Zusammenfassung des Urteils NC100003: Obergericht des Kantons Zürich
In dem vorliegenden Fall vor dem Obergericht des Kantons Zürich ging es um die Anfechtung des Kindsverhältnisses zwischen A. (Kläger) und B. (Beklagter 1). A. bestritt die Vaterschaft von B. und forderte eine Feststellung, dass er nicht der Vater sei. Das Bezirksgericht Bülach wies die Klage ab und verurteilte A. zu Gerichtskosten und einer Prozessentschädigung. A. reichte Berufung ein, die jedoch abgewiesen wurde, da er zu lange mit der Klageerhebung gewartet habe. Es wurde festgestellt, dass die Klage verspätet war, da A. bereits vorher genug Anhaltspunkte für seine Zweifel an der Vaterschaft hatte. Die Kosten des Verfahrens wurden A. auferlegt.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | NC100003 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Zivilkammer |
Datum: | 26.10.2010 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Anfechtung des Kindsverhältnisses |
Schlagwörter : | Vater; Klage; Beklagten; Recht; Urteil; Berufung; Vaterschaft; Vertreter; Verfahren; Bundesgericht; Stunden; Entschädigung; Einzelrichterin; Instanz; GebVO; Rekurs; Sinne; Prozessentschädigung; Gericht; Zweifel; Interesse; Anfechtung; Mehrwertsteuer; Mutter; Parteien; Entscheid; Gebühr; Aufwand |
Rechtsnorm: | Art. 100 BGG ;Art. 105 ZPO ;Art. 255 ZGB ;Art. 256a ZGB ;Art. 256c ZGB ;Art. 328 ZGB ;Art. 90 BGG ; |
Referenz BGE: | 132 III 1; |
Kommentar: | - |
Obergericht des Kantons Zürich
Geschäfts-Nr. NC100003/U damit vereinigt NK100006
Mitwirkend: die Oberrichter Dr. O. Kramis, Vorsitzender, und lic. iur. P. Diggelmann, Oberrichterin lic. iur. A. Katzenstein sowie die juristische Sekretärin lic. iur. K. Wili
Urteil vom 26. Oktober 2010
in Sachen
Kläger, Appellant und Rekursgegner
vertreten durch Rechtsanwältin Dr. iur. X. ,
gegen
Beklagte und Appellaten
vertreten durch Inhaberin der elterlichen Sorge C. , 1 vertreten durch Beiständin lic. iur. D. ,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Y. ,
sowie
Rekurrent
betreffend Anfechtung des Kindsverhältnisses
Rechtsbegehren:
Es sei festzustellen, dass der Kläger nicht der Vater des Beklagten 1 ist,
unter Kostenund Entschädigungsfolgen zu Lasten der Beklagten.
Urteil des Bezirksgerichtes Bülach vom 16. Februar 2010:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf Fr. 800.-. Allfällige weitere Auslagen bleiben vorbehalten.
Die Kosten werden dem Kläger auferlegt.
Der Verzicht des Beklagten 1 auf Prozessentschädigung wird vorgemerkt.
Der Kläger wird verpflichtet, Rechtsanwalt Dr. iur. Y. eine Prozessentschädigung von Fr. 2'500.- (inklusive Mehrwertsteuer und Barauslagen) zu bezahlen.
7./8. Mitteilung / Rechtsmittel.
(act. 29 S. 10 f.)
Berufungsanträge:
Des Klägers (act. 39):
Es sei das Urteil der Einzelrichterin des Bezirks Bülach vom 16. Februar 2010 aufzuheben und die Klage gutzuheissen;
... (Prozessuales)
Des Beklagten 1 (act. 44):
Die Begehren des Berufungsklägers seien abzuweisen und das angefochtene Urteil zu bestätigen.
... (Prozessuales)
Der Beklagten 2 (act. 42):
Die Berufung sei abzuweisen und das Urteil der Einzelrichterin im ordentlichen Verfahren des Bezirks Bülach vom 16. Februar 2010 sei (mit Ausnahme der Höhe der in Ziffer 6 des Urteils zugesprochenen Prozessentschädigung, welche Gegenstand eines Rekursverfahrens bildet) zu bestätigen.
... (Prozessuales)
Das Gericht zieht in Betracht:
Am tt. Januar 2000 wurde B. (= der Beklagte 1) geboren, als Sohn von C. (damals) C1. , heute C.
