Kanton: | ZH |
Fallnummer: | NE130012 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | I. Zivilkammer |
Datum: | 04.07.2014 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | negative Feststellungsklage (Nichteintreten) |
Zusammenfassung : | Die Klägerinnen, eine gemeinnützige Stiftung und eine GmbH & Co. KG, haben Klage gegen die Konkursmasse einer Investmentbank eingereicht, um feststellen zu lassen, dass sie keine Schulden aus bestimmten Derivatgeschäften haben. Das Gericht trat jedoch nicht auf die Klage ein und setzte die Gerichtskosten auf CHF 100'000 fest. Die Klägerinnen legten Berufung ein, die jedoch abgewiesen wurde. Die Gerichtskosten wurden auf die Klägerinnen aufgeteilt, wobei die Beklagte keine Parteientschädigung erhielt. Der Richter war männlich. |
Schlagwörter : | Gericht; Klägerinnen; Gerichtsstand; LugÜ; Gerichtsstands; Recht; Beklagten; Klage; Gerichte; Agreement; Berufung; Parteien; Streit; Zuständigkeit; Verfahren; Gerichtsstandsvereinbarung; Konkurs; Master; Gerichtsstandsklausel; Klagen; Vorinstanz; Kollokation; Entscheid; Streitwert; Schweiz; State; Gebühr; Feststellungsklage |
Rechtsnorm: | Art. 106 ZPO ; Art. 29 MWSTG ; Art. 317 ZPO ; Art. 5 IPRG ; Art. 90 BGG ; Art. 93 ZPO ; Art. 96 ZPO ; Art. 98 ZPO ; |
Referenz BGE: | 120 Ia 174; 123 III 422; 128 I 52; 130 III 228; 131 III 227; 139 III 338; 56 I 443; 56 I 448; |
Kommentar: | - |
Obergericht des Kantons Zürich
I. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: NE130012-O/U
Mitwirkend: Oberrichterin Dr. L. Hunziker Schnider, Vorsitzender, Oberrichter lic. iur. M. Spahn und Oberrichter Dr. M. Kriech sowie Gerichtsschreiber lic. iur. H. Dubach
Urteil vom 4. Juli 2014
in Sachen
1, 2 vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X. , Rechtsanwalt Dr. iur. X1. und/oder Fürsprecherin lic. iur. X2. ,
gegen
Beklagte und Berufungsbeklagte
vertreten durch die Liquidatorin C. AG,
diese vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Y. , Rechtsanwalt Dr. iur. Y1. und/oder Rechtsanwältin Dr. iur. Y2. ,
betreffend negative Feststellungsklage (Nichteintreten)
Rechtsbegehren:
(Urk. 1 S. 2 f.)
1. Es sei festzustellen, dass die Klägerin 1 der Beklagten aus dem 1992 G. Master Agreement vom 16. Mai 2007 (einschliesslich Ergänzungen und Zusatzvereinbarungen) und den darunter abgeschlossenen Variable Forward Transaktionen vom 23. Mai 2007 und vom 18. April 2008 (inkl. Ergänzungen) nichts schuldet, insbesondere weder einen Betrag von EUR 69'980'000 zuzüglich Zinsen von EUR 73'026'255 noch jedwelchen anderen von der Beklagten im Zusammenhang mit den vorerwähnten Transaktionen geltend gemachten Betrag.
2. Es sei festzustellen, dass die Klägerin 2 der Beklagten aus dem 1992 G. Master Agreement vom 16. Mai 2007 (einschliesslich Ergänzungen und Zusatzvereinbarungen) und den darunter abgeschlossenen Variable Forward Transaktionen vom 23. Mai 2007 und vom 18. April 2008 (inkl. Ergänzungen) nichts schuldet, insbesondere weder einen Betrag von EUR 116'140'000 zuzüglich Zinsen von EUR 121'019'506.18 noch jedwelchen anderen von der Beklagten im Zusammenhang mit den vorerwähnten Transaktionen geltend gemachten Betrag.
Alles unter Kostenund Entschädigungsfolgen zulasten der Beklagten.
Verfügung des Einzelgerichts für SchKG-Klagen am Bezirksgericht Zürich:
1. Auf die Klage wird nicht eingetreten und der Prozess als dadurch erledigt abgeschrieben.
Die Entscheidgebühr wird festgesetzt auf CHF 100'000.-.
Die Entscheidgebühr wird im Betrag von CHF 37'600.- der klagenden Partei 1 und im Betrag von CHF 62'400 der klagenden Partei 2 auferlegt. Diese Beträge werden von den jeweils geleisteten Vorschüssen bezogen.
Der beklagten Partei wird keine Parteientschädigung zugesprochen.
(Mitteilungssatz)
(Rechtsmittelbelehrung)
Berufungsanträge:
der Klägerinnen und Berufungsklägerinnen (Urk. 19 S. 2):
1. Die Verfügung des Bezirksgerichts Zürich vom 5. November 2013 (Dispositivziffern 1 - 3) (Geschäfts-Nr. FO130038 -L) sei aufzuheben und die Sache sei zur Vereinigung mit dem Verfahren mit der Geschäfts-Nr. FO130016-L (Kollokationsverfahren) und zur materiellen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
2. Alles unter Kostenund Entschädigungsfolgen zuzüglich MwSt. zulasten der Beklagten und Berufungsbeklagten.
der Beklagten und Berufungsbeklagten (Urk. 26 S. 2):
1. Die Berufung sei abzuweisen und die Verfügung des Bezirksgerichts Zürich vom 5. November 2013 (Dispositivziffern 1-3) (Geschäfts-Nr. FO130038-L) zu bestätigen.
2. Unter Kostenund Entschädigungsfolgen (zuzüglich Mehrwertsteuer) zu Lasten der Klägerinnen und Berufungsklägerinnen in solidarischer Haftung.
