl. unten 2), und für die Verjährung (Art. 148 Abs. 1 IPRG; vgl. unten 3 ff.).

  2. Die Beklagte bestreitet das Rechtsschutzinteresse und die Aktivlegitimation des Klägers (act. 103 S. 8 ff.). Zur Begründung verweist sie auf eine Noveneingabe vom 10. September 2013 (act. 88) an die Vorinstanz. Die Vorinstanz hatte diesen Einwand unter Hinweis auf das Vorliegen einer gültigen Vollmacht (act. 3) verworfen (act. 106 S. 9 f. E. 5).

    Der neue Anwalt des Klägers reichte im Berufungsverfahren eine neue, vom Kläger selbst unterzeichnete Vollmacht ein (act. 116). Da die Berufung wegen Verjährung der Forderung ohnehin gutzuheissen ist (vgl. unten), erübrigt es sich, die Beklagte, welche davon noch keine Kenntnis hat, dazu anzuhören, ob sie unter diesen Umständen an ihrem Einwand festhält.

    Dem Einwand der fehlenden Aktivlegitimation ist ferner entgegen zu halten, dass eine Zession notifiziert werden muss, um gegenüber dem Schuldner Wirkung zu

    entfalten, was vorliegend unbestrittenermassen nicht geschah, so dass sich die Beklagte durch Zahlung an den Kläger gültig befreien könnte (Art. 167 OR).

  3. Zur Verjährung hatte der Kläger in der Klagebegründung vorsorglich auf eine Erklärung der Beklagten vom 1. April 2005 verwiesen, mit welcher die Beklagte

    für den Fall, dass die Forderung nicht bereits verjährt war, bis zum 1. April 2007 auf die Einrede der Verjährung verzichtete (act. 19 S. 4 Ziff. I.2). Dagegen wendete die Beklagte in der Klageantwort ein, die Fälligkeit der Forderung sei mit der Heirat des Klägers am tt. April 2002 eingetreten. Da die Verjährungsfrist für Ansprüche aus einem Versicherungsvertrag nach Art. 46 VVG zwei Jahre betrage, sei die Forderung bei Ausstellung der Verjährungsverzichtserklärung vom 1. April 2005 bzw. einer früheren Verjährungsverzichtserklärung vom 7. Mai 2004 mit Wirkung bis 31. Mai 2005 (act. 42/50) bereits verjährt gewesen (act. 41 S. 44 ff.).

    In der Replik machte der Kläger geltend, die Beklagte habe die Verjährung mit der Zustellung eines Zahlungsauftrags für Versicherungsleistungen am 24. April 2003 unterbrochen (vgl. act. 105/9). Dieses auf dem Begleitschreiben von einer Mitarbeiterin der Beklagten unterzeichnete - Dokument stelle eine Schuldanerkennung mit verjährungsunterbrechender Wirkung i.S. von Art. 135 Ziff. 1 OR dar (act. 57

    S. 7 ff.).

    Die Vorinstanz ist der Auffassung des Klägers gefolgt (act. 106 S. 10 f.). Dagegen wendet sich die Beklagte mit der Berufung (act. 103 S. 10 ff.).

  4. Der vom Kläger angerufene Zahlungsauftrag für Versicherungsleistungen vom 22. April 2003 (das Begleitschreiben datiert vom 24. April 2003) enthält die folgende Aufstellung (act. 105/9 S. 3):

    Die Vorinstanz erwog, mit dieser Rechnung habe die Beklagte zumindest konkludent auch anerkannt, dem Kläger ursprünglich CHF 90'000.00 geschuldet zu haben (act. 106 S. 11). Demnach sei die Verjährung bei Ausstellung dieses Dokuments am 9. Juli 2003 innert der zweijährigen Verjährungsfrist unterbrochen worden und habe erneut zu laufen begonnen mit der Folge, dass sie bei Ausstellung der Verjährungsverzichtserklärung am 1. April 2005 noch nicht verjährt gewesen sei.

  5. Der Streit der Parteien dreht sich darum, welche Zahl am Anfang dieser Rechnung steht, die übrigen Positionen und die einzelnen Rechenoperationen sind unbestritten. Der Kläger macht geltend, es sei nicht von CHF 90'000 sondern von CHF 100'000 auszugehen.