(= Beklagte 2; act. 43/1). Zu der Zeit war die Mutter mit A. (= Kläger) verheiratet, und dieser wurde daher als Vater im Zivilstandsregister eingetragen.
Unter Hinweis auf ein rechtsmedizinisches Gutachten, welches ihn als Vater ausschliesst, leitete der Kläger am 24. Juli 2009 Klage ein mit verschiedenen Begehren, unter anderem der Klage auf Feststellung, dass er nicht der Vater des Beklagten 1 sei (act. 1; nach § 196 Ziff. 3 ZPO bedurfte es keines Sühnverfahrens). Mit Verfügungen vom 29. Juli und 18. September 2009 verwies die Einzelrichterin zwei der Begehren in ein separates Verfahren resp. trat sie auf ein weiteres Begehren nicht ein (Prot. I S. 2 und 3), sodass die Feststellung der Nichtvaterschaft zu beurteilen blieb. Diese Klage weist das angefochtene Urteil ab. Es nimmt an, der Kläger habe in Kenntnis ernsthafter und konkreter Zweifel an seiner Vaterschaft ab 10. März 2009, eventuell ab 20. Mai 2009 zu lange mit der Einleitung der Klage zugewartet und sein Klagerecht damit verwirkt. Ob er allenfalls schon früher an der Vaterschaft hätte zweifeln müssen, lässt es offen.
Innert Frist erhoben der Kläger Berufung (in der Sache) und der Vertreter der Beklagten 2 Rekurs (gegen die Höhe der Prozessentschädigung). Die Verfahren wurden vereinigt, und die Vorträge der Parteien im Rechtsmittelverfahren wurden schriftlich erstattet.
Da der Beklagte 1 während der von Juni 1997 bis November 2008 dauernden Ehe der Beklagten 2 mit dem Kläger geboren wurde, gilt dieser rechtlich als Vater (Art. 255 Abs. 1 ZGB); auf die tatsächliche, biologische Vaterschaft kommt es zunächst nicht an. Die Vermutung der Vaterschaft kann aber sowohl vom rechtlichen Vater als auch vom Kind angefochten werden; ist die Zeugung wie hier während der Ehe erfolgt, muss der Kläger nachweisen, dass der Ehemann nicht der Vater ist (Art. 256a Abs. 1 ZGB). Die Möglichkeit der Klage ist befristet. Das Kind kann bis zum Ablauf eines Jahres nach Erreichen des Mündigkeitsalter, zur Zeit 18 Jahre, klagen, der Ehemann bis zum Ablauf von fünf Jahren seit der Geburt (Art. 256c Abs. 1 und 2 ZGB). Beide Klagen sind nach Ablauf der jeweiligen Frist zwar grundsätzlich noch möglich, aber nur wenn die Verspätung mit wichtigen Gründen entschuldigt wird (Art. 256c Abs. 3 ZGB). Um dieses letzte Erfordernis resp. um die Rechtzeitigkeit der Klageanhebung dreht sich das vorliegende Verfahren, da die für den Ehemann geltenden fünf Jahre bereits am 14. Januar 2005 verstrichen sind und die Klage wie erwähnt am 24. Juli 2009 eingeleitet wurde.
Der Kläger führt aus, dass es während der Ehe zwischen ihm und der Beklagten 2 sexuelle Probleme gegeben habe. Allerdings scheint es doch geschlechtliche Kontakte um die Zeit der Empfängnis gegeben zu haben es wird jedenfalls von keiner Seite, insbesondere nicht von den Beklagten geltend gemacht, der Kläger habe bereits aus so zu sagen technischen Gründen an seiner Vaterschaft zweifeln müssen (in der Berufung trägt die Beklagte 2 vor, der Geschlechtsverkehr mit dem Kläger sei sehr dürftig gewesen: act. 42 Ziff. 8 - das heisst aber doch, dass es diesen Verkehr gab). Nach Darstellung des Klägers soll ihm die Beklagte 2 erklärt haben, wenn es sexuell nicht klappe, habe sie das Recht, fremd zu gehen. Nach einer dreimonatigen Trennung der Ehegatten um den Jahreswechsel 2000/2001 habe er vermutet, dass ihm die Beklagte 2 untreu
sei, weil sie alleine ausging und erst sehr spät nach Haus kam. Einige Leute, insbesondere Nachbarn, hätten ihm zu dieser Zeit hinterbracht, seine Frau sei im Ausgang mit anderen Männern gesehen worden. Und auch seine Mutter habe ihm gegenüber Zweifel an seiner Vaterschaft zum Beklagten 1 geäussert. Er habe diese Bedenken aber zurück gewiesen und auch im Übrigen nicht daran gezweifelt, dass der Beklagte 1 sein Kind sei.