Erwägungen:
a) A. ist ein deutscher Unternehmer und Physiker. Er ist Mitbegrün- der des deutschen Softwareunternehmens D. AG. Mit seinem Vermögen gründete er die A1. Stiftung (Klägerin und Berufungsklägerin 1; nachfolgend: Klägerin 1), eine gemeinnützige GmbH deutschen Rechts mit Sitz in
E. . A. fungiert als deren geschäftsführender Gesellschafter. Einen weiteren Teil seines Vermögens brachte A. in die A2. Beteiligungs Gmbh & Co. KG (Klägerin und Berufungsklägerin 2; nachfolgend: Klägerin 2) mit
Sitz in F. ein. A. ist geschäftsführender Gesellschafter der Komplementärin der Klägerin 2, der A2. Verwaltungs GmbH. Das Vermögen beider Klägerinnen besteht grösstenteils aus D. -Aktien. A. und die Klägerinnen halten zusammen knapp 10 % des Aktienbestandes der D. AG.
b) Die B. Holdings Inc. war eine US-amerikanische Investmentbank mit Hauptsitz in New York, die am 15. September 2008 infolge der Finanzkrise Insolvenz beantragen musste. Als Folge des Zusammenbruchs der Konzernobergesellschaft wurde deren schweizerische Derivate-Tochtergesellschaft, die
B. AG mit Sitz in Zürich (nachfolgend: Konkursitin), mit Verfügung der Eidgenössischen Bankenkommission vom 29. Oktober 2008 in Liquidation gesetzt. Mit Verfügung des Sekretariats der Eidgenössischen Bankenkommission vom 19. Dezember 2008 wurde über die bereits aufgelöste Gesellschaft mit Wirkung ab dem 22. Dezember 2008, 08.00 Uhr, der Konkurs eröffnet. Die Beklagte und Berufungsbeklagte (nachfolgend: Beklagte) ist die Masse der B. AG in Liquidation.
Um sich gegen einen allfälligen Kursverlust auf den D. -Aktien abzusichern, schlossen die Klägerinnen am 23. Mai 2007 mit der Konkursitin, diese handelnd durch ihre Zweigniederlassung auf den Niederländischen Antillen, je ein Derivatgeschäft ab. Diese Absicherungsgeschäfte bestanden aus einem Collar aus Putund Call-Optionen (Variable Forward Sale) und wurden am 18. April 2008 durch sog. Reverse Collars (Variable Forward Purchases) verfeinert. Die zugrunde liegenden Aktien wurden zugunsten der Konkursitin verpfändet und bei der B. International (Europe) hinterlegt. Der Wert dieser Aktien betrug im Zeitpunkt des Abschlusses mehr als Euro 2 Mrd. Es handelte sich nach Angaben der Klägerinnen um eine der grössten Absicherungstransaktionen dieser Art in Europa. Der Streit dreht sich um die Berechnung von Schadenersatz für die vorzeitige Beendigung der Absicherungsgeschäfte nach dem Zusammenbruch der B. -Gruppe. Die Klägerinnen gehen davon aus, dass die Beklagte ihnen rund Fr. 664 Mio. schuldet. Die Beklagte will ihrerseits von den Klägerinnen rund Euro 186 Mio.
Im Konkursverfahren der Beklagten gab die Klägerin 1 Forderungen in der Höhe von insgesamt Fr. 284'492'050.74 ein, welche von der Konkursliquidatorin, der C. AG, abgewiesen wurden. Die von der Klägerin 2 eingegebenen Forderungen in der Höhe von insgesamt Fr. 379'699'144.34 wurden ebenfalls abgewiesen. Die Kollokationsverfügungen datieren vom 3. April 2013. Mit Klagen vom
April 2013 verlangten die Klägerinnen beim Einzelgericht für SchKG-Klagen am Bezirksgericht Zürich die Kollokation ihrer Forderungen. Das Verfahren ist unter der Prozess-Nr. FO130016-L hängig.
4. Am 2. April 2013 hatten die Beklagten gegen die Klägerinnen Klage beim High Court of Justice (England & Wales), Chancery Division, erhoben. Bereits am
ärz 2013 hatten die Klägerinnen beim Friedensrichteramt der Stadt Zürich, Kreise , Schlichtungsgesuche gestellt, wonach festzustellen sei, dass sie der Beklagten nichts schuldeten (Urk. 5/9-10). Mit Eingabe vom 20. September 2013 (Urk. 1) sowie unter Beilage der Klagebewilligungen vom 24. Mai 2013 (Urk. 5/99-
100) machten die Klägerinnen die vorliegenden negativen Feststellungsklagen über Euro 69,98 Mio. nebst Zinsen (Klägerin 1) sowie über Euro 116,14 Mio. nebst Zinsen (Klägerin 2) beim Einzelgericht für SchKG-Klagen am Bezirksgericht Zürich (nachfolgend: Vorinstanz) anhängig. Gleichzeitig stellten sie den Antrag, die negativen Feststellungsklagen mit den bereits bei der Vorinstanz hängigen Kollokationsklagen zu vereinigen. Nach Eingang der von den Klägerinnen verlangten Kostenvorschüsse trat die Vorinstanz mit Verfügung vom 5. November 2013 nicht auf die negativen Feststellungsklagen ein (Urk. 13 = Urk. 20).
5. Gegen den Entscheid der Vorinstanz erhoben die Klägerinnen am 9. Dezember 2013 Berufung. Sie beantragten die Aufhebung der erstinstanzlichen Verfügung sowie die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur Vereinigung mit dem Kollokationsverfahren FO130016-L und zur materiellen Beurteilung (Urk. 19
2). Die von ihnen verlangten Kostenvorschüsse leisteten die Klägerinnen innert erstreckter Frist (Urk. 23). Die Berufungsantwort datiert vom 2. April 2014. Die Beklagte beantragte darin die Abweisung der Berufung und die Bestätigung der Verfügung der Vorinstanz (Urk. 26 S. 2). Es folgten weitere Stellungnahmen der Parteien (Urk. 32, 36 und 41). Diese wurden der Gegenpartei jeweils zur Kenntnisnahme bzw. freigestellten Stellungnahme zugestellt. Die letzte Rechtsschrift der Klägerinnen vom 23. Juni 2014 (Urk. 41) ist der Beklagten ausnahmsweise zusammen mit dem heutigen Endentscheid zuzustellen.