    Diese Differenz rührt daher, dass die Beklagte von der vertraglichen Versicherungssumme von CHF 100'000 einen Abzug um 10% vornimmt, weil der Versicherungsfall (die Heirat des Klägers) vor dem 19. Geburtstag eingetreten war. Dabei stützt sich die Beklagte auf eine Klausel, welche eine solche Reduktion vorsieht in case of marriage before having reached one's nineteenth year. Die Parteien streiten sich darüber, ob mit dieser Formulierung der Beginn die Vollendung des 19. Lebensjahres gemeint ist.

    Die Vorinstanz hatte erwogen, dass die vom Kläger vertretene Auffassung zutreffe, nämlich dass damit der 18. (und nicht der 19.) Geburtstag gemeint sei, so dass wenn die Heirat, wie im vorliegenden Fall, zwischen diesen beiden Daten stattfand, keine Reduktion vorzunehmen sei (act. 106 S. 34 ff. E. 2.3.4 und S. 37

    E. 2.4). Damit ist die Beklagte nicht einverstanden (act. 103 S. 22 ff.). Da die Klage wegen Verjährung ohnehin abzuweisen ist, erübrigt es sich, darauf einzugehen.

  6. Die Vorinstanz schreibt, als Anerkennungshandlung des Schuldners mit verjährungsunterbrechender Wirkung komme auch eine vorbehaltlose Verrechnungserklärung mit einer Gegenforderung in Frage, denn damit anerkenne der Schuldner den Bestand der Forderung (act. 106 S. 10 f. E. 6.2 m.H. auf Berti, ZK, OR 135 N 35).

    Das trifft zu. Wichtig ist allerdings die Einschränkung, dass die Erklärung vorbehaltlos sein muss, damit sie diese umfassende Wirkung hat, oder, wie die Beklagte unter Verweis auf die vom erwähnten Autor zitierte Lehre anführt, sofern der Schuldner zu erkennen gibt, dass er mit der Verrechnung die Hauptforderung für nicht vollständig getilgt halte (act. 103 S. 12 Ziff. 26 m.w.H.).

    Die Auffassung der Vorinstanz, mit der oben angeführten Aufstellung habe die Beklagte eine Forderung von CHF 90'000 anerkannt und damit die Verjährung unterbrochen (act. 106 S. 11), ist zwar richtig, beantwortet aber die gestellte Frage nicht, da dieser Betrag durch Verrechnung und Zahlung getilgt wurde, während die Forderung, die Gegenstand dieses Prozesses ist, nämlich die Reduktion der Versicherungssumme um 10%, nicht Teil dieser Aufstellung war und somit von dieser Erklärung nicht erfasst wurde (act. 103 S. 18 ff.).

  7. Der Streit über den Umfang der verjährungsunterbrechenden Wirkung der Anerkennung beschlägt die Frage der Bestimmtheit der Schuldanerkennung. Eine Bezifferung ist zwar nicht nötig. Erfolgt eine solche jedoch, setzt die Schuldnerin damit die obere Grenze ihres Anerkennungswillens, wie ein auch vom Kläger zitierter Autor festhält (Berti, ZK, Art. 135 OR N 18).

  1. Der Kläger beruft sich für seinen Standpunkt auf Entscheide, wonach Anerkennungshandlungen die Verjährung für die ganze Forderung unterbrechen, ohne dass sich die Anerkennung auf einen bestimmten Betrag beziehen müsse. Für eine verjährungsunterbrechende Wirkung genüge die dem Gläubiger erklärte Bereitschaft, für den Fall des Bestehens einer unbestimmten, aber bestimmbaren (Rest-) Forderung diese zu begleichen (act. 102 S. 10 Ziff. 27).

    Die Entscheide, welche der Kläger anführt, betreffen Konstellationen, in denen die Höhe der Forderung noch nicht feststeht. Dann wird die Verjährung für die ganze Forderung unterbrochen, wenn etwa Akontozahlungen (im Unterschied zu Saldozahlungen) geleistet werden, wie im vom Kläger zitierten handelsgerichtlichen Entscheid HG100244. Das ist typisch für Schadenersatzansprüche, deren Höhe oft nicht von Anfang an feststeht.