Die Einzelrichterin hat die Rechtsprechung des Bundesgerichts zutreffend zitiert, wonach dem Berechtigten bei blossen Zweifeln ohne konkrete Anhaltspunkte die Anfechtungsklage nicht zugemutet wird (BGE 132 III 1). Immerhin räumt der Kläger selber ein, dass er bestimmt vermutete und von dritter Seite darauf hingewiesen wurde, seine Frau gehe fremd. Da macht man sich schon Gedanken, dass etwas passieren könnte (Prot. I S. 7). Auch wenn man den offenbar nicht näher konkretisierten Verdacht seiner Mutter nicht berücksichtigt, wäre es denkbar, die Vermutungen resp. die Mitteilungen zur Untreue als konkrete Anhaltspunkte im Sinne der Praxis zu werten. Das kann allerdings wie im angefochtenen Urteil auch heute offen bleiben.
Wenn sich der Verdacht nach Ablauf der gesetzlichen Klagefrist objektiv verdichtet, muss der Klageberechtigte mit aller nach den Umständen möglichen Beschleunigung Klage einreichen, soll diese nicht verwirken. Im Urteil des Bundesgerichtes 5C.217/2006 vom 19. Februar 2007 wurden vier Monate als zu lange beurteilt; dabei wurde allerdings nicht erläutert, welche kürzere Dauer des Zuwartens denn noch tolerierbar gewesen wäre. Im Entscheid 5A_298/2009 vom
31. August 2009 verwarf das Bundesgericht ausdrücklich das auch vom heutigen Kläger eingebrachte Argument, das schweizerische Recht kenne in vielen Fällen (und so auch für die ordentliche Anfechtungsklage nach Art. 256c Abs. 1 ZGB) eine Überlegungsfrist von einem Jahr, die relative Frist gelte auch nach Ablauf der absoluten (Prot. I S. 17) resp. müsse bei der ausserordentlichen Anfechtung ebenfalls berücksichtigt werden (act. 39 Rz. 17), und es hielt am Erfordernis der nach den Umständen möglichen Beschleunigung ausdrücklich fest (E. 4.2 und 4.4). Im Übrigen verdeutlichte es, dass eine Abwägung der Interessen des Kindes und des Anfechtungsberechtigten erfolgen muss, dass dabei das Interesse des
Kindes am Fortbestand des vorhandenen Vaterschaftsverhältnisses um so gewichtiger ist, je mehr Zeit seit der Geburt vergangen ist, und dass vom klagenden Registervater ein entsprechend rascherer Entschluss erwartet werden kann. Wo die Zweifel an einer Vaterschaft erst durch nach und nach eintretende Wahrnehmungen die Intensität erreichen, die eine Klage als zumutbar erscheinen lässt, habe der Registervater übrigens schon vor Eintritt dieses Zeitpunkts Gelegenheit und Anlass, über die Konsequenzen einer Klage nachzudenken (E. 4.2 am Ende).
Das Interesse des Klägers ist evident ein gleichermassen ideelles und ein finanzielles. Besonders nachdem er nun in einer neuen Ehe lebt, hat er einerseits ein legitimes Interesse, ein objektiv nicht bestehendes Vaterschaftsverhältnis zum Kind seiner früheren Frau aufzulösen, anderseits auch seine nicht unerheblichen finanziellen Verpflichtungen aus jener Register-Vaterschaft abzuschütteln. Der Beklagte 1 profitiert ohne Zweifel finanziell, durch den Unterhalts-, später einmal einen allfälligen Erbanspruch gegen den Kläger, neben den zur Zeit allerdings nicht konkreten familienrechtlichen Unterstützungspflichten im Sinne von Art. 328 Abs. 1 ZGB; nachdem seine Mutter der Auffassung ist, der richtige Vater sei definitiv nicht ausfindig zu machen (Prot. I S. 14) liesse sich der Wegfall der zur Zeit gegen den Kläger bestehenden Ansprüche auch nicht durch die klageweise Begründung eines anderen Kindesverhältnisses kompensieren. In einem gewissen Sinn hat der Beklagte 1 ein immaterielles Interesse, wenigstens einen RegisterVater zu haben. Die Kammer hat in einem früheren Fall zwar erwogen, es könne nicht im wohl verstandenen Interesse des Kindes liegen, gleichsam mit einer Lebenslüge aufzuwachsen gemeint, an der Fiktion einer in Wahrheit nicht bestehenden Vaterschaft festzuhalten. Das Bundesgericht hat das Urteil aufgehoben und darauf hingewiesen, die Befristung der Klage diene vorab der Rechtssicherheit (SJZ 100/2004 S. 17; anzumerken ist der Irrtum bei der Darstellung des Sachverhaltes: jener Kläger war neun [nicht neunzehn] Jahre nach der Anerkennung aktiv geworden).