Die Vorinstanz trat mangels sachlicher Zuständigkeit nicht auf die vorliegenden Klagen ein. Sie meinte, es wäre wohl das Handelsgericht zuständig. Die Klägerinnen hatten argumentiert, dass ein zwingender Gerichtsstand des Sachzusammenhangs bzw. eine einheitliche sachliche Zuständigkeit für sachlich zusammenhängende Ansprüche bestehe. Eine Vereinigung der negativen Feststellungsklagen mit den Kollokationsklagen diene der Prozessökonomie und verhindere sich widersprechende Entscheidungen. Der anwendbare Rahmenvertrag schliesse nämlich aus, dass aus den fraglichen Rechtsgeschäften sowohl Forderungen der Klägerinnen gegen die Beklagte wie auch umgekehrt resultierten (sog. Close-out Netting). Es bleibe nur eine Saldoforderung übrig.
a) Umstritten ist die Zuständigkeit des Einzelgerichts für SchKG-Klagen am Bezirksgericht Zürich. Da die Klägerinnen ihren Sitz in Deutschland haben und die Beklagte in der Schweiz domiziliert ist, liegt ein internationaler Sachverhalt vor. Im internationalen Verhältnis wird die Zuständigkeit der schweizerischen Gerichte durch das IPRG geregelt, wobei völkerrechtliche Verträge vorbehalten sind (Art. 1 Abs. 1 lit. a und Abs. 2 IPRG). Zu diesen Verträgen gehört das Lugano-Übereinkommen vom 30. Oktober 2007 (LugÜ), das in der Schweiz am 1. Januar 2011 und in der Europäischen Union am 1. Januar 2010 in Kraft getreten ist. Der räumlich-persönliche und nach Art. 1 Ziff. 1 und 2 LugÜ auch der sachliche Anwendungsbereich ist gegeben. Im Gegensatz zu den Kollokationsklagen haben die negativen Feststellungsklagen ihre Grundlage nicht im Schuldbetreibungsund Konkursrecht. Sie fallen daher nicht unter den Ausschlusstatbestand von Art. 1 Ziff. 2 lit. b LugÜ (vgl. BGE 131 III 227 E. 3.2). Da die Klägerinnen ihre Klagen nach dem 1. Januar 2011 eingereicht haben, ist das LugÜ auch in zeitlicher Hinsicht anwendbar (vgl. Art. 63 Ziff. 1 LugÜ).
Nach Art. 27 Ziff. 1 LugÜ setzt das später angerufene Gericht das Verfahren von Amts wegen aus, bis die Zuständigkeit des zuerst angerufenen Gerichts feststeht, wenn bei Gerichten verschiedener Vertragsstaaten Klagen wegen desselben Anspruchs zwischen denselben Parteien anhängig gemacht werden. Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Schweizer Schlichtungsgesuche der Klägerinnen ihre Klage in England nicht zu blockieren vermöchten. Sie erhob daher in ihrer zweiten Rechtsschrift die Einrede der anderweitigen Rechtshängigkeit und beantragte, dass das vorliegende Verfahren in Anwendung von Art. 27 Ziff. 1 LugÜ zu sistieren sei (Urk. 36 Rz. 9 ff.). Wie noch zu zeigen sein wird, fehlt es vorliegend an der internationalen Zuständigkeit der hiesigen Gerichte, weshalb sich ein Vorgehen nach Art. 27 ff. LugÜ von vornherein erübrigt (vgl. Kropholler/von Hein, Europäisches Zivilprozessrecht, 9. Aufl. 2011, Vor Art. 27 EuGVO N 2). Auf die Frage der Litispendenz braucht daher nicht näher eingegangen zu werden.
Nach Art. 2 Ziff. 1 LugÜ sind Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines durch dieses Übereinkommen gebundenen Staates haben, vorbehältlich anderer Vorschriften ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit vor den Gerichten dieses Staates zu verklagen. Haben die Parteien aber vereinbart, dass ein Gericht die Gerichte eines durch dieses Übereinkommen gebundenen Staates über eine bereits entstandene Rechtsstreitigkeit über eine künftige aus einem bestimmten Rechtsverhältnis entspringende Rechtsstreitigkeit entscheiden sollen, so sind nach Art. 23 Ziff. 1 LugÜ dieses Gericht die Gerichte dieses Staates zuständig.
a) Grundlage der Derivatgeschäfte zwischen den Klägerinnen und der Konkursitin waren sog. G. Master Agreements, welche von den Parteien am 16. Mai 2007 unterzeichnet wurden. Es handelt sich dabei um von der
G. , Inc. (G. ) austradierte Rahmenverträge, die bei Derivatgeschäften weltweit standardmässig eingesetzt werden. Die erste Fassung stammt aus dem Jahre 1992. Zehn Jahre später veröffentlichte die G. eine zweite Version des Master Agreements, die den vielfältigen Marktveränderungen Rechnung tragen sollte. Die Parteien des vorliegenden Verfahrens verwendeten die erste Version von 1992.
In Section 13(b) des 1992 G. Master Agreements befindet sich eine Gerichtsstandsklausel mit folgendem Wortlaut (Urk. 5/23 und Urk. 5/25, jeweils
13):
Jurisdiction. With respect to any suit, action or proceedings relating to this Agreement ('Proceedings'), each party irrevocably:
ubmits to the jurisdiction of the English courts, if this Agreement is expressed to be governed by English law, or to the non-exclusive jurisdiction of the courts of the State of New York and the United States District Court located in the Borough of Manhattan in New York City, if this Agreement is expressed to be governed by the laws of the State of New York; and
...]
Nothing in this Agreement precludes either party from bringing Proceedings in any other jurisdiction (outside, if this Agreement is expressed to be governed by English law, the Contracting States, as defined in Section 1 (3) of the Civil Jurisdiction and Judgments Act 1982 or any modification, extension or re-enactment thereof for the time being in force) nor will the bringing of Proceedings in any one or more jurisdictions preclude the bringing of Proceedings in any other jurisdiction.
Part 4(h) der zugehörigen Schedules lautet wie folgt (Urk. 5/23 und Urk. 5/25, jeweils S. 23):
Governing Law. This Agreement will be governed by and construed in accordance with the laws of England and Wales.
Die Parteien haben somit eine Rechtswahl zugunsten des englischen Rechts und dementsprechend eine Gerichtsstandsvereinbarung zugunsten der englischen Gerichte getroffen. Uneinig sind sich die Parteien darüber, ob die Prorogation eine ausschliessliche eine nicht ausschliessliche ist.
a) Nach Ansicht der Beklagten hat die anwendbare Gerichtsstandsvereinbarung nicht nur aufgrund der Vermutung von Art. 23 Ziff. 1 LugÜ ausschliesslichen Charakter. Sie befasse sich ausdrücklich mit dieser Frage und bestimme, dass die englischen Gerichte im Verhältnis zu den Gerichten anderer LuganoStaaten ausschliesslich zuständig seien (Urk. 26 Rz. 44).