    Der vorliegende Fall ist anders gelagert. Es geht um einen vertraglichen Anspruch, dessen Höhe in den Augen beider Parteien bei Eintritt des Versicherungsfalls grundsätzlich bestimmbar war, auch wenn sie sich darüber nicht einig waren.

  2. Die Schuldanerkennung ist eine einseitige Erklärung einer Partei. Ein Konsens ist daher nicht nötig, sondern es kommt allein darauf an, wie die Erklärung vom Schuldner gemeint war und wie sie vom Gläubiger verstanden wurde nach Treu und Glauben zu verstehen war. Darauf, ob die Reduktion um 10% widerrechtlich erfolgte, wie der Kläger vor Vorinstanz in diesem Zusammenhang geltend machte (act. 57 S. 8 Rz 13), kommt es daher nicht an, und eine Begrün- dung für die Reduktion war nicht erforderlich. Es genügt, dass ersichtlich war, dass die Beklagte eine solche Reduktion vornimmt.

    Aus der in der Lehre gezogenen Unterscheidung zwischen Willensund Wissenserklärung kann der Kläger ebenfalls nichts zu seinen Gunsten ableiten, da nach der zitierten Rechtsprechung eine verjährungsunterbrechende Wirkung auf alle Fälle nur eintritt, falls sich aus der entsprechenden Erklärung unzweideutig ergibt, dass sich der Schuldner als rechtlich verpflichtet erachtet (BGE 57 II 583), was bei einer bezifferten Erklärung nur im genannten Umfang zutrifft.

  3. Der Kläger rügt, die Vorinstanz sei fälschlicherweise von einer Versicherungssumme von CHF 90'000 ausgegangen, was eine aktenwidrige Tatsachenfeststellung sei (act. 120 S. 9 Ziff. 25). Die Beklagte habe mit diesem Dokument ihr Wissen über die grundsätzliche Schuldpflicht bezüglich der Versicherungssumme von CHF 100'000 zum Ausdruck gebracht (act. 120 S. 11 Ziff. 29).

    Der Betrag von CHF 100'000 wird zwar weiter oben auf dem selben Dokument neben der Policennummer und weiteren Angaben als Versicherungssumme erwähnt. Dabei handelt es sich jedoch um eine Wiedergabe der Eckdaten, welche der Identifikation des Vertragsverhältnisses dient. Dass sich die Beklagte damit zu nichts verpflichten wollte, zeigt der Vergleich mit der nachfolgenden Rechnung: Hätte die Beklagte mit der Erwähnung der Versicherungssumme von CHF 100'000 eine Forderung in dieser Höhe anerkennen wollen, hätte sie diesen Betrag auch in der anschliessenden Rechnung eingesetzt.

    Daraus, dass die Vorinstanz den Betrag von CHF 90'000 als Versicherungssumme bezeichnete, während die Beklagte diesen Begriff für den Betrag von CHF 100'000 verwendete (vgl. act. 120 S. 9 Ziff. 25), kann der Kläger nichts ableiten, denn die Vorinstanz verwechselte vielleicht die Begriffe, aber nicht die Zahlen und relevant ist ohnehin der Wortlaut der Erklärung der Beklagten und nicht eine allenfalls ungenaue Terminologie der Vorinstanz.

  4. Der Kläger hält dafür, die Beklagte sei aufgrund einer (falschen) Abrechnung zum Schluss gekommen, dass sie mindestens CHF 54'915.25 schulde (act. 120

S. 9 Ziff. 23). Das Wort 'mindestens' findet sich in der Erklärung der Beklagten

nirgends, sondern wurde vom Kläger ergänzt. Wie der Kläger darauf kommt, die Beklagte sei bei ihrer Kalkulation davon ausgegangen, dass sie eigentlich eine Schuld von CHF 100'000 habe, wird von ihm nicht begründet und ist unerfindlich. Dass die Beklagte zum Ausdruck gebracht habe, dass sie die Versicherungssumme (CHF 100'000) abzüglich der Darlehensforderung auszahlen würde (act. 120 S. 9 Ziff. 23), lässt sich daraus nicht ableiten.