Am 10. März 2009 bat der Kläger die Beklagte 2 um Zustimmung zu einem Vaterschaftstest mit der Erklärung, seit langem habe ich das Gefühl, dass ich nicht der leibliche Vater von unserem Sohn B. bin und dem Hinweis darauf, dass er den Test andernfalls über den Rechtlichen Weg verlangen würde (act. 22/2). In diesem Zeitpunkt hatte der Kläger also nicht mehr einen nur vagen Verdacht, sondern dieser hatte sich im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtes so weit verdichtet, dass die Klage zumutbar und geboten war - der Kläger selber nahm ja diese Klage ausdrücklich in Aussicht. Dass die letzte Klarheit erst mit dem Gutachten geschaffen wurde, ändert daran nichts. Zutreffend nimmt das angefochtene Urteil daher an, die tatsächliche Klageeinleitung am 24. Juli 2009, nach viereinhalb Monaten, sei verspätet gewesen.
Gleich wäre das Resultat allerdings, wenn man (entgegen der Praxis) den blossen Verdacht nicht genügen lassen, sondern für den Beginn der Klagefrist Gewissheit über die Nichtvaterschaft voraussetzen wollte. Diese Gewissheit hatte der Kläger mit Kenntnis des DNA-Gutachtens am 20. 21. Mai 2009 (Prot. I
S. 11). Der Kläger wurde an Weihnachten 2008 mit der felsenfesten Überzeugung seiner Frau (act. 39 Rz. 12) konfrontiert, er sei nicht der Vater des Beklagten 1; sie vermittelte ihm den Eindruck, dass sie es wusste, und sein Gefühl, dass ich nicht der Vater bin wurde stärker (Prot. I S. 10). Er hatte nach eigener Darstellung begründeten Anlass zum Zweifeln (act. 39 Rz. 12). Am 10. März 2009 hatte er bereits seit langem auch selber das Gefühl, nicht der Vater zu sein. Er stellte der Mutter in Aussicht, das Abstammungsgutachten auf dem gerichtlichen Weg zu erzwingen, unter Hinweis darauf, Wir wissen beide nur zu gut, das Du während unserer Ehe fremd gegangen bist (act. 22/2). Der tatsächliche Befund kam demnach weder so zu sagen aus heiterem Himmel noch auch nur unerwartet er bestätigte vielmehr, was der Kläger vermutete, fühlte, was seine Ehefrau wusste. Es war eben das passiert, wozu er sich angesichts der Untreue seiner Frau Gedanken gemacht hatte (Prot. I S. 7). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes gab es keinen Grund mehr, mit der Klage zuzuwarten. Die am 24. Juli 2009 zur Post gegebene Klage erfolgte daher auch bezogen auf den 21. Mai 2009 nicht mit aller nach den Umständen möglichen Beschleunigung.
Daher kann sich der Kläger nicht auf die Ausnahmebestimmung von Art. 256c Abs. 3 ZGB berufen und seine Klage ist abzuweisen.
3. Die Kostenund Entschädigungsfolgen des Verfahrens in beiden Instanzen treffen bei diesem Ausgang des Verfahrens den Kläger. Die unentgeltliche Vertretung der Beklagten 2 gilt für die kantonalen Instanzen weiter, so lange keine gegenteiliger Entscheid gefällt wird (§ 90 Abs. 2 ZPO; nach neuem Recht wird es anders sein: Art. 119 Abs. 5 CH-ZPO).
Der Beklagte 1 ficht (zu Recht) nicht an, dass ihm für das Verfahren in erster Instanz keine Entschädigung zugesprochen wurde; seine Vertreterin hatte darauf verzichtet (act. 20 S. 1). Für das Berufungsverfahren verlangt die Vertreterin des Jugendsekretariates nun eine Entschädigung (act. 44 S. 2, act. 66/1).