Die Klägerinnen halten dem entgegen, dass Section 13(b)(i) des G. Master Agreements zwar die Zuständigkeit englischer Gerichte zulasse. In Section 13(b) Abs. 2 zeige sich jedoch, dass es sich um eine nicht ausschliessliche
Zuständigkeitsvereinbarung handle. Der erste Satzteil mache deutlich, dass es einer Partei trotz Gerichtsstandsvereinbarung freistehe, Verfahren in einem anderen Staat einzuleiten. Im Weiteren ergebe sich auch aus dem zweiten Satzteil, dass es sich um eine nicht ausschliessliche Gerichtsstandsklausel handle. Es werde nämlich explizit festgehalten, dass die Einleitung von Verfahren in einem Staat die Parteien nicht daran hindere, auch in einem anderen Staat zu klagen. Dieser Satzteil so die Klägerinnen weiter wäre überflüssig und fehl am Platz, wenn es sich um eine ausschliessliche Gerichtsstandsvereinbarung handeln wür- de (Urk. 32 Rz. 24 ff.). In ihrer Stellungnahme vom 13. Mai 2014 brachten die Klägerinnen zudem vor, dass selbst die Beklagte vor kurzem in einem Verfahren gegen die H. vor dem englischen High Court zum Schluss gekommen sei, dass keine ausschliessliche Gerichtsstandsklausel vorliege. Grundlage dieser Forderung sei eine Derivatevereinbarung gewesen, welche die standardmässigen Bestimmungen des 1992 G. Master Agreements enthalten habe (Urk. 32 Rz. 27).
Soweit letzteres Vorbringen der Klägerinnen novenrechtlich überhaupt zulässig sein sollte (Art. 317 Abs. 1 ZPO), erweist es sich als unzutreffend. Die Beklagte erklärte, dass sie im H. -Verfahren nicht den Standpunkt eingenommen habe, die Gerichtsstandsklausel zugunsten der englischen Gerichte sei nicht ausschliesslich. Die von den Klägerinnen zitierten Ausführungen würden sich einzig auf die Frage beziehen, ob die Gerichtsstandsklausel eine Berufung auf
Art. 27 und 28 LugÜ ausschliesse (Urk. 36 Rz. 55). In der Tat lässt sich den von den Klägerinnen wiedergegeben Ausführungen nicht entnehmen, dass sich die Beklagte im Verfahren gegen die H. auf den Standpunkt gestellt hätte, die Gerichtsstandsklausel des 1992 G. Master Agreements sei nicht exklusiv.
a) Nach dem Wortlaut der Vereinbarung handelt es sich dem Grundsatze nach um eine nicht ausschliessliche Prorogation (Nothing in this Agreement precludes either party from bringing Proceedings in any other jurisdiction). Die Klägerinnen blenden allerdings den Klammersatz aus. Dieser nimmt die Einschränkung vor, dass dies nur ausserhalb der Vertragsstaaten (Contracting States) gemäss Section 1 Subsection 3 des Civil Jurisdiction and Judgments Act
(CJJA) 1982 gelte. Beim CJJA 1982 handelt es sich um ein Gesetz des Parlaments des Vereinigten Königreichs, das verabschiedet wurde, um das Brüsseler Übereinkommen vom 27. September 1968 (EuGVÜ) in britisches Recht umzusetzen. Es erfuhr eine erste wesentliche Änderung durch den CJJA 1991, mit welchem das Lugano-Übereinkommen vom 16. September 1988 (aLugÜ) in britisches Recht umgesetzt wurde. Es ist seither verschiedentlich weiter angepasst worden. Mit Contracting States im Sinne des CJJA 1982 waren ursprünglich die Vertragsstaaten des EuGVÜ und des aLugÜ gemeint. Nach der aktuellen Fassung des CJJA 1982 fallen sämtliche durch das revidierte LugÜ gebundenen Staaten gemäss Art. 1 Ziff. 3 LugÜ unter die Definition, u.a. (nach wie vor) auch die Schweiz. Section 1 Subsection 3 CJJA 1982 lautet in der Fassung gemäss Statutory Instrument 2009 No. 3131 wie folgt:
In this Act—
'Contracting State', without more, in any provision means—
[ ]
in the application of the provision in relation to the Lugano Convention, a State bound by the Lugano Convention;
[...]
'State bound by the Lugano Convention' in any provision, in the application of that provision in relation to the Lugano Convention has the same meaning as in Article 1(3) of that Convention;
[...]
Die Unterwerfung unter die Zuständigkeit der englischen Gerichte ist somit ausschliesslich, soweit Gerichte eines LugÜ-Vertragsstaates betroffen sind, und sie ist nicht ausschliesslich, soweit andere Gerichte betroffen sind.
b) Die Formulierung ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass Art. 17 Ziff. 1 EuGVÜ/aLugÜ keine nicht ausschliesslichen Gerichtsstandsvereinbarungen zuliess. Dem trägt die Klausel Rechnung. Die am 1. März 2002 in Kraft getretene EG-Verordnung Nr. 44/2001 (EuGVVO) sowie später auch das revidierte LugÜ lassen nunmehr aber in Art. 23 Ziff. 1 auch nicht ausschliessliche Zuständigkeitsvereinbarungen zu. In der zweiten Version des Master Agreements von 2002 wurde die Gerichtsstandsklausel entsprechend angepasst. Sie verweist nicht
mehr auf den CJJA 1982, sondern spricht neu von Convention Court und liefert dazu eine eigene (unabänderliche) Definition ( 'Convention Court' means any court which is bound to apply to the Proceedings either Article 17 of the 1968 Brussels Convention on Jurisdiction and the Enforcement of Judgments in Civil and Commercial Matters or Article 17 of the 1988 Lugano Convention on Jurisdiction and the Enforcement of Jugdments in Civil and Commercial Matters.). Demgemäss wäre eine Zuständigkeitsvereinbarung zugunsten der englischen Gerichte nach dem 2002 G. Master Agreement seit dem Inkrafttreten des revidierten LugÜ in der Schweiz am 1. Januar 2011 auch gegenüber hiesigen Gerichten nicht mehr als ausschliesslich zu betrachten. Vorliegend verwendeten die Parteien allerdings die erste Version des Rahmenvertrages von 1992.