Aufgrund des Dokuments Zahlungsauftrag für Versicherungsleistungen vom

22. April 2003 (act. 105/9 S. 3), auf das sich der Kläger für die Unterbrechung der Verjährung beruft, war unübersehbar, dass sich der Anerkennungswille der Beklagten auf den Betrag von CHF 90'000 beschränkte und dass die ausgehend davon errechnete Auszahlung von CHF 54'915.25 den Charakter einer Saldozahlung hatte. Die Beklagte gab damit zu erkennen, dass (vorbehältlich der Berechtigung der zur Verrechnung gebrachten Gegenforderung, gegen die der Kläger jedoch nichts einwendet) ihrer Ansicht nach keine weitere Forderung bestand.

Es liegt kein Fehler im Sinne eines Versehens Irrtums vor, sondern der Kläger ist mit der Erklärung nicht einverstanden, wie sie von der Beklagten gemeint war. Damit kommt er jedoch zu spät. Er hätte damals etwas unternehmen müssen, um die Verjährung für den übersteigenden Teil der Forderung zu unterbrechen, und durfte sich für diesen Teil seiner Forderung nicht auf die verjährungsunterbrechende Wirkung dieser Erklärung verlassen.

Die zweijährige Verjährungsfrist i.S. von Art. 46 Abs. 1 VVG hatte mit der Heirat am tt. April 2002 begonnen und wurde demnach für diesen Teil der Forderung nicht unterbrochen. Bei Ausstellung der Verjährungseinredeverzichtserklärungen vom 7. Mai 2004 und vom 1. April 2005 war die Verjährung daher in diesem Umfang bereits eingetreten. Ob überhaupt eine Forderung bestand bzw. ob die Reduktion der Versicherungsleistungen um 10% berechtigt war, kann offen bleiben.

8. Die Forderung des Klägers ist im den Betrag von CHF 90'000 übersteigenden Umfang verjährt, während sie in jener Höhe durch Zahlung und Verrechnung untergegangen ist. Die Berufung ist gutzuheissen und die Klage abzuweisen.

IV.

Ausgangsgemäss trägt der Kläger die Gerichtskosten beider Instanzen und hat der Beklagten für beide Verfahren eine Parteientschädigung zu bezahlen. Die Bemessung der vorinstanzlichen Kosten und der Parteientschädigung wurde nicht beanstandet. Aus der Begründung geht hervor, dass die Vorinstanz von einer vollen Entschädigung von CHF 5'000 ohne Mehrwertsteuer ausging (act. 106 S. 53).

Es wird beschlossen:
  1. Es wird festgestellt, dass der letzte Satz von Dispositiv-Ziffer 1 (Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.) sowie Dispositiv-Ziffer 2 (Gerichtsgebühr) des Urteils des Bezirksgerichts Zürich, 8. Abteilung, vom 18. September 2014 rechtskräftig geworden sind.

  2. Schriftliche Mitteilung mit dem nachfolgenden Erkenntnis.

Es wird erkannt:
  1. In Gutheissung der Berufung der Beklagten wird Dispositiv-Ziffer 1 (Satz 1) des Urteils des Bezirksgerichtes Zürich, 8. Abteilung, vom 18. September 2014 aufgehoben und die Klage auch in diesem Umfang abgewiesen.

  2. Die erstinstanzlichen Gerichtskosten werden dem Kläger auferlegt.

  3. Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf CHF 2'000.00 festgesetzt.

  4. Die zweitinstanzlichen Gerichtskosten werden dem Kläger auferlegt und aus dem von der Beklagten geleisteten Kostenvorschuss bezogen. Der Kläger wird verpflichtet, der Beklagten den Betrag von CHF 2'000.00 zu ersetzen.

  5. Der Kläger wird verpflichtet, der Beklagten eine Parteientschädigung von CHF 5'400.00 (Mehrwertsteuer eingeschlossen) für das erstinstanzliche Verfahren und von CHF 2'700.00 (Mehrwertsteuer eingeschlossen) für das Berufungsverfahren zu bezahlen.

  6. Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an die Beklagte unter Beilage je eines Doppel von act. 117 und von act. 120, sowie an das Bezirksgericht Zürich und an die Obergerichtskasse, je gegen Empfangsschein.

    Nach unbenutztem Ablauf der Rechtsmittelfrist gehen die erstinstanzlichen Akten an die Vorinstanz zurück.

  7. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.

Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt CHF 10'000.00.

Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer

Die Vorsitzende:

lic. iur. A. Katzenstein

Der Gerichtsschreiber:

lic. iur. M. Hinden

versandt am:

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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