Die Einzelrichterin hat dem unentgeltlichen Vertreter der Beklagten 2 eine Entschädigung von Fr. 2'500.-inklusive Mehrwertsteuer und Barauslagen zugesprochen (Urteil Dispositiv Ziff. 6). Der Vertreter ficht das im eigenen Namen an und beantragt eine Entschädigung von insgesamt Fr. 4'848.--, eventuell
Fr. 3'878.--. Er beanstandet, dass ihm die Einzelrichterin keine Gelegenheit gab, seine Kostennote einzureichen und holt das nach (act. 34/3). Der Kläger bezweifelt die Angemessenheit und Notwendigkeit eines zeitlichen Aufwandes von 17,5 Stunden (act. 34/14). - So weit ein unentgeltlicher Vertreter direkt aus der Gerichtskasse zu honorieren ist, kann er sich darauf verlassen, vom Gericht zur Bezifferung seiner Aufwendungen aufgefordert zu werden (§ 17 Abs. 1 VO über die Anwaltsgebühren LS 215.3). Anders ist die Praxis, wenn eine von der Gegenseite zu zahlende Prozessentschädigung festzusetzen ist, und das ist auch der Fall, wenn die unentgeltlich vertretene Partei obsiegt (§ 89 Abs. 1 ZPO). Dann wird den Parteien resp. ihren Vertretern überlassen, ob sie ihre Kostennoten einreichen wollen (§ 69 Satz 2 ZPO). Das wird auch im neuen Recht so sein, und insbesondere werden die Parteien selber aktiv werden müssen, wenn der Endentscheid zu erwarten ist (Urwyler, Dike-Kommentar N 109 zu Art. 105 ZPO, onlineStand 7. Juli 2010). Hier hatte die Einzelrichterin den Parteien allerdings ausdrücklich in Aussicht gestellt, sie werde über das weitere Vorgehen informieren (Prot. I S. 22). Der Vertreter der Beklagten 2 musste daher nicht mit einem Urteil ohne Vorankündigung rechnen. Vielmehr hätte ihm die Einzelrichterin nach Treu und Glauben Gelegenheit geben müssen, seine Aufwendungen zu substanziieren, und daher durfte er das ohne Weiteres im mit der Berufung vereinigten Rekurs nachholen (ZR 100/2001 Nr. 27). Damit kann offen bleiben, ob das Novum Stundenliste nicht ohnehin nach § 115 Ziff. 2 und/oder 3 ZPO zulässig wäre.
Richtig führt der Vertreter den Rekurs im eigenen Namen (der Einfachheit halber wird er nicht am Rubrum geführt, das ändert aber nichts an seiner Parteistellung in diesem Punkt).
Die Gebühr des Anwaltes ist nach § 3 Abs. 5 GebVO zwischen Fr. 1'400.-- und Fr. 16'000.-festzusetzen, Zuschläge gibt es hier für die erste Instanz keine. Ein bestimmter Stundenansatz ist nicht anzuwenden; der Zeitaufwand ist nur aber immerhin zu beachten, wenn die Kontrollrechnung im Sinne von § 2 Abs. 3 GebVO vorgenommen wird. Die Sache war rechtlich und tatsächlich nicht besonders anspruchsvoll, und von da her ist eine Gebühr von Fr. 3'500.-angemessen. Die Kontrollrechnung ergibt einen Stundenansatz von Fr. 200.--, was ohne Weiteres angemessen ist. Insbesondere ist es nicht angezeigt, die Stundenzahl unter dem Titel notwendiger Aufwand zu reduzieren (was zu einem höheren Stundensatz und allenfalls zu einer Reduktion des Honorars im Rahmen der Kontrollrechnung führen könnte). Für die Beklagte 2 hat der Prozess immateriell und finanziell grosse Bedeutung, und ein Aufwand von 17,5 Stunden ist nicht übermässig. Barauslagen können nach dem obergerichtlichen Tarif nicht pauschaliert werden
(§ 14 GebVO); mangels Spezifikation sind sie nicht zu berücksichtigen. Hingegen kommt die Mehrwertsteuer von 7,6 % zum Honorar hinzu.