a) Die Klägerinnen sind nun der Ansicht, dass sich mit dem Inkrafttreten der EuGVVO bzw. des LugÜ auch die Bedeutung der Gerichtsstandsklausel des 1992 G. Master Agreements (zumindest stillschweigend) geändert habe (Urk. 41 Rz. 25 f.). Dem kann nicht gefolgt werden. Das Inkrafttreten des revidierten LugÜ zeitigte zwar Folgen für Gerichtsstandsklauseln nach dem 2002
G. Master Agreement, da dieses wie gesehen einen eigenen Begriff, denjenigen des Convention Court, verwendet. Zuständigkeitsvereinbarungen nach dem 1992 G. Master Agreement enthalten hingegen den Begriff Contracting States, der durch Section 1 Subsection 3 CJJA 1982 (or any modification, extension or re-enactment thereof for the time being in force) definiert wird. Durch die Statutory Instruments 2001 No. 3929, 2007 No. 1655 und 2009 No. 3131 wurde der CJJA 1982 zwar an die EuGVVO und das revidierte LugÜ angepasst. Im Ergebnis hat sich aber nichts geändert. Zur Definition des Begriffs Contracting States verweist der CJJA 1982 heute wie bereits erwähnt auf Art. 1 Ziff. 3 LugÜ. Gerichtsstandsklauseln nach dem 1992 G. Master Agreement bleiben somit ausschliesslich, soweit Gerichte eines LugÜ-Vertragsstaates betroffen sind. Aus dem von den Klägerinnen eingereichten Auszug aus dem User's Guide to the G. 2002 Master Agreement (Urk. 43/3) ergibt sich nichts anderes.
b) Es ist auch nicht anzunehmen, dass der tatsächliche Wille der Parteien ein anderer war. Die Parteien hatten, als sie am 16. Mai 2007 einen Rahmenvertrag der G. unterzeichneten, die Wahl zwischen zwei Fassungen. Hätten sie eine in Bezug auf die Schweiz nicht exklusive Gerichtsstandsvereinbarung zugunsten der englischen Gerichte treffen wollen, hätten sie im Hinblick auf den bevorstehenden Abschluss des revidierten LugÜ das 2002 G. Master Agreement gewählt und nicht dasjenige von 1992. Aufgrund der Negativformulierung von Art. 23 Ziff. 1 Satz 2 LugÜ (sofern [ ] nichts anderes vereinbart) besteht zudem - die Beklagte wies zu Recht darauf hin (vgl. Urk. 26 Rz. 44) eine Vermutung für die Ausschliesslichkeit einer Zuständigkeitsvereinbarung (Kropholler/von Hein, a.a.O., Art. 23 EuGVO N 92).
a) Als weiteres Argument für ihren Standpunkt bringen die Klägerinnen vor, dass es der Zweck einer Gerichtsstandsklausel sei, die Streitigkeiten an einem Gerichtsstand zu konzentrieren. Nähme man wider Erwarten an, dass der Wortlaut der Gerichtsstandsvereinbarung für eine ausschliessliche Zuständigkeit der englischen Gerichte spreche, ergebe eine Auslegung der Gerichtsstandsvereinbarung nach ihrem Sinn und Zweck, dass die Parteien eine ausschliessliche Zuständigkeit der englischen Gerichte für eine Konstellation, wie sie hier vorliege, nach Treu und Glauben nicht gewollt und damit auch nicht vereinbart hätten (Urk. 32 Rz. 29). Die Beklagte führte demgegenüber aus, dass die Verfahrenskonzentration an einem Gericht nicht Hauptzweck einer Gerichtsstandsvereinbarung sei. Vielmehr liege dieser darin, dass Streitigkeiten von einem von allen Parteien genehmen Gericht beurteilt würden (Urk. 36 Rz. 58).
b) Der Beklagten ist zuzustimmen. Zuständigkeitsvereinbarungen müssen nicht zwingend bezwecken, sämtliche Streitigkeiten zwischen den jeweiligen Parteien an einem Gerichtsstand zu konzentrieren. Die sachliche Reichweite einer Gerichtsstandsvereinbarung ist im Einzelfall durch Auslegung zu ermitteln (Schnyder, LugÜ-Grolimund, Art. 23 N 56). Gerichtsstandsvereinbarungen bezwecken in erster Linie das Schaffen von Rechtssicherheit. Der EuGH nennt die Erkennbarkeit des Gerichtsstands für den Kläger und den Beklagten als wesentliches Interesse des Zuständigkeitsrechts im Allgemeinen und der Gerichtsstandsvereinbarung im Besonderen (EuGH C-159/97, Castelletti/Trumpy, Slg. der Rsp. 1999 I 1597, Rz. 48).
a) Die Klägerinnen sind sodann der Ansicht, dass der Wortlaut von Section 13(b) Abs. 2 G. Master Agreement äusserst unklar und nicht eindeutig formuliert sei, weshalb der Umfang der Gerichtsstandsvereinbarung selbst für Juristen, geschweige denn für Laien, nicht klar verständlich sei. Bei einer solchen Klausel müssten Regeln zum Schutz der anderen Vertragspartei dazu führen, dass die Klausel gegen den Verfasser, sprich die Beklagte, ausgelegt werde (Urk. 32 Rz. 28). Dem hält die Beklagte zunächst entgegen, dass es sich bei den Klägerinnen um institutionelle Anlegerinnen handle. Der Grundsatz in dubio contra stipulatorem könne hier zudem keine Anwendung finden, weil einerseits keine Zweifel am korrekten Verständnis der Klausel bestehen könnten und andererseits die Klausel von keiner Partei verfasst worden sei, es also keinen stipulator gebe (Urk. 36 Rz. 56 f.).
b) Es trifft zu, dass nicht die Konkursitin, sondern die Handelsorganisation G. den Rahmenvertrag formulierte. Im Übrigen ist der Wortlaut der Gerichtsstandsklausel entgegen der Ansicht der Klägerinnen (vgl. Urk. 41 Rz. 26 mit Hinweis auf ein Urteil des englischen Court of Appeal vom 23. Juli 2013, Ardagh/ Pillar Property [2013] EWCA Civ 900) eindeutig (unambiguous) und lässt daher keinen Spielraum für Interpretationen zu.
a) Schliesslich machen die Klägerinnen geltend, dass die Berufung der Beklagten auf die Gerichtsstandsklausel - unabhängig davon, ob es sich um eine ausschliessliche nicht ausschliessliche Prorogation handle rechtsmissbräuchlich sei. Mit dem Konkurs der Beklagten habe die Gerichtsstandsvereinbarung ihren Grund und Zweck verloren, da sie - die Klägerinnen zwingend in der Schweiz klagen müssten. Eine Berufung auf die Gerichtsstandsklausel sei ihnen nach dem Konkurs verwehrt geblieben. Unter diesen Umständen könne es nicht sein, dass sich die Beklagte, in deren Gefahrenbereich der Konkurs falle, weiterhin auf die Gerichtsstandsvereinbarung zugunsten der englischen Gerichte berufen und gegen die Vereinigung der negativen Feststellungsklage mit der Kollokationsklage stellen könne. Die Leistungsklage der Beklagten in England lasse sich
höchstens damit begründen, dass die Beklagte die Aussicht für einen für sie günstigen Prozessausgang höher einschätze, wenn der Prozess nicht in der Schweiz stattfinde bzw. sie durch eine vorgängige Klage in England eine zweite Chance in der Schweiz erhalten würde. Gemäss BGE 56 I 443 stelle dies kein schutzwürdiges Interesse dar und könne weder der Gegenpartei noch dem Gericht zugemutet werden. Für eine Leistungsklage in England bestehe nach dem Konkurs der Beklagten in der Schweiz keine genügende Beziehung mehr (keine der Parteien habe dort ihren Sitz). In der Anrufung einer derart inhaltslos gewordenen Abrede müsse ein offenbarer Missbrauch eines Rechts erblickt werden. Die Beklagte habe ohne Not mit ihrer Klage in England die Gefahr national widersprechender Urteile heraufbeschworen, was im Allgemeinen und im europäischen Justizraum im Besonderen den Super-GAU darstelle. Ein wesentliches Ziel des LugÜ sei die Verhinderung sich widersprechender Urteile. Die Gefahr widersprüchlicher Urteile könne nur durch ein koordiniertes Vorgehen in der Schweiz vermieden werden. Dies geschehe durch die Vereinigung ihrer negativen Feststellungsklage mit der Kollokationsklage durch eine Widerklage der Beklagten. Obwohl die Beklagte auf diese Möglichkeit ausdrücklich hingewiesen worden sei, habe sie es vermieden, diesen Weg zu beschreiten. Die Berufung der Beklagten auf die Gerichtsstandsvereinbarung sei auch unter diesem Gesichtspunkt rechtsmissbräuchlich und verdiene keinen Schutz (Urk. 32 Rz. 31 ff.). Die Beklagte widerspricht dem. Ein Schweizer Konkurs mache Gerichtsstandsvereinbarungen nicht ungültig nicht mehr anwendbar. Vielmehr bleibe die Konkursmasse in Aktivprozessen an diese gebunden (Urk. 36 Rz. 60).
b) Zuzustimmen ist den Klägerinnen darin, dass ein wesentliches Ziel des LugÜ in der Verhinderung von sich widersprechenden Urteilen aus verschiedenen Vertragsstaaten besteht (vgl. auch BGE 123 III 422 E. 5). Das LugÜ kann dies jedoch von vornherein nur in seinem Anwendungsbereich sicherstellen. Gemäss Art. 1 Ziff. 2 lit. b LugÜ sind Konkurse, Vergleiche und ähnliche Verfahren von dessen sachlichen Anwendungsbereich ausgenommen. Für eine Koordination mit dem Kollokationsverfahren kann das LugÜ daher nicht sorgen. Hinzu kommt, dass vorliegend nicht die Gefahr sich formell widersprechender Urteile im Raum steht. Bei den in England anhängig gemachten Klagen der Beklagten und den
hiesigen Kollokationsklagen der Klägerinnen handelt es sich nicht um identische Klagen, sie stehen lediglich in einem sachlichen Zusammenhang. Die Beurteilung durch unterschiedliche Gericht kann allenfalls zu inkonsistenten Urteilen führen (vgl. Schnyder, LugÜ-Liatowitsch/Meier, Vorbem. Art. 27-30 N 2). Im Übrigen berufen sich die Klägerinnen auf einen Entscheid des Bundesgerichts aus dem Jahre 1930. Damals wurde entschieden, dass es rechtsmissbräuchlich sei, zur Begründung einer Unzuständigkeitseinrede eine vertraglich vereinbarte Gerichtsstandsklausel anzurufen, welche einen Gerichtsstand bezeichne, an dem keine der Parteien mehr ihr Domizil, ihren Aufenthalt ihre Niederlassung hatte. Die Hoffnung des Beklagten, an diesem Gerichtsstand grössere Gewinnchancen zu haben als beim tatsächlich angerufenen Gericht, stellte kein schutzwürdiges Interesse dar (BGE 56 I 448 f.). Noch das GestG sah die Kompetenz des prorogierten Gerichts vor, seine Zuständigkeit mangels örtlichen sachlichen Bezugs zur Streitsache abzulehnen (Art. 9 Abs. 3 GestG). Im Rahmen der Integration des GestG in die eidgenössische ZPO wurde jedoch auf dieses Ablehnungsrecht verzichtet. Im Vernehmlassungsverfahren war von verschiedener Seite geltend gemacht worden, mit dem Ablehnungsrecht werde entgegen dem internationalen Standard - die Wahl eines neutralen und für den konkreten Fall vielleicht besonders geeigneten Gerichts verhindert. Zudem führe dieses zu einer Inländerdiskriminierung (Botschaft ZPO, BBl 2006 S. 7221 ff., S. 7264). Im euro-internationalen Verhältnis sind die Gerichte bei Vorlage einer zulässigen und gültigen Gerichtsstandsvereinbarung nämlich verpflichtet, die Prorogation zu akzeptieren und auf die Klage einzutreten. Die gleiche Bindung gilt mutatis mutandis für jedes in den Vertragsstaaten gelegene derogierte Gericht: Wird es trotz zulässiger und gültiger Gerichtsstandsvereinbarung angerufen, hat es eine von der beklagten Partei rechtzeit erhobene exceptio fori prorogati vorausgesetzt auf die Klage nicht einzutreten (BSK-Berger, Art. 23 LugÜ N 57). Der EuGH hat bereits unter der Geltung des EuGVÜ/aLugÜ wiederholt entschieden, dass dessen Art. 17 von jedem objektiven Zusammenhang zwischen dem streitigen Rechtsverhältnis und dem vereinbarten Gericht absehe (EuGH C-159/97, Castelletti/Trumpy, Slg. der Rsp. 1999 I 1597, Rz. 50). Auch aus dem Wortlaut des Art. 23 LugÜ ergibt sich keine allgemeine Missbrauchskontrolle, wie sie etwa Art. 5 Abs. 2 IPRG vorsieht (Kropholler/von Hein, a.a.O., Art. 23 EuGVO N 87). Die Klägerinnen stützen sich somit auf eine nicht einschlägige bzw. überholte Rechtsprechung. Hinzu kommt, dass vorliegend sehr wohl ein gewichtiger sachlicher Bezug zu den englischen Gerichten besteht: Auf die Streitsache ist englisches Recht anwendbar. Die Berufung auf die Gerichtsstandsklausel erweist sich damit sofern dies im Rahmen von Art. 23 LugÜ überhaupt eine Rolle spielt - nicht als rechtsmissbräuchlich.