Für das Berufungsverfahren sind ein bis zwei Drittel der Grundgebühr zu berechnen (§ 12 Abs. 1 GebVO). Für die zweite Rechtsschrift gibt es einen Zuschlag, ebenfalls für den separaten Rekurs (§ 12 Abs. 4 GebVO). Die Sache war für die Klientin nach wie vor bedeutungsvoll, hingegen wurden in der Berufung nicht wesentliche und/oder zahlreiche Noven vorgetragen, welche im Sinne von
§ 12 Abs. 5 GebVO eine ausnahmsweise Erhöhung der Gebühr rechtfertigen könnten. Nach § 12 GebVO ist eine Entschädigung von gesamthaft Fr. 3'500.-angemessen. Das gibt für die vom Anwalt dargelegten 26 aufgewendeten Stunden (act. 58) zwar einen Ansatz von nur gerade Fr. 135.--. Hier ist allerdings offenkundig zu hoher Aufwand getrieben worden, wenn man die 17,5 Stunden für
das erstinstanzliche Verfahren (act. 34/3) zum Vergleich heranzieht. Objektiv müsste der zeitliche Aufwand für die erste Instanz, wo die Einarbeitung ins Thema und in den konkreten Fall eingeschlossen ist, auch für die Stellungnahmen vor Obergericht ausreichend gewesen sein. Es besteht daher kein Anlass, die Gebühr in Anwendung von § 2 Abs. 3 GebVO ausnahmsweise zu erhöhen.
Das Jugendsekretariat verrechnet dem Beklagten 1 die Aufwendungen für die Berufung nach Anwaltstarif (§ 2 der Gebührenverordnung für die Jugendsekretariate vom 28. Juli 1998). Die Vertreterin irrt in der Annahme, das rechtfertige einen Stundenansatz von Fr. 200.-ohne weitere Erläuterungen; die verlangten Fr. 2'800.-sind für die geltend gemachten neun und fünf Stunden für die beiden Rechtsschriften etwas zu hoch bemessen; angemessen scheinen Fr. 2'000.--. Die Vertretung durch das Jugendsekretariat kann analog einer unentgeltlichen Vertretung behandelt werden; die Entschädigung ist daher direkt dem Kanton zuzusprechen.
Das Gericht erkennt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Festsetzung der Kosten für die erste Instanz (angefochtenes Urteil Dispositiv-Ziffer 2: Fr. 800.--) wird bestätigt.
Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird auf Fr. 2'000.-festgesetzt.
Die Kosten für das Verfahren in beiden Instanzen werden dem Kläger auferlegt.
Der Kläger wird verpflichtet, dem unentgeltlichen Vertreter der Beklagten 2 für das Verfahren in erster Instanz eine Entschädigung von Fr. 3'500.-zuzüglich 7,6 % Mehrwertsteuer, das heisst zusammen Fr. 3'766.-zu bezahlen.
Der Kläger wird verpflichtet, dem Vertreter der Beklagten 2 für das Berufungsverfahren eine Prozessentschädigung von Fr. 3'500.-zuzüglich 7,6 % Mehrwertsteuer, das heisst zusammen Fr. 3'766.-zu bezahlen.
Der Kläger wird verpflichtet, dem Kanton Zürich, vertreten durch das Jugendsekretariat der Bezirke [Ort 1] und [Ort 2], für die Vertretung des Beklagten 1 im Berufungsverfahren eine Entschädigung von Fr. 2'000.-zu bezahlen.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien (an Rechtsanwalt Y. im Doppel, für sich persönlich und für seine Klientin) sowie an das Bezirksgericht Zürich, je gegen Empfangsschein.
Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen von dessen Zustellung an beim Kassationsgericht des Kantons Zürich, Postfach, 8022 Zürich, durch eine § 288 der Zivilprozessordnung (ZPO) entsprechende Eingabe im Doppel kantonale Nichtigkeitsbeschwerde im Sinne von § 281 ff. ZPO erhoben werden.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
Wird kantonale Nichtigkeitsbeschwerde erhoben, so läuft die Frist für die Beschwerde an das Bundesgericht erst ab Zustellung des Entscheids des Kassationsgerichts (Art. 100 Abs. 6 BGG).
Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.
Es handelt sich um eine nicht vermögensrechtliche Angelegenheit.
Die Beschwerden an das Kassationsgericht und an das Bundesgericht haben keine aufschiebende Wirkung.
OBERGERICHT DES KANTONS ZÜRICH
II. Zivilkammer
Der Präsident: Die juristische Sekretärin:
Oberrichter Dr. O. Kramis lic. iur. K. Wili
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