Da wie gesehen eine ausschliessliche Gerichtsstandsvereinbarung zugunsten der englischen Gerichte vorliegt und die Beklagte diesen Mangel der Zuständigkeit rügte, ist auf die Klagen nicht einzutreten. Überlegungen zur sachlichen Zuständigkeit erübrigen sich, nachdem es bereits an der internationalen Zuständigkeit fehlt. Die Berufung ist abzuweisen und der erstinstanzliche Entscheid zu bestätigen.
a) Die Klägerinnen beanstanden die Höhe der erstinstanzlichen Entscheidgebühr. Sie meinen, die Vorinstanz habe bei der Bestimmung des Streitwerts für die negativen Feststellungsklagen übersehen, dass die beiden Klagen zugrundeliegenden Ansprüche ihre Forderungen einerseits, die angeblichen Forderungen der Beklagten andererseits sich gegenseitig ausschliessen wür- den. Der Streitwert bestimme sich richtigerweise nach dem höheren der beiden Rechtsbegehren (Art. 93 Abs. 1 ZPO), was im vorliegenden Fall zu einer Bestimmung des Streitwerts auf der Grundlage der Forderungen aus der Kollokationsklage führe. Den Kostenvorschuss für das Kollokationsverfahren hätten die Klägerinnen bereits geleistet, weshalb bei einer Vereinigung der Verfahren von den Klägerinnen kein weiterer Kostenvorschuss verlangt werden dürfe (Urk. 19
Rz. 90).
b) Die Klägerinnen übersehen, dass es sich um zwei separate Verfahren handelt. Die negativen Feststellungsklagen wurden nicht mit den Kollokationsklagen vereinigt und sie werden es mangels Zuständigkeit der hiesigen Gerichte auch nicht. Die Vorinstanz ist daher insoweit korrekt vorgegangen.
a) Unabhängig davon sind die Klägerinnen der Ansicht, dass die Festsetzung der Entscheidgebühr in der Höhe von Fr. 100'000.- § 10 Abs. 1 GebV OG und das Äquivalenzprinzip verletze (Urk. 19 Rz. 91).
Nach Art. 96 ZPO setzen die Kantone die Tarife für die Prozesskosten fest. Im Kanton Zürich gelangt die gestützt auf § 199 Abs. 1 GOG erlassene GebV OG zur Anwendung. § 2 Abs. 1 lit. a GebV OG nennt als Grundlage für die Festsetzung der Gebühren im Zivilprozess den Streitwert bzw. das tatsächliche Streitinteresse, den Zeitaufwand des Gerichts und die Schwierigkeit des Falls (vgl. auch § 199 Abs. 3 GOG). § 4 Abs. 1 GebV OG sieht für vermögensrechtliche Streitigkeiten ein nach Streitwert abgestuftes Raster für die Grundgebühr vor. Bei einem Streitwert über Fr. 10 Mio. beträgt die Grundgebühr Fr. 120'750.zuzüglich 0,5 % des Fr. 10 Mio. übersteigenden Streitwertes. Die Grundgebühr kann unter Berücksichtigung des Zeitaufwandes des Gerichts und der Schwierigkeit des Falls ermässigt um bis zu einem Drittel, in Ausnahmefällen bis auf das Doppelte, erhöht werden (§ 4 Abs. 2 GebV OG). Wird das Verfahren ohne Anspruchsprüfung nach Säumnis erledigt, kann die gemäss §§ 4-8 bestimmte Gebühr bis auf die Hälfte reduziert werden (§ 10 Abs. 1 GebV OG).
Der Streitwert beläuft sich vorliegend auf insgesamt Euro 186,12 Mio. bzw. rund Fr. 226,47 Mio. Davon entfallen Euro 69,98 Mio. bzw. rund Fr. 85,15 Mio. auf die Klägerin 1 und Euro 116,14 Mio. bzw. rund Fr. 141,32 Mio. auf die Klägerin 2. Die Grundgebühr gemäss § 4 Abs. 1 GebV OG beträgt folglich rund Fr. 1,2 Mio. Gestützt auf §§ 4 Abs. 2 und 10 Abs. 1 GebV OG hat die Vorinstanz eine Reduktion um mehr als 90 % vorgenommen und die Gebühr auf
Fr. 100'000.festgesetzt. Damit hat sie dem eher geringen Aufwand genügend Rechnung getragen und die Tarifbestimmungen der GebV OG nicht verletzt. Nichts ableiten können die Klägerinnen aus der Höhe des Kostenvorschusses, denn dieser präjudiziert den definitiven Entscheid über die Gerichtskosten nicht (vgl. ZK-Suter/von Holzen, Art. 98 ZPO N 13). Eine zusätzliche Reduktion auf Basis des Kostenvorschusses war daher nicht zwingend vorzunehmen.
a) Das Äquivalenzprinzip verlangt in Konkretisierung des Verhältnismässigkeitsgrundsatzes insbesondere, dass eine Gebühr nicht in einem offensichtlichen Missverhältnis zum objektiven Wert der bezogenen Leistung stehen darf und sich in vernünftigen Grenzen bewegen muss (BGE 120 Ia 174 E. 2a mit Hinweisen). Der Wert der Leistung bemisst sich nach dem wirtschaftlichen Nutzen, den sie dem Pflichtigen bringt, nach dem Kostenaufwand der konkreten Inanspruchnahme im Verhältnis zum gesamten Aufwand des betreffenden Verwaltungszweigs, wobei schematische, auf Wahrscheinlichkeit und Durchschnittserfahrungen beruhende Massstäbe angelegt werden dürfen. Es ist nicht notwendig, dass die Gebühren in jedem Fall genau dem Verwaltungsaufwand entsprechen; sie sollen indessen nach sachlich vertretbaren Kriterien bemessen sein und nicht Unterscheidungen treffen, für die keine vernünftigen Gründe ersichtlich sind (BGE 128 I 52 E. 4a; 126 I 188 E. 3a/bb). Bei der Festsetzung von Verwaltungsgebühren darf deshalb innerhalb eines gewissen Rahmens auch der wirtschaftlichen Situation des Pflichtigen und dessen Interesse am abzugeltenden Akt Rechnung getragen werden, und bei Gerichtsgebühren darf namentlich der Streitwert eine massgebende Rolle spielen. Dem Gemeinwesen ist es nicht verwehrt, mit den Gebühren für bedeutende Geschäfte den Ausfall in weniger bedeutsamen Fällen auszugleichen (BGE 130 III 228 E. 2.3 mit Hinweisen).
b) Die Klägerinnen monieren, eine Gebühr von Fr. 100'000.stehe in keinem Verhältnis zum Aufwand, den die Vorinstanz für einen Nichteintretensentscheid im Umfang von sieben Seiten gehabt habe (Urk. 19 Rz. 93). Die Gebühr der Vorinstanz mag gemessen am Aufwand als eher hoch erscheinen. Auf der anderen Seite gilt es zu berücksichtigen, dass der Fall in Bezug auf die Zustän- digkeit diverse Rechtsfragen aufwarf. Weiter fällt in Betracht, dass der Streitwert auch bei der Erledigung ohne Anspruchsprüfung ein relevantes Bemessungskriterium bilden darf. Der objektive Wert der bezogenen Leistung kann sodann nicht nach der Art der Verfahrenserledigung respektive dem effektiven Prozessausgang bestimmt werden. Der wirtschaftliche Nutzen für den Rechtssuchenden besteht vielmehr im Zugang zur Justiz an sich, der darin besteht, dass er die Möglichkeit hat, seinen Anspruch mittels einer zulässigen Klage gerichtlich durchzusetzen. Der Wert dieser Möglichkeit ist umso grösser, je höher der Betrag des Klageanspruchs (Streitwert) liegt (vgl. BGE 139 III 338 f. E. 3.2.4). Das Äquivalenzprinzip wurde nicht verletzt. Die erstinstanzliche Entscheidgebühr ist zu bestätigen und
ausgangsgemäss den Klägerinnen aufzuerlegen (Art. 106 Abs. 1 ZPO), im Umfang von Fr. 37'600.- der Klägerin 1 und im Umfang von Fr. 62'400.- der Klägerin 2.
Die Entscheidgebühr für das Berufungsverfahren ist in Anwendung von
§ 12 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit §§ 4 Abs. 1 und 2 sowie 10 Abs. 1 GebV OG auf Fr. 100'000.festzusetzen und ebenfalls ausgangsgemäss den Klägerinnen aufzuerlegen (Art. 106 Abs. 1 ZPO), im Umfang von Fr. 37'600.- der Klägerin 1 und im Umfang von Fr. 62'400.- der Klägerin 2.
a) Die Klägerinnen sind zudem zu verpflichten, der Beklagten für das Berufungsverfahren eine Parteientschädigung zu bezahlen. Bei der Festsetzung der Entschädigung ist zu berücksichtigen, dass die ordentliche Gebühr nach § 4
Abs. 1 AnwGebV beim gegebenen Streitwert rund Fr. 1,2 Mio. beträgt. Für die zweite Rechtsschrift wäre ein Zuschlag nach § 11 Abs. 2 vorzunehmen. Von einer Gebührenherabsetzung nach § 13 Abs. 1 und 2 AnwGebV wäre mangels erstinstanzlicher Rechtsschrift der Beklagten abzusehen (§ 12 Abs. 3 AnwGebV). Aufgrund des offensichtlichen Missverhältnisses zwischen dem Streitwert und dem notwendigen Zeitaufwand der Vertretung ist die gemäss Verordnung berechnete Gebühr hingegen auf Fr. 150'000.herabzusetzen (§ 2 Abs. 2 AnwGebV). Der Anteil der Klägerin 1 beträgt Fr. 56'400.-, derjenige der Klägerin 2 Fr. 93'600.-. Antragsgemäss ist auf solidarische Haftung zu erkennen (Art. 106 Abs. 3 ZPO).
b) Die Beklagte beantragt einen Mehrwertsteuerzuschlag zur Parteientschä- digung. Eine selber mehrwertsteuerpflichtige Partei kann die ihrem Anwalt auf sein Honorar bezahlte Mehrwertsteuer von ihrer eigenen Mehrwertsteuerabrechnung als Vorsteuer in Abzug bringen. Diese Partei erleidet deshalb durch die Mehrwertsteuer keinen (zusätzlichen) Schaden. Entsprechend ist einer obsiegenden, selber mehrwertsteuerpflichtigen Partei kein Mehrwertsteuerzuschlag zur Parteientschädigung zuzusprechen; es sei denn, diese Partei mache geltend und weise nach, dass sie nicht im vollen Umfange zum Abzug der Vorsteuer berechtigt ist (ZR 104 Nr. 76). Entsprechendes bringt die Beklagte nicht vor. Es ist auch nicht so, dass die Mehrwertsteuerpflicht mit der Konkurseröffnung endet; sie besteht bis zum Abschluss des Liquidationsverfahrens fort (Art. 29 MWSTG). Ein Mehrwertsteuerzuschlag ist daher nicht zuzusprechen.
Es wird erkannt:
Auf die Klagen wird nicht eingetreten.
Die erstinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 100'000.festgesetzt.
Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens werden der Klägerin 1 im Umfang von Fr. 37'600.- und der Klägerin 2 im Umfang von Fr. 62'400.auferlegt. Sie werden mit den Kostenvorschüssen der Klägerinnen verrechnet.
Für das erstinstanzliche Verfahren werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.
Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 100'000.festgesetzt.
Die Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens werden der Klägerin 1 im Umfang von Fr. 37'600.- und der Klägerin 2 im Umfang von Fr. 62'400.auferlegt. Sie werden mit den Kostenvorschüssen der Klägerinnen verrechnet.
Die Klägerinnen werden unter solidarischer Haftung verpflichtet, der Beklagten für das zweitinstanzliche Verfahren eine Parteientschädigung von
Fr. 150'000.zu bezahlen. Der interne Anteil der Klägerin 1 beträgt Fr. 56'400.-, derjenige der Klägerin 2 Fr. 93'600.-.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an die Beklagte unter Beilage der Doppel von Urk. 41, 42 und 43/1-4 sowie an das Einzelgericht für SchKGKlagen am Bezirksgericht Zürich, je gegen Empfangsschein.
Nach unbenutztem Ablauf der Rechtsmittelfrist gehen die erstinstanzlichen Akten an die Vorinstanz zurück.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen)
Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.
Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 226,47 Mio.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung. Hinsichtlich des Fristenlaufs gelten die Art. 44 ff. BGG.
Zürich, 4. Juli 2014
Obergericht des Kantons Zürich
Zivilkammer
Die Vorsitzende:
Dr. L. Hunziker Schnider
Der Gerichtsschreiber:
lic. iur. H. Dubach
versandt am: mc
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